Heute Morgen haben wir das Thema behandelt, ob Römer 9 bis 11 den Calvinismus bestätigt oder widerlegt. Ich hoffe, alle haben ein Skript; es ist sehr wichtig, dass man mitkommt. Falls nicht, gibt es vorne noch welche. Wer braucht noch ein Skript? Bitte melden! Alle haben eins.
Bevor wir Vers für Vers durch Römer 9 gehen, durch dieses Kapitel, das von Vertretern des Calvinismus als besondere Bestätigung angesehen wird, möchte ich kurz die fünf Säulen des Calvinismus erklären. Viele Calvinisten betrachten diese fünf Säulen als die entscheidenden Kennzeichen eines Calvinisten.
In der Praxis gibt es jedoch viele Abstufungen. Es gibt zum Beispiel vier-Säulen-Calvinisten, drei-Säulen-Calvinisten, fünf-Säulen-Calvinisten und so weiter. Wie man vielleicht schon in der Übersicht auf dem Blatt erkennen kann, werde ich die fünf Säulen kurz erklären und jeweils eine biblische Beurteilung dazu geben.
Auf dem Blatt bezeichne ich die erste Säule als korrekt, allerdings ist die Schlussfolgerung daraus falsch. Die fünfte Säule bezeichne ich ebenfalls als richtig. Damit wäre man also schon ein 40-Prozent-Calvinist. Allerdings glauben das auch Leute, die gar keine Calvinisten sind.
Das mit den Prozentzahlen ist etwas schwierig, aber es zeigt: Wenn man mit jemandem über dieses Thema spricht, muss man genau fragen, was er meint, was er genau glaubt, aus welchen Gründen und wie er den jeweiligen Punkt sieht. Erst dann kann man jemanden in dieser Position wirklich korrekt und gerecht beurteilen.
Einführung in die fünf Säulen des Calvinismus
Ganz kurz zu den fünf Säulen: Im englischsprachigen Raum hat man sich das mit einem Merkwort aufgebaut. Tulip heißt Tulpe, und jeder Buchstabe steht für eine Säule des Calvinismus.
T von Tulip bedeutet Total Depravity, also die völlige Verdorbenheit des Menschen.
U steht für Unconditional Election, die bedingungslose Erwählung.
L ist die dritte Säule, Limited Atonement, also die begrenzte Sühnung.
Viertens steht I für Irresistible Grace, die unwiderstehliche Gnade.
Schließlich steht P, die fünfte Säule, für Perseverance of the Saints, das Beharren der Heiligen. Man kann auch Preservation of the Saints sagen, die Bewahrung der Heiligen.
Ich gehe Punkt für Punkt kurz durch, das alles als Einleitung zu unserem eigentlichen Thema.
Die erste Säule: Völlige Verdorbenheit des Menschen
T Total Depravity, völlige Verdorbenheit des Menschen: Der Kalvinist erklärt, der Mensch sei unfähig, sich selbst zu bekehren. Die Bekehrung müsse von Gott ausgehen.
Nun eine Schlussfolgerung, die direkt mit der vierten Säule zusammenhängt, wie wir gleich sehen werden. Es wird gelehrt, dass Gott nur die Auserwählten zur Bekehrung ziehe. Die Menschen, die verloren gehen, werden nach dieser Lehre angeblich nicht gezogen.
Nun folgt die biblische Beurteilung.
Biblische Beurteilung der völligen Verdorbenheit
Die völlige Verdorbenheit des Menschen – das ist korrekt und wird von der Bibel ganz klar gelehrt. Der Sünder ist völlig verdorben, tot in Sünden und Vergehungen (Epheser 2,1 und folgende), unfähig, Gott gefällig zu lieben.
Kein Mensch sucht Gott von sich aus. Schlagen wir auf in Römer 3. Der erste bis dritte Kapitel des Römerbriefs beschreibt besonders eindrücklich die völlige Verdorbenheit des Menschen seit dem Sündenfall. In Römer 3,9 steht, dass alle unter der Sünde sind. Noch weiter, in Vers 10, heißt es: „Da ist kein Gerechter, auch nicht einer; da ist keiner, der Gott suche.“
Die Verdorbenheit des Menschen bedeutet also, dass er Gott nicht sucht. Keiner von uns wäre je auf die Idee gekommen, von sich aus Gott zu suchen.
Doch dann kommt das wunderbare göttliche Aber. In Johannes 6,44 erklärt der Herr Jesus: „Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, dass ihn der Vater zieht.“ Und vom Sohn sagt er in Lukas 19,10, dass er gekommen ist, „zu suchen und zu erretten, was verloren ist.“ Der Sohn sucht also.
In Johannes 16,8 erklärt der Herr Jesus außerdem, dass der Heilige Geist kommt und „die Welt überführen wird von Sünde.“
So wirkt der dreieinige Gott: Der Vater zieht, der Sohn sucht, und der Heilige Geist überführt.
Das Gleichnis vom verlorenen Schaf, der verlorenen Drachme und dem verlorenen Sohn
Übrigens handelt es sich bei dem Gleichnis in Lukas 15 eigentlich nicht um ein einzelnes Gleichnis, sondern um drei Gleichnisse: vom Hirten und dem verlorenen Schaf, von der verlorenen Drachme und vom verlorenen Sohn. Dennoch wird es als ein Gleichnis in drei Teilen dargestellt.
