Zwei Brüder waren Geschäftsleute und in der ganzen Stadt bekannt für die krummen Dinger, die sie gedreht hatten. Trotzdem wurden sie immer reicher, bis einer der beiden starb.
Der überlebende Bruder machte sich auf die Suche nach einem Geistlichen, der der Beisetzung einen feierlichen und ehrenvollen Anstrich verleihen sollte. Schließlich machte er einem Pfarrer ein lukratives Angebot: Er sagte, er zahle ihm zehntausend Euro, wenn er bei der Beisetzung behaupten würde, sein Bruder sei ein Heiliger gewesen. Allein für diese Aussage sollte der Pfarrer den Scheck bekommen.
Der Pfarrer war ein cleverer Pragmatiker und willigte ein. Er dachte, man könnte mit dem Geld das Dach der Kirche erneuern oder Ähnliches.
Als der Tag des Begräbnisses gekommen war, füllte sich die Trauerhalle. Viele Leute kamen, darunter auch viele, die im Laufe der Zeit von den beiden Brüdern über den Tisch gezogen worden waren. Sie kannten die Abmachung nicht und hofften, dass bei dieser Traueransprache wenigstens ein bisschen Gerechtigkeit zutage kommen würde. Sie erwarteten, dass in der Öffentlichkeit der wahre Charakter des Verstorbenen beschrieben würde.
Schließlich begann die Trauerrede:
„Der Mann hier in diesem Sarg war ein Verbrecher. Er war ein Lügner, ein Dieb, ein gemeiner Betrüger. Er hat Vermögen zerstört, berufliche Laufbahnen ruiniert und das Leben vieler Menschen in unserer Stadt zerstört – von denen einige heute hier versammelt sind. Der Mann hat alles Schmutzige, Niederträchtige und Gewissenlose getan, was man sich nur vorstellen kann. Aber im Vergleich zu seinem Bruder hier war er ein Heiliger.“
Die Bibel berichtet von einem Brüderpaar, von denen keiner besser war als der andere: Jakob und Esau, die Söhne von Isaak. Esau hatte sein Erbe geringschätzig verkauft. Doch im Vergleich zu Jakob könnte man sagen, war er ein Heiliger.
Betrüger stand sowohl über Jakobs Leben als auch in seinem Personalausweis, denn sein Name bedeutet auf Deutsch „der Hinterlistige“ oder „der, der krumme Dinger macht“. Der Erfolg schien ihm Recht zu geben. Auf seinem Weg hatte er in seiner jungen Zeit ohne Gott durchaus Erfolg.
Jakob ist kein schmutziger Verbrecher in Streifenklamotten, sondern ein feiner Geschäftsmann im Nadelstreifenanzug. Er hat seine Aktienpakete schon längst weitergegeben, während andere den Bankrott ausbaden müssen.
In frommen Kreisen ist Jakob bekannt als einer der Erzväter – wir reden von Abraham, Isaak und Jakob. Doch in seiner Jugend war er ein Erzschurke, ein Erbschleicher, ein gerissener und skrupelloser Typ von der übelsten Sorte. Er macht sich sogar Esau, seinen Bruder, zum Feind. Esaus Hass auf Jakob gipfelt darin, dass er beschließt, ihn nach dem Tod des Vaters umzubringen.
Kann so jemand – ein Jakob, wie er uns beschrieben wird – einen Segen von Gott erwarten? Darum soll es heute Vormittag gehen.
Rebecca, die Mutter, die ihre Ohren überall hat, bekommt von Esaus stürmischen Rachegedanken Wind. Dann warnt sie Jakob: „Esau will dir an den Kragen. Ich rate dir, mach dich auf und verzieh dich nach Haran. Dort habe ich einen Bruder, und du kannst vielleicht eine Zeit lang bei ihm unterkommen. Wenn Esau sich dann ausgetobt hat, kannst du wieder heim zu Muttern kommen.“ So lesen wir das am Ende von 1. Mose Kapitel 27.
