Guten Abend, wir setzen die Betrachtung des Titusbriefes fort und kommen nun zu Kapitel 2, Vers 11. Hier finden wir erneut eine konzentrierte Darstellung heilsgeschichtlicher Lehre. Zunächst lesen wir Titus 2,11-15:
„Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen, und unterweist uns, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnend besonnen, gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf, indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus, der sich selbst für uns hingegeben hat, damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufte und sich selbst ein Eigentumsvolk reinigte, das eifrig sei in guten Werken. Dies rede und ermahne und überführe mit allem Nachdruck; lass niemand dich verachten.“
Hier sehen wir eine Verbindung zwischen heilsgeschichtlicher Lehre und praktischer Lebensanweisung. Viele empfinden und denken, es gäbe ein Spannungsfeld zwischen Lehre und praktischer Belehrung. Doch dem ist nicht so. Alles ist Teil der Lehre der Heiligen Schrift. Diese Lehre ist keine bloße Theorie, sondern umfasst sowohl die Heilsgeschichte mit Gottes Plänen und Gedanken als auch die Belehrung über das praktische Leben.
In Titus 2,1-10 haben wir bereits viele praktische Anweisungen gesehen. Nun schließt Vers 11 nahtlos daran an: „Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen.“ Dieses „denn“ knüpft direkt an die vorangegangenen praktischen Belehrungen an. So wird deutlich, dass die Praxis durch die heilsgeschichtliche oder apostolische Lehre begründet wird.
Und das ist sehr wichtig. Ich habe das mal ganz konkret im Musikstudium erlebt. Dort war es Vorschrift, einen Kurs über Eutonie zu besuchen. Das Problem war, dass ich keine Eutonie machen wollte. Eutonie ist eine Art Yoga, also eine esoterische Entspannungslehre. Gleichzeitig wollte ich mich aber auch nicht einfach um die Stunden drücken.
Ich habe die Übungen nie gemacht und bin deshalb gegangen. Gleich zu Beginn sagte die Dozentin: „Nehmen Sie alle Platz auf den Matten.“ Ich bin kurz zu ihr gegangen und habe gesagt: „Nein, ich möchte das nicht machen.“ Darauf fragte sie: „Warum sind Sie denn gekommen?“ Ich antwortete: „Es ist eine obligatorische Stunde, und ich wollte hören, was man über Eutonie erzählt, aber nicht selbst Eutonie machen.“
Der Grund war der ideologische Hintergrund. Ich meinte, es habe keinen ideologischen Hintergrund. Doch sie entgegnete: „Doch, alles, was man macht, hat immer zuerst eine Lehre. Immer so.“ Dann sagte sie: „Also entweder machen Sie mit oder Sie gehen.“ Daraufhin bin ich gegangen.
Der Punkt ist: Die Behauptung, man mache etwas, ohne dass eine Lehre dahinterstehe, stimmt nicht. Man macht etwas nicht einfach so. Alles, was wir tun, hat eine Lehre dahinter. Ob es eine gute Lehre ist, ist eine andere Frage. Oft werden Dinge einfach gemacht, als gäbe es keine Theorie dahinter. Aber es gibt immer eine Theorie.
So ist es auch mit allem, was wir tun. An biblischen Belehrungen über das praktische Leben erkennen wir, dass wir bestimmte Dinge tun müssen, weil eben diese höhere Lehre da ist. Das hören wir jetzt in Vers 11.
In diesem Abschnitt, Vers 11 bis 15, finden wir die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.
Beginnen wir mit der Vergangenheit. Wo genau sehen wir sie in diesen Versen? In Vers 11. Es heißt dort nicht, dass Gott erschienen ist, sondern: Die Gnade Gottes ist erschienen. Wann ist das geschehen? In der Vergangenheit. Aber genauer: Vor etwa 2000 Jahren, als der Herr Jesus als Retter in diese Welt gekommen ist, um sich am Kreuz hinzugeben.
Darum heißt es: Die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen. Das bedeutet, das Heil, die Rettung, soll zu allen Menschen gelangen.
Gnade verstehen wir hier als unverdientes Erbarmen von Gott. Dieses Erbarmen wurde vor zweitausend Jahren so wunderbar deutlich. In einer Welt voller Finsternis ist dieses Licht aufgegangen.
Können wir kurz aufschlagen bei Jesaja 9? Ja, lesen wir Jesaja 9, Vers 1:
„Das Volk, das im Finstern wandelt, hat ein großes Licht gesehen; die da wohnen im Land des Todesschattens, Licht hat über ihnen geleuchtet.“
Das ist eine wunderbare Prophetie auf das Kommen des Messias, der als großes Licht in der Finsternis aufgehen sollte.
Im Vers davor, in Jesaja 8,23, wird übrigens gesagt, dass die Finsternis, die im Land Israel herrscht, nicht bleiben soll. Stattdessen sollen das Land Sebulon und das Land Naftali schließlich zu Ehren gebracht werden.
Das Land Sebulon ist das Stammesgebiet im Norden Israels, wo Jesus fast dreißig Jahre verbracht hat, nämlich in Nazareth. Sebulon bedeutet „Wohnung“ – dort hat er gewohnt.
Später ist er umgezogen, wie Matthäus 4 berichtet, und zwar von Nazareth nach Kapernaum. Von dort aus begann er seinen öffentlichen Dienst. Kapernaum liegt im Stammesgebiet von Naftali, wie in Matthäus 4, Vers 13 zu lesen ist.
Naftali bedeutet „mein Kampf“. Dort hat der Herr Jesus diesen Kampf aufgenommen. Er ist umhergegangen und hat heilend und wohltuend gewirkt an allen, die vom Teufel überwältigt waren, wie Apostelgeschichte 10 berichtet.
Er verkündete das Evangelium mit den Worten: „Tut Buße, das Reich Gottes ist nahegekommen.“
In diesem Gebiet von Naftali ist also dieses große Licht aufgegangen und hat geleuchtet.
Die Menschen lebten im Land des Todesschattens – eine Erinnerung an Psalm 23, wo vom Tal des Todesschattens die Rede ist. Hier wird vom Land des Todesschattens gesprochen.
