Einführung: Der Tempel als Symbol und Orientierungspunkt
Heute Nachmittag beschäftigen wir uns mit einem besonderen Thema: dem Messias im Tempel. Es geht um die Symbolik und Bedeutung des Zweiten Tempels im Licht des Neuen Testaments.
Wir reisen zurück in die Vergangenheit, etwa zweitausend Jahre, in die Zeit Jesu. Unser Ziel ist der Tempel in Jerusalem. Zunächst brauchen wir eine Orientierungshilfe, sozusagen einen Stadtplan. Hier sehen wir Jerusalem im Jahr dreißig nach Christus.
Dabei fällt uns auf, dass ein Zehntel der Stadtfläche Jerusalems damals vom Tempelberg eingenommen wurde. Es war eines der größten Heiligtümer der alten Welt und umfasste 144 Quadratmeter. Nach dem Gesetz Mose, genauer 5. Mose 12,13-14, durfte das jüdische Volk nur einen Tempel besitzen. Dieser war ein Zeugnis dafür, dass es nur einen wahren Gott gibt.
In der damaligen Welt genoss Jerusalem große Beachtung, besonders zur Zeit Jesu, als die Stadt ihre höchste Schönheit erreicht hatte. Der Tempel in Jerusalem war weithin bekannt. Man wusste, dass an diesem Knotenpunkt der drei Kontinente Europa, Asien und Afrika ein Volk lebte, das sich von den anderen Völkern absonderte. Dieses Volk verehrte nur einen einzigen Gott, den Schöpfergott.
Nun begeben wir uns nach Jerusalem und fragen uns, welche Bedeutung dieser Tempel hat, der im Neuen Testament eine so große Rolle spielt. Wir wollen herausfinden, was die Symbolik dieses großartigen Gebäudes ist.
Der Tempel als Hinweis auf Jesus Christus und die Gemeinde
Im Johannesevangelium, Kapitel 19 bis 21, lesen wir, dass der Tempel auf Jesus Christus hinweist – den verheißenden Erlöser, den Messias. Jesus antwortete und sprach zu ihnen im Tempel: „Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde ich ihn aufrichten.“ Die Juden entgegneten: „46 Jahre ist an diesem Tempel gebaut worden, und du willst ihn in drei Tagen aufrichten?“
Doch Jesus sprach von dem Tempel seines Leibes. Er bezog sich auf seine eigene Person. Die Juden missverstanden ihn und dachten, er spreche vom Tempel in Jerusalem. Bereits aus diesem Gespräch erkennen wir, dass der Tempel in Jerusalem letztlich auf die Person des Erlösers hinweist. Denn in Jesus Christus ist der dreieinige Gott – Vater, Sohn und Heiliger Geist – auf einzigartige Weise unter den Menschen gegenwärtig geworden. Gott wohnt unter den Menschen. Jesus Christus ist der Tempel Gottes.
Die Bibel sagt uns außerdem, dass es im Himmel einen ursprünglichen Tempel gibt. Der Tempel in Jerusalem ist nur ein Abbild dieses himmlischen Urbildes. Offenbarung 11,19 berichtet darüber: „Und der Tempel Gottes im Himmel wurde geöffnet. Und die Bundeslade des Herrn wurde in seinem Tempel gesehen.“
Paulus erklärt, dass der Tempel in Jerusalem auf die Kirche, die Gemeinde, hinweist. Die Gemeinde besteht aus allen wahrhaftig an Jesus Christus glaubenden Menschen seit Pfingsten im Jahr 32 nach Christus bis zur Entrückung, also bis zur Wiederkunft Jesu.
In 1. Korinther 3,16 sagt Paulus zur Gemeinde in Korinth: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ Er verwendet das Bild des Tempels direkt für die Gemeinde.
In 1. Korinther 6,19-20 schreibt Paulus: „Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des in euch wohnenden Heiligen Geistes ist, und dass ihr nicht euch selbst gehört? Denn ihr seid um einen Preis erkauft worden. Verherrlicht nun Gott in eurem Leib und in eurem Geist, die Gott gehören.“ (nach dem Mehrheitstext)
Hier wird deutlich: Der Körper jedes Christen, der wahrhaftig an Jesus Christus glaubt, ist ein Tempel, denn in ihm wohnt Gott, der Heilige Geist.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Im Himmel gibt es ein Urbild – den himmlischen Tempel. Davon ist der Tempel in Jerusalem ein Abbild auf Erden. Dieses Sinnbild und Abbild weist hin auf Jesus Christus, den Messias, zweitens auf die Gemeinde und drittens auf den einzelnen Erlösten. Das bildet die Grundlage für das Verständnis der Symbolik des Tempels in Jerusalem.
Überblick über den Tempelplatz und seine Architektur
Nun möchte ich eine Übersicht geben. Wir stehen jetzt auf dem Ölberg und schauen hinüber zum Tempelplatz, Blick von Osten.
Das eigentliche Tempelhaus befindet sich hier ganz zentral. Es ist ein mit Gold über und über bedecktes Gebäude von 52,5 Metern Höhe. Das entspricht heute einem Hochhaus von etwa zwanzig Stockwerken. Umgeben war das eigentliche Tempelhaus vom innersten Hof, dem Lager der Schechina. Ich werde später noch genauer erklären, was das bedeutet. Danach folgt ein zweiter Vorhof, der Vorhof der Frauen.
Diese inneren Vorhöfe waren auf dem heiligen 500 Ellen Quadrat platziert. Dieses Quadrat markiert den Tempelplatz des salomonischen Tempels. Der salomonische Tempel stand auf diesem 500 Ellen Quadrat.
In der Zeit vor Christi Geburt, ab 19 vor Christus, haben die Juden wegen der großen Geldgabe des Königs Herodes diesen Tempel massiv erweitert. Die Erweiterungen erfolgten nach Süden, nach Westen und am meisten nach Norden. Hier wurde sogar ein Tal aufgeschüttet. Man sieht hier noch die Abhänge – ist das auf dem Bild deutlich zu erkennen?
Das Beceta-Tal wurde zugeschüttet, um die Plattform nach Norden erweitern zu können. In diese drei Himmelsrichtungen war eine Expansion möglich, nicht aber nach Osten. Dort befindet sich das steil abfallende Kidron-Tal, das nicht aufgeschüttet werden konnte.
So blieb die Mauerlinie im Osten seit dem ersten Tempel, dem salomonischen Tempel, immer gleich.
Durch die Erweiterung wurden riesige Säulenhallen gebaut, die alles rundherum einzäunten. Dadurch wurde der Vorhof der Heiden deutlich vergrößert. Der Vorhof der Heiden war der Bereich, in den nichtjüdische Menschen kommen durften, um den Gott Israels anzubeten.
Alles, was außerhalb des 500 Ellen Quadrates liegt, gehört zum Vorhof der Heiden. Aber selbst im salomonischen Tempel war es bereits möglich, dass Nichtjuden hierher kommen konnten. Innerhalb des 500 Ellen Quadrates sieht man eine kleine Abschrankung, die sogenannte Zwischenwand der Umzäunung, von der wir später noch sprechen werden.
Diese Abtrennung machte die Trennung zwischen Nichtjuden und Juden deutlich. Bis zu dieser Linie durften Nichtjuden kommen – das war der Vorhof der Heiden. Weiter durften nur Juden oder Nichtjuden, die zum Judentum übergetreten waren.
Im Osten sehen wir in der Tempelmauer das sogenannte Osttor. Es stand an der Stelle, an der heute das zugemauerte Goldene Tor in Jerusalem zu sehen ist. Damals gab es noch eine Stadtmauer, die vorgelagert war, vor dieser östlichen Tempelmauer.
Leicht versetzt zum Osttor gab es hier das Tor Miffkat, das Tor der Vergeltung, worauf wir später noch eingehen werden.
Noch zu den Säulenhallen: Die prächtigste Säulenhalle befand sich im Süden, die sogenannte Königliche Säulenhalle. Sie war gebaut im Stil einer Basilika.
Im Altertum, bei den Römern und Griechen, war eine Basilika eine große Halle, die als Sitz für das Gericht und als Marktplatz diente. Genau diese Funktion hatte diese Königshalle auch im Zweiten Tempel.
Hier in der Nordwestecke befand sich die Burg Antonia. Das war der Sitz der römischen Armee in Jerusalem. Von hier aus überwachte die Besatzungsmacht den jüdischen Tempel.
An den großen Festzeiten – Pessach, Pfingsten und Laubhütten im Herbst – standen die Legionäre auf den äußeren Säulenhallen oben, damit sie im Fall irgendeiner Unruhe oder Revolte sofort militärisch eingreifen konnten.
Der Tempelplatz heute im Vergleich und archäologische Erkenntnisse
Nun betrachten wir den Tempelplatz von Osten her – allerdings nicht wie vor zweitausend Jahren, sondern aus heutiger Perspektive. Das hier entspricht genau dem Tempelplatz von damals mit seinen 140.000 Quadratmetern.
Dort, wo heute der Felsenturm steht, die sogenannte Oma-Moschee, befand sich früher das eigentliche Tempelhaus, nur deutlich höher. Das Lager der Tschechiner lag hier, und rund um das Tempelhaus befand sich der Frauenvorhof – exakt an dieser Stelle.
Die königliche Säulenhalle lag auf der Südseite, dort, wo heute die El-Aqsa-Moschee steht. Hier sehen wir das zugemauerte Goldene Tor in Jerusalem, das genau an der Stelle liegt, wo früher das Osttor des Tempels war. In der Nordwestecke befindet sich die Burg Antonia, an der Stelle, wo heute die islamische Umariya-Schule steht.
Nun werfen wir einen Blick auf den Tempel von Südwesten, damit wir alle Seiten kennenlernen können. Von dieser Perspektive sehen wir das eigentliche Tempelhaus, umgeben von den inneren Vorhöfen. Wir erkennen die königliche Säulenhalle mit der schönen Pforte, die der Haupteingang für das Volk war, sowie das Dreifachtor für die Priester.
An der Westmauer befinden sich vier Eingänge, die alle heute archäologisch belegt sind durch Ausgrabungen der letzten Jahre am Tempelberg. Übrigens: Die Klagemauer, an der heute die Juden beten, liegt genau in dem Bereich zwischen diesen beiden Westeingängen. Diese Informationen werden später für uns noch nützlich sein.
Im Moment mag alles noch etwas trocken wirken, aber das wird sich bald ändern. Hier sehen wir die Burg Antonia in der Nordwestecke. Archäologisch konnte man in den letzten Jahren die gesamte Länge von 485 Metern an der Westseite bestätigen.
Jetzt betrachten wir den Tempel von Südwesten. Das ist der Süden, das ist der Westen. Auf diesem Luftbild sieht man deutlich die Klagemauer, die genau im Bereich zwischen den Haupteingängen im Westen liegt. Man erkennt außerdem, dass viele Häuser gegen den Tempelplatz gebaut wurden.
Die Muslime haben ab dem siebten Jahrhundert dort massiv gebaut. Früher war das Gebiet frei, doch sie wollten so nah wie möglich beim Felsen und beim Felsendom wohnen. Daher wurde das Gebiet hier vollständig zugebaut.
Im Anschluss an den Sechstagekrieg von 1967 konnten die Israelis unter diesen Häusern einen Tunnel hindurchbauen. Dabei entdeckten sie die Fortsetzung der Klagemauer, die selbst ein originaler Überrest der westlichen Stützmauer des Tempels ist. Diese Fortsetzung kam unter den Häusern ans Licht.
Da diese Mauersteine über Jahrhunderte von Wettereinflüssen geschützt waren, sehen sie teilweise so aus, als wären sie erst in unserer Zeit bearbeitet worden.
Der Festbesuch im Tempel und die schöne Pforte
Nach dieser eher trockenen Einleitung stellen wir uns vor, wir sind alle Juden und Jüdinnen. Wir gehen jetzt nach Jerusalem zum Tempel, zu einem der großen Feste, zu dem alle Männer kommen mussten. Die Frauen waren nicht verpflichtet, da es Verpflichtungen für Kinder und Ähnliches gab, die sie daran hinderten. Aber die Männer mussten alle kommen – wenn möglich mit Frau und Kindern – zu Pfingsten, zum Passafest, zum Pfingstfest und zum Laubhüttenfest.
Im Süden befand sich der Haupteingang. Dort gab es auch einen großen Platz, auf dem die Abertausenden von Festbesuchern empfangen werden konnten. Die normalen Juden gingen über eine breite Treppe zur Schönen Pforte. Die Priester hingegen gingen über eine schmalere Treppe durch das Dreifachtor zum Tempel.
Im Eingangsbereich gab es viele Einkaufsläden, in denen man alle nötigen Dinge kaufen konnte, die man brauchte, wenn man von weit her, zum Beispiel aus Nazaret in Galiläa, nach Jerusalem kam.