Ihrem Mann erklärt sie zum Schluss des Kapitels fromm, dass sie es nicht ertragen könnte, wenn Jakob eine Heidin zur Frau nähme. Die Schlussfolgerung überlässt sie dann ihrem Gatten.
Jetzt lesen wir aus 1. Mose Kapitel 28 die ersten Verse: Da ruft Isaak den Jakob und segnet ihn. Er befiehlt ihm und sagt zu ihm: „Nimm nicht eine Frau von den Töchtern Kanaans. Mach dich auf, geh nach Padern-Aram zum Haus Betuels, des Vaters deiner Mutter, und nimm dir dort eine Frau von den Töchtern Labans, des Bruders deiner Mutter. Gott, der Allmächtige, segne dich, mache dich fruchtbar und vermehre dich, sodass du zu einer Schar von Völkern wirst. Er gebe dir den Segen Abrahams, dir und deiner Nachkommenschaft mit dir, damit du das Land deiner Fremdlingschaft, das Gott dem Abraham gegeben hat, in Besitz nimmst.“
So entließ Isaak den Jakob, und er ging nach Padan-Aram zu Laban, dem Sohn des Aramäers Betuel, dem Bruder Rebekkas, der Mutter Jakobs und Esaus. Da rief Isaak den Jakob und segnete ihn.
Das war noch eine Zeit, in der ältere Menschen nicht einfach ins Altenheim abgeschoben wurden, wo sie einsam dahinsterben. Es war eine Zeit, in der die Familie zusammengehörte. Auch eine Zeit, in der Väter ihre Söhne noch segneten. Von Vätern, die ihre Söhne verfluchen und rausschmeißen, kennen wir manche Geschichte. Aber dass Väter ihre Söhne segnen, hört man heute leider eher selten.
Isaak selbst wurde gesegnet und ist zum Segen für die Völker geworden – wegen Abraham. Abraham war nicht nur sein Vater, sondern auch der Vater des Glaubens. Er ist das große Vorbild im ersten Buch Mose, das Spuren des Glaubens hinterlassen hat, wie der Apostel Paulus später sagt.
Lesen wir Kapitel 26: „Ich werde mit dir sein, dich segnen und deine Nachkommenschaft zahlreich machen wie die Sterne des Himmels.“ Dies gilt für Isaak, weil Abraham meiner Stimme gehorcht und meine Vorschriften gehalten hat. Abraham, dieser Vater des Glaubens, ist ein Vorbild für uns. Isaak hat gezeigt, dass ein anderer für ihn starb – nämlich ein Widder, der an seiner Stelle auf dem Altar geschlachtet wurde.
Schließlich Jakob, der von einem weitreichenden Segen berichten kann. Drei Aspekte unseres Lebens als Christen werden hier deutlich: der Glaube, die Stellvertretung in Jesus und der Segen, den Gott uns schenkt.
Jetzt möchte ich ab Vers 10 weiterlesen, worum es mir heute Morgen eigentlich geht.
Es steht also: Und Jakob zog aus von Beerscheba und ging nach Haran. Er gelangte an eine Stätte und übernachtete dort, denn die Sonne war schon untergegangen. Er nahm einen von den Steinen der Stätte, legte ihn an sein Kopfende und legte sich nieder an jener Stätte.
Und er träumte. Siehe, eine Leiter war auf die Erde gestellt, und ihre Spitze berührte den Himmel. Engel Gottes stiegen darauf auf und nieder. Und siehe, der Herr stand über ihr und sprach: Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abrahams und der Gott Isaaks. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deiner Nachkommenschaft geben.
Deine Nachkommenschaft soll wie der Staub der Erde werden. Du wirst dich ausbreiten nach Westen und nach Osten, nach Norden und nach Süden hin. In dir und in deiner Nachkommenschaft sollen alle Geschlechter der Erde gesegnet werden.
Siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, überall wohin du gehst. Ich werde dich in dieses Land zurückbringen, denn ich werde dich nicht verlassen, bis ich getan habe, was ich dir verheißen habe.
