Herr Jesus Christus, wir möchten dich preisen, weil du lebst und da bist. Du hast uns dein Wort geschenkt, dieses kostbare Wort, auf das unser Glaube sich vollkommen verlassen darf.
Deshalb bitten wir dich: Segne diesen Nachmittag und unser Bibelstudium. Schärfe unsere Sinne und hilf uns, dein Wort zu erfassen. Hilf uns auch, es in unserem Leben umzusetzen.
Werde durch dein Wort wieder größer und herrlicher in uns! Amen!
Einführung in das Buch Habakuk und seine Entstehungszeit
Heute Nachmittag beschäftigen wir uns mit dem Buch des Propheten Habakuk. Ich beginne mit der Lektüre der ersten fünf Verse. Auf dem Skript, Seite zwei unten, habe ich meine Übersetzung des Buches Habakuk hinzugefügt. Es handelt sich dabei um eine sehr wörtliche Übersetzung, noch wörtlicher als die Elberfelder. Dabei habe ich darauf geachtet, dass die poetischen Verse sichtbar werden.
Im Hebräischen ist auch dieses Buch, wie viele andere prophetische Bücher, ein Gedicht, also Poesie in Versen abgefasst. Das wird hier auch durch die Darstellung des Textes sichtbar.
Habakuk 1,1
Der Ausspruch, den Habakuk, der Prophet, geschaut hat.
Bis wann, Herr, rufe ich, und du hörst nicht?
Bis wann schreie ich zu dir: Gewalttat, und du rettest nicht?
Warum lässt du mich Frevel sehen und schaust hin auf Schlimmes?
Ja, Verwüstung und Gewalttat ist vor mir, und Rechtsstreit ist entstanden,
und Rechthaberei erhebt sich, darum ist das Gesetz kraftlos.
Und hervor kommt niemals das Recht, denn der Gesetzlose umzingelt den Gerechten,
darum kommt das Recht verdreht hervor.
Seht unter die Nationen und schaut hin und erstaunt, staunt,
denn ich wirke ein Werk in euren Tagen, ihr würdet es nicht glauben, wenn man es erzählte.
Ich füge noch Vers 6 hinzu:
Denn siehe, ich erwecke die Kaldäer, das grimmige und stürmische Volk,
das die Weiten der Erde durchzieht, um in Besitz zu nehmen Wohnungen, die ihm nicht gehören.
Bis dahin.
Nun, wie bei jedem Bibelbuch fragen wir zunächst einmal nach dem Zeitpunkt der Entstehung. In Vers 1 wird uns erklärt, der Autor ist Habakuk, der Prophet. Habakuk wird außerhalb seines Buches nirgends mehr in der Bibel erwähnt. Es fällt auf, dass hier im Gegensatz zu anderen prophetischen Büchern nicht gesagt wird, unter welchen Königen von Juda oder Israel Habakuk gewirkt hat.
Also müssen wir aus dem Buch selbst herausfinden, aus welcher Zeit es stammt. Einen ersten Hinweis gibt uns übrigens schon die Reihenfolge innerhalb der zwölf kleinen Propheten. Beim Betrachten der vorigen kleinen Propheten haben wir gesehen, dass diese Bücher im Kanon der hebräischen Bibel – der hier auch der deutschen Bibel entspricht – nach zeitlichen Epochen geordnet sind.
Zuerst haben wir Propheten aus der Zeit, als die Assyrer die Weltherrschaft hatten, dann kommt die Zeit, als die Babylonier zur Herrschaft kamen, und schließlich sind die letzten Propheten aus der Zeit nach der babylonischen Gefangenschaft, zur Zeit, als die Perser das Weltreich hatten.
Schon die Einordnung von Habakuk macht also ungefähr den Zeitabschnitt deutlich. Das wird nun auch durch den Inhalt bestätigt. In Kapitel 1, Vers 6 kündigt Gott an, dass die Chaldäer gegen das Volk Israel militärisch vorgehen würden.
Das ist ja geschehen in den Jahren 606 bis 586 v. Chr. In mehreren Kriegen hat die babylonische Armee unter Nebukadnezar Jerusalem erobert und schließlich zerstört. Im Jahr 586 v. Chr. war Jerusalem am Boden zerschlagen, samt dem salomonischen Tempel. Die Juden kamen in dieser Zeit in die Gefangenschaft nach Babylon.
