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Wenn Gott anfängt zu brüllen

Das Buch des Propheten Amos, Teil 1/11
08.03.2021Amos 1,1-2,8
SERIE - Teil 1 / 11Das Buch des Propheten Amos
Gott brüllt – aber warum? In einer Zeit voller Spaß und Ungerechtigkeit schickt Gott den einfachen Schafzüchter Amos, um laut vor Sünde und Gericht zu warnen. Welche Rolle spielen wir heute in einer Gesellschaft, die oft blind für eigene Fehler ist? Und wie kann Gottes Zorn mit seiner Liebe zusammengehen? Kannst du dich von Gott gebrauchen lassen, um ehrlich mit dir selbst und anderen umzugehen?

Vermutlich kennen wir alle Menschen in unserem Umfeld, die schnell dazu neigen, laut zu werden, vielleicht sogar zu brüllen.

Vielleicht denkst du gerade an den Nachbarn neben dir, der manchmal wie aus heiterem Himmel losbrüllt, weil ein Ast des Baumes in eurem Garten rüberragt. Wenn dann das Laub fällt, regt er sich auf.

Vielleicht fällt dir auch ein Lehrer ein, den du hattest oder hast, der immer wieder in die Klasse kam und gerade dann, wenn die Klassenarbeit oder Klausur schlecht ausgefallen war, laut wurde. Das ist nicht angenehm.

Ich persönlich denke an meinen früheren Fußballtrainer. Ich habe eine Zeit lang Fußball gespielt, auch im Verein. Der Mann stand am Spielfeldrand und brüllte aus voller Kehle, wenn etwas nicht so passte, wie er es haben wollte.

Ich erinnere mich ganz genau an ein bestimmtes Spiel. Es war ein Spiel, das wir heute als Lokalderby bezeichnen würden, gegen unseren Erzrivalen Trostdorf 05. Wir führten 17 zu 0. Für diejenigen, die sich nicht so gut mit Fußball auskennen: 7 zu 0 ist schon ein hohes Ergebnis. Aber 17 zu 0 – das hat historische Ausmaße.

Wir führten 17 zu 0, und der Mann stand am Spielfeldrand und brüllte uns an. In dem Moment dachte ich nur: Was hat dieser Mann? Was können wir denn noch besser machen? Wir führen 17 zu 0!

Warum erwähne ich diese Beispiele? Vielleicht denkst du an einen Vorgesetzten auf der Arbeit, an deinen Abteilungsleiter, der schnell dazu neigt, cholerisch zu werden und zu brüllen.

Ich will damit sagen: Es ist in der Regel sehr unangenehm, wenn jemand brüllt. Oft ist es auch unberechtigt, dass wir angebrüllt werden.

Aber ich möchte uns heute Morgen eine Frage stellen: Kann es sein, dass wir manchmal eine laute Sprache brauchen? Kann es sein, dass wir manchmal nicht hören würden oder die Dringlichkeit nicht verstehen würden, wenn nicht gebrüllt würde?

Gottes laute Stimme als Warnung

Das erste Thema aus dem Buch Amos lautet: Wenn Gott anfängt zu brüllen.

Ich gebe zu, das Predigtthema ist etwas provozierend formuliert. Aber wir werden gleich sehen, dass genau das in der Bibel steht. In Vers 2 heißt es, dass Gott brüllt. Das ist also nichts, was ich in den Text hineingelegt habe, sondern etwas, das direkt aus dem Text kommt.

Ich weiß nicht, ob du dir Gott bisher als einen brüllenden Gott vorgestellt hast. Doch wir werden sehen, dass die Sünde manchmal so weit geht, dass Gott anfangen muss zu brüllen.

Das Buch Amos ist ein Buch der Warnung. Das ist auch die Überschrift über diese Bibeltage: Es geht um eine Warnung.

Stell dir vor, du siehst dein Kind, ein kleines Kind, das auf die Bahngleise läuft und ein Zug naht. Würdest du dann einfach sagen: „Mensch, überleg dir, ob du mal umkehren solltest“? Nein, du würdest brüllen – aus einer tiefen Dringlichkeit heraus.

Genau das ist die Situation im Bibeltext, den wir uns anschauen wollen. Das Volk braucht eine laute Sprache, und Gott brüllt.

Wenn Gott anfängt zu brüllen, sollen es die Menschen erfahren

Der erste Punkt lautet: Wenn Gott anfängt zu brüllen, dann sollen es die Menschen erfahren. Ich möchte die ersten beiden Verse aus dem Buch Amos hier einmal vorlesen. Dort heißt es:

„Dies ist’s, was Amos, der unter den Schafzüchtern von Tekoa war, gesehen hat über Israel zur Zeit Usias, des Königs von Juda, und Jerobjams, des Sohnes des Joasch, des Königs von Israel, zwei Jahre vor dem Erdbeben. Und er sprach: Hört gut zu! Der Herr wird aus Zion brüllen und seine Stimme aus Jerusalem hören lassen, dass die Augen der Hirten vertrocknen werden und der Karmel oben verdorren wird.“

Diese beiden Verse sind sozusagen die Einleitung, das Eingangstor in den Propheten Amos. Wir erfahren hier zunächst einiges über den Propheten selbst. Das ist nicht häufig der Fall. In vielen prophetischen Büchern der Bibel wissen wir kaum etwas über den Propheten, es fehlen biografische Details. Bei Jeremia wissen wir einiges, bei Haggai sehr wenig. Bei Amos erfahren wir dagegen mehr.

Aus diesem Text erfahren wir, dass Amos ein Schafzüchter in Tekoa war. Das ist eine Information, über die man vielleicht zu schnell hinwegliest, die ich aber betonen möchte. Wir sehen am Beispiel Amos, dass Gott ganz normale Menschen gebrauchen kann, ganz einfache Menschen. Benjamin hat gerade schon in der Einleitung richtig gesagt: Amos war kein ausgebildeter Prophet.

