
Habt ihr schon einmal einen Gottesdienst erlebt, bei dem alles schiefgelaufen ist? Das ist eine interessante Frage, oder?
Ich meine jetzt nicht, dass etwas nicht ganz so gut geklappt hat – das passiert immer mal wieder. Sondern dass der ganze Gottesdienst völlig schiefgelaufen ist. Wie könnte so etwas aussehen?
Ich möchte euch da einfach mal mit hineinnehmen, vielleicht ein bisschen übertrieben. Dabei gehe ich ein wenig von unserer Situation in Köln aus, weil ich nicht genau weiß, ob ihr hier Parkplatzeinweiser und Ähnliches habt.
Deshalb achtet einfach auf das Prinzip dahinter.
Wie könnte so ein Gottesdienst aussehen? Ich möchte euch einfach mal mit hineinnehmen.
Es beginnt schon auf dem Parkplatz. Wir fahren auf den Gemeindehof, und dort herrscht Chaos, weil der Parkplatzeinweiser verschlafen hat. Das sorgt schon mal für Stress. Die Leute finden keinen Parkplatz und kommen etwas aufgewühlt in den Gottesdienst.
Der Ordner, der an der Tür steht und eigentlich alle begrüßen sollte, schaut nur auf sein Smartphone, anstatt die Leute freundlich zu empfangen. Stellen wir uns das einfach mal vor.
Die Musiker haben sich kurz vor dem Gottesdienst noch gestritten. Beim Singen treffen sie keinen einzigen Ton. Man sitzt in der Reihe und schämt sich ein bisschen für das, was vorne passiert. Das Ganze wird noch im Livestream übertragen.
Die Technik schläft dauernd – das ist schwer vorstellbar in unserer Gemeinde. Die Mikrofone sind nicht rechtzeitig an, die Datei beziehungsweise das Playback, die CD, ist nicht mehr aufzufinden. Irgendwie wirkt alles ziemlich unvorbereitet in diesem Gottesdienst.
Der Moderator ist nicht vorbereitet. Er begrüßt die Gäste nicht, ruft das falsche Paar zur Verlobung nach vorne und vergreift sich auch bei der Beerdigungsansage. Ein bisschen im Ton. Er hat keinen Gottesdienstplan. Man merkt, dass der Mann nicht vorbereitet ist. Was ist los?
Der Prediger verhaspelt sich ständig. Er redet über alles und irgendwie auch über nichts. Er knallt uns viele Bibelstellen um die Ohren, aber man erkennt keinen Zusammenhang. Was will der Bruder sagen? Alles wirkt ein bisschen monoton.
Der Übersetzer hat vergessen, dass er heute dran ist. Er ist lieber zuhause geblieben und will den Gottesdienst im Livestream verfolgen. Alles läuft schief. Der ganze Gottesdienst ist ein einziges Debakel.
Mein Predigtthema lautet: Gottesdienstbewertung ungenügend, Gottesdienstbewertung ungenügend.
Wir sind mittlerweile in Amos 5 angelangt, in den Versen 18 bis 27. Dieser Text kann man in zwei Teile teilen. In den Versen 18 bis 20 geht es um eine Illusion. Das Volk lebt in einer Illusion. Sie denken: „Gott wird uns segnen.“
In den Versen 21 bis 27 finden wir den Grund für ihre Denkweise, für ihre Illusion: Unsere Gottesdienste sind so schön, und deswegen denken sie, dass Gott sie segnen wird.
Dann betritt Amos die Bühne und beendet die Illusion. Das ist Kapitel 5, die Verse 18 bis 20.
Ich lese Vers 18: „Wehe euch, die ihr den Tag herbeisehnt, an dem der Herr eingreift! Was erwartet ihr denn von diesem Tag? Finsternis wird er euch bringen und nicht Licht.“
Amos beginnt hier wieder mit einem Wehe. Das ist etwas sehr Dramatisches. Hört genau hin, jetzt habe ich ein Wort für euch. Ihr sehnt euch den Tag herbei, an dem der Herr eingreift. Andere Übersetzungen sagen: „Ihr sehnt euch nach dem Tag des Herrn.“ Das ist ganz interessant.