In diese Finsternis hat das große Licht hineingeleuchtet. Das große Licht erinnert uns auch an den vierten Schöpfungstag in 1. Mose, wo das große Licht die Sonne ist.
Jesus, das Licht der Welt, leuchtet in die Finsternis hinein.
Und dann können wir noch Vers fünf lesen: „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen Wunderbarer, Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friedefürst.“
So ist es die Abkürzung für Rabbi Moshe ben Maimon, immer ein Konsonant, Rambam, so sagt man kurz.
Er hat in Igeret Hateman, seinem Brief an Jemen, erklärt, dass dieser Vers vom Messias spricht. Dieses große Licht ist in diese Welt gekommen, in der der Messias als Kind geboren wurde.
Aber in der parallelen Verszeile heißt es: „ein Sohn ist uns gegeben“, nicht „geboren“. Das ist der ewige Sohn. Jesus war von Ewigkeit her der Sohn Gottes, und er ist als Sohn Gottes in diese Welt gekommen. So ist er als Kind geboren und als Sohn gegeben.
Dann folgen diese vier wunderbaren Doppelnamen: Wunderbarer Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Fürst des Friedens. Es sollte eigentlich ein Doppelnamen sein, also nicht „Wunderbar Berater“, sondern „Wunderbarer Berater“, „starker Gott“, „Vater der Ewigkeit“ und „Fürst des Friedens“.
Damit ist auch klar, dass dieses Kind Gott ist – starker Gott.
Als Illustration dazu kann man Titus 2,11 lesen: „Denn die Gnade Gottes ist erschienen.“ Das weist auf dieses Licht hin, dieses große Licht, das in die Finsternis geleuchtet hat und heilbringend für alle Menschen ist.
Und das ist ein sehr wichtiger Vers, der zeigt, dass das Heil Gottes niemals nur für einen Teil der Menschheit vorgesehen war. Gott wollte alle Menschen retten. Es werden zwar nicht alle Menschen gerettet werden, denn diejenigen, die es nicht annehmen wollen, werden verloren gehen.
Aber Gott tut alles, damit ein Mensch, der in dieser Welt geboren wird, in dieser Zeit lebt und dann stirbt, die Möglichkeit hatte, in dieser Zeit gerettet zu werden. Das ist ein Trost, besonders wenn jemand stirbt und man denkt: „Oh, diese Person hat den Herrn nie angenommen.“
Doch man muss bedenken, dass Gott es wollte, dass diese Möglichkeit gegeben wurde. Er hat gezogen, und es liegt an dem Menschen selbst. Es ist diese Gnade Gottes, die heilbringend für alle Menschen ist. Deshalb habe ich mir in meiner Bibel alle entsprechenden Stellen besonders angestrichen.
Dieses wichtige Prinzip wird heute oft in Frage gestellt. Es wird gesagt, Gott hätte das Heil nur für einen Teil vorgesehen. Aber auch in 1. Timotheus 2,3-4 heißt es: „Denn dies ist gut und angenehm vor unserem Heiland Gott, der will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“
Denn Gott ist einer, und einer ist Mittler zwischen Gott und den Menschen: der Mensch Christus Jesus, der sich selbst als Lösegeld für alle gab. Davon sollte zu seiner Zeit Zeugnis abgelegt werden.
Hier begegnet uns ein besonderer Gottesname, den man in der Bibel hervorheben könnte: Unser Heilandgott oder Unser Rettergott. Gott ist ein Rettergott, der alle Menschen retten möchte. Er will, dass alle Menschen errettet werden und darüber hinaus zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen.
Darum ist es wichtig, daran zu denken, dass es nicht nur darum geht, dass Menschen sich bekehren. Vielmehr sollen sie danach auch in der gesunden Lehre unterwiesen und gefördert werden. Das gehört zum ganzen Programm Gottes. Er will, dass alle Menschen errettet werden, dann unterwiesen werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.
Weiter heißt es, dass es einen Mittler zwischen Gott und den Menschen gibt. Dieser Mittler ist der Mensch Christus Jesus. Der Titel „Christus“ ist vorangestellt, das heißt: der Mensch, Messias Jesus, Christus Jesus – der Messias Jesus.
Er hat sich selbst als Lösegeld für alle gegeben. Das zeigt erneut den Heilswillen Gottes deutlich.
Aber jetzt könnte natürlich jemand sagen, hier wird nur die Hälfte der Wahrheit erzählt. Können wir kurz Markus 10,45 aufschlagen? Dort heißt es: „Denn auch der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.“
Ja gut, was will man da argumentieren? Lösegeld für alle – hier steht aber Lösegeld für viele. Was macht man jetzt? Wie immer muss man darüber nachdenken und den Grundtext hinzuziehen. Das ist nicht immer nötig, denn wir haben so gute Übersetzungen. Aber wenn etwas schwer aufzuklären ist, ist der Grundtext oft eine große Hilfe.
Jetzt ist es so: „Lösegeld für viele“ und „Lösegeld für alle“ – das Wort „für“ ist in beiden Stellen nicht dasselbe. In Markus 10 steht „anti“. Und in 1. Timotheus 2 steht „hyper“. Diese Partikel bedeutet „zugunsten“, „zum Guten“ oder „in Bezug auf“. „Anti“ hingegen heißt „anstelle von“.
Zum Beispiel in Matthäus 2: Dort stirbt Herodes, der Kinderwärter von Bethlehem, und einer seiner Söhne wird Nachfolger anstelle seines Vaters Herodes. Das Wort „anstelle“ ist „anti“.
Nun ist es so: Der Herr Jesus ist am Kreuz gestorben mit Blick auf die ganze Welt. Sein Werk reicht aus für alle Menschen. Jeder, der kommt, seine Sünden bekennt, bereut und das Opfer für sich in Anspruch nimmt, dem wird es zugerechnet.
Aber das ist wichtig: Der Mensch muss sich bekehren und sich mit dem Erlöser identifizieren. So wie im Opferdienst im dritten Buch Mose: Der Opfernde musste seine Hände auf das Opfertier legen. Diese Auflegung bedeutet, dass das ganze Gewicht meiner Person auf das Opfertier drückt. Das heißt, ich identifiziere mich mit dem Opfer.