Psalm 122, Vers 2, war einer der Psalmen, die man sang, wenn man zum Fest nach Jerusalem zog. Die sogenannten vierzehn Stufenlieder oder Lieder der Hinaufzüge wurden auf dem Weg unter Flötenbegleitung gesungen. „Ich freute mich, als sie zu mir sagten: Lasst uns zum Haus des Herrn gehen!“
Nun gehen wir. Da wir uns vorstellen, ganz gewöhnliche Juden zu sein, keine Kohanim und keine Priester, gehen wir zur Schönen Pforte, zu diesem Doppeltor. Man sieht übrigens selbst hier im Modell, dass die Zugangstreppe eine Breite von 64 Metern hatte und dass die Stufen unterschiedlich lang sind. Das kann man erkennen.
Heute ist die Schöne Pforte noch ein wenig zu erkennen. Sie ist von den Muslimen zugemauert worden. Außerdem gibt es hier noch ein Gebäude aus muslimischer Zeit, das diesen Bereich abdeckt. Auf der Skizze sieht man, dass dieser Teil noch sichtbar ist und darüber der originale Sturz.
Dieser Sturz stammt aus islamischer Zeit, also etwa aus dem siebten Jahrhundert, aber der Sturz selbst ist original aus der Tempelzeit. Man sieht einen riesigen Stein als Sturz über dem Eingang und darüber einen Entlastungsbogen. So wird das Gewicht nicht direkt auf den Stein übertragen, sonst wäre er zerbrochen. Das Gewicht wird auf die Seitenbereiche abgeleitet, sodass der Stein intakt blieb.
Es wäre natürlich schön, wenn man dieses Gebäude abreißen könnte, dann käme die ganze Schöne Pforte ans Licht. Aber das würde noch mehr Probleme in Jerusalem verursachen, und davon gibt es schon genug.
Hier sieht man den originalen Sturz mit dem Entlastungsbogen sehr schön.
Die Geschichte des Gelähmten an der schönen Pforte
Die Bibel berichtet in Apostelgeschichte 3, dass Petrus und Johannes zum Tempel gingen, um zu beten, und sie dort am Eingang der sogenannten schönen Pforte einen Gelähmten antrafen. Diese Pforte lässt sich sehr gut einordnen. Vor dieser schönen Pforte, wie sie hier rekonstruiert dargestellt ist, stellt sich die Frage: Warum wurde diese Pforte „die schöne Pforte“ genannt?
Man sieht die Kuppelbauten dort hinten im Tunnel. Diese Art von Kuppelbauten war in der Architektur etwas ganz Neues. Zum ersten Mal in der Geschichte der Architektur kann man so etwas hier in Jerusalem antreffen. Sie waren wunderbar gearbeitet, und auch die Verzierungen, die in das Gestein hineingemeißelt wurden, machten diesen Eingang besonders. Deshalb erhielt er den Namen „die schöne Pforte“.
Die Eingangsordnung war so gestaltet, dass man rechts hineinging und links herauskam. Das war logistisch für den Volksstrom, der durch musste, geregelt. Nur wenn jemand Probleme hatte, durfte er links hineingehen. So wussten die Leute, dass jemand Schwierigkeiten hatte, und konnten fragen: „Wie geht es dir?“ Dann konnte man sagen, wie schlecht es einem ging, und sie trösteten einen. Auf diese Weise betrieb das jüdische Volk eine Art Seelsorge an sich selbst. Sie brauchten nicht so viele Psychiater und Psychotherapeuten wie heute.
Das entspricht dem, was das Neue Testament von den Christen, von der christlichen Gemeinde, erwartet. In 1. Thessalonicher 4,18 heißt es: „So ermuntert nun einander mit diesen Worten.“ Weiter in 1. Thessalonicher 5,11: „Deshalb ermuntert einander und erbaut einer den anderen, wie er es auch tut.“ Und in 1. Thessalonicher 5,14: „Wir ermahnen euch aber, Brüder, weist die Unordentlichen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, nehmt euch der Schwachen an, seid langmütig gegen alle.“
Seelsorge ist also nicht nur eine Aufgabe für Seelsorger oder Hirten in der Gemeinde, sondern sollte eigentlich von allen praktiziert werden. Ganz natürlich im Umgang miteinander: einander ermutigen, einander auch auf Gefahren hinweisen – aber auf eine gewinnende und aufbauende, konstruktive Art.
So kann man also aus moderner Tempelarchäologie sogar noch etwas für die Seelsorge lernen. Das ist für mich schon eindrücklich.
Hier sieht man eine Darstellung einer dieser Kuppeln. Sie sind heute noch im Prinzip erhalten, unterhalb der Al-Aqsa-Moschee. Als Nichtmuslime haben viele wohl nie die Chance, dorthin hinabzukommen. Aber wenigstens können wir es hier in Herz anschauen: eine mit geometrischen und pflanzlichen Figuren reich verzierte Kuppel im Tunnel der schönen Pforte unterhalb der Al-Aqsa-Moschee.
Die Heilung des Gelähmten und ihre symbolische Bedeutung
Nun führt uns das zur Geschichte des Gelähmten an der Tempelpforte, die in Apostelgeschichte 3,1-7 erzählt wird. Petrus und Johannes gingen gemeinsam hinauf zum Tempel zur Stunde des Gebets, der neunten Stunde. Das entspricht in unserer Zeit etwa drei Uhr nachmittags.
Diese Zeit war nämlich die Stunde, in der man das Abendbrandopfer, das letzte Opfer des Tages, auf den Altar legte. Gleichzeitig war es die Zeit, in der das Volk zum Beten zum Tempel kam. Im Gegensatz dazu wurde das erste Opfer des Tages, das Morgenbrandopfer, im Durchschnitt gegen neun Uhr morgens auf den Altar gelegt. Alle weiteren Opfer, auch private Opfer, fanden zwischen neun und fünfzehn Uhr statt.
Eindrucksvoll ist in diesem Zusammenhang, dass Jesus Christus, der all diese Opfer des Tempels in seinem eigenen Opfer erfüllt hat, um neun Uhr morgens gekreuzigt wurde und um drei Uhr nachmittags starb. Das heißt, das Kreuzigungsereignis fiel genau mit dem täglichen Opferdienst im Tempel in Israel zusammen, der nur wenige hundert Meter entfernt stattfand.
Zur Stunde des Gebets, der neunten, wurde ein Mann, der von Geburt an lahm war, täglich zur sogenannten Schönen Pforte des Tempels getragen. Dort bat er die Vorübergehenden um Almosen. Als dieser Mann Petrus und Johannes sah, die in den Tempel eintreten wollten, bat er sie um ein Almosen. Petrus aber blickte ihn zusammen mit Johannes direkt an und sprach ihn an. Der Mann achtete auf sie, in der Erwartung, etwas von ihnen zu erhalten.
Petrus antwortete: „Silber und Gold habe ich nicht. Was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu, des Messias, des Nazareners, steh auf und wandle!“ Dann ergriff er ihn bei der rechten Hand und richtete ihn auf. Sofort wurden seine Füße und Knöchel stark.
Dieses Ereignis können wir heute genau lokalisieren. Man sieht dort die zugemauerte rechte Türöffnung der Schönen Pforte. Das war die Tür, durch die man normalerweise hineinging, wenn man keine Probleme hatte. So saß der Gelähmte genau am Eingang. Die Steinplatte am Boden ist noch das Original. Wir können das Ereignis also sehr genau nachvollziehen.
Es war etwas Großartiges: Ein Mensch, der von klein auf nicht gehen konnte, saß täglich am Eingang der Pforte. Er konnte nicht in den Tempel hineingehen, um dort eine Begegnung mit Gott zu haben. Er war, wie es in der deutschen Literatur heißt, „draußen vor der Tür“. Im Grunde sind wir alle solche Menschen in Bezug auf Gott. Wir sind von Natur aus alle draußen vor der Tür.
Und genauso wie dieser Mann unfähig war zu gehen, sind wir von uns aus völlig unfähig, nach den Geboten Gottes zu leben und zu wandeln. Wir sind gelähmt im Blick auf Gottes Gebote, draußen vor der Tür. Dann kommen zwei Nachfolger Jesu, die den Gelähmten auf den auferstandenen Messias Jesus hinweisen, und er wird geheilt.
Das geschah im wörtlichen Sinn, doch das Ganze hat auch eine symbolische Bedeutung: Durch eine Begegnung mit dem auferstandenen Christus können wir Kraft erhalten, um ein gottgemäßes Leben zu führen. Der Mann stand auf, sprang vor der Tempelpforte umher und ging dann mit den beiden Aposteln in den Tempel hinein.
Interessant ist, dass die Treppen dort die Originaltreppen sind, die durch Ausgrabungen der letzten Jahre ans Licht gekommen sind. Sie wurden zum Teil direkt aus dem natürlichen Felsboden des Zionsberges herausgeschlagen. Dort sprang der Gelähmte also herum, im Vorfeld des Eingangs.
Übrigens war ich einmal dort mit Tirza, als sie sechs Jahre alt war, also halb so alt wie heute. Schon damals interessierte sie sich auf dieser Reise für Tempelarchäologie. Ich sagte zu ihr: „Spring mal hier hoch!“ Sie versuchte es, doch dann meinte sie, es ginge nicht. Ich erklärte ihr spielerisch, wie man Tempelarchäologie mit Kindern macht: Die Architekten hatten die Treppen so gebaut, dass die Stufen mal kurz, mal lang waren, damit die Leute nicht herumspringen konnten, sondern würdevoll und gemessen zum Haus Gottes hinaufgingen.
Doch in der Apostelgeschichte steht, dass der Gelähmte dort herumsprang – an einem Ort, an dem man eigentlich nicht herumspringen sollte. Aber wir verstehen das: Wenn ein Mensch Jesus Christus wirklich als seinen Retter erkennt, hat er das Recht, Freude zu haben, die über das normale Maß hinausgeht. Es ist jedes Mal ein Wunder, wenn ein Mensch Jesus Christus kennenlernt und von Gott die Kraft erhält, nach den biblischen Geboten zu leben.
Ein Psalm, der im Tempel gesungen wurde, sagt in Vers 2b: „Und er hat meine Füße auf einen Felsen gestellt, meine Schritte befestigt, und in meinen Mund hat er ein neues Lied gelegt, einen Lobgesang unserem Gott.“ Das hat dieser Gelähmte auf dramatische Weise erlebt.
Wenn man bedenkt, dass in der Bibel der Fels, zum Beispiel in 1. Korinther 10,4, ein Bild für Jesus Christus ist, erhält das alles eine noch tiefere symbolische Bedeutung. Er ist das neue Fundament, die Basis.
Neben dieser Treppe gab es ein öffentliches Ritualbadhaus. Wenn Juden eine Begegnung mit Gott im Tempel suchten, mussten sie sich rituell baden, also äußerlich reinigen, bevor sie den heiligen Bereich betreten durften.
Durch Ausgrabungen ist genau an der Stelle dieses Hauses dieses Ritualbad ans Licht gekommen. Der Weg dorthin war durch ein kleines Mäuerchen geteilt: Es gab einen breiten und einen schmalen Weg. Auf dem breiten Weg ging man im unreinen Zustand hinunter, tauchte sich vollständig ins Wasser ein, machte eine 180-Grad-Wendung und ging im gereinigten Zustand auf dem schmalen Weg wieder nach oben.
Der Herr Jesus sagt in der Bergpredigt, Matthäus 7: „Geht hinein durch die enge Pforte! Denn weit ist die Pforte und breit der Weg, der zum Verderben führt, und viele sind es, die auf ihm hineingehen. Wie eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind es, die ihn finden.“
In der Nähe dieses Ritualbadhauses wurden viele solcher Bäder ausgegraben. Dort fand man nicht nur den breiten und den schmalen Weg, sondern auch eine breite und eine schmale Pforte. Genau auf diese Dinge weist Jesus hin: breite und enge Pforte, schmaler und breiter Weg.
Wir Menschen sind von Natur aus alle auf dem breiten Weg, der nach unten ins Verderben führt. Die große Frage ist: Wie kann man vom breiten Weg auf den schmalen Weg gelangen? Die Antwort ist einfach: Wir müssen eine Umkehr von 180 Grad erleben. So können wir wechseln.
Gott möchte, dass jeder vom breiten auf den schmalen Weg wechselt. Das Untertauchen im Wasser hat auch eine Bedeutung, denn dieses Wasser ist in der Bibel ein Bild für das Wort Gottes, die Bibel selbst.
Wir haben heute Morgen in Epheser 5,25 gelesen, dass die Gemeinde gereinigt wird im Wasserbad des Wortes. Wie funktioniert das? Wenn ich die Bibel lese, kann ich versuchen, darin Fehler zu finden. Doch sehr bald merke ich, dass die Bibel Fehler bei mir findet.
Wenn ich mich von der Bibel korrigieren lasse, wird sie für mich zu einem Wasserbad. Dann muss ich bereit sein, meine Schuld vor Gott zu bekennen und seine Vergebung anzunehmen. So wird die Bibel für mich zum Ritualbad.
Noch einmal Epheser 5,26: „Damit er sie, die Gemeinde, heiligte, nachdem er sie gereinigt hatte durch die Waschung mit Wasser durch das Wort.“ Das wird hier sehr schön illustriert.
