Rückblick auf die Sünde und ihre Folgen in Israel
Wir kommen heute zu Josua 8, aber ich möchte noch einen kleinen Nachtrag zu Kapitel 7 machen. Dort haben wir gesehen, dass Achan sich schwer versündigt hatte. Seine Sünde wird in Kapitel 7, Vers 15 als eine „Schandtat in Israel“ bezeichnet. Dieser Ausdruck ist ein fixer Begriff im Alten Testament, der an mehreren Stellen vorkommt. Er beschreibt besonders schwere Vergehen, für die unter dem Gesetz Mose die Todesstrafe vorgesehen war.
Im 5. Buch Mose taucht in diesem Zusammenhang immer wieder der Satz „Du sollst das Böse aus seiner Mitte hinwegschaffen“ auf. Dieser Ausdruck steht für die Vollstreckung der Todesstrafe. Zum Beispiel heißt es in 5. Mose 17,7 bei einer schweren Schuld, die Steinigung erfordert: „Und du sollst das Böse aus deiner Mitte hinwegschaffen.“ Ebenso in Vers 12 desselben Kapitels: „Selbiger Mann soll sterben, und du sollst das Böse aus Israel hinwegschaffen.“ Dieser Gedanke zieht sich mehrfach durch das Gesetz.
Interessant ist, dass dieser Satz „Du sollst das Böse aus deiner Mitte hinwegschaffen“ im Neuen Testament zitiert wird, und zwar in einer griechischen Übersetzung. In 1. Korinther 5 lautet es im letzten Vers des Kapitels: „Die aber draußen sind, richtet Gott, tut den Bösen von euch selbst hinaus.“ Der Ausdruck „tut den Bösen von euch selbst hinaus“ ist die griechische Übersetzung des alttestamentlichen Satzes „Du sollst das Böse aus deiner Mitte hinwegschaffen“.
Damit wird klar: In 1. Korinther 5 geht es um Gemeindezucht. Diese Gemeindezucht entspricht dem, was unter dem Gesetz die Todesstrafe war. Eine Todesstrafe gibt es in der Gemeinde nicht, aber es gibt die Gemeindezucht.
In 1. Korinther 5 geht es um einen konkreten Fall von Hurerei, also außerehelichem Geschlechtsverkehr. Dabei handelt es sich um eine besonders schwere Form, nämlich dass einer die Frau seines Vaters hatte. Der Apostel Paulus kritisiert die Gemeinde scharf, weil sie nicht reagiert hat. Er sagt in Vers 2: „Ich höre von Vers 1, dass Hurerei unter euch ist, und eine solche Hurerei, die selbst unter den Nationen nicht vorkommt, dass einer seines Vaters Frau hat. Und ihr seid aufgeblasen und habt nicht vielmehr Leid getragen, damit der, der diese Tat begangen hat, aus eurer Mitte hinweggetan würde.“
Das bedeutet: Derjenige, der diese schwere Sünde begangen hat, sollte aus der Gemeinde ausgeschlossen werden. Paulus macht der Gemeinde einen Vorwurf, weil sie keine Gemeindezucht ausgeübt hat.
Dies ist ein sehr aktuelles Problem, denn in vielen evangelikalen Gemeinden ist Gemeindezucht heute nicht mehr üblich. Man könnte meinen, das sei ihre Sache und Verantwortung. Doch wir haben in Josua 7 gesehen, dass Gott das nicht so sieht.
In Josua 7,11 sagt Gott: „Israel hat gesündigt und meinen Bund übertreten, den ich geboten habe. Sie haben von den Verbotenen genommen, gestohlen, verheimlicht und unter ihre Geräte gelegt.“ Gott macht also das ganze Volk mitverantwortlich.
Genauso ist es in einer Gemeinde: Wenn schwere Sünden wie Ehebruch und außerehelicher Verkehr vorkommen, entsteht ein Bann in der Gemeinschaft. Gott hat Joshua ganz klar mitgeteilt: „Ich werde nicht mehr mit Israel sein, ich werde euch nicht mehr im Kampf in Kanaan beistehen, bis diese Sache geordnet ist.“
So musste Israel sich gewissermaßen mit dieser Sünde auseinandersetzen. Erst als sie eindeutig Stellung bezogen hatten, heißt es in Kapitel 7,26: „Und der Herr wandte sich von der Glut seines Zorns ab.“
Erneuter Sieg nach der Reinigung
Das führt uns zu Kapitel acht, wo wir sehen, dass Israel im Kampf wieder Erfolg hatte.
Wir erkennen hier, dass es keine nebensächliche Angelegenheit ist, wenn eine Gemeinde oder Kirche das Böse nicht mehr verurteilen will. Der Punkt ist erreicht, an dem, wenn die Gemeinde das Böse nicht mehr ausschließt, diejenigen, die darin sind, die Gemeinschaft verlassen müssen.
Dies entspricht auch dem Grundsatz, der in 2. Timotheus 2 dargestellt wird. Dort wird die Gemeinde als ein großes Haus beschrieben, in dem eine Vermischung entstanden ist. Es gibt goldene und silberne Gefäße, aber auch hölzerne und irdene. Die einen sind zur Ehre, die anderen zur Unehre bestimmt (2. Timotheus 2,20). Das große Haus wird bereits in den vorhergehenden Versen erwähnt.