In diesen drei Teilen erkennen wir genau den dreieinigen Gott, der am Wirken ist. Der Hirte, der das verlorene Schaf sucht und es heimbringt, steht für den Sohn. Im zweiten Teil des Gleichnisses sucht die Frau mit der Lampe die verlorene Drachme und findet sie. Diese Lampe, dieses Licht, ist ein Bild für den Heiligen Geist, der überführt.
Der Vater, der bereitsteht und schließlich den verlorenen Sohn in seine Arme nimmt, ist ein Hinweis auf Gott, den Vater.
Gottes Bemühen um alle Menschen
Ganz wichtig ist, dass Gott bemüht ist, alle Menschen zur Buße zu führen – nicht nur eine begrenzte Zahl von Auserwählten. In 1. Timotheus 2,4 lesen wir von unserem Heilandgott, der will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.
In 2. Petrus 3,9 wird das noch einmal anders formuliert: Dort steht, dass Gott nicht will, dass irgendjemand verloren geht, sondern dass alle zur Buße kommen. Die genaue Formulierung lautet: „Er ist langmütig gegen euch, da er nicht will, dass irgendjemand verlorengeht, sondern dass alle zur Buße kommen.“
Schließlich spricht Titus 2,11 von der Liebe Gottes, die sich auf die ganze Menschheit erstreckt. Dort heißt es: „Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen.“ Es wird nicht gesagt, dass alle Menschen gerettet werden, aber die Gnade ist gekommen, um Heil anzubieten – für die ganze Welt.
Das bestätigt auch 2. Korinther 5,19, wo es wörtlich heißt: „So sind wir nun Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns ermahnte. Wir bitten an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott.“ Dies muss im Zusammenhang mit dem vorherigen Vers gelesen werden, der sagt, dass Gott in Christus die Welt mit sich selbst versöhnt hat, indem er ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnet. Er hat in uns das Wort der Versöhnung niedergelegt.
In den Übersetzungen der Elberfelder Bibel, der CSV, Hüggeswagen und auch der alten Elberfelder ist das sehr genau und wörtlich wiedergegeben. Es sind Partizipien, die hier verwendet werden: „die Welt mit sich selbst versöhnend.“ Es heißt nicht, dass Gott die Welt versöhnt hat, sondern dass er sie versöhnend in einem Prozess Heil anbietet. Jeder Mensch, der umkehrt und auf den Ruf „Lasst euch versöhnen mit Gott“ antwortet, wird versöhnt.
Diese Versöhnung richtet sich auf die ganze Welt, nicht nur auf die Auserwählten. Wenn ein Mensch jedoch diesem Zug Gottes widersteht und seine Gnadenzeit verpasst, wird er schließlich aus eigener Schuld verloren gehen.
Nun müssen wir genau lesen, was in Römer 2,4 steht. Dort wird deutlich, dass Gott nicht nur eine bestimmte Gruppe von Menschen zieht, die dann gerettet wird, sondern auch solche, die schließlich verloren gehen. Es heißt: „Oder verachtest du den Reichtum seiner Güte, Geduld und Langmut und weißt nicht, dass die Güte Gottes dich zur Buße leitet? Nach deinem Starrsinn und deinem unbußfertigen Herzen häufst du dir selbst Zorn auf am Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes, der jedem vergelten wird nach seinen Werken.“
Hier wird ganz klar gesagt: Die Güte Gottes ist es, die dich zur Buße leitet. Das wird zu jemandem gesagt, der starrsinnig und unbußfertig widersteht und sich durch dieses Widerstehen noch mehr Zorn Gottes aufhäuft. Diese Stelle macht deutlich, dass es nicht stimmt, dass Gott nur die Menschen zieht, die schließlich gerettet werden – die Auserwählten. Er zieht alle Menschen zur Buße. Es ist aber möglich, dass der Mensch, der durch Gottes Güte zur Buße hingeleitet wird, mit Starrsinn und Unbußfertigkeit widersteht und sich so noch mehr Zorn aufhäuft.
In Matthäus 23,37 sagt der Herr Jesus zu Jerusalem: „Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die, die zu dir gesandt sind. Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel sammelt, und ihr habt nicht gewollt!“
Hier sieht man auch, dass der Herr Jesus diejenigen, die verloren gehen, aus Jerusalem versammeln wollte. Er hat versucht, sie wie eine Henne ihre Küken in Sicherheit unter ihre Flügel zu bringen. Doch er sagt: „Ihr habt nicht gewollt.“ Er hat also nicht nur die gesammelt, die am Schluss gerettet werden oder versucht zu sammeln, sondern er spricht auch von denen, die diesem Hilfsangebot des Erlösers widerstehen.
Die völlige Verdorbenheit des Menschen und seine Unfähigkeit, sich zu bekehren, sind gegeben. Das bedeutet aber nicht, dass Gott nur eine bestimmte Gruppe sucht und zu sich zieht. Er zieht alle Menschen. Aber wehe dem Menschen, der diesem Zug widersteht, bis die Gnadenzeit abgelaufen ist. Diese endet spätestens mit dem Tod, kann aber auch früher eintreten, wie wir noch sehen werden.
Zweite Säule.
Die zweite Säule: Bedingungslose Erwählung
Unconditional Election – bedingungslose Erwählung
Die Erwählung ist Gottes souveräne Entscheidung, die ohne Rücksicht auf weitere Bedingungen getroffen wird. Menschen werden gerettet, weil Gott sie retten will. Andere Menschen hingegen gehen verloren, weil Gott sie nicht retten will.
