Wir fahren heute mit dem Zweiten Thessalonicherbrief weiter. Beim letzten Mal sind wir das erste Kapitel durchgegangen und haben bereits mit dem zweiten Kapitel begonnen. Ganz am Anfang gibt es also eine kleine Überschneidung mit dem Thema vom letzten Mal, das am Schluss behandelt wurde. Danach werden wir jedoch weiter voranschreiten.
Es ist wichtig, die vorangegangenen Inhalte gut zu verstehen, um alles Nachfolgende besser erfassen zu können.
Ich lese zunächst den Bibeltext vor: 2. Thessalonicher 2,1-12.
Wir bitten euch aber, Brüder, wegen der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus und unseres Versammeltwerdens zu ihm hin, dass ihr euch nicht schnell in der Gesinnung erschüttern noch erschrecken lasst, weder durch Geist noch durch Wort noch durch Brief, als ob der Tag des Christus da wäre.
Lasst euch von niemand auf irgendeine Weise verführen, denn dieser Tag kommt nicht, es sei denn, dass zuerst der Abfall komme und offenbart werde der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, der widersteht und sich erhöht über alles, was Gott heißt oder verehrungswürdig ist, sodass er sich in den Tempel Gottes wie Gott setzt und sich selbst darstellt, dass er Gott sei.
Erinnert ihr euch nicht, dass ich dies zu euch sagte, als ich noch bei euch war? Und jetzt wisst ihr, was zurückhält, damit er zu seiner Zeit offenbart wird.
Denn schon ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit wirksam, nur ist jetzt der da, der zurückhält, wie es außen dem Weg ist.
Und dann wird der Gesetzlose offenbart werden, den der Herr verzehren wird durch den Hauch seines Mundes und vernichten wird durch die Erscheinung seiner Ankunft.
Er ist dessen Ankunft nach der Wirksamkeit des Satans, in aller Macht und allen Zeichen und Wundern der Lüge und in allem Betrug der Ungerechtigkeit bei denen, die verloren gehen, darum, dass sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, damit sie errettet würden.
Und deshalb sendet ihnen Gott eine wirksame Kraft des Irrwahns, damit sie der Lüge glauben, damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit.
Bis dahin.
Ich wiederhole im Skript nochmals die Erklärung zum zweiten Thessalonicherbrief. Ich habe versucht, den zweiten Thessalonicherbrief in wenigen Sätzen zusammenzufassen.
Der zweite Thessalonicherbrief ist eine Antwort auf das Missverständnis, dass die Zeit der göttlichen Gerichte über die Welt bereits gekommen sei. Paulus erklärt, dass die Verfolgungen und Nöte der Christen nicht mit den Nöten der großen Drangsalzeit verwechselt werden dürfen, wie sie in Matthäus 24,21 beschrieben sind.
Die Endzeitgerichte können erst erfolgen, nachdem zuvor die Verführung durch den Antichristen, den Sohn des Verderbens, stattgefunden hat. Der Antichrist kann seinerseits erst auftreten, wenn der Heilige Geist bei der Entdrückung der Gemeinde das Pfingstereignis umkehren wird.
Dieser Brief warnt ferner ernstlich davor, dass die Erwartung der Wiederkunft Jesu niemals zu einer unnüchternen Lebensführung Anlass geben darf. Dabei darf man die Verantwortung für die täglichen Belange und Verpflichtungen nicht vernachlässigen.
Die Thessalonicher sind zum Glauben gekommen durch den Missionsdienst von Paulus, wie es in Apostelgeschichte 17 beschrieben wird. Gleich nach dieser wunderbaren Zeit der Bekehrung und der ersten Freude im Glauben traten jedoch große Probleme auf: eine massive Verfolgung. Paulus musste aus Thessalonich fliehen, ebenso Timotheus. Paulus war in großer Unruhe und fragte sich, was nun mit diesen Jungbekehrten geschehen würde. Würden sie den Glauben aufgeben, weil es plötzlich schwieriger geworden war als vor der Bekehrung?
Er schickte daraufhin Timotheus in die Stadt. Timotheus konnte unauffällig hineingehen, was für Paulus selbst nicht mehr möglich gewesen wäre. Nach seiner Rückkehr schrieb Paulus im ersten Thessalonicherbrief, dass Timotheus eine gute Botschaft gebracht hatte: Die Thessalonicher sind festgeblieben. Die Tatsache, dass sie trotz der Schwierigkeiten und der Verfolgung, die ihnen nach der Bekehrung widerfuhr, dem Herrn treu blieben, war ein entscheidender Beweis dafür, dass ihre Bekehrung echt war.
Doch nach diesen Problemen wurden sie von Irrlehren heimgesucht. Zunächst hatten sie die Verfolgung zu ertragen, und später kamen falsche Lehrer nach Thessalonich. Diese sagten zu den Thessalonichern: „Schaut euch eure Situation an, ihr leidet furchtbar und werdet verfolgt. Das ist die Zeit des Gerichts.“ Sie bezogen sich auf die Zeit, die im Alten Testament als „Tag des Herrn“ bezeichnet wird, also die Zeit der göttlichen Gerichte über diese Welt. Diese Lehrer erklärten, dass dies genau die Zeit sei, der „Tag des Herrn“ oder auch „Tag des Christus“. Christus ist das griechische Wort für Messias, somit meinten sie den Tag des Messias.
Dieser Tag entspricht dem „Tag des Herrn“, der Zeit der Gerichte über die Welt, die schließlich dazu führen wird, dass der Messias als Richter erscheint. Die Lehrer behaupteten, die Gemeinde sei bereits in dieser Zeit. Das brachte die Thessalonicher völlig durcheinander, denn Paulus hatte ihnen die Dinge anders erklärt. Zudem erhielten sie sogar einen gefälschten Brief, der mit Paulus’ Unterschrift versehen war und diese Irrlehre bestätigte. In diesem Brief wurde gesagt, dass die Gemeinde sich bereits in der Drangsal befinde.
Grundsätzlich lehrten diese Irrlehrer, dass die Gemeinde in die Drangsal kommen werde. Doch sie gingen noch weiter und behaupteten, die Drangsal sei jetzt schon da und die Gemeinde sei mittendrin. Dieses Thema ist auch heute aktuell. Zum Beispiel gibt es in Nordkorea viele Christen, die massiv verfolgt und in Konzentrationslagern festgehalten werden. Die Situation dort ist unbeschreiblich schrecklich und furchtbar. Dort wird ebenfalls die Irrlehre verbreitet, dass die große Drangsal bereits begonnen habe.
Diese Lehre ist jedoch falsch. Jesus selbst sagte in seiner Abschiedsrede, die in Johannes Kapitel 14 bis 16 zu finden ist: „In der Welt habt ihr Drangsal, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Der Herr sagt, dass Gläubige Drangsal erleben, aber er sagt nicht, dass die Gemeinde durch die große Drangsal hindurchgehen muss. Die Gläubigen in Nordkorea leiden unter großer Drangsal, doch es ist nicht die große Drangsal, von der Matthäus 24,21 spricht.
Diese falsche Lehre zeigt, wie wichtig der zweite Thessalonicherbrief ist. Er ist eine Hilfe für Christen in Nordkorea, aber auch für Christen in der Schweiz, in Deutschland und überall sonst. Viele predigen, die Gemeinde werde zwar noch nicht in der großen Drangsal sein, aber sie werde noch hineinkommen. Andere wiederum behaupten, es sei eine Irrlehre zu glauben, dass die Entrückung vor der großen Drangsal stattfinde. Sie sagen, wer an eine Vorentrückung glaubt, zeige damit, dass er leidensscheu sei.
