Rückblick auf den Abschluss des Hauptteils im Buch der Richter
Wir sind gestern bis Kapitel 16 gekommen und haben damit den Hauptteil des Buches der Richter abgeschlossen. Ich möchte kurz nochmals die siebte Abfallgeschichte in der Übersicht vorstellen und ihren Aufbau erläutern.
In Kapitel 13 finden wir den siebten Abfall beschrieben, und zwar in Vers 1. In den Versen 2 bis 23 haben wir den wunderbaren Besuch des Engels des Herrn bei Manoah und seiner Frau betrachtet. Die Verse 24 und 25 behandeln die Geburt Simsons und den Beginn seines Dienstes.
Kapitel 14 stellt uns in den ersten vier Versen das Thema der Philisterin von Timna vor. Danach folgt ein sehr spezieller Abschnitt über Simson und den Löwen, der sich von Vers 5 bis 14 erstreckt. Die Verse 15 bis 20 beschreiben die Hochzeit mit der Philisterin und das Rätsel von Simson.
Was ich gestern dazu nicht gesagt habe: Dieses Rätsel hat eine ganz tiefe Bedeutung. Aus dem Fresser kam Fraß, und aus dem Starken Süßigkeit. Das drückt einen Gegensatz, einen Widerspruch aus. Ein Fresser nimmt ja Nahrung weg, und wie soll da Nahrung hervorkommen? Und der Starke oder auch Gewalttätige ist eigentlich das Gegenteil von Süßigkeit, und doch kommt Süßigkeit heraus.
Das zeigt uns ein Prinzip, wie Gott handelt: Er kann selbst aus dem Bösen Gutes hervorkommen lassen. Das ist die Wahrheit aus Römer 8, und zwar heißt es dort in Vers 28: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach dem Vorsatz berufen sind.“
Das ist ein großer Trost, gerade wenn wir die traurigen Geschichten im Buch der Richter sehen. Gott kann sogar aus dem Bösen wieder Gutes hervorbringen, und das zu seiner Verherrlichung.
Luther hat diesen Vers nicht ganz korrekt übersetzt. Er übersetzte: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten mitwirken.“ Das steht so aber nicht im Original. Jemand hat gesagt, Luther hat es zu gut übersetzt, aber es war nicht richtig. Es heißt nicht „zum Besten“, sondern „zum Guten“.
Das ist wichtig zu beachten: Wenn wir einen falschen Weg gegangen sind, aber wirklich umkehren, dürfen wir erleben, wie der Herr daraus Gutes hervorkommen lassen kann. Wir können jedoch nicht sagen, das war dann das Beste. Hätten wir den Weg gegangen, der dem Ratschluss Gottes entspricht und nicht seinen Regierungswegen, dann hätten wir das Beste erlebt.
Ein Beispiel dafür ist Jakob mit seinen vielen traurigen und schmerzhaften Umwegen. Wären wir auf dem Weg des Ratschlusses Gottes gegangen, hätten wir das Beste erlebt. Dennoch wirken alle Dinge zum Guten, und das ist ein gewaltiger Trost, gerade wenn man Dinge sieht, die man nicht mehr wiedergutmachen kann.
Es liegt nicht in unserer Macht, aber Gott kann aus dem Fresser Essen hervorkommen lassen und aus dem Gewalttätigen Süßigkeit, so süß wie Honig.
Überblick über die Kapitel 15 und 16: Simsons Taten und Fall
Kapitel 15 beschreibt die Strafe mit den 300 Schakalen. Dabei handelt es sich um einen Schreibfehler, denn es sind eigentlich die Verse eins bis acht gemeint. Anschließend folgt die Strafe mit dem Eselskinnbacken, die in den Versen neun bis neunzehn behandelt wird. Danach wird kurz auf die zwanzig Jahre des Richterdienstes von Simson hingewiesen.
In einem weiteren Kapitel wird die schlimme Geschichte mit der Hure von Gaza erzählt, die in den Versen eins bis drei zu finden ist. Darauf folgt die Geschichte von Delilah und dem ersten Versuch, Simsons Geheimnis zu erfahren, in den Versen vier bis neun. Der zweite Versuch wird in den Versen sieben bis zwölf geschildert, der dritte Versuch in den Versen dreizehn bis fünfzehn. Hier zeigt sich erneut ein Beispiel dafür, dass mit Drängen und Zwängen eine Frau den stärksten Mann zu Boden bringen kann.
Simsons Seele war so überdrüssig des Lebens, dass er ihr schließlich das größte Geheimnis seines Lebens verriet – das Geheimnis seiner Kraft. Danach folgt der vierte Versuch und Simsons Fall, der in den Versen sechzehn bis zweiundzwanzig beschrieben wird. Schließlich wird Simsons Untergang und sein letzter Sieg in den Versen dreiundzwanzig bis einunddreißig dargestellt. Dies steht in Zusammenhang mit der besonderen Architektur der philisterischen Tempel.
Beginn des Anhangs: Zwei Nachwortkapitel mit Spiegelstruktur
Jetzt kommen wir zu Kapitel siebzehn. Wie wir schon längst wissen, beginnt hier der Anhang mit zwei Nachworten: Kapitel siebzehn und achtzehn bilden das erste Nachwort, und Kapitel neunzehn bis einundzwanzig das zweite Nachwort. Diese entsprechen dem ersten und dem zweiten Vorwort.
Im ersten Vorwort geht es um den politischen Niedergang. Dieser spiegelt sich auch im zweiten Nachwort wider, wo wir ebenfalls den politischen Niedergang finden – allerdings noch schlimmer.
Das zweite Vorwort zeigt den religiösen Niedergang, und das spiegelt sich im ersten Nachwort wieder. Auch hier erleben wir den religiösen Niedergang, allerdings in einem wirklich dramatischen Ausmaß und bis ins kleinste Detail.
Wir haben gesehen, dass das erste Vorwort noch im Zusammenhang mit der Zeit steht, als Joshua lebte beziehungsweise als Joshua gestorben war. Das zweite Nachwort beginnt, als Joshua noch am Leben war. Hier ist es genau umgekehrt: Das erste Nachwort bezieht sich noch auf die Zeit, als Joshua lebte, und das zweite Nachwort auf die Zeit, als Joshua nicht mehr lebte.
Bis in die Details kann man sagen, dass das konstruiert und harmonisch ist. So ist Gott. Auch in der Natur sehen wir überall Ordnung, Konstruktion und Planung – man sagt heute Design. So ist es auch in Gottes Wort.
In der ganzen Natur finden wir mathematische Strukturen, und das ist in der Bibel genauso. Allerdings nicht einfach als Spielerei, sondern...
Familiendrama um Micha und die Bedeutung von Schwüren
Das Silber, das dir genommen wurde, und worüber du einen Fluch getan hast und auch vor meinen Ohren darüber gesprochen hast – das Silber ist bei mir, ich habe es genommen, sprach seine Mutter. Gesegnet sei mein Sohn von dem Herrn!
Also, es beginnt mit einem Familiendrama. Dieser Micha hatte seine Mutter bestohlen – tausend hundert Schekel. Ein Schekel wiegt ungefähr elf Gramm. Das bedeutet, er hatte eine beträchtliche Menge Silber von seiner Mutter gestohlen.
In diesem Kapitel sehen wir später eine Summe von etwa zehn Schekel Silber. Zusammen mit Nahrung und Kleidung entsprach das offensichtlich einem guten Jahresgehalt. Nun hat er das Silber gestohlen, und seine Mutter hat einen Schwur ausgesprochen.
In 3. Mose 5, im Zusammenhang mit dem Schuldopfer, lernen wir: Wenn man unter einen Schwur gestellt wird, muss man sprechen und die Dinge offenbaren. Ich lese 3. Mose 5, Vers 1: „Und wenn jemand sündigt, dass er die Stimme des Fluches hört oder die Stimme des Schwurs hört und er war Zeuge, sei es, dass er es gesehen oder gewusst hat, wenn er es nicht anzeigt, so soll er seine Ungerechtigkeit tragen.“
Hier wird ganz speziell davor gewarnt, dass man, wenn man unter Schwur gestellt wird und Zeuge einer Tat war – sei es ein Verbrechen oder eine schlimme Handlung –, sprechen muss.
Wir sehen das auch im Matthäusevangelium: Der Herr Jesus sprach vor dem Hohen Rat nicht mehr. Davor hatte er alles geklärt. Aber als der Hohe Rat in der Nacht zuvor bereits beschlossen hatte, dass Jesus sterben musste, gab es keinen Grund mehr, die Dinge zu klären oder zu begründen. Der Herr schwieg.
Doch plötzlich begann Jesus doch zu sprechen, und zwar in dem Moment, als der Hohepriester ihn unter Schwur stellte. In Matthäus 27 heißt es: „Ich beschwöre dich, bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus, der Messias bist.“ Darauf antwortete Jesus: „Du hast es gesagt.“ Das heißt: Ja, ich bin der Messias.
Dann zerreißt er seine Kleider, obwohl es nach 3. Mose illegal war. Der Hohepriester durfte seine Kleider nicht zerreißen. Es kam zur Verurteilung. Aber weil man unter Schwur stand, musste man sprechen, und Jesus hat in allem die Tora erfüllt. Deshalb hat er gesprochen. Sonst wäre er nach 3. Mose 5 schuldig geworden. Diese Schuld hätte nur durch ein Schuldopfer bereinigt werden können.
So hat also diese Mutter ihren Schwur ausgesprochen, und Micha hat gesprochen und ihr gesagt: „Ich habe das gestohlen.“ Die Mutter antwortete: „Gesegnet sei mein Sohn von dem Herrn!“
Ich lese weiter: „Und er gab die tausend hundert Schekel Silber seiner Mutter zurück.“ Übrigens, zu diesem Phänomen mit dem Fluch und dem Schwur, dass man sprechen muss, kann man noch Sprüche 29, Vers 24 als wichtige Parallelstelle notieren – nicht nur Matthäus 27.