Hier haben wir zum ersten Mal chronologisch gesehen die Erwähnung des Tages des Herrn. Wenn ihr das Alte Testament schon einmal gelesen habt, dann werdet ihr auf dieses Konzept immer wieder gestoßen sein: der Tag des Herrn, der Tag des Herrn, der Tag des Herrn.
Was ist denn der Tag des Herrn? Wichtig ist zu wissen, dass mit dem Tag des Herrn unterschiedliche Ereignisse beschrieben werden. Es handelt sich nicht um ein einzelnes Ereignis, sondern im Alten Testament bezeichnet der Tag des Herrn immer ein Eingreifen Gottes in die Geschichte.
Manchmal ist dieses Eingreifen Gottes positiv für Israel, manchmal negativ. Im Buch Obadja ist der Tag des Herrn ein Segen für Israel, weil die Edomiter gerichtet werden. Im Buch Joel dagegen ist der Tag des Herrn negativ für Israel, da er als Gericht über Israel verstanden wird. Das müssen wir einfach wissen.
Das Volk sehnt sich nach Gottes Eingreifen, denn sie hoffen darauf, dass Gott kommt. Wenn wir den Text vor Augen haben, was bedeutet es, wenn Gott mitten unter die Sünder kommt? Sie sehen das nicht klar, aber sie sehnen sich danach, dass Gott eingreift. Schließlich feiern sie ja auch schöne Gottesdienste.
Dann ergreift Amos das Wort und beendet diese Illusion. Er sagt: Der Tag des Herrn wird für euch nicht Licht sein, sondern Finsternis.
In Vers 19 wird ein sehr dramatisches Bild beschrieben. Ich lese den Vers einmal vor: „Es wird euch ergehen wie dem Mann, der vor einem Löwen davonläuft und auf einen Bären trifft. Und wenn er glücklich das Haus erreicht hat und sich an die Wand lehnt, beißt ihn die Schlange.“
Das ist ein ziemlich abenteuerliches Bild, oder? Stellt euch vor, ihr begegnet einem Löwen in freier Wildbahn. Habt ihr euch das schon einmal vorgestellt? Mitten in der Natur steht plötzlich ein Löwe vor euch. Was macht man in so einer Situation? Wahrscheinlich rennt man weg.
Dieser Mann schafft es, vor dem Löwen davonzulaufen. Doch plötzlich steht ein Bär vor ihm. Es handelt sich hier nicht um eine wahre Begebenheit, sondern um ein Gleichnis, mit dem Amos etwas verdeutlichen möchte.
Wir würden sagen: Jetzt hat er wirklich ein Problem. Er ist schon vor dem Löwen geflohen und wahrscheinlich außer Atem. Und dann steht der Bär vor ihm. Wenn ein Bär vor dir steht, hast du ein ernstes Problem, oder?
Versuchen wir zu schwimmen, kann der Bär auch schwimmen. Wir klettern, der Bär kann klettern. Wir laufen, der Bär ist schnell. Gegen einen Bären hat man kaum eine Chance.
Doch dieser Mann schafft es sogar, vor dem Bären zu fliehen und ein Haus zu erreichen. Er lehnt sich völlig erschöpft an die Wand. Doch dann kommt die Schlange – und er ist tot.
Was würden wir dazu sagen? Dumm gelaufen.
Was will Amos damit sagen? Was will der Bibeltext damit ausdrücken? Das ist unsere Frage. Der Bibeltext möchte deutlich machen, dass Sicherheit trügerisch sein kann.
Amos dachte, er sei jetzt sicher im Haus. Doch genau darin liegt das tödliche Problem. Amos will seine Zuhörer aus dem Haus der Selbstsicherheit herausziehen. Er sagt: Ihr lebt gefährlich. Ihr denkt, ihr seid sicher, weil ihr so schöne Gottesdienste feiert. Aber auf euch wartet das Gericht, auf euch wartet das Gericht.
Was lernen wir daraus, ihr Lieben? Man kann sich in seiner Gottesbeziehung gewaltig täuschen. Gerade haben wir den Punkt besprochen, dass man eine Beziehung zu Gott vortäuschen kann. Aber das andere ist auch wahr: Man kann sich selbst täuschen, überall in seiner Gottesbeziehung.