In Vers 21 heißt es als Konsequenz für den Einzelnen: „Wenn sich nun jemand von diesen reinigt“, wörtlich „wegreinigt“, „so wird ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet.“
Der Ausdruck „wegreinigen“ ist derselbe, der in 1. Korinther 5 verwendet wird. Dort geht es darum, dass ein schwer verschuldeter Mensch aus der Gemeinde ausgeschlossen wird. Wenn die Gemeinde dies jedoch nicht mehr tut, dann muss sich der Einzelne selbst reinigen, indem er sich absondert.
Dieser Gedanke ist heute in der Christenheit weitgehend verloren gegangen: die kollektive Verantwortung. Stattdessen wird meist nur die persönliche Verantwortung gesehen. Diese ist natürlich sehr wichtig. Bis zur Reformation galt jedoch fast ausschließlich die kollektive Verantwortung. Das war das eigentliche Problem des Katholizismus: Die Kirche wurde als alles umfassend betrachtet, während der einzelne Mensch und sein Gewissen kaum eine Rolle spielten.
Deshalb war es so entscheidend in der Reformation, als Luther vor dem Reichstag stand und sagte: „Hier stehe ich, Gott helfe mir, ich kann nicht anders.“ Daraufhin wurde er mit dem Kirchenbann belegt und praktisch vogelfrei erklärt.
Wichtiger war jedoch die Erkenntnis, dass der einzelne Mensch in seiner persönlichen Verantwortung vor Gott steht. Es geht also nicht nur um das Kollektiv.
Das Problem ist aber, dass aus der Reformation heraus der Gedanke der kollektiven Verantwortung verloren gegangen ist. Die biblische Wahrheit ist jedoch, dass es beides gibt: die gemeinschaftliche Verantwortung als Gemeinde und die persönliche Verantwortung des Einzelnen.
Deshalb wird in 1. Korinther 5 die Gemeinde aufgerufen, gemeinsam zu handeln, wenn ein Bann in ihrer Mitte besteht. Die persönliche Seite bleibt aber erhalten. Das betont 1. Korinther 11 im Zusammenhang mit dem Abendmahl: „Ein jeder prüfe sich selbst und esse so vom Brot und trinke vom Kelch.“
Das bedeutet, dass wir sowohl das Kollektiv als auch das Individuum beachten müssen und unser Leben persönlich vor dem Herrn in Ordnung bringen. Dies gehört zum ABC des Christentums.
Joshua 7 betont besonders die kollektive Verantwortung. Man kann nicht sagen: „Das ist seine Privatsache.“ Nein, die Gemeinde trägt gemeinschaftlich Verantwortung.
Gottes Zusage und der Befehl zum Angriff auf Ai
Und jetzt kommen wir zu Kapitel 8. Hier sehen wir erneut einen Sieg nach dem Verurteilen des Bösen. Der Herr stellt sich wieder zu Israel.
Der Herr sprach zu Josua: „Fürchte dich nicht und erschrick nicht.“ Das ist ein wunderbarer Aufruf, den wir schon aus Kapitel 1 kennen, als alles frisch und neu begann. Dies ist die Antwort Gottes, nachdem Israel seine Verantwortung wahrgenommen hat.
Der Herr sprach weiter zu Josua: „Fürchte dich nicht und erschrick nicht. Nimm alles Kriegsvolk mit dir und mache dich auf. Zieh hinauf nach Ai. Siehe, ich habe den König von Ai und sein Volk, seine Stadt und sein Land in deine Hand gegeben.“
Auch hier wird wieder etwas in der Vergangenheit dargestellt, obwohl es noch nicht geschehen ist. Das ist ein wichtiges Merkmal der biblischen Sprache: Zukünftige Ereignisse werden oft so beschrieben, als seien sie bereits abgeschlossen. In der hebräischen Grammatik gibt es dafür sogar einen festen, allgemein anerkannten Ausdruck, das sogenannte prophetische Perfekt.
Sehr oft werden Prophetien mit Verbformen im Hebräischen formuliert, die eigentlich etwas Abgeschlossenes beschreiben. Das ist auch der Grund, warum Jesaja 53 in der Vergangenheitsform geschrieben ist.
Dort heißt es: „Er hatte keine Pracht, keine Gestaltung, keine Pracht, und als wir ihn sahen, da hatte er kein Ansehen, dass wir seiner begehrt hätten. Er war verachtet und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und Mitleiden vertraut. Doch um unserer Übertretungen willen war er verwundet, die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm.“
All das steht in der Vergangenheitsform, obwohl es eine Prophetie auf den kommenden Messias ist.
Ich hatte einmal ein Gespräch mit einem orthodoxen Juden über Jesaja 53. Er argumentierte, dass sein Rabbi gesagt habe, dies sei keine Prophetie auf den Messias. Zwar habe er zugegeben, dass das erste Mal, als er den Text mit mir gelesen hatte, es unglaublich wirkte. Aber sein Rabbi habe dann erklärt, es sei keine Prophetie, weil es in der Vergangenheitsform geschrieben sei.
Ich konnte ihm erklären, dass es sich um das prophetische Perfekt handelt. Zukünftige Dinge werden so beschrieben, als seien sie bereits geschehen, um die Sicherheit der Erfüllung auszudrücken.
Er entgegnete: „Nein, mein Rabbi sagte, das sei ein Freiheitskämpfer in der babylonischen Gefangenschaft, der dort beschrieben wird.“
Daraufhin fragte ich ihn: „Weißt du, wann Jesaja geschrieben hat?“ Er antwortete: „Nein, aber ich könnte nachschauen.“
Ich sagte: „Um 700 v. Chr.“
Und wann war das babylonische Exil?
Er antwortete: „Ich könnte nachschauen.“
Ich erklärte: „Das war im sechsten Jahrhundert v. Chr., also lange nach Jesajas Zeit. Das passt also auch nicht.“
Dann sei die Prophetie für Jesaja noch immer zukünftige Zeit gewesen. Nein, sie beschreibt wirklich den Messias.