Im Buch Habakuk klagt der Prophet in den ersten Versen über all das Unrecht und die Gottlosigkeit unter seinem eigenen Volk. Das schildert eben die Zeit vor der babylonischen Invasion ab 606 v. Chr. Aber dann sagt Gott, dass eben diese Invasion kommen wird, und zwar in euren Tagen, das heißt noch in dieser Generation.
1,5:
„Seht unter den Nationen und schaut hin und erstaunt,
denn ich wirke ein Werk in euren Tagen, ihr würdet es nicht glauben, wenn man es erzählte.“
Und dann kommen die Kaldäer. Also können wir beantworten, wann das Buch Habakuk entstand: in der Generation vor Beginn der babylonischen Kriege gegen Juda, das heißt in den Jahren vor 606 bis 586 v. Chr.
Damit wird deutlich, dass Habakuk ein Zeitgenosse von Jeremia war, der ja in dieser Zeit, bevor die Babylonier kamen und dann auch während der babylonischen Kriege, gewirkt hat. Habakuk war auch ein Zeitgenosse von Hesekiel. Hesekiel wurde zur Zeit der zweiten Wegführung 597 v. Chr. nach Babylon gebracht. Er war auch ein Zeitgenosse von Zephanja und selbstverständlich auch von Daniel, denn Daniel wurde ja deportiert im Jahr 606 v. Chr. bei der ersten Belagerung Jerusalems durch die Babylonier.
Das Reich lag im heutigen Südirak, das Kerngebiet ist Südirak bis nördlich etwas über Bagdad hinaus. Dort gab es verschiedene Volksgruppen. Das wichtigste Volk, zu dem auch Nebukadnezar gehörte, war das Volk der Chaldäer. Darum wird in 1,6 gesagt:
„Siehe, ich erwecke die Chaldäer.“
Als wichtigstes staatstragendes Volk steht das für Babylonien.
Habakuk in der jüdischen Wüste und seine Auslegung im ersten Jahrhundert vor Christus
Ein paar Gedanken zu dem Buch Habakuk, wie es in den vergangenen Jahrzehnten in Handschriften in der jüdischen Wüste wiederentdeckt wurde. In Qumran, in Höhle 1, die 1947 durch einen jungen Muslim aus einem Beduinenstamm entdeckt wurde, fand man nicht nur die vollständige Jesajarolle, sondern auch weitere Bücher. Unter anderem wurde ein Kommentar zum Buch Habakuk aus dem ersten Jahrhundert vor Christus gefunden. Das ist sensationell!
In dieser Höhle I ist der Text von Habakuk enthalten, der immer wieder durch einen Kommentar unterbrochen wird, der erklärt, was der Text bedeutet. Zuerst kommt ein Abschnitt aus Habakuk, dann heißt es: „Pischro, seine Deutung ist“, und es folgt eine Erklärung. Danach folgt wieder ein Abschnitt aus Habakuk, dann erneut „Pischro, seine Deutung ist“, gefolgt von einer Erklärung. Somit enthält die Rolle den Prophetentext plus einen Kommentar aus dem ersten Jahrhundert vor Christus.
Diese Rolle gehört zu den am besten erhaltenen Bibelkommentaren aus Qumran. Es gibt auch Kommentare zu anderen Büchern des Alten Testaments, aber diese Handschrift ist eine der besterhaltenen. Ich habe den Text hier mitgebracht. Wer sich vielleicht in der Pause interessiert, kann ihn auf Hebräisch und Deutsch anschauen. So sieht man, wie man zur Zeit vor der christlichen Geburt die Bibel kommentierte und wie damals Bibelkommentare geschrieben wurden.
Interessant ist vor allem Folgendes: In dieser Habakuk-Rolle wird der Prophetentext praktisch auf die Situation im ersten Jahrhundert vor Christus angewendet. Als diese Rolle entstand, war ja schon längst alles erfüllt, was über die Invasion der Babylonier in Habakuk 1 berichtet wird. Da könnte man sich fragen: Was nützt denn jetzt noch das Prophetenbuch? Jetzt ist doch alles erfüllt. Man sieht, es hat sich erfüllt, fertig.