Ich muss ja nicht sagen, dass ich Leiden liebe. Wenn ich wählen könnte, ob es mir gut oder schlecht geht, dann weiß ich eigentlich schon, was ich mir wünsche.
Das bedeutet aber nicht, dass ich in meinem Leben nicht schon durch sehr viele schlimme Drangsalzeiten hindurchgegangen bin. Und jetzt zu sagen, ich sei leidensscheu, fände ich auch nicht so schön.
Ich habe Mühe mit Leiden, und ich glaube, das haben alle. Aber was eben klar ist: Der Herr sagt, wir gehen durch Drangsale, durch Nöte ins Reich Gottes hinein.
Ich möchte gerade eine Stelle aufschlagen, in der der Apostel Paulus den Gemeinden das ganz systematisch gelehrt hat. Nach der ersten Missionsreise besuchte Paulus diese Gemeinden nochmals. In Apostelgeschichte 14,21 heißt es:
„Und als sie jene Stadt das Evangelium verkündigt und viele zu Jüngern gemacht hatten, kehrten sie nach Lystra und nach Ikonium und nach Antiochien zurück und befestigten die Seelen der Jünger und ermahnten sie, im Glauben zu verharren und dass wir durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen müssen.“
Der Apostel Paulus hat darauf geachtet, dass die Gläubigen immer fester werden im Glauben. Das ist schön. Es heißt, sie befestigten die Seelen der Jünger. Dabei steht gerade das Emotionale im Vordergrund, das manchmal so destabilisieren kann.
Es war ihr Anliegen, die Gläubigen besonders auch im Bereich der Gefühle und Empfindungen zu stärken. Dazu kam die Ermahnung, im Glauben zu verharren – also im Vertrauen. Glauben heißt auch Vertrauen. Verharren bedeutet, darin festzubleiben.
Und Paulus sagt, dass wir durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen müssen. Aber er sagt nicht: durch die große Drangsal, sondern durch viele Trübsale.
Wenn wir durch Schwierigkeiten und Nöte hindurchgehen, ist damit nicht bewiesen, dass irgendetwas falsch läuft bei uns.
Das passt natürlich nicht zum Wohlstandsevangelium, das weltweit verkündet wird. Dort heißt es, es sollte uns immer gut gehen. Das Auto sollte keinen Rost haben, und das Konto sollte sich immer besser füllen.
Es kann ja sein, dass sich das Konto ständig füllt, aber dort wird gelehrt, dass es eigentlich so sein muss. Gläubige sollten reich werden, und es sollte ihnen gut gehen.
Das passt aber nicht zu der Lehre aus Apostelgeschichte 14, dass wir eben auch durch viele Prüfungen hindurchgehen müssen.
Die Thessalonicher hatten diese Not erlebt, und der Feind hat das benutzt, um sie richtiggehend durcheinanderzubringen.
Ich lese nochmals 2. Thessalonicher 2,1-2: "Wir bitten euch aber, Brüder, wegen der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus und unseres Versammeltwerdens zu ihm hin, dass ihr euch nicht schnell in der Gesinnung erschüttern oder erschrecken lasst."
Also, sie sind wirklich in ihrem Denken erschüttert worden durch die Irrlehre. Sie haben einen Schreck erlebt. Wodurch? Ja, es wird gesagt, das soll nicht geschehen – weder durch Geist noch durch Wort noch durch Brief, als durch uns.
Weder durch Geist – das bedeutet, diese Irrlehrer haben behauptet, sie hätten prophetische Autorität und würden durch den Geist quasi eine Offenbarung aussprechen. Noch durch Wort – sie haben sich auch einfach als Prediger betätigt. Und drittens noch durch Brief als durch uns – sie haben also sogar einen gefälschten Brief geschickt, im Namen von Paulus, um ihre Irrlehre durch Paulus quasi bestätigen zu lassen.
Und was war die Irrlehre? Als ob der Tag des Christus da wäre. Manche haben in ihrer Bibel "der Tag des Herrn" stehen. Der Mehrheitstext, also von den gegen sechstausend Handschriften, die wir vom Neuen Testament haben, bildet die große Masse. Dort kann man sehr gut zeigen, dass dieser Text dem ursprünglichen Text entspricht.
Im Minderheitstext findet man hingegen die Lesart, die leider in den heutigen Übersetzungen bevorzugt verwendet wird. Dort steht "als ob der Tag des Herrn da wäre", aber der Mehrheitstext hat "der Tag des Christus".
Ich habe vorhin schon erklärt: Der Tag des Herrn ist im Alten Testament der Tag des Gerichts. Letztes Mal habe ich vorgelesen aus Zephanja 1, wo dieser Tag des Gerichts, der Tag des Wolkendunkels, ständig wiederholt wird – die große Drangsal, der letzte große Weltkrieg, auf dessen Höhepunkt dann der Messias, Jesus, erscheinen wird.
Darum ist dieser Tag des Herrn eben dasselbe wie der Tag des Christus, das heißt der Tag des Messias, wenn er als Herr beziehungsweise als Messias erscheinen wird. Also die richtige Lesart ist "als ob der Tag des Christus da wäre". Damit ist gemeint die große Drangsal und am Ende davon das Erscheinen des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit.
Zur Bestätigung sei Matthäus 24 angeführt. In der Endzeitrede beschreibt der Herr Jesus die letzten dreieinhalb Jahre, beginnend mit dem Aufstellen des Götzenbildes durch den Antichristen auf dem Tempelplatz.
In Matthäus 24, Vers 15 heißt es: „Wenn ihr nun den Gräuel der Verwüstung, von dem durch Daniel den Propheten geredet ist, stehen seht an heiligem Ort.“ Das bezieht sich auf die letzten dreieinhalb Jahre, wie in Daniel 27 beschrieben.
Der Herr Jesus fährt weiter fort: „Wer es liest, beachte es.“ Dies fügt Matthäus als Hinweis ein. Dann sagt Jesus: „Dann sollen die, die in Judäa sind, in die Berge fliehen. Wer auf dem Dach ist, steige nicht hinab, um die Sachen aus seinem Haus zu holen, und wer auf dem Feld ist, kehre nicht zurück, um sein Oberkleid zu holen.“
Er warnt: „Wehe aber den Schwangeren und den Stillenden in jenen Tagen! Betet aber, dass eure Flucht nicht im Winter stattfinde, noch am Sabbat, denn dann wird große Drangsal sein.“ Diese Drangsal wird so groß sein, „wie sie seit Anfang der Welt bis jetzt nicht gewesen ist und auch nicht wieder sein wird.“
Jesus fügt hinzu: „Und wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Fleisch errettet werden.“ Es steht hier nicht „keine Seele errettet“ oder „kein Mensch“, sondern „kein Fleisch“. Das bedeutet, dass kein Mensch den Weltkrieg überleben würde, die Menschheit sich selbst vernichten würde. Doch „um der Auserwählten willen werden jene Tage verkürzt werden.“
In Vers 29 heißt es: „Sogleich aber nach der Drangsal jener Tage“ – Gott verkürzt also diese Zeit des letzten Weltkrieges auf genau dreieinhalb Jahre. Würde es länger dauern, würde die Menschheit sich ausrotten.