Übrigens steht in jeder Rabbinerbibel, der sogenannten Mikra'ot Gedolot, die in vielen Bänden erscheint, der hebräische Text auf der einen Seite. Daneben findet man zunächst die aramäische Übersetzung.
In jeder Rabbinerbibel steht neben Jesaja 53 in der aramäischen Übersetzung: „Siehe, mein Knecht, der Messias.“ So beginnt es auch in Jesaja 52, Vers 13. In jeder Rabbinerbibel wird dieser Knecht als der Messias bezeichnet.
Die Prophetie wird in abgeschlossener Form beschrieben, um die Sicherheit der Erfüllung zu betonen. Das geschieht sehr oft in der Prophetie.
Auf dieser Linie steht auch alles, wenn Gott sagt: „Ich habe sie in eure Hand gegeben“, diese Feinde, oder „Ich habe euch dieses Land gegeben.“ Sie hatten es schon, obwohl sie es noch nicht praktisch in der Hand hatten. Es ging darum, es auch tatsächlich in Besitz zu nehmen.
Unterschiedliche Anweisungen für Jericho und Ai
Vers 2, Josua 8, Vers 2: Du sollst an Ai und an seinem König tun, so wie du an Jericho und an seinem König getan hast. Jedoch dürft ihr die Beute und das Vieh für euch plündern.
Jetzt ist es plötzlich anders. In Jericho war es nicht erlaubt, jetzt ist es erlaubt. Und das ist sehr wichtig: In Gottes Wegen mit uns gibt es keine starren Schablonen. Es ist nicht so, dass es an einer Stelle so war und deshalb an einer anderen Stelle genauso sein muss.
Der Herr kann in einer bestimmten Situation so handeln und in einer anderen anders. Das sehen wir auch zum Beispiel im Leben von David. Er fragt: „Soll ich dort hingehen?“ Und der Herr sagt: „Nein.“ Kurz darauf eine zweite Geschichte: Er fragt wieder „Soll ich dort hingehen?“ Und der Herr sagt: „Ja.“
Wir müssen den Herrn Schritt für Schritt fragen: Wie soll ich jetzt in dieser Situation handeln? Was ist dein Wille? Hier sagt Gott, dass das Volk in Ai für sich plündern darf. In Jericho war es nicht erlaubt, und das führte zu der ganzen Katastrophe mit Achan, der übrigens auch Achar genannt wird.
Achar heißt Trübsal. Josua hatte gesagt in 7,25: „Wie hast du uns in Trübsal gebracht?“ Das ist ein Wortspiel. Ich schlage auf in 1. Chronik 2,7: „Und die Söhne Karmis, Achar, der Israel in Trübsal brachte, weil er Untreue beging an dem Verbanden.“
Im Rahmen dieser langen Geschlechtsregister von 1. Chronik 1 bis 9 wird hier kurz noch einmal vermerkt, was damals geschehen war. Achan wird Achar genannt, also der in Trübsal bringt. Auf Hebräisch steht hier „Achar Ocher Yisrael“, das heißt „Achar, der Israel in Trübsal brachte.“
Von da abgeleitet ist dann der Name Tal Achor, das Tal der Trübsal, das wir in Josua 7,24 gefunden hatten. Ja.
Die Kriegstaktik bei Ai
Jetzt lese ich weiter in Kapitel 8, Vers 3. Da machte sich Joshua mit dem gesamten Kriegsvolk auf, um nach Ai hinaufzuziehen. Joshua wählte dreißigtausend kriegstüchtige Männer aus und sandte sie nachts los.
Erinnern wir uns an die Kundschafter, die so übermütig von Ai zurückkamen. Sie rieten, nicht das gesamte Kriegsvolk zu bemühen; es reiche, wenn zweitausend oder dreitausend Männer hinaufgingen. Zweitausend wären fünfzehnmal weniger, dreitausend zehnmal weniger als die dreißigtausend, die Joshua hier aufbietet.
Jetzt ist Israel nicht mehr einfach selbstsicher, sondern sie wissen ganz genau, dass Ai und jeder Widerstand des Feindes nicht zu unterschätzen sind. Man muss die ganze Kraft einsetzen, die der Herr gibt. Dreißigtausend kriegstüchtige Männer wurden nachts losgeschickt. Joshua gebot ihnen: „Seht, ihr sollt den Hinterhalt gegen die Stadt bilden, im Rücken der Stadt. Entfernt euch nicht zu weit von der Stadt, sondern seid alle bereit!“
Hier wird eine ganz interessante Kriegsstrategie beschrieben. Das wird übrigens im Buch von Herzog und Gichon über die Kriege Israels ausführlich behandelt. Sie gehen auch auf die topologischen Gegebenheiten des Gebiets Bethel-Ai ein, das sich im Gebirge des heutigen Westjordanlandes befindet. Sie erklären genau, wie das passt, so wie die spezielle Situation dort im Westjordanland ist. Das müsste auch eine Armee, die am Boden kämpft, heute so berücksichtigen.
Ganz wichtig ist also dieser Hinterhalt gegen die Stadt, im Rücken der Stadt. „Entfernt euch nicht zu weit von der Stadt, sondern seid alle bereit!“ sagte Joshua. „Ich und das ganze Volk, das bei mir ist, wir wollen uns der Stadt nähern. Und es soll geschehen, wenn sie herauskommen, uns entgegen wie das erste Mal, so wollen wir vor ihnen fliehen.“
Er nutzt das Erlebnis dieser Katastrophe aus Kapitel 7. Damals war es eine Überraschung für Israel, dass sie keine Chance gegen Ai hatten und vor ihnen fliehen mussten. Das nutzen sie jetzt aus und inszenieren quasi nochmals eine Flucht. Aber das gehört zur Kriegstaktik.