Unterhalb der Schönen Pforte wurden Dutzende von Ritualbädern entdeckt. Das heißt, es gab genügend Platz für all die Tausenden von Juden, die kamen, um sich vor dem Tempelbesuch zu reinigen.
Interessant ist Folgendes: An Pfingsten, in Apostelgeschichte 2, im Jahr 32, als der Heilige Geist auf die Erde kam, waren Tausende von Besuchern zum Pfingstfest im Tempel versammelt. Um neun Uhr morgens – wir wissen warum – wurden sie durch das Pfingstwunder, das Sprachenwunder, überrascht.
Petrus konnte daraufhin eine wunderbare Predigt im Vorfeld des Tempels halten. An diesem Tag kamen dreitausend Juden zum Glauben an den Messias Jesus. Dann wurden sie getauft. Manche fragen sich, wie das möglich war, da es in Jerusalem keinen See oder Fluss gibt.
Das war kein Problem, denn es gab unzählige Ritualbäder gerade im Vorfeld des Tempels. Dort konnte ohne Schwierigkeiten eine Massentaufe an Pfingsten durchgeführt werden.
Die Tore des Tempels und ihre Bedeutung
Nun, wir sind schon so lange dabei, und wir sind noch nicht einmal in den Tempel hineingegangen. Ja, wir sind nur ein kleines Stück durch den Tunnel bis hierher gegangen. Jetzt schauen wir uns das Bild an. Es ist seitenverkehrt.
Hier führt die Doppelpforte durch einen Tunnel und dann über eine Treppe hinauf. Genau an dieser Stelle befand sich das Huldator, das in den heiligen Bereich des 500 Ellen-Quadrats hineinführte. Wir können uns nun genau vorstellen, wie dieser Tunnel aussah.
Warum hießen diese Pforten auf dem Tempelplatz Huldatore? Weil „chulda“ auf Hebräisch „Maulwurf“ bedeutet. Man ging also in den Tempel durch einen Tunnel, ähnlich wie ein Maulwurf, und stieg dann hinauf auf den Tempelplatz.
Jetzt sind wir fast oben. Hier sieht man die El-Aqsa-Moschee und den Aufgang. Dieser ist derselbe wie hier, in der Struktur noch gleich – der Aufgang von der schönen Pforte, die direkt zum Huldator führte.
Stellen wir uns vor, Tausende strömen hinauf und wollen in den eigentlichen heiligen Bereich des Tempels eintreten. Ich lese aus Psalm 118,19-20: „Öffnet mir die Tore der Gerechtigkeit, ich will durch sie eingehen. Den Ewigen will ich preisen. Dies ist das Tor des Herrn, die Gerechten werden durch dasselbe eingehen.“
Hier sind nicht die Selbstgerechten gemeint, sondern diejenigen, die sich selbst gedemütigt haben und von Gott die Gerechtigkeit geschenkt bekommen haben. Diese sollen in die Gemeinschaft mit Gott kommen.
Ich habe einmal gehört, dass jemand nicht in unsere Gemeinde kommen wollte, als Besucher. Die Person meinte, die Leute dort seien sowieso alle viel zu gut für sie. Doch dann habe ich jemandem gesagt: „Was sind das für Leute? Das sind alles Menschen, die gemerkt haben, wie schlecht sie sind. Sonst wären sie keine Christen geworden.“
Das ist genau der richtige Ort, um hinzukommen. Es sind Menschen, die erkannt haben, dass sie ein echtes Problem haben und nur Gott dieses Problem lösen kann.
Diese vielen Tore im Tempel zeigen also, dass Gott ein einladender Gott ist. Er möchte, dass wir zu ihm kommen.
Nun sehen wir hier deutlicher im Fokus das heilige 500 Ellen-Quadrat. Dort kamen sowohl Juden als auch Nichtjuden hinein. Die Nichtjuden durften jedoch nur bis zu dieser Abgrenzung, der Zwischenwand der Umzäunung, vordringen.
Vor einigen Jahren konnte der Archäologe und Architekt Lane Rittmeier das 500 Ellen-Quadrat auf dem Tempelplatz perfekt rekonstruieren. Seine Arbeit war seine Doktorarbeit an der Universität Manchester. Sie wurde akzeptiert, und was in der Archäologie ungewöhnlich ist: Seine Entdeckung wurde sehr schnell von den meisten israelischen Archäologen anerkannt.
Das ist ungewöhnlich, denn neue Erkenntnisse werden meist erst einmal kritisch geprüft oder zurückgestellt. Hier jedoch war die Überzeugung sofort groß. So konnte in den letzten Jahren die gesamte Geschichte des Tempelberges rekonstruiert werden.
Schauen Sie mal: Hier haben wir den höchsten Punkt auf dem Tempelberg, der in der Bibel Zion oder Moria genannt wird. Das ist der Felsen im heutigen Felsendom.
Früher stand darauf das Allerheiligste. Salomo hatte rundherum ein 500 Ellen-Quadrat errichtet. Später, in der Zeit der Makkabäer, wurde der Tempelplatz nach Süden erweitert, wie Sie hier sehen. In den Jahren vor Christi Geburt, unter Herodes, wurde er noch weiter vergrößert – nach Süden, aber auch nach Westen und ganz massiv nach Norden, indem das Becetta-Tal aufgefüllt wurde.
So konnte auf diesem Felsplateau in der Nordwestecke die Burg Antonia gebaut werden. Heute entspricht dieser Bereich der Klagemauer. Diese ist also ein Überrest aus der Zeit des zweiten Tempels, nicht aus der des salomonischen Tempels.
Hier sieht man die Doppelpforte mit dem Tunnel, den Tunnel der Dreifachpforte für die Priester. Dort drüben ist das Kidron-Tal und der Ölberg.
Der Nordwesthügel, den man dort sieht, ist der Hügel, auf dem Golgatha stand, wo Jesus Christus gestorben ist. Das ist also nur ein paar hundert Meter vom Tempelplatz entfernt.
Der Berg dort, der Südwesthügel Jerusalems, wird heute Zionsberg genannt. In der Bibel ist der Zionsberg jedoch immer der Tempelberg. Interessant ist dieser Hügel, weil sich hier im ersten Jahrhundert das urchristliche Quartier befand.
Auch dort gab es den Obersaal, in dem der Herr Jesus Christus das letzte Abendmahl feierte und das Passa einsetzte.
Alle diese Berge rundherum sind von großer biblischer Bedeutung.
Die Zwischenwand der Umzäunung und ihre Aufhebung durch Christus
Nun, wollen wir etwas über die Zwischenwand der Umzäunung hören? Ich habe eine Rekonstruktion anfertigen lassen. Es handelte sich also um ein Mäuerchen mit einem Zaun darüber. Deshalb nennt der Apostel Paulus diese Zwischenwand der Umzäunung. Es ist eine Mauerwand mit einem Holzzaun darauf. Diese trennte Juden und Heiden voneinander.
Die Mauer war bewusst sehr niedrig gebaut, damit der Blick für Nichtjuden frei blieb und sie etwas von dem goldenen Tempelhaus sehen konnten. Nach der rabbinischen Überlieferung war die Mauer 75 Zentimeter hoch, und darüber befand sich ein Zaun von 52,5 Zentimetern.
Paulus spricht über diese Zwischenwand im Epheserbrief, den er im Jahr 62 aus Rom geschrieben hat. Er schreibt dort: „Deshalb seid eingedenk, dass ihr einst die Nationen im Fleisch wart“ – das sind die nichtjüdischen Christen – „die Vorhaut genannt werden, von der sogenannten Beschneidung, die im Fleisch mit Händen geschieht, dass ihr zu jener Zeit ohne den Messias wart, entfremdet dem Bürgerrecht Israels und Fremdling betreffs der Bündnisse der Verheißung, keine Hoffnung habend und ohne Gott in der Welt. Jetzt aber, in dem Messias Jesus, seid ihr, die ihr einst fern wart, durch das Blut des Messias nahe geworden. Denn er ist unser Friede, der aus beiden eines gemacht und abgebrochen hat die Zwischenwand der Umzäunung.“
Paulus sagt also, dass diese Zwischenwand, die früher Juden und Nichtjuden trennte, heute aufgehoben ist. Christus hat diese Zwischenwand abgebrochen. Das war ein gewagtes Wort, denn im Jahr 62 bestand diese Zwischenwand noch in Jerusalem und war voll im Gebrauch.
Wie wir wissen, haben die Römer im Jahr 70 Jerusalem und auch den Tempel dem Erdboden gleichgemacht. Obwohl das jüdische Volk über all die Jahrhunderte bis heute den Tempel wieder aufbauen wollte, ist das nie mehr möglich geworden. So wurde auch diese Zwischenwand nie wieder aufgebaut.
In den vergangenen 2000 Jahren ist jedoch die frohe Botschaft von Jesus Christus zu allen fünf Kontinenten gekommen, zu allen Nationen der Welt. Millionen von Menschen haben sich in dieser Zeit klar für Jesus Christus entschieden. Sie haben ihre Schuld Gott bekannt, reuig im Gebet, und Jesus Christus für seinen stellvertretenden Tod am Kreuz und für sein Blut gedankt. Dadurch sind sie nahe geworden.
Die Zwischenwand war ein Hindernis, das den Zugang zum Tempelhaus verhinderte. Jetzt aber ist sie abgebrochen. Tatsächlich hat Gott es in fast zweitausend Jahren nicht zugelassen, dass diese Zwischenwand wieder aufgebaut wurde. So demonstriert Gott, dass er heute ein Volk aus allen Völkern sammelt. Jeder ist eingeladen, und niemand muss denken, er sei zu wenig – die Zwischenwand ist abgerissen.
In Jerusalem wurden etwa drei Warntafeln gefunden, die früher an der Zwischenwand der Umzäunung angebracht waren. Darauf stand auf Griechisch: „Meten allegones“ – das bedeutet, niemand Fremdes soll über diese Abschrankung hinausgehen. Wenn er es trotzdem tut, ist er selbst schuld, wenn ihm der Tod folgt. Am Schluss steht noch „acoluten thanaton“ – „Folgen des Todes“. Das war also die totale Trennung.
Seit dem Jahr 70 ist diese Trennung jedoch aufgehoben. Paulus hat dies gewissermaßen prophetisch bereits im Jahr 62 im Epheserbrief geschrieben. Das ist eindrücklich und zeigt die biblische Sicht der Weltmission, die nun alle Völker erreichen soll.
Der Sanhedrin und die Lehre Jesu im Tempel
Jetzt gehen wir über die Zwischenwand der Umzäunung hinaus, wie diese Leute hier, und gelangen zu dieser Terrasse, die sich auf der Südseite des innersten Vorhofes befindet. Auf Hebräisch nennt man diese Terrasse den Chel. Sie hatte eine besondere Bedeutung, denn wenn man dieses Gebäude hier betrachtet, sieht man die Quaderhalle. In dieser Quaderhalle war das oberste Gericht Israels, der Sanhedrin, untergebracht.
Bis zum Jahr dreißig befand sich der Sanhedrin dort, dann zog er in die königliche Säulenhalle um. An den Festtagen und an den Sabbaten fanden keine Gerichtssitzungen statt. Deshalb kamen die großen Lehrer Israels an diesen Tagen auf die Terrasse hinaus. Jeder aus dem Volk durfte ihnen Fragen stellen, und so gab es eine öffentliche Fragenbeantwortung im Tempel.
Dies gibt uns den Hintergrund für die Geschichte in Lukas 2, in der der Herr Jesus als Zwölfjähriger mit seinen Eltern zum Tempel ging. Nach den Pflichttagen des Passahfestes blieben sie zwei Tage dort und kehrten dann sofort nach Nazaret zurück. Doch ihr Sohn wollte im Haus Gottes bleiben, denn dort fühlte er sich wohl. Seine Eltern kamen dann aufgeregt zurück nach Jerusalem und suchten ihn überall. Schließlich fanden sie ihn im Tempel.
„Inmitten der Lehre“ heißt es in Lukas 2,46: „Und es geschah nach drei Tagen, dass sie ihn im Tempel fanden, wie er inmitten der Lehre saß, ihnen zuhörte und sie befragte. Alle aber, die ihn hörten, gerieten außer sich über sein Verständnis und seine Antworten.“
Wir können genau lokalisieren, wo das stattgefunden hat: hier auf dem Chel. Ungewöhnlich ist, dass nicht nur er den großen Lehrern Fragen stellte, sondern dass sie begannen, ihm Fragen zu stellen. Ein Zwölfjähriger hatte noch nicht einmal die Bar Mitzwa gefeiert, die man ja mit dreizehn begeht.
Es war jedoch üblich, dass man die Kinder, besonders die Söhne, ab zwölf zu den obligatorischen Festen mitnahm, um sie einzugewöhnen. Ab dreizehn, mit der Bar Mitzwa, waren sie voll verantwortlich, die Gebote Gottes selbst zu erfüllen. Bei der Bar Mitzwa betet der Vater sehr froh und dankt Gott, dass er nun von der Pflicht gegenüber seinem Sohn entbunden ist, weil der Sohn nun selbst verantwortlich ist, nach den Geboten Gottes zu leben.