Vielleicht haben sich einige von euch die Frage gestellt: Gab es denn überhaupt so etwas wie eine Ausbildung für Propheten? Oh ja, die gab es. Wir sehen das in den Büchern der Könige beim Propheten Elisa. Er hatte Prophetenschüler um sich herum. So etwas Ähnliches, was heute vielleicht eine Bibelschule ist, gab es damals schon für Propheten. Dort wurden Propheten ausgebildet, und das steht in den Königsbüchern.

Bei Amos sehen wir, dass das nicht sein Hintergrund war. Wir würden heute sagen: Amos kam vom Land, ein einfacher Mann, der Schafzüchter war und sich mit Schafen auskannte. Gott beruft diesen einfachen Mann mit einer so wichtigen Botschaft. Deswegen möchte ich dir von vornherein auch ermutigend mitgeben: Gott gebraucht ganz einfache Menschen. Gott braucht ganz normale Menschen. Das sehen wir durchweg in der Bibel.

Gott braucht nicht die Profis, nicht in erster Linie die, die ein Studium absolviert haben. Gott braucht einfache Menschen, die sich ihm ganz hingeben, ihr Leben ihm weihen. Und Gott sagt: Das nehme ich, und ich vollbringe damit meine Pläne. Das sehen wir aus dem Buch Amos, und das möchte ich dir von vornherein mitgeben. Gott möchte dich gebrauchen.

Jesus gebraucht einfache Fischer, wie Petrus, bei dem sich die Menschen wundern: Das sind doch ungebildete Männer! Und doch hält Petrus eine vollmächtige Predigt. Deswegen gebraucht Gott ganz normale Menschen.

Dann stellen wir weiter fest, dass Amos eine Botschaft über Israel hat. Das ist eine wichtige Information in Vers 1. Zur Zeit von Amos war das Reich Israel geteilt in Nord- und Südreich. Das geschah nach Salomo unter Rehabeam. Zehn Stämme gehörten zum Nordreich, zwei Stämme zum Südreich. Diese beiden Teile waren miteinander verfeindet.

Das heißt, Südreich und Nordreich konnten sich nicht gut leiden. Es gab eine Rivalität. Wenn wir in den Königsbüchern nachlesen, stellen wir sogar fest, dass sie Krieg gegeneinander führten. Nun wissen wir, dass Tekoa, wo Amos herkam, im Südreich lag. Amos kommt also aus dem Südreich, hat aber eine Botschaft für das Nordreich. Das heißt, er muss das Gericht predigen, aber sozusagen im Feindesland.

Das war kein einfacher Auftrag für Amos. Es war eine große Herausforderung, auch noch Gericht im Nordreich zu predigen. Aus Vers 1 erfahren wir auch etwas über die Zeit, in der Amos gepredigt hat. Die Könige werden hier genannt, und anhand ihrer Regierungsjahre kann man ungefähr auf das Jahr 750 vor Christus schließen.

Vielleicht fragst du dich jetzt: Warum ist es wichtig zu wissen, dass Amos um 750 vor Christus gepredigt hat? Das ist ganz wichtig. Denn 722 vor Christus, also etwa 30 Jahre nachdem Amos das Gericht verkündet hat, kamen die Assyrer und führten das Nordreich in die Gefangenschaft.

Zur Zeit von Amos predigte er bereits: Kehrt um zu Gott, sonst werdet ihr gefangen weggeführt. Wir sehen, dass Gott noch 30 Jahre Geduld hatte. Gott ist ein geduldiger Gott, übrigens auch mit dir. Wir glauben an einen geduldigen Gott, der nicht schnell richten möchte.

Wir sehen, dass Gott Amos gebraucht, damit die Menschen erfahren, dass er brüllt, damit sie umkehren können. Gott hatte noch 30 Jahre Geduld, bis Samaria durch die Assyrer erobert wurde.

Die Zeit ist aber auch deswegen wichtig, weil wir feststellen können, dass Amos in eine Spaßgesellschaft hinein predigte. Mein Wunsch ist es, dass wir in den folgenden Abenden immer mehr feststellen, wie groß die Parallelen zur heutigen Zeit sind. Wie sehr das Alte Testament für uns heute im einundzwanzigsten Jahrhundert in Heidelberg aktuell ist.

Amos predigt in einer Zeit des Wohlstands und Reichtums. Die Leute wollen Spaß haben und verlassen dabei Gott. In diese Spaßgesellschaft hinein schickt Gott einen Propheten mit einer Botschaft.

Was ich auch am Anfang noch deutlich machen möchte: Die Propheten im Alten Testament haben nicht in erster Linie die Zukunft vorhergesagt. Das haben sie zwar auch getan, aber Propheten im Alten Testament sind eigentlich ganz normale Prediger, die Gottes Wort in die jeweilige Situation hineinsprechen und immer wieder zur Umkehr aufrufen.

Das war die erste Rolle des Propheten: Er sollte zur Umkehr anhand des Wortes Gottes aufrufen. So ist es auch mein Wunsch, dass wir in diesen Abenden, auch in den kommenden, einen Neuanfang mit Gott machen.

Wir lesen weiter, dass die Predigten von Amos zwei Jahre vor dem Erdbeben gehalten wurden. Wie ist das genau zu verstehen? Ich denke, dass zwischen der Predigt, die Amos gehalten hat, und dem Zeitpunkt, an dem er das Buch Amos niederschrieb, eine gewisse Zeitspanne liegt.

Er hat die Predigt gehalten, und in Amos 8 wird übrigens ein Erdbeben vorhergesagt. Es wird ein Erdbeben kommen. Dann vergeht eine Zeit, in der Zwischenzeit geschieht das Erdbeben.