Biblische Beurteilung der bedingungslosen Erwählung
Die biblische Beurteilung sieht folgendermaßen aus: Diese Aussagen sind falsch. Der Auserwählung ist nämlich die Vorkenntnis Gottes vorangestellt.
Gerade in 1. Petrus 1,2 sagt der Apostel: „auserwählt nach Vorkenntnis Gottes“. Er sagt nicht einfach „auserwählt“. Das könnte man als bedingungslose Auserwählung interpretieren, aber er sagt „auserwählt gemäß“ oder „nach Vorkenntnis Gottes“.
Das Wort „Vorkenntnis“ ist auf Griechisch „Prognosis“. Wir kennen das von der Wetterprognose und wissen, dass die Meteorologen nicht einfach behaupten, morgen käme ein Kälteeinbruch, sondern sie sehen im Voraus, dass er kommt. Sie wissen das im Voraus, aber ihr Vorherwissen beeinflusst den Verlauf des Wetters nicht.
So sagt Petrus: Ihr seid auserwählt entsprechend der Vorkenntnis Gottes. Damit muss man sagen, es ist falsch, von einer bedingungslosen Erwählung zu sprechen. Es wird hier etwas der Erwählung vorangestellt.
Die alte Zürcher Bibel hat das mit „auserwählt nach zuvor Bestimmung Gottes“ übersetzt. Das ist aber vollkommen falsch. „Prognosis“ heißt nicht „zuvor Bestimmung“, sondern „Vorkenntnis“, also Vorwissen.
In Römer 8,27 haben wir die sogenannte goldene Kette, und dort heißt es: „Die, welche Gott zuvor erkannt hat, die hat er zuvor bestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein.“
Diese hat er dann auch berufen, gerechtfertigt und schließlich verherrlicht.
Dabei sehen wir: Zuvorbestimmen ist nicht das Erste, sondern vorangestellt ist das „Zuvor erkennen“. Die, die er zuvor erkannt hat, die hat er zuvor bestimmt.
Daher ist die Lehre der bedingungslosen Erwählung (Unconditional Election) nicht korrekt.
Vorkenntnis und Ratschluss Gottes am Beispiel der Kreuzigung
Nun ist es so, dass auch in Apostelgeschichte 2, Vers 23 Petrus über die Vorkenntnis Gottes und den Ratschluss Gottes im Zusammenhang mit der Kreuzigung des Herrn Jesus spricht.
Dieses Ereignis, dieses Heilsereignis, sei nach dem Ratschluss Gottes und nach der Vorkenntnis Gottes geschehen. Hier haben wir wieder das Thema Prognose. Gott wusste im Voraus, dass zum Beispiel Judas bereit sein würde, von sich aus den Herrn Jesus zu überliefern. Judas war also nicht einfach dem Schicksal ausgeliefert, diese Tat zu begehen.
Gott wusste es im Voraus, aber es war auch Gottes Ratschluss, dass der Herr Jesus schließlich ans Kreuz gehen würde, um dort die Versöhnung zu erwirken. Deshalb wird hier von Vorkenntnis und Ratschluss Gottes gesprochen.
Bedeutung des Vorherwissens in der Bibel
Und noch wichtig: Das Wort Vorherwissen, Proginosko, kommt zum Beispiel auch in 2. Petrus 3,17 vor. Petrus beschreibt in Kapitel 3 die Endzeit. Dann sagt er zu den Gläubigen: Da ihr diese Dinge im Voraus wisst, müsst ihr so und so handeln.
Es ist genau dasselbe Wort, Vorherwissen, Proginosko. Dieses Wissen der Gläubigen aufgrund der Bibel, wie es in der Endzeit sein wird, hat keinen Einfluss auf die Entwicklung der Endzeit. Wir wissen einfach im Voraus, was kommen wird.
Dasselbe Wort, Wissen im Voraus, ist der Erwählung vorangestellt. Darum kann man nicht von einer bedingungslosen Erwählung sprechen. Gott wusste damit auch im Voraus, wer seinem Ruf zur Buße schließlich nachgeben würde und wer nicht.
Das Bild vom Seilziehen in Hosea 11, Vers 4
Eine sehr eindrucksvolle Stelle findet sich in Hosea 11,4. Dort spricht Gott zu Israel und sagt, dass er sie mit Seilen der Liebe gezogen hat. Das erinnert vielleicht an den Kräftetest beim Seilziehen.
Beim Seilziehen muss man sehr hartnäckig sein und überzeugt davon, nicht nachzugeben. Dann gibt es diesen Moment, in dem man plötzlich merkt, dass man wahrscheinlich keine Chance mehr hat. Dieser Moment ist sehr gefährlich, denn hier beginnt der Wille zu brechen. Schließlich kommt der Augenblick, in dem man sagt: „Es geht wirklich nicht mehr“ – und man gibt nach. Das ist jedoch keine großartige Leistung, wenn man nachgibt.
So zieht Gott die Auserwählten und auch die übrigen Gottlosen mit Seilen der Liebe. Einige geben nach, andere bleiben bis zum Schluss störrisch. Doch Gott wusste im Voraus, wie das sein würde. Aufgrund dieses Wissens hat Gott Menschen ausgewählt, zum Beispiel seine Kinder zu werden und dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein (Römer 8).