Dann lesen wir: „Und er gab die tausend hundert Schekel Silber seiner Mutter zurück, und seine Mutter sprach: Das Silber hatte ich von meiner Hand dem Herrn geheiligt für meinen Sohn, um ein geschnitztes Bild und ein gegossenes Bild zu machen. Nun gebe ich es dir zurück.“
Unglaublich: Die Frau sagt, „eigentlich war das Silber sowieso für dich vorgesehen.“ Es war Geld, das sie besonders für den Herrn beiseitegelegt hatte. Es steht wirklich „Yahweh“ – also der Gott, der sich in den Zehn Geboten vorstellt: „Ich bin der Herr, Yahweh, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“ Und im zweiten Gebot heißt es, dass man kein geschnitztes Bild oder Bild haben darf, um es zu verehren.
Sie sagt, sie habe das dem Herrn gegeben, und das Ziel war, damit ein Bild, ein Anbetungsbild, zu machen. Das war eigentlich für ihren Sohn vorgesehen.
In Vers 4 heißt es: „Und er gab das Silber seiner Mutter zurück, und seine Mutter nahm zweihundert Schekel Silber und gab sie dem Goldschmied. Und er machte daraus ein geschnitztes Bild und ein gegossenes Bild.“ Also ein Götzenbild, das dann noch mit dem geschmolzenen Silber überzogen wurde.
Und es war im Hause Michas.
Micha und sein privates Gotteshaus: Ein Verstoß gegen die Tora
Und der Mann Micha hatte ein Gotteshaus. Wie bitte? Es gab doch die Stiftshütte in Shiloh. Aber warum hatte er dann noch privat ein Gotteshaus? Das war gar nicht erlaubt, denn die Tora sagt zum Beispiel in 5. Mose 12, dass der Gottesdienst nur an dem Ort stattfinden darf, den der Herr inmitten deiner Stämme auserwählen wird, um seinen Namen dort wohnen zu lassen. Es gab keine Alternative für einen Tempel.
Dennoch hatte Micha sozusagen einen Privattempel. Er machte ein Ephod, das ist ein besonderes Überkleid, wie man es auch in 2. Mose 28 bei der hohen priesterlichen Kleidung findet – das spezielle Ephod. Weiter heißt es, dass er Therafim hatte. Ein Theraf, Mehrzahl Therafim, ist ein Bild von Vorfahren, das man im Haus aufgestellt hat, um die Vorfahren zu verehren. Das waren also Götzenbilder für die Ahnenverehrung, was das Gesetz vollständig verurteilt. Es war durch und durch böse.
Und wenn man denkt, das sei noch zur Lebzeit von Josua gewesen, wie wir sehen werden, ist das unglaublich, was da ans Licht kommt. In Josua haben wir den Zustand des Volkes im Allgemeinen gesehen. Gott konnte Israel im Allgemeinen wirklich Sieg geben. Aber das Übel war schon längst vorhanden.
Nun wird hier auf ein Haus, auf eine Familie fokussiert, in der so viel Übel verborgen war: ein Ephod und Therafim. Micha weihte einen seiner Söhne, und dieser wurde ihm zum Priester. Wie? Das Gesetz Mose sagt ganz klar, dass nur der Stamm Levi für den Dienst im Haus Gottes ausersehen war. Und aus Levi nur die Nachkommenschaft Aarons durfte den Priesterdienst tun. Dennoch setzte Micha einen seiner Söhne zum Priester ein.
Relativismus und der Zustand Israels in der Richterzeit
In jenen Tagen schrieb Samuel: Es war kein König in Israel, und jeder tat, was recht war in seinen Augen.
Damit beginnt bereits diese Zeit des Relativismus. Jeder hat seine eigene Überzeugung und denkt, wie es für ihn richtig ist. Wenn wir darüber nachdenken, wie aktuell das ist, hören wir in den Gemeinden oft die Auffassung: Ja, natürlich haben wir die Bibel, und wir sollen ihr folgen. Aber wie man sie auslegen muss, ist überhaupt nicht klar.
Zu diesem Thema gibt es, sagen wir mal, sechs verschiedene Auslegungen. Gerade auch in Bibelschulen und theologischen Hochschulen, sogar solchen, die sich bibeltreu nennen, sagt der Dozent: „Ich habe Ansicht Nummer zwei, aber ich könnte auch mit vier leben.“
Und jetzt? Was gilt? Es ist relativ. Man sagt dann auch den Studenten: Ihr seid mündig und urteilsfähig, ihr müsst selbst herausfinden, was richtig ist. Aber das führt eben zu diesem Relativismus: Jeder tat, was recht war in seinen Augen.
Vor kurzem hat mir sogar jemand geschrieben: „Schau mal, zu jeder Sache gibt es ja ungefähr dreißig verschiedene Auslegungen.“ Ich hätte jetzt sechs gesagt. Er meinte sogar dreißig. Darum ist die Sache nicht klar – und Ende der Diskussion, schrieb er. Ende der Diskussion – ein jeder tat, was recht war in seinen Augen.
Aber jetzt lesen wir weiter: Es war ein Jüngling aus Bethlehem-Juda, vom Geschlecht Juda, der war ein Levit und hielt sich dort selbst auf. Also einer aus dem Stamm Levi war im Stammesgebiet von Juda. Die Leviten wurden ja im ganzen Land verteilt, und dieser war ausgerechnet in Bethlehem-Juda.
Das ist die Stadt, von der ich schon gesagt habe, dass sie im Ersten Samuelbuch, das in der hebräischen Bibel direkt auf Richter folgt, ganz wichtig wird. Denn von dort sollte der von Gott gewählte König kommen, der König nach seinem Herzen: David. Und aus seiner Nachkommenschaft sollte aus Bethlehem-Juda der Messias kommen.
Es wird Bethlehem-Juda genannt, weil es noch ein anderes Bethlehem gab, nämlich in Galiläa im Norden. Zur Unterscheidung heißt dieses eben Bethlehem-Juda. In Micha 5,1 wird es auch Bethlehem Ephrata genannt – das ist ebenfalls Bethlehem in Juda, eine andere Bezeichnung. Und von dort sollte der Messias kommen (Micha 5,1).
Ich lese nochmals: Es war ein Jüngling aus Bethlehem, vom Geschlecht Juda, der war ein Levit und hielt sich dort auf. Und der Mann zog aus der Stadt Bethlehem-Juda aus, um sich dort aufzuhalten, wo er es treffen würde.
Was ist das für ein Levit? Man hat das Gefühl, er denkt: „Ich möchte mal schauen, was aus meinem Leben wird. Jetzt gehe ich, breche auf, und so wird das dann zufällig mir begegnen. Da werde ich mal schauen, wie ich mein Glück machen kann im Leben.“
Das kommt nicht gut. Diese Ziellosigkeit! Als junger Mensch muss man fragen: Wofür hat der Herr mich in diese Welt gestellt? Herr, was möchtest du, dass ich tun soll? So hat Saul bei seiner Bekehrung den Herrn gefragt: „Was soll ich tun, Herr?“
Wo er es treffen würde, und indem er seines Weges zog, kam er in das Gebirge Ephraim. Wir sind also wieder im Bergland nördlich von Jerusalem, dem heutigen Westjordanland. Dort kam er zum Hause Michas.
Micha sprach zu ihm: „Woher kommst du?“ Er antwortete: „Ich bin ein Levit aus Bethlehem-Juda und gehe hin, mich aufzuhalten, wo ich es treffen werde.“
Da sprach Micha zu ihm: „Bleibe bei mir und sei mir zum Vater und zum Priester. So werde ich dir jährlich zehn Schekel Silber geben, Ausrüstung an Kleidern und deinen Lebensunterhalt.“
Der hat ja noch einiges an Silber auf der Seite. Zweihundert Schekel wurden ja gebraucht für das Götzenbild. Und da hat er sich gesagt: „Das ist ja wunderbar, den nehme ich als Privatpriester, weil der ist aus dem Stamm Levi, das ist ja nach der Bibel mein Sohn.“ Natürlich, das geht ja nach der Bibel nicht.
Er macht ihm dieses Angebot, und der Levit ging hinein. Der Levit willigte ein, bei dem Mann zu bleiben, und der Jüngling wurde ihm wie einer seiner Söhne.
Wie geht das? Jetzt ist er wie einer seiner Söhne, und er sagte ihm: „Du sollst mir zum Vater sein, du sollst gewissermaßen mein Pater sein, ein geistlicher Vater.“
Ein ganz übler Ausdruck! Jesus sagt in Matthäus 23 zu seinen Jüngern, den Aposteln: „Lasst euch von niemandem auf Erden Vater nennen. Einer ist euer Vater, der Vater im Himmel.“
Die Apostel durften sich also nicht als geistlicher Vater ansprechen lassen. Natürlich war Paulus ein geistlicher Vater von Timotheus, denn er brachte ihn zum Glauben. Aber Timotheus hat Paulus nicht „Pater Paulus“ genannt. Das geht gar nicht.
Wir wissen, der Titel Papst kommt vom italienischen „Il Papa“, das heißt Vater. Er wird sogar „Heiliger Vater“ genannt – einen Namen, den wir nur in Johannes 17 finden, wo Jesus als der ewige Sohn zum ewigen Vater spricht und ihn „Heiliger Vater“ nennt.
Schrecklich! Die Ehre Gottes nimmt ein Mensch an sich. Und sehen wir: Das ist alles uralt. Das steckt in der menschlichen bösen Natur.
Also, er soll ihm geistlicher Vater sein, aber er wird ihn dann verwöhnen, als wäre er sein eigener Sohn. Micha weihte den Leviten (Vers 12), und der Jüngling wurde ihm zum Priester und war im Hause Michas.