Nein! In diesem Kommentar wird die damalige Situation auf eine ähnliche Situation im ersten Jahrhundert vor Christus angewendet. Wie war das? Unter den Makkabäern hatte Israel im zweiten Jahrhundert für eine kurze Zeit wieder völlige Freiheit und Unabhängigkeit von den Heidenvölkern erlangt. Aber diese Erweckungsbewegung der Makkabäer ging sehr schnell zurück. Das Wort Gottes wurde missachtet.
Dann kam etwas ganz Schlimmes: Im Jahr 63 v. Chr. marschierte die römische Armee in Jerusalem ein – übrigens am Jom Kippur. Es war ein Jom-Kippur-Krieg, und es wurde ein grässliches Blutbad in Jerusalem angerichtet. Unter dem Feldherrn Pompeius wagte man es sogar, in den Tempel hineinzugehen, ins Allerheiligste. Er wollte „einmal den Gott Israels sehen“.
Die Heiden behaupteten, die Juden hätten ein Götzenbild von ihrem Gott. Im Gegensatz zu allen anderen Völkern zeigten die Juden dieses Bild jedoch nicht an allen Straßenecken. Es sei versteckt im Allerheiligsten und ein Gott mit Eselskopf. Pompeius wollte das sehen und ging ins Allerheiligste. Was fand er dort? Einen leeren Raum. Nicht einmal die Bundeslade war darin.
Wer in der Bundeslade gewesen wäre, hätte garantiert gesagt: Ja, diese Cherubim, diese Engel über der Lade, über dem Deckel, sind der Gott Israels. Pompeius sah nichts. Diese Tatsache wurde dann in der heidnischen Welt verbreitet. Tacitus, der römische Geschichtsschreiber, berichtet darüber.
So war klar: Der Gott Israels ist wirklich unsichtbar, wird nie dargestellt und kann nicht auf ein paar Quadratmeter eingeengt werden, wie das bei den Göttern der Heiden der Fall ist. Ein ganz interessantes Zeugnis.
Die Gottesfürchtigen damals sahen den Einmarsch der Römer ganz klar als ein Gericht Gottes über sein Volk wegen all der Untreue gegenüber seinem Wort an. In dem Kommentar bei Habakuk 1,6 heißt es: „Denn siehe, ich erwecke die Kaldäer.“ Die Deutung dazu lautet: Das sind die Römer.
Man wusste, dass sich das Wort damals unter Nebukadnezar erfüllt hatte. Aber man wendete es auf die eigene Situation an und nannte die Kaldäer – auf Hebräisch die Kastim – die Kittim. So heißen die Römer. Ich habe das hier bei Punkt zwei aufgeführt: Habakuk in der jüdischen Wüste, Punkt zwei.
Habakuk wird auf die Situation im ersten Jahrhundert vor Christus praktisch angewendet. Die Kaldäer in 1,6 werden auf die Kittim, das heißt auf die Römer, angewendet, die um 63 v. Chr. in Jerusalem einmarschierten.
Herkunft des Ausdrucks „Kittim“ und seine biblische Verbindung
Wie kommt man eigentlich auf den Ausdruck Kittim für die Römer? Das haben sie aus dem Buch Daniel übernommen. Man kann das in Daniel 11,30 nachlesen.
Während ich das Kapitel öffne, kann ich noch erklären: Daniel 11, die Verse 1 bis 35, sind alle vollständig erfüllt. Das sind, ich habe es mal ausgezählt, über hundertfünfzig Prophezeiungen. Dort wird die ganze Zeit, angefangen von den Persern zur Zeit Daniels, über Alexander den Großen berichtet. Besonders wird dann über die Diadochenreiche, Syrien und Ägypten, Generation für Generation beschrieben, also lückenlos eine Generation nach der anderen, was alles geschieht in Verbindung mit Israel, das viel leiden musste zwischen den Kriegen, die die Syrer mit den Ägyptern geführt haben.