Da erwachte Jakob aus seinem Schlaf und sagte: Fürwahr, der Herr ist an dieser Stätte, und ich habe ihn nicht erkannt. Er fürchtete sich und sagte: Wie furchtbar ist diese Stätte! Dies ist nichts anderes als das Haus Gottes und die Pforte des Himmels.
Jakob stand früh am Morgen auf, nahm den Stein, den er an sein Kopfende gelegt hatte, und stellte ihn als Gedenkstein auf. Er goss Öl auf seine Spitze und gab dieser Stätte den Namen Betel. Im Anfang jedoch war der Name der Stadt Luz.
Jakob legte ein Gelübde ab und sagte: Wenn Gott mit mir ist und mich behütet auf diesem Weg, den ich gehe, und mir Brot zu essen und Kleidung zu tragen gibt, und ich in Frieden zurückkehre zum Haus meines Vaters, dann soll der Herr mein Gott sein.
Dieser Stein, den ich als Gedenkstein aufgestellt habe, soll ein Haus Gottes werden. Alles, was du mir geben willst, werde ich dir treu verzehnten.
Jakob ist auf der Flucht vor dem Fluch, der sich aus dem erschlichenen Segen zu entwickeln scheint. Er flieht vor Esau wie eine Sau vor dem Metzger und rennt um sein Leben. So wird der Gauner zum Zigeuner, der sich irgendwo in der Welt herumtreibt – heimatlos, arbeitslos und gottlos noch dazu.
Plötzlich läuft dieser gottlose Kerl Gott direkt in die Arme. Zum ersten Mal in seinem Leben begegnet er dem lebendigen Gott, den er bis dahin nur vom Hörensagen kennt. Jakob stammt zwar aus einem mehr als frommen Elternhaus – immerhin sind Abraham und Isaak seine Vorfahren – doch plötzlich begegnet er dem Gott seiner Väter selbst. Das war bisher nicht geschehen.
In 1. Mose 27,10 schiebt er Gott noch seinen blinden Vater zu: „Dein Gott hat mir das Wild vor die Flinte geschickt.“ Er distanziert sich regelrecht vom Glauben seines Vaters Isaak. Jakob hatte den Glauben Abrahams und Isaaks immer als Schnee von gestern angesehen. Doch der Schnee von gestern ist das Wasser von morgen.
In Jakob taut es auf. Er traut seinen Augen nicht, als er merkt, dass Gott nicht nur eine fromme Marotte alter Menschen mit grauen Star auf beiden Augen ist. Dieser Gott lebt wirklich, er existiert, und er teilt sich mit. Er ist ein Gott, der für uns da ist. Das macht Gott in dem, was er von der Leiter her sagt, mehr als deutlich.
Jakob nimmt einen Stein als Kissen. Darauf liegt es sich bescheiden. Um ihn ist Nacht, so wie in dem Betrüger selbst Nacht ist – stockdunkel. Plötzlich sieht er im Traum eine Verbindung: die Verbindung zwischen Himmel und Erde.
Es gibt eine Dimension, die uns nicht vor unseren physischen Augen steht, die aber dennoch existiert. Manchmal überschneiden sich diese Welten. Die eine Welt besteht aus Hügeln, Seen, Politikern und Hirten, die ihre Schafe hüten. Die andere Welt besteht aus Straßen aus Gold, Engeln und dem Ort, an dem Gott in seiner Herrlichkeit thront.
In einer Nacht in Haran überschneiden sich diese Welten. Es gibt Momente, in denen ein Schmetterling plötzlich vom Himmel kommt und Menschen Trost zuspricht. Er zeigt, dass es eine andere Welt gibt, dass dieser Gott für uns ist und dass Errettung bedeutet, ewig verwandelt zu werden und ewig in seiner Gegenwart leben zu dürfen.
Hier geschah es in einer Nacht. In Bethlehem war es auch eine Nacht, in der sich diese beiden Wirklichkeiten überschnitten haben: Gott kommt zur Welt, aus dem Himmel in unsere Welt hinein. Er schlüpft in den verletzlichen Körper eines Säuglings.