Jetzt schreibt Amos das Buch nieder und kündigt von Anfang an an: Das, was ich gesagt habe, ist bereits schon zum Teil eingetreten. Damit wird deutlich: Amos ist ein echter Prophet. Das Merkmal eines echten Propheten im Alten Testament ist immer, dass das Wort eintritt, das er gesprochen hat.

Es gibt genug falsche Propheten, übrigens auch heute noch. Es gibt genug falsche Prediger, es gibt genug Irrlehren. Das Kennzeichen eines echten Propheten ist, dass Gott sein Wort erfüllt. Und es wird von Anfang an deutlich, dass das Erdbeben kam.

Dann heißt es in Vers 2: „Und er sprach: Der Herr wird aus Zion brüllen und seine Stimme aus Jerusalem hören lassen, dass die Augen der Hirten vertrocknen werden und der Karmel verdorren wird.“

Ich denke, Vers 2 ist so etwas wie eine Zusammenfassung über das ganze Buch: Gott brüllt, Gott brüllt über Israel, Gott macht ernst, könnte man sagen.

Natürlich dürfen wir uns Gott nicht einfach nur als einen brüllenden Gott vorstellen. Das wäre eine sehr einseitige Gottesvorstellung. Gott ist der liebende Vater. Das müssen wir immer im Blick haben.

Er ist der liebende Vater, er ist geduldig, er ist langsam zum Zorn. Aber wenn der Mensch in Sünde lebt und Gott heilig ist, wäre Gott kein guter Gott, wenn er die Sünde und die Ungerechtigkeit ungestraft ließe.

Dann wäre er kein guter Richter, er wäre nicht gerecht. Und weil er gerecht und heilig ist, muss er Sünde bestrafen. Deswegen müssen wir Platz machen in unserem Gottesbild auch für einen Gott, der zornig ist über die Sünde.

Das betrifft hier das Gericht über die Natur. Es heißt, die Auen werden vertrocknen, der Karmel wird verdorren. Die Logik ist folgende: Der Karmel war die fruchtbarste Gegend im Land. Das war ein Berg, und oben auf dem Berg ist es immer fruchtbarer, da fällt mehr Niederschlag.

Wenn selbst der Berg vertrocknet, dann ist alles andere sowieso vertrocknet. Das ist das Gericht, das hier angekündigt wird.

Ich weiß nicht, ob du schon einmal die Erfahrung gemacht hast, dass du spazieren warst und dir ein Hund entgegengelaufen ist, nicht an der Leine. Wahrscheinlich hast du so eine Situation schon erlebt.

Es ist interessant: Die Hundebesitzer sagen in dem Moment immer dasselbe: „Der macht nichts, der will nur spielen.“ Kennt ihr das? Ein Hund kommt dir entgegengelaufen, nicht an der Leine, er hätte eigentlich an der Leine sein müssen, springt dich vielleicht sogar an, und das Herrchen bekommt Panik und sagt: „Der macht nichts, der macht nichts.“

Ich habe den Eindruck, dass wenn Theologen und Pastoren in unserem Land über Gott sprechen, sie Gott irgendwie immer ein bisschen in Schutz nehmen müssen. „Der macht nichts, der macht nichts. Wir haben doch keinen zornigen Gott, das ist doch einfach nur der liebe Gott mit dem weißen Bart im Himmel.“

Die Bibel lehrt uns etwas anderes. Amos 1,2 stellt uns Gott als einen brüllenden Gott vor. Aber schaut mal, was wir hier sehen müssen: Gott brüllt nicht einfach nur zum Selbstzweck.

Er beruft einen Propheten mit einer Botschaft der Umkehr. Ja, Gott brüllt, aber er möchte, dass die Menschen umkehren.

Deswegen lautet der erste Punkt in der Predigt: Wenn Gott anfängt zu brüllen, dann sollen es die Menschen erfahren. Gott schickt Amos in das Nordreich, damit die Menschen erfahren, wie Gott über die Sünde denkt.

Kann es sein, dass Gott angefangen hat, über unser Land zu brüllen, über die Sünde in unserem Land, über die Sünde in unserer Stadt? Ich bin offen, ich denke ja. So viel Sünde gerade hier in Köln, einer Großstadt, in der Sünde oft gefeiert wird.

Schau mal, das, was Gott möchte, ist, dass wir als seine Kinder die Menschen darauf aufmerksam machen, dass Gott angefangen hat zu brüllen.

Wenn Gott anfängt zu brüllen, dann sollen es die Menschen erfahren. Ich möchte dich ermutigen, dich von Gott gebrauchen zu lassen, wie ein Prophet Amos, der ein einfacher Mann war, aber von Gott gebraucht wurde, um den Menschen deutlich zu machen, dass sie umkehren müssen.

Ich denke, es ist so wichtig, dass wir den Menschen deutlich machen, dass Gott brüllt, dass Gott es ernst meint mit der Sünde, aber dass es einen Ausweg gibt vor dem Gericht. Dieser Ausweg ist Jesus Christus.

Die Frage ist: Sind wir bereit, uns von Gott gebrauchen zu lassen – in all unserer Schwachheit –, und zu sagen: Gott, gebrauche du mich, um dein Wort in eine Spaßgesellschaft hinein zu predigen und den Menschen deutlich zu machen, wie du über ihre Sünde denkst?

Es ist nicht immer einfach, oder? Es ist manchmal mit Anfechtungen verbunden.

Ich habe vor einiger Zeit in unserer Gemeinde über Römer 1 gepredigt. Ich halte gerade eine Predigtreihe zum Römerbrief, und da kommt plötzlich das Thema Homosexualität auf die Agenda. Im Text steht, dass es Sünde ist, in Römer 1.

Kurz davor habe ich mitbekommen – unsere Predigten werden veröffentlicht –, und Köln ist Platz Nummer zwei in Deutschland, was die Homosexualität angeht.