So wechselt die Schuld: Die Schuld des Sünders geht auf den unschuldigen Stellvertreter über, und dieser stirbt anstelle von dem, der sich mit dem Opfer identifiziert hat. Die Bekehrung ist diese Identifizierung – man kann sagen, die Handauflegung auf den Erlöser. Dann rechnet Gott das ganze Werk zu, und alle Schuld ist vergeben, wie es in Kolosser 2 heißt: „Indem er uns alle unsere Sünden vergeben hat.“
Und dann haben wir eben das „anti“. Weil nicht alle das Opfer annehmen, steht hier „Lösegeld für viele“ – für alle, die es annehmen. Die anderen haben nie die Möglichkeit zu sagen: „Für mich reicht es halt nicht.“ Oder sich zu entschuldigen, warum sie sich nicht bekehren. „Ja, er gehört nicht zu den Auserwählten.“ Das geht nicht.
Er gehört nicht zu den Auserwählten, weil er sich nicht bekehren wollte. Hätte er sich bekehren wollen, wäre er schon längst auserwählt worden. Das haben wir auch schon in der Vergangenheit im Zusammenhang mit dem Titusbrief betrachtet.
Also: „Für alle“ und „für viele“ – beide Wahrheiten sind wahr. Aber es ist ganz wichtig, festzuhalten: Gott will das Heil von allen, und er zieht jeden Menschen in seinem Leben, weil er ihn haben möchte. Es ist niemals Gottes Fehler, dass er zu wenig gegeben hätte, damit jemand errettet wird.
Ja, und jetzt gehen wir zurück zu Titus 2,11. Diese Gnade Gottes ist erschienen im Blick auf die ganze Menschheit. Nun zu Vers 12: Was macht diese Gnade? Das ist ziemlich hart formuliert. Die Gnade nimmt uns – ich weiß, du hast die Luther-Übersetzung – und wie liest du dort noch vor? Dort heißt es: Die Gnade nimmt uns in Zucht, dass wir absagen dem ungöttlichen Wesen und den weltlichen Begierden und besonders gerecht und fromm in dieser Welt leben.
Danke. Die Elberfelder Übersetzung hat „unterweist“. Wie kommt das? Im Wörterbuch hat das Wort eine Bandbreite, und es heißt effektiv „paidojo“. „Pais“ heißt Kind, „paidojo“ bedeutet Kinder erziehen. Das kann natürlich auch bedeuten, dass ein Kind für etwas gestraft werden muss. Aber „paidojo“ ist viel weiter gefasst, es bedeutet nicht nur Strafen.
Ich meine, es gibt Eltern, die denken, Strafen seien das Wichtigste in der Erziehung. Nein, Strafen sind an ihrem Platz wichtig, aber nicht bei allen Kindern auf die gleiche Art. Es gibt Kinder, da braucht es fast nichts, da reicht fast eine symbolische Handlung, und es ist schon klar. Dann gibt es andere, die sind so rebellisch, und da muss man für jedes Kind die angemessene Erziehung entdecken. Und zwar so, wie es in den Sprüchen heißt: Erziehe deinen Knaben seinem Weg gemäß.
Jeder Mensch hat von Gott her einen Weg. Gott hat ihm bestimmte Gaben gegeben, bestimmte körperliche und geistige Dispositionen. Auch die ganze Entwicklung ist in Gottes Hand. Gemäß dem speziellen Wesen jedes einzelnen Kindes muss erzogen werden. Das ist ganz schwierig, weil dann die anderen Kinder fragen: Warum macht ihr bei ihm so, bei mir aber so? Das ist schwer zu erklären, aber es ist einfach so. Wir hatten sechs Kinder, aber jedes war ganz anders.
Dann ist es so, dass man keinen Master in Kindererziehung gemacht hat und es auch nie vorher ausprobiert hat. Man ist einfach hineingestellt worden. Natürlich kann man sich vorbereiten – und muss es hoffentlich auch. Aber vieles ist ganz neu. Man lernt dann auch viel darüber, wie Gott selber ist.
Jetzt haben wir hier: Die Gnade Gottes ist erschienen und unterweist uns. Die Gnade Gottes ist ja gerade dieses Unverdiente, die Freundlichkeit, die unverdiente Freundlichkeit Gottes. Darum ist es besser, hier mit „unterweist“ zu übersetzen. Zur Kindererziehung gehört viel Erklären und mit den Kindern sprechen, wie es auch in 5. Mose 6 heißt: Sprich mit den Kindern, wenn du mit ihnen auf dem Weg bist und wenn du im Haus sitzt.
Es geht dort um das Gebot: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Kraft. Und eben über das Wort, über den Herrn und über die Natur. In Bezug auf den Schöpfer muss man ständig über diese Dinge, das Schöne in der Schöpfung und in den Wegen Gottes, erklären – immer dem Alter entsprechend. Das ist Kindererziehung im Sinne von Unterweisung.
Das geht ganz natürlich und spielerisch, ohne dass die Kinder das Gefühl haben, wir sind ständig in der Schule. Es reicht doch schon, wenn wir in der Schule sind. Nein, man soll Interesse wecken. So ist es hier: Die Gnade Gottes belehrt uns, unterweist uns.
Was sollen wir da lernen? Können wir das zusammentragen? Sie sollen Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnen. Und dann noch angehängt: und besonnen, gerecht und gottselig leben.
Also, die Gnade Gottes unterweist uns, wie wir leben sollen. Es gibt ein gutes Buch von Francis Schaeffer. Er hat die europäische Kultur ein Leben lang im Licht der Bibel studiert und wirklich hilfreiche Bücher geschrieben, die gerade vielen Studenten eine Hilfe waren. Gerade in der Zeit der 68er-Bewegung haben viele junge Leute durch Francis Schaeffer ein Fundament für den Glauben bekommen, um in einer Welt, die alles in Frage stellt, zu bestehen.
Das Buch, das eigentlich sein ganzes Lebenswerk zusammenfasst, behandelt unter anderem Musik, die gesamte Musikentwicklung, die Entwicklung der Malerei, Philosophie und Literatur in Europa – alles im Licht der Bibel. Dadurch versteht man auch unsere Zeit viel besser.