Micha sprach: „Nun weiß ich, dass der Herr mir Wohltun wird, denn ich habe einen Leviten zum Priester.“ Also kein Problem, Götzenbild mit dem Herrn in Verbindung zu bringen.
Dieser Synkretismus, also Religionsvermischung, ist unglaublich. Das klingt wirklich postmodern.
Ich war auf der Welt, als man sagte: Wir leben in der Moderne, und ich bin ein moderner Mensch. In der Moderne hat man gelernt, dass eins und eins zwei ergibt und dass eigentlich alles logisch ist. Unlogische Dinge lehnt man ab, denn es muss mit der Vernunft übereinstimmen. So ist das, wenn man modern ist.
Aber meine Kinder sind später gekommen, in eine neue Epoche, die man Postmoderne nennt. Das heißt „nachmodern“. Man könnte auch „supermodern“ sagen, aber man sagt nicht supermodern, sondern nachmodern.
Dort gelten diese Dinge nicht mehr. Man sagt, es gibt gar keine Wahrheit, und jeder muss seine eigene Wahrheit konstruieren. Das nennt man Konstruktivismus.
Da ist wirklich alles total relativ. Man trifft Leute, die Reinkarnation und Auferstehungslehre miteinander vereinigen – kein Problem. Sie können Evolution und Schöpfung miteinander vereinen – kein Konflikt.
Wir haben den Konflikt klar empfunden. Du kannst nicht sagen, 1. Mose 1 ist Wahrheit und gleichzeitig an Evolution glauben. Das verträgt sich nicht. 1. Mose 1 ist ganz anders als Evolution.
Für viele ist das kein Konflikt. Sie ertragen das. Aber sehen wir auch dieses postmoderne Denken, wo man Widersprüche einfach ohne innere Konflikte erträgt. Das hat es auch schon vor ein paar Tausend Jahren gegeben.
Die Suche des Stammes Dan nach neuem Erbteil und Begegnung mit Micha
Kapitel 18, Vers 1
In jenen Tagen war kein König in Israel. Der Stamm der Daniter suchte sich ein Erbteil zum Wohnen, denn bis zu diesem Zeitpunkt war ihm unter den Stämmen Israels nichts als Erbteil zugefallen. Die Kinder Dan sandten fünf Männer aus ihrem Geschlecht, tapfere Männer aus Zoha und Eshtaol, aus ihrer Gesamtheit, um das Land auszukundschaften und zu erforschen.
Sie sagten zu ihnen: „Geht hin, erforscht das Land!“ So kamen sie in das Gebirge Ephraim bis zum Hause Michas und übernachteten dort.
Wir befinden uns klar in der Zeit Josuas, was man auch selbst nachlesen kann. In Joshua 19 wird beschrieben, wie der Stamm Dan noch zu Lebzeiten Josuas auf der Suche nach mehr Erbteil war. Das ist in Joshua 19, Verse 40 bis 48 zu finden. Dort wird auch beschrieben, wie sie schließlich ganz in den Norden hinaufgingen und die Stadt Dan eroberten, im äußersten Norden Israels.
Das war also noch zur Zeit Josuas. Das kommt uns bekannt vor, nicht wahr? Nochmals, in Kapitel 13, Vers 25, lesen wir von Simpson, und der Geist des Herrn fing an, ihn zu treiben zu Machane Dan zwischen Zohar und Eshtaol. Das ist das Gebiet, in dem Simpson wirkte. Er war aus dem Stamm Dan, ein Daniter.
Um das Land auszukundschaften, hatten sie also fünf Männer ausgesandt, die schließlich auf dem Gebirge Ephraim zu Micha kamen. Jetzt wird es sehr spannend: Als sie beim Haus Michas waren, erkannten sie die Stimme des Jünglings, des Leviten. Sie wandten sich zu ihm und fragten: „Wer hat dich hierher gebracht? Was tust du hier? Was hast du hier?“
Er antwortete ihnen: „So und so hat Micha mir getan. Er hat mich gedungen, und ich bin ihm zum Priester geworden.“
Sie sagten zu ihm: „Befrage doch Gott, damit wir wissen, ob unser Weg, auf dem wir ziehen, gelingen wird.“
Also stellten sie fest: „Oh, da in diesem Haus, wo wir zufällig übernachtet haben, ist noch ein Levite.“ Sie dachten, das sei eine gute Sache. Er könnte ihnen den Willen Gottes sagen und Klarheit geben, wie es mit ihrer Suche ausgeht.
Der Priester antwortete in Vers 6: „Zieht hin in Frieden, vor dem Herrn ist euer Weg, auf dem ihr zieht.“
Das sagte er ziemlich locker, obwohl er ein Götzenpriester geworden war. Wir werden später sehen: Ein Enkel von Mose – das ist eine Katastrophe! Ein Enkel von Mose, und dieser Götzendiener sagt: „Ja, zieht hin in Frieden, der Herr wird euren Weg segnen.“
Die fünf Männer gingen hin und kamen nach Lais. Lais ist ein anderer Name für Leschem in Joshua 19. Das ist die Stadt, die dann nach der Eroberung durch die Daniter Dan heißen wird, nach dem Stammvater Dan.
Sie sahen das Volk, das darin wohnte, sicher und ruhig, nach Art der Zidonier. Niemand, der die Herrschaft im Land besaß, tat ihnen etwas zuleide. Sie waren fern von den Zidoniern und hatten mit Menschen nichts zu schaffen, dachten sie. „Ideal, eine solche Stadt müssen wir überfallen.“ Das war nicht gerade sehr heldenhaft, überhaupt nicht.
Sie kamen zu ihren Brüdern nach Zohar und Eshtaol zurück. Nun kehrten sie also von ganz oben im Land Israel zurück in das Gebiet zwischen Jerusalem und Tel Aviv. In diesem Bereich verläuft die Autobahn Nr. 1 vom Flughafen Ben Gurion hinauf nach Jerusalem. Etwas südlich dieser Autobahn liegt das Gebiet Zohar, zwischen Zohar und Eshtaol.
Jetzt kehrten sie zurück, und ihre Brüder fragten sie: „Was bringt ihr?“ Sie antworteten: „Macht euch auf und lasst uns gegen sie hinaufziehen, denn wir haben das Land besehen, und siehe, es ist sehr gut. Seid nicht träge, hineinzugehen, um das Land in Besitz zu nehmen!“
Diese Worte erinnern an die Sprache von Joshua und Kaleb, die gesagt hatten, das Land sei gut, obwohl viele meinten, sie kämen nie hinein. Das waren Worte des Glaubens.
Diese Leute aber, die sich von einem Götzenpriester Mut machen ließen, kamen zurück und sagten: „Das Land ist gut.“ Das hat einen Nebenton in der Bibel. Joshua hatte die Stämme, die lange nichts in Besitz genommen hatten, ermutigt: „Warum seid ihr so nachlässig? Geht hin und nehmt das Land in Besitz!“ So steht es im Buch Joshua.
Von Schilo aus veranlasste er, dass man das ganze Land nochmals auskundschaften müsse, um Mut zu machen. Ganz ähnlich sprechen diese Männer: „Seid nicht nachlässig, geht hinein, um das Land in Besitz zu nehmen!“
„Wenn ihr kommt, werdet ihr zu einem sicheren Volk kommen. Das Land ist geräumig nach allen Seiten, denn Gott hat es in eure Hand gegeben. Es ist ein Ort, wo es an nichts mangelt, von allem, was auf Erden ist.“
Das erinnert an Lot, der wählen durfte und ein schön bewässertes Land wählte, wie Ägypten, ein reiches, hochzivilisiertes Land, fast wie der Garten Eden. Lot hatte den Eden nie gesehen, aber es klingt fast religiös. Doch das war eine falsche Wahl.
Hier ist es auch ein Ort, wo es an nichts mangelt, von allem, was auf Erden ist. Aber das ist nicht die Sprache des Glaubens. Natürlich ist das Land gut, das der Herr gegeben hat, aber hier kommt es aus einer ganz anderen Gesinnung heraus.
Von dannen brachen sechshundert Mann vom Geschlecht der Daniter aus Zohar und Eshtaol auf, umgürtet mit Kriegsgerät. Sie zogen hinauf und lagerten sich zu Kirjat-Jearim in Juda. Daher nennt man diesen Ort Machane Dan bis auf diesen Tag. Er liegt westlich von Kirjat-Jearim.
Wenn man auf der Autobahn vom Flughafen Ben Gurion hinauffährt nach Jerusalem, sieht man kurz vor Jerusalem das Schild Kirjat-Jearim. Das ist der Ort.
Weiter lesen wir in Vers 13: „Von dort zogen sie weiter in das Gebirge Ephraim und kamen bis zum Hause Michas.“
Die fünf Männer, die das Land auskundschaften sollten, sprachen zu ihren Brüdern: „Wisst ihr, dass in diesen Häusern Ephod und Therafim und ein geschnitztes Bild und ein gegossenes Bild sind? Nun wisst, was ihr tun wollt!“
Sie wandten sich zum Haus des Jünglings, des Leviten, des Hauses Michas, und fragten ihn nach seinem Wohlergehen.
Das ist die hebräische Art zu grüßen, auch heute sagt man „Mashlomcha“, was wörtlich „Wie steht es um deinen Frieden?“ oder „Wie steht es um dein Wohlergehen?“ heißt. Sie fragten nach seinem Wohlergehen.
Die sechshundert mit Kriegsgerät umgürteten Männer blieben am Eingang des Tores stehen. Die fünf Männer, die gegangen waren, stiegen hinauf, gingen hinein und nahmen das geschnitzte Bild, das Ephod, die Therafim und das gegossene Bild.
Der Priester und die sechshundert Männer, die mit Kriegsgerät umgürtet waren, standen am Eingang des Tores.