Jetzt soll ich mitten in Köln diese Predigt halten, die veröffentlicht wird. Am Freitag sagen mir Jugendliche: „André, übrigens am Sonntag kommt eine Frau vom Kölner Stadtanzeiger in den Gottesdienst.“ Ich dachte: Jo, das passt, das passt.

Und plötzlich muss ich mir die Frage stellen: Bin ich bereit, mich vom Herrn gebrauchen zu lassen, Sünde Sünde zu nennen und die Umkehr aufzuzeigen, die es immer gibt in Jesus Christus?

Diese Frage möchte ich dir heute Morgen stellen: Bist du bereit, wenn Gott über Sünde brüllt, dich gebrauchen zu lassen – auf der Arbeit, da, wo du bist, in deinem Umfeld –, um den Menschen die Wahrheit in Liebe zu sagen, wie Gott darüber denkt?

Denn wenn Gott anfängt zu brüllen, dann sollen es die Menschen erfahren.

Gottes Gericht über die Ungerechtigkeit in der Welt

Wir kommen zum zweiten Punkt: Wenn Gott anfängt zu brüllen, dann betrifft es die Ungerechtigkeit in der Welt.

Wir haben hier einen längeren Text vor uns, den wir uns Vers für Vers anschauen wollen. Von Kapitel 1, Vers 3 bis Kapitel 2, Vers 3 möchte ich euch zunächst einen kurzen Überblick geben. Es werden sechs verschiedene Völker auf die Anklagebank Gottes gesetzt. Diese Völker haben alle grausame Verbrechen begangen. Es handelt sich durchweg um Nachbarvölker Israels. In diesen Versen erkennen wir ein immer wiederkehrendes Schema.

Das Gericht über eine Nation wird offiziell verkündet mit den Worten: „So spricht der Herr“. Ihr werdet das gleich sehen, wenn wir den Text durchgehen. Danach folgt jeweils eine Anklage, eingeleitet mit der Formel „um drei, ja um vier Frevel“. Dabei stellt sich die Frage: Sind es nun drei oder vier Frevel? Das ist ein poetisches Stilmittel, das verdeutlichen soll, dass sich die Sünden gehäuft haben. Das müssen wir einfach so verstehen.

Anschließend wird die Hauptsünde genannt und dann erfolgt die Abrechnung.

Am Anfang werden die Aramäer gerichtet – die Ungerechtigkeit der Aramäer. Ich lese die Verse 3 bis 5:
So spricht der Herr: Um drei, ja um vier Frevel willen derer von Damaskus will ich sie nicht schonen, weil sie Gilead mit eisernem Dreschlitten gedroschen haben. Ich will ein Feuer schicken in das Haus Hazarels, das soll die Paläste Ben Hadads verzehren. Ich will die Riegel von Damaskus zerbrechen und die Einwohner aus Bikat erwürgen und den, der das Zepter hält, aus Beth Eden ausrotten. Das Volk von Aram soll nach Kier weggeführt werden.

Ich denke, die Aramäer werden hier ganz bewusst am Anfang genannt. Wisst ihr warum? Sie waren sozusagen der Erzfeind Israels. Was sie mit Gilead gemacht haben, war beispiellos brutal. Da schreckt man als Prediger fast zurück, das zu sagen, wenn Kinder mit im Raum sind. Das ist nicht unbedingt jugendfrei, was sie getan haben. Sie haben die Einwohner Gileads zusammengebunden, auf ein Feld verteilt und sind mit Dreschlitten über die Menschen gefahren. Es war ein Massaker.

Das ist das, was die Aramäer mit Gilead gemacht haben. Amos predigt und sagt, die Führungspersonen werden dafür gerichtet werden. Sie müssen nach Kier, denn dorther kamen die Aramäer einst aus der Gefangenschaft. Das ist so, als würde man Israel sagen: Ihr müsst zurück nach Ägypten. Sie bekommen ihre gerechte Strafe.

Wir gehen erst einmal durch den Text und anschließend möchte ich die Anwendung betrachten, was dieser Text uns heute sagen kann.

Als Nächstes sind die Philister dran, in den Versen 6 bis 8:
So spricht der Herr: Um drei, ja um vier Frevel willen derer von Gaza will ich sie nicht schonen, weil sie die Gefangenen alle weggeführt und an Edom ausgeliefert haben. Ich will ein Feuer in die Mauern von Gaza schicken, das soll seine Paläste verzehren. Ich will die Einwohner aus Aschdod und den, der das Zepter hält, aus Aschkelon ausrotten. Und meine Hand will ich gegen Ekron wenden, und es soll umkommen, was von den Philistern noch übrig ist, spricht der Herr.

Jetzt müssen wir uns die Frage stellen: Was ist hier passiert? Die Philister wollten Geld verdienen. Die Edomiter brauchten für ihren Kupferbergbau Sklaven. Die Philister sind nach Israel gekommen, haben Dörfer überfallen und die Menschen aus Israel als Sklaven an die Edomiter verkauft. Gott sagt hier: Das war nicht in Ordnung. Ihr habt eine rote Linie überschritten und werdet gerichtet werden.

Als Nächstes sind die Phönizier dran, in den Versen 9 und 10:
So spricht der Herr: Um drei, ja um vier Frevel willen derer von Tyros will ich sie nicht schonen, weil sie die Gefangenen alle an Edom ausgeliefert haben und nicht an den Bruderbund gedacht haben. Ich will ein Feuer in die Mauern von Tyros schicken, das soll seine Paläste verzehren.

Ich denke, ihr habt genau mitgelesen. Sie haben das Gleiche gemacht wie die Philister, mit einem Unterschied: Zwischen den Israeliten und den Phöniziern gab es einen Freundschaftsbund. Den sehen wir in 1. Könige 5,26: Der König Hiram und Salomo waren Freunde. Die Phönizier halfen beim Tempelbau und lieferten das Holz. Dort heißt es: „Der Herr aber hatte Salomo Weisheit gegeben, wie er ihm zugesagt hatte. Und es war Friede zwischen Hiram und Salomo, und sie schlossen einen Bund miteinander.“

Was Gott hier sagt, ist: Niemand verkauft seine Freunde ungestraft. Ihr wart Freunde, habt einen Bund geschlossen und jetzt habt ihr, liebe Phönizier, nicht an den Bund gedacht und Israeliten als Sklaven verkauft. Dafür werdet ihr gerichtet.