Wichtig ist, dass die Vorkenntnis Gottes noch mehr umfasst als nur diesen grundlegenden Punkt, dass er wusste, wer dem Zug nachgeben würde und wer nicht. Man darf das nicht nur darauf beschränken. Gott wusste alles im Voraus – wirklich alles. Dieses Wissen steht am Anfang aller Dinge.
Historische Entwicklung der Lehre der Erwählung
Ganz wichtig ist: Die Bibellehrer in der Christenheit vom ersten Jahrhundert bis zu Augustin, also etwa vier Jahrhunderte nach Christus, lehrten, dass Gott Menschen aufgrund seines Vorherwissens auserwählt und zuvorbestimmt hat. Das war die normale Auffassung.
Dann kam Augustin. Er glaubte zunächst ebenfalls daran. Doch er hatte Auseinandersetzungen mit Irrlehren, die in eine falsche Richtung gingen. Deshalb zog er in die Gegenrichtung und entwickelte eine Lehre, die den Calvinismus vorwegnahm. Der Calvinismus geht nicht auf Calvin zurück, sondern auf Augustin. In seinem großen Lehrwerk, der Institutio, zitiert Calvin Augustin immer wieder. Calvin war stark von Augustin geprägt und übernahm diese Lehre von ihm.
Man muss aber wissen, dass Augustin vor seiner Bekehrung ein griechischer Philosoph war. In der griechischen Philosophie gab es, je nach Richtung, Gedanken, die man als Determinismus bezeichnet. Dabei ist alles im Voraus festgelegt und man kann nicht anders handeln, zum Beispiel bei den Stoikern, aber auch in anderen Richtungen. Augustin war also in der griechischen Philosophie zuhause.
Außerdem war er vor seiner Bekehrung einige Zeit bei der Sekte der Manichäer, einer abstrusen gnostischen Sekte. Diese hatte ebenfalls eine starke Prädestinationslehre. Das zeigt, dass diese Lehre offensichtlich nicht aus dem Nichts kam.
Man muss auch an die jüdische Sekte von Qumran am Toten Meer denken. Sie hatte eine ganz strikte Prädestinationslehre, nach der das Böse und das Gute von Gott im Voraus festgelegt sind. Woher kommt das plötzlich? So etwas findet man im Alten Testament nicht.
Die Sekte von Qumran entstand im zweiten Jahrhundert vor Christus. Diese Leute hatten sich vom offiziellen Judentum abgesondert und zogen sich an das Tote Meer zurück, um auf das baldige Erscheinen des Messias zu warten. Sie wussten, dass der Messias bald kommen würde, und das war auch so.
Man muss wissen, dass kurz zuvor Alexander der Große von Griechenland aus einen Feldzug bis nach Indien unternommen hatte. So verbreitete sich die griechische Philosophie auch im Nahen und Mittleren Osten. Diese Einflüsse erreichten auch das jüdische Volk.
Zum Beispiel lebten die Leute von Qumran im Zölibat, was völlig abstrus und der Bibel sowie dem Judentum fremd ist. Woher kommt das? Natürlich von Platon. Er sagte, alles, was Materie ist, alles Körperliche, sei minderwertig, und man müsse das Geistige anstreben.
So waren die Qumran-Leute beeinflusst, und daraus entstand auch ihr Prädestinationsdenken, das man ausdrücklich in ihrer Gemeinschaftsregel findet. Sie nannten sich nicht Sekte, sondern Yachad, Gemeinschaft. Von ihrer Gemeinschaftsregel sind mehrere Exemplare gefunden worden, in denen erklärt wird, was man glauben muss, wie man sich verhalten soll und wie man zu dieser Gruppe kommen kann.
Dort wird die Prädestinationslehre ganz strikt vertreten.
Man muss sehen, dass diese Prädestinationslehre im Qumran-Sinn auch eine fundamentale Rolle im Islam spielt. Der Gott des Islam, Allah, ist nicht der Gott der Bibel. Im Islam wird Allah so dargestellt, dass er alles selbst bestimmt, auch im Voraus. Dazu gehört, wer in die Hölle kommt und wer nicht.
Man könne sich als Muslim bemühen, gut zu leben, aber im letzten Gericht kann Allah entscheiden: „Gehenna!“ Dann fällt man in die Hölle, weil Allah souverän und ohne Vorbedingungen entscheidet.
Deshalb sagen Muslime ständig „Inschallah“ – wenn Allah will – und sind dort auch sehr fatalistisch.
Nun zur dritten Säule...
Die dritte Säule: Begrenzte Sühnung
Limited Atonement, begrenzte Sühnung: Calvinisten lehren, dass das Erlösungswerk Christi am Kreuz nur für die Auserwählten ausreiche. Christus sei demnach nur für die Auserwählten gestorben, nicht für die ganze Welt.
Biblische Beurteilung der begrenzten Sühnung
Biblische Beurteilung
Es ist falsch zu sagen, Gott habe seinen Sohn nur für Israel oder nur für die Auserwählten gegeben. Johannes 3,16 sagt klar: „Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab.“ Es heißt nicht, Gott habe Israel geliebt oder nur die Auserwählten. Es steht wirklich: Gott hat die Welt geliebt und deshalb seinen einzigen Sohn gegeben.