Vers 29 beschreibt weiter: „Sogleich aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne sich verfinstern und der Mond sein Licht nicht mehr geben. Und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden erschüttert werden.“
Dann wird „das Zeichen des Sohnes des Menschen am Himmel erscheinen, und alle Stämme des Landes werden wehklagen.“ Sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen „auf den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit.“
Er wird seine Engel aussenden mit starkem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten versammeln „von den vier Winden hier, von dem einen Ende der Erde bis zu dem anderen Ende des Himmels.“
So sehen wir: Nach der Drangsal kommt das Kommen des Menschensohnes, des Messias, auf den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit. Das ist der Tag des Christus, das gleiche wie der Tag des Herrn.
Und nun zurück zu 2. Thessalonicher 2. Paulus sagt in Vers 1:
Ich gebe es mit meinen eigenen Worten wieder: Liebe Brüder, im Hinblick auf die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus und unser Versammeltwerden zu ihm hin – also im Hinblick auf die Entrückung der Gläubigen, die ich euch ja bereits erklärt habe, zum Beispiel in 1. Thessalonicher 4,13-18 – dort wird die Entrückung der Gläubigen beschrieben. Wenn der Herr Jesus in den Luftraum kommt, nicht auf die Erde, werden die Gläubigen zu sich entrückt.
Im Hinblick auf dieses Ereignis sagt Paulus: Lasst euch nicht durcheinanderbringen, als ob ihr jetzt schon in der großen Drangsal seid.
Warum hat diese Irrlehre die Thessalonicher durcheinandergebracht? Weil sie von Paulus wussten, dass zuerst die Entrückung geschieht, dann die Drangsal und danach das Wiederkommen des Herrn Jesus mit allen Erlösten.
Im ersten Thessalonicherbrief, den wir ja auch früher an mehreren Bibelschultagen behandelt haben, spricht Paulus über die Entrückung, das Kommen des Herrn Jesus für die Gläubigen und auch über das Kommen des Herrn Jesus mit allen Gläubigen.
Nun waren sie durcheinandergebracht im Blick auf die Entrückung, bei der wir zum Herrn Jesus in den Himmel versammelt werden. Wie Offenbarung 4 und 5 beschreibt, sind die Gläubigen, die 24 Ältesten, im Himmel rund um den Thron Gottes versammelt. Das Lamm Gottes, der Herr Jesus, steht im Mittelpunkt und wird angebetet.
Im Hinblick auf dieses Versammeltwerden waren sie durcheinandergebracht worden, weil sie dachten: „Jetzt sagen die, wir sind in der Drangsal.“ Aber eigentlich hätte die Entrückung vor der Drangsal stattfinden sollen. Nun sagen sie, der Tag des Herrn ist da, also sind wir in der Drangsal – und wir sind immer noch auf der Erde. Das dürfte nicht sein, aber sie sagen es eben durch den Geist, so spricht der Herr, durch Predigt: „Liebe Brüder, so sagt die Schrift.“
Und schaut, ein Brief von Paulus, der das auch bestätigt. Das war ein Riesending, eine große Verwirrung.
Und nun erklärt Paulus im Weiteren, ich lese Vers 3: »Lasst euch von niemand auf irgendeine Weise verführen, denn dieser Tag kommt nicht, es sei denn, dass zuerst der Abfall komme und offenbart werde der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens.«
Also sagt er: Diese Behauptung »Ihr seid schon in der Drangsal« ist eine Verführung. Es ist ein neuntestamentlicher Befehl: Lasst euch von niemand auf irgendeine Weise verführen!
Dann erklärt er, dass dieser Tag nicht kommen wird, bevor nicht zuerst der Abfall stattgefunden hat. Das heißt also, dieser Tag des Christus – die Zeit der Drangsal und dann das Kommen des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit – kann gar nicht stattfinden, bevor nicht gewisse Ereignisse eingetreten sind. Nämlich der Abfall und dann das Kommen des Antichristen. Das ist der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens.
Für die Thessalonicher damals war das klar. Der große Abfall in der Christenheit hatte damals noch nicht stattgefunden. Wenn wir die Apostelgeschichte lesen, die ersten dreißig Jahre des Christentums, sehen wir, dass sich das Christentum massiv ausbreitet. Es begann in Jerusalem: 3000 Menschen kommen zum Glauben an Pfingsten. Kurz danach steigt die Zahl der Männer schon auf 5000. Hochgerechnet mit den Frauen sind es schon etwa 10.000.
Danach wird das Evangelium ausgebreitet in Judäa, Samaria und es geht immer weiter in Richtung Ende der Erde, also zu den entferntesten Teilen des Festlandes. So hat sich das Christentum ausgebreitet. Das setzte sich auch im zweiten, dritten, vierten, fünften Jahrhundert und so weiter fort.
Aber der Abfall bedeutet, dass das Christentum zurückgeht – und zwar dort, wo es schon war. Denn Abfall vom Glauben bedeutet, dass zuerst ein Bekenntnis zum christlichen Glauben da war und dieses Bekenntnis dann über Bord geworfen wird.
Nun ist es so: In der gesamten Kirchengeschichte von zweitausend Jahren hat man dieses Phänomen noch nie erlebt, dass Gebiete, die christianisiert waren und wo ein christliches Bekenntnis vorhanden war, freiwillig und ohne Verfolgung den Glauben über Bord werfen. Das Bekenntnis wird über Bord geworfen.
Dieses Phänomen ist so ausgeprägt erst ab den 1960er Jahren zu beobachten. Es steht in engem Zusammenhang mit der neomarxistischen Revolution von 1968, die alle moralischen Maßstäbe der Bibel bewusst über Bord warf. Dies führte dazu, dass Millionen von Menschen in der westlichen Welt, die über Jahrhunderte hinweg christianisiert waren, den Glauben aufgaben. Die Bibel als Gottes Wort wird offen über Bord geworfen.
Das ist ein unglaubliches Phänomen, aber so etwas können wir in der Kirchengeschichte früher nicht beobachten.
Unsere Stelle sagt, dass vor dem Tag des Herrn oder dem Tag des Christus die Drangsal kommen muss. Doch zuvor muss dieser Abfall geschehen. Dieser Abfall ist seit Jahrzehnten voll im Gange. Dabei geht es um einen Abfall, der sogar über das Verwerfen der christlichen Wahrheiten der Bibel hinausgeht. Er reicht bis zur Verwerfung dessen, was der Schöpfer natürlich in die Schöpfung hineingelegt hat.
Als ich einmal in Indien war, wurde mir auf einer Indienreise gesagt, dass die Leute dort schockiert sind über die Lebensweise der Menschen in Europa. Besonders darüber, dass Männer und Frauen unverheiratet zusammenleben, also im Konkubinat. Dabei verehren diese Menschen in Indien viele hinduistische Götter. Trotzdem sind sie schockiert darüber, wie der Westen lebt und wie die Schöpfungsordnung verworfen wird.
Für sie ist ganz klar: Ein Mann und eine Frau müssen verheiratet sein, um zusammenzugehören und gemeinsam in der Ehe zu leben. Für sie sind viele andere Dinge ebenfalls ein Schock.
Wie sieht es heute in Amerika aus? Dort bewerben sich verschiedene Personen für das Präsidentenamt. Einer davon ist Vivek Ramaswami, ein Hindu, der sich für die Republikaner aufstellen lassen möchte. Wer hat von ihm gehört? Fast niemand. Dabei ist dieser Mann sehr erfolgreich. Er ist ein bedeutender Herausforderer von Trump und teilt dessen Überzeugungen in Bezug auf Lebensschutz und jüdisch-christliche Moral.