Ich war vor einigen Jahren in einer Gemeinde zum Predigen eingeladen. Am Sonntagmorgen kam jemand aus dem Leitungsteam der Gemeinde und erzählte ein Zeugnis. Er sagte: „Ich habe letzte Woche zum Herrn gefunden.“ Dieser Mann aus dem Leitungsteam berichtete, dass er bisher nur religiös war, etwas vorgespielt hatte und sich selbst getäuscht hatte. Doch letzte Woche kam endlich der Durchbruch – er hat den Herrn wirklich kennengelernt.
Man kann sich in seiner Beziehung zu Gott täuschen. Bitte versteht mich nicht falsch: Mein Anliegen ist es nicht, heute Abend Zweifel zu säen, so nach dem Motto: „Na, wer weiß, ob du wirklich bekehrt bist?“ Das ist nicht mein Ziel. Meistens sind es die Menschen mit einem sensiblen Gewissen, die sich jetzt plötzlich angesprochen fühlen, obwohl sie eigentlich Sicherheit haben sollten.
Du bist ein Kind Gottes. Er zeigt dir vielleicht Dinge auf, weil er dich liebt. Aber du bist ein Kind Gottes. Deshalb möchte ich nicht pauschal Zweifel streuen.
Was wir hier sehen, ist: Man kann sich in seiner Gottesbeziehung gewaltig täuschen. Man kann denken, Gott sei zufrieden mit dem eigenen Leben, obwohl man völlig am eigentlichen Leben vorbeilebt. Sicherheit kann trügerisch sein. Wenn wir uns nicht ständig bewusst machen, wie sehr wir Jesus brauchen, kann es sein, dass wir ein verhärtetes Herz bekommen und uns gar nicht mehr bewusst sind, wie sehr wir auf ihn und auf das Evangelium angewiesen sind.
Das Volk bei Amos lebt in einer Illusion. Das Problem sind ihre Gottesdienste. Diese Gottesdienste waren ihr Rechtfertigungssystem. Wenn wir solche Gottesdienste feiern, dann ist es ja nicht schlimm, wenn wir auch in Sünde leben – denn diese Gottesdienste sind ja nicht zu übertreffen.
Jetzt schauen wir uns die Bewertung des Gottesdienstes an. Wie würde ein wirklich gesegneter Gottesdienst hier in der Gemeinde aussehen?
Versetzen wir uns einmal in die Situation, was es bedeutet, plötzlich total schockiert zu werden, obwohl man denkt, es ist doch ein gesegneter Gottesdienst. Ich möchte euch ein wenig mit hineinnehmen. Das ist jetzt meine Bewertung eines gesegneten Gottesdienstes. Vielleicht unterscheidet sich eure Sichtweise ein wenig davon.
Stellen wir uns vor, wir erleben hier in der Gemeinde am Sonntagmorgen wirklich einen so gesegneten Gottesdienst. Wie sieht der aus? Der Prediger hat schon vier Wochen vor der Predigt sein Thema festgelegt. Es gibt einen Bruder, der den Gottesdienst leitet. Er kann alles mit den Sängern abstimmen. Übrigens bin ich so dankbar für eure Sänger, dass ihr so gute Lieder hier auswählt. Alle passen zur Predigt, habt ihr das gemerkt? Das ist möglich, wenn der Prediger rechtzeitig das Thema nennt.
Angenommen, wir erleben so einen Gottesdienst: Der Prediger hat vier Wochen vorher das Thema festgelegt, die Sänger proben die Lieder, die passen und unterstreichen die Botschaft. Der Moderator findet herzliche Worte zur Begrüßung, begrüßt die Teilnehmer im Livestream, und alle fühlen sich angenommen und freuen sich auf den Gottesdienst.
Die Kindergeschichte macht nicht nur die Kinder froh, sondern auch die Erwachsenen. Der Prediger hält eine Auslegungspredigt mit Anwendungen, die wirklich ins Leben sprechen. Sie hat drei Punkte, dauert 40 Minuten, und pünktlich um 11.30 Uhr ist das Programm vorbei. Wir sitzen hier und sagen: Was für ein gesegneter Gottesdienst!
Plötzlich steht jemand auf – ein Gast, den niemand kennt, irgendwie aus einer Nachbargemeinde. Er geht auf die Bühne, greift sich das Mikrofon und sagt: "Was war denn das für ein Gottesdienst? Ihr nennt es Gottesdienst, aber Gott war nicht hier." Wie würden wir uns da fühlen? Würden wir sagen: "Weg mit dir von der Bühne"?