Der Titel des letzten Buches lautet „How Should We Then Live?“ – Wie sollen wir denn leben? Aber der Titel ist nicht seine eigene Erfindung, sondern stammt aus Hesekiel 33. Dort wird die Frage gestellt: „Wir vergehen in unseren Sünden, wie sollen wir denn leben?“ Ja, da unterweist uns Gottes Gnade, wie wir leben sollen, indem wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Lüste verleugnen.
Was heißt verleugnen? Wie macht man das konkret? Nicht gewichten. Wann verleugnet man jemanden? Wenn man ihn ablehnt oder ignoriert. Man kennt jemanden, geht aber nicht zu ihm hin. Das kann in bestimmten Umständen genau das Richtige sein, in anderen nicht.
Es ist einfach so, als ob er nicht existiert. Nun sollen wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnen, also uns gar nicht darum kümmern. Es ist so, als ob sie nicht da wären.
Aber wie bringen wir das zusammen? In Epheser 6 heißt es doch, wir sollen dem Teufel widerstehen. Und in 2. Timotheus 2 heißt es, wir sollen die jugendlichen Begierden fliehen. Fliehen, widerstehen oder verleugnen – das ist die Frage.
Je nach Situation und ob es von uns aus geht oder an uns herangetragen wird, kommt es darauf an. Es kommt auf die Art der Versuchung an. Wie viele Arten von Versuchungen gibt es? Vier? Das ist gut, denn das Wort „Versuchung“ in der Bibel bedeutet gleichzeitig auch „Prüfung“.
Die alte Elberfelder Übersetzung hat in 1. Mose 22,1 noch übersetzt: „Nach diesen Dingen versuchte Gott Abraham.“ Aber das war kein Versuch zur Sünde. Jakobus 1 sagt, dass Gott nie zur Sünde verleitet. Versuchung zur Sünde heißt verleiten.
Gott testet, um zu zeigen, dass der Glaube echt ist. Darum hat die Elberfelder Übersetzung später „versuchen“ durch „prüfen“ ersetzt.
Es gibt also vier Arten von Versuchungen, aber drei sind Verleitungen zur Sünde. Und eine Versuchung kommt woher? Wie? Von der Welt, also von außen, von unserer Umwelt. Die andere Versuchung kommt von Satan und vom Fleisch. Dabei ist nicht das Fleisch des Körpers gemeint, sondern das Fleisch in uns.
Paulus spricht in Römer 7 über das Fleisch als die in mir wohnende Sünde, die sündige Natur, die wir von Adam geerbt haben und die uns ständig zum Bösen verleitet.
Von überall her kommen Gedanken. Wenn wir konfrontiert sind und durch diese Welt gehen, werden wir ständig mit Gedanken bombardiert. Satan versucht, unsere Gedankenwelt zu beeinflussen – das sind die Pfeile in Epheser 6. Und die sündige Natur in uns lässt Gedanken aufsteigen, die nicht gut sind.
Je nachdem müssen wir anders handeln. Wenn Satan uns angreift, müssen wir widerstehen. Jakobus 4 sagt: Widersteht dem Teufel. 1. Petrus 5 sagt dasselbe. Epheser 6 zeigt auch, dass wir mit dem Schwert des Geistes dem Teufel widerstehen müssen.
Aber wie ist es mit der Welt? Da heißt es: Fliehen. Ein gutes Beispiel ist Joseph in 1. Mose 39. Die Frau Potifars wollte ihn zur Sünde verleiten, und die Situation wurde so zugespitzt, dass dieser mutige Mann floh.
1. Mose 39,12: „Und sie ergriff ihn bei seinem Gewand und sprach: Liege bei mir! Er aber ließ sein Gewand in ihrer Hand und floh und lief hinaus.“ Als sie sah, dass er sein Gewand in ihrer Hand gelassen hatte und hinausgeflogen war, rief sie die Leute ihres Hauses und sagte: „Seht, er hat uns einen hebräischen Mann gebracht, damit er Scherz mit uns treibt.“
Also, sie wurde handgreiflich, und er hat sich dieser Situation durch Flucht entzogen. Er hatte ihr vorher schon gesagt, dass es eine so schwere Sünde wäre gegen Gott, dass er damit nichts zu tun haben will. Hier hat er sich also durch entschiedenes Weggehen in Sicherheit gebracht.
So sagt auch 1. Korinther 6,18: „Flieht die Hurerei.“ Man muss sich aus gefährlichen Zonen entziehen.
Die Stelle, die ich schon erwähnt habe, können wir noch kurz anschauen: 1. Korinther 6,18 – „Flieht die Hurerei“ – und dann 2. Timotheus 2,22.
David, möchtest du vorlesen? „Die jugendlichen Begierden aber fliehe, strebe aber nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen.“
Hier haben wir es ganz klar: Die jugendlichen Begierden soll man fliehen. Nun ist klar: Diese Begierden sind nicht die Begierden aus der Sünde in uns, sondern die, die von außen herangetragen werden. Da muss man sich durch Flucht entziehen.
Wenn es aber um Versuchungen von innen heraus geht, dann nützt Fliehen nicht. Wenn man von Europa nach Amerika geht, das Fleisch kommt mit. Also muss es etwas anderes geben, und das ist eben Verleugnen.
Das heißt, wenn Gedanken aufkommen, die sündig sind – das kommt, ohne dass wir das steuern können – dann ist es wichtig, sie zu verleugnen, also zu ignorieren und nicht darauf einzugehen.
Jakobus 1,14 sagt: „Jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde fortgezogen und gelockt wird. Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde. Die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.“
Die Begierde ist also noch nicht das Gleiche wie die Sünde. Sie wird zur Sünde, wenn die Begierde empfangen hat, also „schwanger geworden“ ist, und man in Gedanken an diesen falschen Gedanken Gefallen findet und sich damit identifiziert. Dann wird es zur Gedankensünde und, wenn es weitergeht, zur Tat-Sünde.
Darum: Die Begierde, wenn sie empfangen hat, gebiert die Sünde. Die Sünde, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod. Drei Generationen: Die Großmutter gebiert Begierde, die Mutter Sünde, und der Enkel ist der Tod. Das ist im Griechischen weiblich, weiblich, männlich.