Damit ist klar: Gott hat das Höchste, was er hatte, gegeben – nicht nur für die Auserwählten, sondern für die ganze Welt. Doch die Rettung geschieht nicht automatisch. Zwar hat Gott seinen Sohn für die ganze Welt gegeben, aber jeder Einzelne muss sich bekehren. Nur durch den Glauben an den Sohn Gottes kann man gerettet werden und ewiges Leben erhalten.
Wir haben bereits in Titus 2,11 gesehen, dass die Menschenliebe Gottes heilbringend für alle Menschen erschienen ist. Der Herr Jesus ist das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt (Johannes 1,29). Johannes der Täufer sagt: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt oder wegträgt.“ Das drückt mehr aus als nur die Erwählten.
Der Herr Jesus ist die Sühnung für die Erlösten und auch für die ganze Welt. In 1. Johannes 2,2 heißt es: „Er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt.“ Er ist also die Sühnung für die ganze Welt.
Weiterhin müssen wir festhalten, dass in 1. Timotheus 2,6 betont wird, dass Gott ein Retter ist, der nicht will, dass Menschen verloren gehen. Dort steht, dass er will, dass alle gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Es heißt dort, dass der Herr Jesus das Lösegeld ist für alle – für alle! Nicht für viele, sondern für alle.
In Markus 10,45 sagt der Herr Jesus jedoch: „Der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.“ Hier stehen also sowohl „für alle“ als auch „für viele“. Im Deutschen klingt das ähnlich, doch im Griechischen steht jeweils ein anderes Wort für „für“.
In Markus 10,45 steht „anti“. Und in 1. Timotheus 2,6 steht „hyper“. „Anti“ bedeutet im Griechischen nicht nur „gegen“, sondern auch „anstelle von“. Zum Beispiel in Matthäus 2, wo ein Sohn von Herodes König wird „anstelle“ seines Vaters. „Anti“ heißt also nicht gegen seinen Vater, sondern anstelle seines Vaters.
„Für alle“ mit „anti“ bedeutet also „anstelle von allen“. „Für viele“ mit „anti“ bedeutet „anstelle von vielen“. „Hyper“ bedeutet nicht nur „über“, sondern „zugunsten“ oder „im Blick auf“. Somit hat sich der Herr Jesus als Lösegeld im Blick auf und zugunsten aller gegeben. Er ist aber der Stellvertreter von vielen.
Deshalb versteht man auch, warum in Jesaja 53,12 steht: „Er wird die Sünden vieler tragen.“ Nicht „aller“. Der letzte Satz in Vers 12 lautet: „Er aber hat die Sünde vieler getragen und für die Übertreter Fürbitte getan.“ Genauso steht es in Hebräer 9,28: „Er ist für viele geopfert worden, nicht für alle.“ Dort heißt es: „So wird auch Christus, nachdem er einmal geopfert worden ist, um vieler Sünden zu tragen, zum zweiten Mal denen, die ihn erwarten, ohne Sünde erscheinen zur Errettung.“
Warum „vieler Sünden“? Das sind zwei Seiten: Das Werk Christi reicht für alle. Deshalb können wir mit freiem Herzen alle Menschen einladen und nicht heimlich denken, vielleicht sei jemand kein Auserwählter und Christus habe nicht für ihn bezahlt.
Diese Sicht hat praktische Auswirkungen. Man sieht Menschen, die dem Evangelium widerstehen, mit anderen Augen. Wenn ich ein streng calvinistischer Lehrer wäre, würde ich schnell denken: „Der gehört zu den Verworfenen, darum widersteht er.“ Doch die Geduld mit Menschen ist ganz anders, wenn man sagen kann: „Gott liebt dich.“ Das könnte ich als Calvinist nicht wirklich sagen. Ich könnte sagen: „Gott liebt dich – falls du ein Auserwählter bist.“ Aber wirklich mit freiem Herzen sagen kann ich: „So hat Gott die Welt geliebt.“
Und dann fragt man: Wer ist die Welt? Die Welt sind alle Menschen. Auch du? Ja, auch ich. Siehst du, Gott liebt dich. Es ist ganz wichtig, dass man den Menschen so wertvoll machen kann.
Die Bedeutung der Identifikation mit Christus
Nun ist es so, dass das Werk Christi für alle reicht, aber es wird nur denen zugerechnet, die sich in der Bekehrung mit dem Herrn Jesus Christus durch den Glauben identifizieren. Das ist das Fremdwort für „eins machen“.
Bei den Opfern im Alten Testament, zum Beispiel beim Brandopfer in 3. Mose 1,4 und beim Sündopfer in 3. Mose 4,29, wird gesagt, der Mensch müsse seine Hand auf den Kopf des Opfers auflegen. Das hebräische Wort „Samach“ bedeutet „aufstützen“. Gewissermaßen stütze ich das ganze Gewicht meiner Person auf das Opfer und mache mich mit dem unschuldigen Opfer eins.
In 3. Mose 1,4 heißt es, dass das Wohlgefährliche dieses Opfers im Brandopfer dem Sünder zugerechnet wird. Ebenso wird in 3. Mose 4,29 die Sünde des Opferers symbolisch auf das unschuldige Opfer übertragen. Durch diese Identifikation wechseln die beiden quasi ihre Position.