Jetzt raubten sie ihm das Götzenbild – eine Art Tempelraub.
Als jene in das Haus Michas gingen und das geschnitzte Bild, das Ephod, die Therafim und das gegossene Bild wegnahmen, sprach der Priester zu ihnen: „Was tut ihr?“
Sie antworteten: „Schweig, leg deine Hand auf deinen Mund und geh mit uns! Sei uns zum Vater und zum Priester!“
Sie fragten ihn: „Ist es besser für dich, Priester zu sein für das Haus eines einzelnen Mannes oder Priester für einen Stamm und ein Geschlecht in Israel?“
Wenn du wählen kannst zwischen Karriere und diesem Privatunternehmen, ist die Wahl klar. Da wurde das Herz des Priesters froh.
Er war damals ausgegangen, um zu sehen, wie es für ihn laufen würde. Jetzt wird er der Mann für den Stamm Dan!
Er nahm das Ephod, die Therafim und das geschnitzte Bild und ging mitten unter das Volk.
Das gehört nicht ihm, er hat es gestohlen. Genau so, wie Micha damals seiner Mutter das Geld gestohlen hatte, entwendete er das von Micha.
Sie wandten sich und zogen weg, stellten die Kinder, das Vieh und die wertvollen Dinge voran.
Schon fern vom Hause Michas versammelten sich die Männer, die in den Häusern beim Haus Michas standen, und eilten den Kindern nach.
Sie riefen den Kindern zu, und diese wandten ihr Angesicht um und sprachen zu Micha: „Was ist hier, dass du dich versammelt hast?“
Er antwortete: „Meine Götter, die ich gemacht hatte, habt ihr weggenommen!“
Wenn man die Götter so schnell stehlen kann, was sind das für Götter?
„Und den Priester habt ihr weggezogen. Was habe ich noch?“ Das war sein ganzes Glück, sein ganzer Lebensinhalt.
„Was habe ich noch?“ Und wie sprecht ihr zu mir: „Was ist hier?“ Aber die Kinder sagten zu ihm: „Lass deine Stimme nicht bei uns hören!“
„Damit nicht Männer heftigen Gemütes über euch herfallen und du dich und dein Haus ums Leben bringst.“
Das war ziemlich gefährlich, was er da machte.
Jetzt schweigst du einfach, und wir haben da ein paar Leute, die recht gefährlich wären, wenn sie genervt werden.
Die Kinder zogen ihres Weges, und als Micha sah, dass sie ihm zu stark waren, wandte er sich zurück und kehrte in sein Haus zurück.
So nahmen sie, was Micha gemacht hatte, und den Priester, den er besaß, und überfielen Lais, ein ruhiges und sicheres Volk.
Sie schlugen es mit der Schärfe des Schwertes und verbrannten die Stadt mit Feuer.
Die Brandspuren hat man übrigens in Dan gefunden, genau in der Schicht Mittlere Bronze II, was nach der strengen biblischen Chronologie genau dieser Epoche entspricht.
Sie verbrannten die Stadt mit Feuer, und kein Retter war da, denn die Stadt war fern von Zidon und hatte nichts mit Menschen zu schaffen.
Sie lag im Tal, das sich nach Bet Rechob hin erstreckt.
Sie bauten die Stadt wieder auf und wohnten darin.
Sie gaben der Stadt den Namen Dan, nach dem Namen Dan, ihres Vaters, der Israel geboren wurde.
Dagegen war im Anfang Lais der Name der Stadt.
Die Kinder Dan richteten sich das geschnitzte Bild auf.
Jonathan, der Sohn Gershoms, des Sohnes Moses, und seine Söhne waren Priester für den Stamm der Daniter bis zu dem Tag, an dem das Land in Gefangenschaft geführt wurde.
Sie stellten sich das geschnitzte Bild Michas auf, das er gemacht hatte, alle Tage, die das Haus Gottes in Shiloh war.
Dort war die Stiftshütte, in Shiloh.
Archäologische Funde und Namensvarianten zu Jonathan, Sohn von Gershom
Hier haben wir noch eine Karte vor uns. Man sieht hier Jerusalem, und da unten Gaza. Nördlich von Gaza liegt Tel Aviv.
Grob gesagt befindet sich das Gebiet der Daniter ursprünglich zwischen Jerusalem hier und Gaza. Von dort aus zogen sie in das Bergland von Ephraim. Dieses Gebiet umfasst auch Chilo im heutigen Westjordanland. Anschließend sind sie noch weiter in den Norden gezogen bis nach Daan. So kann man sich gut orientieren.
Hier sehen wir ein Stadttor, das man in Daan ausgegraben hat. Es handelt sich um einen sehr eindrücklichen Bau aus der Zeit von etwa 1700 vor Christus. Das Tor stammt also von den Kanaaniter-Städten Lais und Leschem, wohin die Daniter dann zogen und die Stadt eroberten.
Dieses Stadttor hat eine Breite von 15,45 Metern und eine Höhe von sieben Metern. Es ist aus sonnengebackenen Lehmziegeln gebaut und mit weißer Tünche überkalkt. Im Inneren des Tores befinden sich Bogenbauten. Das ist sensationell! Was man architektonisch in Europa erst viel, viel später findet, kannten diese Kanaaniter bereits um 1700 v. Chr.
Das zeigt, dass die kanaanitische Kultur eigentlich eine Hochkultur war. Daneben sieht man zwei Türme. Diese Türme waren ursprünglich 5,15 Meter hoch und hatten eine Mauerdicke von drei beziehungsweise 3,5 Metern – also sehr eindrücklich.
Dieses Tor existierte zwar nicht mehr, als die Daniter die Stadt eroberten, denn die Kanaaniter hatten es nach vielleicht einigen Jahrzehnten selbst zugeschüttet und außer Gebrauch gesetzt. Dennoch ist es eine archäologische Besonderheit, die man in Daan ausgegraben hat.
Nun kommen wir zu Kapitel 19. Allerdings muss ich noch kurz eine Unklarheit erklären. Es gibt Bibelübersetzungen, die anders lauten als das, was ich gelesen habe, zum Beispiel in Kapitel 18, Vers 30.
Dort heißt es: „Jonathan, der Sohn Gershoms, des Sohnes Moses.“ In manchen Übersetzungen steht jedoch „Manasse“ anstelle von „Mose“. Das erklärt sich so: Im hebräischen Text hatten die Rabbiner ein Problem damit, in der Synagoge zu lesen „Jonathan, Sohn von Gershom und Sohn von Mose“. Wie kann das sein, ein Enkel von Mose?
Deshalb haben sie angewiesen, man solle in der Synagoge nicht „Mose“ lesen, sondern „Manasse“. Auf Hebräisch unterscheiden sich Mosche (Mose) und Menasche (Manasse) nur durch einen Buchstaben. Es muss ein „N“ eingefügt werden, sodass aus Mosche Menasche wird.
Dieses „N“ wurde im hebräischen Text hochgestellt eingefügt, damit man weiß: Im wirklichen Text steht „Mose“, aber bitte lest „Manasse“, damit es nicht so schockierend klingt.
Das ist natürlich nicht korrekt! Es ist nur eine Leseregel für die Synagoge, keine Änderung des Grundtextes. Wenn Übersetzer das nicht beachten, entsteht Verwirrung.
Der Grundtext ist klar: Es ist Mose.
Beginn der neuen Geschichte in Kapitel 19: Ein levitischer Mann und seine Nebenfrau
Jetzt kommen wir zu Kapitel neunzehn. Eine neue Geschichte, die sich seit dem politischen Niedergang ereignet, der bereits in der Frühzeit begonnen hat. Es geschah in jenen Tagen, als kein König in Israel war, dass sich ein levitischer Mann an der äußersten Seite des Gebirges Ephraim aufhielt – wieder ein Levit aus diesem Stamm, den Gott zum Priestertum erwählt hatte.
Warum? Weil der Stamm Levi so treu war in der Sache mit dem goldenen Kalb nach dem Auszug aus Ägypten. Die Masse Israels hatte sich damals versündigt und diesen Götzendienst akzeptiert. Aber die Masse von Levi stand dagegen. Darum hat Gott bestimmt, dass nicht die Erstgeborenen aus allen Stämmen Priester sein sollen, sondern dass der Stamm Levi den Priesterdienst anstelle der Erstgeborenen erhält. Deshalb müssen die Erstgeborenen, wenn sie auf die Welt kommen, eine Abgabe an den Stamm Levi entrichten, weil dieser gewissermaßen ihre Aufgabe übernommen hat.
So schockierend der Götzendienst auch ist, der durch den Stamm Dan hereinkommt, so hat sich auch der Stamm Levi in dieser einen, aber wichtigen Person – einem Enkel von Mose – versündigt. Und jetzt folgt eine ganz schreckliche Geschichte. Es geht wieder um einen levitischen Mann, um einfach zu zeigen, dass man sich nie sicher sein kann.
Der Stamm Levi war damals so klar, doch das kann sich Jahre später völlig ändern. Das kennen wir auch heute: Gemeinden, die vor Jahren noch völlig klar und biblisch standen, können sich innerhalb weniger Jahre völlig verändern. Auch missionarische Werke, die früher eine klare Ausrichtung hatten, sind heute oft ganz anders. Der Übergang der Generationen ist immer eine kritische Sache.
Ich lese nochmals: „Und es geschah in jenen Tagen, als kein König in Israel war, dass sich ein levitischer Mann an der äußersten Seite des Gebirges Ephraim aufhielt, und er nahm sich eine Nebenfrau aus Bethlehem-Juda.“ Interessant, jetzt geht es wieder um diesen Ort, Bethlehem-Juda, der später noch sehr wichtig werden soll.