Fast zwei Jahrtausende vorher lässt Gott Jakob in Haran ahnen, dass die Grenze zwischen Himmel und Erde einmal geöffnet werden wird. Er öffnet hier die Grenze zwischen dem Allmächtigen und dem Ohnmächtigen, der so bedauernswert auf einem Stein übernachtet.
Vielleicht öffnet er auch die Grenze zwischen Gott und dir, der du heute Morgen hierhergekommen bist und nicht allzu viel von diesem Gott erwartest, an den du morgen heute hoffst. Oder sind dir vielleicht andere Leitern wichtiger? Träumst du von deiner Karriereleiter?
Einige Topmanager verbringen gemeinsam ein Fortbildungswochenende. Dazu haben sie einen Unternehmensberater eingeladen, der eine interessante Übung mit ihnen durchführt. Er sagt: „Nehmen Sie sich bitte alle mal ein Blatt Papier und schreiben Sie darauf, was Ihr Lebensziel ist.“ Die Frage lautet also: Worauf lebe ich hin?
Die meisten schreiben dann etwas wie „Vorstandsvorsitzender“ oder Ähnliches auf, also etwas, das mit ihrer Karriere zu tun hat. Danach geben sie ihre Antwort ab.
Der Berater sagt den Managern daraufhin: „Ich habe das durchschaut. Ich kenne Menschen, die das Ziel, das die meisten von Ihnen aufgeschrieben haben, erreicht haben. Sie sind auf der Leiter des Erfolgs bis ganz nach oben gestiegen. Einige von ihnen sind meine Freunde, ich bin mit ihren Geschichten sehr vertraut, und alle erzählen sie dasselbe.“
Er fährt fort: „Auf der letzten Sprosse dieser Leiter hängt ein Schild. Auf diesem Schild steht etwas geschrieben. Von unten kann man es nicht lesen.“ Natürlich sind die Manager jetzt alle gespannt, was auf diesem Schild steht.
Der Berater verrät es ihnen: „Auf dem Schild steht: ‚Dies ist die letzte Sprosse.‘ Nichts weiter. Schluss.“
Er erklärt weiter: „Du strebst und strebst, gibst alles – und auf einmal bist du am Ende, im wahrsten Sinne des Wortes. Und es ist einsam dort oben.“
In der Geschichte von Jakob findet sich manches geschäftstüchtige Taktieren. Jakob war ja wirklich ein schlauer Kerl. Wer meinte, Jakob irgendwie austricksen zu können, ihm die falsche Frau unterzujubeln oder ihn mit unfairen Verträgen niederzuringen, musste bald einsehen, dass Jakob dem nicht gewachsen war.
Diese Erzählung des Unternehmensberaters bringt eine wesentliche Wahrheit zur Sprache: Jede Leiter im Diesseits hat ihre Grenzen.
Man kann sich von den anderen ein bisschen absetzen. Ob man sich damit beliebter macht oder Freunde gewinnt, ist eine ganz andere Frage. Aber diese Leitern haben alle ihre Grenzen. Und am Ende bleibt im Grunde genommen nichts anderes übrig als Enttäuschung.
Hier allerdings wird Jakob eine ganz andere Leiter gezeigt, eine, die den Himmel berührt. Über dieser Leiter steht der allmächtige, große Gott, von dem wir gerade Lieder gesungen haben, den wir bestaunen und anbeten. Er ist unerreichbar groß und herrlich, auch in all seinen Eigenschaften wie Liebe, Zuwendung und Barmherzigkeit.
Dieser Gott spricht den Segen Abrahams und Isaaks jetzt auch über Jakob aus. Damit beginnt in der Geschichte und Biografie dieses Glaubensmenschen etwas ganz Neues. Ihr habt ja so eine Serie über Glaubensmenschen – das ist der Anlass, dass ich heute Morgen über Jakob spreche.
Aus dem schuldigen Gauner macht Gott einen Menschen des Glaubens. Mit der Zeit wird aus dem hinterlistigen Jakob der wahre Jakob, ein Mensch, der von nun an seinen Lebensweg mit Gott geht. Später bekommt er sogar einen neuen Namen: Israel, was „Gottesstreiter“ bedeutet.