Das ist wichtig, denn wie geht man damit um, wenn Gedanken kommen, die man eigentlich gar nicht möchte? Wenn man ein feines Gewissen hat, hat man sofort den Eindruck, jetzt habe ich schon gesündigt. Dabei ist es noch nicht so weit, erst wenn wir uns damit wirklich identifizieren.
So müssen wir das verleugnen, das heißt ignorieren und nicht darauf eingehen. So wie jemandem, dem man nicht begegnen kann, als ob er nicht da ist. Da gibt es kein Problem. Wenn die Begegnung käme, gäbe es ein Problem. Darum erlauben wir die Begegnung gar nicht, wir gehen gar nicht darauf ein.
Wenn hier steht, wir sollen die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnen, denken wir vielleicht, weltlich kommt von außen. Dann würde es heißen fliehen. Aber warum heißt es dann „weltlich“? Weil das falsche, böse Verlangen in unserer sündigen Natur steckt – mit Stolz, Geiz, Zorn, Hass usw.
Das ist weltlich. Es entspricht den weltlichen Prinzipien. Es ist ein weltliches Prinzip, dass man mit Ellbogen seine Karriere durchsetzt und sich nicht aufhalten lässt durch andere, die das Gleiche wollen. Dieser Egoismus ist weltlich.
Darum haben wir diese weltlichen Begierden auch in uns selbst. Da können wir nicht fliehen, sondern müssen verleugnen, uns also nicht damit beschäftigen.
Gottlosigkeit – hat jemand eine andere Übersetzung? Einfach Gottlosigkeit? „Ungöttliches Wesen“ ist auch noch schwierig zu verstehen heute. Das ist auch Luther, oder? Es meint eine Achtungslosigkeit vor Gott, Ehrfurchtslosigkeit vor Gott.
Es ist genau das Gegenteil zu „gottselig“, das kommt danach: besonnen, gerecht und gottselig. Gottlosigkeit bedeutet ohne Verehrung Gottes, ohne Ehrfurcht vor Gott.
Gottseligkeit bedeutet Ehrfurcht vor Gott und darüber hinaus Liebe zu Gott, Hingabe an Gott, ein Leben, das von Gott erfüllt ist. Also genau das Gegenteil.
Gottlosigkeit ist Ehrfurchtslosigkeit vor Gott, und die Begierden, die typisch für diese Welt sind, lassen wir unbeachtet. Das Gegenteil machen wir: besonnen leben – also wohlüberlegt, gesundes Denken.
Gerecht leben – gemäß dem, was Gott in seinem Wort als gerecht bezeichnet – und ein Leben, das erfüllt ist von Gott, von Liebe und völliger Hingabe an ihn.
So sollen wir im jetzigen Zeitlauf leben. Warum unterweist die Gnade uns dazu? Wenn wir überlegen: Gott hat alles gegeben für uns. Er war bereit, seinen Sohn zu geben. Der Sohn war bereit, in diese Welt zu kommen und sich völlig für uns hinzugeben – bis in den Tod.
Nichts konnte ihn zurückhalten, den Weg nach Golgatha zu gehen. Dann ist es doch klar, dass wir auch alles geben wollen.
Darum unterweist uns die Gnade. Deshalb ziehe ich es an dieser Stelle vor, nicht „in Zucht nehmen“ zu übersetzen, sondern diese wunderbare Belehrung: Gott hat alles gegeben, dann wollen wir auch alles geben als Antwort.
Wir sollen so leben im jetzigen Zeitlauf. Weiß jemand, was das Wort „Zeitlauf“ im Griechischen ist? „Aion“. „Aion“ heißt Zeitlauf, Welt und auch Zeitgeist – also das, was gerade den Modeströmungen entspricht.
Dieses besonnene, gesunde Denken, das wir aus der Bibel lernen, diese Gerechtigkeit, diese Hingabe an Gott, Gottseligkeit – das soll uns prägen in einer Welt, die ganz andere Grundsätze hat, einen ganz anderen Zeitgeist, der dem völlig widerspricht.
Das soll sichtbar werden. Warum machen wir das? Nicht, weil wir eine Liste erfüllen müssen, sondern weil wir sehen, dass das Licht in die Finsternis gekommen ist.
Der Sohn Gottes hat sich völlig hingegeben, um Rettung zu schaffen für alle Menschen, für jeden, der zu ihm kommt. Dann geben wir alles und leben nicht mehr nach den Prinzipien der Gesellschaft.
Wir lassen uns nicht von der Gesellschaft vorschreiben, wie man sich kleidet, wie man lebt, wie man denkt, wie man sich bewegt – alles. Wir richten uns einfach nach dem Wort Gottes.
Und zwar nicht aus Verkrampfung, sondern mit Freude und Überzeugung.
Gut, jetzt haben wir Vers 11 betrachtet, der sich auf die Vergangenheit vor zweitausend Jahren bezieht. Danach wird hier klargemacht, was wir jetzt in der Gegenwart tun sollen. Damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnen, sollen wir besonnen, gerecht und gottselig leben – und zwar im jetzigen Zeitlauf, in der Gegenwart.
Nun kommt die Zukunft, Vers 13, der lautet: „Indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus, der sich selbst für uns gegeben hat.“ Das reicht, danke.
Also, was ist jetzt? Was erwarten wir in der Zukunft? Um welches Kommen geht es hier? Es geht um das Kommen in Macht und Herrlichkeit. Du wolltest zuerst sagen, es sei das zweite Kommen. Warum sagst du nicht das Zweite? Weil die Entrückung vorher ist. Dann würdest du sagen, das zweite Kommen wäre eigentlich das dritte Kommen.
Aber weißt du, man kann den scheinbaren Konflikt so lösen: Der Herr kommt zweimal in dieser Welt. Das erste Mal vor zweitausend Jahren, und das zweite Mal, wenn er auf den Wolken des Himmels kommt. Seine Füße werden schließlich auf dem Ölberg stehen, dann kommt er auf die Erde.
Bei der Entrückung kommt er nicht auf die Erde. Im ersten Thessalonicherbrief Kapitel vier steht, dass er in die Luft kommt, und wir werden ihm in der Luft entgegengerückt. Also ist das nicht das zweite Kommen auf die Erde. Natürlich ist es sein Kommen für die Erlösten, um sie vor dem kommenden Zorn zu retten. Aber erst danach wird er auf die Erde kommen. Seine Füße werden auf dem Ölberg stehen, also wird er auf der Erde stehen – das ist das zweite Kommen.