Sie werden herausziehen und uns verfolgen, bis wir sie von der Stadt abgezogen haben. Denn sie werden sagen: „Sie fliehen vor uns wie das erste Mal.“ Es ist gefährlich, zu viel zu vergleichen. Dort war es so, und jetzt ist es wieder so. Sie fliehen vor uns wie das erste Mal, und wir wollen vor ihnen fliehen.
Dann sollt ihr euch aus dem Hinterhalt aufmachen und die Stadt in Besitz nehmen. Der Herr, euer Gott, wird sie in eure Hand geben. Hier wird das als zukünftige Verheißung ausgesprochen.
Es soll geschehen, wenn ihr die Stadt eingenommen habt, dass ihr die Stadt mit Feuer anzündet. Nach dem Wort des Herrn sollt ihr handeln. „Seht, ich habe es euch geboten.“
Joshua sandte sie ab, und sie zogen in den Hinterhalt und hielten sich zwischen Bethel und Ai, westlich von Ai. Joshua verbrachte jene Nacht in der Mitte des Volkes.
Die Bedeutung des Ortes zwischen Bethel und Ai
Die Örtlichkeit zwischen Bethel und Ai ist in der Bibel von großer Bedeutung. Dort hielt sich Abraham eine Zeit lang auf, als er ins Land Kanaan kam, es aber noch nicht in Besitz nahm. Er war dort und erhielt von Gott die Verheißung: „Deiner Nachkommenschaft werde ich dieses Land geben.“ Abraham glaubte daran, doch er reiste als eine Art Beduine durch das Land und nahm nichts davon in Besitz. Er hielt im Glauben fest, dass Gott diese Verheißung eines Tages an seine Nachkommen, das Volk Israel, erfüllen werde und sie dieses Land erhalten würden. Dennoch hatte er es selbst noch nicht in Besitz genommen.
Diese erste Verheißung im Land wurde ihm in Sichem gegeben. Wir können das kurz in 1. Mose 12 nachlesen. Dort heißt es in Vers 5 am Schluss: „Und sie kamen in das Land Kanaan, Abraham und all die Seinen. Und Abraham durchzog das Land bis zu dem Ort Sichem, bis zu der Terbinten-Mores. Die Kanaaniter waren damals im Land.“ Der Herr erschien Abraham und sprach: „Deiner Nachkommenschaft will ich dieses Land geben.“ Abraham baute dort, wo Gott ihm erschienen war, einen Altar.
Abraham kommt also ins verheißene Land, und der erste geografisch benannte Ort ist Sichem. Ich habe bereits erklärt, dass dies heute Nablus ist, eine der größten palästinensischen Städte im sogenannten besetzten Westjordanland. Die UNO sagt, die Weltgemeinschaft, Israel habe dort nichts zu suchen und solle alle seine mehr als 15 Siedlungen im Distrikt Nablus sowie im gesamten Westjordanland räumen. Doch genau dort, in Sichem, sagt Gott: „Deiner Nachkommenschaft will ich dieses Land geben.“ Als Dank dafür baute Abraham an dem Ort, wo Gott ihm erschienen war, einen Altar.
Dann kommt Vers 8, der für mich wichtig ist: „Und er brach auf von dort nach dem Gebirge ostwärts von Bethel und schlug sein Zelt auf, Bethel gegen Westen und Ai gegen Osten. Und er baute daselbst dem Herrn einen Altar und rief den Namen des Herrn an.“ Abraham wanderte also auf dem Gebirge, das hauptsächlich das Bergland Israels im Westjordanland ist, dem sogenannten besetzten Westjordanland. Von Sichem, in den Bergen, zog er nach Süden, zu Bethel und Ai. Diese Orte liegen nicht mehr weit von Jerusalem entfernt.
Dort schlug er sein Zelt auf. Im Zelt wohnen bedeutet, dass er das Land noch nicht in Besitz genommen hatte. Er war ein Fremdling, aber er wusste: Das Land gehört meinen Nachkommen. Zwischen Bethel und Ai baute er einen weiteren Altar und rief den Namen des Herrn an. Das war der zweite von vier Altären im Leben Abrahams. Genau dort, zwischen Bethel und Ai, steht dieser Altar.
Nun müssen wir die Brücke schlagen zu Josua 8. Dort sind nun die Nachkommen Abrahams im Gebiet zwischen Bethel und Ai, und sie nehmen das Land in Besitz und setzen ihre Fußsohle darauf.
Übrigens, ich erwähne nur kurz, dass der dritte Altar von Abraham in Hebron gebaut wurde. Das steht in 1. Mose Kapitel 13, 14 bis 18. In Vers 18 heißt es: „Und Abraham schlug Zelte auf und kam und wohnte unter den Terbinten Mamres, die bei Hebron sind, und er baute dort dem Herrn einen Altar.“ Hebron liegt im Süden des sogenannten besetzten Westjordanlandes. Dort errichtete Abraham seinen dritten Altar. Gott sagte ihm dort: „All das, was du da siehst, dir habe ich es gegeben und deiner Nachkommenschaft.“
Dann, als Abraham in das Gebiet des Landes Moriah kam – Moriah ist dasselbe wie der Berg Zion, der spätere Tempelberg –, musste er dort seinen Sohn Isaak Gott darbringen. Auch dort baute er einen Altar, nämlich bei Jerusalem, genauer gesagt in Ost-Jerusalem.
