Wissenschaftliche Erkenntnisse in der Bibel
Wir beginnen mit der Wissenschaftlichkeit.
Ich habe ein Büchlein geschrieben mit dem Titel "Bibel und Wissenschaft – die Forschung hat Verspätung". Darin behandle ich dreißig Entdeckungen der modernen Naturwissenschaft, die man jedoch schon vor Jahrtausenden in der Bibel nachlesen konnte. Zum Beispiel, dass die Erde über dem Nichts hängt, dass die Sterne unzählbar sind (in der Antike glaubte man, man könne die Sterne zählen), dass der Hase wiederkäut, dass der Embryo im Anfangsstadium eine Knöchelchenform besitzt und somit kein ganz kleines Männchen ist, wie man in der Medizin des 19. Jahrhunderts noch annahm, dass die Luft ein Gewicht hat und dass sich das Licht im Raum bewegt und nicht statisch ist, wie man vor Newton glaubte, und vieles mehr.
All diese Beispiele können Sie in dem Buch nachlesen. Darum möchte ich hier ein Beispiel anführen, das nicht in dem Buch zu finden ist. Es geht um hydrothermale Quellen in der Tiefsee.
Im Buch Hiob, Kapitel 38, Vers 16, stellt Gott dem Hiob, einem Mann, dessen Geschichte im dritten Jahrtausend vor Christus spielt, verschiedene Fragen: "Bist du gekommen bis zu den Quellen des Meeres, und hast du die Gründe der Ozeantiefe durchwandelt?"
Alles ist im Hebräischen in Poesie geschrieben, und zwar in parallel gestellten Versen. Hier handelt es sich um einen synonymer Parallelismus, bei dem zwei Zeilen dasselbe Thema ausdrücken. Die erste Zeile lautet: "Bist du gekommen bis zu den Quellen des Meeres?" – auffällig, denn das deutet darauf hin, dass es irgendwo Quellen für das Meer geben muss. Die zweite Zeile erklärt: "Und hast du die Gründe der Ozeantiefe durchwandelt?" Das bedeutet, dass diese Quellen irgendwo auf dem Meeresboden sein müssen.
Dieses Phänomen war völlig unbekannt und konnte erst in der Neuzeit wissenschaftlich entdeckt und belegt werden. Es handelt sich um hydrothermale Quellen der Tiefsee, die man in Tiefen von 700 bis 4000 Metern findet. Das erste Mal, dass ein Mensch diese Quellen mit eigenen Augen sah, war im Jahr 1977 – mit Hilfe eines Tiefsee-U-Bootes.
Dabei handelt es sich um ein gewaltiges Phänomen: Diese Quellen stoßen Wasser aus, das bis über 464 Grad heiß ist. Sie denken vielleicht, meinen Tee kann ich nicht höher als 95 oder 96 Grad erhitzen – das ist bei uns in der Schweiz auch so. Aber unter dem enormen Druck in 4000 Metern Tiefe ist es möglich, dass Wasser so heiß sein kann und dennoch flüssig bleibt. Man nimmt heute an, dass etwa 160 Kubikkilometer Wasser pro Jahr auf diese Weise in die Ozeane gelangen.
Hier sehen Sie ein Bild von einer solchen hydrothermalen Quelle der Tiefsee. Es ist erstaunlich, woher dieses Wissen zu einer Zeit stammen soll, in der man es eigentlich gar nicht wissen konnte.
Man könnte einwenden, dass auch ein blindes Huhn mal ein Korn trifft. Aber es sind nicht nur ein, zwei oder drei Beispiele, sondern man kann die Beispiele wirklich vermehren und vermehren. Es zeigt eine unglaubliche Präzision. Man kann sogar so weit gehen zu sagen, dass es zwischen Bibel und Naturwissenschaft im engen Sinn des Wortes keine Probleme gibt.
Es besteht eine völlige Übereinstimmung. Darum gibt es zwischen naturwissenschaftlichen Entdeckungen der Chemie, der Physik und der Bibel keine Konflikte. Erst wenn ein historisches Element hinzukommt – also dort, wo wir sagen müssen, man könne nicht in die Zeit zurückgehen, um es nachzusehen – entstehen Unsicherheiten.
Aber naturwissenschaftlich, also dort, wo man etwas direkt beobachten kann und Experimente beliebig oft wiederholen kann, gibt es keine Konflikte zwischen Bibel und Wissenschaft. Das ist ein zentrales Thema dieses Buches.
Umgekehrt gibt es jedoch zum Beispiel Probleme zwischen der Evolutionslehre und der Naturwissenschaft. Nur ein Beispiel: Wir wissen, dass alle Zellen aus Riesenmolekülen aufgebaut sind, wie DNA, RNA und Proteinen – riesige Ketten.
Hier habe ich Ihnen die Formel dargestellt, wie man Ketten herstellt und wie sie in der Natur entstehen. Auf der einen Seite haben wir Methan, Wasser und Ammoniak plus Energie. Daraus entsteht durch eine Reaktion eine Aminosäure, wenn die Reaktion in der Natur zustande kommt.
Aber das ist erst der Anfang, um ein Protein zu bauen. Dazu brauchen wir eine zweite Formel, die uns zum Massenwirkungsgesetz der Chemie führt.
Hier sehen wir eine Aminosäure und noch eine Aminosäure. Durch eine Reaktion entsteht unter guten Umständen ein Dipeptid. Diese verbinden sich, und die Kette kann sich weiter verlängern, es können Tetrapeptide entstehen und so weiter. Die Kette kann sich also fortsetzen.
Jetzt haben wir jedoch ein Problem – deshalb habe ich hier auch einen Pfeil rückwärts eingezeichnet. Es handelt sich um eine reversible Reaktion. Dabei entsteht als Abfallprodukt Wasser. Das ist sehr ungünstig, denn Wasser wirkt kettenabbrechend. Auch weitere Substanzen, die es in der Natur in einer Ursuppe gibt, wie Ameisensäure, wirken kettenabbrechend.
Deshalb bricht die Kette wieder ab, die Reaktion läuft rückwärts, dann wieder vorwärts, dann zurück, bis ein thermodynamisches Gleichgewicht erreicht ist.
Was haben wir am Ende? Kurze Ketten, aber keine Proteine, wie sie für Zellen nötig sind. Diese sind aus bis zu 1500 Aminosäuren aufgebaut und architektonisch sehr kompliziert angeordnet. Diese Anordnung ist sehr wichtig. Es können sogar bis zu 2000 Aminosäuren sein.
Vom Massenwirkungsgesetz her ist das absolut unmöglich. Dieser experimentelle Befund kann täglich wiederholt werden und wird auch in der Industrie genutzt, wenn man künstlich riesige Ketten herstellt. So funktioniert es nicht von selbst.