Dann ist Edom dran, in den Versen 11 und 12:
So spricht der Herr: Um drei und vier Frevel willen derer von Edom will ich sie nicht schonen, weil sie ihren Bruder mit dem Schwert verfolgt haben und alles Erbarmen von sich getan haben, und immerfort wüten in ihrem Zorn und an ihrem Grimmen ewig festhalten. Ich will ein Feuer schicken nach Teman, das soll die Paläste von Bosra verzehren.

Was hat Edom getan? Edom hat eine spezielle Beziehung zu Israel. Israel sind die Nachkommen Jakobs, die Edomiter die Nachkommen Esaus. Diese beiden Völker stammen von zwei Brüdern ab. Es war ein Brudervolk für Israel, die Edomiter.

Das, was hier genannt wird, geht vermutlich auf 4. Mose 20 zurück. Die Bibelkenner hier werden sich an dieses Ereignis erinnern: Das Volk Israel zieht aus Ägypten aus und fragt Edom: „Dürfen wir durch dein Land gehen? Wir wollen nichts von euch, wir wollen nur durch.“ Edom reagiert provokativ und will angreifen.

Das ist wahrscheinlich das historische Ereignis, das Gott hier zur Zeit von Amos nennt. Wisst ihr, was das Interessante ist? Dieses Ereignis liegt 700 Jahre zurück zur Zeit von Amos.

Was können wir daraus über das Gericht Gottes lernen? Wir lernen: Bei Gott verjährt keine unbekannte Sünde. Gott sieht alles und führt Buch über die Sünden, die nicht bekannt wurden. Wenn du um Vergebung bittest, löscht Gott die Sünde aus – das ist die gute Nachricht. Aber die Sünden, für die nie um Vergebung gebeten wird, sind bei Gott im Register. Das betrifft Edom besonders, weil sie ihre Haltung gegenüber Israel auch zur Zeit von Amos nicht geändert hatten.

Dann sind die Ammoniter dran, auch mit schlimmen Taten.
So spricht der Herr: Um drei, ja um vier Frevel willen derer von Ammon will ich sie nicht schonen, weil sie die Schwangeren in Gilead aufgeschlitzt haben, um ihr Gebiet zu erweitern. Ich will ein Feuer anzünden in den Mauern Rabbas, das soll seine Paläste verzehren. Wenn das Kriegsgeschrei am Tage der Schlacht erschallt, wenn das Wetter am Tage des Sturms kommt, dann wird ihr König samt seinen Oberen gefangen weggeführt werden, spricht der Herr.

Leider sehen wir im Alten Testament öfter Beispiele, in denen schwangere Frauen und wehrlose Kinder im Mutterleib getötet wurden. Ich denke, dieses Ereignis findet in der Richterzeit statt, denn im Buch Richter lesen wir von Kämpfen zwischen Gilead und den Ammonitern. Das liegt etwa 600 Jahre vor der Zeit von Amos.

Was möchte Gott hiermit deutlich machen? Niemand vergreift sich ungestraft an Frauen. Niemand vergreift sich ungestraft an Kindern im Mutterleib.

Hier sehen wir eine Parallele: Man denkt vielleicht, wie schlimm es ist, schwangere Frauen aufzuschlitzen. Das kommt heute nicht mehr vor. Aber was passiert bei Abtreibungen? Im Prinzip ist das dasselbe. Deshalb müssen wir uns fragen: Kann es sein, dass Gott auch über Deutschland anfängt zu brüllen? Über die westliche, aufgeklärte Welt, die in einer Spaßgesellschaft lebt und denkt, sie könnten neu bestimmen, wo Leben anfängt? Oder was eine Ehe ist und was nicht?

Immer wenn der Mensch in Gottes Schöpfungsordnung eingreift, fängt Gott an zu brüllen.

Als Nächstes sind die Moabiter dran. Hier kommt etwas Neues hinzu:
So spricht der Herr: Um drei, ja um vier Frevel willen derer von Moab will ich sie nicht schonen, weil sie die Gebeine des Königs von Edom verbrannt haben zur Asche. Ich will ein Feuer schicken nach Moab, das soll die Paläste von Kiriot verzehren. Moab soll sterben im Getümmel und Geschrei und Posaunenhall. Ich will den Herrscher unter ihnen ausrotten und alle ihre Oberen samt ihm töten, spricht der Herr.

Das Neue hier ist, dass dieses Verbrechen nicht an Israel begangen wurde. Habt ihr das genau mitbekommen? Gott richtet hier über eine Tat, die Moab den Edomitern angetan hat.

Daraus können wir lernen: Gott interessiert sich nicht nur für die Ungerechtigkeit an seinen Kindern, sondern für jede Ungerechtigkeit in der Welt. Auch wenn Heiden untereinander Unrecht tun, merkt Gott sich alles.

Was genau dieses Verbrechen war, ist schwer zu sagen. Immer wenn im Alten Testament von verbrannten Gebeinen die Rede ist, ist der Mensch bereits tot. Hier geht es also um eine Art Leichenschändung. Das, was Gott anklagt, ist eine solche Schändung, und dafür werden die Moabiter büßen.

Das war ein langer, harter Text, und vielleicht fragt ihr euch: Was hat das mit unserer heutigen Zeit zu tun?

Ich denke, wir können aus diesem Text zunächst lernen: Gott entgeht keine Ungerechtigkeit in der Welt.