Genau das geschieht bei der Bekehrung. So kann man als Bekehrter mit Paulus sagen: „Ich bin mit Christus gekreuzigt, nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir“ (Galater 2,20). Das bedeutet, sein Tod war mein Tod, ich habe das anerkannt und mich mit ihm eins gemacht.
Es ist ganz wichtig, dass man den Menschen das erklärt. Eine Bekehrung bedeutet wirklich, dass man das Opfer des Herrn Jesus ganz bewusst für sich in Anspruch nimmt.
Ich habe dieses Beispiel, weil es so gut ist, schon oft erzählt: Am Bahnhof fragte ich einen wildfremden Mann: „Glauben Sie, dass Jesus Christus für Sie gestorben ist?“ Er antwortete: „Ja, er ist für alle gestorben.“ Ich fragte weiter: „Ja, aber glauben Sie, dass er für Sie gestorben ist?“ Er wiederholte: „Er ist für alle gestorben.“ Und ich fragte noch einmal: „Glauben Sie, dass er für Sie gestorben ist?“ Seine Antwort blieb dieselbe: „Er ist für alle gestorben.“
Was war das Problem dieses Mannes, der schon ein bisschen gläubig war? Er hatte das Opfer nicht für sich in Anspruch genommen. Er konnte nicht sagen: Ich bin eins gemacht mit dem Herrn Jesus in seinem Tod.
Das wird ja auch in der Taufe ausgedrückt, wie es in Römer 6,1-4 steht: Eins gemacht mit ihm im Tod. Wörtlich im Griechischen heißt „Symphytos“ „zu einer Pflanze gemacht“. Eins gemacht in seinem Tod, und dann wird das Opfer zugerechnet.
Darum kann man sagen, dass der Herr Jesus die Sünden vieler getragen hat. Aber man kann auch sagen, er ist das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt trägt, weil dieses Opfer für jeden reicht, der kommt. Und jeder könnte gerettet werden, wenn er kommt.
Darum haben wir diese beiden Aussagen.
Der Missionsbefehl als Auftrag an alle Menschen
Der Missionsbefehl gilt allen Menschen auf der ganzen Welt. In Matthäus 28,18-20 heißt es: "Macht alle Nationen zu Jüngern." In Markus 16,15 wird befohlen, das Evangelium der ganzen Schöpfung zu predigen. Natürlich sind damit nicht die Vögel gemeint – wie es Franziskus vielleicht getan hat –, sondern es geht im Evangelium immer um die Menschen.
Jesus ist für die Menschheit gestorben, nicht für die Tiere und auch nicht für die Engel. In Lukas 24,46-49 wird ebenfalls betont, dass das Evangelium allen Nationen verkündet werden muss. In Apostelgeschichte 1,8 heißt es, man solle beginnen in Jerusalem, dann in Judäa und Samaria und schließlich bis an das Ende der Erde.
Darum gilt der Missionsbefehl für alle Menschen, für die ganze Welt.
Gott hat alle Menschen ins Buch des Lebens eingetragen, schon bei der Erschaffung der Welt. Die Bibel spricht jedoch davon, dass Menschen aus dem Buch des Lebens ausgelöscht werden können. Wir sehen, dass Gottlose in diesem Buch stehen, aber ausgelöscht werden. So steht es in Psalm 69, wo David von denen spricht, die Christus ans Kreuz gebracht haben: „Lösche sie aus dem Buch des Lebens und lass sie nicht eingeschrieben sein mit den Gerechten.“
Wir hatten einmal einen Bibelschulentag zu diesem Thema. Man kann sich die Aufzeichnung anhören und das Skript auf meiner Homepage herunterladen. Dort haben wir alle Stellen im Alten und Neuen Testament zum Buch des Lebens angeschaut. Dabei wird klar: Gott hat alle Menschen eingeschrieben, weil er alle retten möchte und allen Leben schenken will.
Wenn aber die Gnadenzeit vorübergeht, löscht Gott Menschen aus dem Buch. Vor dem großen weißen Thron, wie in Offenbarung 20 beschrieben, wird das Buch des Lebens geöffnet. Dann werden die Menschen in den Feuersee geworfen, nachdem ihnen gezeigt wurde, dass sie nicht mehr darin stehen. Doch das ist nicht Gottes Schuld – sie haben es nicht gewollt.
Nun kommen wir zur vierten Säule.
Die vierte Säule: Unwiderstehliche Gnade
Irresistible Grace, also unwiderstehliche Gnade Gottes, bedeutet, dass Gott den Widerstand der Ungläubigen und Erwählten so umwandelt, dass sie sich bekehren und glauben. Dieses Werk sei ausschließlich Gottes Werk und geschehe nur an den Auserwählten; die übrigen Menschen seien davon ausgeschlossen. Doch muss man sagen, dass die Bibel das nicht so lehrt.
Zur unwiderstehlichen Gnade: Wir haben gerade Römer 2,4 betrachtet: „Nach deiner Störrigkeit und deinem unbewussten Herzen häufst du dir selber Zorn auf.“ Das zeigt, dass der Mensch dem Zug Gottes widerstehen kann. Dennoch wird gesagt, der Mensch könne dem Zug Gottes nicht widerstehen, wenn er zieht. Daraus folgt, dass nur die Auserwählten gezogen werden.