Diese großen Lehrer Israels merkten plötzlich, dass dies kein gewöhnliches Kind war. Sie waren erstaunt, wie gut er die Bibel kannte. Die Fragen drehten sich je nach Fest besonders um die Thematik des jeweiligen Festes. Es war gerade das Passahfest, und so ging es um das Passalam, also theoretische Fragen.
Doch der Herr Jesus wusste mit zwölf Jahren schon: „Ich bin gekommen, um einmal als das wahre Passalam hier in Jerusalem zu sterben.“ Für ihn waren diese Fragen nicht nur theoretisch. Er wusste genau, wie konkret er einmal das Passalam werden sollte. Später musste Johannes der Täufer sagen: „Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt.“
Die königliche Säulenhalle und die Verurteilung Jesu
Nun, wenn wir auf dem Chrel waren, gehen wir nochmals zurück. Diese königliche Säulenhalle ist so prächtig und gewaltig, dass wir sie näher in Augenschein nehmen wollen.
Ich habe bereits erklärt, dass eine Basilika, wörtlich eine Königshalle, der Gerichtssitz war. Hier tagte der Sanhedrin ab dem Jahr 30. Gleichzeitig war es ein Marktplatz, auf dem die Opfertiere verkauft wurden. Diese Basilika entsprach, verglichen mit heutigen Verhältnissen, einer riesigen Kathedrale. Doch sie war nur ein kleiner Teil des Tempelbezirks. Man könnte all die großen, berühmten Kathedralen Englands hier unterbringen und hätte noch Platz.
Die Basilika hatte drei Schiffe, Zedernbalken und war wunderbar verziert. Gegen Osten, in einem Halbkreis, befand sich der Sitz des Sanhedrins, des obersten Gerichtshofs. Jede Säule war so groß, dass drei Männer sie mit ausgestreckten Händen umfassen konnten. Die Höhe einer Säule betrug etwa 15 Meter, und sie bestand aus einem einzigen Steinblock. Anders als die Römer, die oft billige Zusammensetzungen aus mehreren Steinstücken herstellten, war dies ein Meisterwerk. Natürlich musste man damals auch sparen.
Jetzt sind wir in der Mittelhalle und sehen dort vorne eine Versammlung. Die meisten von uns sind vielleicht zum ersten Mal im Tempel. Wir wollen uns anschauen, was für eine Verhandlung dort stattfindet.
Wir schreiben das Jahr 32, Frühjahr, Freitag. Matthäus 27,1 sagt: „Als es aber Morgen geworden war, hielten alle führenden Priester und Ältesten des Volkes Rat gegen Jesus, um ihn zum Tod zu bringen.“ Nachdem sie ihn gebunden hatten, führten sie ihn weg und überlieferten ihn Pontius Pilatus, dem Landpfleger.
Hier im Tempel wurde Jesus Christus vom obersten Opfer, dem Hohen Priester, zum Tod verurteilt. Das wahre Opfer, das unsere Sünden wegnehmen konnte, wurde im Tempel, dem Ort der Opfer, durch den obersten Opfer zum Tod verurteilt. Danach wurde er den Römern zur Hinrichtung übergeben, da die Juden damals kein Recht mehr hatten, die Todesstrafe zu verhängen. Die Römer hatten ihnen dieses Recht entzogen.
Diese Ereignisse sind für uns heute sehr konkret. Wir wissen genau, dass der Sanhedrin in der Südostecke des Tempelbezirks tagte. Somit können wir die Verurteilung Jesu heute genau auf dem Tempelbezirk lokalisieren.
Dramatisch ist Folgendes: Was befindet sich heute genau unterhalb dieses Bereichs? Heute wird dort eine illegale Moschee für etwa zehn Personen gebaut. Das hat einen großen Wirbel ausgelöst. Deshalb ist auch Charon auf den Tempelberg gegangen, um mit den Verantwortlichen zu besichtigen, was sie dort an Überresten des früheren Tempels zerstören.
Später kam es zu einem Aufstand. Dieser war nicht wegen seines Besuchs, aber das Ganze wurde mit seinem Besuch und der illegalen Moschee unterhalb in Verbindung gebracht. In unseren Medien wurde das kaum berichtet. Man sprach nur davon, dass ein Provokateur auf den Tempelberg gegangen sei.
Das Dramatische, das die Al-Aqsa-Moschee in die Schlagzeilen mit Tausenden von Toten brachte, hängt alles mit diesem Bereich zusammen. Ist es nicht dramatisch, dass gerade an dem Ort, an dem Jesus Christus vor zweitausend Jahren zum Tod verurteilt wurde, heute solche Konflikte stattfinden?
Wir sehen, wir sind nicht einfach abseits. Das, was vor zweitausend Jahren geschah, hängt direkt mit dem zusammen, was wir heute erleben.
Der Sanhedrin beschloss, dass Jesus Christus getötet werden muss. Das konnten nur die Römer vollstrecken. Also brachten sie ihn zu Pilatus. Der direkte Weg von der königlichen Säulenhalle zu Pilatus führte durch ein Tor im Westen, über eine Brücke zu seinem Sitz.
Ich nenne dieses Tor das Tor der Verwerfung. In der antiken Literatur wird dieses Tor erwähnt, aber es gibt keinen überlieferten Namen. Deshalb habe ich ihm diesen neuen Namen gegeben. Es ist das Tor, durch das Jesus Christus vom höchsten Gericht Israels aus dem Tempelbezirk hinausgeworfen wurde.
Doch das Dramatische ist: Was geschieht heute unter diesem Bogen der Brücke? Das werde ich gleich erklären.
Zunächst noch Matthäus 27,2: „Und nachdem sie ihn gebunden hatten, führten sie ihn weg und überlieferten ihn Pontius Pilatus, dem Landpfleger.“ Schließlich verurteilte Pilatus ihn zum Tod, und so wurde Jesus nach Golgatha hinausgeführt.
Hebräer 13,12 sagt: „Darum hat auch Jesus, damit er durch sein eigenes Blut das Volk heiligte, außerhalb des Tores gelitten.“ Er wurde durch das Gartentor hinausgeführt und auf dem Golgatha-Felsen gekreuzigt.
Golgatha war ein ausgedienter Steinbruch. Dieser Fels von etwa zwölf Metern Höhe blieb stehen, weil das Gestein zu weich war, um als Baumaterial verwendet zu werden. So wurde der Herr Jesus hier gekreuzigt, ganz entsprechend dem messianischen Wort im Psalm: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden.“
Von dem Herrn ist es ausgegangen, und wunderbar ist es in unseren Augen. Dort, außerhalb des Tores, hat der Herr gelitten.
Doch wir sind ganz nah an den Opfern des Tempels, genau im Timing der Opfer von neun Uhr bis drei Uhr.
Die Klagemauer heute und das Gebet der Juden
Nun sehen wir die Klagemauer heute. Im Judentum wird sie nicht mehr gern „Klagemauer“ genannt. Man sagt einfach Ha Kotel Ha Ma'aravi, das heißt die Westmauer. Manche nennen sie sarkastisch Ha Kotel Ha Arawi, was „die arabische Mauer“ bedeutet. Doch der Begriff „Klagemauer“ wird nicht mehr gern verwendet.
Trotzdem ist es der Ort, an dem bis heute über den fehlenden Frieden geklagt wird. Dieses Volk gerät immer mehr in Bedrängnis und steht unter Druck von vielen Völkern dieser Welt. Diese verurteilen Israel einseitig und auf ungerechte Weise. Der Druck lastet schwer auf dem Volk, und der Terrorismus nimmt kein Ende.
Hier sehen wir die Männerabteilung, wo die Männer beten. Dort beten die Frauen. Die Männer beten auch unter diesem Bogen. Wenn man hineingeht, gelangt man zu diesem originalen Bogen, zu der Brücke, von der Jesus Christus vor zweitausend Jahren hinausgeworfen wurde. Das ist der sogenannte Wilson-Bogen, der erste Bogen dieser Brücke vor dem Tor der Verwerfung. Dort beten die Männer.
Ich habe einen Juden beobachtet, der dort unter dem Bogen betete. Er hatte den Talit, den Gebetsmantel, völlig über den Kopf und über seine Brust gezogen, über sein Herz. In 2. Korinther 3 macht Paulus genau eine Anspielung auf diese Art des Betens im Judentum. Doch ihr Sinn ist verstockt worden. Denn bis zum heutigen Tag bleibt beim Lesen des Alten Testaments dieselbe Decke unaufgedeckt, die durch den Messias weggetan wird.
Bis heute, wenn Moses gelesen wird, liegt die Decke auf ihrem Herzen. Das hat mich sehr berührt. Unterhalb dieses Bogens, wo Jesus Christus vor zweitausend Jahren hinausgeworfen wurde, erkennt dieser Jude den Messias nicht. Er liest das Alte Testament und erkennt trotzdem nicht den Messias, obwohl es über 300 Prophezeiungen gibt, die sich in Jesus von Nazareth erfüllt haben. Doch auf seinem Herzen liegt eine Decke.
Es ist aber nicht hoffnungslos. Heute kommen mehr Juden als Schweizer zum Glauben an den Messias Jesus. Es ist ein gewaltiger Aufbruch, der sich heute bemerkbar macht – nicht unbedingt in Israel, sondern vielmehr in den USA und Kanada. Man nimmt an, dass seit den 1960er Jahren etwa 100.000 Juden zum Glauben gekommen sind. Bei weltweit etwa 14 Millionen Juden kann man den Prozentsatz berechnen und vergleichen, ob das in der Schweiz ähnlich ist.
Wenn sie zum Glauben kommen, wird diese Decke weggetan. Interessant ist, dass Paulus in 1. Korinther 11 erklärt, dass die christliche Art des Betens so ist, dass der Mann nichts auf dem Kopf hat. Genau das ist der Punkt: mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn erkennen.
Der Tempel als Ort der Versuchung und der Beginn von Jesu Dienst
Nun haben wir eine Übersicht von Osten. Da auf der königlichen Säulenhalle befand sich gewissermaßen der höchste Beobachtungspunkt des Tempels. Von dort ging es ganz steil hinunter ins Kidron-Tal. Das war also der Ort, den Josephus Flavius, ein Priester aus dem ersten Jahrhundert, beschreibt. Wenn man dort oben steht, ist das ganz dramatisch: Man schaut hinunter, einem wird richtig schwindelig, einem dreht es. Das war wirklich der großartigste Beobachtungspunkt von den Tempelhallen aus.
Das Neue Testament nennt diesen Ort die Zinne des Tempels. Wir kommen darauf noch zurück.
Wir sehen hier das Osttor, das ich bereits erklärt habe. Das ist alles Wiederholung. Hier ist das Tor Mithkat, auf der Nordseite der Israel-Teich, den ich noch nicht erwähnt habe, dann das Schaftor und gleich weiter die Burg Antonia. Von diesen Dingen soll im Folgenden die Rede sein.
Die Zinne des Tempels
In der Versuchungsgeschichte Jesu wird erwähnt, dass Jesus auf die Zinne des Tempels gegangen ist. Satan hat ihn hier herausgefordert (Lukas 4,9):
„Und er führte ihn nach Jerusalem und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so wirf dich von hier hinab! Denn es steht geschrieben: Er wird seinen Engeln über dir befehlen, dass sie dich bewahren, und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du nicht etwa deinen Fuß an einen Stein stößt.“
Jesus antwortete und sprach zu ihm: „Es ist gesagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.“
Der Teufel benimmt sich, als wäre er fromm, im Tempel. Er benutzt die Bibel und sagt: Schau, es steht doch in der Bibel, wenn man ein Problem hat, dann schickt Gott seine Engel, und sie werden dich bewahren. Da kannst du doch von hier herunterspringen.
Der Herr Jesus geht überhaupt nicht auf so eine Verdrehung und einen Missbrauch von Bibelstellen ein. Er sagt an einer anderen Stelle: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.“ Damit hat er uns ein Beispiel gegeben, wie man auf solche Angriffe reagieren soll – immer mit Bibelworten, die aber dem Gesamtzeugnis der Heiligen Schrift entsprechen.
Übrigens gibt es in der rabbinischen Literatur den Gedanken, dass, wenn der Messias kommt, er sich auf dem Tempeldach offenbaren wird. Das war keine biblische Idee, aber diese Auffassung war weit verbreitet und bekannt.
Die Versuchungsgeschichte fand ja statt, noch bevor Jesus Christus öffentlich mit dem Predigen begonnen hatte. Ein solcher Sprung vom Tempeldach hätte dazu dienen können, dass Israel erkennt: Das ist der Messias. Aber der Herr Jesus ist überhaupt nicht auf solche Showereignisse eingegangen. Christentum hat mit Show nichts zu tun. Das ist ein sehr moderner Gedanke.
Diese Dinge sind noch so konkret erhalten, man sieht: Diese Steinreihen sind alle noch originale Steinreihen dieses Turmes der Zinne des Tempels. Die kleinen Steine oben sind islamische Bausteine aus späterer Zeit. Aber wir können die Versuchung Jesu ganz klar an diesem Ort platzieren.