Ich habe oft erlebt, dass Menschen, wenn man auf der Straße evangelisiert oder mit Skeptikern über den Glauben spricht, häufig fragen: Wie kann ich an Gott glauben, wenn es so viel Unrecht in der Welt gibt?

 Amos 1 liefert uns die Antwort: Gott entgeht kein Unrecht in dieser Welt. Er straft nicht immer sofort. Es ist ja nicht so, dass bei jeder Abtreibung oder jedem Ehebruch plötzlich ein Blitz vom Himmel kommt. Gott straft nicht immer sofort. Das hat er übrigens auch bei Adam und Eva im Garten nicht getan. Aber sie sind später gestorben.

Was wir hier sehen können: Gott entgeht keine Ungerechtigkeit in der Welt.

Schaut mal: Wenn in Heidelberg ein Gebrauchtwagenhändler den Kilometerstand zurückdreht, um das Auto teurer zu verkaufen, sieht Gott das. Wenn ein burmesisches Flüchtlingskind in Thailand entführt und in die Prostitution verkauft wird, sieht Gott das. Wenn ein Obdachloser in Köln von Jugendlichen angezündet wird, sieht Gott das. Gott hat alles gesehen, was im Dritten Reich passiert ist.

Es ist ja immer wieder so, dass bis heute Gerichtsprozesse laufen, bei denen ehemalige SS-Leute vor Gericht gestellt werden. Ich finde es richtig, dass diese Männer vor Gericht gebracht werden. Sie sind mittlerweile vielleicht 95 Jahre alt, aber ihnen wird trotzdem noch der Prozess gemacht, weil es um Gerechtigkeit geht.

Ich frage mich jedoch, wie viel nie gesehen wurde, wie viele Täter geflohen sind, die im Dritten Reich Menschen hingerichtet haben und nie einen Prozess bekamen.

 Amos 1 ist die Antwort: Gott entgeht keine Ungerechtigkeit in der Welt. Er sieht alles, auch wenn es Jahre zurückliegt. Er ist ein guter Gott und wird immer wieder für Gerechtigkeit einstehen.

Ich möchte das auch auf die persönliche Ebene bringen und eine seelsorgerliche Anwendung geben.

Vielleicht hast du in deinem Leben schon viel Unrecht erlebt. Vielleicht wurdest du betrogen, vielleicht haben sich Menschen, die dir nahestanden, gegen dich verbündet. Vielleicht wirst du auf der Arbeit gemobbt und dir wird Unrecht getan. Vielleicht bist du angelogen worden. Vielleicht ist dir als Kind etwas Schlimmes durch einen Erwachsenen widerfahren. Vielleicht hast du viel Leid erlebt und Menschen haben sich an dir versündigt.

Weißt du was? Dann möchte dieser Text dir sagen: Du musst keine Rachegedanken hegen. Du kannst das, was dir geschehen ist, was Menschen dir angetan haben, Gott übergeben. Er wird für dein Recht einstehen.

Das ist auch ein neutestamentliches Prinzip. Ich möchte immer wieder den Bogen zum Neuen Testament spannen. Schaut mal in 2. Timotheus 4,14:
Dort sagt Paulus ganz am Ende seines Lebens: „Alexander der Schmied hat mir viel Böses getan. Der Herr wird ihm vergelten nach seinen Werken.“

Der Apostel Paulus schreibt diesen letzten Brief, er ist allein im Gefängnis, bittet Timotheus zu ihm zu kommen, weil er alleine ist. Das ist nicht die Situation, die man sich vorstellt: Der große Apostel am Ende seines Lebens, ganz allein. Ich kann mir vorstellen, dass Paulus oft an Alexander denken musste, der ihm so viel Böses getan hat.

Wie geht man als Christ damit um, wenn einem so viel Böses angetan wurde? Paulus sagt hier: Der Herr wird ihm vergelten nach seinen Werken. Ich bin nicht bitter, ich hege keine Rachegedanken. Ich kann alles dem Herrn übergeben, er wird richten.

Genau das ist die Botschaft von Amos 1 auch für dich: Du darfst loslassen. Du musst diese Gedanken der Bitterkeit nicht mit dir herumtragen. Gib es Gott ab. Er steht für dich ein. Er steht für seine Kinder ein. Er sieht, was Menschen an seinen Kindern tun.

Ich habe euch eine Karte mitgebracht. Bisher ist Folgendes passiert: Einmal ist hier Israel, das Nordreich, und Juda, das Südreich. Die anderen Länder sind die, über die Amos jetzt Gericht gepredigt hat.

Zuerst werden die Aramäer gerichtet, dann die Philister, die Phönizier, die Ammoniter, Moabiter und Edomiter.

Meine Frage ist: Wie kam diese Predigt bei den Israeliten an? Das sind alles Erzfeinde Israels. Amos kommt als neuer Prediger ins Südreich und sagt: Ich habe ein Wort von Gott für euch – Gott wird eure Feinde bestrafen.

Wie hat das Nordreich reagiert? Ich glaube, sie waren ziemlich ermutigt durch diese Predigt von Amos. Sie haben ihm wahrscheinlich zugestimmt und genickt. Ich habe ein Jahr in Amerika gelebt und dort gelernt, dass Menschen während einer Predigt manchmal „Amen“ rufen oder zustimmend reagieren. Ich kann mir vorstellen, dass so etwas hier passiert ist.

Amos predigt das Gericht über die Feinde, und das ist die beste Predigt, die sie je gehört haben – wenn jemand über die Sünden der anderen spricht.

Jetzt stellen sie fest: Die Predigt von Amos hatte bisher sechs Punkte. Aber wird er auch das Gericht über unseren Erzfeind verkünden? Sieben ist doch die Zahl der Vollkommenheit. Amos, bitte gib uns noch den siebten Punkt, dass du auch das Gericht über Juda predigst.