Man könnte nun sagen, der Mensch sei dann nur eine Maschine. Jeder Calvinist würde sich darüber empören. Deshalb ist es wichtig, die Lehre richtig und korrekt zu zitieren. Sie sagen: „Nein, nein, der Mensch will schon, aber Gott bewirkt, dass er will.“ Das klingt nach Wortspielen, aber die Aussage ist klar: Aus Römer 2,4 geht hervor, dass Gott zieht und der Mensch widerstehen kann. Die vierte Säule der Lehre sagt jedoch, der Mensch könne gar nicht widerstehen, wenn Gott das bewirkt.
Ganz wichtig ist die Darstellung in Calvins Institutio, Teil 3, Abschnitt 24, besonders in den Abschnitten 4, die sich mit den Verworfenen beschäftigen. Ich zitiere aus 3,24,4: „Ich berufe mich hier gern auf Augustins Worte. Gott könnte den Willen der Bösen gut machen, weil er allmächtig ist, er könnte es durchaus. Warum tut er es nicht? Weil er nicht will. Warum er nicht will, steht bei ihm.“ Calvin sagt, wir sollen nicht mehr wissen wollen, als sich ziemt.
Hier wird also genau das gesagt: Unwiderstehliche Gnade bedeutet, Gott will, dass bestimmte Menschen sich bekehren, und darum bewirkt er, dass sie wollen. Bei den anderen tut er das nicht, und deshalb gehen sie verloren. Natürlich, weil sie böse sind und nicht wollen, aber sie können auch nicht anders.
Das ist ein wichtiger Punkt. Bei uns Menschen ist das ganz anders als bei den Engeln. Engel werden ebenfalls Söhne Gottes genannt und sind sehr spezielle Wesen. Jeder Engel ist eine direkte Schöpfung des Sohnes Gottes. Kolosser 1,16 sagt das. Das bedeutet, er hat sie direkt erschaffen – mit eigenem Willen. Deshalb konnte Luzifer, weil er eine eigene Person war, Nein sagen. So entstand das Böse.
Es liegt darin begründet, dass Gott Personen erschaffen hat, die Entscheidungen treffen können. Das Böse war nicht angelegt, aber die Möglichkeit, Nein zu sagen, war da. Dem Licht Nein zu sagen, ergibt Finsternis. Was ist Finsternis? Nichts – es ist nur die Abwesenheit von Licht. Licht ist etwas. So wurde Luzifer zum Fürsten der Finsternis, indem er Nein zum Licht sagte.
Jeder Engel, auch das Drittel, das mit ihm gefallen ist – laut Offenbarung 12 ein Drittel der Sterne – hat sich so entschieden. Beim Menschen war es anders. Die beiden Ureltern, Adam und Eva, wurden von Gott geschaffen (siehe Prediger 7), doch sie suchten viele Ränke. Auch sie waren autonome Wesen und konnten Nein sagen. Das haben sie getan.
Dadurch wurde ihre ganze Nachkommenschaft mit Leidenschaft gezogen, und die sündige Natur Adams wurde von Generation zu Generation vererbt. Deshalb sind wir als Sünder geboren, wie Römer 5,12 sagt: „Die Sünde kam als Macht in den Menschen, zum Bösen hin, durch Adam in die Welt und ist so durch alle Generationen gedrungen.“
Wir haben nicht gewählt, als Sünder geboren zu werden. Deshalb gibt Gott allen Menschen die Möglichkeit zur Umkehr. Bei uns ist es anders als bei den Engeln. Wir kommen aus einem verdorbenen Zustand und könnten uns gar nicht bekehren. Doch Gott zieht und macht möglich, dass der Mensch im Moment, in dem Gott zieht, nachgeben kann den Seilen der Liebe.
Aber der Mensch kann nicht sagen: „Ja, ich bekehre mich, wenn ich älter bin. Ich bin erst 14 Jahre alt, ich möchte noch etwas vom Leben haben. Ich bekehre mich, wenn ich sechzig bin.“ Das geht nicht mehr. Man sagt: „Ich bekehre mich morgen.“ Doch es könnte zu spät sein. Gott zieht zu bestimmten Momenten, und dann müssen wir nachgeben.
Aber eben, Gott zieht alle Menschen. Calvin lehrt, dass Gott den Willen des Menschen drehen kann. Er kann den Willen der Bösen gut machen. Er sagt sogar, er könnte das bei allen Menschen tun. Alle Menschen könnten gerettet werden, wenn Gott das will.
Doch dann entsteht ein Problem. Wenn Gott den Willen aller Menschen gut machen würde, wäre es nicht mehr die Verantwortung des Menschen. Wenn der Mensch verloren geht, wäre es letztlich auch nicht mehr seine Schuld. Das kann man drehen, wie man will. Es ist nicht einfach so, dass Gott den Willen gutmacht, weil er will, und sonst nichts weiter beteiligt ist.
Wir kommen noch auf all das zurück, wenn wir Römer 9 betrachten.
Biblische Beurteilung der unwiderstehlichen Gnade
Die biblische Beurteilung zeigt, dass die Lehre von der unwiderstehlichen Gnade (irresistible grace) so nicht zutrifft. Gott wirkt an allen Menschen, um sie von der Sünde zu überführen. Johannes 16,8 sagt: „Der Heilige Geist überführt die Welt von Sünde.“ Außerdem erleuchtet der Heilige Geist die Menschen.