Aus seinem Geschlecht wird der Gottessohn Jesus Christus geboren werden. In ihm erfüllen sich alle Segensvorhersagen des Alten Testaments: dass Gott sich der Welt zuwendet, dass Gott die Welt liebt und erlösen möchte aus diesem Dilemma, aus diesem Leben in engen Grenzen. Gott will Befreiung schenken und unserem Leben den wahren Wert zuteilwerden lassen.
Das gilt für uns, und es ist ein Segen für alle Nationen. Ich freue mich, wenn Iris davon erzählt, dass hier Migranten herkommen und nicht nur die deutsche Sprache oder behördliche Schwierigkeiten mit euch gemeinsam meistern, sondern dass sie die größte Schwierigkeit ihres Lebens überwinden: nämlich ohne Gott in diesen Grenzen zu bleiben und in Religiosität stecken zu bleiben.
Diese Grenzen sollen gesprengt werden. Auch sie sollen die Erlösung durch Jesus Christus erfahren, dem Leib von Jesus beitreten und sagen: „Ich bin auch einer von denen, die errettet durch diese Welt gehen und gesegnet sind von diesem großen Gott.“
Jakob hatte Gott nicht gekannt und wollte auch nichts mit Gott zu tun haben. So wie manche Menschen nach Deutschland kommen, ohne daran zu denken, dass sie hier vielleicht Gott begegnen könnten. Er hatte Gott nicht gesucht. Das Einzige, was er in der Nacht, als er Gott begegnete, wollte, war schlafen.
Ich möchte an dieser Stelle unterbrechen und nicht mehr von Jakob oder von Migranten sprechen, sondern von uns – von Ihnen und von mir.
Manche, die hier zum Gottesdienst kommen, sind eng mit Gott verbunden. Sie freuen sich darauf, gemeinsam mit anderen Gott loben zu können. Andere suchen Gott. Sie kommen mit Erwartung zu einem Gottesdienst, weil sie vielleicht schon die Erfahrung gemacht haben, dass sie in den Liedern, in den Predigten, in den Zeugnissen oder in Gesprächen hinterher etwas von der Gegenwart Gottes erfahren können.
Viele glauben, manche möchten gerne glauben. Aber ich glaube, dass in unseren Gottesdiensten – vielleicht auch heute Morgen hier – immer einige sind, die sich nicht so sehr für Gott interessieren. Sie gehen aus einer gewissen Tradition heraus zum Gottesdienst, weil das in der Familie üblich ist. Manche kommen, um ihre Freunde zu treffen oder einfach mal reinzuschauen und zu sehen, was Christen so tun. Es gibt unterschiedliche Motivationen, einen Gottesdienst zu besuchen.
Vielleicht sind sogar einige hier, die ähnliche Fehler auf dem Kerbholz haben wie Jakob. Die vor Gott und vor Menschen schuldig geworden sind. Die sich durch falsche Angaben und Vorspiegelungen bereichert haben. Die andere hereingelegt haben. Die sich außerhalb der Ehe mit jemand anderem eingelassen haben, obwohl sie wissen, dass das Sünde ist. Vielleicht sind sie Menschen, die auf der Flucht sind und in Angst leben – aus Angst, mit ihrem Betrug entdeckt zu werden, was auch immer das sein mag.
So ging es Jakob. Er musste sich ständig umschauen, um nicht erwischt zu werden. Er lebte vor seinem Bruder und anderen Menschen in Angst.
Wenn das hier auf niemanden zutrifft, umso besser. Wenn doch, dann sage ich Ihnen: Wenn Gott einem wie Jakob mit seinen Verheißungen begegnet, wie er es hier in diesen Versen tut, und wenn jemand von Gott dazu bestimmt ist, dass Gott selbst Geschichte mit ihm machen will, dann hat auch der größte Schuft bei Gott noch eine Chance. Dann ist für jeden von uns bei Gott etwas drin.