So sehen wir: Alle vier Altäre Abrahams liegen ausgerechnet im Westjordanland. Oben Sichem, dann Bethel und Ai, Jerusalem im Gebiet Moriah und Hebron im Süden. Das ist das gesamte Westjordanland. Damals gab es diese geografische Einheit Westjordanland noch nicht. Sie entstand erst in der modernen Geschichte, im zwanzigsten Jahrhundert, und wurde eigentlich künstlich geschaffen.
Doch dieses Gebiet hat eine besondere Bedeutung. Ausgerechnet dort baute Abraham diese Altäre, um Gott zu danken, dass dieses Land eines Tages seinen Nachkommen gehören sollte. Dort stand auch ein Altar als Symbol dafür, dass Israel dieses Gebiet einmal erhalten wird. Und hier sehen wir, wie die Nachkommen es schließlich in Besitz nehmen.
Die Belagerung und Einnahme von Ai
Ich lese in Josua 8, noch einmal Vers 9: „Und Josua sandte sie ab, und sie zogen in den Hinterhalt und hielten zwischen Bethel und Ai, westlich von Ai.“ Josua verbrachte jene Nacht mitten unter dem Volk.
In meiner Bibel mache ich am Rand eine kleine Notiz mit „fm“ für „früh morgens“. Wenn man die Bibel dann durchblättert, findet man die Stellen sofort. So hat man schnellen Zugriff. Das sind hilfreiche Markierungen, wenn man zum Beispiel spontan über das Thema „früh morgens aufstehen“ predigen möchte – ohne ein Skript. Die Stellen hat man dann sofort griffbereit. Lange Pausen beim Blättern sind nämlich auch nicht gut. Ein bisschen Pause ist zwar gut, das entspannt, aber man sollte nicht zu lange suchen müssen.
In Vers 10 heißt es: „Und Josua machte sich frühmorgens auf und musterte das Volk. Er zog hinauf, er und die Ältesten von Israel, vor dem Volk hier nach Ai. Als Kriegsvolk, das bei ihm war, zog er hinauf und rückte heran. Sie kamen vor die Stadt und lagerten nördlich von Ai.“
Wir sehen also: Das Lager lag nördlich von Ai, der Hinterhalt dagegen westlich von Ai. Weiter lese ich in Vers 13 und 11: „Und sie lagerten nördlich von Ai, und das Tal war zwischen ihm und Ai.“ Man erkennt, wie genau die Topographie beschrieben wird. Vor Ai liegt ein Tal, und auf der anderen Seite des Tales ist Josua mit der Armee.
Josua hatte etwa fünftausend Mann genommen und sie als Hinterhalt zwischen Bethel und Ai, westlich von der Stadt, gelegt. So stellten sie das ganze Lager nördlich von der Stadt auf, während der Hinterhalt westlich lag. Josua zog in dieser Nacht mitten in das Tal.
Als der König von Ai dies sah, eilten die Männer der Stadt und machten sich früh auf. Sie zogen hinaus, um Israel entgegenzutreten, er und sein ganzes Volk, an den bestimmten Ort vor der Ebene. Manche Übersetzungen sagen „östlich der Ebene“, aber das ist nicht richtig. „Lifnei“ heißt einfach „angesichts“ oder „vor der Ebene“. Die Ebene ist die Arawa.
Wir befinden uns jetzt im Bergland. Das Bergland verläuft parallel zum Jordantal, das in der Bibel Arawa genannt wird – ein tief eingeschnittenes Tal. Also standen sie vor der Arawa.
Der König wusste jedoch nicht, dass ihm im Rücken der Stadt ein Hinterhalt gelegt worden war. Das wurde ihm zum Verhängnis.
Josua und ganz Israel ließen sich vor ihnen schlagen und flohen auf dem Weg zur Wüste. Das ganze Volk, das in der Stadt war, wurde zusammengerufen, um ihnen nachzujagen. Sie waren wieder siegessicher, total selbstsicher. Die ganze Stadt wurde von den Männern geleitet.
Sie jagten Josua nach und zogen von der Stadt ab. Es blieb kein Mann in Ai und Bethel übrig. Aus beiden Städten waren sie gekommen, nicht nur aus Ai. Kein Mann in Ai und Bethel blieb übrig, der nicht hinter Israel ausgezogen wäre. Sie ließen die Stadt offen und jagten Israel nach.
Jetzt machen genau sie diesen Fehler des Übermuts und der Selbstsicherheit, die verführerisch ist.
Sollten wir nicht auch ein bisschen selbstsicher sein? Und wie ist das eigentlich mit den Kindern? Wie soll man sie erziehen? Soll man sie zu Selbstsicherheit erziehen oder nicht? Die Leute aus der Welt sagen oft: „Wenn ihr eure Kinder nicht zu Selbstsicherheit erzieht, werden sie verschüchtert und unsicher.“
Nein, das stimmt nicht! Wie sollen wir unsere Kinder erziehen? Nach 2. Timotheus 2. Dort wird nicht gesagt, dass sie unsicher und verdattert sein sollen. In Vers 1 heißt es: „Du nun, mein Kind, erstärke dich in der Gnade, die in Christus Jesus ist.“
Wir müssen unsere Stärke im Herrn Jesus finden und in ihm stärker werden. Es heißt also nicht einfach „Sei stark“, sondern das Griechische sagt: „Erstärke dich“ – in einem Prozess, nicht im Vertrauen auf uns selbst, sondern im Vertrauen auf den Herrn.