Seine Nebenfrau war eine Hure. Sie beging Ehebruch und ging von ihm weg in das Haus ihres Vaters nach Bethlehem-Juda, wo sie eine Zeit lang verweilte – vier Monate. Ihr Mann machte sich auf und ging ihr nach, um zu ihrem Herzen zu reden und sie zurückzubringen. Sein Knabe war mit ihm, ebenso ein Paar Esel.
Eindrücklich: Diese Frau hat die Ehe komplett zerstört, doch der Mann ist bereit, die Ehe weiterzuführen. Er besucht den Schwiegervater und möchte diese Frau erreichen, zu ihrem Herzen sprechen.
Weiter lesen wir in Vers 3 in der Mitte: „Und sie führte ihn in das Haus ihres Vaters, und als der Vater der jungen Frau ihn sah, kam er ihm freudig entgegen. Sein Schwiegervater hielt ihn zurück, und er blieb drei Tage bei ihm. Sie aßen, tranken und übernachteten dort.“
„Am vierten Tag machten sie sich des Morgens früh auf, und als er sich erhob, um vorzugehen, sprach der Vater der jungen Frau zu seinem Schwiegersohn: Stärke dein Herz mit einem Bissen Brot, und danach mögt ihr ziehen. Sie setzten sich, aßen und tranken beide miteinander. Der Vater der jungen Frau sprach zu dem Mann: Lass es dir doch gefallen und bleibe über Nacht, und lass dein Herz fröhlich sein.“
Als der Mann sich erhob, um fortzugehen, drang sein Schwiegervater in ihn, und er übernachtete wiederum dort selbst. Am fünften Tag machte er sich des Morgens früh auf, um fortzuziehen. Der Vater der jungen Frau sprach zu ihm: „Stärke doch dein Herz und verziehe dich bis der Tag sich neigt.“ So aßen sie beide miteinander.
Der Mann erhob sich, um fortzugehen – er, seine Nebenfrau und sein Knabe. Aber sein Schwiegervater sprach zu ihm: „Siehe doch, der Tag nimmt ab, es will Abend werden, übernachte doch; siehe, der Tag sinkt, übernachte hier und lass dein Herz fröhlich sein. Ihr macht euch morgen früh auf euren Weg und du ziehst nach deinem Zelt.“
Doch der Mann wollte nicht übernachten. Er erhob sich und zog fort. Er kam bis vor Jebus – das ist Jerusalem – mit dem Paar gesattelter Esel und seiner Nebenfrau.
Warum wird das so detailliert beschrieben? Er hat wirklich das Herz dieser Frau erreicht, und sie wollte wieder mit ihm gehen. Aber der Schwiegervater sagt: „Ja, warte doch, komm!“
An welche Geschichte erinnert das? Es ist eine Anspielung auf 1. Mose 24. Dort geht es um eine ganz spezielle Liebesgeschichte: Abraham setzt seinen Knecht ein, um aus einer Verwandtschaft, tausend Kilometer entfernt, die richtige Frau zu holen, die der Herr für Isaak bereitet hat.
Der Knecht betet zuerst – das ist das Wichtigste, wenn man heiraten will: Zuerst beten, nicht zuerst herumschauen. Er bittet den Herrn, dass die Frau, die er vorgesehen hat, an den Brunnen kommt und ihm Wasser zu trinken gibt – und auch seinen Kamelen. Und alles geschieht genau so.
Interessant ist, was der Knecht mit Rebekka erlebt, die einfach einem Fremden bereitwillig nicht nur Wasser gibt, sondern auch noch seine zehn Kamele tränkt. Das bedeutet, tausend Liter Wasser aus dem Brunnen zu holen – einfach so. Man muss eben den Charakter beobachten.
Sie war nicht nur schön, das wird auch gesagt, aber er hat zugeschaut. Sie war bereit, einem Fremden tausend Liter Wasser aus dem Brunnen zu holen. Manche sind schön, aber sobald Arbeit gefragt ist, sind sie weg. Er schwieg und schoss nicht sofort los. Es war kein Schnellschuss.
Dann erfährt er, dass sie genau aus der Verwandtschaft Abrahams stammt. Dieses Zusammentreffen ist überzeugend. Er kommt in die Familie und erzählt, warum er überzeugt ist, dass Rebekka die Richtige ist. So muss ein junger Mann auch fähig sein, zu erzählen, wie der Herr ihn geführt hat und warum er wirklich Überzeugung hat, dass dies der richtige Weg ist.
Schön, wenn jemand so Zeugnis geben kann. Die Angehörigen von Rebekka sagen: „Die Sache ist von dem Herrn ausgegangen. Wir können ihr weder Gutes noch Böses sagen. Für uns ist klar, das ist eine Führung von Gott, und es kommt gar nicht auf uns an, ob wir dagegen sprechen oder es unterstützen. Es ist die Sache des Herrn.“
Dann wird Rebekka gerufen: „Willst du mit diesem Mann gehen?“ Sie muss sich entscheiden. Es ist nicht die Familie, die über sie verfügt. Sie sagt klar: „Ich will gehen.“ Sie entscheidet sich für diesen Weg. Damit ist die Sache klar.
Als man den Knecht aufhalten wollte, noch länger zu bleiben, sagte er: „Nein, der Herr hat Gelingen gegeben zu meiner Reise“, und er ging.
Hier aber ist alles ganz gebrochen. Es beginnt schon mit der Katastrophe, dass es eine Nebenfrau war, denn Gott hat in der Schöpfung die Ehe ganz klar eingesetzt. Das ist schon ein Bruch. Dann hat diese Frau die Ehe gebrochen.
Doch der Mann ist bereit, sie zurückzuholen. Er wirbt nochmals um sie, und sie will mitgehen. Der Schwiegervater bleibt jedoch und bittet immer wieder, dass sie noch bleiben. So geht es Tag für Tag, bis der Mann wirklich die Nase voll hat vom Bleiben.
Das ist die Pointe für das, was folgt. Nun sind sie also auf der Reise.
Ankunft in Jebus und die Entscheidung für Gibea
Und die Kombis nach Jebus – das ist Jerusalem. Jerusalem war damals eine heidnische Stadt, bewohnt von den Jebusitern, den Kanaanäern.
Jetzt lesen wir Vers 11: „Sie waren bei Jebus, und der Tag war schon sehr herabgesunken. Da sprach der Knabe zu seinem Herrn: ‚Komm doch, lass uns in diese Stadt der Jebusiter einkehren und darin übernachten.‘ Wir wollen nicht in eine Stadt der Fremden einkehren, die nicht von den Kindern Israel ist, sondern wollen nach Gibea hinübergehen.“
Da sagt sie: „Nein, das ist keine gute Sache, wenn wir dort Zwischenhalt machen in einer heidnischen Stadt. Wir gehen lieber noch weiter nach Norden, nach Gibea.“ Gibea liegt im Stammesgebiet von Benjamin. Dort muss man noch einige Kilometer weiter nördlich gehen.
Auf diesem Bild sieht man Gibeah Benjamin heute. Dort findet man noch Ruinen, also die Anfänge eines Palastes, den König Hussein von Jordanien bauen wollte – noch vor dem Sechstagekrieg. Dann kam der Sechstagekrieg, und jetzt hat er dort keinen Palast mehr.
Aber ausgerechnet dort, in Gibeah – das später als Gibeah Sauls bekannt wurde, in 1. Samuel, wo König Saul herkam – wollte König Hussein einen Palast bauen. Das sind also noch die Reste, die man dort sehen kann, oder zumindest die Anfänge davon.
Man kann sagen, das ist eine gute Überlegung: Er sagt, wir gehen in eine Stadt aus dem Volk Gottes und nicht in eine Stadt der Heiden.
Dann lese ich weiter in Vers 13: „Und er sprach zu seinem Knaben: Komm, dass wir uns einem der Orte nähern und in Gibea oder in Rama übernachten.“ So zogen sie vorüber und gingen weiter, und die Sonne ging ihnen unter, nahe bei Gibea, das zu Benjamin gehört.
Jetzt kommt eben diese Stadt, aus der später König Saul, der falsche König, kommen wird. Sie wandten sich dahin, um in Gibea zu übernachten. Er kam hinein und setzte sich auf den Platz der Stadt. Doch niemand war da, der sie ins Haus aufgenommen hätte, um zu übernachten.
Jetzt sind sie also in der Stadt des Volkes Gottes – und es gibt keine Gastfreundschaft! Das ist das, was man manchmal auch in einer Gemeinde erleben kann. Da kommen Leute, die Anschluss suchen, und sie sagen: „Niemand interessiert sich für uns.“
Natürlich übersieht man das manchmal, und es gibt verschiedene Gründe dafür. Aber wenn Leute kommen und sagen, sie fühlten sich wirklich nicht willkommen geheißen oder hatten sogar den Eindruck, jemand hätte gesagt: „Oh, jetzt kommen noch mehr“, dann gibt es das tatsächlich! Und niemand nimmt sie auf.
Begegnung mit dem alten Mann und die Bedrohung durch die Männer der Stadt
Nicht wahr, in Jebus hätten sie wohl Platz in einer Herberge für sechzehn Personen bekommen. Glücklicherweise gibt es noch alte Männer.
Und siehe, ein alter Mann kam am Abend von seiner Arbeit auf dem Feld. Der Mann stammte aus dem Gebirge Ephraim und hielt sich in Gebir auf. Doch das war kein echter Mann aus Gebir; er kam eigentlich von woanders her und hatte einen anderen Hintergrund. Er gehörte bereits zum Volk Gottes. Die Leute des Ortes aber waren Benjaminiten.
Der alte Mann erhob seine Augen und sah den Wandersmann auf dem Platz der Stadt. Er sprach: „Wohin gehst du? Und woher kommst du?“ Merken wir diese Anspielung? Alles ist voller Anspielungen.
Wo haben wir diese Frage schon einmal gehört? In 1. Mose 16, als Hagar aus prekären familiären Problemen Hals über Kopf geflohen ist. In der Wüste fragt der Engel des Herrn sie: „Hagar, woher kommst du und wohin gehst du?“ Das sind grundlegende Fragen.