Und warum sagst du, das sei das zweite Kommen in Macht und Herrlichkeit und nicht die Entrückung? Wo steht da Epiphania? Bei mir steht das nicht im Text. In Griechisch – welches Wort? Erscheinung. Ja, Erscheinung, Epiphania. Das ist im Neuen Testament immer die Bezeichnung für das sichtbare Kommen, für die ganze Welt, am Tag des Herrn, wenn Jesus eben als König und Richter der Welt kommt. Das macht es klar.
Ja, Philipp? Die glückselige Hoffnung und erscheinende Herrlichkeit – also bezieht sich die Hoffnung hier auf die Erscheinung von dem zweiten Kommen, also von dem Herrn in Herrlichkeit? Oder ist das noch etwas anderes? Weil wir haben ja noch eine andere Hoffnung, nämlich die Hoffnung, dass der Herr kommt, um zu entrücken.
Also, ich fasse zusammen für den Livestream: Die Frage ist, es steht ja hier „Wir erwarten die glückselige Hoffnung und zweitens Erscheinung der Herrlichkeit.“ Man könnte denken, die glückselige Hoffnung sei die Entrückung, die von den Gläubigen freudig erwartet wird als nächstes Ereignis, und dann die Erscheinung sei das zweite Kommen auf die Erde.
Jetzt ist es aber so, wenn man genau liest, Philipp, dann erklärt der deutsche Text, dass es nicht zwei verschiedene Dinge sind, sondern eines. Wie? Nein, es könnten zwei Dinge sein, das ist nicht das Problem. Aber schau mal, ich lese nochmals: „Wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit.“ Es müsste heißen: „Wir erwarten die glückselige Hoffnung und die Erscheinung der Herrlichkeit.“ Da ist etwas schiefgegangen.
Und zwar im Griechischen ist es genau so – also auch „Wir erwarten die mit Artikel glückselige Hoffnung und ohne Artikel Erscheinung der Herrlichkeit.“ Und das wird zusammengenommen.
Das heißt, natürlich ist die Entrückung eine glückselige Hoffnung der Erlösten, etwa in Offenbarung 22, wenn es heißt „Komm, Herr Jesus!“ Gerade am Schluss, so schließt die Bibel ab, das ist die glückselige Hoffnung, die Erwartung des Kommens des Herrn Jesus.
Und Herr Jesus sagt dort in Offenbarung 22: „Ja, ich komme bald.“ Und dann: „Ja, komm, Herr Jesus!“ Also das ist die glückselige Hoffnung.
Aber es ist wichtig, dass das kommende Sein Jesu in Macht und Herrlichkeit auch für uns eine glückselige Erwartung ist. Dass er kommen wird und das letzte Wort über diese Welt spricht. Dann kann niemand mehr sagen: „Wo ist Gott? Warum greift er nicht ein? Warum lässt er das zu?“ Dann wird diese Frage nicht mehr gestellt werden, denn er wird eingreifen und Gerechtigkeit bringen.
Darum ist es auch eine glückselige Erwartung, ganz im Sinn von Hiob 19: „Und ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er auf der Erde stehen.“ Da drückte Hiob schon diese glückselige Hoffnung aus: Er wird das letzte Wort haben, er wird auf der Erde stehen als der Letzte.
Und darum geht es hier um die Erscheinung, die Epiphania, und das ist eben die glückselige Hoffnung und Erscheinung – und nicht zwei verschiedene Dinge. Die Erscheinung kann man also in der Schlacht ein bisschen nachkorrigieren, und schon hat man es.
Ja, das wird nämlich gerade jetzt im Weiteren wichtig. Wer kommt? Gott und Retter Jesus Christus. Also es kommt jemand. Es kommt nicht unser großer Gott und dann auch noch unser Heiland Jesus Christus, als zwei Personen. Denn Gott, der Vater, kommt ja nicht in diese Welt, sondern der Sohn.
Seine Füße werden an jedem Tag auf dem Ölberg stehen, und die Engel haben doch auf dem Ölberg gesagt in Apostelgeschichte 1, als der Herr Jesus in den Himmel gefahren ist: „Ihr werdet ihn so wiedersehen, wie er gegangen ist.“ So wird er kommen.
Und da haben die Engel verwiesen auf Sacharja 14, Verse 2 und 3, wo es steht, dass an jedem Tag der Herr seine Füße setzen wird auf den Ölberg.
Also ist es so: Nur jemand kommt. Hier steht eben „Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus“ – und nicht „unseres großen Gottes und unseres Heilandes Jesus Christus“ oder „unseres großen Gottes und des Heilandes Jesus Christus.“ Dann wären es zwei Personen.
Aber im Griechischen ist es genau so: „unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus.“ Man nennt diese Regel die Regel von Granville Sharp, Granville Sharps Rule.
Und für die, die es nachvollziehen können: Zwei Hauptwörter A und B, hier Gott und Heiland, verknüpft mit dem Wort „und“. Vor dem ersten, A, steht der bestimmte Artikel, vor B nicht, und es ist in der Einzahl, nicht in der Mehrzahl, und es handelt sich um Personen. Dann ist man ganz abgesichert mit dieser Regel.
Das ist Granville Sharps Regel. Insbesondere wenn es dann noch eine Person ist – vorhin bei Hoffnung und Erscheinung sind das keine Personen, aber dort findet die Regel auch Anwendung.
Nur gibt es da mehr Leute, die sagen: „Ja, aber es gibt Ausnahmen.“ Nein, wenn es Personen sind, dann kann man es mit den Ausnahmen vergessen, dann ist die Regel so scharf. Und das haben wir genau hier.
Natürlich steht im Deutschen nicht „des unseres großen Gottes“, weil man das so nicht sagt. Auf Deutsch steht wirklich „des“, man könnte es übersetzen mit „des großen Gottes von uns.“ So ist es im Griechischen: „des großen Gottes von uns und Heilandes“ mit Artikel.
Da ist klar: Gott und Heiland sind ein und dieselbe Person.