Das führt zu sicheren Persönlichkeiten, die nicht einfach auf sich selbst und ihre Begabungen vertrauen, sondern auf den Herrn und seine Nähe sowie Hilfe. Von außen wirken sie vielleicht selbstsicher, aber bei genauerem Hinsehen sind sie nicht selbstsicher, sondern sicher im Herrn. Das ist etwas ganz anderes.
Was die Männer in Josuas Geschichte machten, war Selbstsicherheit – und nicht die sichere Zuversicht, die aus dem Vertrauen auf Gott kommt.
Die Einnahme der Stadt und die Vernichtung der Feinde
Nochmal Vers 17: Und es blieb kein Mann in Ai und Bethel übrig, der nicht hinter Israel her ausgezogen wäre. Sie ließen die Stadt offen und jagten Israel nach.
Da sprach der Herr zu Joshua: Strecke den Spieß, der in deiner Hand ist, gegen Ai aus, denn ich will es in deine Hand geben. Und Joshua streckte den Spieß, der in seiner Hand war, gegen die Stadt aus.
Der Hinterhalt war das Signal. Er machte sich schnell von seinem Ort auf und lief, als Joshua seine Hand ausstreckte. Sie kamen in die Stadt, nahmen sie ein und eilten, die Stadt mit Feuer anzuzünden.
Die Männer von Ai wandten sich um und sahen: Siehe, der Rauch der Stadt stieg zum Himmel empor. Unglaublich, welche Schockwirkung das hatte. Sie schauten zurück und sahen, dass ihre Stadt brannte. Sie hatten keine Kraft, irgendwohin zu fliehen. Sie waren förmlich gelähmt.
Das Volk, das zur Wüste geflohen war, wandte sich gegen den Verfolger. Als Joshua und ganz Israel sahen, dass der Hinterhalt die Stadt eingenommen hatte und der Rauch der Stadt emporstieg, kehrten sie um und schlugen die Männer von Ai.
Jene aber zogen aus der Stadt ihnen entgegen, sodass sie mitten zwischen Israel waren – die einen von hier, die anderen von dort. Jetzt war die feindliche Armee zwischen zwei Fronten eingekesselt. Sie schlugen sie, bis kein Entronnener oder Entkommener übrigblieb.
Den König von Ai griffen sie lebendig und brachten ihn zu Joshua. Es geschah, als Israel alle Bewohner von Ai auf dem Feld in der Wüste, wo sie ihnen nachgejagt waren, vollständig niedergemacht hatte. Sie fielen durch die Schärfe des Schwertes, bis sie aufgerieben waren.
Dann kehrte ganz Israel nach Ai zurück und schlug die Stadt mit der Schärfe des Schwertes. An diesem Tag fielen sowohl Männer als auch Frauen – insgesamt zwölftausend, alle Leute von Ai.
Man sieht hier die Zahl von Ai. Wir hatten die Kundschaft gesehen und gedacht, kein Problem, zweitausend Soldaten reichen, höchstens dreitausend, aber nicht mehr. Dabei war das ja immer noch eine totale Übermacht. Das war wirklich Selbstvertrauen, so wie es eben nicht gut ist.
Vers: Und Joshua zog seine Hand, die er mit dem Spieß ausgestreckt hatte, nicht zurück, bis man alle Bewohner von Ai vertilgt hatte. Nur das Vieh und die Beute jener Stadt plünderten sie und nahmen sie für sich nach dem Wort des Herrn.
Hier wird wieder deutlich – ich habe das in meiner Bibel speziell unterstrichen – dass sie nach dem Wort des Herrn handelten. Jetzt waren sie gehorsam und handelten genau nach dem Wort des Herrn, das er Joshua geboten hatte.
Joshua verbrannte Ai und machte es zu einem ewigen Trümmerhaufen. Da haben wir wieder einen Steinhaufen mehr im Buch Joshua. Ai heißt übrigens „Steinhaufen“. Es wurde zu einem ewigen Trümmerhaufen bis auf diesen Tag.
Den König von Ai ließ er an einem Baum hängen bis zur Abendzeit. Beim Untergang der Sonne gebot Joshua, ihn vom Baum herabzunehmen. Sie nahmen seinen Leichnam herunter und warfen ihn an den Eingang des Stadttores.
Joshua errichtete einen großen Steinhaufen über ihm, der bis auf diesen Tag da ist – also bis zur Abfassung des Buches Joshua. Wieder ein Steinhaufen mehr, da bei dem Steinhaufen Ai vor dem zerstörten Stadttor.
Er wurde aufgehängt an einen Baum, wörtlich an das Holz gehängt. Das müssen wir in Verbindung mit dem fünften Buch Mose sehen. Dort steht in 5. Mose 21,22: „Und wenn an einem Mann eine todeswürdige Sünde ist und er getötet wird, und du ihn an ein Holz hängst, so soll sein Leichnam nicht über Nacht an dem Holz bleiben. Du sollst ihn jedenfalls an demselben Tag begraben, denn ein Fluch Gottes ist ein Gehängter. Du sollst dein Land nicht verunreinigen, das der Herr, dein Gott, dir als Erbteil gibt.“
Genau das wurde beim König von Ai ausgeübt. Er wurde an ein Holz gehängt, aber zuerst getötet und dann gehängt. Er wurde nicht gehängt, um getötet zu werden.
Die göttliche Bestimmung ist diese: Wenn jemand am Holz hängt, ist er ein Fluch Gottes. Darum soll er noch am selben Tag wieder herabgenommen werden und nicht über Nacht am Holz hängen.