Er sagt, er habe eine tiefe Achtung vor der jüdisch-christlichen Ethik. Diese müsse in Amerika erhalten und gepflegt werden. Das bedeutet, die Werte, die Trump in seiner ersten Amtszeit betont hat und die er erneut hervorheben möchte, wenn er Präsident wird, vertritt auch Ramaswami.
Dieser Mann ist anständig, beleidigt niemanden und zeigt Respekt gegenüber seinen Gegnern. Er lehnt jedoch das sogenannte Woke-Getue ab, also Bewegungen wie Black Lives Matter. Er erkennt die Ideologie dahinter und sieht darin eine rassistische Haltung, die Weiße hasst. Das sei Rassismus unter dem Deckmantel von Antirassismus, den er vollständig ablehnt.
Interessanterweise ist er selbst Inder. Es geht hier um die Hautfarbe. Übrigens gibt es keine „Weißen“. Ich selbst bin nicht weiß, sondern braun. Weiß ist keine echte Kategorie. Es gibt nur verschiedene Stufen von Braun. Es ist derselbe Farbstoff, Melanin, der bestimmt, ob man aussieht wie ein Schwarzafrikaner – so wie mein Schwiegersohn, der etwas dunkler ist als ich – oder wie mein zweiter Schwiegersohn aus Kambodscha, der deutlich heller ist als der Schwiegersohn aus Kinshasa. Aber es ist immer derselbe Farbstoff, den auch ich habe.
Vivek lehnt all diese Dinge ab, die hinter Woke und der Gender-Ideologie stehen. Doch er diskriminiert niemanden. Er ist höflich, anständig und beleidigt niemanden. Er sagt klar, dass dies seine Meinung ist und dass er diese Dinge nicht akzeptiert.
Unglaublich: Als Hindu akzeptiert er all diese Dinge, die Gott als Ordnung in die Schöpfung hineingelegt hat.
Aber warum habe ich diese ganze Geschichte so eingeflochten?
Eigentlich, um einen bestimmten Punkt hervorzuheben: Der Abfall in der westlichen Welt – Europa und Nordamerika – und noch mehr natürlich dort, wo das Christentum lange bekannt war und nun verworfen wird. Dieser Abfall geht über die Verwerfung der klar offenbarten biblischen Wahrheiten hinaus. Es wird auch das abgelehnt, was Gott als Schöpfer in die Schöpfung hineingelegt hat. Das, was Menschen, ohne je eine Bibel gesehen zu haben, trotzdem klar empfinden.
Das ist etwas, was man in der gesamten Menschheitsgeschichte noch nie gesehen hat. Und diese ganze Gender-Geschichte – ich meine, das sind wirklich Leute, auf die das Wort aus Hiob passt: "Ihr seid die Leute, und mit euch wird die Weisheit aussterben." Sie sagen Dinge, die die frühen Generationen nie so gesagt haben. Aber sie denken, sie hätten die Wahrheit. Alle frühen Generationen und Kulturen seien falsch, nur sie selbst richtig. Das ist ein unglaublicher Hochmut, wenn man sich das vorstellt.
Ja, das ist eben dieser Abfall, und er ist voll im Gange – seit Jahrzehnten. Nun sagt der Apostel Paulus: Die Drangsal kann nicht kommen, bevor nicht zuerst der Abfall kommt. Für uns ist das bereits Tatsache, aber zur Zeit der Thessalonicher war davon noch nichts zu sehen. Es war so wie in den folgenden Jahrhunderten: Das Christentum breitete sich aus, aber es gab nie eine freiwillige Entchristianisierung. Es gab nur unfreiwillige Entchristianisierung.
Wenn man an das Gebiet der heutigen Türkei denkt: Im ersten Jahrhundert gehörte es zu den ersten christlichen Regionen und spielte gerade in der Apostelgeschichte eine große Rolle. Auf den Missionsreisen des Apostels Paulus wirkte dort sehr viel. Aber dann kam im siebten Jahrhundert der Islam. Kurz nachdem Mohammed gestorben war, zogen seine Nachfolger aus der saudischen Halbinsel nach Norden. Sie eroberten nach und nach in kurzer Zeit den Nahen Osten und später ganz Nordafrika.
Im siebten und achten Jahrhundert hinterließen sie eine Spur des Schreckens, der Verwüstung und der Zerstörung. Gebiete, die ab dem ersten Jahrhundert christianisiert wurden, wurden entchristianisiert – aber durch Gewalt, die die Menschen zwang. Nicht freiwillig.
Dieses Phänomen haben wir heute, und es ist gemeint mit diesem Abfall, der zuerst kommen musste.
Zweitens heißt es: "Und offenbart werde der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens." Das ist, wie wir noch sehen werden, ein Ausdruck für den Antichristen, der sich als Antichrist zu erkennen geben wird. Das bedeutet Offenbarung.
Ich vermute, der Antichrist könnte heute schon leben, aber er ist noch nicht offenbart. Darum ist es töricht, wenn Leute sagen: "Das ist Zelenskyj" oder "Das ist Monsieur Macron." Es ist unglaublich, was man alles zu hören bekommt. Früher waren es andere Personen. Da war es Kissinger. Die jungen Leute wissen oft gar nicht mehr, wer Kissinger war – ein Jude aus Amerika.
Nun, der Antichrist ist noch nicht offenbar. Aber er könnte schon leben. Zuerst muss jedoch der Abfall kommen, dann muss der Antichrist sich zu erkennen geben. Erst dann kann die große Drangsal kommen – der Tag des Herrn, der Tag des Christus.
Nun wird dieser Antichrist noch weiter beschrieben. Er heißt in Vers 3 „der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens“. In meiner Bibel markiere ich diese Namen. Ich male in meiner Bibel die hunderten von Namen Gottes an und auch die unzähligen Namen der Erlösten: Kinder Gottes, Söhne Gottes, Töchter Gottes, Wiedergeborene – also als Gott geborene – und so weiter. Es gibt eine Fülle von Bezeichnungen, wie die Erlösten genannt werden, die Auserwählten und vieles mehr.
Aber ich markiere auch die üblen Namen der Feinde Gottes. Hier eben den des Antichristen: „der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens“ – sein schrecklicher Name. „Der Sohn des Verderbens“ – nur noch ein Mensch in der Bibel heißt so. Wer? Judas.
Im Johannes-Evangelium, Kapitel 17, im Gebet des ewigen Sohnes zum Vater, lesen wir, wie der Herr für die Erlösten bittet, für die wiedergeborenen Jünger. Vers 12: „Als ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast.“ Das ist der Name Abba.
Jesus ist in diese Welt gekommen, um den Vater zu offenbaren. Und der Vater hat ihm diesen Namen mitgegeben, um ihn weiterzugeben. In diesem Namen, Abba oder auch Avi, sollte man beim Lesen des Johannes-Evangeliums genau achten, wie oft der Herr Jesus sagt: „mein Vater“. Das ist Avi.
Man muss wissen: Im Judentum darf man Gott nicht einfach so „Avino Sheba Shemaim“ nennen – „unser Vater, der du bist im Himmel“. Dort ist Gott als Schöpfer gemeint. So wie in Jesaja, wo Gott als Vater bezeichnet wird, als unser Vater, der Töpfer, und wir sind der Ton.
Doch der Herr Jesus kam und offenbarte den ewigen Vater, den er von Ewigkeit her als Abba kannte – das bedeutet „lieber Vater“. Das ist die zärtliche Bezeichnung für Vater im Hebräischen und im Aramäischen: Abba und Avi.