Man muss im Labor mit Intelligenz arbeiten. Sobald etwas entstanden ist, muss die Reaktion gestoppt und die Abfallprodukte entsorgt werden. Dann wird die Reaktion wieder gestartet, was ebenfalls nicht einfach ist. So kann die Kettenbildung weitergehen, dann wird wieder gestoppt, und die Nebenprodukte werden entfernt.
So kann man Nylon in riesigen Ketten herstellen. Das ist für die Industrie nötig, aber es funktioniert nur mit einem Input von sehr hoher Intelligenz.
In der Natur, wenn man die Prozesse sich selbst überlässt, funktioniert das nicht. Die Entstehung von Leben einfach so ist ein grundsätzliches Problem der Naturwissenschaft.
Die Überlieferung der Bibel
Wir kommen zu Punkt zwei: Präzision. Wenn man mit Menschen über die Bibel spricht, hört man oft das Argument: „Ach, wissen Sie, die Bibel wurde ja über die Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende immer wieder abgeschrieben. Natürlich haben die Schreiber Fehler gemacht und die Bibel verändert. Wir haben heute gar nicht mehr die ursprüngliche Bibel.“
Das ist ein gutes Thema. Um die Frage zu klären, wie es um die Überlieferung der Bibel steht, müssen wir unterscheiden: Der erste Teil der Bibel, das Alte Testament, wurde vor Christus geschrieben, das Neue Testament danach.
Das Alte Testament wurde ursprünglich auf Hebräisch verfasst, einige wenige Kapitel auf Aramäisch, einer dem Hebräischen eng verwandten Sprache. Das Neue Testament hingegen wurde auf Griechisch geschrieben. Die Überlieferungsgeschichte der beiden Teile sieht sehr unterschiedlich aus.
Beim Alten Testament verhält es sich so: Wir haben mehrere Tausend Handschriften aus dem Mittelalter auf Hebräisch. Diese nennt man den sogenannten masoretischen Text. Die Schreiber im Mittelalter, die diese Texte abgeschrieben haben, wurden Masoreten genannt. Das Wort „Masora“ bedeutet Überlieferung. Diese Überlieferer arbeiteten sehr sorgfältig.
Es war üblich, Wörter, Ausdrücke und Buchstaben zu zählen. So wusste man zum Beispiel, dass der Buchstabe Aleph, der erste im Alphabet, über 42.000 Mal vorkommt, Bet so und so oft, und so weiter. Man verwendete Methoden, die man mit heutigen Computerprogrammen vergleichen kann. Diese zählen sofort die Anzahl der Anschläge oder Wörter, was beim Vergleich ähnlicher Dateien sehr nützlich ist.
Wenn in einer Abschrift ein Aleph fehlte, wusste man, dass ein Fehler vorlag, und man musste die Handschrift korrigieren. Es galt die Regel: Eine Handschrift mit mehr als drei Korrekturen durfte nicht mehr für die Vorlesung in der Synagoge verwendet werden. Der Chasan, der die Bibel im Gottesdienst rezitierte, musste eine möglichst fehlerfreie Rolle haben. Für den Schulunterricht waren stärker korrigierte Handschriften jedoch erlaubt.
Hier sehen Sie ein Bild aus der „Königin“ der masoretischen Handschriften, dem Kodex von Aleppo. Die Juden in Aleppo – bekannt durch den schrecklichen Bürgerkrieg der letzten Jahre – waren sehr stolz darauf, diese beste Handschrift zu besitzen.
Achten Sie auf die Zeichen am Rand, die wie ein „L“ aussehen. Dieses „L“ ist tatsächlich ein „L“ und steht als Abkürzung für „Layit“, was auf Aramäisch „genau so“ bedeutet. Das Wort, das an dieser Stelle in der Zeile mit einem kleinen Kreis gekennzeichnet ist, kommt nur einmal im gesamten Alten Testament vor.
An manchen Stellen häufen sich diese Markierungen: Ein „Bet“ zeigt an, dass das Wort zweimal vorkommt, ein „Dalet“ dreimal, und so weiter. Mit diesem Layit wurde den Abschreibern signalisiert: „Achtung, kopiere das Wort genauso, wie es da steht, und ändere auch die Orthographie nicht.“
Diese Methoden führten zu einem nahezu perfekten Abschreiben. Dennoch waren Kritiker in der Vergangenheit nicht zufrieden mit diesem Argument. Sie sagten: „Gut, im Mittelalter wurde genau abgeschrieben, aber was geschah vor dem Mittelalter? Da wurde die Bibel sicher verändert und ungenau abgeschrieben.“
Dann kam das Jahr 1947. Mohammed ad-Diw, ein Junge aus dem Beduinenstamm der Tamirä, fand in einer Höhle bei Qumran am Toten Meer Handschriften. Das weckte das Interesse an weiteren Höhlen. Insgesamt wurden zwischen 1947 und 1956 elf Höhlen entdeckt, in denen Tausende von Fragmenten biblischer Handschriften gefunden wurden. Diese stammen bis ins dritte Jahrhundert vor Christus zurück.
Plötzlich hatte man also Handschriften, die tausend Jahre älter waren als alle zuvor bekannten. Nun war ein Vergleich möglich. Interessanterweise erschien im Jahr 1947 ein Zeitungsartikel, der betonte, dass jetzt deutlich werde, wie schlecht die Bibel abgeschrieben worden sei.
Man fragt sich, wie dieser Journalist etwas wissen konnte, das damals noch gar nicht erforscht war. Doch er war sich sicher, dass jetzt die Wahrheit ans Licht komme. Heute, nach Jahrzehnten der Qumran-Forschung, können wir die Sache entspannt betrachten und sagen: Der masoretische Text wurde auch in Qumran gefunden.
Man nennt ihn heute den „proto-masoretischen Text“, weil er nicht aus dem Mittelalter stammt, sondern etwa tausend Jahre älter ist. Hier sehen Sie einen Ausschnitt aus der berühmten vollständigen Jesajarolle aus Höhle I, die 1947 gefunden wurde. Sie stammt aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus, so datiert mit zwei völlig unabhängigen Methoden.
Alle 66 Kapitel sind vorhanden, auch zum Beispiel Jesaja 53. Dieses Kapitel, das vom leidenden Messias spricht und sich so eindrücklich in Jesus von Nazareth erfüllt hat, ist ebenfalls enthalten. Niemand kann also behaupten, es sei später in die Bibel eingeschmuggelt worden, quasi nach der Erfüllung.
In Qumran wurden jedoch auch andere Texttypen gefunden. Zum Beispiel Handschriften, die nicht dem masoretischen Text entsprechen, wie wir ihn aus den mittelalterlichen Handschriften kennen, sondern Texten, die eher dem samaritischen Pentateuch ähneln – der Überlieferung der Samaritaner auf dem Berg Garizim – oder der Septuaginta-Übersetzung aus Ägypten.