Die Kreuzigung und ihre prophetische Bedeutung
Viel später wurden die Römer Besatzungsmacht in Israel, als sie im Jahr 63 vor Christus unter dem Feldherrn Pompeius einmarschierten. Übrigens geschah dies am Jom Kippur, weshalb man von einem Jom-Kippur-Krieg spricht. Die Juden wurden massenweise abgeschlachtet, und die Römer übernahmen die Macht. Sie führten ihre Regeln und Gesetze ein und brachten auch die Todesart der Kreuzigung nach Israel.
Das musste so sein, denn im Psalm 22 hatte König David vom Messias vorausgesagt, dass einmal seine Hände und Füße durchgraben werden sollten. Wenn man Psalm 22 aufschlägt, erkennt man, dass der Messias also nicht durch Steinigung sterben würde, sondern durch Kreuzigung. Das Erstaunliche daran ist, dass König David diesen Psalm etwa 1000 Jahre vor Christus verfasst hat. Zu seiner Zeit gab es die Todesart der Kreuzigung noch gar nicht. Erst Jahrhunderte später hatten die Perser diese eingeführt.
Im Buch Esther wird erwähnt, dass Mordechai an ein Holz gehängt werden sollte. Dabei muss man an Kreuzigung denken, nicht an einen Galgen. Haman wollte Mordechai ans Holz hängen, also ihn kreuzigen lassen. Doch Gott drehte alles so, dass schließlich Haman selbst gekreuzigt wurde. Auch seine zehn Söhne wurden getötet.
Die Perser führten die Kreuzigung ein, und sie gaben diese Praxis an die Griechen weiter. Alexander der Große folgte mit seinem griechischen Reich auf das persische Reich. Die Griechen übergaben die Kreuzigung den Römern, die diese Todesart noch weiter ausfeilten. Sie fügten zum Beispiel eine Stütze für die Füße hinzu, um die Leidenszeit zu verlängern. So konnten sie Menschen bis zu 14 Tage lang langsam sterben lassen. Dabei fiel nach und nach eine Körperfunktion nach der anderen aus. Das ist unglaublich.
Im Psalm 22, einem Psalm von David, lesen wir bereits in Vers 2 den Schrei des Erlösers am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ In Vers 17 hören wir die Stimme des Messias: „Die Hunde haben mich umgeben, eine Rotte von Übeltätern hat mich umzingelt, sie haben meine Hände und meine Füße durchgraben.“ Das sollte mit dem Messias geschehen.
Manchmal wird man mit Leuten konfrontiert, die sagen, dort stehe gar nicht „durchgraben“. Was steht denn dort wirklich? In einer jüdischen deutschen Übersetzung steht dort: „Meine Hände und meine Füße wie ein Löwe.“ Das ist kein vollständiger Satz. Dann wird behauptet, das Wort „Ka'ari“ bedeute „wie ein Löwe“. Doch die älteste Bibelübersetzung, die von Juden im dritten Jahrhundert vor Christus in Alexandria, Ägypten, angefertigt wurde, übersetzt diese Stelle mit „Sie haben meine Hände und meine Füße durchgraben.“ Diese Übersetzer beherrschten Hebräisch sehr gut und haben den Text korrekt wiedergegeben.
Nun ein etwas komplizierterer Punkt, der vielleicht nicht sofort verständlich ist, aber für diejenigen wichtig ist, die mit solchen Argumenten konfrontiert werden: Im sehr guten Hebräischlexikon von Benjamin Davidson, dem „Analytical Hebrew and Chaldee Lexicon“, findet man viele Erklärungen zu ungewöhnlichen Formen im hebräischen Text. Dort wird genau zu dieser Stelle erklärt, dass „Ka'ari“ ein Partizip in verkürzter Form ist, anstatt „ka'arim“ oder „ka'ari“. Es handelt sich um eine Sonderform dieses Partizips, das von der Wurzel „kur“ stammt, was „durchgraben“ bedeutet. Alles ist also korrekt. Es heißt eindeutig, dass sie die Hände und Füße durchgraben haben.
So wurde Jesus gekreuzigt: Seine Hände und Füße wurden durchgraben. Weiter lesen wir in Sacharja 12, Vers 10: Wenn der Messias zurückkehren und auf dem Ölberg erscheinen wird, dann wird der Überrest auf ihn blicken. Dort heißt es: „Ich werde über das Haus Davids und über die Bewohner von Jerusalem den Geist der Gnade und des Flehens ausgießen, und sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben. Und sie werden über ihn wehklagen, gleich der Wehklage über den Eingeborenen.“
Diese Stelle wird in Johannes 19 aufgegriffen. Dort wird erklärt, dass sich diese Prophezeiung erfüllte, als ein Soldat mit einem Speer die Seite des Herrn Jesus öffnete. Das führt uns nun direkt zu Johannes 19.
Die Kreuzigung Jesu und die Erfüllung alttestamentlicher Gebote
Johannes 19, Vers 31: Nachdem der Herr Jesus gestorben war – zuvor hatte er gesagt: „Es ist vollbracht“ (Vers 30) – baten die Juden den Pilatus darum, dass die Leiber nicht am Sabbat am Kreuz bleiben sollten, weil es Rüsttag war.
Der Tag jenes Sabbats war besonders groß, und deshalb wollten sie, dass ihre Beine gebrochen und sie abgenommen werden. Die Soldaten kamen und brachen die Beine des Ersten und des Anderen, die mit ihm gekreuzigt waren. Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon gestorben war, brachen sie ihm die Beine nicht. Stattdessen durchbohrte einer der Soldaten mit einem Speer seine Seite, und sofort kamen Blut und Wasser heraus.