Es ist erstaunlich, dass Gott oft Versager zu seinem Volk gemacht hat – solche, die ihre Schwächen erkannt haben, die vor Gott kapituliert haben und von Gott neu zugerüstet und mit seiner Kraft erfüllt wurden. So wurden sie befähigt, in seinem Reich etwas zu bewirken.
Gott will sie, Gott will dich gebrauchen, um sein Reich in dieser Welt zu bauen. Das, was er einst mit Abraham angefangen hat, soll sich weiter ausbreiten. Er ist ein Segen für alle Völker – das gilt auch für uns. Er will dich gebrauchen, damit hier am Ort Gemeinde gebaut wird. Je nachdem, wie er dich begabt hat, will er dich in seinem Gesamtunternehmen in dieser Welt einsetzen.
Übrigens auch dann, wenn du im Traum nicht daran dachtest, dass es Gott überhaupt gibt.
Vielleicht begegnet dir Gott ja an diesem Vormittag.
Gleich geht es dir aber auch so wie Jakob. Als er nämlich aus seinem Traum erwacht und der erste Schreck vorbei ist, kommen ihm sofort die ersten Zweifel. Geht es dir manchmal auch so? Du bist irgendwie beeindruckt von einem Gottesdienst, kommst dann wieder nach Hause in dein normales Umfeld, und auf einmal ist alles wieder so gewöhnlich. Dann überlegst du dir: Vielleicht habe ich mir das alles doch nur eingebildet.
Der erste Schritt mag getan sein: Jakob weiß jetzt, dass es einen Gott gibt. Aber die nächste Frage ist: Will der wirklich etwas mit mir zu tun haben? Will er wirklich mein Gott sein? Auf die Aussage „Ich glaube an Gott“ im Sinne von „Ich glaube, dass Gott existiert“ braucht sich niemand etwas einzubilden. Dass Gott existiert, glauben auch die Dämonen, so steht es im Jakobusbrief Kapitel 2.
Die Frage ist vielmehr, ob Gott dein, ob Gott ihr Gott sein darf, ob sie ihn eingeladen haben, der Mittelpunkt in ihrem Leben zu sein. Da Jakob ein schlauer Fuchs ist, sagt er sich: Ich will die Sache erst mal nachprüfen. Ich werde es mal mit diesem Gott versuchen, und dann werde ich sehen, was dabei herauskommt.
Dann schlägt er Gott ein Geschäft vor, legt ein Gelübde ab, macht also einen Tauschhandel mit Gott. Er sagt, wie wir eben gelesen haben, in Vers 20: Wenn Gott mit mir ist und mich behütet auf diesem Weg, den ich gehe, und mir Brot zu essen und Kleidung anzuziehen gibt und ich in Frieden zurückkehre zum Hause meines Vaters, dann soll er mein Gott sein. Er stellt Bedingungen.
Kann man mit Gott einfach so einen Kuhhandel treiben? Wenn das und das passiert, warte ich erst mal ab, dann will ich ihm mein Leben zur Verfügung stellen. Dann soll er mein Gott sein. Einfach mal ausprobieren, ob die Versprechungen überhaupt stimmen? Ich sage: Warum nicht?
Es kommt durchaus vor, dass aus einem ungläubigen Menschen von einer Sekunde auf die andere ein gläubiger Mensch wird. Dass jemand, der eben noch Gott für ein Märchen gehalten hat, auf der Stelle von Gott überwältigt wird und ihn dann als seinen Herrn annimmt.
Vor zwei Wochen, als wir Real Talk im SAT angefangen haben, kamen hinterher drei Mädchen zu mir. Eine von ihnen wurde vor einigen Jahren im SAT bekehrt und hat seitdem für ihre Freundin gebetet. Diese Freundin hat von ihrem Elternhaus überhaupt keine christliche Prägung. Seit Beginn der Staffel, seit Anfang Oktober, war sie jeden Sonntag im SAT. Ich merkte, dass sie auf der Suche ist und sich hinterfragt.
An dem Abend habe ich mit ihr ein langes Gespräch geführt und ihr gesagt: Es gibt jetzt drei Möglichkeiten. Entweder sagst du, es ist euer Glaube, aber nicht meiner. Die zweite Möglichkeit ist: Ich brauche noch ein bisschen Zeit. Und die dritte Möglichkeit ist: Ich mache das heute fest, ich nehme Jesus heute in mein Leben auf.