Jede Generation wird erwähnt. So konnten die Menschen damals, also in den Jahrhunderten vor Christi Geburt, nach Malachi – der ja der letzte Prophet war, etwa vier Jahrhunderte vor Christus – ganz genau wissen: „Ah, jetzt sind wir da, jetzt sind wir bei Vers 21 angekommen.“ „Ha, jetzt hat sich Vers 22 erfüllt.“ Die Verse hatten sie damals zwar noch nicht, aber man konnte sagen: „Ja, bei diesem Satz sind wir jetzt, bei diesem Satz.“
Dann kommt interessant Vers 29: „Zur bestimmten Zeit wird er wiederkehren.“ Im Zusammenhang geht es um den syrischen König Antiochus Epiphanes, der grausam gewütet hat im zweiten Jahrhundert vor Christus. Er kommt also wieder nach Ägypten. Dort steht: „Zur bestimmten Zeit wird er wiederkehren und gegen den Süden ziehen“, das heißt gegen Ägypten. Aber es wird zuletzt nicht so sein wie am Anfang, denn „Schiffe von Kittim werden wieder inkommen.“ Er wird verzagen und umkehren und gegen den Heiligen Bund ergrimmen und handeln.
Antiochus führte Krieg gegen Ägypten, und dann kamen Schiffe von der Insel Zypern. Kittim heißt nämlich ganz wörtlich die Bewohner von Zypern, also die Kyprier. Von dort kamen Schiffe der römischen Armee nach Ägypten.
Der römische General zog um Antiochus Epiphanes einen Kreis, dort wo er stand, und sagte: „So, jetzt entscheidest du dich in diesem Kreis. Du kommst nicht heraus, bis du entscheidest, was du willst. Wenn du mit deinem Plan weitermachen willst, dann schlagen wir dich zusammen. Wenn du nach Hause gehst, kannst du gehen.“
Darum heißt es dann weiter, er kehrt um und wird gegen den Heiligen Bund, also gegen die Juden, ergrimmen und ein schreckliches Massaker anrichten. Das hat sich alles erfüllt.
Im zweiten Jahrhundert sahen die Leute: „Jetzt sind wir bei Vers 30, ja genau, da sind die Schiffe von Zypern gekommen.“ Das waren die römischen Schiffe. So wurde der Ausdruck Kittim zum bekannten Begriff für die Römer.
In diesem Habakuk-Kommentar, der nach 63 v. Chr. entstand, heißt es, die Chaldäer beziehen sich jetzt in unserer Zeit auf die Kittim, also auf die Römer, die als Gericht Gottes über Israel, über das jüdische Volk, einmarschierten.
Was will ich mit der langen Rede sagen? Die Menschen haben das Wort Gottes so studiert. Sie haben gesehen, worauf es sich bezieht, aber sie haben sich auch gefragt: „Was bedeutet das jetzt für uns in unserer Situation?“ Deshalb ist es wichtig, dass wir die Bibel studieren. Wir müssen uns fragen, worauf sich das ganz direkt im wörtlichen Sinn bezieht. Und dann müssen wir uns fragen, was das für uns zu sagen hat, wie wir es auf unsere Situation und unser Leben übertragen können.
Das haben die Menschen schon damals gemacht. Nach den Qumranfunden in den elf Höhlen begann man auch in anderen Höhlen und Tälern in der jüdischen Wüste zu suchen. Tatsächlich wurden im Wadi Murabba'at und im Nachal Chever – das ist nicht weit weg von Qumran – jeweils eine Zwölfprophetenrolle gefunden, die auch das Buch Habakuk bezeugen.
Das zeigt uns, wie dieser Text bis in die vorchristliche Zeit zurück bezeugt ist.
Zusammenfassung des Themas des Buches Habakuk
Das Thema des Buches Habakuk lässt sich ganz einfach zusammenfassen: Durch Glauben leben.
Wenn ich das Buch in ein paar Sätzen zusammenfassen müsste, könnte man es so ausdrücken: Habakuk versteht nicht, weshalb Gott so viel Ungerechtigkeit unter dem Volk Gottes zulässt. Dies bringt er in Kapitel 1, Verse 2 bis 4 zum Ausdruck.
Gott erklärt ihm, dass es nur eine Frage der Zeit ist. Er wird sein Volk durch die Babylonier strafen. Diese Antwort findet sich in Kapitel 1, Verse 5 bis 11.
Diese Antwort ist zwar eine Antwort, bringt Habakuk aber noch mehr zum Fragen. Er versteht nicht, warum Gott sein Volk durch eine Nation bestraft, die selbst noch ungerechter ist als Israel. Dies beschreibt Habakuk in Kapitel 1, Vers 12 bis Kapitel 2, Vers 1.