In Hebräer 10,26 und Hebräer 6,4 wird von Menschen gesprochen, die erleuchtet worden sind. Das bedeutet jedoch noch nicht, dass sie bereits bekehrt oder wiedergeboren sind. Auch wenn in 2. Petrus 2,20 von solchen Menschen die Rede ist, die den Herrn und Heiland Jesus Christus erkannt haben, ist das noch nicht die Bekehrung.
Das Erkennen ist das Werk des Heiligen Geistes. Insofern sind diese Menschen teilhaftig an der Wirkung des Heiligen Geistes, da ihnen die Augen geöffnet werden und sie erkennen, dass das Evangelium Wahrheit ist und Jesus der Retter. Dennoch müssen sie sich bekehren. Gerade diese Stellen machen deutlich, dass, wenn jemand nicht umkehrt, der Moment kommen kann, an dem er den Sohn Gottes endgültig verwirft und ewig verloren geht.
In 2. Petrus 2,20 heißt es von demjenigen, der den Herrn Jesus erkannt hat, aber wieder in die Welt zurückkehrt: „Es wird ihm ärger gehen als zuvor.“ Es wäre besser gewesen, wenn er den Weg der Wahrheit nie erkannt hätte, als nachdem er ihn erkannt hat, umzukehren und in die Sünde zurückzufallen. Diese Menschen sind nicht errettet, sondern nur erleuchtet. Und dieses Erleuchten ist ein Werk Gottes.
In Johannes 1,4 wird Jesus als das Wort und der Schöpfer vorgestellt. Der Evangelist erklärt: „In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.“ Dieses Licht scheint in der Finsternis, doch die Finsternis hat es nicht erfasst. Vers 9 sagt: „Das war das wahrhaftige Licht, das in die Welt kommt und jeden Menschen erleuchtet.“ Das ist sehr universell formuliert: Das Licht kommt und erleuchtet jeden Menschen.
Weiter heißt es, dass Jesus in der Welt war, die Welt durch ihn gemacht wurde, aber die Welt ihn nicht erkannte. Er kam zu den Seinen, doch die Seinen nahmen ihn nicht an. Aber allen, die ihn aufnahmen, gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden – denen, die an seinen Namen glauben. Diese werden nicht aus Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches oder des Mannes geboren, sondern aus Gott.
Auch hier sehen wir, dass das Licht Jesu für die ganze Welt bestimmt ist. Römer 2,4 wurde bereits oft zitiert: Gott zieht alle Menschen an. Johannes 12,32 sagt, dass Jesus erhöht werden wird, wenn er ans Kreuz geht, und dann wird er alle zu sich ziehen. Das stimmt mit Römer 2,4 überein, wo „alle“ wirklich alle meint.
Gott möchte, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen (1. Timotheus 2,4). Calvin behandelt diese Stelle ebenfalls in seiner Institutio und betont, dass „alle“ alle Menschengruppen meint. Doch diese Auslegung ist künstlich. Es geht nicht nur um alle Menschengruppen, sondern es beginnt damit, dass Timotheus in Kapitel 2, Vers 1 von 1. Timotheus ermahnt wird, für alle Menschen zu beten – ganz generell – und dann speziell für die Obrigkeit.
Dann heißt es, dass der Heiland Gott will, dass alle errettet werden und das Lösegeld für alle bereitsteht. Er zieht alle und bringt sie an den Punkt, an dem sie eine Willensentscheidung zur Bekehrung treffen können. Wer diesem Werk Gottes ständig widersteht, wird schließlich verloren gehen und für diesen Widerstand gerichtet werden.
Gott möchte, dass alle errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Er will nicht, dass jemand verloren geht, sondern dass alle zur Buße kommen. Wer verloren geht, trägt die Schuld selbst, weil er nicht wollte. Das wird auch in Matthäus 23,37 deutlich.
Die fünfte Säule: Das Beharren der Heiligen
Und nun ganz kurz noch eine Minute zur Säule 5: Das Beharren oder die Bewahrung der Heiligen.
Biblische Beurteilung des Beharrens der Heiligen
Biblische Beurteilung richtig
Gottes Macht bewahrt die Wiedergeborenen, damit sie das Ziel der himmlischen Herrlichkeit erreichen.
1. Petrus 1,3-5: Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten.
Der Zusammenhang macht deutlich, dass es hier eindeutig um Wiedergeborene geht. Diese erhalten ein unverwesliches, unbeflecktes und unverwelkliches Erbteil, das in den Himmeln für euch aufbewahrt ist. Ihr, die ihr durch Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet, seid zur Errettung bestimmt, die in der letzten Zeit offenbart werden wird.
Dem Wiedergeborenen wird also zugesagt, dass Gott durch seine Macht euch bewahrt, damit ihr schließlich das Endziel erreicht, wenn der Herr Jesus in der Endzeit wiederkommen wird – nämlich das Ziel der Herrlichkeit. Dies hängt nicht von uns ab, sondern die, die wiedergeboren sind, werden bewahrt.
Diese Verheißung findet sich auch in den letzten Versen von Römer 8,36-39: Nichts und niemand kann uns von der Liebe Gottes scheiden. Ebenso in Johannes 10,27-29 wird gesagt, dass die Schafe des Herrn Jesus ewiges Leben haben und niemand sie aus seiner Hand rauben kann. Auch niemand kann sie aus der Hand des Vaters rauben.
Diese Bewahrung ist den Wiedergeborenen zugesagt.
Machen wir eine Pause von einer Viertelstunde, und dann geht es mit Römer 9 weiter.