Dann sagte ich: Ich streiche schon mal eins von den dreien, dann ist die Wahl nicht ganz so schwierig. Das Erste hat sie sofort ausgeschlossen. Wir sind dann bei der mittleren Möglichkeit stehen geblieben. Sie sagte, sie brauche noch ein bisschen Zeit.
So ist das bei vielen: Sie sagen, ich kann nicht von jetzt auf gleich sagen, das ist es jetzt. Und es ist ja auch gut, wenn sich ein Mensch dessen bewusst ist. Das ist eine weitreichende Entscheidung, die macht man nicht mal eben so nebenbei. So eine Entscheidung muss reifen.
Dass ein Mensch eine Begegnung mit Gott hat, ist in aller Regel ein Prozess. Da fängt Gott leise an, in das Leben eines Menschen hineinzureden, und dann kommt eines zum anderen. Wenn dieser Mensch sich öffnet, dann ist es irgendwann so weit, dass Gott mit seiner ganzen Wirklichkeit im Leben eines Menschen Einkehr hält. Ein Mensch kommt zum Glauben und wird zu einer neuen Kreatur, wie die Bibel das sagt.
Also das tut Gott. Ich erwarte das auch im SAT. Und heute Abend, wenn ich über das Thema reden darf, warum Gott Leid zulässt, möchte ich darum beten, dass das nicht nur eine emotionale Sache wird. Sondern dass Menschen mit ganzer Willensentscheidung Ja sagen zu dem Angebot, das Gott uns macht: uns aus unserer Dunkelheit heraus zu retten.
Aber zu diesem Prozess gehört noch etwas Wesentliches, und das möchte ich noch hinzufügen, nämlich Einsicht, Selbsterkenntnis und letztendlich auch Bekenntnis.
Gott hält sein Versprechen: Jakob kehrt viele Jahre später wieder nach Hause zurück. Das bedeutet auch, dass er seinem Bruder Esau begegnen wird. Nun stellt sich Jakob natürlich die Frage: Hat sich Esaus Hass, der ihm ja mit Mord gedroht hatte, inzwischen etwas gelegt? Jakob fürchtet um sein Leben.
In dieser Situation tut er das Einzige, was möglich ist: Er geht vor Gott auf die Knie und betet. Die Bibel berichtet, dass Jakob die ganze Nacht mit Gott rang und rief: „Ich lasse dich nicht los, wenn du mich nicht segnest.“ Es ist der Schrei eines verzweifelten Mannes, der nicht weiß, welches Schicksal ihn am nächsten Tag erwartet.
Dann entgegnet Gott ihm mit einer außergewöhnlichen Frage. In Kapitel 32, Vers 28 fragt Gott: „Wie heißt du?“ Eigenartig, oder? Gott ist doch allwissend. Warum stellt er Jakob diese Frage?
Man bedenke, wie Gott in dieser Nacht stattdessen Jakobs Vergangenheit hätte durchleuchten oder ihn mit ihr konfrontieren können. Stattdessen fragt er nur nach seinem Namen. Gottes Absicht mit dieser Frage enthält eine wesentliche Lektion. Jakob fleht um Gottes Segen, und durch diese Frage wird er gezwungen, erneut die Zeit zu durchleben, als er das letzte Mal um einen Segen gebeten hatte – nämlich als er seinem Bruder mit Betrug den Segen weggenommen hatte.
Ihr kennt die Geschichte wahrscheinlich: Als Jakob das letzte Mal nach seinem Namen gefragt wurde, war die Frage von seinem irdischen Vater Isaak gekommen. Isaak fragte ihn: „Wer bist du?“ Damals hatte Jakob gelogen. Er konnte fließend lügen. Er sagte: „Ich bin Esau“ und stahl so den Segen des Erstgeborenen.