Dann antwortet Gott erneut. Er erklärt Habakuk, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die ungerechten Nationen, die er als seine Werkzeuge und als Zuchtrute benutzt, jeweils auch widergestraft werden. Habakuk soll im glaubenden Blick auf die Vollendung ausharren.
In der Endzeit, beim Kommen des Messias in Herrlichkeit, wird alle Ungerechtigkeit bestraft werden. Gottes Gerechtigkeit wird dann triumphieren. Diese Antwort bringt Habakuk innere Freude und Ruhe. Das findet man in Kapitel 2, Vers 2 bis zum Schluss, Kapitel 3, Vers 19.
So sehen wir, dass das Buch Habakuk ein vertrauter Dialog zwischen dem Propheten und seinem Gott ist.
Aufbau des Buches Habakuk und das erste Zwiegespräch
Jetzt wollen wir Vers für Vers durchgehen. Vielleicht zuerst noch ein Blick auf den Aufbau des Buches, und zwar auf Seite zwei.
Wir haben also den kurzen Titel in 1,1: den Ausspruch, den Habakuk, der Prophet, gesehen hat. Dabei wird deutlich, dass Habakuk eine Vision empfangen hat. Er hat nicht nur Gottes Stimme gehört, sondern durfte auch sichtbar in die Zukunft blicken.
Der erste Teil, mit römischer Ziffer I, ist überschrieben mit Zwiegespräche. Das erste Zwiegespräch umfasst 1,2–1,11.
a) Warum greift Gott in Israel nicht ein? (1,2–4)
b) Die Antwort Gottes: Die Babylonier kommen (1,5–11)
Dann folgt das zweite Zwiegespräch:
a) Warum bleiben die Babylonier straflos? (1,12–2,1)
b) Die Antwort: Sie werden auch gerichtet werden.
Die Frage der Gerechtigkeit wird erst in der Endzeit endgültig beantwortet werden.
Danach kommt der zweite Hauptteil, mit römischer Ziffer II, der triumphierende Ausblick des Glaubens. Er beginnt in Kapitel drei von Habakuk, das ein Psalm ist. Ein Psalm mitten in den Prophetenbüchern.
In der Vision sieht Habakuk den Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit wiederkommen als Richter der Welt. Er wird einmal alle Fragen nach Gerechtigkeit beantworten.
Ohne den Blick auf diese Vollendung werden unsere Fragen nach Gerechtigkeit in dieser Welt nie befriedigend beantwortet sein – nie!
An der Frage der Ungerechtigkeit in der Welt scheitern die Menschen, wenn sie nicht Gottes Offenbarung über die Vollendung haben. Erst in der Zukunft wird Gott die Gerechtigkeit sichtbar werden lassen.
Übrigens, nur so als Beispiel: Charles Darwin, der Vater der modernen Evolutionslehre, ist an dieser Frage gescheitert. In seiner Autobiographie schreibt er, wenn er den gestirnten Himmel anschaue, komme es wie eine Macht über ihn, dass es doch einen Schöpfergott gebe. Aber wenn er dann an die Ungerechtigkeit in der Welt denke, gehe dieser Gedanke wieder von ihm weg.
Die Schöpfung hat ihm also gesagt, es gibt einen Schöpfer. Doch die Frage nach der Gerechtigkeit inmitten dieser Ungerechtigkeit in der Welt hat ihn scheitern lassen.
Nun sehen wir, dass das Buch Habakuk mit ganz grundsätzlichen Fragen des Menschen zu tun hat.
Das erste Zwiegespräch: Habakuk fragt nach Gottes Eingreifen
Jetzt schauen wir uns das erste Zwiegespräch an. Habakuk fragt: Warum greift Gott in Israel nicht ein? Ich habe das schon gelesen, und in den Versen zwei bis vier betet Habakuk zu Gott und stellt Fragen: „Bis wann, Herr, rufe ich, und du hörst nicht? Bis wann schreie ich zu dir: Gewalttat!, und du rettest nicht? Warum lässt du mich Frevel sehen?“
Habakuk hat diese Zeit der Könige von Juda erlebt, vor der ersten Invasion 606 v. Chr. Er hat sich gefragt: Es gibt unter dem Volk Gottes, dem auserwählten Volk, so viel Sünde, Götzendienst und Rebellion. Wenn wir im Buch Jeremia lesen, sehen wir, dass die Menschen das Wort Gottes verlacht und offen verspottet haben. Es ist eine Zeit, die viele Parallelen zu unserer heutigen Zeit hat. Habakuk lebte in einer Generation, in der all das, was die Vorfahren als Wort Gottes angenommen hatten, verworfen wurde.