Der Herr Jesus ist nach der Versuchung nach Galiläa gegangen, in dieses verachtete Galiläa, und dort hat er begonnen zu predigen. Entsprechend der Weissagung in Jesaja 9:
Dort sollte nämlich das Licht aufgehen in Galiläa am See von Sege Nezareth. Nicht bleibt Finsternis im Land, das Bedrängnis hat. Zunächst hat er das Land Zebulon und das Land Naftali verachtet, aber am Ende bringt er es zu Ehren: den Weg am See, das Jenseitige des Jordan, das Galiläa der Nationen.
Das Volk, das im Finstern wandelt, hat ein großes Licht gesehen; die da wohnen im Land des Todesschattens, Licht hat über sie geleuchtet.
Dort begann der Herr Jesus zu predigen. Dort ging das Licht des Messias in unserer dunklen Welt auf. Das ist ja eine Weihnachtsbotschaft.
Ich habe meinen Kindern erklärt: Erstens stimmt das mit dem 25. Dezember nicht, und zweitens können wir jeden Tag Weihnachten feiern.
Das Osttor und der Sündenbock
Übersicht von Osten
Wir gehen zum Tor Mifkat und zum Osttor des Tempels. Ja, da, das zugemauerte goldene Tor. Innerhalb dieses Gebäudes, das aus islamischer Zeit stammt, findet man noch diese zwei Torpfosten. Der eine ist etwa viereinhalb Meter hoch, ein Stück Stein ist dreieinhalb Meter hoch. Diese Torpfosten sind noch original vom früheren Tempel und gehen wohl zurück auf die Zeit von Nehemiah oder sogar noch früher.
Durch dieses Tor wurde jährlich im Herbst am Jom Kippur der Sündenbock aus dem Tempel hinausgeschafft. Auch die rote Kuh wurde dort hinausgebracht – für diejenigen, die wissen, was das bedeutet. Durch dieses Tor ging der Sündenbock hinaus. Er wurde dann über eine Brücke hindurchgeführt, durch das Kidrontal auf den Ölberg gebracht und anschließend in die Wüste geschickt.
Zuvor hatte der Hohepriester in einer feierlichen Zeremonie dem Sündenbock jeweils die beiden Hände auf den Kopf gelegt. Dabei bekannte er die Schuld Israels im vergangenen Jahr vor Gott und übertrug sie so symbolisch auf den unschuldigen Bock. So wurde der Unschuldige zum Sündenbock.
Die Bibel schreibt in 3. Mose 16 vor, dass dieser Bock hinausgejagt werden muss in die Wüste, um die Sünde auf Nimmerwiedersehen wegzutragen. So hat Israel Jahr für Jahr erlebt, wie man Vergebung durch Stellvertretung erhält.
3. Mose 16,21: „Und Aaron lege seine beiden Hände auf den Kopf des lebendigen Bockes und bekenne auf ihn alle Ungerechtigkeiten der Kinder Israel und alle ihre Übertretungen nach allen ihren Sünden. Und er lege sie auf den Kopf des Bockes und schicke ihn durch einen bereitstehenden Mann fort in die Wüste, damit der Bock alle ihre Ungerechtigkeiten auf sich trage in ein ödes Land.“
So ging dieser Bock hinaus durch das Osttor. Er wurde aus dem Tempel hinausgeworfen, dann ging er durch das Tor Mifkat und damit war er aus der Stadt hinausgeworfen – für die Schuldigen. Jahr für Jahr hat man das in Israel erlebt.
Und wie war es dann bei Jesus Christus? Man hat ihn aus dem Tempel hinausgetan und nachher durch das Gartentor außerhalb der Stadt. Dann hat er gelitten – der Gerechte für uns die Ungerechten.
Jahr für Jahr hat man das erlebt: Es gibt Vergebung, aber nur indem wir unsere Schuld Gott bekennen und ein Unschuldiger hinausgeworfen wird, um die Schuld für immer wegzutragen.
Der Sündenbock weist auf Jesus Christus hin, der bereit war, unsere persönliche Schuld auf sich zu nehmen – vor zweitausend Jahren. Das bewegt mich immer wieder, wenn ich daran denke: Vor zweitausend Jahren habe ich ja gar noch nicht gelebt, ich habe keine einzige Sünde begangen. Trotzdem hat damals Jesus Christus auf Golgatha die Schuld meines Lebens getragen.
Nicht nur die Schuld bis zu meiner Bekehrung, also bis ich zehn Jahre alt war, sondern auch die Schuld bis heute, also noch ganze 35 Jahre dazu. Und nicht nur bis heute, sondern auch alles, was noch in der Zukunft liegt, denn er hat es ja vor zweitausend Jahren getragen.
Das ist so befreiend, wenn man das einmal wirklich erfasst hat: Jesus Christus hat die Schuld meines ganzen Lebens vor Gott getilgt. Das ist totale Entlastung. Aber die Voraussetzung ist, dass wir unsere Schuld Gott bekennen, bereuen und dann dankbar die Vergebung annehmen und wirklich darauf bestehen, dass er uns vollkommen gemacht hat, um geheiligt zu werden (Hebräer).
Durch das Osttor hinaus, über die Brücke – eine dramatische Analogie. Dann in die Wüste, damit der Bock alle ihre Ungerechtigkeiten auf sich trage in ein ödes Land. Er wurde fortgeschickt in die Wüste und kam nie mehr zurück.
Das ist so befreiend: Wenn man diese Vergebung durch Jesus Christus angenommen hat, muss man nicht mehr befürchten, dass die Schuld eines Tages zurückkommt. Sie kommt nie mehr zurück, und Gott wird sie mir nie mehr vorhalten.
Das ist das Evangelium, das wir den Menschen weitererzählen müssen. Dann werden sie frei – nicht nur von ihren Schuldgefühlen. Diese nehmen ihnen schon Psychotherapeuten, Freudianer und Jungianer ab. Aber was sie nicht können, ist die Schuld wegnehmen. Sie können nur die Schuldgefühle etwas verdrängen.
Dass Freud sogar das Mittel der Verdrängung angeboten hatte, ehe er später gegen Verdrängung war, ist komisch. Aber es gibt viele komische Sachen im Leben.
Die Säulenhalle Salomos und die Anfänge der christlichen Gemeinde
Nun gehen wir hinters goldene Tor und schauen uns die Säulenhalle im Osten an. Diese nannte man die Säulenhalle Salomos – ein passender Name, denn sie ist die einzige äußere Säulenhalle, die seit Salomo in ihrer Linie unverändert blieb. Alle anderen Säulenhallen entstanden erst durch spätere Erweiterungen.
In Johannes 10,23, am Chanukkafest im Winter im Dezember, heißt es: „Und Jesus wandelte im Tempel in der Säulenhalle Salomons.“ Dort kamen Führer des Volkes zu ihm und fragten: „Bist du der Messias?“ Jesus antwortete: „Ich habe es euch gesagt, und ihr glaubt nicht. Ihr seid nicht von meinen Schafen. Meine Schafe hören meine Stimme, ich kenne sie, und ich gebe ihnen ewiges Leben. Sie gehen nicht verloren, ewiglich, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben.“
In dieser Säulenhalle verkündete der Herr Jesus Heilssicherheit und Heilsgewissheit für seine Nachfolger. Nicht lange danach, ab dem Pfingsttag, versammelten sich die ersten Christen hier in dieser Halle. In Apostelgeschichte 5,12 heißt es: „Sie waren alle einmütig in der Säulenhalle Salomos.“ Jeden Tag fanden dort Zusammenkünfte statt. Die jungen, bekehrten Christen wurden durch die Apostel unterwiesen und erhielten eine systematische Schulung, um auf eigenen Beinen stehen zu können.
Das ist der Ursprung des Christentums. Interessant ist, dass die Gemeinde der Tempel Gottes ist – das Sinnbild. Die ersten Christen versammelten sich im wörtlichen Tempel in Jerusalem. Sie mussten keine Miete zahlen und hatten eine beeindruckende Halle, breit, mit einer Zedernholzdecke und etwa 252,5 Meter lang. Davon können wir heute nur träumen.
Wenn man das aus heutiger Sicht betrachtet, ist die Ostmauer hier das goldene Torgebäude, der Ort der ersten Christen. Dort begann das Drama der Kirchengeschichte. Die Christen waren damals ganz schön einmütig und hatten Frieden miteinander in der Säulenhalle Salomos. Salomo bedeutet „Mann des Friedens“. In der Friedenshalle waren sie friedlich zusammen.
Nun gehen wir weiter zum Israel-Teich, zum Schaftor und zur Burg Antonia. Im Israel-Teich wurden die Opfertiere gewaschen. Anschließend wurden sie durch das Schaftor auf den Tempelplatz geführt. Die Burg Antonia war der römische Kontrollpunkt über dem Tempelplatz.
Das folgende Foto vom Ende des 19. Jahrhunderts ist sehr exklusiv, denn damals war der Israel-Teich noch sichtbar. Später wurde er zugeschüttet, heute befindet sich dort ein Parkplatz. Yasir Arafat sagte, man habe in Jerusalem noch nie etwas vom jüdischen Tempel gefunden. Dabei müssten sie nur den Parkplatz ausgraben, dann hätten sie den Israel-Teich.
Es wäre interessant, wenn Tempelarchäologen einmal einige Stunden zuhören könnten. Mahmud Abbas, die neue Friedenshoffnung, hat in seiner Doktorarbeit den Holocaust geleugnet. Jetzt leugnet er auch, dass es jemals Reste eines jüdischen Tempels gegeben habe, die man gefunden hätte. Das wären alles spannende Themen, die sie mal in Herzogenrath besprechen sollten.
Wie gesagt, der Teich ist zugeschüttet, aber er war dort. Die Tiere wurden gewaschen, und nur durch dieses Tor, das Schaftor, kamen die Ziegen, Schafe und Stiere auf den Tempelplatz.
Der Herr Jesus sagte im Tempelbezirk in Johannes 10,7: „Jesus sprach nun wiederum zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, ich bin die Tür der Schafe. Wenn jemand durch mich eingeht, wird er errettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden.“
Im Alten Testament wird das Haus Gottes, der Tempel, oft mit einem Schafhof verglichen. Zum Beispiel heißt es im Psalm: „Dienet dem Herrn mit Freuden, kommt vor sein Angesicht mit Jubel.“ Und weiter: „Wir sind die Schafe seiner Weide.“ Der Tempelbezirk wird also mit einem Schafhof verglichen, in den die Schafe Israels hineingehen.
Der Herr Jesus erklärt nun: „Ich bin die Tür der Schafe.“ Dieses Tor war gewissermaßen der Zugang, wo der schuldige Mensch mit dem unschuldigen Stellvertreter zu Gott kam. Jesus sagt, das ist die Grundlage, wie man errettet werden kann. Wenn man Jesus Christus als sein Opfer annimmt und auf dieser Basis zu Gott kommt, wird man gerettet.
So sieht man, dass all diese bekannten Bibelworte tief verwurzelt sind in der Welt der damaligen Jünger Jesu.
Heute ist der Israel-Teich zugeschüttet, ein Parkplatz liegt darauf. Das Schaftor konnte ich in meiner Doktorarbeit genau hier lokalisieren. Und hier ist die Burg Antonia, der Sitz der römischen Legionen in Jerusalem.
Jetzt gehen wir durch das Schaftor hinein und schauen uns die Gebäude der inneren Vorhöfe an. Besonders interessiert uns dieses Haus hier. Es war das Wohnhaus der diensttuenden Priester im Tempel, denn dort durften sie schlafen.
Der Herr Jesus nannte den Tempel in Johannes 2 „das Haus meines Vaters“. In Johannes 14,2 sagt er, als er bereit war, in den Himmel zurückzukehren: „Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, würde ich es euch gesagt haben. Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten. Und wenn ich hingehe und euch eine Stätte bereite, so komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, damit, wo ich bin, auch ihr seid.“
Hier spricht Jesus vom Archetypus im Himmel, dem Urbild. Er sagt, dort sind Wohnungen im Haus des Vaters, und er geht hin, um alles für uns vorzubereiten.
Das bedeutet, diejenigen, die zu Jesus Christus gehören, sind alle Priester. Man braucht kein Priesterseminar, es ist viel einfacher. Jesus sagt, er geht hin und macht diese Wohnungen bereit und wird bei der Entrückung wiederkommen und uns zu sich nehmen.
Dieser Tempel gibt uns einen Vorgeschmack auf die christliche Hoffnung. Das Judentum ist das Bilderbuch zum Christentum. So ist die Beziehung. Es gibt einen Vorgeschmack auf das, was kommt.
Die Lage ist interessant: Hier ist das Tempelhaus, und der hinterste Teil ist das Allerheiligste. Genau gegenüber vom Allerheiligsten befindet sich das Zuhause der Priester im Tempel.
Die Burg Antonia und Paulus' Rede
Wir kommen zur Burg Antonia. Damit wir zeitlich gut zurechtkommen, schlage ich vor, jetzt eine Pause zu machen. Wir haben so viel gearbeitet! Eine halbe Stunde Pause erholt euch gut.