Außerdem wurde deutlich, dass es neben Qumran weitere Funde gab. Im Wadi Murabbat, einem Tal in der Nähe von Bethlehem und nahe Qumran, wurden Fragmente der fünf Bücher Mose gefunden, die aus der Zeit vor 66 nach Christus stammen.
Diese Fragmente stimmen in jedem Buchstaben mit dem mittelalterlichen Text überein, sogar in der Orthographie. Das ist bemerkenswert, denn die Orthographie ändert sich normalerweise im Laufe der Zeit, wie auch im Deutschen.
Auch im Nachal Arugot bei der Oase Ein Gedi am Toten Meer wurden Handschriften entdeckt. Es wurde klar, dass der masoretische Text der Zentraltext war, der im Tempel in Jerusalem aufbewahrt wurde. Die besten Handschriften befanden sich immer im Tempel.
Wenn jemand aus einer Synagoge, zum Beispiel aus Nazareth, die Rolle überprüfen wollte, die dort gelesen wurde, konnte er sie mit auf den Tempelberg nehmen und mit den Vorlagen im Tempel vergleichen.
Dieser Zentraltext wurde vom Judentum bewahrt, auch als im Jahr 70 nach Christus die Römer den Tempel zerstörten. Bis heute gibt es keinen jüdischen Tempel mehr, aber dieser Text wurde gerettet. Das ist der masoretische Text, auf den sich Bibelübersetzungen seit Jahrhunderten stützen.
Überlieferung des Neuen Testaments und Textkritik
Das Neue Testament wurde zwischen etwa 30 und 98 nach Christus verfasst. Heute verfügen wir über ungefähr 5.800 griechische Manuskripte aus allen Jahrhunderten.
Ein Beispiel hierfür ist der Papyrus P46, der 80 der Paulusbriefe umfasst. Die meisten Experten datieren ihn auf das zweite Jahrhundert nach Christus. Andere Wissenschaftler, wie zum Beispiel Karl Jarosch aus Wien und der koreanische Spezialist für Papyrushandschriften Kim, gehen sogar von einem Datum im ersten Jahrhundert nach Christus aus.
Die Manuskripte stammen aus allen Jahrhunderten, darunter das dritte, vierte, fünfte und sechste Jahrhundert, bis hin zur Zeit der Erfindung der Buchdruckkunst. Seitdem werden griechische Texte gedruckt.
Geografisch kommen die Handschriften aus sehr unterschiedlichen Regionen: Ägypten, dem heutigen Ägypten, der heutigen Türkei, Griechenland und Italien. Dabei ist es tatsächlich so, dass Abschreiber Fehler gemacht haben, genau wie wir es tun würden, wenn wir abschreiben.
Doch durch die große Anzahl der Handschriften lässt sich vergleichen, wo Abschreibfehler aufgetreten sind. Nimmt man beispielsweise hundert Handschriften des Johannesevangeliums, und in einem Vers hat eine Handschrift ein zusätzliches Wort, während 99 andere Handschriften einstimmig sind, kann man den Fehler erkennen.
Die Mehrheit dieser 5.800 Handschriften zeigt eine verblüffende Einheit, obwohl sie geografisch weit verteilt sind und nicht nur aus einer Region stammen. Dies bezeichnet man als den sogenannten Majority Text, den Mehrheitstext.
Daraus ergibt sich, dass wir heute tatsächlich dasselbe Neue Testament besitzen, wie es ursprünglich aufgeschrieben wurde – ebenso wie dasselbe Alte Testament.
Ich erinnere mich, dass wir auf dem Gymnasium Cicero-Briefe auf Latein gelesen haben. Niemand zweifelte daran, dass wir tatsächlich Cicero lesen. Bei den lateinischen und griechischen Klassikern ist es üblich, dass zwischen der ältesten Handschrift und dem Original etwa 1.200 Jahre liegen.
Beim Neuen Testament jedoch sind wir viel näher an den Originalen. Außerdem ist es bei den klassischen Werken oft schon gut, wenn man ein Dutzend Handschriften besitzt. Beim Neuen Testament hingegen gibt es 5.800 Handschriften in unterschiedlicher Größe – manche sind nur kurze Texte oder Bruchstücke, andere umfassen das gesamte Neue Testament.
Für Christen und Juden ist dies eine Bestätigung dessen, was in Jesaja 40,8 steht, und was auch in der vollständigen Jesajarolle aus Qumran zu finden ist: „Das Gras ist verdorrt, die Blume abgefallen, aber das Wort unseres Gottes bleibt in Ewigkeit.“
Darauf stützt sich der christliche Glaube. Deshalb gibt es die Diskussion, dass Kritiker behaupten, die Bibel sei verändert worden. Heute können wir jedoch anhand der Handschriften sachlich zeigen, dass dies nicht der Fall ist.
Chronologische Präzision der Bibel
Ja, wir kommen zu Präzision drei, ihrer Chronologie. Es fällt auf, wenn man die ganze Bibel durchliest, dass es ein chronologisches System mit Jahrzahlangaben gibt. Und wenn man noch genauer liest und forscht, stellt man fest, dass es sogar eine zusammenhängende Chronologie gibt. Diese zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Alte Testament und bildet eine Brücke hinüber ins Neue Testament.
Aber es gab riesige Probleme mit diesen Zahlen. Gerade im Zusammenhang mit der Zeit der Könige in Israel, nach König David und Salomo, spaltete sich Israel in zwei Nationen: das Nordreich Israel mit zehn Stämmen und das Südreich Juda mit zwei Stämmen. Die Bibel berichtet in den Büchern Könige und Chronika ganz ausführlich über diese Dynastien, und zwar Generation für Generation. Dabei werden jeweils feinsäuberlich die Regierungsjahre angegeben.
Wenn man jedoch diese Regierungszahlen zusammenrechnet und Juda mit Israel vergleicht, gab es in der Vergangenheit ein großes Problem: Es passte nicht zusammen. Es gibt immer wieder Angaben, sogenannte Synchronismen, die eine Verbindung herstellen sollen, indem gesagt wird, dass ein bestimmtes Jahr in Israel dem gleichen Jahr in Juda entspricht. Zum Beispiel heißt es in 1. Könige 22,52: Das achtzehnte Jahr Josaphats war das zweite Jahr Ahasjas. Diese beiden Jahre sollten also identisch sein.
Nach Salomo kam sein Sohn Rehabeam. Die Bibel sagt, er habe 17 Jahre regiert, Abija drei, Asa 41, Joschafat 25. Doch das achtzehnte Jahr Joschafats sollte dem zweiten Jahr Ahasjas entsprechen. In Israel folgten nach Salomo Jerobeam mit 22 Jahren, Nadab mit 2, Baesa mit 24, Ela mit 2, Omri mit 12, Ahab mit 22 und Ahasja mit 2 Jahren. Die Summe hier beträgt 86 Jahre, während die Summe in Juda 79 Jahre ergibt. Diese Zahlen sollten aber gleich sein. Das führt zu Problemen.