Und genau deswegen fragt ihr euch vielleicht: Warum erzählt Andre so eine Geschichte? Weil das die Situation ist. Das Volk lebt in dieser Illusion, so schöne Gottesdienste zu haben. Und dann kommt Amos, auch noch vom Lokalrivalen aus dem Südreich, ergreift das Wort und sagt: "Eure Gottesdienste sind keine Gottesdienste." So muss sich das Volk geführt haben.
Nun wenden wir uns dem Text zu und betrachten die Gottesdienste genauer. Die Kritik am Gottesdienst findet sich in den Versen 21 bis 23. Dort sagt der Herr: „Ich hasse eure Feste und kann eure Feier nicht ausstehen. Eure Brandopfer und Speisopfer sind mir zuwider. Das gemästete Vieh, das sie für das Opfer schlachten, kann ich nicht mehr sehen. Hört auf mit dem Geplär eurer Lieder, euer Harfengeklimper ist mir lästig.“
Hier sieht man deutlich, wie Gott den Gottesdienst bewertet: Er hasst ihn, kann ihn nicht ausstehen, empfindet ihn als zuwider, kann ihn nicht mehr ertragen und empfindet das Geplär der Lieder als lästig. Das ist keine gute Note, sondern eine klare Abwertung – keine Vier, sondern eine Sechs. Es ist eine ungenügende Bewertung, eine regelrechte Ohrfeige für Israel.
Zunächst gehen wir den Text Vers für Vers durch. Zuerst werden die Feste kritisiert. Auf diese Feste war das Volk vermutlich besonders stolz. Sie dachten sich: „Aus jedem Fest machen wir ein großes Ereignis.“ Wenn es damals schon Flyer gegeben hätte, hätten sie diese sicher verteilt mit der Einladung: „Kommt alle, wir feiern ein Fest!“ Vielleicht veranstalteten sie sogar Konferenzen, bei denen ein richtiges Programm lief.
Doch Gott sagt immer wieder, wenn sie solche Einladungen verteilen: „Ich hasse eure Feste.“
Warum ist Gott gegen Feste? Würde man fragen, ob Gott gegen Feste ist, könnte man zunächst an die vorgeschriebenen Feste im Alten Testament denken. Das Volk Israel feierte diese Feste, doch Gott sagt: „Ich hasse eure Feste.“ Warum ist das so? Darauf wollen wir gleich näher eingehen.
Im weiteren Verlauf wird auch die Art der Opfer kritisiert. In Vers 22 heißt es: „Eure Brandopfer und Speisopfer sind mir zuwider.“ Das gemästete Vieh, das für das Opfer geschlachtet wird, kann Gott nicht mehr sehen. Die Gottesdienste damals waren immer auch mit Opfergaben verbunden. Das Volk brachte das beste Opfer für Gott, das Brandopfer.
Hier wird von Brandopfern gesprochen. Dieses Opfer symbolisierte die ganze Hingabe, denn der Stier wurde vollständig dargebracht. Doch was bringen sie tatsächlich? Es steht vom gemästeten Vieh die Rede. Wisst ihr, was es mit dem gemästeten Vieh auf sich hat?
Das gemästete Vieh galt als das Beste. Wenn ihr die Geschichte vom verlorenen Sohn im Neuen Testament kennt, erinnert ihr euch vielleicht daran, worüber sich der ältere Bruder aufgeregt hat. Er sagte: „Du hast das gemästete Vieh geschlachtet für diesen Jungen, für deinen Sohn, der sein Geld mit Huren verschwendet hat. Du hast das gemästete Vieh für ihn für die Feier geschlachtet.“
Genau solche Opfer brachten sie im Gottesdienst dar. Und Gott sagt: „Ich kann eure Geschenke, eure Opfergaben nicht mehr sehen.“
Wir haben als Familie Weihnachten 2014 eine ziemlich ernüchternde Beobachtung gemacht. Unser ältester Sohn, der Jeremia heißt, hatte sich seit Monaten einen Leuchtturm von Playmobil gewünscht.
Ständig haben wir ihn gefragt, denn bei Kindern wechseln die Wünsche ja schon mal, besonders vor Weihnachten. Monatelang zog sich das so hin: Immer wieder fragten wir ihn, was er sich wünsche. Und seine Antwort war stets: Einen Leuchtturm von Playmobil.