Wir kommen jetzt zur Burg Antonia. Könnte man das Licht da hinten noch abstellen? Paulus, der Heidenmissionar, kam auf seiner dritten Missionsreise nach Jerusalem. Das wird beschrieben in Apostelgeschichte 21.
Er ging in den Tempel und wurde dort von Juden, die ihn aus der Türkei kannten, beschuldigt, er hätte Heiden verbotenerweise in die inneren Vorhöfe geführt. Das war eine reine Lüge. Doch es genügte, dass die Volksmassen aufgebracht auf ihn zustürmten und ihn beinahe auf dem Tempelplatz umgebracht hätten.
Da intervenierte der Schnelleingreiftrupp aus der Burg Antonia. In der nordwestlichen Ecke der Burg gab es eine Treppe, über die sie schnell herunterkamen und sofort eingreifen konnten. Paulus wurde also im letzten Moment entrissen und auf diese Treppe hinaufgetragen.
Dort fragte Paulus den Hohen Offizier: "Ist es mir erlaubt, zum Volk zu sprechen?" Der Offizier war erstaunt und dachte: "Ach so, du bist also nicht dieser Terrorist." Paulus erklärte ihm, wer er ist, und so gab der Offizier ihm die Erlaubnis, zu sprechen.
Wir lesen in Apostelgeschichte 22,40: "Als er es aber erlaubt hatte, winkte Paulus auf den Stufen stehend dem Volk mit der Hand. Nachdem aber eine große Stille eingetreten war, redete er sie in hebräischer Mundart an und sprach: Achim we Avot, Brüder und Väter! Hört jetzt meine Verantwortung an euch!"
Das können wir also ganz genau lokalisieren: Paulus stand auf dieser obersten Stufe, die auch auf den Tempeldächern der Säulenhallen lag. Von dort konnte er der aufgebrachten Volksmenge im Heidenvorhof eine kurze Ansprache halten – wie damals in Jerusalem üblich, nicht auf Aramäisch, sondern auf Hebräisch.
Er hielt ein wunderbares Plädoyer über die Heidenmission. Das ist besonders interessant angesichts des Heidenvorhofs, der damals so groß erweitert worden war, damit möglichst viele Heiden den wahren Gott erkennen könnten.
Paulus erklärte, wie er vom auferstandenen Messias berufen worden sei, weit weg zu den Heiden zu gehen. Er sagte, dass diese Heiden besser hören würden als die Juden hier in Jerusalem.
Als er das gesagt hatte, war es aus mit der Ruhe. Die ganze Volksmenge begann zu toben und verlangte den Tod des Paulus. So wurde er in die Burg Antonia evakuiert und in Sicherheit gebracht.
Von da an begann sein Leidensweg – über Jerusalem, Caesarea und schließlich bis nach Rom. Und das alles, weil er sich für das Evangelium unter den Heiden eingesetzt hatte.
Er predigte, dass Heiden keine Juden werden müssen, um mit Gott in Ordnung zu kommen. Er erklärte, dass sie einfach ihre Schuld Gott bekennen und das Opfer des Messias für sich in Anspruch nehmen müssten. Die Taufe folgte danach, hatte aber nichts mit einem Übertritt ins Judentum zu tun.
Die Zwischenwand der Umzäunung war abgebrochen, und das hatte die Juden geärgert. Darum waren sie so gegen Paulus – weil er die Leute nicht ins Judentum brachte.
Übrigens sieht man heute wieder diese Gefahr, dass es Menschen gibt, die versuchen, Christen aus nichtjüdischen Völkern ins Judentum hineinzubringen. Sie sagen etwa: "Kommt doch im Herbst, und wir gehen das Laubhüttenfest in Jerusalem feiern."
Das ist jedoch kein Auftrag für Christen oder die Gemeinde. Das ist eine Rückführung ins Judentum – und das geht nicht. Paulus hat klar gesagt, dass das nicht geschehen darf.
Er selbst, als Jude, ist in den Tempel gegangen und hat sogar Opfer gebracht (Apostelgeschichte 21). Aber er hat Nichtjuden niemals ins Judentum hineingeführt – und dafür musste er leiden.
Darum ist dieses Plädoyer für die Heidenmission angesichts des Heidenvorhofs in Jerusalem so wichtig.
Wir können heute archäologisch die Treppe genau lokalisieren. Sie befindet sich genau an der Stelle, wo heute das Gavanima-Minarett steht. Das ist eine ausgesparte Ecke, in der diese Treppe war.
Dort hat Paulus sein Plädoyer gehalten.
Das Felsfundament der Burg Antonia ist heute noch gut sichtbar. Ich habe es fotografiert. Man sieht ein Balkenloch – eines von fünf, die man hier gefunden hat. Sie trugen die nördliche Decke der Säulenhalle und sind heute noch gut zu erkennen.
Aus einem anderen Blickwinkel sieht man, wo Paulus stand und zum Heidenvorhof sprach.
Die innersten Vorhöfe und ihre Bedeutung
Und jetzt gehen wir zu den innersten Vorhöfen. Wir fliegen mit einem Jet über den Tempelberg. Das ist schon etwas speziell. Hier ist das eigentliche Tempelhaus vorne breit und hinten schmal. Darum nannte man es Ariel, Gottes Löwe. Der Löwe hat vorne ein breites Gesicht und hinten ist es schmal.
Im innersten Vorhof befindet sich das Lager der Schechiner. Man hat diesen Vorhof mit dem Vorhof der Stiftshütte früher verglichen, wo das Goldene Haus stand. Im Vorhof darüber war die Wolke der Gegenwart Gottes, die Schechiner. Deshalb nannte man es das Lager der Schechiner. Davor steht der Altar, an dem die Lämmer geschlachtet wurden. Der Löwe und das Lamm.
Dann, hier vorgelagert, ist der Frauenvorhof. Das war nicht einfach eine Fantasieerfindung. Schon ganz früher, zur Zeit von Mose, bei der Stiftshütte, lesen wir von Frauen, die sich am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft versammelten. Also war im Eingangsbereich der Stiftshütte schon ein spezieller Anbetungsort für Frauen. Darum baute man vor dem Lager der Schechina einen Vorhof, den Vorhof der Frauen, der speziell der Anbetung der Frauen diente.
Jetzt gehen wir in den Frauenvorhof hinein. Wir sehen, dass ins Lager der Schechina eine gewaltige Tür führt, das sogenannte Nikanortor. Das war das herrlichste, schönste Tor im ganzen Tempelbezirk. Davor befinden sich 15 halbkreisförmige Treppen. Darauf standen an den großen Festen der Priesterchor und das levitische Orchester. Sie führten dort die Psalmen auf.
Der große Versammlungsort im Tempel war speziell der Vorhof der Frauen. Dort durften auch die Männer hineinkommen. Später baute man hier noch eine Etage, sodass an den großen Festen die Frauen oben saßen, auf den Logenplätzen, und die Männer unten. So ist es heute noch in orthodoxen Synagogen, in denen Männer und Frauen getrennt sind.
Für das Christentum gibt es diesbezüglich keine Vorschrift im Neuen Testament. Der ganze Frauenvorhof war von Säulenhallen umgeben. Darin gab es dreizehn Opferkästen, in die man Geld für verschiedene Zwecke einlegen konnte.
Warum fünfzehn halbkreisförmige Treppen? Man baute sie analog zu den fünfzehn sogenannten Stufenliedern. Die Psalmen 121 bis 134 sind fünfzehn Psalmen, die man sang, wenn man zu den großen Festen nach Jerusalem ging.
Man sieht diese gewaltigen Leuchter im Frauenvorhof, 25 Meter hoch. Sie wurden aber nur am Laubhüttenfest und am Chanukkafest im Winter angezündet. Das waren ganz besondere Ereignisse.
Die moderne Archäologie der letzten Jahre hat gezeigt, dass genau an der Stelle dieser Treppe, die heute auf die Moslemplattform hinaufgeht, diese fünfzehn halbkreisförmigen Treppen standen. An den großen Festen im Tempel wurden dort die Psalmen aufgeführt – mit Orchester.
Übrigens benutzte man in den Synagogen damals keine Instrumente. Der Gesang war wortkonzentriert, logozentrisch, also der Inhalt stand im Vordergrund. Aber dreimal im Jahr war das anders: Wenn man zum Tempel ging, war das Orchester mit dabei. Das war für jeden Juden ein ganz besonderes, emotionales Ereignis.
Es ist schon ein Unterschied zu unserer Kultur. Wir werden ja ununterbrochen mit Musik aller Art konfrontiert. Wenn ich das sage, bin ich kein Musikfeind – sonst hätte ich ja nie Musik studiert. Aber es gibt einen Unterschied. Bei uns geht oft die ganze Sensibilität verloren. Musik macht man meistens nicht selbst, sondern konsumiert sie passiv.
Im Judentum waren diese Feste große Lebensereignisse im Jahr, wenn man die Tempelmusik mit Orchester und professionellem Priesterchor erlebte.
Sehen wir etwas von diesen Schatzkästen? In Markus 12,41 heißt es: Jesus setzte sich in der Schatzhalle, setzte sich der Schatzhalle gegenüber und sah, wie die Volksmenge Geld in den Schatzkasten legte, und viele Reiche viel einlegten. Die Schatzhalle war diese Halle mit den Kästen, und Jesus schaute zu, wie die Leute Geld gaben.
Wir lesen weiter: Eine arme Witwe kam und legte zwei Lepta ein, das ist ein Asarion. Er rief seine Jünger herbei und sprach zu ihnen: „Wahrlich, ich sage euch, diese arme Witwe hat mehr eingelegt als alle, die in den Schatzkasten eingelegt haben, denn alle haben von ihrem Überfluss eingelegt, diese aber hat von ihrem Mangel alles gegeben, was sie hatte, ihren ganzen Lebensunterhalt.“
Die Lepta, Mehrzahl von Lepton, waren die kleinsten Münzen, die es damals gab. Diese Frau legte also zwei Lepta ein. Für das damalige Verhältnis war das ein paar Minuten Arbeit für einen normalen Arbeiter. Das war ihr ganzes Vermögen. Sie gab einfach alles.
Jesus lobt diese Frau ganz besonders. Sie ist uns ein Beispiel für jemanden, der nicht am Geld hängt und bereit ist, auch in finanziellen Dingen auf Gott zu vertrauen. Ganz eindrücklich.
Sie hatte kein Gebot, alles zu geben. Sie sagte sich: „Gut, ich habe zwei Lepta, das ist nicht viel, und Gott muss für mich sorgen. Dann gebe ich ihm gleich alles.“ Da sind wir schlicht stumm und beeindruckt.
Das ist ein glühendes Beispiel dafür, dass man gerade in finanziellen Dingen auf Gott vertrauen soll. Unsere Gesellschaft sichert alles mit Versicherungen ab. Das Letzte kann man noch versichern, wenn man unruhig ist. Aber diese Frau kannte offensichtlich eine tiefe innere Ruhe, ohne jegliche Absicherung, im Vertrauen auf Gott. Und der Sohn Gottes hat das gesehen.
Am Laubhüttenfest wurden diese 25 Meter hohen Leuchter angezündet. Alte Männer vom Sanhedrin nahmen Fackeln und führten Reigen auf. Das Orchester und der Levitenchor spielten Tempelmusik. Übrigens tanzte nicht die ganze Menge, sondern nur die alten Männer. Wenn alte Brüder Reigen aufführen, ist das schon etwas ganz Spezielles.
Im Gesetz wird dreimal als Befehl gegeben: „Am Laubhüttenfest sollst du dich nur freuen.“ Das war das größte Freudenfest des Jahres.
Bedenken wir aber: Ein paar Tage zuvor war Jom Kippur, an dem jeder die Möglichkeit hatte, das ganze Jahr zu überdenken und vor Gott zu ordnen. Ein entlastetes Gewissen vor Gott, im Bewusstsein der Vergebung, gibt die Basis für die tiefste Freude, die es überhaupt gibt.
Das ist keine künstliche, überschwängliche Freude, die gar nicht echt ist und nicht dem Inneren entspricht, sondern die man macht. Nein, das ist wirklich eine Freude, die man im tiefsten Inneren empfindet, im Bewusstsein der Vergebung.
An diesem Fest war auch Jesus anwesend. Johannes 7 erzählt, dass es am Laubhüttenfest war. In Johannes 8,12 lesen wir: „Wiederum nun redete Jesus zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben.“
Er schien in die Dunkelheit hinaus. Auch heute ist das unsere Botschaft: In einer orientierungslosen Gesellschaft, die nicht mehr weiß, was oben und unten ist, die nicht mehr weiß, was Recht und Unrecht ist, dürfen wir das Licht von Jesus Christus haben.
Wer ihm nachfolgt, hat die Zusage, nicht in der Finsternis zu wandeln, sondern das Licht des Lebens zu haben.