Und wenn man weitergeht, wird es bei den späteren Generationen nicht besser. Es geht einfach nicht auf. Dieses Problem ist seit mindestens 2300 Jahren bekannt, denn die Septuaginta, die älteste griechische Übersetzung des Alten Testaments aus dem dritten Jahrhundert vor Christus, die in Alexandria, Ägypten, entstand, hat diese Zahlen geändert. Die Übersetzer wollten Anpassungen vornehmen.
Ich muss erklären: Im Judentum ist man bei Übersetzungen sehr frei, aber beim Grundtext auf Hebräisch absolut nicht. Die Rabbiner überlieferten den Abschreibern, dass sie keinen Buchstaben der Tora ändern dürften. Wer das tut, sei ein Zerstörer der Welt. Deshalb wurde der hebräische Text stur abgeschrieben. Bei Übersetzungen war man frei, doch die Korrekturen in der Septuaginta, die man in Anführungs- und Schlussstrichen kennzeichnete, verschärften das Problem noch.
Im 20. Jahrhundert konnte das Problem schließlich gelöst werden. Aus der Archäologie wissen wir, dass im Nahen Osten unterschiedlich gezählt wurde. Es gab Völker, die mit einem Thronbesteigungsjahr rechneten, andere nicht. Ich erkläre, was ich mit Thronbesteigungsjahr (tbj) meine, anhand eines fiktiven Beispiels aus der Neuzeit:
Nehmen wir an, ein König regierte bis Februar 2000. Ende Februar kam sein Sohn auf den Thron. Der Vater verstarb im fünfzigsten Jahr seiner Regierung, und in diesem Jahr bestieg der Sohn den Thron. Nun muss man aufpassen, wenn man später eine Chronologie mit weiteren Generationen erstellen will, dass man das fünfzigste Jahr des Vaters und das erste Jahr des Sohnes sauber trennt und nicht doppelt zählt, denn es ist nur ein Jahr.
Die Lösung mit dem tbj ist folgende: Das Jahr 2000 ist das fünfzigste Jahr des Vaters und gleichzeitig das Thronbesteigungsjahr des Sohnes. Das erste Jahr des Sohnes beginnt erst 2001, und so weiter.
Typischerweise rechnete man in Juda mit einem Thronbesteigungsjahr, in Israel jedoch nicht. Man sieht sofort, was dabei herauskommt: tbj I, II, III, IV in Juda entsprechen in Israel den Jahren eins, zwei, drei, vier, fünf. Das ist dasselbe, aber die Zahlen weichen leicht ab.
Übrigens stammen die Königsgräber Judas aus dem Osten Jerusalems in der Davidstadt. Die Bibel erwähnt immer wieder, wie der jeweilige König in der Stadt Davids begraben wurde.
Wenden wir das an: Bei Juda können wir die Zahlen einfach so zusammenzählen, wie sie sind. Bei Israel müssen wir jedoch bei Jerobeam 22 Jahre nur 21 zählen, bei Nadab 2 nur 1, bei Baesa 24 nur 23 und so weiter. Dann ergibt sich ein Total von 79 Jahren.
Wenn man so weitergeht, passt es überall. Es gibt kein einziges Problem mit den Zahlen.
Doch das hat eine Rückschlagwirkung: Obwohl man im Judentum seit mindestens 2300 Jahren wusste, dass hier ein Problem besteht, wagten die Abschreiber nicht, die Zahlen zu korrigieren. Stattdessen schrieben sie die Zahlen stur ab, auch wenn sie beim Zusammenzählen keinen Sinn ergaben.
Das zeigt nochmals, wie exakt der Text bis zurück in die Antike abgeschrieben wurde.
Archäologie und Bibel: Jericho und der Exodus
Aber es gibt natürlich noch andere Probleme im Zusammenhang mit Archäologie und Bibel. Sehr bekannt ist hier Israel Finkelstein. Dieser Mann ist ein sehr bekannter Archäologe und wird auch gerne in den Medien als Kronzeuge gegen die Bibel zitiert.
Man könnte auch ganz andere Archäologen aus Israel anführen, die eine andere Haltung haben als Israel Finkelstein, zum Beispiel Gorehn oder viele andere Archäologen. Diese werden jedoch kaum zitiert, während Finkelstein oft genannt wird. Er sagt und schreibt auch in seinen Büchern, dass Israel in Ägypten als Sklavenvolk, wie es die Bibel beschreibt, der Auszug, der Exodus unter Mose und die Landnahme unter Joshua, alles Legenden seien.
Er behauptet, es gebe keine archäologischen Spuren dafür. Außerdem sei Jericho um 1230 vor Christus gar keine Stadt gewesen und habe keine Mauer gehabt. Also sei die ganze Geschichte mit der Mauer von Jericho, die nach außen heruntergefallen sei (Josua 6), ein Märchen. Es mache auch keinen Sinn, wenn man singt: "Joshua fiel der Battle of Jericho, and the wall came tumbling down", denn es habe nie eine Mauer gegeben, die heruntergefallen ist. Die Bibel sei einfach Legende, Mythos, Märchen.
Wir gehen das kritisch an, wie wir es gewohnt sind, und stellen die Frage: Wie kommt Finkelstein überhaupt auf die Idee, zu sagen, der Auszug sei um 1230 vor Christus gewesen?
Die Antwort: Finkelstein würde sagen, in 2. Mose 1 steht, dass die Israeliten als Sklaven in Ägypten Pithom und Ramses stattgebaut hätten, also Ramses-Stadt. Daraus wird die Behauptung abgeleitet, der Auszug sei unter Pharao Ramses gewesen. Übrigens gab es elf Ramses, aber er meint mit Recht Ramses II, den großen Bauherrn. Ramses II regierte in der ägyptischen Chronologie von 1290 bis 1230 vor Christus, also ungefähr um 1230 vor Christus, was als Zeitpunkt für den Exodus angenommen wird.
Wichtig ist jedoch: Die Bibel nennt nirgends den Namen des Pharaos. Sie spricht immer nur vom „Pharao“, ohne Eigennamen, was in der ägyptischen Frühzeit üblich war. Der Zusatz mit Eigennamen kommt erst in späterer Zeit, und so ist es auch in der Bibel. Ab der Zeit, in der es in Ägypten üblich war, werden Pharaonen mit Namen genannt, wie Pharao Sheshong (Schischak) oder Pharao Necho. Aber für die Zeit des Auszugs gibt es keinen Namen.