Und dann ist es noch eindrücklich, dass es nicht nur heißt „unser Gott und Heiland Jesus Christus“, sondern „unser großer Gott und Heiland.“ Eine ganz wichtige Stelle, um anhand des Neuen Testaments zu beweisen, dass Jesus Christus Gott ist, wahrer Gott.
Ja, und darum war es eben schon mal nützlich, dass wir da gut gelesen haben: Die glückselige Hoffnung, die glückselige Hoffnung und Erscheinung – und dann „unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus.“
Du hast gesagt, dass hier auf die Gottheit Jesu hingewiesen wird. Das Wort „Retter“ oder „Heiland“ ist immer dasselbe griechische Wort, nämlich „Soter“. Dieses Wort kommt auch schon in Kapitel 1, Vers 3, sowie in Vers 4 und 6 vor. Es wird mal für Gott, mal für Christus verwendet.
Genau, „Soter“ wird mit Heiland oder Retter übersetzt und ist immer dasselbe Wort. Sowohl der Vater als auch der Sohn werden als Retter bezeichnet. Der Vater ist der Retter, weil er seinen Sohn gegeben hat. Der Sohn ist der Retter, weil er sich als Sohn Gottes für uns am Kreuz hingegeben hat.
Gott, der Vater, ist allmächtiger Gott. Das gilt aber auch für den Sohn und den Heiligen Geist. Der Vater ist allwissend, und Jesus ist ebenfalls allwissender Gott. Hier wird jedoch klargemacht, dass mit „Retter“ in dieser Stelle nicht der Vater gemeint ist, sondern Jesus Christus, der Sohn. Der Vater ist natürlich unser großer Gott, aber das gleiche wird vom Sohn gesagt.
Dann wird erklärt, wer dieser Retter ist. Wir sehen, dass es wieder zurückgeht zu Vers 11: Die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen. Was hat der Sohn alles getan? Können wir das zusammentragen?
Er hat sich für uns hingegeben. Genau. Und uns von aller Gesetzlosigkeit losgekauft. Das ist die Folge oder das Ziel, eingeleitet durch einen „damit“-Satz: Er hat sich hingegeben, damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufen konnte. Er hat den Preis durch sein Blut bezahlt. Das griechische Wort „Lütro“ bedeutet, ein Lösegeld zu bezahlen. Dieses Lösegeld war sein Blut. Deshalb ist es korrekt übersetzt mit „Er kauft durch sein Blut“. Diesen Preis hat er bezahlt.
Was hat er noch gemacht? Er hat ein Eigentumsvolk hervorgebracht. Genau, das ist das dritte Verb. Wenn man den Text strukturieren will, kann man sich die Verben anstreichen: gegeben, losgekauft, gereinigt. So sieht man, was hier vor Augen steht.
Wir sind also ein Eigentumsvolk, nicht einfach ein Volk, sondern ein Eigentumsvolk. Das betont, dass Gott uns für sich selbst haben möchte. Das gilt auch für Israel in 2. Mose 19, dem irdischen Volk Gottes. Dort sagt Gott, nachdem er sie aus Ägypten herausgeführt hatte – Ägypten ist ein Bild der Welt, und der Pharao, der die Israeliten beherrschte, ist ein Bild von Satan – dass Israel aus dieser Knechtschaft befreit wurde.
Sie wurden zum Sinai gebracht, und Gott sagt in Kapitel 19, Vers 4: „Ihr habt gesehen, was ich an den Ägyptern getan habe, wie ich euch auf Adlersflügeln getragen und zu mir gebracht habe. Wenn ihr nun fleißig auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, so sollt ihr mein Eigentum sein aus allen Völkern. Denn die ganze Erde ist mein, und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und eine heilige Nation sein. Das sind die Worte, die du zu den Kindern Israel sprechen sollst.“
Wunderbar, die Gnade Gottes zeigt sich darin, dass er sie aus Ägypten geholt hat wie ein Adler, der seine Jungen trägt, die noch nicht richtig fliegen können. Bei ihren Flugversuchen fallen sie manchmal, doch der Adler fängt sie auf und trägt sie auf seinen Flügeln. Das ist eine biologische Realität, grandios. Anstatt dass die Jungen abstürzen, werden sie getragen. So hat Gott sie dahin gebracht.
Er sagt: „Ich habe euch zu mir gebracht“, weil er sie für sich haben wollte. Dann sagt er: „Ihr sollt mein Eigentum sein, mir gehören.“ Das ist das Ziel des Herrn Jesus: Er wollte uns ganz für sich haben, als sein Eigentumsvolk.
Dafür muss er uns von allem Unreinen reinigen, denn mit dem Unreinen kann er keine Gemeinschaft haben. Darum hat er uns gereinigt, damit wir ihm ganz zu eigen sein können.
Das mit der Absicht, dieses himmlische Volk Gottes – also das irdische Volk Gottes in 2. Mose 19 – eifrig in guten Werken zu sehen. Wir erkennen, dass die Lehre nicht gegen die Praxis gerichtet ist, sondern die Lehre die Praxis unterstützt. Die Lehre über die Heilspläne und Ratschlüsse Gottes fördert das praktische Leben.
Paulus sagt abschließend zu Titus, wie er all diese Belehrungen praktisch und heilsgeschichtlich weitergeben soll. Er schreibt: „Dies rede und ermahne und überführe mit allem Nachdruck, lass niemand dich verachten.“
Wie viele Imperative sind das? Drei. Nämlich: reden, mit allem Nachdruck ermahnen und zurechtweisen.
Das erste bedeutet wörtlich: rede, sprich einfach darüber. Dann ermahnen – das griechische Wort Parakaleo heißt sowohl ermahnen als auch ermutigen. Es ist ein Mahnen, das Mut macht zum Richtigen, eine Ermahnung vor dem falschen Weg, die gleichzeitig ermutigt, den guten Weg zu gehen.
Das dritte ist überführen. Das braucht es, wenn jemand blind ist und etwas nicht einsieht. Dann muss man anhand des Wortes beweisen, dass der Weg falsch ist. Ermahnen ist nicht unbedingt für Blinde, sondern zeigt auf, was falsch und was richtig ist, und fordert auf, den guten Weg zu gehen. Überführen bedeutet, dass man noch etwas beweisen muss.