Wenn es heute zu viel war – alles, was wir gehört und gesehen haben, wenn nur dieses Bild bleiben würde, dann ist das schon gewaltig: Jesus Christus sagt: Ich bin das Licht der Welt. Alles im Tempel weist auf ihn hin. Das ist eine ganz wunderbare Wahrheit: Er ist das Licht in dieser dunklen Welt.
Das Lager der Schechina und die Opfer im Tempel
Nun gehen wir vom Frauenvorhof ins Lager der Tschechiner. Das war genau der Ort des Tempelhauses und der Opfer, an dem täglich, im Durchschnitt von neun Uhr morgens bis drei Uhr nachmittags, die Opfer dargebracht wurden.
Tagtäglich flossen wortwörtlich Ströme von Blut. Es gab ein ganz wunderbares System: In diesem Gebäude gab es ein Wasserrad, mit dem Wasser aus dem Tempelberg gepumpt werden konnte, aus einer gigantischen Zisterne. Diese Zisterne wurde übrigens tatsächlich gefunden, genau dort im Tempelberg.
So konnte der gesamte Bereich rund um den Altar überflutet werden. Das Blut wurde dann mit dem Wasser durch ein Kanalsystem ins Kidron-Tal hinuntergespült. Hier lernt man das Prinzip aus Hebräer 9,22: Ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung.
Auch 1. Johannes 1,7 sagt: Das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde. Das wollte Gott im Judentum so einprägen: Das Bewusstsein, dass nur auf der Grundlage des Blutes Zugang zu Gott möglich ist.
Hebräer 10,14 erklärt: Denn durch ein Opfer hat er auf immerdar vollkommen gemacht, die geheiligt werden. Beim Morgenbrandopfer mussten mehrere Priester gemeinsam den Priestersegen aus 4. Mose 6,24-26 verkünden. Sie sprachen ihn mit den Händen über dem Kopf auf Hebräisch aus, und dabei wurde ausnahmsweise der Name Yahweh ausgesprochen.
Der Segen lautet: „Ja'er Adonai Banecha Alecha Vichunecha Yissa Yahweh Banaf Alecha Ve'jasemlacha Shalom“ – Der Warmkehlig in der Sprache der Propheten, der Herr segne dich und behüte dich, der Herr lasse sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig, der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.
Gottes Licht, Gnade und Frieden sind nur möglich auf der Grundlage des stellvertretenden Opfers. Das lernen wir hier.
Am Eingang zum Tempelhaus gab es einen gigantischen goldenen Weinstock, der beständig wuchs, weil jeder einen Geldbeitrag geben konnte. So wurden immer wieder neue Trauben und Blätter hinzugefügt.
Der Herr Jesus sagt in Johannes 15: „Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner. Bleibt in mir und ich in euch, gleichwie die Rebe nicht von sich selbst Frucht bringen kann, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, es sei denn, ihr bleibt in mir.“
Der Herr Jesus erklärt, dass auch dieser Weinstock auf ihn hinweist. Er zeigt, was wahres Christentum ist: eine lebendige, organische Verbindung mit dem Erlöser. So wie die Reben, die Trauben produzieren, eine organische Verbindung mit dem Weinstock bilden müssen, sonst verdorren sie.
Es ist eindrücklich, wenn man Weinblätter abschneidet. Sie sehen zunächst frisch aus, verdorren aber sehr schnell, sobald sie vom Weinstock getrennt sind und keinen Lebenssaft mehr erhalten. So ist wahres Christentum.
Jesus sagt: „Ich bin das Licht der Welt. Ich bin der wahre Weinstock, ich bin die Tür der Schafe. Ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, bringt viel Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun“ (Johannes 15,5).
Im Eingangsbereich gab es Fenster, und in diesen Fenstern befanden sich messianische Kronen. Diese mussten nach Sacharja 6,9-15 hergestellt und dort platziert werden. Die Kronen symbolisierten das Königtum und das Priestertum, die einmal, wenn der Messias kommt, vereinigt würden.
In Israel gab es eine Gewaltentrennung: Ein Priester konnte nicht König sein, ein König nicht Priester. Doch im Messias sollten alle Gewalten vereint werden, weil sie in ihm nie missbraucht werden können.
So wurden diese Kronen hier aufgestellt. In Lukas 21 lesen wir, wie der Herr Jesus mit seinen Jüngern im Tempel die Weihgeschenke betrachtete. Dazu gehörten der goldene Weinstock und die messianischen Kronen in den Fenstern. All dies wies auf Jesus Christus hin, der König und Priester sein sollte.
Doch der Hohe Rat hat ihn verworfen. Dennoch haben Millionen Menschen auf der Welt in ihm den wahren König und den wahren Priester gefunden: Den Priester, der das Problem unserer Schuld am Kreuz gelöst hat, und den König, der Autorität über unser Leben hat und uns nach seinem Wort führt.
Das Heilige und der Scheidevorhang
Jetzt gehen wir ins Heilige hinein. Täglich mussten die Priester am Räucheraltar Rauchwerk verbrennen. Die Bedeutung wurde bereits im Alten Testament erklärt, zum Beispiel in Psalm 141,2: „Lass als Räucherwerk vor dir bestehen mein Gebet!“
Dieser Altar hatte vier goldene Hörner. Hörner stehen für Macht und Gewalt – das weiß man spätestens, wenn man einmal Probleme mit einem Stier hatte. Hier bedeutet das: Gebet ist machtvoll, Gebet nützt. Man könnte sagen: Ja, Gott ist doch souverän, er handelt nach seinem Willen, ob wir beten oder nicht. Das stimmt aber nicht ganz.
Gott ist souverän, ja, und er handelt, wie er will. Aber in Jakobus 4 heißt es: „Ihr habt nichts, weil ihr nicht bittet.“ Es gibt Dinge, die Gott nicht tut, wenn wir ihn nicht darum bitten.
Nun gehen wir zum goldenen Leuchter, dem siebenarmigen Leuchter. Was ist seine Bedeutung? Paulus hat in seiner Rede vor König Agrippa darauf hingewiesen. Er sagt in Apostelgeschichte 26, dass er nichts anderes sagt als das, was auch die Propheten und Moses gesagt haben: Dass es geschehen werde, nämlich dass der Christus leiden sollte und dass er als Erster durch Totenauferstehung Licht verkündigen sollte – sowohl dem Volk als auch den Nationen.
Wo steht so etwas in den fünf Büchern Mose? Man kann das durchlesen und findet nichts. Auch wenn man auf Hebräisch zurückgeht, findet man nichts – außer man bleibt beim siebenarmigen Leuchter und seiner Beschreibung in 2. Mose 25 stehen.
Der Leuchter hat sieben Lampen mit Olivenöl. Christus (griechisch) oder Messias (hebräisch) bedeutet „der Gesalbte“ – der gesalbte König, Priester und Prophet. Also wenn Paulus sagt, Moses habe gesagt, dass der Christus kommen würde, weist er auf das Salböl in den sieben Lampen hin.
Der ursprüngliche siebenarmige Leuchter wurde von Bezalel nicht gegossen, sondern in Schmiedearbeit mit Hammerschlägen getrieben. Diese Hammerschläge weisen darauf hin, dass Christus leiden muss. Es gab 22 Mandelblüten daran.
Der Mandelbaum ist der Baum, der Ende Januar, Anfang Februar mit seinen weißen Blüten als Erster das neue Leben des Frühlings verkündet. So symbolisiert der Leuchter, dass Christus als Erster durch Totenauferstehung Licht verkünden sollte – das siebenfache Licht auf den Lampen.
Jeden Punkt finden wir symbolisch dargestellt. Paulus sagt mit einer Selbstverständlichkeit: Moses hat gesagt. Er sagt nicht: „Ich interessiere mich halt ein bisschen für Typologie und darum sehe ich das so darin und man könnte das so sehen.“ Nein, er sagt: Moses hat gesagt. So klar ist die Symbolsprache.
Wir gehen zum Schaubrot-Tisch. Auf ihm lagen immer zwölf Brote, die das zwölfstämmlige Volk Israel oder die Gemeinde als das Volk Gottes symbolisieren.
Gott sagt in Jesaja 46,4: „Und bis in euer Greisenalter bin ich derselbe, und bis zu eurem grauen Haar werde ich euch tragen. Ich habe es getan, und ich werde heben, ich werde tragen und erretten.“
Es ist ganz interessant: Wenn man nach Indien geht, sieht man, wie morgens Götterstatuen aus den Tempeln geholt werden. Sie werden gewaschen, ihnen wird Speise vorgetragen, und dann werden sie in einer Prozession umhergetragen. Dort tragen Menschen ihre Götter.
Das ist genau der Unterschied: Der Gott der Bibel ist der Gott, der uns tragen will. Nicht wir müssen ihn tragen! Und das ist doch wunderbar.
Der Schaubrot-Tisch, der das Volk trägt, symbolisiert durch die zwölf Brote, dass Gott uns durch unser ganzes Leben hindurch trägt – bis ins Greisenalter. Gewaltig!
Nun sehen wir, dass das Heilige mit Schaubrot, Räucheraltar und siebenarmigem Leuchter durch einen gewaltigen Vorhang, den Scheidevorhang, abgetrennt war. Dieser sollte Israel zeigen, dass es eine Trennung zwischen den Menschen und Gott gibt. Niemand durfte in den hinteren Raum gehen – mit einer Ausnahme.
Am Jom Kippur durfte der Hohepriester einmal mit dem Blut von Opfern dort hineingehen. Aber sonst war das ganze Jahr über vollkommen verschlossen. Gott war im Judentum noch der verborgene Gott hinter dem Scheidevorhang.
In dem Moment, als der Herr Jesus starb, heißt es in Matthäus 27,51: „Und siehe, der Vorhang des Tempels zerriss in zwei Stücke, von oben bis unten, und die Erde erbebte und die Felsen zerrissen.“
Mit diesem Moment, etwa um drei Uhr, als der Opferdienst zu Ende ging, wurde deutlich gemacht: Jetzt, durch das wahre Opfer, das all die symbolischen Tieropfer erfüllte, ist uns der Zugang zu Gott geöffnet. Jetzt können wir hineingehen.
Das Allerheiligste und der Fels des Tempels
Wie gesagt, auf dem Felsen war das Allerheiligste gebaut. Im ersten Tempel stand dort die Bundeslade. Die Vertiefung, die Salomo angefertigt hatte, nach 1. Könige 6 und 8, ist heute noch zu sehen. Sie misst genau 130 auf 79 Zentimeter. Das entspricht genau den eineinhalb auf zweieinhalb Ellen der Bundeslade. Man kann sie heute noch in der Moschee sehen.
Nun ist es interessant: Der Hohepriester, der einmal am Jom Kippur hineinging mit dem Blut von Opfern, musste das Blut auf die Bundeslade sprengen und siebenmal vor die Bundeslade, also auf den Felsen. Damit wurde der Fels hier zum blutbesprengten Fels.
Diese Symbolik findet man schon im Alten Testament, zum Beispiel in 2. Samuel 22,47: „Und erhoben werde der Gott, der Fels meines Heils.“ Dieser Fels symbolisiert Gott als den, der uns ein festes Fundament gibt – und zwar nur auf der Grundlage, dass das Blut von Jesus Christus geflossen ist.
Die Priester waren immer barfuß im Tempel, und so stand der Hohepriester barfuß auf dem Felsen vor Gott – mit innerer Furcht. Er konnte eher vor Gott bestehen, so wie er war, aber er durfte wissen: Auf der Grundlage des Blutes nimmt Gott uns an.
So kann man schön erklären, was eigentlich Fundamentalisten sind, speziell christliche Fundamentalisten. Das Wort wird in den Medien oft gebraucht, aber ich habe kaum jemals gesehen, dass es erklärt wird. Dabei ist es ganz einfach: Fundamentalisten sind Christen, die immer noch das Gleiche glauben wie die Christen früher. Sie glauben immer noch, dass die Bibel stimmt. Das war der Glaube der Christen früher.
Fundamentalisten sind Menschen, die glauben, allein auf der Grundlage von Jesus Christus können wir vor Gott bestehen. Er ist unser Fundament. Ja gut, das sind gar keine gefährlichen Leute, sie haben keine Maschinengewehre zu Hause und sind nicht aggressiv.
Das Wort wurde dann später, im späten 20. Jahrhundert, nicht mehr nur auf Christen angewendet, sondern auch auf extreme Muslime und noch etwas später auf extreme Hindus. Jetzt wissen die meisten Leute nicht mehr, was ein Fundamentalist ist.
Ich sage es ganz einfach: Das ist jemand, der weiß, dass er vor Gott nur auf der Grundlage des Felsens Jesus Christus bestehen kann. So einfach.
Die moderne Archäologie auf dem Tempelberg hat ergeben, dass die Südmauer direkt auf diesem Felsen gebaut war. Man sieht immer noch ihre Spur und erkennt, dass die Mauer genau 3,15 Meter breit war. Das sind sechs Ellen, wie es in der Bibel steht. Es stimmt genau.
Im Westen und Norden war die Mauer entlang der natürlichen Böschung des Felsens gebaut. Dadurch war dieser Fels hier der höchste Punkt des Tempelbergs. Er war einerseits Fundamentstein und andererseits Eckstein.