Ganz wichtig: Die Bibel bezeichnet Ramses II nirgends als den Pharao der Sklaverei. Die Ableitung vom Städtenamen Ramses ist bereits ein Gedankensprung, der darauf hinweist, dass die Stadt in die Zeit von Ramses II gehört. Man kann den Städtenamen aber auch anders erklären. Vielleicht wurde später der bekanntere Name Ramses eingesetzt, als der Name der Stadt Avaris nicht mehr bekannt war und allgemein Ramses bekannt war.
Wenn man die Zahlen der Bibel zusammenrechnet, also die Chronologie, kommt man nicht auf 1230 vor Christus, sondern auf 1666 vor Christus. Nach 40 Jahren Wüstenwanderung wäre die Zeit für die Eroberung Jerichos 1506 vor Christus.
Nun zu Jericho. Das sind die Ausgrabungen des alttestamentlichen Jericho. Wenn ich Gruppen aus Europa nach Israel bringe und Führungen im Land mache, bringe ich sie natürlich gerne nach Jericho und zeige ihnen diese Mauer. Die Palästinenser haben vor kurzem eine Tafel angebracht mit der Aufschrift circa 1550 vor Christus. Das ist die letzte mächtige Mauer von Jericho, bevor Jericho für Jahrhunderte keine Stadt mehr war.
Das, was man hier sieht, ist nur der untere Teil aus Zyklopensteinen bis 4,5 Meter Höhe. Darüber befand sich eine Ziegelmauer aus Tonziegeln, die nach außen heruntergestürzt ist und eine Rampe bildete. Diese Rampe wurde ebenfalls gefunden. Es gibt Material für eine Mauer von 3,7 Metern Höhe zu den 4,5 Metern dazu, oben drauf, und zwei Meter Dicke.
Eigenartig ist, dass die Mauer nach außen heruntergefallen ist. Falls man eine Stadt erobern müsste, ist es sinnvoller, so zu arbeiten, dass die Mauer nach innen fällt, da es sonst sehr gefährlich für die eigenen Soldaten ist. Hier aber ist die Mauer nach außen heruntergefallen. Danach wurde die Stadt verbrannt, was durch Brandspuren belegt ist.
So ist es tatsächlich gewesen. In späterer Zeit war Jericho keine Stadt mehr und hatte keine Mauer mehr. Das sagt die Bibel auch: Jericho wurde erst in der Zeit der Könige unter Ahab durch Hiel wieder aufgebaut. Diese lange Lücke als Stadt stimmt archäologisch mit dem überein, was die Bibel sagt.
Wäre Jericho um 1230 vor Christus eine Stadt mit Mauer gewesen, dann würde die Bibel nicht stimmen. Aber genau in der Zeit, in der die Bibel den Fall der Mauer beschreibt, ist die Mauer gefallen. Es handelt sich um diese Zyklopenmauer, die mit riesigen, unterschiedlich großen Steinen gebaut wurde. Der untere Teil kann noch heute bestaunt werden.
Archäologische Details zum Tempelplatz
Ja, wir kommen bereits zu Präzision vier, Ihren Detailangaben.
Hier sehen Sie den Tempelplatz heute mit der El-Aksa-Moschee und dem Felsendom. Das war der ursprüngliche Tempelplatz des jüdischen Tempels – des Tempels Salomo, des ersten Tempels, und des zweiten Tempels, der im Jahr siebzig durch die Römer zerstört wurde. Beide standen hier.
Die Bibel macht klar, dass das Allerheiligste auf dem natürlichen Gipfel des Berges gebaut war. Hesekiel 43,12 bestätigt dies. Der Fels im Felsendom – die Muslime haben einen Dom rund um diesen Felsen herumgebaut – ist die natürliche Bergspitze. Das muss also der Ort des Allerheiligsten des jüdischen Tempels gewesen sein.
Wir gehen hinein. Hier sehen Sie diesen Felsen, der eine sehr bewegte Geschichte hinter sich hat. Denn die Kreuzfahrer im Mittelalter haben diesen Felsen massiv zerstört, weil sie einen Hochaltar darüber gebaut haben. Zum Beispiel die herausgeschlagenen Stufen hier und auch auf der Nordseite sind Zerstörungsspuren der Kreuzfahrer.
Hier wurden viele Steine herausgeschlagen. Diese Steine wurden in Europa für das gleiche Gewicht in Gold verkauft. So kann man aus Stein Gold machen – das ist kein Rezept, sondern nur eine Feststellung.
Lehn Rittmeier, ein Architekt und Archäologe, hat zwanzig Jahre am Tempelwerk gearbeitet. Er hat auch seine Dissertation über das gesamte Layout des ursprünglichen Tempels anhand der archäologischen Spuren verfasst. Er hat festgestellt, dass im Süden – Verzeihung, das Bild ist nicht so, wie wir es gewohnt sind: Oben ist Süden, unten Norden, rechts Westen, links Osten – ein Bereich existiert, in dem der Fels künstlich bearbeitet wurde, um Bausteine aufsetzen zu können.
Das kannte er von anderen Ausgrabungen. Es war üblich in der Antike, ein Haus möglichst nicht auf Sand, sondern auf Felsen zu bauen. Dort, wo man die Steine aufsetzte, musste man den Fels etwas bearbeiten. Hier stand also eine Mauer. Diese Region weist Spuren von drei Meter fünfzehn auf.
Interessant ist, dass wir aus Hesekiel 41,5 erfahren, dass die Mauerdicke des Allerheiligsten sechs Ellen betrug. Die Königselle, die alte hebräische Königselle, misst exakt 52,5 Zentimeter, die kurze Handbreite weniger 45 Zentimeter. Das ergibt drei Meter fünfzehn.
Es gibt jedoch keine weiteren Spuren, die auf eine Mauer auf dem Felsen hinweisen. Aber Sie sehen, dass der Fels im Westen eine sehr scharfe Kante hat. Dort verlief die Westmauer des Allerheiligsten. Auch im Norden ist eine Kante erkennbar.
Lehn Rittmeier misst von hier bis hier zehn Meter fünfzig. In 1. Könige 6,20 lesen Sie, dass das Allerheiligste des jüdischen Tempels in Jerusalem – das gilt für den ersten, zweiten Tempel und auch für den Hesekiel-Tempel – ein Quadrat von zwanzig mal zwanzig Ellen war. Das sind genau zehn Meter fünfzig.
Er konnte das Quadrat vervollständigen und einzeichnen, wo der Scheidevorhang verlief, der das Allerheiligste vom Heiligen abtrennte, gegen Osten. Das Tempelhaus war nach Osten ausgerichtet.
Nun sehen Sie noch Folgendes: Im Zentrum dieses Quadrates gibt es eine Vertiefung. Diese Vertiefung misst 131 mal 100 Zentimeter. Das ist interessant, denn die Bibel sagt, dass Salomo, als er den Tempel baute, das Allerheiligste herrichtete (1. Könige 6,19). Das Allerheiligste im Innersten des Tempelhauses richtete er so ein, um die Bundeslade des Herrn dort zu platzieren.