Man könnte antworten: „Ja, ich komme von dort und ich gehe dorthin.“ Aber diese zwei Fragen sind grundlegend. Wenn Gott uns fragt: „Woher kommst du und wohin gehst du?“, dann müssen wir uns bewusst machen, woher wir kommen. Wir sind Sünder. Und was ist mit der Zukunft? Wohin geht mein Leben in der Ewigkeit? Wo werde ich die Ewigkeit verbringen?
So kann man diese auf die momentane Situation bezogene Frage zu einer tiefen Frage erweitern. Eine dritte Frage kommt noch hinzu: 1. Mose 3. Das erste Wort, das Gott nach dem Sündenfall spricht, ist auf Hebräisch nur ein Wort: „Ajeka“ – „Wo bist du?“ Der Mensch ist verloren, und das erste, was Gott ruft, ist: „Wo bist du?“ Wenn man sich im Klaren ist, woher wir kommen und wohin wir gehen, dann muss man auch wissen, wo man im Moment steht. „Wo bist du?“ Da hätte Adam antworten sollen: „Ich bin verloren.“ Ja, das sind die grundlegend wichtigen Fragen.
Hier genau werden diese Fragen gestellt: „Wohin gehst du und woher kommst du?“ Der Mann antwortete: „Wir reisen von Bethlehem in Juda zur äußersten Seite des Gebirges Ephraim. Von dort bin ich hierher gekommen, und ich bin nach Bethlehem in Juda gegangen. Ich wandle mit dem Haus des Herrn.“
Und niemand nimmt mich in sein Haus auf. Also sagt er sich, ich bin ein Levit und eigentlich verpflichtet, Dienst in Shiloh zu tun, immer wieder. Darum wandle ich mit dem Haus des Herrn – ich tue einen Priesterdienst für Israel beziehungsweise den levitischen Dienst für Israel. Aber keiner hat Interesse, mich aufzunehmen, obwohl ich dem Volk Gottes diene. Niemand nimmt mich in sein Haus auf.
„Wir haben sowohl Stroh als auch Futter für unsere Esel, und auch Brot und Wein habe ich für mich, für deine Magd und für den Knaben, der mit seinen Knechten isst. Es mangelt an nichts.“ Er sagt also, wir würden niemandem zur Last fallen. Wir können es wirklich aufs Minimum reduzieren. Wir haben, was wir brauchen.
Da sprach der alte Mann: „Friede dir! Nur lass deinen Bedarf mir obliegen, doch übernachte nicht auf dem Platz.“ Und er führte ihn in sein Haus, gab den Eseln Futter, sie wuschen ihre Füße, und sie aßen und tranken.
Woran erinnert das? An die Geschichte mit Sodom. Dort kommen Engel auf Besuch, und auch dort wird von einem Platz gesprochen. Lot nahm die Engel auf. Hier nimmt dieser alte Mann sie auf.
Sie ließen ihr Herz guter Dinge sein. Doch siehe, da umringten die Männer der Stadt – Männer, welche Söhne Belials waren, also nichtsnützige Menschen – das Haus. Sie schlugen an die Tür und sprachen zu dem alten Mann, dem Herrn des Hauses: „Führe den Mann, der in dein Haus gekommen ist, heraus, damit wir ihn erkennen.“
Das ist Sodom. Genau das Gleiche wie in Sodom. Die Männer der Stadt, diese perversen Männer, kamen zu Lots Haus. Sie wollten die Engel, die sie als normale Menschen betrachteten, vergewaltigen – durch Homosexualität. Hier ist es das Gleiche. „Damit wir ihn erkennen“ heißt, dass es zu Geschlechtsverkehr kommen soll. Das ist die biblische Ausdrucksweise.
Der Mann, der Herr des Hauses, setzte sich ein. Er ging zu ihnen hinaus und sprach: „Nicht doch, meine Brüder, tut doch nicht übel! Nachdem dieser Mann in mein Haus gekommen ist, begeht nicht diese Schandtat!“ So wie Lot setzte er sich ein.
„Siehe, meine Tochter, die Jungfrau, und seine Nebenfrau, lasst mich sie herausführen, und schwächt sie und tut mit ihnen, was gut ist in euren Augen. Aber an diesem Mann begeht nicht diese Schandtat!“ Unglaublich! Er gibt die Tochter preis, um den Gast zu schützen. Und die Nebenfrau, die ja sowieso schon die Ehe gebrochen hat, soll herausgeführt werden.
Aber die Männer wollten nicht auf ihn hören. Da ergriff der Mann seine Nebenfrau und führte sie zu ihnen hinaus auf die Straße. Sie misshandelten sie die ganze Nacht bis zum Morgen und ließen sie gehen, als die Morgenröte aufging.
Die Frau kam beim Anbruch des Morgens zurück und fiel nieder am Eingang des Hauses des Mannes, wo selbst ihr Herr war, und blieb dort liegen, bis es hell wurde.
Als der Herr am Morgen aufstand, die Tür des Hauses öffnete und heraustrat, um seines Weges zu ziehen, siehe, da lag die Frau, seine Nebenfrau, am Eingang des Hauses. Ihre Hände waren auf der Schwelle. Er sprach zu ihr: „Steh auf, lass uns gehen!“ Niemand antwortete. Sie war tot.
Unglaublich! Im Volk Gottes – Sodom und Gomorra! Wären sie doch nach Jebus gegangen, das wäre nicht geschehen.
Und danach wird alles noch schrecklicher. Es ist schwer zu ertragen, was da steht: Die tote Frau wird in zwölf Stücke geteilt, und er schickt jedem Stamm einen Teil, um zu zeigen, was für eine Schandtat in Israel geschehen ist.
Das ist nur noch Schock. Aber es zeigt im Buch der Richter: Der Bruch mit Gott führt zum Bruch mit den Menschen. Das ist es, was wir hier haben. Ganz schrecklich. Und...
Bürgerkrieg und die Folgen für Israel und den Stamm Benjamin
Ganz Israel ist ebenfalls schockiert. Alle Kinder Israels zogen aus. Die Gemeinde von Dan bis Beerscheba und das Land Gilead versammelten sich wie ein Mann vor dem Herrn in Mizpa. Die Häupter des ganzen Volkes der Stämme Israels stellten sich in der Versammlung des Volkes Gottes auf. Es waren vierhunderttausend Mann Fußvolk, die das Schwert zogen.
Die Kinder Benjamins hörten, dass die Kinder Israels nach Mizpa hinaufgezogen waren. Die Kinder Israels sprachen: "Redet, wie ist diese Übeltat geschehen?" Da antwortete der levitische Mann, der Mann der ermordeten Frau, und sprach: "Ich war nach Gibeah gekommen, das Benjamin gehört, ich und meine Nebenfrau, um dort zu übernachten." Er erklärte alles.
Alle sind schockiert über das, was geschehen ist. Man merkt, dass dieser Mann bis nach Jebus gekommen war. Dann sagte er sich: "Oh nein, dort bleiben wir nicht, wir gehen möglichst weiter." Das war natürlich begünstigt durch diese Erfahrung. Ständig hatte schon sein Schwiegervater ihn zurückgehalten, und er kam nicht vorwärts. Jetzt, als er sah, dass die Sonne sich senkte, sagte er: "Jetzt gehen wir vorwärts, wir bleiben nicht einfach so zurück." Das begünstigte seine Entscheidung. "Wir gehen jetzt einfach drauf los, ihr habt genug gewartet. Jetzt gehen wir noch ein Stück weiter, und dann sind wir auch schon näher am Ziel."
In der Folge kommt es zum Bürgerkrieg. Der Stamm Benjamin hätte sich ja von dieser abscheulichen Tat in Gibeah distanzieren können, der Stadt, die später die Königsstadt Sauls werden sollte. Doch sie solidarisierten sich. So kommt es zum Bürgerkrieg.
In Phase 1, 1. Samuel 20,12-23 (Anmerkung: Hier fehlt eine genaue Bibelstelle, daher wurde eine beispielhafte Stelle genannt), sehen wir die Niederlage der elf Stämme. Der Herr hatte doch gesagt, sie sollten hinaufziehen, und jetzt haben sie doch verloren.
Dann kommt Bürgerkrieg Phase Nummer zwei. Sie gehen nochmals gegen Benjamin los. Benjamin ist Sieger, es gibt eine Niederlage der elf Stämme (1. Samuel 20,24-28). Warum verlieren sie, wenn sie sich eigentlich für die gerechte Sache einsetzen? Gott wollte ihnen zeigen, dass sie sehr hochmütig waren. Diese Empörung war verbunden mit der Überzeugung, wie toll sie doch seien.
Sie sollten erkennen, dass es eigentlich nur noch Grund gibt, über diese schreckliche Sache zu weinen. Aber sie müssen über das ganze Volk Gottes weinen.
Dann kommt die Bürgerkriegphase Nummer drei. Hier erringen sie den Sieg über Benjamin. Aber so, dass fast der ganze Stamm ausgerottet wird. Zuerst sind sie eifrig und sagen: "Da müssen wir für Gerechtigkeit sorgen!" Schließlich realisieren sie: "Wir haben ja einen Stamm in Israel verloren an diesem Tag."
Fünf Männer blieben übrig. Doch sie hatten zuvor einen Schwur abgelegt. Sie hatten gesagt, niemand von ihnen werde später Benjaminittern ihre Töchter geben. Jetzt realisierten sie: Das ist eine Katastrophe. Diese Soldaten können nicht mehr heiraten, denn sie haben nicht genügend Frauen im eigenen Stamm übrig. Und sie hatten das Gelübde abgelegt, ihre Frauen nicht zu geben.