Im Judentum hat man gelernt, Gott beim Beten nicht Avi zu nennen, also nicht „mein Vater“, denn das ist auf derselben Stufe wie Abba. Man kann die Gebetsbücher im Judentum durchschauen. Niemand muss sagen, das könne er nicht, denn im Ausland ist es ganz üblich, dass die Gebetsbücher, die in den Synagogen benutzt werden – egal ob in Zürich, Basel oder anderswo – zweisprachig sind: auf der einen Seite Hebräisch, auf der anderen Seite Deutsch.
So sieht man, wie schön in der Synagoge gebetet wird und welche schönen Namen für Gott verwendet werden. Aber man wird nie finden „Avi, mein Vater“ oder „Abba, lieber Vater“. Jesus sagt hier: „Ich habe sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, bewahrt.“ Verzeihung, das ist Vers 12: „Als ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast.“
Vorhin habe ich Vers 11 gelesen: „Und ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ist verloren gegangen, als nur der Sohn des Verderbens, damit die Schrift erfüllt würde.“ Das ist Judas.
Das war kein Schicksal. Judas hätte nicht Judas werden müssen. Es war seine eigene Wahl, und der Herr hat ihm bis zum Schluss die Gelegenheit zur Umkehr gegeben.
Wenn man daran denkt, als Judas mit einer riesigen Schar von Hunderten Leuten und vielen Soldaten zum Garten Gethsemane auf dem Westabhang des Ölbergs kam, sagte der Herr Jesus zu Judas: „Freund, wozu bist du gekommen?“ Er nennt ihn in diesem Moment noch „Freund“. Da hätte Judas zusammenbrechen müssen.
Natürlich war er schon von Satan besessen, aber auch besessene Menschen können noch gerettet werden – es gibt wunderbare Zeugnisse dafür. Doch Judas überlieferte den Herrn mit einem Kuss, und Jesus sagte: „Überlieferst du den Sohn des Menschen mit einem Kuss?“ Judas hätte noch einmal zusammenzucken können.
Aber er war auf seinem Weg der Geldliebe, diese Silberschäkel hatte er im Herzen. Diesen Weg ging er bis zum Schluss, und darum nennt Jesus ihn „den Sohn des Verderbens“. Der Antichrist wird auch so genannt.
Und von ihm wird weiter gesagt in Vers 4: Er widersteht und erhöht sich über alles, was Gott heißt oder verehrungswürdig ist, sodass er sich in den Tempel Gottes – der Mehrheitstext setzt hier noch „wie Gott“ oder „als Gott“ – darstellt und behauptet, er sei Gott.
Diese Beschreibung hat einen direkten Bezug zu Daniel 11. In Daniel 11 sind alle Verse von Vers 1 bis 35 erfüllt. Ich habe das einmal ausgezählt: Es sind über hundertfünfzig Einzelprophezeiungen, die sich nachweislich in der Weltgeschichte über den König des Nordens und den König des Südens erfüllt haben. Der König des Nordens war immer Großsyrien, der König des Südens immer Ägypten.
Es ist alles erfüllt. Schauen wir uns aber Vers 35 an, dort steht: „Und von den Verständigen werden einige fallen, damit sie geläutert und gereinigt und weiß gemacht werden.“ Das hat sich alles in der Makkabäerzeit im zweiten Jahrhundert vor Christus erfüllt. Dann steht dort: „Bis zur Zeit des Endes, denn es verzögert sich noch bis zur bestimmten Zeit.“
Hier habe ich in meiner Bibel ganz deutlich zweimal das Wort „bis“ angezeichnet, weil es die ganze Zeitspanne bezeichnet – die Epoche, den gesamten Zeitstrahl von der Zeit der Makkabäer über unsere Zeit hinaus bis in die Zukunft. Denn alles, was ab Vers 36 beschrieben wird, ist auch für uns im August 2023 noch zukünftig, also „bis zur Zeit des Endes, bis zur bestimmten Zeit“.
Dann steht in Vers 36: „Und der König wird nach seinem Gutdünken handeln, und er wird sich erheben und sich groß machen über jeden Gott, und gegen den Gott der Götter wird er Erstaunliches reden, nämlich Abscheuliches.“
Ja, dort steht nicht der König des Südens und auch nicht der König des Nordens, einfach „der König“. Im Weiteren werden wir sehen: Dieser König herrscht im Land Israel. Der König des Südens herrschte in Ägypten, der König des Nordens in Großsyrien. Aber hier ist „der König“ gemeint.
Hier wird also ein Herrscher im Land Israel beschrieben, und wir werden noch sehen, wer der Antichrist ist. Genau wie im Zweiten Thessalonicherbrief wird er beschrieben als hochmütig, stolz, schlechthin. Ich habe bereits gesagt: Die, die heute vom Abfall gekennzeichnet sind, sind auch gekennzeichnet von Stolz.
Wirklich von der Meinung, sie wüssten, was moralisch richtig ist – im Kontrast zu allen frühen Generationen. Und die, die jetzt noch schlafen, müssen aufwachen. Darum diese „woke“ Bewegung.
Er wird sich erheben und sich groß machen über jeden Gott und gegen den Gott der Götter – also den allerhöchsten Gott, den wahren Gott der Bibel – wird er Erstaunliches reden. Das sind so üble Dinge, dass die Menschen staunen werden, was er alles furchtbar im Kopf zurechtgedreht Negatives, Böses und Lästerliches über Gott sagen wird.
Und er wird Erfolg haben, bis der Zorn vollendet ist, denn das Festbeschlossene wird vollzogen. Der Zorn bezeichnet die Gerichte Gottes, wie sie in der Offenbarung beschrieben werden. Das ist der Zorn Gottes, der über die Welt kommen wird.
An dieser Stelle möchte ich einen ermutigenden Exkurs einflechten und an 1. Thessalonicher 1,9 denken. Paulus sagt, dass die Thessalonicher sich von Götzenbildern zu dem lebendigen Gott bekehrt haben, um ihm zu dienen.
In 1. Thessalonicher 1,9 heißt es: "Denn sie selbst berichten von uns, welchen Eingang wir bei euch Thessalonichern hatten und wie ihr euch von den Götzenbildern zu Gott bekehrt habt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten, den er aus den Toten auferweckt hat, Jesus, der uns errettet vor dem kommenden Zorn."
Hier ist das Wort "vor" besonders wichtig, denn der Mehrheitstext verwendet das griechische Wort "apo". Man kann sich das grafisch so vorstellen: Ein Kreis, von dem ein Pfeil wegführt. Dieser Pfeil zeigt, dass "apo" bedeutet, dass man nicht im Kreis, also nicht im Zorn ist, sondern davor bewahrt wird.
Dieser Zorn wird in der Zeit des Antichristen vollendet, wie in Daniel 11,36 beschrieben. Vor diesem Zorn wird die Gemeinde bewahrt.
Man könnte jetzt sagen: "Das steht im Mehrheitstext, ich gehe nach Nestle-Aland." Doch ich möchte zeigen, warum Nestle-Aland ein problematischer Text ist.
Wir haben ein paar Bibelstellen offen: Daniel 11, 1. Thessalonicher 1, 2. Thessalonicher 2 und bitte noch Römer 5 aufschlagen.
In Römer 5,8-10 heißt es: "Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist." Das hat der Herr Jesus vor zweitausend Jahren für uns getan.
Der Apostel sagt weiter: "Vielmehr nun, da wir jetzt durch sein Blut gerechtfertigt sind, werden wir durch ihn gerettet werden vom Zorn." Besser ist zu übersetzen: "vor dem Zorn." Das Wort "apo" steht hier sowohl im Mehrheitstext als auch im Minderheitstext.