Titus soll also alles tun: reden, ermutigen, überführen – und das mit allem Nachdruck. Die alte Elberfelder Übersetzung verwendet dafür den Ausdruck „Machtvollkommenheit“. Im Griechischen meint dieser Ausdruck quasi die Autorität des Staates. In Römer 13 wird dieser Begriff für die Obrigkeit benutzt. Im Griechischen steht er auch für einen Offizier oder einen hohen General. Daraus ergibt sich, dass Titus mit aller Machtvollkommenheit, also wirklich mit Autorität von oben, die Wahrheit lehren soll.
Das ist die Aufgabe für Männer. Zwar haben wir in Titus 2, Vers 4, von den älteren Frauen, dass sie die jungen Frauen unterweisen sollen, ihre Männer zu lieben usw. Frauen unterweisen also Frauen, man kann sagen, sie belehren. Aber warum heißt es in 1. Timotheus 2,12: „Ich erlaube aber einer Frau nicht zu lehren, noch über den Mann zu herrschen, sondern still zu sein“? Hier wird das Lehren mit einer Autorität verbunden, die über den Mann herrscht.
Eine Frau kann jedoch weissagen, wie 1. Korinther 11 zeigt. Jede Frau, die betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, entehrt ihr Haupt. Das heißt, sie kann weissagen und beten, allerdings nicht in der Gemeindeversammlung, wie 1. Korinther 14,34 deutlich macht. Es gibt viele andere Möglichkeiten, wie zum Beispiel Aquila und Priscilla, die Apollos zu sich nach Hause eingeladen und ihn gemeinsam weitergeführt haben.
Der Unterschied liegt darin, dass der Mann mit Autorität lehren soll, die Frau jedoch nicht mit einer herrschenden Autorität. Damit ist nicht eine tyrannische Herrschaft gemeint, sondern eine Autorität, die Paulus als „über den Mann herrschen“ bezeichnet. Sprüche 30 beschreibt die gottgemäße Frau: „Liebreiche Leere ist auf ihrer Zunge.“ Das ist das echte Weibliche. Im Volk Gottes braucht es beides.
Für Titus war es eine Aufgabe, auch Widersprechenden zu widerstehen. Wie Titus belehrt wurde, sollen Älteste eingesetzt werden (Titus 1,9), die sowohl mit gesunder Lehre ermahnen als auch die Widersprechenden überführen können. Deshalb heißt es hier: „Dies rede und ermahne und überführe mit allem Nachdruck“ – oder mit aller Eindringlichkeit, wie das griechische Wort auch übersetzt werden kann, oder eben mit Machtvollkommenheit.
Manche ärgern sich, wenn man in biblischen Dingen überzeugt auftritt. Sie sagen: „Das kann man doch nicht so sicher wissen.“ Aber was machen wir mit dieser Stelle? „Dies rede und ermahne und überführe mit allem Nachdruck.“ Das erfordert Sicherheit und Gewissheit.
Dann kommt noch hinzu: „Lass niemand dich verachten.“ Im Deutschen könnte man denken, das sei eine Aufforderung an Titus, sich Respekt zu verschaffen. So ist es aber nicht gemeint. Der griechische Ausdruck heißt tatsächlich: „Niemand verachte dich.“ Die Ermahnung richtet sich also nicht an Titus, sondern an die anderen – doch sie wird Titus gesagt.
Das bedeutet: Nicht kuschen! Das ist auch heute ein Problem. Viele Männer sind eingeschüchtert und würden das vielleicht nicht offen sagen. Doch wenn man ehrlich unter Männern spricht, kommt das oft zum Vorschein. Auch im Beruf wird es sofort negativ gesehen, wenn man eine klare Haltung hat.
Als Unternehmer erlebt man viele Kämpfe. Man wird sofort kritisiert, und viele wollen heute keine Zucht und Ordnung mehr. Diese wird bekämpft. Doch das tyrannische Verhalten verurteilt das Wort Gottes vollkommen! Im 3. Johannesbrief wird vor Leuten gewarnt, die sich Autorität anmaßen, wie Diotrephes, der gerne der Erste sein will und eigenmächtig Leute ausschließt.
Es geht hier um eine gesunde Überzeugung und das Hinstehen zur Wahrheit – nicht um Kuschen.
Zum Schluss ein Ausblick auf das nächste Mal: Titus 3,1 sagt: „Erinnere sie daran, Obrigkeiten und Gewalten untertan zu sein, gehorsam zu leisten, zu jedem guten Werk bereit zu sein.“ Hier geht es um Autorität im Staat. Wenn man Autorität in der Gemeinde nicht anerkennt, fällt es schwer, irgendeine Autorität anzuerkennen.
Das wird uns beim nächsten Mal beschäftigen. Wir werden sehen, dass sich hier etwas verändert hat im Vergleich zum alten Leben. Ich nehme es vorweg: In Vers 3 heißt es: „Denn einst waren auch wir unverständlich, ungehorsam, irregehend, dienten mancherlei Begierden und Vergnügungen, führten unser Leben in Bosheit und Neid, verhasst und einander hassend.“
Diesen Vers kann man gut analysieren, indem man sich notiert, was die Kennzeichen unseres alten Lebens sind. Wie viele sind es? Wir zählen sie beim nächsten Mal durch: unverständlich, ungehorsam, irregehend, dienten mancherlei Begierden und Vergnügungen – es kommt darauf an, wie man zählt –, und wichtig ist das „und“: führten unser Leben in Bosheit und Neid, verhasst und einander hassend.
Was ich zum Schluss betonen möchte: „Denn einst waren auch wir unverständlich, ungehorsam, irregehend“ – wir waren alle Rebellen. Rebellion steckt in uns. Wir mussten mit der Bekehrung lernen, uns dem Wort Gottes zu unterstellen, und wir müssen es immer wieder lernen, diese Autoritäten anzuerkennen, wie Gott es gewollt hat.
Wir werden sehen, dass es hier ganz speziell darum geht, dass wir dadurch ein Zeugnis sind. Wir verleugnen das Anarchistische in uns und wollen gerecht und gottselig leben.
Damit schließen wir hier.
Vielen Dank an Roger Liebi, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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