Wisst ihr, was er an Heiligabend bekam? Einen Leuchtturm von Playmobil. Darüber hat er sich genau einen Tag lang gefreut. Am nächsten Tag kam er zu uns und sagte: „Ihr könnt ihn wieder ins Geschäft bringen, ich wünsche mir etwas anderes.“
Ich weiß nicht, ob er schon mal ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Das Volk bringt Gott Geschenke, und Gott sagt: „Ihr könnt sie wegbringen, ich wünsche mir etwas anderes.“ Aber nicht, weil sich bei Gott der Wunsch geändert hat, wie es sich bei kleinen Kindern vor und nach Weihnachten manchmal ändert. Gott sagt: „Ich wünsche mir wirklich etwas grundlegend anderes.“
Was das ist? Dazu kommen wir gleich.
Jetzt wird die Musik kritisiert, der Anbetungsteil im Gottesdienst wird kritisiert – jetzt wird es spannend.
Vers 23: „Hört auf mit dem Geplär eurer Lieder, euer Harfengeklimper ist mir lästig.“ Wisst ihr, was das Wort „Geplär“ bedeutet? Geplär ist ein Durcheinander, ein nervendes Geräusch.
Darf ich mal kurz hier dran? Schaut mal, ich kann nicht spielen, ja. Und wenn ich jetzt lange Zeit so spielen würde, würde jemand dir sagen: „André, was machst du da? Das können wir uns nicht anhören, es ist ein nervendes Geräusch, es ist Geplär, und wir gehen raus.“
Hier geht es nicht darum, dass Gott die Lautstärke kritisiert. Hier geht es nicht darum, dass Gott sagt: „Eure Musik gefällt mir nicht.“ Hier geht es auch nicht um Musikinstrumente, weil die Harfe wird kritisiert.
Also, es geht nicht darum, dass Gott gewisse Musikinstrumente nicht mag. Sonst müssten wir die Harfe verbannen – und David hat mit der Harfe zu Gottes Ehre gespielt.
Gott sagt: „Ich wünsche mir etwas grundlegend anderes. Wenn ihr Gottesdienste macht, wenn ihr Gottesdienste feiert, dann ist das, was bei mir ankommt – egal wie schön ihr singt – ein nervendes Geräusch, ein Geplär.“
Gott sagt: „Hört auf! Ich kann eure Musik nicht mehr hören.“
Warum ist das so? Warum scheint Gott gegen diese Lieder und gegen die Musik zu sein? Schaut mal in die Verse 24 bis 27, dort finden wir die Auflösung. Gott sagt: Ich wünsche mir etwas grundlegend anderes. Erst dann gefallen mir eure Lieder, erst dann gefällt mir euer Opfer, erst dann gefällt mir euer Gottesdienst.
Worum geht es? Es geht Gott um einen gelebten Glauben im Alltag. Jetzt wird es ernst. Im Vers 24 heißt es: Sorgt lieber dafür, dass jeder zu seinem Recht kommt. Recht und Gerechtigkeit sollen das Land erfüllen wie ein Strom, der nie austrocknet.
Ihr Lieben, hier sehen wir, warum Gott den Gottesdienst kritisiert. Sie haben am Samstag – ich hätte fast gesagt am Sonntag – Gottesdienst gefeiert, sind dann hinausgegangen und haben wieder in Sünde gelebt. Das ist das Problem.
Ich möchte euch das auch anhand eines weiteren Textes belegen. Schaut mal, was in Amos 8 steht, in den Versen 5 und 6. Dort heißt es: Ihr sagt, wann ist endlich das Neumondfest vorbei, wann ist endlich der Sabbat vorüber? Dann können wir unsere Speicher öffnen und Korn verkaufen, das Getreidemaß kleiner machen und das Gewicht, mit dem wir das Silber zur Bezahlung abwiegen, größer. Die Waagbalken verstellen und sogar noch den Abfall mit Gewinn loswerden. Die Armen macht ihr euch zu euren Sklaven, auch wenn sie euch nur ein paar Sandalen schulden.