Jetzt befindet sich Jakob nach vielen verschwendeten Jahren vor einem allwissenden, allsehenden himmlischen Vater. Im Gegensatz zu Isaak, der nicht allsehend war, sondern blind. Und nun verlangt Jakob wieder einen Segen. Er versteht voll und ganz den Grund und die Anklage hinter Gottes Frage.
Jetzt antwortet er: „Wer bist du? Wie heißt du?“ – „Ich heiße Jakob.“
„Wohl wahr“, sagt Gott, „und du weißt auch, was dein Name bedeutet. Du bist ein doppelzüngiger Mensch, der jeden betrügt, der ihm begegnet. Von jetzt an sollst du Israel heißen – Gotteskämpfer. Ich will dich gebrauchen. Ich möchte, dass du deine Energie für mich einsetzt, dein ganzes Potenzial für mich einsetzt. Ich möchte dich einladen, diesen Gott zu erkennen.“
Das sind die beiden Punkte, die ich in der Biografie von Jakob entdecke: Zunächst musste er begreifen, wer dieser Gott ist. Gott hat sich ihm offenbart. Er zeigte sich ihm an der Leiter und offenbarte ihm seine ganze Barmherzigkeit, seine Gnade und seine Gutmütigkeit. Erkenne Gott!
Zweitens: Bekenne deine Sünden, lass Gott an deine Vergangenheit heran. Dann kann und wird Gott auch dich verändern – so wie Jakob von Grund auf verändert und erneuert wurde.
Falls du nachher, wenn du nach Hause fährst, so ähnlich denkst wie Jakob, der aus seinem Traum erwacht ist, und du denkst, das ist alles nur ein Gerede von Gott, eigentlich nur Träumerei, die Atmosphäre macht, ein bisschen auf Gefühl und Manipulation setzt, dann gib doch wenigstens zu: Schön wäre es.
Schön wäre es, wenn wir jemanden hätten, der auf unserer Seite steht, der mit uns durch dick und dünn geht, der uns behütet, wie Gott es hier sagt, der an jedem neuen Tag in unserem Leben helfend zur Seite steht.
Und ich sage dir: Es ist schön! Das kannst du genauso erfahren, wie es Millionen von Christen erlebt haben – und viele von denen, die heute Morgen hier sind.
Probier es doch einfach aus, mit aller Nüchternheit, die zu einem Experiment gehört. Nimm Gott beim Wort, nagle ihn auf seine Versprechen fest, stell ihn auf die Probe. Er bietet das sogar an, denn er sagt in Maleachi 3,10: „Prüft mich doch darin, ob ich nicht die Fenster des Himmels öffnen werde und euch mit Segen überschütten werde.“
Gott lädt dich ein, diesen Versuch zu wagen. Also mach es doch einfach! Glaubst du, dass Gott reich an Segen ist, dann will er auch dich damit überschütten.
Und ich garantiere dir: Gott lügt nicht, wenn er dir heute sagt: „Ich bin mit dir.“ Dann wird er mit dir sein.
Ich komme zum Schluss. Was ist Segen? Segen ist die Aufhebung von Fluch. Indem Gott Jakobs Segen zusagt, hebt er den Fluch der Sünde auf, spricht den Gottlosen frei und macht Gemeinschaft mit ihm möglich.
Mit der Aussage: „Und dir und deiner Nachkommenschaft sollen alle Geschlechter der Erde gesegnet werden“, kündigt Gott die Aufhebung des Fluches für die ganze Menschheit an. Dies ist in Jesus Christus in Erfüllung gegangen.
Die Verbindung zu Gott und die Veränderung kommen durch ein Holz zustande. Durch das Holz, das in den Himmel ragt, durch das Holz, an dem jener verletzliche Körper am Anfang hing. Es war dieser kleine Säugling, der mittlerweile ein gut dreißigjähriger Mann war, der angenagelt wurde.
Christus, so steht es im Galaterbrief, hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes. In Christus sind wir gesiegt.
Darum sammeln sich um dieses Holz Menschen des Glaubens. Hier, unter dem Kreuz, ist symbolisch Platz für alle: für Jakob und für Esau, für dich und für mich. Amen.