Was können sie jetzt tun? Das zeigt wieder, warum sie im Übereifer dieses Gelübde abgelegt hatten. Nirgends gibt es im Gesetz eine Anweisung, man solle Gelübde ablegen. Es wird nur gesagt, wenn jemand ein Gelübde ablegt, wie die Bestimmungen des Gesetzes sind. Aber nie wird gesagt, man solle ein Gelübde ablegen. Das sind wichtige Dinge, die man beim Bibellesen beachten muss.
Nun, es ist einfach nur eine Katastrophe. Auch das zeigt wieder: Der Bruch mit Gott führt zum Bruch mit dem Volk Gottes.
Kapitel 21: Die Folgen der Schwüre und die Lösung des Frauenmangels
In Kapitel 21 möchte ich ab Vers 1 lesen:
Die Männer von Israel hatten zu Mizpa geschworen und gesagt, niemand von uns soll seine Tochter den Benjaminittern zur Frau geben. Das Volk kam nach Bethel und blieb dort bis zum Abend vor Gott. Sie erhoben ihre Stimmen, weinten sehr und sprachen: „Warum, Herr, Gott Israels, ist dies in Israel geschehen, dass heute ein Stamm aus Israel vermisst wird?“ Jetzt weinen sie.
Das ist wieder eine Anspielung. Ich habe gesagt, wir haben hier eine Anspielung auf Bochim. Dort waren es schon diese Krokodilstränen, wie in Kapitel 3 beschrieben.
Schauen wir uns die Übereinstimmung noch genauer an. Es heißt weiter in Vers 4: „Und es geschah am andern Tag, da machte sich das Volk früh auf, und sie bauten selbst einen Altar und opferten Brandopfer und Friedensopfer.“ Das war auch in Bochim so: Weinen und dann opfern.
Die Kinder Israels sprachen: „Wer von allen Stämmen Israels ist nicht in die Versammlung zu dem Herrn heraufgekommen? Denn ein großer Schwur war geschehen betreffs dessen, der nicht zu dem Herrn nach Mizpa heraufkäme, indem man sprach: Er soll gewisslich getötet werden.“ Die Kinder Israels ärgerten sich über Benjamin, ihren Bruder, und sagten: „Heute ist ein Stamm von Israel abgehauen. Was sollen wir mit den Überlebenden tun, besonders bezüglich der Frauen? Wir haben ja beim Herrn geschworen, ihnen keine unserer Töchter zu Frauen zu geben.“
Hier sehen wir einen zweiten Schwur, einen schweren Schwur: Wer nicht zu dieser Versammlung des Volkes Gottes nach Mizpa kommt, der muss sterben. Das war überzogen. In diesem selbstgerechten Übereifer haben sie Schwur auf Schwur gelegt. Im Nachhinein muss man das bereuen, denn die Zukunft hat man ja nicht in der Hand.
In Vers 8 wird festgestellt: „Gibt es irgendeinen von den Stämmen Israels, der nicht zu dem Herrn nach Mizpa heraufgekommen ist?“ Und siehe, kein Mann von Jabes Gilead war ins Lager, in die Versammlung gekommen. Das Volk wurde gemustert, und siehe, kein Mann war da von den Bewohnern von Jabes Gilead.
Da sandte die Gemeinde zwölftausend tapfere Männer dorthin und befahl ihnen: „Geht hin und schlagt die Bewohner von Jabes Gilead!“ Eine Stadt blieb neutral gegenüber dem Bösen. Sie wurde dann im Krieg geschlagen – die Männer, nicht die Frauen.
Nun war klar: Es gibt Frauen, die nicht hinaufgekommen sind und daher nicht von diesem Schwur betroffen sind. Jetzt könnte eine Lösung für den verlorenen Stamm Benjamin gefunden werden.
Die Bibel beschreibt einfach, was geschehen ist. Es wird nicht gesagt, dass alles so richtig war, wie der Herr es wollte. Es wird gezeigt, wie schlimm alles war und welches Chaos entsteht, wenn man nicht auf die Bibel hört. Das Buch der Richter zeigt: Nichtgehorchen führt zum Niedergang in allen Lebensbereichen.
Wir können etwas Wichtiges lernen: Jabes Gilead hat ganz falsch gehandelt, denn sie waren gegenüber dem Bösen neutral. Das ist eine Gefahr. Einerseits besteht die Gefahr von Übereifer, verbunden mit Selbstgerechtigkeit – das führt zu falschen Entscheidungen. Andererseits ist Neutralität gegenüber dem Bösen auch gefährlich: „Das geht mich ja nichts an.“
Konkret geht es um die Frage, wie die Gemeinde mit Homosexualität umgeht. Man sagt oft: „Ich würde das ja nicht unterstützen, aber sie müssen selbst wissen, was sie machen.“ Oder bei anderen Themen, bei denen Gemeindezucht nötig wäre, heißt es: „Das müssen sie selbst wissen, ich würde das nie unterstützen.“ Das ist Neutralität gegenüber dem Bösen.
Das war das Problem von Jabes Gilead. Wenn wir gegenüber dem Bösen neutral sind, können wir zu Komplizen des Bösen werden. Das Problem des Stammes Benjamin war, dass sie die Tat in Gibeah nicht verurteilen wollten. Jabes Gilead sagte: „Das ist nicht unsere Sache.“ Doch durch Schweigen und Passivität gegenüber dem Bösen kann man trotzdem aktiv sein. Passivität kann Aktivität sein.
So kam es zu diesem schrecklichen Gericht über Jabes Gilead. In Vers 12 heißt es: „Sie fanden unter den Bewohnern von Jabes Gilead vierhundert Mädchen, Jungfrauen, die keinen Mann im Beischlaf erkannt hatten. Sie brachten sie ins Lager nach Shiloh, das im Land Kanaan liegt.“
Diese jungen Frauen kamen also dorthin, wo damals die Stiftshütte stand, nach Josua 18, in Shiloh.
Die ganze Gemeinde sandte hin und redete zu den Kindern Benjamins, die am Felsen Rimon waren, und bot ihnen Frieden an. Jetzt machen sie Frieden mit Benjamin. Das ist gut. Die Bibel sagt aber nicht, ob das gut war. Ob etwas gut oder schlecht ist, müssen wir anhand anderer Stellen herausfinden. Natürlich war es gut, dass es eine Versöhnung gab. Dazu gibt es genügend Stellen.
Benjamin kehrte in derselben Zeit zurück. Sie gaben ihnen die Frauen, welche sie leben ließen, von den Frauen von Jabes Gilead. Doch es reichte nicht genug für sie. Ein weiteres Problem.
Hätten sie nicht in dieser vermessenen Weise geschworen, wären all diese Probleme nicht entstanden. Sie versuchen nun, Tricks zu finden, um das zu lösen.
Ich meine, Jephtha war schon erfolgreich. Ich habe gesagt: „Ich werde sie als hinaufgehende hinaufsteigen lassen“, also als Brandopfer, so sagt man es auf Hebräisch. Gut, sie geht hinauf, und dann kommt sie hoch nach Mizpa. Dort habe ich die „heraufsteigende Ola“, das heißt die „Heraufsteigende“, aber auch Brandopfer, hinaufsteigen lassen.
So erfüllte Jephtha sein Gelübde.
Sie sagten sich: „Es ist ja ein Fest vorgesehen in Shiloh bei der Stiftshütte, und dort könnten die Benjaminiten junge Mädchen rauben, die nicht verheiratet sind. Dann haben wir sie ja nicht gegeben, und die Sache ist gelöst.“
So endet das Buch der Richter. Sie wollten irgendwie eine Lösung finden. Das Buch zeigt uns, wie verzwickt das Leben wird, wenn man nicht klar nach dem Wort des Herrn den Weg geht.
Befriedigt das niemand? Ja, sie haben jetzt eine Lösung gefunden.
In Vers 19 heißt es: „Sie sprachen: Siehe, ein Fest ist von Jahr zu Jahr in Shiloh, das nördlich von Bethel gegen Sonnenaufgang liegt, an der Landstraße, die von Bethel nach Sichem hinaufgeht, und südlich von Lebona liegt.“
So ging der Raub vor sich, und der Stamm Benjamin überlebte.
Geographische Einordnung und historische Hinweise zu Shiloh
Hier wird ganz genau erklärt, wie es mit Shiloh ist. Von Jahr zu Jahr findet dort ein Fest statt, und an diesem Ort stand die Stiftshütte.
Wir stehen hier im Bild in Shiloh und blicken von dort ins Tal hinunter. Man sieht gerade die Hauptstraße, die von Bethel heraufkommt. Erkennen Sie das? Das ist die Hauptstraße von Bethel, die dem natürlichen Verlauf des Geländes folgt und hinauf nach Sichem führt. Hier steht Shiloh, nördlich von Bethel gelegen.
Wir befinden uns also nördlich von Bethel. Geht man die Straße nach Süden hinunter, gelangt man nach Bethel. Diese Straße ist die Nummer 60, die durchs Westjordanland führt und heute militärisch gesichert ist. Wenn man jedoch in die arabischen Dörfer abzweigt, sieht man rote Tafeln. Diese warnen, dass Personen mit israelischer Staatsbürgerschaft auf keinen Fall hineingehen dürfen. Das ist Zone A, die den Palästinensern übergeben wurde, und es ist gefährlich für das Leben der Israelis.
Man muss als Israeli damit rechnen, dass man dort umgebracht wird. Auch für Touristen ist es gefährlich, da nicht sofort erkennbar ist, ob jemand Israeli ist oder nicht, zum Beispiel ein säkularer Israeli. Wenn man dann noch einen Bart hat, kann sich die Gefahr sogar erhöhen.
Ich wollte nur sagen: Das ist die Straße Nummer 60.