Das heißt: Schaut mal, was hier passiert ist. Amos nimmt uns in die Gedankenwelt der Leute hinein. Das ist nicht, was sie gesagt haben, sondern das ist, was sie während des Gottesdienstes gedacht haben. Sie haben während des Gottesdienstes auf die Uhr geguckt und gedacht: Wann ist der Sabbat endlich rum? Denn am Sabbat durfte man nicht Geld verdienen, man durfte nicht arbeiten, und am Neumondfest auch nicht.
Sie gucken auf die Uhr und sagen: Wann ist es endlich um, wann ist der Gottesdienst vorbei, damit wir wieder in den Alltag gehen und sündigen können? Damit wir wieder unserer Gewinnsucht nachgehen können. Und das machen sie, während sie im Gottesdienst sitzen. Sie fragen sich, wann der Gottesdienst vorbei ist.
Das heißt, im Gottesdienst läuft einfach nur eine Show ab, aber sie sind mit dem Herzen meilenweit von Gott entfernt. Wenn man das mal milde formuliert, müsste man sagen: Es gibt eine große Diskrepanz zwischen Gottesdienst am Sonntag und Alltag am Montag. Glaubbarer Alltag am Montag existiert nicht.
Versteht ihr jetzt, warum Gott die Gottesdienste kritisiert? Weil der Gottesdienst nicht in der Woche fortgesetzt wird. Sie ziehen eine Maske an und kommen in den Gottesdienst. Ihr Lieben, die Mundmasken sind nicht die einzigen Masken, die wir manchmal im Gottesdienst tragen.
Eine positive Gottesdienstbewertung hängt nicht in erster Linie davon ab, was auf der Bühne passiert, sondern davon, was am Montag geschieht. Es geht darum, ob wir wirklich mit dem Herrn leben.
Eine Frau aus einer anderen Gemeinde kam zur Seelsorge des Pastors und bat um Hilfe. Sie sagte: „Mein Mann schlägt mich immer wieder.“ Für den Pastor war das zunächst eine überraschende Information. Ich möchte nicht sagen, er war überfordert, aber man muss so etwas erst einmal verarbeiten.
Er versuchte, die Hintergründe zu verstehen, und fragte: „Erzähl mir ein bisschen von deinem Mann, von deiner Situation. Ist dein Mann kein Christ? Ist er Alkoholiker?“ Sie antwortete: „Nein, nein, nein. Er dient am Wort. Sonntags steht er hinter der Kanzel, und unter der Woche schlägt er seine Frau.“
Man kann sich vorstellen, wie ich das Ganze sehe: Jedes Mal, wenn dieser Mann auf die Kanzel geht, schaut Gott auf die Uhr und denkt: „Wann ist er endlich fertig?“ Ich kann nicht zuhören, wenn dieser Mann predigt, weil er seinen Glauben nicht im Alltag lebt. Man sieht es daran, wie er mit seiner Frau umgeht. Von wegen Epheser 5: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Gemeinde geliebt hat.“
Man kann im Gesang laut singen und vorne stehen und singen: „Das Höchste meines Lebens ist dich lieben, Herr.“ Aber wenn man danach hinausgeht und das Gegenteil lebt, dann ist das nicht glaubwürdig. Wenn du hier stehst und singst oder in den Reihen sitzt und diese Lieder singst: „Herr, das Höchste meines Lebens ist dich lieben, Herr“, aber im Alltag lebst du das nicht, dann sagt Gott: „Hör bitte auf zu singen! Ich kann es nicht hören, wenn du singst!“
Ihr Lieben, die Qualität eines Liedes entsteht in Gottes Augen nicht durch zahlreiche Proben, sondern durch die Heiligung dessen, der singt. Die Qualität eines Liedes hängt also nicht in erster Linie von der Übung ab, sondern von der Heiligung des Singenden.
Mein Wunsch ist es so sehr, dass wenn ich auf die Kanzel gehe, es einfach nur eine Fortsetzung meines Lebens im Alltag ist. Ich habe die Woche mit dem Herrn gelebt, stelle mich auf die Kanzel, sage etwas und lebe weiter mit dem Herrn. Das ist mein Wunsch.