Ich kann mir vorstellen, einige waren unsicher. Wird er das machen? Amos kommt ja aus Juda. Wird er wirklich auch das Gericht über Juda verkünden?

Er gibt den Leuten im Nordreich den siebten Punkt und sagt:
Ja, auch Juda wird gerichtet. Die Ungerechtigkeit von Juda steht in Kapitel 2, Verse 4 bis 5:
So spricht der Herr: Um drei, ja um vier Frevel willen derer von Juda will ich sie nicht schonen, weil sie das Herrengesetz verachten und seine Ordnungen nicht halten und sich von Lügengötzen verführen lassen, denen ihre Väter nachgefolgt sind. Ich will ein Feuer nach Juda schicken, das soll die Paläste von Jerusalem verzehren.

Amos predigt also auch, dass das Südreich gerichtet wird, weil sie Götzendienst treiben.

Ich kann mir vorstellen, dass im Nordreich nach diesem siebten Punkt wirklich gejubelt wurde: Sogar unser Erzfeind wird von Gott gerichtet. Einige sagen wahrscheinlich: Das ist die beste Predigt, die Amos je gehalten hat. Sieben Punkte – alle unsere Feinde werden gerichtet.

Ich kann mir vorstellen, dass in diesem Moment die Bibeln der Leute im Gottesdienst zugeklappt wurden. Sie wollten rausgehen und sagen: Jetzt haben wir eine schöne Predigt gehört.

Aber Amos sagt: Moment, bleibt bitte sitzen. Meine Predigt hat noch einen achten Punkt.

Ich kann mir vorstellen, die Leute fragen sich: Wer wird denn noch gerichtet? Wen gibt es noch auf der Karte? Meint Amos hier unten die Ägypter? Wen kann er noch meinen?

Und Amos sagt: Ihr Lieben, mein achter Punkt ist eigentlich mein Hauptpunkt – auch ihr werdet gerichtet.

Gottes Gericht betrifft auch die Frommen

Damit kommen wir zum dritten Punkt. Wenn Gott anfängt zu brüllen, dann betrifft es die Ungerechtigkeit der Frommen.

Frommen ist hier in Anführungszeichen derjenige, der sich für fromm hält, der die Sünde der anderen sieht, aber keine Sicht für die Sünde im eigenen Leben hat. Kommen wir, wir schauen uns die Verse sechs bis acht an:

So spricht der Herr: Um drei, ja um vier Freveln willen derer von Israel, das ist das Nordreich, will ich sie nicht schonen, weil sie die Unschuldigen für Geld und die Armen für ein paar Schuhe verkaufen. Sie treten den Kopf der Armen in den Staub und drängen den Elenden vom Wege. Sohn und Vater gehen zu demselben Mädchen, um meinen heiligen Namen zu entweihen. Und bei allen Altären schlemmen sie auf den gepfändeten Kleidern und trinken Wein vom Geld der Bestraften im Hause ihres Gottes.

Wir müssen wissen: All die Sünden, die Amos hier aufführt, sind ausdrückliche Verstöße gegen Gottes Gesetz. Sie leben in Sünde. Sie denken, Gott sei auf ihrer Seite. Das werden wir in den nächsten Abenden besonders sehen: Das Volk lebt in einer Illusion. Sie sagen: Gott segnet uns doch, weil wir Gottesdienste feiern. Gott segnet uns doch, weil wir reich sind. Also muss Gott mit uns zufrieden sein.

Sie haben keine Sicht für ihre eigene Sünde. Sie sind blind, ihre eigenen Sünden zu sehen. Das ist für sie so schwer, wie wenn ein blinder Mensch in einem stockfinsteren Raum eine schwarze Katze suchen muss. Geht nicht, er sieht sie nicht.

Und leider kann es auch in unserem Leben vorkommen, dass wir die eigene Sünde nicht sehen. Amos sagt dem Nordreich: Ihr seid genauso gottlos wie die Heiden. Ihr seid genauso schuldig. Ihr solltet eigentlich anders sein.

Ihr Lieben, der Missionsgedanke ist wichtig. Er kommt nicht erst im Neuen Testament vor. Der Missionsbefehl beginnt nicht erst bei Matthäus 28, sondern schon bei 1. Mose 12, wo Gott Abraham beruft und sagt: Deine Nachkommen sollen ein Licht sein für die Heiden.

Das heißt, Israels Aufgabe war es, ein Vorbild für die Völker um sie herum zu sein. Sie sollten den Heiden zeigen, wie man Gott erlebt. Und jetzt sehen wir, in dieser Aneinanderreihung von acht Völkern ist Israel genau auf einer Stufe mit den gottlosen Heiden. Obwohl sie eigentlich das Gesetz haben und wissen, was Gott von ihnen will, leben sie nicht danach. Amos sagt: Ihr seid genauso wie die Heiden, und deswegen betrifft das Gericht Gottes auch euch. Eure Hände sind schmutzig.

Am 30. April konnte man in den CBS-Nachrichten von einer Touristin lesen, die auf einer Bustour durch Island plötzlich vermisst wurde. Das Ganze mündete in einer verzweifelten Suche mit über 50 Rettungskräften zu Luft und zu Land. Wahrscheinlich wurden Hubschrauber eingesetzt, um diese eine Frau zu finden.

Die Frage ist: Wie kam es dazu, dass diese Frau als vermisst gemeldet wurde? Die Frau verließ die Reisegruppe, um ihre Kleidung zu wechseln. Als sie in anderer Kleidung in den Bus zurückkam, erkannte sie niemand aus ihrer Gruppe. Plötzlich wurde im Bus darüber gesprochen, dass eine Frau noch fehlte. Die vermisste Frau wurde sogar beschrieben: eine Asiatin in dunkler Kleidung, die gut Englisch spricht.