Die Bundeslade hatte nach 2. Mose 25,10 die Maße eineinhalb Ellen Breite und zweieinhalb Ellen Länge. Zweieinhalb Königsellen entsprechen 131 Zentimetern. Das entspricht genau der Länge dieser Vertiefung.
Nun eine kleine Enttäuschung: Die Breite der Vertiefung beträgt 100 Zentimeter, aber eineinhalb Ellen wären 79 Zentimeter. Das passt nicht ganz. Doch hier muss man weiterlesen in der Bibel.
- Mose 35,26 erklärt, dass neben der Bundeslade im Allerheiligsten das Original des fünften Buches Mose als Rolle hingelegt werden musste. Es brauchte also neben der Bundeslade noch Platz für die Rolle, die als Zentraltext im Tempel aufbewahrt wurde.
Hier sehen Sie die Bundeslade mit 131 Zentimetern Länge und 79 Zentimetern Breite. Das passt genau, um zentral im Allerheiligsten zu stehen.
Jetzt ist es so, dass dieser Fels im Felsendom nach Osten hin ein Gefälle hat – eine natürliche Rampe, die nach Osten hin abfällt. Das Felsniveau des Tempelbergs liegt dort 3,15 Meter tiefer.
Das stimmt genau mit den Angaben in Hesekiel 41,8 überein. Dort wird gesagt, dass es eine Fundamentauffüllung beim Tempel gibt, die eine Route beträgt. Die Route ist ein Maß, das sechs Königsellen entspricht, also drei Meter fünfzehn.
Auf das Felsfundament wurden große Bausteine gelegt, um das Niveau des Heiligen an das Niveau des Allerheiligsten in der Höhe anzupassen. Das entspricht genau diesen drei Meter fünfzehn.
Man könnte sagen, ob ein paar Zentimeter mehr oder weniger entscheidend sind. Doch wenn solche scheinbar nebensächlichen Details so präzise nachgewiesen werden können – und das in der heutigen Zeit – ist das doch schon sehr bemerkenswert.
Prophetische Genauigkeit der Bibel
Und wir kommen zu Punkt fünf, ihrer Prophetie.
Sie sehen hier auf dem Bild etwas von den Ausgrabungen in der Davidstadt in Ostjerusalem. Oberhalb dieser Mauer hatte König David seinen Palast, der erst vor ein paar Jahren ausgegraben worden ist. Die Mauer, die auf dem Bild etwas bräunlich erscheint – ich sehe sie hier im Original besser, etwas freundlicher als auf dem Foto – geht zurück auf Nehemia. Er hatte im Jahr 445 vor Christus die Mauern Jerusalems wieder aufgebaut, nach der babylonischen Gefangenschaft.
Dieses Jahr 445 vor Christus war sehr wichtig in der jüdischen Geschichte. Denn der Prophet Daniel, der einer der Weggeführten nach Babylon war, nachdem die Babylonier den Salomonischen Tempel und die Stadt Jerusalem zerstört hatten, erhielt dort eine Prophetie bezüglich des Wiederaufbaus Jerusalems. Von diesem Zeitpunkt an sollte man berechnen können, wann der Messias erscheinen würde.
In Daniel 9,25 heißt es: „So wisse denn und verstehe: Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen, bis auf den Messias, den Fürsten, sind sieben Jahrwochen und 62 Jahrwochen.“
Hier haben wir zwei Zeitpunkte: Der Moment, wenn ein Erlass ausgeht, Jerusalem zu bauen, und der Zeitpunkt, an dem der Messias, der hebräische Maschiach, kommen soll. Maschiach bezeichnet den verheißenden Erlöser im Alten Testament, der einmal für Israel und alle Völker kommen sollte.
Im Judentum wusste man also, dass man das Kommen des Messias berechnen kann. Zwischen diesen Ereignissen liegen sieben Jahrwochen und 62 Jahrwochen. Diese Zweiteilung hat eine besondere Bedeutung: Die ersten sieben Jahrwochen sollten die Zeit sein, in der Jerusalem wieder aufgebaut und vollendet wird. Die Zahl sieben steht symbolisch für Vollkommenheit, aber hier ist sie auch wörtlich zu verstehen: In sieben Jahrwochen sollte die Stadt aufgebaut werden.
Nun muss ich erklären, was eine Jahrwoche ist. Das hebräische Wort „Shavua“ meint einfach eine Siebeneinheit, was mit „Sheva“ für sieben zusammenhängt. Normalerweise bezeichnet „Shavua“ eine Woche von sieben Tagen, also vom ersten Tag bis zum Schabbat. Das Wort kann aber auch für eine Periode von sieben Jahren verwendet werden, dann spricht man von einer Jahrwoche.
Das können Sie in jeder Rabbinerbibel nachschauen, zum Beispiel in der Mikra’ot Gedolot, die in vielen Bänden erscheint. Dort finden Sie in Daniel 9 zuerst den hebräischen Text in großen Buchstaben, daneben die aramäische Übersetzung und darunter die wichtigen rabbinischen Kommentare aus dem Mittelalter von Raschi, Abrabanel und anderen. Raschi, der große Ausleger im Judentum, schreibt, dass „Shavua“ eine Woche von Jahren ist, also sieben Jahre.
Noch ein Detail: Die Bibel macht klar, dass die prophetischen Jahre der Bibel 360 Tage dauern. Das ist übrigens ein Mittelwert zwischen dem Mondjahr mit circa 354 Tagen und dem Sonnenjahr mit ungefähr 365 Tagen. Der biblisch-jüdische Kalender ist eine Mischung aus Mond- und Sonnenjahr. Die Monate werden nach dem Mond berechnet, ab dem Neumond, also jeweils wenn die erste Mondsichel erscheint.
Die Feste im Judentum wie Pessach, Schawuot und Sukkot sind landwirtschaftliche Feste. Pessach, also Passah, fällt immer in die Zeit der Gerstenernte, Schawuot, das Pfingstfest, in die Zeit der Weizenernte, und Sukkot immer nach der Oliven- und Weinernte. Würde man nur das Mondjahr verwenden, würden die Monate im Laufe der Jahre durchs Jahr wandern, wie es im Islam üblich ist. Der Ramadan kann dann mal im Winter liegen, was das Fasten angenehmer macht, oder nach einigen Jahren im Juli. Im Judentum ist das aber auskorrigiert worden.
Darum sind die prophetischen Jahre 360 Tage lang. Jetzt können Sie ausrechnen: 62 plus sieben Jahrwochen, also 69 Jahrwochen zusammen in Tagen, sind 69 mal sieben mal 360 Tage, was 173.880 Tage ergibt.