Warum wollten die Juden, dass die Leiber noch an diesem Freitagnachmittag abgenommen werden, damit die toten Körper nicht über Nacht am Kreuz blieben? Weil 5. Mose 21 davor warnt, dass man nicht zulassen soll, dass jemand über Nacht am Holz hängt. Das würde das Land verunreinigen. Deshalb forderten sie es so. Der Zusammenhang mit 5. Mose 21 wurde also ganz direkt hergestellt.
Es war eine Vorgehensweise, wenn Soldaten im römischen Heer Mitleid mit einem Gekreuzigten hatten und seine Leiden verkürzen wollten, dass sie mit einem schweren Hammer die Beine, also die Knochen, brachen. Dann konnte der Gekreuzigte nicht mehr abstehen. Da die Füße durch Nägel durchbohrt waren, musste man sich abstützen, um Luft zu holen. Ohne diese Stütze erstickte man nach etwa drei Minuten.
Von dem Messias heißt es jedoch in Psalm 34, Vers 20: „Kein Knochen wird an ihm gebrochen werden.“ Deshalb durfte das bei dem Herrn Jesus auch nicht geschehen. Er starb vorher und musste dann abgenommen werden.
Ein Fluch Gottes lastet auf dem Gehengten. Der Apostel Paulus erläutert in Galater 3 die tiefe Bedeutung von 5. Mose 21 in Verbindung mit dem Erlösungswerk. In Galater 3 erklärt er, dass alle Menschen, die unter dem Gesetz sind, unter dem Fluch stehen, weil niemand das Gesetz vollständig einhalten kann.
Galater 3, Vers 10: „Denn so viele, die aus Gesetzeswerken sind, das heißt auf dem Grundsatz von Gesetzeswerken stehen, sind unter dem Fluch; denn es steht geschrieben: Verflucht ist jeder, der nicht bleibt in allem, was im Buch des Gesetzes geschrieben ist, um es zu tun.“ Das steht in 5. Mose 27, Vers 26.
Jeder Mensch, der unter dem Gesetz steht, ist somit unter dem Fluch Gottes. Wenn man auch nur ein Gebot bricht, gilt dieses Wort: „Verflucht ist jeder, der nicht bleibt in allem, was in diesem Buch geschrieben steht.“
Ich habe von einem Juden erzählt, mit dem ich Jesaja 53 behandelt hatte. Er war ein Jude aus Zürich-Enge, dem orthodoxen Quartier in Zürich. Ich war bei ihm zu Hause und habe mit ihm studiert. Ich zeigte ihm, dass man unter dem Gesetz automatisch unter dem Fluch steht. Er erkannte: „Ich bin ein Mensch unter Fluch.“
Dann sagte ich ihm, dass es eine Lösung gibt. Ein paar Kapitel vorher steht: „Verflucht ist jeder, der am Holze hängt.“ Ich erklärte ihm, dass der Messias Jesus gekommen ist, um an einem Holz gehängt zu werden, damit er für uns ein Fluch wird und uns von diesem Fluch des Gesetzes befreit.
Ich habe ihm nicht direkt aus Galater 3 vorgelesen, aber ich habe die ganze Weisheit von Paulus so übernommen und ihm erläutert, als hätte ich dasselbe selbst herausgefunden. Wenn wir Dinge von jemand anderem lernen, müssen wir nicht ständig zitieren. Wenn wir uns etwas angeeignet haben und es ein Teil von uns geworden ist, dürfen wir es so weitergeben.
Jetzt möchte ich kurz weiterlesen.
Vers 11: „Dass aber durch das Gesetz niemand vor Gott gerechtfertigt wird, ist offenbar; denn der Gerechte wird aus Glauben leben.“ Das ist ein Zitat aus Habakuk 2, Vers 4. Es zeigt, dass schon im Alten Testament klar war, dass es nicht durch Werke, sondern durch Glauben geschieht.
Vers 12: „Das Gesetz aber ist nicht aus Glauben, sondern wer diese Dinge tut, wird durch sie leben.“ Das ist ein Zitat aus 3. Mose 18, Vers 5, wo Gott verheißt, dass jeder Israelit, der das Gesetz vollständig einhält, ewig leben wird.
Aber alle Pharisäer sind gestorben, ebenso alle Sadduzäer und überhaupt alle, weil niemand das Gesetz einhalten konnte. Das war die Verheißung: Wer diese Dinge tut, wird durch sie leben.
Nun kommt die Erlösung: Christus – das ist Griechisch für Messias – hat uns losgekauft vom Fluch des Gesetzes, indem er selbst ein Fluch für uns wurde. Denn es steht geschrieben: „Verflucht ist jeder, der am Holz hängt.“ Hier zitiert Paulus aus 5. Mose 21.
Damit der Segen Abrahams in Christus Jesus zu den Nationen kommt, damit wir die Verheißung des Geistes durch den Glauben empfangen.
Jesus hat diesen Fluch auf sich genommen, als Gehängter, eben durch Nägel am Holz aufgehängt, um uns den segnenden Gott Abrahams für Israel und alle Nationen zu verheißen.
Nun haben wir hier in Josua 8 ein Beispiel von jemandem, der nicht glauben wollte – wie Rahab, die Uhre von Jericho –, sondern der König von Ai, der Widerstand gegen den Ratschluss Gottes leistete. So wurde er selbst zum Fluch und wurde als Zeichen des Fluches an ein Holz gehängt.
Jetzt machen wir eine Pause von einer Viertelstunde.