Im 19. Jahrhundert kam Mr. Robinson, ein englischer Wissenschaftler, hierher. Er suchte alte biblische Stätten und wollte herausfinden, wo sie genau liegen. Er kam nach Shiloh und sah einfach Steine herumliegen. Später stellte sich heraus, dass es mittelalterliche Bauten sind, darunter Häuser aus byzantinischer Zeit, also aus dem 4. bis 15. Jahrhundert nach Christus.
Wie konnte er herausfinden, ob das biblische Shiloh hier liegt? Er fragte die Beduinen, was das für ein Ort sei. Sie sagten ihm, es sei Ceylun. Das ist der arabische Ausdruck für Shiloh. Oft ist ein „Sch“ im Hebräischen ein „S“ im Arabischen, zum Beispiel Shalom auf Hebräisch und Salam auf Arabisch. Ceylun entspricht also Shiloh.
Vor einigen Jahren begannen hier umfangreiche Ausgrabungen. Dabei fand man ein Mosaik aus byzantinischer Zeit vor einer Kirche. Darauf steht auf Griechisch: „Der Herr möge sich erbarmen über Silo.“ Das ist eine weitere Bestätigung, dass es sich wirklich um das biblische Shiloh handelt.
Anhand dieser Stelle können wir das nochmals nachvollziehen. Der Ort muss nördlich von Bethel liegen, gegen Sonnenaufgang von der Landstraße. Die Landstraße führte schon damals hier entlang, entsprechend dem Verlauf des Tals, um nach Norden zu gelangen. Diese Straße liegt westlich von den Ruinen von Shiloh, also gegen Sonnenaufgang von der Landstraße.
Das stimmt also, wir befinden uns auf der richtigen Straßenseite, die von Bethel nach Sichem hinaufführt. Der natürliche Verlauf der Straße führt nach Sichem. Außerdem liegt Shiloh südlich von Lebona. Levona erreicht man, wenn man auf der Straße nur ein Stück weitergeht.
Jeder geografische Punkt stimmt, und so können biblische Ortschaften heute wieder identifiziert werden, weil die Bibel so genaue Angaben macht. Das Buch Josua ist natürlich noch viel reicher an solchen Angaben und damit eine unerschöpfliche Quelle für biblische Geographie.
Hier habe ich noch eingezeichnet, wo Jabes-Gilead liegt, also die Stadt, die neutral geblieben ist, genau auf der anderen Seite des Jordans, im Gebiet von Gilead.
Man sieht hier nochmals deutlicher die Landstraße, die heute Straße Nummer 60 ist. Wie gesagt, war das schon früher zu biblischen Zeiten die Landstraße, die nach Sichem hinaufführt, gerade südlich von Lebona.
Zusammenfassung und Resümee zur Spiegelstruktur im Buch der Richter
Zum Schluss möchte ich nochmals auf das Komplizierteste in diesen Vorträgen zurückkommen: die Spiegelstruktur. Sie hilft uns, ein Resümee zu ziehen.
Wir haben gesehen, dass das Buch der Richter zwei Einleitungen hat. Zuerst wird uns der politische Niedergang gezeigt. Es wird dargestellt, wie ein Misserfolg beim Erobern des verheißene Landes nach dem anderen eintrat. Dies hing damit zusammen, dass man begann, nicht mehr wirklich auf das zu hören, was Gott sagt, sondern im eigenen Sinn das tat, was man für gut hielt.
Im zweiten Vorwort sahen wir einen religiösen Niedergang. Ganz schnell, nachdem Josua und die treuen Ältesten seiner Zeit gestorben waren, wechselte die nächste Generation den Kurs und verfiel in Götzendienst. Hier wird erklärt, wie es ständig so war: Man wandte sich vom Herrn ab, und dann musste der Herr eine Zucht über das Volk bringen. Erst danach begannen sie, zum Herrn zu schreien. In seiner Gnade gab der Herr ihnen die Möglichkeit zur Wiederherstellung durch einen Richter. Doch danach fielen sie wieder ab – und immer tiefer.
Der Hauptteil besteht aus sieben Abfallgeschichten, beginnend mit Othniel. Das Volk hatte auf dem Gebiet der Liebe und Ehe versagt; es ging Mischehen mit den Götzendienern ein. Othniel hingegen war vorbildlich auf diesem Gebiet. Er heiratete die eifrige, den Herrn und sein Land liebende Frau Axa und wurde so zum Retter.
Die nächste Abfallgeschichte mit Ehud zeigt, wie das Volk unter die Herrschaft der Ammoniter kam. Ehud benutzte in dieser Zeit das Schwert als Wort Gottes, um Israel aus dieser Knechtschaft zu befreien. Hier geht es besonders um das Überwinden des Problems von Faulheit und Luxussucht, denn Eglon, der König, war ein richtiger Egoist, der Israel unterdrückt hatte.
Danach folgt die Geschichte mit Deborah und Barak. Das Problem bestand darin, dass Männer nicht führen und ihre Verantwortung wahrnehmen wollten. Deborah, eine von Gott berufene Frau, fragt sich, wie sie in diese Lücke einspringen kann – und zwar so, dass es vor dem Herrn recht ist. Unter ihrer Palme tut sie ihren Dienst und ermutigt Barak, der keine wirkliche Hingabe zeigt, endlich den Auftrag zu erfüllen, den der Herr ihm gegeben hat. Es kommt zu einem überwältigenden Sieg. Am Schluss singen sie das wunderbare Deborah-Lied und bringen zum Ausdruck, wie wunderbar es ist, dass Deborahs Hingabe viele Männer dazu brachte, ihre Verantwortung als Führer wahrzunehmen.
Dann folgt die Geschichte mit Gideon. Dieser Mann wurde von Gott gebraucht, um Israel aus dem Götzendienst zu führen. Wie traurig ist es jedoch, dass er Israel am Ende wieder in den Götzendienst zurückführte.
Wir haben auch die Geschichte von Abimelech gesehen, einem Sohn Gideons, der sich zum König machen wollte. Sein Name bedeutet „Mein Vater ist König“. Warum gab der Vater ihm diesen Namen? Er selbst war überzeugt, kein König sein zu wollen, denn der Herr allein ist König. Dennoch gab er ihm diesen Namen, und der Sohn ging seinen Weg. Als er König wurde, wurde er zu einer Katastrophe und einem Fluch für Israel. Er brachte Sichem in einen Bürgerkrieg.
Danach haben wir Jeftha gesehen, einen Mann mit ungünstigen Voraussetzungen bezüglich seiner Herkunft. Doch er war bereit, sich von dem Herrn gebrauchen zu lassen und zeigte Vergebungsbereitschaft gegenüber denen, die ihn tief beleidigt und abgelehnt hatten. Er hat gezeigt, wie Gott jemanden gebrauchen kann, der sich zur Verfügung stellt und seine Vergangenheit hinter sich lässt. Allerdings sehen wir bei ihm auch Probleme: Er gibt das Wort Gottes diplomatisch weiter, anstatt die Klarheit und Schärfe des Wortes als zweischneidiges Schwert einzusetzen. Außerdem zeigt er Leichtfertigkeit, indem er einen Schwur ablegt, den er später bitter bereuen muss. Mit Tricks konnte er ihn umdeuten – ja, er konnte es.
Dann folgt Simson aus dem Stamm Dan. Er war ein barbarischer Mensch, der nur symbolisch ein Mann der Hingabe an Gott war. In dieser symbolischen Hingabe als Nasiräer lag das Geheimnis seiner Kraft verborgen. Doch da sein Äußeres nicht mit seinem Inneren übereinstimmte, wurde dies schließlich zu seinem Verhängnis und führte zu seinem Untergang.
Im ersten Anhang geht es nochmals um einen religiösen Niedergang mit Götzendienst und Abfall. Es wird gezeigt, wie früh diese Dinge auftraten – sogar in der Familie von Mose, bei seinem Enkel. Dies verdeutlicht, wie schwierig es ist, das Wort Gottes von einer Generation zur nächsten weiterzugeben. Mose hatte Israel die Zehn Gebote gegeben. Doch hier wurden das erste und zweite Gebot auf schändliche Weise mit Füßen getreten, verbunden mit einer richtigen Benebelung. In dieser Geschichte sieht man, dass man das Problem, gegen diese Gebote zu verstoßen, kaum erkannte. Alles wurde als normal hingenommen. Man fragte sich: „Es ist ja für den Herrn – wo liegt das Problem?“ Diese Vernebelung geschah kurz nachdem Israel durch Josua so siegreich ins Land geführt worden war.
Schließlich endet das Buch mit dem Satz: „In jenen Tagen war kein König in Israel. Eine jeder tat, was recht war in seinen Augen.“ Diese Botschaft von Relativismus wird uns nochmals vor Augen geführt. Sie zeigt uns, dass das Wort Gottes absolut verbindlich für unser Leben sein muss und ganz oben stehen soll.
So können wir die traurigen Lektionen des Richterbuches umgehen. Manche sagen, man müsse auch schlechte Erfahrungen machen, denn daraus lernt man. Ja, man lernt daraus, aber das ist nicht die Art, wie Gott uns Lektionen beibringen möchte. Darum hat Gott uns zum Beispiel das Buch Prediger gegeben. Salomo zeigt, wie sinnlos sein Leben war, als er von Gott weggekommen war. Es war alles ein Haschen nach Wind, Eitelkeit der Eitelkeiten. Doch als älterer Mann erlebte er eine Umkehr und unterwies das Volk als Prediger, um zu zeigen: Macht nicht die gleichen Fehler! Es bringt kein Glück, diese Dinge zu suchen. Alles war leer und sinnlos.
Die Endsumme lautet: Fürchte Gott und halte seine Gebote! So ist auch das Buch Richter uns gegeben, um zu sagen: Wir müssen diese Dinge nicht selbst erleben, um gescheit oder weise zu werden. Wir sollen von diesen Geschichten lernen, um sie zu vermeiden und den Weg mit dem Herrn in Treue zu gehen.