Früher, in der antiken Architektur, baute man das Haus auf einen Fels. Nur dumme Leute bauten es auf Sand. Auf dem Fels hatte das Haus ein festes Fundament. Der erste Stein, der aufgelegt wurde, bestimmte durch seine Position die Richtung der Mauern. Das war der Eckstein.
Hier auf dem Tempelberg ist dieser Fundamentfelsen ausnahmsweise gleichzeitig der Eckstein. Das entspricht Jesaja 28,16, von dem schon die alten Rabbiner sagten, dass dieser Vers vom Messias spricht, der einmal kommen wird:
„Darum spricht der Herr, der Ewige: Siehe, ich gründe einen Stein in Zion, einen bewährten Stein, einen kostbaren Eckstein, eine feste Grundlage. Wer glaubt, wird nicht ängstlich eilen.“
Eckstein und Grundlage sind in einem – in Christus. Paulus erklärt in 1. Korinther 3,11: „Denn einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“
Nun sehen wir das Allerheiligste eingezeichnet auf dem Felsen in der Moschee heute. Da die Mauer auf dem Felsen stand und im Westen und Norden entlang der natürlichen Böschung gebaut war, war das Ganze ein Quadrat von zwanzig Ellen. Genau der Abstand von hier zu hier sind zwanzig Ellen.
Jetzt kann man hier einzeichnen, wo der Scheidevorhang war. Wenn man in der Moschee hier durchläuft, befindet man sich genau im Bereich des Allerheiligsten, denn es ist verboten, auf den Felsen hinaufzusteigen.
Es gab eine Ausnahme: Gustav Dalman, ein deutscher Gelehrter, durfte 1910 zehn Minuten darauf spazieren und führte Untersuchungen durch.
Jesus sagt zu Petrus in Matthäus 16,18: „Nachdem Petrus das Bekenntnis abgelegt hat, Jesus Christus ist der Sohn des lebendigen Gottes, sage ich dir: Du bist Petrus, das bedeutet ‚ein Stein‘, und auf diesen Felsen – nicht auf den Stein, sondern auf diesen Felsen, das ist der Sohn des lebendigen Gottes, nur Gott ist der Fels – werde ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen.“
So wurde die Gemeinde im Jahr 32 am Pfingsttag gegründet und besteht bis heute. Es gab schreckliche Verfolgungen, aber die Gemeinde hat bis heute überlebt.
Im Jahr 2002 habe ich eine Statistik gesehen: Etwa 200 Christen sollen umgebracht worden sein, vor allem in muslimischen Ländern. Trotzdem hat die Gemeinde überlebt. Das ist sehr eindrücklich.
Die Gemeinde hat durch die Jahrhunderte hindurch sehr Schweres durchgemacht, aber sie konnte durch die Pforten des Hades, durch die Pforten des Totenreiches, nicht überwältigt werden.
In Epheser 2,20 sagt Paulus: „Wir sind aufgebaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten, in dem Jesus Christus selbst der Eckstein ist, in welchem der ganze Bau wohl zusammengefügt wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn.“
Nun gibt es ein Problem: Paulus hat doch gesagt in 1. Korinther 3,11, dass niemand einen anderen Grund legen kann außer Jesus Christus. Jetzt sagt er hier, wir seien aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten. Wie geht das zusammen?
Schauen wir: Das ist der Fels im Allerheiligsten, aber er bildet natürlich ein Stück mit dem natürlichen Felsuntergrund des Zionsberges, auf dem das ganze Haus gebaut war. Es gab einen Unterschied: Von der Felsanhöhe der Bergspitze bis zu diesem Felsfundament unter dem Heiligen sind es etwas mehr als drei Meter.
Darum hat man hier eine Fundamentauffüllung gemacht mit großen Bausteinen, die man auf den Felsen gelegt hat, und darauf das Haus.
Diese Bausteine auf dem Grundfelsen, der Christus bedeutet, sind die Apostel und Propheten.
Jetzt sind wir mit der Gemeinde in der Endzeit schon ganz am Ende. Wir brauchen natürlich keine neuen Propheten mehr. Die sollen zu Hause bleiben; die brauchen wir nicht.
Wir sind aufgebaut auf das Fundament der Apostel und Propheten, das ist da unten. Ihr Zeugnis haben wir in der Heiligen Schrift im Neuen Testament.
Wir brauchen keine neuen Propheten. Man macht doch kein Fundament nochmals oben drauf. Das wäre architektonisch ein Widersinn. Genauso ist es ein Widersinn, wenn man sagt, heute kämen die Apostel und Propheten wieder neu.
Wir brauchen sie nicht, wir haben die Bibel; das Wort allein, das Wort soll allein herrschen, hat schon Luther gesagt.
Aber diese Dinge erklären uns plötzlich plastisch, was mit diesen neutestamentlichen Wahrheiten gemeint ist.
Der Bau des Tempels und die Bedeutung für die Gemeinde
Und nun zum Schluss – wir haben ja nur noch ein paar Minuten. Noch etwas zum Bau dieses prächtigen Hauses: In der Pause habe ich schon jemanden gefragt, wie es damals eigentlich möglich war, so etwas mit der damaligen Technologie zu bauen. Die Bauweise ist wirklich umwerfend.
Bevor ich über das Bauen spreche und damit auch über den Gemeindebau, möchte ich ein Wort zum Gegenteil sagen. Es gibt nämlich heute Leute, die die Gemeinde zerstören. Das haben die Römer im Jahr siebzig mit ihrer furchtbaren Artillerie gemacht – sie haben alles zusammengeschossen.
Paulus sagt in 1. Korinther 3,17: „Wenn jemand den Tempel Gottes verderbt, den wird Gott verderben, denn der Tempel Gottes ist heilig, und solche seid ihr.“ Es ist ganz ernst, wenn jemand Gemeinden zerstört und spaltet. Dann kommt er automatisch unter Gottes Gericht, ob er wiedergeboren ist oder nicht. Wenn er wirklich wiedergeboren ist, wird er nicht in die Verdammnis kommen, aber ein zeitliches Gericht hier auf Erden erfahren. Das ist sehr ernst.
Man kann alles zerstören, was andere aufgebaut haben, oder man kann eben auch mitbauen.
Nördlich vom Tempelberg gab es einen großen Steinbruch, der etwas höher lag als der Tempelplatz. So konnten die Steine in ein tieferes Niveau hinuntergebracht werden. Das war schon mal eine Erleichterung.
Dort im Steinbruch hat man die Steine vorbereitet und herausgeschlagen, aber nicht ganz. Dann hat man Holz dazwischen gelegt und dieses mit Wasser übergossen. Das Holz dehnte sich aus und sprengte förmlich die Felsbrocken aus ihren Bindungen.
Die Verkündigung des Evangeliums ist ähnlich: Menschen, die in ihren Bindungen verhaftet sind – sündigen Bindungen – müssen durch die Verkündigung des Evangeliums herausgesprengt werden. Danach sollten sie auch in Gemeinden integriert werden, damit sie im Glauben weitergeführt, gestärkt und ermutigt werden können. Das war eine ganz wichtige Arbeit.
Hier sieht man ein Baumaterial in Bearbeitung. Es wurde nicht fertiggestellt, aber man sieht noch den Bereich, wo man das Holz eingefügt hatte. Ganz nahe am Tempelberg habe ich diesen Stein fotografiert.
Paulus spricht davon, dass wir als Christen „zu einem lebendigen Stein“ werden – von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber außerordentlich kostbar. So werdet auch ihr selbst als lebendige Steine zu einem geistlichen Haus aufgebaut. Alle wahren Gläubigen sind wie Bausteine an diesem Haus, wie es in 1. Petrus 2 beschrieben ist.
Den größten Baustein hat man hier gefunden. In einem unterirdischen Tunnel an der Westmauer sieht man zwei Jungen, die Anfang und Ende dieses Steins zeigen. Er ist 13,7 Meter lang, 3,5 Meter hoch und 4,6 Meter breit. Sein Gesamtgewicht beträgt etwa 570 Tonnen.
Im Modell ist er dargestellt und ganz schön eingefügt – zwei Zentimeter, wie Sie hier sehen, zurückversetzt. Man hat alle Steine jeweils zwei Zentimeter zurückversetzt, damit man beim Vorbeigehen an dieser gewaltigen Mauer nicht den Eindruck hat, die Mauer sei überhängend. Denn wenn sie gerade gebaut wäre, würde sie diesen Eindruck erwecken. So hat man sie leicht schief gebaut, damit sie den Eindruck erweckt, gerade zu sein. Das wirkt weniger beängstigend.
Nun fragt man sich: Wie haben sie das geschafft? Der größte mobile Kran in der Schweiz kann 500 Tonnen heben. Aber sie haben es geschafft! Sie sehen hier den Stein ganz schön platziert auf einer bestehenden Bausteinreihe.
Da fragt man sich eben, wie man schwere Jungs in eine Gemeinde integrieren kann. Aber es geht – es geht! Das hat man ganz deutlich erlebt. Leute, von denen man gedacht hätte, es geht nie – es geht. Das ist die verändernde Kraft des Ausgehaltenen.
Hier sieht man, dass man Rollblöcke mit riesigen Ochsen gespannt und Flaschenzüge als Kräne verwendet hat. In gemeinsamer Arbeit haben sie es geschafft, zur Ehre Gottes dieses Haus zu bauen – ein Bauwerk, das damals in der römischen Welt eine unglaubliche Ausstrahlung hatte.
Genau in dieser Zeit, vor zweitausend Jahren, hatten viele im Römischen Reich genug von den römischen und griechischen Göttern mit ihren Kriegen, Ehebrüchen und Perversionen. Sie sehnten sich nach einem unendlichen, ewigen, persönlichen Gott.
So sind viele Nichtjuden nach Jerusalem gekommen. Das war die Brücke, um schließlich Jesus Christus zu finden.
Abschluss: Das Leben als Baustein am Tempel Gottes
Ich möchte mit diesem Bild schließen: Es zeigt einen Knochensarg, der vor einigen Jahren in Jerusalem gefunden wurde und eindeutig aus dem ersten Jahrhundert stammt. Darauf befindet sich eine aramäische Inschrift: Simon Banai Heichla, zu Deutsch: Simon, Erbauer des Tempels.
Bisher wusste man nichts von diesem Simon; über Jahrhunderte hinweg war er vergessen. Doch jetzt wissen wir, dass Simon offensichtlich mit dem Bau des Tempels zu tun hatte.
So fragt man sich: Was könnte einmal auf unserem eigenen Grabstein stehen? Wir sterben alle, und obwohl unsere Gesellschaft das Sterben oft verdrängt, sprechen wir offen darüber, denn es ist eine Realität. Aber was hat unser Leben letztlich gebracht – auch als Christen?
Vielleicht steht irgendwann auf unserem Grabstein: tolle Karriere oder dauernd in der Welt herumgereist oder etwas Ähnliches. Doch letztlich stellt sich die Frage, ob wir an der Gemeinde Gottes gebaut oder sie zerstört haben. Wenn eines Tages auf unserem Grabstein stehen könnte: Simon Banai Haichla, Erbauer des Tempels – das wäre doch wunderbar.
So sind wir als Christen aufgerufen. Jesus sagt in Matthäus 5: „Ihr seid das Licht der Welt.“ Er selbst ist das Licht der Welt, aber er ist wieder in den Himmel zurückgekehrt. Nun haben wir gemeinsam die Aufgabe, als Bausteine dieses geistliche Gebäude zu sein und das Licht Gottes in der Welt zu verbreiten.
Wir sollen den Menschen den Sinn des Lebens zeigen, die frohe Botschaft verkünden und erklären, wie wir mit Gott ins Reine kommen – für Zeit und Ewigkeit. Wenn wir innerlich zur Ruhe gekommen sind in Christus, hat unser Zeugnis Gewicht. Dann können wir auch anderen Menschen helfen, in Christus Ruhe zu finden.
„Ihr seid das Licht der Welt“ (Matthäus 5,14) – damit möchte ich schließen.
Zum Schluss wollen wir noch gemeinsam beten:
Herr Jesus Christus, wir danken Dir, dass Du uns diesen schönen Tag geschenkt hast. Es war anstrengend, denn wir haben so vieles in Deinem Wort miteinander studiert. Doch Du kannst uns helfen, das Gelernte weiter zu vertiefen, damit es in uns wirkt.
Lass den guten Samen Deines Wortes in unserem Leben Frucht bringen – für die Ewigkeit. Ermutige uns durch das, was wir in der Heiligen Schrift gefunden haben, und hilf uns, es auf unser Leben zu übertragen.
Wir sind dankbar für die Herrlichkeiten Deiner Person, die uns ermutigen, mit Dir den Weg bis zum Ziel zu gehen. Danke, dass Du uns einen tiefen Sinn im Leben gegeben hast und dass wir davon anderen Menschen erzählen dürfen, die fragen, suchen und keinen Sinn sehen.
Hilf uns, wirklich Licht der Welt zu sein. Amen.