Und ich sage: Wovor ich mich am meisten fürchte, ist, dass meine vier Kinder irgendwann sagen: „Papa, du redest so viel von der Kanzel, und es klingt so schön, aber wir sehen nichts davon im Alltag.“ Ich habe Angst davor. Ich sage: „Bitte, Herr, vermeide, dass ich ein Doppelleben führe.“
Liebe, wie sieht es mit uns aus? Kann es sein, dass wir hier manchmal in den Reihen sitzen, so fromm tun und dabei ein Doppelleben führen? Und du weißt es genau, wenn du in deinem Leben Sünden hast, die du pflegst. Ich meine nicht die Sünden, gegen die du kämpfst, für die du Buße tust und weiterkämpfst – das ist gut. Aber Sünden, die du bewusst pflegst, und dich dann hier hinstellst und so fromm tust – das ist keine Lappalie für Gott.
Gott sagt: „Hör auf damit! Entweder machst du die ganze Sache richtig oder lass den Dienst bitte liegen. Ich will es nicht.“
Ihr Lieben, das sind ziemlich eindringliche Worte, oder? Gott sagt: Die Qualität des Sonntagsgottesdienstes hängt vom Gottesdienst am Montag ab – wie du mit dem Herrn lebst, wenn dich niemand sieht.
Gott wünscht sich etwas Zweites. Das eine ist gelebter Glaube im Alltag, das andere ist exklusive Anbetung.
In den Versen 25 und 26 stellt Amos zwei Fragen, die eine verneinende Antwort erwarten. Vers 25 lautet: Habe ich von euch Israeliten während der vierzig wüsten Jahre vielleicht Mahlopfer und Speisopfer verlangt?
Der Text ist nicht ganz einfach zu verstehen, weil Gott es ja schon verlangt hat. Aber ich denke, der Text ist so zu verstehen, dass Gott hier fragt: Habe ich wirklich nur das erwartet? Einfach pro forma Opfer, um religiöse Rituale zu erfüllen? Nein, es geht Gott immer um ungeteilte Herzen.
Die zweite Frage lautet: Habt ihr damals schon, also in der Wüstenwanderung, die Götzenbilder eures Himmelskönigs Sakkut und eures Sterngottes Kevan herumgetragen, wie ihr es jetzt tut?
Sakkut, das müssen wir wissen, ist ein assyrischer Götze. Und Kevan ist ein babylonischer Planetenname und heißt Saturn. Den Saturn kennen wir als einen Gott, der angebetet wurde.
Ich glaube nicht, dass Gott durch Amos hiermit sagen will, ihr hattet in der Wüste keine Götzen angebetet, denn es gab ja auch das goldene Kalb. Aber ich denke, worauf Amos hier hinaus will, ist: Damals in der Wüstenwanderung hattet ihr ein etwas klareres Verständnis davon, was es bedeutet, Gott allein anzubeten. Wie es in 5. Mose 6 heißt: Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr und sonst keiner. Darum liebt ihn von ganzem Herzen, mit ganzem Willen und mit aller Kraft.
Und das ist es, was Gott sich von uns wünscht: dass wir ihn allein anbeten. Wisst ihr, wir beten immer jemanden an. Die Menschheit teilt sich nicht in zwei Teile – die, die anbeten, und die, die nicht anbeten. Die Menschheit teilt sich vielmehr in zwei Teile: die, die Gott anbeten, und die, die etwas anderes anbeten.
Gott sagt: Ich möchte angebetet werden. Wisst ihr, Gott will nicht nur an erster Stelle angebetet werden, Gott will allein angebetet werden.
Wenn ich zu meiner Frau sagen würde: Du bist die erstbeste Frau in meinem Leben, die anderen beiden stehen auf Platz zwei und drei, dann wäre das für meine Frau kein Kompliment, oder? Eine Frau will nicht die erstbeste Frau unter mehreren sein, sie will die einzige Frau sein.
Gott sagt nicht: Ich möchte an erster Stelle angebetet werden, und dann betest du auch noch das Geld an, dann deine Anerkennung vor den Menschen. Nein, ich will allein angebetet werden – mit ungeteilten Herzen.
Das ist es, was sich Gott wünscht. Ich möchte uns ermutigen, dass wir das heute wieder neu erkennen. Denn in Vers 27 wird die Gefangenschaft angekündigt.
Gott nimmt es sehr ernst, wenn wir hier etwas vorspielen im Gottesdienst, was wir gar nicht leben. Für Israel war es die Gefangenschaft, für uns müssen wir einfach festhalten: Es wird Konsequenzen haben.