Tatsächlich wurde der Erlass zum Wiederaufbau Jerusalems von König Artaxerxes von Persien gegeben. Das wird in Nehemia 2 beschrieben, im zwanzigsten Jahr seiner Regierung, also 445 vor Christus. Die Bibel sagt, es war im Monat Nisan, was bei uns auf März/April fällt.
Wenn Jesus Christus wirklich der Messias ist, wann trat er als Fürst auf? Wir haben gelesen, dass es 67 Jahrwochen bis zum Messias, dem Fürsten, sind. Das war nicht bei seiner Geburt in Bethlehem, denn einen Fürsten legt man nicht in eine Krippe. Aber an Palmsonntag ritt er als König, gefeiert von der Volksmenge, vom Ölberg nach Jerusalem. Das war im Monat Nisan, im Jahr 32 nach Christus.
Diese 173.880 Tage passen genau zwischen März/April 445 vor Christus bis März/April 32 nach Christus. Wir haben hier das Thema Präzision.
Die Prophetie geht aber weiter: Der Messias wird ausgerottet werden und nichts haben nach seinem Kommen als Fürst. Es wird nicht gesagt, wie viel später, nur, dass es danach geschehen sollte. Rückblickend können wir sagen: Fünf Tage nach Palmsonntag fand die Kreuzigung statt, am Karfreitag auf dem Golgatha-Felsen außerhalb des Gouverneurspalastes von Jerusalem.
Die Prophetie gibt noch weitere Details. Wenn man ein falscher Prophet ist, muss man aufpassen, nicht zu viele Details zu geben. Das kennen wir von den alten Griechen, zum Beispiel vom Orakel von Delphi. Ein König fragte das Orakel: „Soll ich in den Krieg ziehen?“ Das Orakel antwortete: „Du wirst ein Königreich zerstören.“ Er zog in den Krieg und verlor schmählich. Zurück in Delphi beschwerte er sich: „Was ist das? Ihr habt gesagt, ich werde ein Königreich zerstören, aber ich habe verloren.“ Die Antwort lautete: „Wir haben dir nicht gesagt, welches Königreich.“ Es war also zweideutig und schwammig, mit so wenig Details wie möglich.
Hier aber gehen die Details weiter: Das Volk des kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören. Auch hier wird nicht gesagt, wie viel später, aber infolge des Todes des Messias würden Jerusalem und der jüdische Tempel untergehen. Tatsächlich zerstörten die Römer im Jahr 70 nach Christus Jerusalem und den Tempel.
Hier sehen Sie originale Zerstörungsspuren, die in den vergangenen Jahren ausgegraben worden sind. Das sind Steine, die die Römer einzeln abgebrochen und vom Tempelplatz auf die Straße geworfen haben.
Hier ist der Titusbogen in Rom. Im inneren Bereich sehen Sie die Darstellung von jüdischen Kriegsgefangenen und Tempelschätzen wie der Menora, dem goldenen Leuchter, und silbernen Posaunen, die aus dem Tempel geraubt und durch Rom getragen wurden.
Alles ist historisch belegt, die Erfüllung der Prophetie, und das so genau vorausgesagt.
Verbindung von Bibel und moderner Wissenschaft
Fünf Ebenen, um etwas zur Präzision der Bibel zu sagen. Und jetzt sind Sie dran mit Fragen und Kritik.
Sie sehen den Zusammenhang nicht zwischen – ich wiederhole die Frage für den Livestream – den hydrothermalen Quellen der Tiefsee und dem, was in einem Text, der sehr bildlich wirkt, mit den Quellen des Meeres ausgedrückt wird.
Wenn Sie den ganzen Kontext lesen, zum Beispiel Hiob 38, da finden Sie eine Serie von über 70 Fragen, die der Schöpfer Hiob stellt. Zum Beispiel: „Wo warst du, als ich die Erde gründete?“ Dann wird die Biologie sehr ausführlich beschrieben. Es geht um Geier und ihre Lebensweise, um Raben und verschiedene Wüstentiere, die alle beschrieben werden.
Natürlich ist es ein poetischer Text. Aber Sie erkennen, dass es akkurat genau so beschrieben wird, und zwar sehr typisch, wie diese Tiere sind. Das stimmt auch mit moderner Biologie überein. Zum Beispiel wird beschrieben, wie der Strauß mit seinen Jungen umgeht, wie das mit den Eiern funktioniert – sehr, sehr speziell.
Es ist zwar poetische Sprache, aber sie trifft auf die sichtbaren Phänomene zu.
Jetzt sagt Gott einfach eine einfache Frage: „Bist du gekommen zu den Quellen des Meeres?“ Und als Befragter ist man überrascht: Quellen des Meeres? Ja, wo? „Unten im Meer hast du die Gründe der Ozeantiefe durchwandert.“
Was man aus dem Bibeltext ableiten kann, ist, dass es Quellen unten auf dem Ozeanboden geben muss. Das hat man erst im zwanzigsten Jahrhundert wissenschaftlich nachweisen können. Und es sind wirklich Quellen, die da unten auf dem Meeresboden enorme Mengen in die Ozeane bringen.
So ist es auch mit anderen Details. Zum Beispiel wird in demselben Kapitel gefragt: „Kannst du das Gebinde des Orion auflösen?“ Sie kennen den Orion, diese vier typischen Trapezsterne und dann die Gürtelsterne, die drei – das ist das Gebinde des Orion. Kannst du die lösen?
Dann wird andererseits gefragt: „Oder kannst du die Plejaden zusammenbinden?“ Die Plejaden sind ein anderes Sternbild, ein bisschen verschoben vom Orion, ein typisches Wintersternbild.
Die Altersangaben in der Bibel und moderne Erkenntnisse
Das sind die hohen Alterszahlen vor der Sintflut, die für viele ein Stolperstein sind – und übrigens auch danach. Nach der Sintflut sinken die Lebensalter jedoch, und zwar schließlich bis auf 120 Jahre und darunter.
Das Interessante ist, dass sich die Zahlen nach der Sintflut, in den zehn Generationen von Sam, Noahs Sohn, bis zu Abraham, als eine negative exponentielle Funktion darstellen lassen – mit den üblichen kleinen Abweichungen. Das ist erstaunlich, denn exponentielle Funktionen waren in der Mathematik des Altertums unbekannt. Sie sind eine relativ junge Erscheinung, wenn man größere Zeiträume betrachtet. Trotzdem ist es so, und es gibt viele biologische Abläufe, die sich sehr gut mit Exponentialfunktionen beschreiben lassen.
Man kann daher argumentieren, dass ein biologischer Prozess zur Reduktion des Alters geführt hat. Übrigens berichten auch die Sumerer in ihren Überlieferungen von unglaublich hohem Alter der vorsintflutlichen Menschen.
Nun kommt noch etwas dazu: Alter scheint ein Problem zu sein. Wie kann jemand mehrere hundert Jahre alt werden? Heute wissen wir, dass kaum jemand die Grenze von 120 Jahren überschreitet – sehr selten gelingt das. Irgendwie ist dort eine Grenze festgelegt. Die Frage ist, woran das liegt.