Im Minderheitstext von Römer 5,10 steht es eindeutig, dass wir vor dem Zorn bewahrt werden. Das widerspricht nicht 1. Thessalonicher 1,10, sondern bestätigt es.
"Apo" bedeutet also, dass wir nicht in diesen Zorn hineinkommen, der erst in der Zeit des Antichristen zur Vollendung kommt. Dieser Zorn umfasst alle Gerichte in der Offenbarung mit den sieben Siegeln, sieben Posaunen und sieben Schalen sowie das Kommen des Herrn in Macht und Herrlichkeit (Offenbarung 6 und folgende).
Ist das nicht wunderbar? Wir sind jetzt durch das Blut Christi für die Ewigkeit gerettet. Aber in der Zukunft werden wir nochmals gerettet, wenn der Herr Jesus zur Entrückung kommt. Dann wird er uns aus dieser Welt wegnehmen, damit wir dem Zorn entgehen, der in den apokalyptischen Gerichten über die Welt kommen wird.
In Römer 5,10 heißt es weiter: "Denn wenn wir, da wir Feinde waren — das ist ein Name, den wir früher hatten — mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, so werden wir vielmehr, da wir versöhnt sind, durch sein Leben gerettet werden."
Das bedeutet: Jetzt sind wir schon gerettet und mit Gott versöhnt. Aber in der Zukunft werden wir nochmals gerettet, nicht mehr durch den Tod, sondern weil der Herr Jesus als der Lebendige kommt, um uns vor dem Zorn Gottes von der Erde wegzunehmen.
Das kann jeden Tag geschehen. Darum konnten die Thessalonicher damals schon auf das Kommen des Herrn warten, denn Gott hat nie gesagt, dass vorher noch bestimmte Ereignisse geschehen müssen.
In der Bibel ist nie angegeben, wie lange die Zeit von der Entrückung bis zum Zorn Gottes über die Welt dauert. Diese Zeitspanne ist unbekannt, und wir merken, dass sie immer kleiner wird. Aber Gott hat bewusst nie eine genaue Zeit festgelegt, damit die Gläubigen zu allen Zeiten ein Leben führen können, in dem sie sagen: "Vielleicht heute."
Heute sehen wir, dass die Schachfiguren für die Zeit des Zorns Gottes weltweit aufgestellt sind. Der König des Nordens stellt sich auf, der König des Südens ist da. Die Macht aus dem äußersten Norden von Israel aus gesehen, Russland mit seinen Verbündeten, stellt sich auf — und zwar nach Ezechiel 38,39 auf drei Kontinenten: Europa, Asien und Afrika.
Russland ist mit seinen Wagner-Truppen heute dabei, Afrika Land für Land zu übernehmen, zum Beispiel Nigeria. Die Schachfiguren sind aufgestellt, der Westen hat sich zusammengeschlossen und ist bereits auf der Bildfläche. All diese Dinge können erst in der Drangsal zur Erfüllung kommen, in der Konfrontation dieser Mächte.
Darum merken wir: Die Zeit bis zum Zorn wird immer kleiner. Das ist schön für uns.
Nun kehren wir zurück zu Daniel 11,36, wo der Antichrist beschrieben wird und wie er gelingt, bis der Zorn vollendet ist: "Denn das festbeschlossene wird vollzogen."
Hier einige Parallelstellen zum Aufschreiben: Daniel 9,26, Jesaja 10,22-23 und Jesaja 28,22.
Der Ausdruck "das festbeschlossene" ist in der biblischen Prophetie über die letzten Gerichte im Zusammenhang mit der Drangsal sehr interessant.
Man könnte sagen: "Vielleicht kommt das alles nicht so, wie es in der Offenbarung beschrieben ist. Vielleicht wird noch eine große Erweckung kommen, alle kehren um, und Gottes Gericht zieht sich zurück."
So war es bei Jona. Jona ging nach Ninive, und seine Botschaft lässt sich in einem Satz zusammenfassen: "In vierzig Tagen wird diese Stadt umgedreht." Das bedeutet eine totale Verwüstung. Doch die Stadt kehrte um und erlebte eine unglaubliche Erweckung. Die Stadt wurde verschont.
Diese prophetische Botschaft war also an eine Bedingung geknüpft.
Man könnte nun sagen: Vielleicht ist es auch mit der Offenbarung und den Stellen in Jesaja, Micha, Nahum, Habakuk und anderen so, dass die Gerichte nur kommen, falls nicht die große Erweckung kommt. Darum müssen wir für die große Erweckung beten.
Wir tun, was wir können mit der Evangeliumsverkündigung und freuen uns über alle, die sich bekehren. Es bekehren sich wirklich Leute, nicht in großen Massen, aber einer nach dem anderen. Menschen kommen aus Sekten heraus — das ist wirklich wunderbar.
Aber wir erwarten nicht, dass eine große Massenumkehr kommt. Warum? Weil die Bibel vorausgesagt hat, dass der Abfall kommen wird.
Man könnte sagen, den Abfall könnten sie auch wieder umkehren. Doch hier steht: "Das festbeschlossene wird vollzogen." Das heißt, diese Endzeitgerichte werden auf jeden Fall kommen. Sie sind nicht an eine Bedingung geknüpft.
Gott macht damit klar: Die große Umkehr der Massen wird nicht mehr stattfinden. Aber wir freuen uns über alle, die nicht zur großen Masse gehören und trotzdem umkehren. Die Chance wird allen vom Herrn gegeben.
Denn das festbeschlossene wird vollzogen.
Nun, Vers 37 in Daniel 11: „Und auf den Gott seiner Väter wird er nicht achten.“ Der Gott seiner Väter ist in der Bibel an vielen Stellen erwähnt. Das bedeutet der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.
Es ist eine große Frage: Wer ist Jude? In Israel wird das aus politischen Gründen so gehandhabt, dass die Mutter Jüdin sein muss. Beim Vater wird noch genauer nachgeschaut, was wie ist. Aber wenn die Mutter Jüdin ist, dann geht es eigentlich ziemlich schnell, bis man den israelischen Pass bekommt.
Mein Vater braucht ein bisschen mehr, weil die Mutter eben mehr prägt. Wenn die Großmutter Jüdin war, war diese Sache ganz klar. Sehr weit zurück wollen sie mit dem Pass aber nicht gehen, und sie wollen auch keine Gentests akzeptieren. Viele können nämlich zeigen, dass sie über eine Linie von Abraham, Isaak und Jakob abstammen. Das wäre dann aber ziemlich schwierig zu bewältigen.
Ein Ministerpräsident von Israel hat einmal gesagt: Jude ist, wer sich als Jude fühlt. So ist es ein bisschen schwierig, es gibt dann alles Mögliche dazwischen, meine Definition. Aber eigentlich ist es ganz einfach: Jemand, der von Abraham, Isaak und Jakob abstammt, ist Jude.
Und der Antichrist wird ein Jude sein. Denn auf den Gott seiner Väter, den wahren Gott, den Gott der Bibel, der im Alten Testament derselbe ist wie im Neuen Testament, wird er nicht achten. Ein Jude, der alles verwirft, was er aus dem Alten Testament haben könnte.
Dann wird noch hinzugefügt: „Und weder auf die Sehnsucht der Frauen noch auf irgendeinen Gott wird er achten.“ Die Sehnsucht der Frauen – das muss etwas ganz Besonderes sein. Was ist das?