Das Problem war, dass die Frau, die im Bus saß, selbst nicht wusste, dass von ihr die Rede war. Sie half fleißig mit bei der Suche. Die Suche lief und lief, doch die Frau wurde nicht gefunden. Erst einige Stunden später, um drei Uhr nachts, fand der Suchtrupp heraus, dass die Frau, die sie suchten, mitten unter ihnen war.

Der Polizeichef Sven Runnarsson, das ist eine wahre Begebenheit, teilte daraufhin der Öffentlichkeit mit, dass diese Frau einfach nicht verstanden hat, dass sie die Vermisste war.

Wisst ihr, wir lächeln darüber und sagen: Das ist lustig. Aber kann es sein, dass das auch manchmal in unserem geistlichen Leben zutrifft? Da hören wir eine Predigt und denken: Wie gut, dass Schwester X heute da ist. Das ist das Wort für sie. Gut, dass Bruder Y heute da ist, der muss genau zuhören. Wir gucken zwischendurch rüber, ob er auch genau zuhört, weil er es doch meint.

Wir stellen fest: Wir sehen den Splitter im Auge des Anderen, wie Jesus es sagte, und nehmen unseren Balken nicht wahr. Kann es sein, dass du Sonntag für Sonntag hier wieder rausgehst, vielleicht sogar mit einer gewissen Dankbarkeit für die Predigt, dass hier die Sünde beim Namen genannt wird? Dass die Prediger – und so schätze ich eure Prediger auch wirklich ein – das Wort predigen und nichts verwässern? Und du gehst raus und sagst: Gut, dass ich zu dieser Gemeinde gehöre, wo das Wort klar gepredigt wird. Aber du vergisst, dass Gott dich meinte, dass Gott dich angesprochen hat, nicht immer die anderen. Sondern dass Gott in erster Linie dein Leben verändern möchte. Und deswegen gilt die Predigt dir, in erster Linie dir.

Ihr Lieben, ich möchte uns einladen, auch an den kommenden Abenden nicht auf die anderen zu schauen, sondern hierher zu kommen mit der Einstellung: Herr, rede du, zerbrich du mich, brich du meinen Stolz, zeige du mir die Sünde in meinem Leben.

Das ist ein gefährliches Gebet. Also ich sage in Anführungsstrichen: ein gefährliches Gebet, weil Gott dieses Gebet erhört. Es ist ein gutes Gebet, aber es holt uns aus unserer Komfortzone.

Kann es sein, dass du blind geworden bist für Sünde in deinem Leben? Kann es sein, dass du angefangen hast, gewisse Sünden in deinem Leben kleinzureden? Ja, das machen ja alle. Damit haben ja viele Männer ein Problem: Ich bin nur einer von vielen. Ja, das machen ja alle. Die anderen Schwestern in der Gemeinde lästern ja vielleicht auch, sie reden auch negativ hinter dem Rücken.

Und wir fangen an, Sünde in unserem Leben kleinzureden, vielleicht sogar zu rechtfertigen. Wir bauen ein Rechtfertigungssystem auf: Weil ich aber auch genug diene, ist es nicht so schlimm, dass ich die und die Sünde in meinem Leben pflege.

Ich möchte dir heute sagen: Gott möchte dich auf deine Sünde hinweisen. Und vielleicht weißt du jetzt genau, was er meint.

Weißt du, die Antwort auf den brüllenden Löwen ist das Lamm, das am Kreuz geschlachtet wurde: Jesus Christus. Es ist so gut, es ist schmerzhaft, aber es ist so gut, wenn Gott auch uns Christen immer wieder auf die Sünden in unserem Leben hinweist und uns zeigt, wo wir noch nicht dem Bild Jesu entsprechen.

Dann brauchen wir so sehr das Evangelium. Dann müssen wir wieder zum Kreuz. Dann bitten wir wieder neu um Vergebung.

Ich möchte dich einladen: Wenn Gott dich heute auf Dinge in deinem Leben hingewiesen hat, vielleicht auch einfach auf deine Hartherzigkeit, dass dir die Predigten gar nicht mehr ins Herz gehen, sondern du nur die anderen im Blick hast – das an sich ist auch schon eine Sünde, weil es Hartherzigkeit ist – wenn Gott dich darauf hingewiesen hat, dann möchte ich dich einladen, heute zum Kreuz zu gehen.

Dann möchte ich dich einladen, zu Christus zu kommen. Das ist immer die Antwort, das ist immer die Lösung. Christus hat bezahlt, er hat deine Schuld ans Kreuz genagelt. Du kannst Vergebung bekommen für alle Sünden. Es gibt keine Sünde, die zu groß ist in deinem Leben. Du kannst immer wieder zu Christus kommen.

Ich lade dich ein: Das gilt für alle Abende, auch zurückzubleiben, wenn du ein Gespräch möchtest, wenn du mit jemandem zusammen beten möchtest, wenn du Dinge bekennen möchtest, einem Seelsorger. Dann lade ich dich ein, zurückzubleiben.

Vielleicht hat Gott dich heute ganz bewusst darauf aufmerksam gemacht, dass du dein Leben noch nie ihm gegeben hast. Vielleicht sitzt du heute vorm Livestream, bist sonst hier nicht in den Gottesdiensten dabei, verfolgst aber im Livestream diese Predigt. Dann möchte ich dich einladen, umzukehren.

Ich möchte dich einladen, einen echten Anfang mit Jesus Christus zu machen, der dir alle deine Sünden vergeben möchte.

Die Antwort auf den brüllenden Löwen ist das Lamm, das geschlachtet wurde. Deswegen möchte ich dich einladen, heute eine Entscheidung für Jesus zu treffen, wenn du sie noch nie getroffen hast. Amen!

Ich würde vorschlagen, dass wir noch zusammen beten. Lasst uns dazu aufstehen und eine Gebetsgemeinschaft bilden. Wenn Gott dir etwas deutlich gemacht hat, darfst du es ihm gerne sagen. Wir nehmen uns jetzt Zeit für das Gebet.