Gott lässt ein Doppelleben in unserem Leben nicht lange mit sich machen.
Und ich möchte uns heute an diesem doch so ernsten Abend ermutigen, dass wir uns zwei Fragen stellen:
Einmal, wie sieht dein Leben an den anderen sechs Tagen in der Woche aus, wenn du nicht hier in der Gemeinde bist? Wie sieht dein Leben dann aus? Diese Frage ist für Gott so entscheidend.
Die zweite Frage lautet: Betest du Gott allein an? Gehört dein ganzes Herz dem Herrn?
Wenn nicht, dann möchte ich dich heute Abend einladen – wie auch gerade schon in den anderen beiden Vorträgen – dass du die ganze Sache machst. Hingabe an Gott kann man sich vorstellen wie ein leeres Blatt Papier, ein weißes Blatt, auf dem wir unsere Unterschrift setzen und es Gott übergeben. Wir sagen ihm: Mach du mit meinem Leben, was du willst. Meine Unterschrift steht schon. Nimm du mein Leben und mach damit, was du willst.
Ich kann sagen, ich habe lange Zeit damit gehadert, als ich erkannte, dass Gott mich zu hundert Prozent will. Es ist so einfach, nur zu achtzig Prozent dabei zu sein. Es ist ja schön, Gott auch im Leben dabei zu haben, und wir wollen seinen Segen. Aber zu sagen: Herr, ich bin bereit, für dich ehelos zu bleiben – das ist eine Herausforderung.
Gott zu sagen: Wenn du willst, du hast meine Unterschrift. Wenn du willst, dass ich nach Afrika gehe, gehe ich. Du hast mich zu hundert Prozent, und für dich allein möchte ich leben.
Das ist die Einladung, die heute Abend gilt und die ich dir aussprechen möchte: Dass du heute dein Leben zu hundert Prozent Gott übergibst. Wenn man unser Leben mit einem Haus vergleichen kann, dann sage nicht: Gott, es ist schön, dich im Flur zu haben. Sondern: Komm in alle Räume meines Lebens. Komm in alle Räume. Du hast mein Leben. Mach du damit, was du willst, Herr. Ich will nur für dich leben.
Dazu lade ich uns ein. Ich möchte gerne jetzt zu einer Gebetsgemeinschaft einladen, dass wir das dem Herrn sagen. Und dass wir vielleicht, wenn wir es nicht öffentlich laut bekennen wollen, es im Stillen tun. Dass du Dinge vor dem Herrn bekennst, die er dir heute Abend aufgezeigt hat.
Gerne kannst du auch im Anschluss noch auf mich oder die anderen Brüder zukommen und dein Leben mit Gott bereinigen.
Lass uns dazu aufstehen und zum Abschluss beten:
Herr, wir sind angesprochen durch dein Wort, dein so ernstes Wort, das heute sehr viele Warnungen in unser Leben gesprochen hat. Herr, ich möchte dich bitten, dass diejenigen, die heute Abend hier sind oder auch vor dem Livestream dabei sind, sich auf eine Begegnung mit dir vorbereiten. Dass sie Sünden bekennen und Buße tun. Du lädst uns ein und sagst: Sucht mich, und ihr werdet Leben finden.
Ich möchte dich bitten, dass die Menschen, die das wahre Leben in dir noch nicht erkannt haben, das echte Leben finden. Dass sie ihr Leben dir anvertrauen und in ihrem alten Leben mit dir die ganze Sache machen.
Herr, ich möchte dich bitten: Wenn du uns heute Abend aufgezeigt hast, dass wir ein Doppelleben führen, dass wir hier vielleicht fromme Lieder laut mitsingen und dabei genau wissen, dass wir das überhaupt nicht ernst meinen, weil der Ofen aus ist – Herr, schenke uns einen Neuanfang.
Lass uns neu erkennen: Es geht um ein Brennen für dich. Es geht darum, dass wir das Feuer in unserem Herzen wieder anzünden und ganz für dich leben. Herr, du sollst unser ganzes Leben haben. Wir sind bereit, dir alles abzugeben.
Herr, bitte schenke heute, dass Menschen einen Neuanfang oder einen ersten Anfang mit dir machen. Amen.
Wir können uns jetzt wieder hinsetzen.