Wir müssen uns in die Situation eines Juden versetzen, der das Alte Testament liest. Dort wird verheißungsvoll gesagt, dass der Messias aus dem Stamm Juda kommen und von einer Frau geboren werden wird. Wer darf die Mutter des Messias sein? Das war natürlich ein großer Wunsch der Frauen in Israel, vielleicht die Mutter des Messias zu sein.
Wir verstehen, warum Maria so überwältigt war, als der Engel sagte, dass Gott sie gewählt hat. Das war unglaublich – Gott hat ausgerechnet sie gewählt. Das war die Sehnsucht der Frauen.
Mit anderen Worten heißt das: Er wird nicht auf den Messias achten. Das ist der Messias, der nach Jesaja 7,14 von einer Jungfrau geboren werden sollte. Im Klartext: Jesus Christus bedeutet ihm gar nichts.
Noch auf irgendeinen Gott wird er achten, also auch nicht auf Allah. Es gibt so viel Verwirrung im Internet, unglaublich! Es gibt nichts, was es nicht gibt. Ständig tauchen neue Theorien auf. Da behauptet einer, der Antichrist werde ein Muslim sein, der Mahdi, der von den schiitischen Muslimen, besonders im Iran, erwartet wird. Dann wäre er der muslimische Messias, der auch von den Juden akzeptiert wird? Wie soll das gehen?
Nein, dann würde er Allah akzeptieren. Aber der Antichrist wird auch Allah, den Gott im Islam, nicht akzeptieren. Auch keinen hinduistischen Gott, nichts. Er wird nicht auf die Sehnsucht der Frauen achten. Das heißt, der Gott, der im Alten Testament beschrieben wird, der Gott seiner Väter, wird von ihm abgelehnt.
Der Gott im Neuen Testament, der Messias Jesus, wird von ihm abgelehnt. Er wird die Götter aller Religionen ablehnen. „Noch auf irgendeinen Gott wird er achten“, sondern er wird sich über alles erheben.
Da haben wir es! Das beschreibt dann der Apostel Paulus, indem er genau diese Stelle aufnimmt und mit anderen Worten und zum Teil gleichen Worten umschreibt in 2. Thessalonicher 2.
Ich lese nochmals: „Der widersteht und sich erhöht über alles, was Gott heißt oder verehrungswürdig ist, so dass er sich in den Tempel Gottes als Gott setzt und sich selbst darstellt, dass er Gott sei.“ (2. Thessalonicher 2,4)
Wie kommt es, dass er sich in den Tempel Gottes setzen wird? Es steht nicht einfach nur „Tempel“, sondern „der Tempel Gottes“.
Er wird den dritten Tempel in Jerusalem entweihen, der zu diesem Zeitpunkt bestehen wird und der heute in Israel vorbereitet wird. Er wird ihn verunreinigen, indem er in das Tempelhaus hineingeht. Hier steht im Griechischen für Tempel das Wort „Naos“, nicht „Hieron“.
In Matthäus 24 lesen wir am Anfang, wie die Jünger dem Herrn Jesus die Gebäude des Tempels zeigen. Sie sagen: „Schau mal, diese Steine, diese mächtigen Steine!“ Das waren gigantische Steine, die für den zweiten Tempel verwendet wurden. Dort steht für Tempel „Hieron“. „Hieron“ bezeichnet nicht nur das eigentliche Tempelhaus, sondern alle Gebäude rundherum und auch die Mauern darum herum. Das ist der „Hieron“.
Aber hier steht, er wird sich in den Tempel Gottes setzen. Das heißt also in dieses Haus, das aus Vorhalle, Heiligem und Allerheiligstem besteht. Warum wird er sich ins Allerheiligste setzen, also in den Ort, der eigentlich für den Thron Gottes bestimmt ist, für die Bundeslade? Das hängt mit Psalm 110 zusammen.
Im Psalm 110 haben wir einen messianischen Psalm, in dem es heißt: „Von David ein Psalm: Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meinen Rechten, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel für deine Füße.“
Hier sagt der Herr – mit Großbuchstaben, im Hebräischen steht „Yahweh“ – zu „meinem Herrn“. David sagt von dem Messias: Er ist mein Herr. Im hebräischen Text steht „Adoni“, was „mein Herr“ bedeutet. Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel für deine Füße. Der Messias soll sich also auf den Thron Gottes setzen, zur Rechten Gottes. Das ist gewaltig!
Im Tempel in Jerusalem war es so, dass im innersten Vorhof, dort wo der Altar war, Priester nie sitzen durften. Sie mussten immer stehen und hatten keine Gelegenheit, sich zwischendurch hinzusetzen.
Das ist der Grund, warum im Hebräerbrief, Kapitel 10, geschrieben steht – ich schlage das jetzt nicht auf, das ist ein kleiner Exkurs als Perle zum Nachlesen zu Hause – dass der Herr Jesus ein für alle Mal sein Opfer vollendet hat und auf immer vollkommen gemacht ist.
Im Kontrast dazu steht: „Jeder Priester steht täglich da und bringt oft dieselben Schlachtopfer dar, welche niemals Sünden hinwegnehmen können.“ Man merkt, es steht in der Gegenwartsform, nicht „stand“. Das heißt, die Opfer wurden auch zur Zeit des Hebräerbriefes noch dargebracht. Der Brief wurde im Jahr 62 geschrieben, acht Jahre vor der Zerstörung des Tempels.
Übrigens hat damals niemand gesagt: „Ah, also das haben wir ein Problem, der Tempel steht und es wird geopfert, aber das Opfer von Jesus Christus ist doch das eine Opfer, das alles gut gemacht hat.“ Ja, natürlich, aber die Opfer gingen trotzdem weiter bis zum Jahr 70. Die gläubigen Juden wussten: Diese Opfer im Tempel in Jerusalem sind ein Bild von dem wahren Opfer des Messias, das wirklich Sünden wegnimmt.
Also steht da: „Jeder Priester steht täglich da.“ Das habe ich mir in meiner Bibel speziell angestrichen. Warum? Weil man stehen musste. Kein Priester, kein Kohen, durfte sitzen. Es gab aber eine Ausnahme: Nachkommen aus dem Haus Davids durften im innersten Vorhof sitzen.
Das heißt, wenn der Herr Jesus durch das Nekanor-Tor vom Frauenvorhof hineingegangen ist – dort gab es einen Bereich, wo Israeliten ständig hingehen durften, um zuzuschauen, wie die Kohanim, die Priester, opfern – dort hätte er grundsätzlich sitzen dürfen, weil er aus dem Haus Davids war.
Warum hat man das so gelehrt? Das kommt aus 2. Samuel 7. Dort heißt es, dass David, der neben seinem Palast auf dem Südabhang des Tempelberges in der Davidstadt lebte – dort war der Palast, der teilweise ausgegraben wurde – ein Zelt aufgestellt hatte für die Bundeslade, bis diese in den Tempel Salomos kam.
In 2. Samuel 7 lesen wir, wie David hineinging und sich vor dem Herrn niedersetzte. Dieses Zelt stand neben dem Palast, dort war die Bundeslade. Gott, die Schechina, war da, die Wolkensäule, dieses Leuchten zwischen den Cherubim, nieder vor der Bundeslade.
Die Schechina wird dort nicht explizit erwähnt, aber es heißt, dass David sich vor dem Herrn niedersetzte. Jedenfalls war die Gegenwart Gottes speziell dort, und er setzte sich nieder. Das konnte er tun, weil es nicht das Allerheiligste war, obwohl die Bundeslade da war. Die war ja in einem Spezialzelt von David, und er saß.