Mammutbäume schaffen es ohne Probleme, 2000 Jahre alt zu werden, je nach Art sogar bis zu 4000 Jahre. Woher kommt das? Schildkröten erreichen ein bestimmtes Alter, Elefanten ebenfalls, Papageien und natürlich Mäuse werden nur kurz alt, ebenso Hamster. Warum werden sie nur so jung?
Ein Zusammenhang wurde mit der DNA entdeckt. Am Ende der DNA gibt es ein ganz langweiliges Stück, das immer die gleiche Abfolge von Nukleotiden aufweist. Früher dachte man, das sei ein nutzloser Überrest der Evolution. Heute weiß man es besser, nachdem festgestellt wurde, dass es Menschen gibt – Kinder mit einer bestimmten Krankheit –, die sehr schnell altern. Mit sechs oder sieben Jahren sehen sie aus, als wären sie achtzig Jahre alt: verwelkt, mit Glatze, ähnlich wie ich, aber noch schlimmer.
Man fragte sich, woran das liegt. Bei diesen Kindern ist am Ende der DNA ein ganz kurzes Stück eigenartig verändert. Es ist so, dass bei jeder Zellteilung im Körper dieses Stück etwas weniger kopiert wird. Die DNA wird bei der Zellteilung nie zu hundert Prozent vollständig kopiert. Sobald dieses Stück abgelaufen ist, sendet die Zelle an der Übergangsstelle das Signal „nicht mehr teilen“ – und dann stirbt die Zelle.
Dieses Wissen wird in der Krebstherapie genutzt, besonders in der Strahlentherapie. Dort wird gezielt auf die bösartigen Zellen geschossen, die aufgrund der Krankheit den Befehl haben, sich ständig zu teilen. Man versucht, diese Zellen so zu treffen, dass ein Bruch entsteht, der das Signal „nicht mehr teilen“ auslöst. Natürlich trifft die Strahlentherapie auch gesunde Zellen, was ein Problem darstellt. Aber genau das hängt mit diesem Mechanismus zusammen.
Stellen Sie sich nun vor, es wäre möglich, ein Supervitamin zu entwickeln, das bewirkt, dass dieses Schlussstück der DNA beim Teilen nicht mehr verkürzt wird, sondern vollständig kopiert wird. Dann könnte man theoretisch Jahrhunderte leben – um nicht zu sagen ewig.
Damit rückt die Frage nach dem Alter in ein ganz neues Licht. Es gibt tatsächlich Überlegungen zu biologischen Prozessen, die so hohe Lebensalter ermöglichen könnten.
Radiometrische Datierung und ihre Probleme
Zwischen der Bibel und der beobachtbaren Wissenschaft, also der Naturwissenschaft im engen Sinne des Wortes, gibt es keine grundsätzlichen Probleme.
Wenn es jedoch um die Datierung der Erde geht – etwa 4,7 Milliarden Jahre – und um das Alter des Weltalls von ungefähr 13,7 Milliarden Jahren, dann stört sich niemand daran, wenn es um einige Wochen Differenz geht. Aber ich meine, dass diese Zahlen absolut inkompatibel mit der Bibel sind.
Die Frage an dieser Stelle lautet: Wie zuverlässig sind diese Datierungsmethoden? Das Problem ist, dass wir nicht in die Vergangenheit zurückreisen können. Zeitmaschinen gibt es nicht, um zu überprüfen, ob es vor 4,7 Milliarden Jahren tatsächlich so war, dass die Erde entstanden ist.
Was wir jedoch tun können, ist, die gleichen radiometrischen Datierungsmethoden auf heute gebildete Gesteine anzuwenden. Kurz zur Definition: Niemand glaubt, man könne flüssiges Gestein, also Magma, datieren. Die Definition lautet, dass man mit diesen Altersmethoden das Gestein ab dem Moment datiert, an dem es erstarrt ist – also das Urgestein ab der Erstarrung. Und daraus ergeben sich dann diese 4,7 Milliarden Jahre.
Man hat tatsächlich Gesteine genommen, zum Beispiel vom Mount Ngaruhoe in Neuseeland und anderen Orten, von Vulkanen, die im Jahr 1954 oder 1800/1801 entstanden sind. Diese Proben wurden renommierten Laboren zur Datierung gegeben, ohne dass die Labore wussten, wann das Gestein entstanden ist.
Das Ergebnis war, dass in Ngaruhoe Datierungen von Millionen bis zu 2,7 Milliarden Jahren herauskamen – obwohl das Gestein von 1954 stammt. Hier sieht man, warum ich an der Methode Zweifel habe: Warum funktioniert sie hier nicht?
Ich habe einmal mit einem Evolutionisten in Frankreich über dieses Problem diskutiert. Er sagte mir, dass man diese Methode natürlich nur auf altem Gestein anwenden darf, nicht auf neuem. Daraufhin fragte ich ihn: Wie wissen Sie, dass das Gestein alt ist? Da fühlte er sich ertappt, und die Diskussion endete.
Das ist wirklich ein Problem. Wir wissen aber auch, wo die Schwierigkeiten liegen. Die Messungen selbst sind heute extrem genau, physikalisch ist alles sauber. Das Problem liegt in der Mathematik.
Es handelt sich um ein Gleichungssystem mit mehr Gleichungen als Unbekannten. Das ist Gymnasialstoff: Solche Gleichungen kann man nicht einfach lösen. Man kann sie nur lösen, indem man für gewisse Unbekannte angenommene Werte einsetzt – und genau das geschieht. So kommt man auf die 4,7 Milliarden Jahre.
Es werden also Axiome eingesetzt, und dort liegt das Problem. Zum Beispiel wird angenommen, dass Gesteine wie geschlossene Systeme behandelt werden können, also dass kein Austausch mit der Außenwelt stattfindet und nichts hinzukommt. Natürlich weiß jeder, dass Gesteine offene Systeme sind, aber man hofft, dass unter bestimmten Umständen nicht viel passiert ist.
Das ist übrigens auch der Grund, warum Datierungsergebnisse, die nicht mit der bereits bestehenden Zeittafel der Evolution übereinstimmen, als fehlerhaft aussortiert werden. Man weiß, dass Gesteine offene Systeme sind, und nur die Ergebnisse, die passen, werden in der Literatur veröffentlicht.
Das wäre übrigens ein interessanter Ansatz für eine Doktorarbeit: systematisch Datierungszahlen zu erfassen und auszuwerten, die in Schubladen gelandet sind und nie veröffentlicht wurden. Das wäre eine sehr nützliche Untersuchung. Nicht alle Doktorarbeiten sind nützlich, aber diese wäre es bestimmt.
Noch eine andere Frage: