Rückblick auf die erste Tempelreinigung und deren Bedeutung
Das letzte Mal haben wir die erste Tempelreinigung gemeinsam betrachtet, die in Johannes 2,13-22 beschrieben wird. Es gab ja zwei Tempelreinigungen: Diese hier am Anfang des öffentlichen Wirkens des Herrn Jesus und die zweite am Ende davon, nämlich am Montag vor der Kreuzigung. Die zweite Tempelreinigung ist in den anderen drei Evangelien Matthäus, Markus und Lukas beschrieben. Die erste findet man nur im Johannesevangelium.
Wir haben uns auch damit beschäftigt, wo diese Tempelreinigung stattgefunden hat. Weiß das noch jemand? Wo im Tempel? In welchem Gebäude? In der Königlichen Säulenhalle.
Es steht ja nichts explizit von der Königlichen Säulenhalle. Wie würdest du das begründen? Weil dort eben die Schafe und andere Opfertiere verkauft wurden.
Die Königliche Säulenhalle war, wie der Name schon sagt, eine Basilika. In der alten Welt war die Basilika sowohl Marktplatz als auch Gerichtsplatz. So war es auch damals im Jahr 30. Dort war der Sanhedrin, der oberste jüdische Gerichtshof, untergebracht. Früher befand sich der Sanhedrin in einem anderen Gebäude im Tempel, aber er zog 40 Jahre vor der Zerstörung des Tempels um.
Die Zerstörung des Tempels fand im Jahr 70 statt, also wurde die Königliche Säulenhalle im Jahr 30 zum Sitz des Sanhedrins. Dort befand sich auch der Tempelmarkt, auf dem die Opfertiere verkauft wurden.
Der Name Basilika oder Königliche Säulenhalle drückt noch mehr aus: Es war ein sehr prächtiges, majestätisches Gebäude. Der Herr Jesus hat ausgerechnet dort, in der Königlichen Säulenhalle, seine königliche Autorität zum ersten Mal in Jerusalem deutlich gezeigt.
Diese Autorität stand über dem obersten Gerichtshof Israels, der dort seinen Sitz hatte und die Erlaubnis für den Verkauf und das Marktreiben gegeben hatte. Nun kommt der Mann aus Galiläa und treibt die Verkäufer hinaus. Damit stellt er sich in seiner Autorität deutlich über den Sanhedrin und zeigt sich als König.
Dass er dieser König war, hat er durch seine Wunderwerke bewiesen. Dazu kommen wir jetzt in den Versen 23 und folgenden.
Die Art des Glaubens und Jesu Misstrauen
Der Herr Jesus hat viele Wunderzeichen in Jerusalem getan. Dabei kamen viele Juden am Passafest zum Glauben an ihn.
Doch was ist von diesem Glauben zu halten? Es ist die schlechteste Art, zum Glauben zu kommen. Der Herr sagt ja: Glaubt mir um meines Wortes willen. Wenn aber niemand glaubt, will der Gläubige wenigstens unterzeichnen.
Im Text wird dieser Glaube auch schon beurteilt. Jesus traute den Menschen nicht. Er traute sich ihnen nicht an. Der Herr Jesus wusste also, dass dieser Glaube kein richtiger Glaube war. Es war einfach ein äußeres Überzeugtsein: Das muss der Messias sein, denn diese Zeichen kann niemand anders tun, die er tut.
Offensichtlich war das kein rettender Glaube. Das Thema Glauben ist ja sehr wichtig und dominant im Johannesevangelium. Dort finden wir beides: den rettenden, echten Glauben und auch den Glauben, der eben nicht rettet.
Später, in Kapitel 8, greifen wir ein wenig vor. Dort finden wir nochmals einen solchen Fall.
Beispiel aus Johannes 8: Glaube ohne Rettung
Wer liest ab Vers dreißig? Als er dies redete, glaubten viele an ihn. Jesus sprach nun zu den Juden, die ihm geglaubt hatten: „Wenn ihr in meinen Worten bleibt, so seid ihr wahrhaft meine Jünger. Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch freimachen.“
Sie antworteten ihm: „Wir sind Abrahams Same und sind nie jemandes Knechte gewesen. Wie sagst du dann, ihr sollt frei werden?“ Jesus antwortete ihnen: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Jeder, der die Sünde tut, ist der Sündeknecht. Der Knecht aber bleibt nicht für immer im Haus, der Sohn bleibt für immer. Wenn nun der Sohn euch freimachen wird, so werdet ihr wirklich frei sein.“
Und zu denselben Leuten spricht der Herr dann noch in Vers 43 oder 44: „Noch versteht ihr meine Sprache nicht, weil ihr mein Wort nicht hören könnt. Ihr seid aus dem Vater, dem Teufel, und die Begierden eures Vaters wollt ihr tun. Er war ein Menschenmörder von Anfang an und stand nicht in der Wahrheit, weil keine Wahrheit in ihm ist.“
Da heißt es doch, viele haben ihm geglaubt, Vers 30. Und doch nennt er sie „ihr seid aus dem Vater, dem Teufel“. Was ist das für ein Glaube? Jedenfalls kein rettender Glaube. Wo liegt das Problem? Sie haben ihr eigenes Problem nicht erkannt: dass sie Erlösung für ihre Sünde brauchen und dass sie Vergebung benötigen.
Darum spricht er dann über sie in Vers 34: „Jeder, der die Sünde tut, ist der Sündeknecht.“ Genau, das Problem der Schuld war also noch nicht geklärt. Man kann sagen, das Element der Buße, Reue und völligen Umkehr war nicht vorhanden. Es gibt Leute, die können glauben, aber es hat keine wirkliche Reue und Umkehr stattgefunden.
Ein wichtiges Kennzeichen finden wir hier in Vers 43: „Warum versteht ihr meine Sprache nicht? Weil ihr mein Wort nicht hören könnt.“ Das ist ein ganz wichtiger Punkt, an dem man erkennen kann, ob ein echter Glaube da ist. Denn wenn jemand wirklich glaubt, hört er auf das Wort Jesu.
Vielleicht noch dazu aus dem ersten Johannesbrief Kapitel 4, Vers 6, wo der Apostel Johannes spricht und sich mit den anderen Aposteln einigt: „Wir sind aus Gott; wer Gott erkennt, hört uns. Wer nicht aus Gott ist, hört uns nicht. Hieraus erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums.“
Jawohl, Jesus sagt: Ihr hört nicht mein Wort. Und hier kommt noch hinzu: Diejenigen, die nicht aus Gott sind, hören auch nicht das Wort der Apostel. Wenn jemand also sagt: „Ja, das hat Paulus gesagt, aber er hat halt gewisse eigene Meinungen“, dann stellt sich die Frage, ob da wirklich jemand wiedergeboren ist, der so spricht.
Denn wer aus Gott geboren ist, der hört auf die Apostel, wie es hier heißt. Hier haben wir einen Punkt, an dem wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums unterscheiden können.
Der Herr Jesus hat, gehen wir zurück zu Johannes Kapitel 2, diese Menschen durchschaut. Sie haben zwar an ihn geglaubt, aber er hat sich ihnen nicht anvertraut. Er wusste ganz genau, wie verdorben, durch und durch verdorben der Mensch ist, Vers 25, „denn er selbst wusste, was im Menschen war.“
Die Begegnung mit Nikodemus und die neue Geburt
In Kapitel drei begegnet uns Nikodemus, einer der Obersten der Juden. Der Herr spricht mit ihm über die Wiedergeburt, oder besser gesagt, die neue Geburt. Dieser Zusammenhang muss deutlich erkannt werden.
Zuvor haben wir in Kapitel zwei das Problem eines Glaubens gesehen, der nicht aus einer Neugeburt entsteht, sondern lediglich aus einem äußeren Überzeugtsein. Nun stellt sich die Frage, wie ein Mensch wirklich aus Gott sein kann und dadurch auch sein Wort hören kann.
Wer war Nikodemus?
Was bedeutet es, wenn hier gesagt wird, Nikodemus war ein Oberster der Juden?
Zunächst einmal war er ein Gelehrter. Zweitens unterrichtete er die Juden, denn Jesus sagt das selbst an anderer Stelle: „Du bist der Lehrer Israels.“ Er war also eine der größten Lehrautoritäten in Israel. Das steht in Vers 10: „Ja, du bist der Lehrer Israels.“ Das bedeutet, er war nicht nur irgendein Rabbi, sondern ein führender, ausgezeichneter Rabbi.
Weiterhin war er ein Oberster, also ein Herrscher der Juden. Das heißt, er war Mitglied des Sanhedrin. Der Sanhedrin bestand aus 71 Männern unter der Leitung des Hohenpriesters. Nikodemus war also einer von diesen 71. Das Gremium setzte sich zusammen aus Pharisäern, Sadduzäern und führenden Priestern. Die Priester waren meist Sadduzäer.
Nikodemus gehörte somit zu diesem höchsten Gremium, das durch die Tempelreinigung herausgefordert wurde. Der oberste Gerichtshof musste eine Entscheidung treffen: War Jesus, der die Leute aus dem Tempel vertrieb, ein Verführer, der sich gegen die Gerichtsinstanz stellte, oder war er der Messias? Es gab keine neutrale Position mehr – entweder war Jesus das eine oder das andere.
Nikodemus setzte sich mit dieser Frage auseinander, hatte aber offenbar Angst, dies am Tag zu tun. Deshalb kam er nachts zu Jesus. Andere wagten nicht einmal das. Aber Nikodemus kam nachts.
Übrigens ist Nikodemos ein griechischer Name und bedeutet „Volksbeherrscher“. Was lässt sich daraus schließen, wenn ein Jude einen solchen Namen trug? Wahrscheinlich hatte er eine griechische Erziehung oder griechisch orientierte Eltern. Mindestens zeigt es eine gewisse kulturelle Öffnung.
Es war damals oft üblich, zwei Namen zu haben: einen typisch jüdischen und einen griechischen. Das musste aber nicht immer so sein. Wenn er also den Namen Nikodemus oder auf Hebräisch „Nagdimon“ trug – das ist einfach die hebräische Aussprache – weist das eher auf eine Offenheit gegenüber der hellenistischen Kultur hin.
Nikodemus beginnt das Gespräch mit einer Lobrede. Er hatte offenbar Angst vor seinen Kollegen, sonst wäre er tagsüber zu Jesus gekommen. Seine Autorität hätte das erlaubt. Dass er nachts kam, ist daher von großer Bedeutung. Er wollte der Sache auf den Grund gehen, obwohl er schon damals merkte, dass die meisten eine negative Haltung hatten.
Das zeigt sich auch in Johannes Kapitel 2, Vers 18: „Die Juden nun antworteten und sprachen zu ihm: Was für ein Zeichen zeigst du uns, dass du diese Dinge tust?“ Jesus gab daraufhin das Zeichen seiner Auferstehung.
Das zeigt, dass die führenden Juden – mit „die Juden“ sind hier speziell die führenden Schichten gemeint – bereits negativ gegen Jesus eingestellt waren. Deshalb kam Nikodemus nachts.
Nikodemus legt ein ehrliches Zeugnis ab: „Rabbi, wir wissen, dass du ein Lehrer bist, von Gott gekommen, denn niemand kann diese Zeichen tun, die du tust, es sei denn, Gott ist mit ihm.“ Das zeigt eine ehrliche Haltung, die andere nicht so offen zugeben würden, obwohl sie es innerlich wussten.
Interessant ist, dass die führenden Juden in Johannes 2,18 gefragt hatten: „Was für ein Zeichen zeigst du uns?“ Jesus wollte darauf nicht direkt eingehen. Während der Passahzeit aber tat er viele Zeichen, so dass Nikodemus sagen musste: „Niemand kann diese Zeichen tun, die du tust, es sei denn, Gott ist mit ihm.“
Wie reagierte Jesus auf diese Lobrede? Er ging gar nicht darauf ein. Das ist eindrücklich. Er verwirft sie nicht, aber er nimmt sie auch nicht an. Stattdessen spricht er das zentrale Problem an, mit dem sich Nikodemus auseinandersetzen muss.
Die neue Geburt als Voraussetzung für das Reich Gottes
Und zwar liest noch jemand nochmals Vers drei: Jesus antwortete und sprach zu ihm: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“
Jawohl, es ist so. Das griechische Wort, das hier mit „von neuem“ übersetzt wird, hat zwei Bedeutungen: „von neuem“ oder „von oben“. Besser ist es, es mit „von oben“ zu übersetzen, denn wenn man den ganzen Zusammenhang in Kapitel drei betrachtet, ist eigentlich nicht die Betonung wichtig, dass man „von neuem“ geboren wird, sondern dass eine andere Art von Geburt stattfinden muss. So wäre es treffender, von einer „Geburt von oben“ zu sprechen.
Von dieser Stelle stammt auch der Ausdruck „Wiedergeburt“ oder „wiedergeboren sein“. Ein Begriff, der seit den 1970er-Jahren in Amerika sehr populär geworden ist. Wenn man dazugehören wollte, sagte man: „Ich bin ein born again Christian“, also ein wiedergeborener Christ. Im Gespräch mit manchen Leuten gibt es manchmal Verständnisprobleme, denn wenn sie „Wiedergeburt“ hören, denken sie an Reinkarnation. Und damit hat der biblische Text überhaupt nichts zu tun.
Auch aus diesem Grund ist es eigentlich nützlich, wenn wir von einer Geburt von oben, einer Geburt aus Gott sprechen. So können wir vielleicht mehr Missverständnisse vermeiden.
Der Satz hier wird eingeleitet mit „Wahrlich, wahrlich!“ Im Grundtext steht dafür „Amen, Amen!“ Das ist ein bekanntes Wort, das wir oft bei ganz gewichtigen Worten Jesu in den Evangelien finden. Er sagt dann „Wahrlich, ich sage dir“. Im Johannesevangelium ist das etwas Besonderes, denn dort finden wir diese doppelte Form „Amen, Amen“ fünfundzwanzigmal.
„Amen, Amen, Ani o Merlachem“ hat er so auf Hebräisch zu Nikodemus gesagt. Diese Verdoppelung von „Amen“, was „wahrlich“, „wirklich“ oder „wahrhaftig“ bedeutet, zeigt, dass es hier um ein ganz wichtiges Kernwort geht. Insgesamt kommt „Amen, Amen“ im Johannesevangelium 50 Mal vor, verteilt auf 25 solcher Kernverse.
Hier haben wir den ersten davon. Es geht also um die neue Geburt. Diese neue Geburt ist die Voraussetzung dafür, dass jemand das Reich Gottes sehen kann.
Aber wenn Nikodemus sagt „Wir wissen“, meint er damit doch den Sanhedrin, oder nicht? Ja, oder mindestens macht er sich damit eins mit vielen anderen Führenden. Und sie haben es trotzdem nicht akzeptiert? Ja, ja. Das macht das Schlimme aus. Es zeigt, dass man offensichtlich an den äußeren Zeichen gesehen hat, dass es ganz klar so sein muss. Trotzdem hat die Mehrheit des Sanhedrins Jesus schließlich abgelehnt und verworfen.
Ich hätte gedacht, es wäre eine Art plurales Majestatis, denn sonst wäre es ja eigentlich eine Lüge gewesen, was da vorgetragen wurde. Ja, aber das plurale Majestatis ist im Hebräischen nicht üblich.
Ach so. Denn sonst, wenn er sagt „Wir wissen“, hätte er richtiger formulieren müssen: „Einige von uns müssen wissen, dass das so ist.“ Ja, ja, aber er hat offensichtlich den Eindruck, dass es im Allgemeinen allen klar ist. Dennoch stoßen sie sich an ihm.
Also kein plurales Majestatis, übrigens auch nicht, wenn der Herr plötzlich von „wir“ spricht. Ist das jemandem aufgefallen? In Kapitel 3, Vers 11 sagt der Herr: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, wir reden, was wir wissen, und zeugen, was wir gesehen haben, und unser Zeugnis nehmt ihr nicht an.“ Ja, da werden wir später noch darauf eingehen, wer mit „wir“ gemeint ist.
Kommen wir schön der Reihe nach. Die Neugeburt ist eine absolute Voraussetzung für das Reich des Messias. Das ist gemeint mit dem Reich oder Königreich Gottes.
Nikodemus’ Verständnis und die Frage nach dem „Wie“
Die Antwort von Nikodemus
Nikodemus muss die Neugeburt so verstanden haben, wie sie bei mir übersetzt wird: von neuem und nicht von oben. Sonst hätte er ja nicht diese Antwort gegeben. Es ist ja eigentlich sowieso inbegriffen, wenn man sagt, jemand müsse von oben geboren werden, dann geht es um eine weitere Geburt. Es muss also etwas Zusätzliches geschehen, das ist klar.
Der Herr spricht nicht von der ursprünglichen Geburt, sonst könnte er das ja nicht als Bedingung stellen. Man muss von oben geboren werden, damit man überhaupt in das Reich Gottes eingehen kann. Es geht also selbstverständlich um eine weitere Geburt.
Nikodemus stellt dann die Frage: Wie soll das geschehen? Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er etwa zum zweiten Mal in den Leib seiner Mutter eingehen und geboren werden? Im Deutschen ist das auch klar, wenn er fragt: „Kann er etwa?“ Wie muss man antworten? Natürlich nicht. Im Griechischen gibt es nämlich ein besonderes Mittel, um eine Frage so zu formulieren, dass immer klar ist, man muss darauf mit Nein antworten. Das ist auch hier so.
Nikodemus hat also überhaupt nicht den Gedanken, dass das auf eine seltsame Weise geschehen sollte. Er sagt: Das geht ja so nicht, aber wie geht denn eine Neugeburt? Das war also keine dumme Frage.
Eine solche Geburt nach dem gleichen Schema wie die erste bringt ja sowieso nichts. Denn was sagt Psalm 51? David bekennt seine Schuld. Lest jemand bitte: „Gegen dich, gegen dich allein habe ich gesündigt und getan, was böse ist in deinen Augen, damit du im Recht bist mit deinem Reden, und rein erfunden in deinem Lichten.“ Das ist in der Bibel der Vers 6.
Dann der nächste Vers: „Siehe, in Schuld bin ich geboren, und in Sünde hat mich meine Mutter empfangen.“ Jawohl, also sehen wir, dass alttestamentlich das Wissen um die Sündhaftigkeit von Geburt an schon verankert ist.
Was bringt es also, wenn er nochmals in den Mutterleib zurückgeht? Das bringt sowieso nichts, denn es kommt wieder dasselbe heraus: in Sünde geboren.
Dazu noch Hiob 14,4: „Wie könnte ein Reiner aus einem Unreinen kommen? Nicht ein einziger!“ Das zeigt, dass es sowieso nichts bringt.
Die Bedeutung von Wasser und Geist in der Neugeburt
Nun die Antwort des Herrn Jesus, Vers 5, ein zweites Amen, Amen-Wort. Wer liest? „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.“
Jawohl, also geboren werden aus Wasser und Geist. Was sollte sich Nikodemus darunter vorstellen? Gibt es da irgendwie einen alttestamentlichen Bezug? Das war doch der Zug durchs Rote Meer beziehungsweise durch den Jordan. Damit ist ja schon die Symbolik für die Taufe gegeben: das Alte und das Neue.
Ja, aber da hätten wir das Wasser, und wo wäre der Geist? Also wir sollten eine Stelle im Alten Testament finden, in der es um das Reich Gottes und um Wasser und Geist geht. Gibt es das? Schlagen wir mal auf.
Also Hesekiel 36, welchen Vers würden Sie empfehlen? Fünfundzwanzig. Ja, lesen wir doch ab Vers 24 schon:
„Und ich werde euch aus den Nationen holen und euch aus allen Ländern sammeln und euch in euer Land bringen. Und ich werde reines Wasser auf euch sprengen, und ihr werdet rein sein. Von allen eurer Unreinheit und von euren Götzen werde ich euch reinigen, und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben. Und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein Fleisch an das Herz geben. Zuerst noch, ich werde meinen Geist in euer Inneres geben und ich werde machen, dass ihr in meinen Ordnungen lebt und meine Rechtsbestimmungen bewahrt und tut. Und ihr werdet in dem Land wohnen, ohne dass ich euch den Krieg dann gegeben habe, und ihr werdet mir zum Volk, und ich, ich werde euch zum Ort sein.“
„Befreien von all eurer Unreinheit.“ Jawohl, ja, da haben wir tatsächlich Wasser, Vers 25: „Und ich werde reines Wasser auf euch sprengen“, und wir haben Gottes Geist, Vers 27: „Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben.“ Darüber wird dann in Kapitel 37 noch ausführlicher gesprochen, wie Gott seinen Geist in sein Volk gibt. Kapitel 37, Vers 14: „Ich gebe meinen Geist in euch, dass ihr lebt, und werde euch in euer Land setzen, und ihr werdet erkennen, dass ich, der Herr, geredet und es getan habe, spricht der Herr.“
Jawohl, und dann in diesem gleichen Kapitel das Reich Gottes in Vers 24: „Und mein Knecht David wird König über sie sein, und sie werden alle einen Hirten haben, und sie werden meine Rechtsbestimmungen leben und meine Ordnungen bewahren und sie tun.“ Hier haben wir den Messias, der hier „mein Knecht David“ genannt wird, der Messias, der herrscht über sein Volk Israel – da haben wir das Reich Gottes.
Jetzt haben wir also den direkten Zusammenhang zu Johannes 3: Wenn jemand nicht von oben her geboren wird, eben von Gott her gewirkt, dann kann er das Reich Gottes nicht sehen. Also in dieses Reich kommt kein Jude hinein, wenn er nicht diese neue Geburt von oben erlebt. Und das geschieht eben, indem Gott seinen Geist hineingibt und mit Wasser reinigt.
Was sollen wir jetzt unter diesem Wasser verstehen? Reinigung durch Buße? Du würdest einfach Buße mit Wasser gleichsetzen? Also jetzt nicht die Taufe, wie wir sie heute kennen, sondern Wasser reinigt ja eigentlich.
So, ja, ja, ja. Und so kommt man zur Reinigung durch die Buße, ja.
Also mir geht es jetzt zunächst einmal um die Sprache: Warum heißt es „reines Wasser auf euch sprengen“? Worauf wird hier angespielt? Waschungen? „Sprengen“ – sprengen wohl dort gesprengt.
Ja, es ist ja wichtig: In der katholischen Theologie und dann leider auch in der Theologie von Luther hat man die Taufe mit der Wiedergeburt in Verbindung gebracht. Und da stützt man sich dann ab auf Johannes 3 und meint eben, die Taufe habe irgendwie etwas zu tun mit der Wiedergeburt, denn es ist eine Neugeburt aus Wasser und Geist.
Aber wir sehen, dass das nicht hält, denn der Bezug ist ja effektiv der zu Hesekiel 36, und da geht es gar nicht um eine Taufe, sondern es geht ums Sprengen.
Ja, wo müssen wir nachschauen, wenn es um dieses Sprengen geht? Bei der roten Kuh! Also gehen wir noch weiter zurück. Jetzt schauen wir, worin Hesekiel verwurzelt ist: Johannes 3 ist verwurzelt in Hesekiel 36, und Hesekiel 36 ist verwurzelt in 4. Mose 19.
Dort werden die gewaltigen Opfer der roten Kuh beschrieben. Es ist ein ganz eigenartiges Opfer, denn in der Zeit von Mose bis zum Untergang des Tempels im Jahr 70 nach Christus sind keine zehn solcher Kühe geopfert worden. Das war also ein Opfer, das noch viel seltener war als das einjährige Opfer von Jom Kippur.
Ich kann kurz erklären: Es geht darum, dass eine rote junge Kuh völlig ohne Fehl sein musste, noch nie ein Joch auf ihr gelegen haben durfte. Diese Kuh musste außerhalb des Lagers, in Jerusalem außerhalb der Stadt auf dem Ölberg, geschlachtet werden und anschließend völlig zu Asche verbrannt werden.
Diese Asche musste dann aufgesammelt werden und mit Quellwasser verbunden werden. Ein Priester musste dann jeweils die Unreinen besprengen. Es geht dabei um Unreinigkeit: Wenn man einen Toten berührt hatte, war man unrein.
Ein solcher Verunreinigter durch Tote musste gereinigt werden, indem ein Priester einen Ysop-Büschel nahm. Der Ysop in Palästina hat ganz feine Härchen auf den Blättern und eignet sich darum sehr gut. Wenn man das in Wasser eintaucht, gibt es sofort ganz kleine Tröpfchen, und damit konnte man gut die Unreinen besprengen.
Das war ein Prozedere, das man am dritten Tag nach der Anmeldung machen musste und dann nochmals am siebten Tag. Erst nach einer Prozedur von einer ganzen Woche war man schließlich rein.
Jetzt müssen wir uns fragen: Was ist die Bedeutung davon, die symbolische Bedeutung des Opfers der roten Kuh? Was bedeutet die Berührung des Toten? Dadurch, dass die Israeliten also immer so bewusst waren, sobald sie mit einem Toten in Kontakt gekommen waren, jetzt sind wir unrein, so kann ich nicht in die Gegenwart Gottes.
So hat sich dadurch eben die tiefe Überzeugung eingeprägt: Der Tod macht schmutzig. Und der Tod ist ja die Folge der Sünde.
So haben wir in diesem Opfer eigentlich die Zusammenfassung der Wahrheit von Römer 6, Vers 23: „Der Lohn der Sünde ist der Tod.“ Und wie können wir von dem Schmutz der Sünde frei werden, rein werden? Allein durch die völlige Hingabe des Herrn Jesus Christus in den Tod am Kreuz auf Golgatha, außerhalb der Stadt, so wie die rote Kuh außerhalb der Stadt geschlachtet werden musste.
Und nun, wenn Gott also darauf Bezug nimmt in Hesekiel 36: In der Endzeit werde ich euch Juden in das Land zurückführen, und dann, wenn ihr im Land seid – sie kommen also schmutzig zurück –, werde ich dann dieses reine Wasser auf euch sprengen. Da soll eine Erneuerung kommen. Und Gott wird auch seinen Geist ins Herz geben.
Das ist also die Neugeburt oder die Geburt von oben für Israel. Und der Herr Jesus sagt zu Nikodemus: Wenn jemand nicht von neuem geboren ist oder von oben hier geboren ist, kann er das Reich Gottes nicht sehen, kommt er nicht in dieses Reich hinein.
Denn alle Juden, die sich nicht bekehren werden vor der Wiederkunft Christi, die kommen unter das Gericht.
Das ist also die Aussage: Es braucht nicht ein Zurückgehen in den Mutterleib, es braucht dieses Werk aus Hesekiel 36.
Und was jetzt noch klar wird: Vielleicht könnte man meinen, wenn man Hesekiel 36 liest, dieses Phänomen von Leben aus Gott gibt es nur einmal in der Endzeit.
Aber der Herr Jesus sagt, das muss jetzt sein. Das ist nicht ein Phänomen, das nur einmal die Endzeit betrifft, sondern das war das Prinzip, wie Menschen gerettet wurden durch alle Zeiten hindurch.
Man muss also sagen: Menschen, die eine neue Geburt bekommen haben, leben aus Gott. Das gibt es nicht erst seit dem Kommen des Herrn Jesus, das gab es auch früher.
Also all die Männer und Frauen im Alten Testament, die echte Gläubige waren, die haben diese innere Erneuerung erlebt. Und früher, Mose, Joseph und so weiter, das waren alles Menschen, die hatten Leben aus Gott.
Um jetzt noch ein bisschen alttestamentlich mehr zu untermauern: Psalm 133, der letzte Vers. Wer liest? „Wie der Tau des Hermon, der herabfällt auf die Berge Zions; denn dort hat der Herr den Segen verordnet: Leben bis in Ewigkeit.“
Jawohl, also das Prinzip „Leben bis in Ewigkeit“, ewiges Leben, das ist bereits ein alttestamentlicher Begriff.
Und jetzt im weiteren Gespräch kommt der Herr Jesus dann eben auf dieses ewige Leben zu sprechen. Johannes 3, Vers 16, wer liest das? Vers 15 schon, bitte.
„Damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab.“
„Damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“
Also dieses ewige Leben, das ist nicht etwas, das für Nikodemus völlig neu hätte sein müssen, denn das finden wir bereits im Alten Testament.
Wir kommen dann später noch ein bisschen ausführlich darauf, was denn dieses ewige Leben effektiv ist.
Aber jetzt gehen wir nochmals zurück zu Vers 5: „Es sei denn, dass jemand aus Wasser und Geist geboren werde, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen.“
Also es geht nicht um die Taufe, sondern es geht eben um diese geistliche Reinigung durch das Opfer des Herrn Jesus Christus, also um die Erfüllung des Opfers der roten Kuh.
Verbindung zum Neuen Testament: Das Opfer Christi als Erfüllung
Wo wird im Neuen Testament das Opfer der roten Kuh mit dem Opfer Christi in Verbindung gebracht? Ja, wo? In Hebräer 9,13-14.
Wie heißt es dort? Denn wenn das Blut von Stieren und Böcken und die Asche einer jungen Kuh auf die Unreinen gesprengt wird zur Reinigung des Fleisches, so heiligt das, wie viel mehr wird das Blut Christi, der durch den ewigen Geist sich selbst ohne Flecken Gott geopfert hat, euer Gewissen reinigen von toten Werken, um dem lebendigen Gott zu dienen.
Hier wird erklärt, dass die Asche der jungen Kuh auf die Unreinen gesprengt wurde und so eine äußere, ich will sagen symbolische Reinigung des Fleisches bewirkte.
Aber nun kommt etwas, das darüber hinausgeht, was die eigentliche Erfüllung dieses Hinweises ist: Wie viel mehr wird das Blut Christi, der durch den ewigen Geist sich selbst ohne Flecken Gott geopfert hat, euer Gewissen reinigen von toten Werken. Das bedeutet eine innere Erneuerung des Menschen, damit man dem lebendigen Gott wirklich dienen kann.
Wenn man Gott dient, befindet man sich im Herrschaftsbereich Gottes, im Reich Gottes. Dort ist diese innere Reinigung notwendig.
Das ist vielleicht wichtig, um das so erklären zu können, wenn jemand Schwierigkeiten hat und meint, ohne die Taufe gebe es keine Neugeburt. Im Neuen Testament finden wir genau das Gegenteil: Zuerst kommt die Buße, und Gott wirkt das neue Leben, die neue Geburt, die Geburt von oben. Danach werden die Gläubigen getauft.
Die Taufe folgt also erst auf die Geburt von oben. Sie bewirkt sie nicht, sondern bezeugt sie.
Die Notwendigkeit der Neugeburt und Gottes Gebot
Und dann erklärt der Herr in Vers sieben: Ihr müsst von neuem geboren werden. Das ist also nicht fakultativ.
Manchmal wird das Evangelium sehr oft so verkündigt, als ob Gott einfach einlädt und man dann frei wählen kann, wie man will. Aber das Evangelium ist eigentlich keine Einladung im Sinne von: Der Mensch kann tun, was er will. Gott befiehlt den Menschen, Buße zu tun. So steht es in Apostelgeschichte 17,31: Gott befiehlt allen Menschen, Buße zu tun.
Hier steht: Ihr müsst von neuem geboren werden. Das ist Gottes Wille. Wenn ein Mensch sich nicht bekehrt, widersetzt er sich Gottes Geboten. Das ist eigentlich sehr wichtig. Es geht nicht um ein Angebot, bei dem man sagen kann: Du kannst ja auch Nein sagen.
Der Mensch hat zwar die Möglichkeit, Nein zu sagen, aber damit rebelliert er gegen Gott. Darum ist es ein Muss: Ihr müsst von oben, von neuem geboren werden.
Die Bedeutung des Windes als Bild für den Geist
Nun, der nächste Satz ist ein bisschen schwierig. Wer liest das? Wer sagt: „Der Wind weht, wo er will, und du hörst seinen Sausen, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht; so ist jeder, der aus dem Geist geboren ist.“?
Ja, wie kommt der Herr jetzt plötzlich darauf, von dem Wind zu sprechen? Wind und Geist sind dasselbe Wort im Hebräischen. Wie heißt es? Ruach. Jawohl. Und auf Hebräisch, auf Griechisch ist es hier auch so: Das Wort Pneuma in Vers fünf – „es sei denn, dass jemand aus Wasser und Geist, aus Pneuma geboren werde“ – ist hier das gleiche wie Wind.
Der Pneuma in Vers acht, der Pneuma – eigentlich tatsächlich – das Pneuma weht, wo es will, und du hörst sein Sausen. Also ist es ein Wortspiel: Geist oder man kann sagen, der Wind ist ein Bild für den Geist. Es ist eine Kraft, die unsichtbar wirkt.
Und wie soll man das jetzt verstehen? „So ist jeder, der aus dem Geist geboren ist.“ Was sagt dieser Satz aus? Vielleicht einfach, ein Wiedergeborener hat kein Siegel an der Stirn, woran man ihn erkennen kann. Den Wind kann man ja erkennen, aber nur an den Auswirkungen, und sonst nichts.
Ja, aber es geht hier insbesondere darum, dass man nicht weiß, woher der Wind kommt und wohin er geht. Also plötzlich dreht der Wind, und wir wissen nicht warum, oder? Und so ist jeder, der aus dem Geist geboren ist.
Welcher Bereich bestimmt denn das Leben? Nämlich ich selbst. Ganz genau. Und diese Art zu denken, zu leben und zu handeln ist für den Nicht von neuem Geborenen irgendwie nicht nachzuvollziehen. Plötzlich so, plötzlich so – warum? Er kann es nicht nachvollziehen.
Das ist auch das Prinzip von 1. Korinther 2, Vers 14 im Blick auf die Heilige Schrift. Lesen wir diesen Vers: 1. Korinther 2,14: „Der natürliche Mensch aber versteht nichts vom Geist Gottes. Es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, denn es muss geistlich beurteilt werden.“
„Der geistliche Mensch aber beurteilt alles und wird doch selber von niemandem beurteilt. Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, oder wer will ihm unterweisen? Wir aber haben Christi Sinn.“
Der natürliche Mensch ist der Mensch, der den Geist Gottes nicht hat. Für ihn sind die Dinge, die vom Geist Gottes kommen, Torheit. Er kann sie nicht erkennen und beurteilen. Aber der geistliche Mensch ist derjenige, der durch den Geist Gottes geleitet wird, in dem der Geist Gottes wohnt. Er kann diese Dinge vom Geist Gottes beurteilen und begreifen.
Für den ungläubigen Menschen ist so vieles nicht nachzuvollziehen, weil er eben den Sinn des Herrn, das Herrendenken, nicht erkannt hat. Also die Neugeburt, die Geburt aus Gott, verändert den Menschen so, dass sein Denken und Handeln nicht mehr den Regeln entspricht, die der Ungläubige, die Denkregeln des Ungläubigen hat.
Herr Proschen, darf ich noch mal ganz kurz fragen: Es bezieht sich jetzt also nicht darauf, dass ein Gläubiger den Gläubigen beurteilen soll, sondern wirklich nur darauf, dass Ungläubige das Handeln eines Gläubigen nicht beurteilen können?
Du meinst jetzt in Johannes oder in 1. Korinther 2?
In 1. Korinther 2. Da geht es eben darum, dass der ungläubige Mensch das Denken des Gläubigen nicht nachvollziehen kann. Er kann es nicht beurteilen. Aber der Gläubige kann das Denken des Ungläubigen beurteilen, weil es durch den Geist Gottes offengelegt wird.
Zum Beispiel erklärt Paulus in Epheser 4, dass der Verstand der Heiden verfinstert sei. Wir haben die Möglichkeit, als gläubige Menschen, die glauben, die Welt sei entstanden durch Zufall und durch Evolution, sie zu beurteilen. Wir können sagen: Das sind Menschen, die im Finstern am Verstand sind.
Aber sie können uns nicht beurteilen, weil sie vom Geist Gottes überhaupt nichts nachvollziehen können. Das klingt überheblich, aber es ist ja nicht, weil wir das gemacht haben, sondern weil Gott durch seinen Geist und durch sein Wort in unsere Herzen hineingeleuchtet hat – in die verfinsterten Herzen.
Bei mir ist hier in Vers 16 in Klammern gesetzt: „Wer hat den Sinn des Herrn erkannt, dass er ihm unterweisen könnte?“ An Ausführungsstrichen – ist das ein Zitat aus einem anderen Buch?
Das ist ein Zitat, ja, aus Jesaja, aus Jesaja 40. Ja, das gehört zum Text.
Gut, jetzt machen wir Pause bis zwanzig nach und dann fahren wir weiter in Johannes 3.
Vertiefung des Gesprächs mit Nikodemus
Nikodemus stellt in Vers 9 die Frage: „Wie kann dies geschehen?“ – also diese neue Geburt, entsprechend Hesekiel 36. Der Herr Jesus macht ihm daraufhin einen Vorwurf: Du bist der Lehrer Israels und weißt das nicht. Dieses Thema hätte er kennen müssen. Der Herr macht ihm also einen Vorwurf.
Dann sagt der Herr in einem dritten Amen-Amen-Wort – wer liest Vers 11 nochmals? „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wir reden, was wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen haben, und unser Zeugnis nimmt niemand an.“
Wer ist nun gemeint mit „wir“? Ja, der Herr Jesus, der Sohn Gottes, und der Heilige Geist. Nun sagt der Herr: „Wenn ich euch das Irdische gesagt habe und ihr glaubt nicht, wie werdet ihr glauben, wenn ich euch das Himmlische sage?“
Was ist gemeint mit dem Irdischen und was mit dem Himmlischen? Ist das Irdische die Zeichen und Taten, die er gemacht hat? Und das Himmlische? Ein sündloses Sehen? Versuchen wir, das vom Textzusammenhang her zu verstehen.
In diesem Gespräch geht es gerade nicht um Zeichen und Wunder – das war noch im Kapitel zuvor. Wenn der Herr sagt, „wenn ich heute das Irdische gesagt habe“, meint er nicht etwas, das er gemacht hat, sondern das, was er gesagt hat. Er spricht über das Irdische, und ihr glaubt das nicht. Wie wollt ihr dann glauben, wenn ich über das Himmlische spreche?
Aber was ist denn das Irdische, das er erzählt hat? Warum? Es geht um das Reich Gottes nach Hesekiel 36, 37 usw. Das ist ja ein Reich hier auf Erden. Jesus sagt ihm, was die Voraussetzung ist, um überhaupt in dieses messianische Reich einzutreten. Er sagt: „Wenn ihr nicht einmal diese Dinge annehmt“ – Nikodemus wusste nicht einmal, wie das mit der Neugeburt geht – „wenn ihr das nicht annehmt, wie wollt ihr dann das annehmen, wenn ich über das Himmlische spreche?“ Damit meint er nicht die Dinge, die das irdische Reich Gottes betreffen, sondern das Haus des Vaters und all die Herrlichkeit des Vaters, die gerade im Johannesevangelium so wunderbar entfaltet wird. Das sind die himmlischen Dinge.
Aber wie passt das auf die Frage? Nikodemus versteht nicht, wie das gehen soll nach Hesekiel 36. Dort geht es ja um das Irdische. Der Herr sagt, wenn er über das Irdische spricht, dann nehmt ihr führenden Juden das nicht an. Auf die Frage hin würde man doch erwarten, dass er erklärt, wie man von neuem geboren wird, wie das geschehen soll. Aber der Herr sagt: „Wenn ihr schon das Irdische nicht versteht, wie sollt ihr dann das Himmlische verstehen?“ Die Logik ist also: Die Antwort auf deine Frage hat mit dem Himmel zu tun, und du verstehst ja nicht einmal das Irdische, oder?
Gut, der Herr sagt ja noch vorher in Vers 11 etwas: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wir reden, was wir wissen, und zeugen, was wir gesehen haben.“ Er geht also nicht direkt auf die Frage ein, sondern sagt: „Schau mal, das, was ich jetzt bezeuge, all diese Dinge über die Neugeburt, das ist etwas, das der Heilige Geist und ich bezeugen, weil wir aus der Ewigkeit kommen.“
Aber es ist so, wenn ich über das Irdische spreche, eben das, was gerade in den Versen vorher ausgeführt wurde, dann nehmen die das schon nicht an. Und wie viel schwieriger ist es dann, wenn ich noch weitergehe und über das Himmlische spreche. Er geht also nicht direkt auf die Frage ein, wie das geschehen soll, sondern spricht viel grundsätzlicher darüber, was es eigentlich braucht, damit man überhaupt die Antwort annehmen kann.
Muss man denn davon ausgehen, dass Nikodemus diese Stelle aus Hesekiel nicht kannte? Oder dass er sie einfach nicht glaubte oder nicht auf sich bezog? Zum Beispiel gab es die rabbinische Auffassung, dass, wenn ein Nichtjude Jude wird, er quasi ein Baby wird, neu geboren. Aber das auf sich zu beziehen, dass man von neuem geboren werden oder von Gott geboren werden muss, war ein Problem. Das macht der Herr eben zum Vorwurf. Diese Dinge waren bekannt. Es war auch ein bekannter Gedanke, dass jemand, der umkehrt und zur Buße kommt, eine neue Schöpfung wird. Das findet man in den rabbinischen Schriften.
2. Korinther 5,17 sagt: „Wenn jemand in Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden.“ Vom Prinzip her war das im Judentum auch bekannt, aber diese Leute haben das gar nicht selbst erlebt. Der Herr sagt: Ihr müsst von neuem oder von oben geboren werden.
Nun aber, was Peter als Problem sah: Die Antwort auf die Frage „Wie soll das geschehen?“ wird in den weiteren Versen erklärt, denn der Herr zeigt, wie man ewiges Leben haben kann. Das kommt jetzt erst.
Zuerst erklärt der Herr Jesus, warum er das Himmlische kennt: Weil er vom Himmel herkommt. Er ist nicht ein gewöhnlicher Mensch. Darum sagt er in Vers 13 – wer liest? „Und niemand ist in den Himmel aufgefahren außer dem, der vom Himmel herabgekommen ist, nämlich dem Menschensohn.“ Jawohl.
Das verstehe ich nicht ganz, weil doch zwei Menschen im Himmel aufgefahren sind, Elia und Henoch. Das ist die Frage: Welcher Himmel ist gemeint? Gut, ich meine, die sind schon in die Gegenwart Gottes hingegangen, aber hier ist eine Anspielung auf mehr.
Schlagen wir mal auf Sprüche 30, Vers 4: „Wer ist hinaufgefahren zum Himmel und wieder herab? Wer hat den Wind in seine Hände gefasst? Wer hat die Wasser in ein Kleid gebunden? Wer hat alle Enden der Erde bestimmt? Wie heißt er? Und wie heißt sein Sohn, weißt du das?“ Jawohl, hier wird über Gott gesprochen, wer das ist. Es ist der Gott, der hinaufgestiegen ist in den Himmel und auch herabgefahren.
Wir finden das zum Beispiel schon in 1. Mose 11, wo Gott vom Himmel herabgefahren ist, als Babel gebaut wurde. Und in 2. Mose 3, Vers 8, wo Gott im Dornbusch Mose erscheint, sagt er: „Ich bin vom Himmel herabgekommen.“ Es geht hier also um den Gott, der, wenn er will, vom Himmel herabkommt und wieder hinaufgeht.
Henoch wurde zum Beispiel entrückt, Gott hat ihn hinaufgenommen. Es ist nicht so, dass er in eigener Machtvollkommenheit hinaufgestiegen wäre und dann auch wieder hätte herabsteigen können. Darum wird hier als besondere Umschreibung Gottes gefragt: „Wer ist hinaufgestiegen gen Himmel und herniedergefahren?“ Die Antwort soll nicht sein: „Ja, das war er auch“, sondern: „Das ist Gott.“
Weiter wird gefragt: „Was ist sein Name, und was ist der Name seines Sohnes, wenn du es weißt?“ Das ist interessant, denn Engel werden an manchen Stellen als Söhne Gottes genannt. Aber hier wird über jemanden gesprochen, der einzige Sohn, der eingeborene Sohn, also der einzige seiner Art.
Alttestamentlich wird der eingeborene Sohn Gottes schon erwähnt, und es besteht eine Gedankenverbindung zu Sprüche 30. Darum spricht der Herr gerade darüber, wer hinaufgestiegen und vom Himmel herabgestiegen ist – ein eigenes Handeln, nicht nur geschickt, sondern selbst gekommen ist, der Sohn des Menschen.
In Johannes 3, Vers 16 wird über den eingeborenen Sohn gesprochen. „Was ist sein Name, und was der Name seines Sohnes, wenn du es weißt?“ Da besteht eine sehr direkte Verbindung.
Übrigens gibt es noch mehr Verbindungen in Sprüche 30, Vers 4: „Wer hat den Wind in seine Fäuste gesammelt?“ Gerade vorhin hatten wir, der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Sausen, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. Dann wäre da die Wasser in ein Tuch gebunden. Also die Begriffe vom Hinaufsteigen in den Himmel, Herabsteigen, Wind, Wasser – wenn man nicht geboren wird aus Wasser und Geist – und dann dieser eingeborene Sohn, „Was ist sein Name und der Name seines Sohnes?“ Man merkt, da gibt es eine sehr enge Verbindung zu Sprüche 30.
Eindrücklich ist, wenn man diese Verbindung weiterverfolgt: Jesus sagte zu Nikodemus: „Du bist der Lehrer Israels und weißt das nicht.“ Er war stolz auf sein Wissen, aber hätte sich bewusster sein müssen, dass er fundamentale Dinge gar nicht richtig wusste.
Der Schreiber von Sprüche 30 stellt sich so vor: Er ist einer der Weisen im Alten Testament, und er schreibt in Sprüche 30, Vers 1 und 2: „Dies sind die Worte Agurs, des Sohnes Jake aus Massa. Es spricht der Mann: Ich habe mich gemüht, o Gott, ich habe mich gemüht, o Gott, und muss davon lassen, denn ich bin der Allertörigste und habe keinen Menschenverstand. Weisheit habe ich nicht gelernt und Erkenntnis des Heiligen habe ich nicht.“
Wenn man weiterliest, ist man überrascht, was er über die Herrlichkeit Gottes, den eingeborenen Sohn Gottes und die Wunder Gottes in der Schöpfung weiß. Aber er war jemand, der überhaupt nicht eingebildet war. Er sagte: „Ich weiß eigentlich gar nichts, ich bin unvernünftig.“
Der Herr Jesus musste Nikodemus sagen: „Du bist der Lehrer Israels und weißt das nicht.“ Agur sagt: „Ich bin unvernünftig“, und doch weiß er so viel. Man könnte sagen: Dem Agur hätte man sagen müssen: „Du bist so unvernünftig und weißt so viel.“ Das sind feine Anspielungen.
Nun haben wir aber noch ein Problem. In meiner Bibel steht in Kapitel 3, Vers 13: „Und niemand ist hinaufgestiegen in den Himmel außer dem, der vom Himmel herabgestiegen ist, der Sohn des Menschen, der im Himmel ist.“ Wer hat das auch so? Der Sohn des Menschen, der im Himmel ist? Hand hoch. Ja, einige haben das auch so. Der Zusatz „der im Himmel ist“ steht in der Fußnote. Einige alte Handschriften haben das, andere nicht.
Was ist das für ein Problem? Nicht alle Handschriften haben diesen Zusatz. Welche Handschriften haben ihn? Der Mehrheitstext. Es gibt vom Neuen Testament etwa fünf Haupthandschriften, und 90 dieser Handschriften stimmen erstaunlich überein – man nennt sie den Mehrheitstext. Die Bibeln, die man früher hatte, auch in der Reformation bis ins 19. Jahrhundert, basierten im Prinzip auf dem Mehrheitstext, und die hatten diesen Zusatz.
Im 19. Jahrhundert wurden ältere Handschriften aus Ägypten gefunden. Einige Gelehrte fanden, dass diese älteren Handschriften den ursprünglichen Text besser widerspiegeln – den sogenannten Minderheitstext aus Ägypten. Die modernen Übersetzungen des 20. Jahrhunderts bevorzugen meist diesen Minderheitstext, und darum haben viele Bibeln diesen Zusatz nicht mehr. Früher aber hatten wir ihn alle in der Bibel.
Es gibt gute Argumente, aber es ist nicht das Thema heute, ob der Mehrheitstext den ursprünglichen Text besser widerspiegelt. Der Mehrheitstext wurde an vielen Orten gefunden – in Italien, Griechenland, der Türkei und mehr – und zeigt eine Übereinstimmung. In Ägypten haben wir einen Sondertext.
Man muss stutzig werden, wenn in Ägypten ein Spezialtext kursiert, der möglicherweise verändert wurde. Ägypten war bis in die Frühzeit besonders bekannt für seine Lehren über die Person Jesu Christi. Darum ist es interessant, dass sie den Zusatz „der im Himmel ist“ weglassen.
Wie geht das? Der Herr Jesus ist doch in Jerusalem, Nikodemus kommt nachts zu ihm, sie sprechen miteinander, und der Herr sagt von sich, dem Sohn des Menschen, dass er vom Himmel herabgestiegen ist, der Sohn des Menschen, der im Himmel ist. Es war doch auf Erden, wie kann er gleichzeitig im Himmel sein?
Unser Vater ist im Himmel, und Jesus sagt: „Ich und der Vater sind eins.“ Noch mehr: Der Herr Jesus hat nie aufgehört, Gott zu sein. Darum konnte er damals in Jerusalem sagen: „Der Sohn des Menschen, der im Himmel ist“, wörtlich sogar „der Seiende im Himmel.“ Das drückt sein göttliches Sein aus. Er war allgegenwärtig, der allgegenwärtige Gott damals – im Himmel und auf Erden.
Jetzt versteht man, warum dieser Zusatz gerne weggelassen wurde. Er bezeugt so deutlich die Allgegenwart Christi. Wer seine Gottheit leugnen wollte, fand das unangenehm. Darum wurde es entfernt, sollte aber unbedingt drin bleiben.
Nun gibt es noch ein Problem im Text: Wenn dort stünde „der Sohn Gottes, der im Himmel ist“ oder „Gott der Sohn, der im Himmel ist“, könnte man das besser verstehen, denn das betonte seine Gottheit. Hier wird aber gesagt „der Sohn des Menschen“, was seine Menschheit betont. War der Herr Jesus als Mensch allgegenwärtig? Nein, als Mensch war er das nicht, aber als Gott.
Wie bringen wir das zusammen? Ganz wichtig: Er ist Gott und Mensch in einer Person, nicht zwei Personen. Gott und Mensch in einer Person. Das ist ein wunderbares Zeugnis. Ein typisch menschlicher Name, „der Sohn des Menschen“, wird verbunden mit einer Eigenschaft, die typisch göttlich ist – allgegenwärtig, „der im Himmel ist.“
Weiter zu Vers 14: Hier wird angespielt auf welches Kapitel? 4. Mose 21, die feurigen Schlangen, die Israel eine furchtbare Plage bereiteten. Mose musste eine Stange aufrichten, daran eine kupferne oder bronzene Schlange aufhängen. Jeder, der von einer tödlichen Schlange gebissen war und zur Schlange hinschaute, wurde geheilt und lebte, starb nicht. Er musste auf die erhöhte Schlange schauen.
Jetzt haben wir eine Reihe von Anspielungen: Es geht um Hesekiel 36, 37, 4. Mose 19 (Opfer der roten Kuh), Sprüche 30 und 4. Mose 21. Von einem führenden Gelehrten kann man ja etwas erwarten.
Der Herr Jesus macht einen Vergleich: Genau so wie es mit Mose in der Wüste geschah, als er die Schlange erhöhte, so muss auch der Messias, der Sohn des Menschen, erhöht werden – ans Kreuz. Jeder, der an ihn glaubt, hat ewiges Leben.
Der Herr Jesus erklärt also, wie man Leben aus Gott bekommt, anhand einer alttestamentlichen Geschichte. Die Menschen waren gebissen von der Schlange – so sind wir auch gebissen von der Sünde, die durch Satan und seine Lüge in die Welt gekommen ist (1. Mose 3). Jeder, der auf den Gekreuzigten schaut, wird geheilt und bekommt Leben.
In diesem Vergleich gibt es vielleicht ein Problem: Wie kann sich der Herr Jesus mit dieser Schlange vergleichen? Wie sollen wir das verstehen? Wenn es ein Lamm gewesen wäre, kein Problem. Die Schlange war der Verführer und Inbegriff der Sünde, denn durch diese Verführung kam die Sünde in die Welt und damit der Tod. Es geht darum, wie der Mensch Leben aus Gott haben kann.
Wie verstehen wir den Vergleich mit der Schlange? Weil er zur Sünde gemacht wurde. Wo steht das? 2. Korinther 5, Vers 21, ein ganz wichtiger Kernvers des Neuen Testaments: „Den, der keine Sünde kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gottes Gerechtigkeit würden.“
Jetzt müssen wir definieren: Was heißt hier Sünde? Ist das eine böse Tat? Nein, das war nie von Gott getrennt. Wie? Der, der nie von Gott getrennt war, wurde getrennt von Gott. Ja, genau.
Der Ausdruck „sündig“ wird im Römerbrief schön illustriert. In Römer 1 bis 5, Vers 11, geht es darum: „Wir Menschen haben ein riesiges Problem, weil wir alle gesündigt haben, Sünden begangen haben.“ Es wird erklärt, dass Jesus für unsere Sünden am Kreuz gestorben ist als Stellvertreter, und so kann uns vergeben werden.
Ab Römer 5, Vers 12 wird erklärt, dass wir noch ein zweites großes Problem haben: Durch den Fall Adams wurde der erste Mensch ein Sünder in seinem innersten Wesen, und dieses sündige Wesen hat er über Generationen weitergegeben. So haben wir die Sünde als Macht in uns, die nach dem Bösen drängt. Das nennt die Bibel schlicht „die Sünde.“
Jesus hat keine Sünde getan, so steht es in 1. Petrus 2, Vers 22, aber hier wird gesagt: „Den, der keine Sünde kannte“ – das heißt, er hatte nicht die sündige Natur in sich, wie wir. Er kannte die Versuchung von innen heraus nicht. Er kannte Versuchungen von außen – von Satan, von der Umwelt, von der Welt – aber nicht von innen.
„Den, der keine Sünde kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht.“ Das heißt, Gott hat am Kreuz nicht nur die Sünden der Gläubigen auf ihn gelegt, sondern juristisch betrachtet gilt er als die Quelle, die Ursache der Sünde in unserem Leben. Er wurde zur Sünde gemacht.
Darum musste Gott ihn auch verlassen. Wenn Jesus schrie: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ war das nicht nur ein Schrei der Verzweiflung, sondern Gott hat ihn wirklich verlassen, damit er ewig bei uns sein kann.
Das war nötig, weil Jesus zur Sünde gemacht wurde und darum das erschütternde alttestamentliche Bild der Schlange passt. Der Schuldlose, der Vollkommene wurde juristisch hingestellt, als wäre er die Quelle gewesen, zur Sünde gemacht.
Wer darauf schaut und sein ganzes Vertrauen auf den Messias Jesus Christus richtet, der bekommt dieses Leben. Das ist nun die Antwort auf die Frage von Nikodemus: „Wie kann dies geschehen?“
Der Herr musste eben weitergehen, nicht nur über das Irdische sprechen, sondern über den Sohn Gottes aus dem Himmel, der vom Vater gekommen ist und den schrecklichsten Platz einnehmen musste, den es gibt.
Dann kommt der bekannte Vers 16 – wer liest? „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.“ Jawohl!
Der Herr Jesus durchbricht auch die Grenzen Israels. Er zeigt, dass dieses neue Leben aus Gott nicht nur Juden bekommen können. Es bekommen es nicht alle, aber es gibt solche, die von einer Schlange gebissen wurden und nicht aufschauten – sie sind gestorben.
Nicht nur Juden, die aufschauen, sondern auch andere aus anderen Völkern können ewiges Leben bekommen, denn Gott hat die Welt geliebt. Nicht nur ein Volk, sondern alle Völker, alle Menschen, und hat seinen Sohn gegeben.
Das ist nicht das Gericht der Welt – das kommt erst bei seiner zweiten Erscheinung. Es geht um Rettung. Aber sein erstes Kommen macht eine Scheidung. Vers 18: „Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes.“
Das Kommen Christi teilt die Menschen in zwei Gruppen: Gewissen sind alle, aber es gibt solche, die aufschauen, und solche, die nicht aufschauen. Das bezeichnet der Herr auch als Gericht.
Dies ist das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen die Finsternis mehr liebten als das Licht. Das Wort „Krisis“ (Gericht) bezeichnet eine Scheidung, wie eine Wasserscheide. Hier geht es entweder hierhin oder dorthin.
Hier benutzt der Herr Jesus das Wort Gericht in diesem Sinn. Sein Kommen als Licht in die Welt hat eine Scheidung bewirkt. An ihm müssen sich die Menschen entscheiden. Das entscheidet über ewiges Leben oder ewige Verlorenheit.
In der Bibel der Zeugen Jehovas steht in Johannes 3, Vers 16: „Nicht verloren gehen, sondern vernichtet.“ Daraus kommt die sogenannte Vernichtungslehre. Das haben auch die Adventisten, die eine ewige Verdammnis leugnen.
Das Wort „verloren gehen“ heißt nicht „vernichtet werden“. Es wird zum Beispiel auch im Gleichnis vom verlorenen Schaf oder verlorenen Sohn gebraucht. Bei der Münze ist es noch deutlicher: Die Münze war verloren, das heißt, sie war für die Frau nutzlos, aber sie existierte weiter.
Hier heißt es, jemand könne verloren gehen, was nicht bedeutet, dass er aufhört zu existieren, sondern dass er in die ewige Gottesferne geht.
Wo steht in der Bibel, dass es eine ewige Verdammnis gibt? Matthäus 25. Das ist wichtige „Munition“, denn plötzlich kommt man mit Allversöhnung in Kontakt, und dann ist es wichtig, das Schwert des Geistes einsetzen zu können.
Bruno, welchen Vers? Matthäus 25, Vers 46. „Und diese werden hingehen in die ewige Pein, die Gerechten aber in das ewige Leben.“ Jawohl.
Jetzt sagen die Alphasöhne allerdings: „Ewig“ (Ionios) bedeutet gar nicht ewig, sondern ein Zeitalter. Sie würden sagen: „Diese werden hingehen in die äonische Pein.“ Versteht zwar niemand, aber ironisch bedeutet das eben nicht ewig, sondern sehr lange, aber nicht ewig.
Die katholische Kirche sagt auch, es gibt das Fegefeuer. Dort ist ein Spezialfall: Eine zeitliche Hölle, aus der man noch gerettet werden kann. Aber sie sagen im Prinzip, dass es ein ewiges Feuer gibt, die ewige Verdammnis.
Die Alphasöhne leugnen die ewige Verdammnis prinzipiell, und es gibt solche, die sagen, am Schluss wird sogar der Satan noch versöhnt.
Wenn sie sagen, die ewige Pein ist nicht ewig, dann vergessen wir unser Glück mit dem ewigen Leben. Im gleichen Vers steht: „Die Gerechten aber in das äonische Leben.“ Wenn das zeitlich begrenzt ist, dann ist das ewige Leben auch nicht so ganz wunderbar.
Geht es hier nicht auch um das Völkergericht? Wenn man den Abschnitt im Zusammenhang liest, gibt es Hinweise, auch in der Offenbarung, auf das Gericht über jeden einzelnen Menschen. Hier wird vor allem das Völkergericht angesprochen.
Natürlich geht es hier um das Gericht bei der Wiederkunft Christi auf Erden, das Gericht der Lebenden, nicht das Gericht der Toten (Offenbarung 20), das erst nach dem Tausendjährigen Reich stattfindet.
Das ändert nichts an der sachlichen Wahrheit, dass der Herr über eine unaufhörliche Pein spricht, wenn es um die Verdammnis geht, und über ein unaufhörliches Leben, wenn es um das ewige Leben geht.
Dann schlagen wir noch einen Nagel drauf, er ist ausgerüstet. 2. Korinther 4,18 – wer liest? Peter? „Denn das schnell vorübergehende Leichte unserer Drangsal bewirkt uns ein über alle Maßen überschwängliches ewiges Gewicht von Herrlichkeit, indem wir nicht das anschauen, was man sieht, sondern das, was man nicht sieht; denn das, was man sieht, ist zeitlich, das aber, was man nicht sieht, ist ewig.“
Hier haben wir, was man in der Linguistik eine Opposition von Begriffen nennt – Begriffe, die direkt gegenübergestellt sind. Der Begriff „zeitlich“ steht in Opposition zu „ionios“. Was ist das Gegenteil von zeitlich? Die Alphas würden sagen „zeitlich“. Nein, zeitlich ist das Gegenteil von unendlich, ewig.
Übrigens hatte das Wort „ionios“ zur Zeit des Neuen Testaments ganz eindeutig die Bedeutung von unendlicher Ewigkeit. Es ist komisch, wenn man das sagen muss: unendliche Ewigkeit. Ewigkeit ist sowieso unendlich. Aber die Alphasöhne benutzen das Wort „ewig“ oder „Ewigkeit“ und meinen damit etwas anderes, nämlich zeitlich.
Das Wort „Aion“, das auch in der Bibel vorkommt, kann sowohl Ewigkeit als auch Zeitalter bedeuten. Aber das ist nicht das Wort hier, das als Adjektiv „ewig“ heißt, sondern ein Hauptwort „Aion“, Ewigkeit oder Zeitalter. Das entspricht im Hebräischen dem Ausdruck „Olam“.
„Olam“ kann bedeuten: ein Lebensalter, siebzig Jahre vielleicht, oder Ewigkeit. Gott wird genannt „El-Olam“, der ewige Gott. Aber manche Dinge, die ein paar Jahrzehnte dauerten, werden auch „Olam“ genannt.
Wenn man auf Hebräisch ganz eindeutig Ewigkeit ausdrücken wollte, sagte man zum Beispiel „Le Olmei Olamim“. Was heißt das? „Indi“? Ja, „Indi“ – ewig, Ewigkeit der Ewigkeit, sogar im Plural, oder „Le Olmei Olamim“ – in die Ewigkeiten der Ewigkeiten, oder man könnte auch sagen: in die Zeitalter der Zeitalter. Das bedeutet absolut ewig, ewig, ewig, ewig.
Im Neuen Testament wird diese hebräische Ausdrucksweise übernommen. In Offenbarung 14, Vers 11 lesen wir: „Der Rauch ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit, und sie haben keine Ruhe Tag und Nacht, wenn jemand das Malzeichen des Tieres und das Bild anbetet.“
Wörtlich: „Und der Rauch ihrer Qual steigt auf in die Zeitalter der Zeitalter“ oder „in die Ewigkeiten der Ewigkeiten“. Das entspricht „Olmei Olamim“ – das heißt ewig, ewig, ewig, ewig. Das hört nicht auf.
Anhand eines Verses in Daniel 7, wo man genau diese Ausdrucksweise im Aramäischen findet: Daniel 7, Vers 14 beschreibt das ewige Reich von Jesus Christus, das nicht nur tausend Jahre dauert, sondern in der Ewigkeit weitergeht:
„Und ihm wurde Herrschaft und Herrlichkeit und Königtum gegeben, und alle Völker, Völkerschaften und Sprachen dienten ihm. Seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die nicht vergeht, und sein Königreich ist ein solches, das nie zerstört wird.“
Vers 18: „Aber die Heiligen der höchsten Örter werden das Reich empfangen und werden das Reich besitzen bis in Ewigkeit, ja bis in die Ewigkeit der Ewigkeiten.“
Hier haben wir das: ewig, ewig, ewig. In Vers 14 wird parallel eine ewige Herrschaft beschrieben, die nicht vergeht, die bleibt, und ein Königreich, das nie zerstört wird, also nie vernichtet wird, sondern ewig weitergeht.
So wird klar, was „in die Ewigkeit der Ewigkeiten“ bedeutet. Das ist eine ewige Pein. Sprachlich ist es unsinnig, wenn man eine Vernichtung hineininterpretieren will. So muss man es verstehen, wenn der Herr Jesus sagt: „Damit niemand verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“
Sind wir am Ende. Gibt es noch eine wichtige Frage? Die Landverheißung für Abrahams Nachkommen war doch auch auf ewig, aber die kann ja nur so lange gelten, wie die Erde besteht, und die Erde besteht ja nicht ewig.
Ich habe erklärt: Das Wort „Olamim“ oder „Olam“ kann sowohl Zeitalter bedeuten als auch „solange wie die Erde besteht“. Für die Landverheißung wird nicht der Ausdruck „Olmei Olamim“ – in die Ewigkeit der Ewigkeiten – gebraucht. Das wird nur für das ewige Reich in Daniel 7 verwendet.
Das liegt daran, dass das messianische Reich zwar zunächst tausend Jahre dauert, aber dann macht Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde, und da geht dieses Reich weiter.
Darum spricht auch Petrus in 2. Petrus 1 über den Eingang in das ewige Reich unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus. Das ist „ionios“, ein Reich, das bleibt, das bestehen wird. Der Herr Jesus wird in alle Ewigkeit König sein, gewissermaßen auf dem Thron Davids.
In Vers 16 ist dann auch dieses Bleibende gemeint. Im Griechischen ist es eine Präsenzform, die ausdrückt, dass es ein dauerndes Haben ist.
Noch etwas? Ja? Nur meine Frage zum ewigen Reich: Es gibt doch diese Stelle, wo es heißt, er wird das Reich dem Vater zurückgeben, „auf dass Gott alles in allem sei“. Ist er im Tod? Ich habe deswegen ein Problem mit dem ewigen Reich als König.
Ganz genau. 1. Korinther 15 spricht über das tausendjährige Reich, in dem der Tod noch da ist. Dort wird erklärt, dass der Herr Jesus so lange herrschen muss, bis auch der letzte Feind in dieser Schöpfung besiegt ist. Das wird am Schluss des tausendjährigen Reiches der Fall sein.
Wenn dieser Auftrag abgeschlossen ist, wird der Messias, der Menschensohn, Gott das Reich übergeben. Der Ausdruck „auf dass Gott alles in allem sei“ bedeutet, dass Gott schließlich alles durchdringt und unter seiner Herrschaft hat, dass nichts mehr da ist, was ihm widerspricht – wie zum Beispiel der Tod als Folge der Sünde.
„Gott alles in allem“ bedeutet nicht, dass die drei Einheiten (Vater, Sohn, Heiliger Geist) nicht mehr zu unterscheiden sind. Es bedeutet, dass Gott wirklich allen Einfluss in jedem Bereich hat.
Dann kommt der neue Himmel und die neue Erde, und dort geht die Herrschaft Christi weiter – aber in einem Zustand, in dem Gott alles in allem ist, wo kein Widerstand und keine Finsternis mehr ist.
Gut, dann wollen wir noch beten zum Schluss.