Darum hat man im rabbinischen Judentum abgeleitet: Die aus dem Haus Davids dürfen in der Gegenwart des Herrn sitzen. Deshalb dürfen sie im innersten Vorhof sitzen. Natürlich durfte niemand ins Allerheiligste hineingehen außer dem Hohenpriester aus dem Stamm Levi.
Der Antichrist wird hineingehen und Psalm 110 auf sich beziehen: „Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meinen Rechten, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel für deine Füße.“ Er wird sich dort in den Tempel Gottes als Gott hinsetzen. Damit ist der dritte Tempel entweiht.
Im Vorhof wird er diesen Gräuel der Verwüstung, ein Götzenbild, das sprechen kann, aufstellen, wie wir aus Matthäus 24, Vers 15 wissen. Das ist ein Rückbezug auf Daniel 9,27.
Matthäus 24,15 spricht vom „Gräuel der Verwüstung im heiligen Ort“. Daniel 9,27 spricht ebenfalls davon. Er wird die Schlachtopfer nach dreieinhalb Jahren, zur Hälfte der Jahrwoche, stoppen, um diesen Gräuel aufzustellen. So wird er sich also im Allerheiligsten als Gott hinsetzen.
Übrigens, falls man mal mit Juden diskutiert, werden sie sagen: „Was, ihr wendet Psalm 110 auf Jesus Christus an? Damit ist doch nicht Gott gemeint.“ Es heißt ja: Der Herr, es ist Yahweh, sprach zu meinem Herrn, „Adoni“.
Jetzt muss man erklären: „Adoni“ heißt „mein Herr“, so wie man das auf der Straße auch sagt. Wenn ich zum Beispiel auf der Rechove Nevi'im, der Prophetenstraße in Jerusalem, laufe – dort gibt es übrigens eine Brüderversammlung – und ich begegne Herrn Meir, dann kann ich ihm sagen: „Adoni Shalom Adon Meir.“ Das ist ganz normal, so spricht man Leute an.
Aber es wäre ein Horror, wenn jemand auf der Straße „Adonai“ sagen würde. „Adonai“ ist eigentlich die Mehrzahlform und heißt wörtlich „meine Herren“. Das wird in der Synagoge verwendet, wenn man die Psalmen vorliest. Dort, wo der Name Gottes, JHWH (Jahwe), vorkommt, liest man „Adonai“, nicht „Adoni“.
Es ist klar, damit ist „Herr“ im Sinne des Ewigen gemeint. „Adonai“ wäre schockierend, das darf man wirklich nicht auf der Straße jemandem sagen.
Gerade vor kurzem gab es Diskussionen, in denen stand: „Adoni, der Herr sprach zu Adoni.“ Das ist kein göttlicher Titel, es heißt nicht, dass der Messias göttlich wäre. „Setze dich zu meiner Rechten.“
Man muss sagen: Es ist schon erstaunlich, dass David den Messias „mein Herr“ nennt. Ich habe nie einen meiner Söhne mit „mein Herr“ angesprochen. Das müsste ein bisschen ironisch sein, oder? Als Vater nennt man seine Söhne nicht „mein Herr“.
Aber David wusste, dass der Messias nach Psalm 134 von ihm, von der Frucht seiner Lenden, abstammen muss. Er nennt ihn „mein Herr“. Darum war das die letzte Frage des Herrn Jesus an das Judentum an diesem Dienstag vor Karfreitag in Matthäus 22: „Was dünkt euch von dem Christus? Wessen Sohn ist er?“ „Davids.“ Jeder wusste, der Messias muss von David abstammen.
Warum nennt David ihn „mein Herr“? Niemand hat geantwortet. Dann muss der Messias eben nicht einfach ein normaler Mensch sein, sondern viel größer.
Sie sagen, da steht „Adoni“. Da muss man sagen: Im hebräischen Text werden seit dem Mittelalter die Vokale mit Punkten und Strichen eingesetzt, als Lesehilfe. Das war nie inspiriert, aber eine ausgezeichnete Sache. Die Rabbiner, die das gemacht haben, haben es fantastisch und akribisch gemacht. Ich staune immer wieder neu.
Den hebräischen Text gibt es nur in Konsonanten. Das ist der inspirierte Text. Man könnte ihn auch mit Punkten und Strichen so punktieren, dass hier „Adonai“ steht. „Adonai“ kann man von der Schrift her nicht unterscheiden. Man könnte „Adonai“ schreiben, aber jeder Jude würde sagen: Unsere Tradition steht fest, da steht „Adonai“. Okay.
Lesen wir ein bisschen weiter? Ja, gerne.
In Vers 5 heißt es: „Der Herr zu deiner Rechten zerschmettert Könige am Tag seines Zorns. Er wird richten unter den Nationen, er füllt alles mit Leichen. Das Haupt über ein großes Land zerschmettert er.“
Hier wird auch der Messias beschrieben, der als Richter kommen wird, nicht wahr? Und das ist hier der Herr zu deiner Rechten. Das habe ich als Namen Gottes angestrichen.
Wer ist also der Herr zu deiner Rechten? Das ist eben der Herr, der sich zur rechten Seite setzen soll, wie es in Vers 1 heißt. In jeder hebräischen Bibel im Judentum steht an dieser Stelle „Adonai“. So bringt man die Gegner zum Schweigen. Natürlich ist es der Messias, und natürlich hat er hier einen Titel, der Gott zusteht, typischerweise. Denn in der Synagoge liest man immer bei „Yahweh“ „Adonai“.
Das war jetzt auch ein kleiner Exkurs.
Ich sage immer mal den jungen Leuten, dass sie eines Tages vielleicht sagen: „Ich möchte eine Bibelschule machen.“ Okay. Dafür muss man aber oft nach Dallas gehen, und das kostet ziemlich viel. Im Semester muss man so viel bezahlen, und das Ganze kostet dann viele Tausend Franken.
Es gibt aber eine Möglichkeit, wie man das ganz gratis machen kann. Die Bibelstudientage sind grundsätzlich gratis, zum Beispiel in der eigenen Gemeinde. Aber viele wollen irgendwohin, nach Dallas oder nach London oder wo auch immer. Vor der Haustür könnte man Bibelschule haben, aber dort nimmt man nur einzelne Bücher durch, Bibelvers für Bibelvers.
Nein, durch die Exkurse versuchen wir, alles abzudecken: Kirchengeschichte, Prophetie – das ist eine wichtige Sache auf der Bibelschule –, Eschatologie (das ist das Gleiche wie Prophetie) und dann Soteriologie. Das ist die Lehre vom Heil.
Das haben wir gerade vorhin gehabt: Wir sind gerettet worden durch das Blut, aber in der Zukunft werden wir auch gerettet. Rettung wird auch verwendet für die Rettung bei der Entrückung. Dort haben wir Soteriologie gemacht. Nur habe ich das bewusst nicht so gesagt. Ich sage ja auch nie: „Theologisch müsste man das so und so sagen.“ Ich sage lieber: „Lehrmäßig müsste man das so und so sagen.“
Warum gescheit reden, wenn man es auch normal kann?
Man kann es eigentlich ganz einfach haben. Darum diese Exkurse jetzt mit Adonai, Adonie – das gehört einfach dazu. Alle Gebiete sollten zur Sprache kommen.
Nun haben wir gesehen, dass der Antichrist sich in den Tempel Gottes setzen wird, als Gott, und sich selbst so darstellt, als sei er Gott.
Das entspricht genau dem, was wir in Daniel 11 gefunden haben, von diesem König der Endzeit in Israel.
Genau da fahren wir in einer halben Stunde nach der Pause weiter.
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