Auch wir leben heute im Abendland in einer Zeit, in der viele Dinge, die früher noch einen breiten gesellschaftlichen Konsens bildeten, verworfen worden sind. Früher gab es hier in Europa einen christlichen Konsens: Ob die Menschen bekehrt waren oder nicht, war für sie klar, dass Gott existiert. Und wo wurden die Fragen beantwortet, die der Mensch hat? In der Bibel. Die Bibel hatte Autorität, das war ein breiter Konsens. Heute ist das undenkbar.
In einer Podiumsdiskussion im Fernsehen bringt man neben einem Juristen, einem Philosophen und einer Juristin auch noch einen Theologen. Aber das tut man nicht, weil man denkt, der Theologe könnte erklären, was Gott zu diesem Thema aus der Bibel sagt. Es ist eher ein bisschen lustig, noch jemanden mit einer alten Vorstellung zu hören. Die Journalisten realisieren oft gar nicht, was Gott zu diesem Thema aus der Bibel sagt. Die meisten Theologen sind sowieso schon abgefallen von der Bibel als Wort Gottes. Das sind oft die schlimmsten, ich spreche hier von den liberalen Theologen. Diese sind in der Mehrzahl in unserer Gesellschaft nicht wahr. An den Universitäten werden liberale Theologen ausgebildet, nicht bibeltreue Theologen.
Heute kann man sich das nicht mehr vorstellen. Man hat nicht einmal die Erwartung, von der Bibel Antworten zu bekommen. Wir leben in einer Zeit wie Habakuk. In dieser Zeit schreit der Prophet: „Ich rufe zu dir, Herr, Gott soll eingreifen, und es geschieht nichts. Bis wann rufe ich, Herr, und du hörst nicht? Bis wann schreie ich zu dir: Gewalttat!, und du rettest nicht?“ So viel Gewalt wird ausgeübt, aber Gott lässt es einfach geschehen.
In Vers 3 fragt er: „Warum lässt du mich Frevel sehen und schaust hin auf Schlimmes?“ Es geschieht quasi nichts. Es gibt Verwüstung, Gewalttat, Rechtsstreit und Rechthaberei. Dann erklärt er in Vers 4: „Darum ist das Gesetz kraftlos, und das Recht kommt niemals hervor.“ Das Gesetz ist schon gut, das wird ja auch in Römer 7 erklärt. Dort heißt es, das Gesetz, das Gebot Gottes, ist heilig, gerecht und gut.
Schlagen wir einmal im Römerbrief auf. Römer 7,12: „So ist also das Gesetz heilig, und das Gebot heilig, gerecht und gut.“ In Vers 14 heißt es: „Denn wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist.“ Gemeint ist das Gesetz Mose, denn es ist vom Geist Gottes gewirkt. Aber in Kapitel 8, Vers 2 steht: „Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.“
Und jetzt Vers 3: „Denn das dem Gesetz Unmögliche“, gemeint ist das Gesetz vom Sinai, das Gesetz in den Büchern Mose, „weil es durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott, indem er seinen eigenen Sohn in Gleichheit des Fleisches der Sünde sandte und für die Sünde die Sünde im Fleisch verurteilte.“ Das Gesetz konnte niemanden retten. Das Gesetz sagt in 3. Mose 18: „Tue dies, und du wirst leben.“ Aber niemand konnte es tun. Damit wollte Gott beweisen, dass alle Menschen Sünder sind und Gnade brauchen.
Das Gesetz konnte aber nicht Kraft geben, um Gottes Willen zu erfüllen. Also war das Gesetz zwar gut, heilig, gerecht und gut, aber das Material – die Menschen – waren nichts wert. Darum heißt es hier, dass das Gesetz unmöglich war, weil es durch das Fleisch kraftlos war. Ich habe das Beispiel schon erwähnt: Hätte man Michelangelo gesagt, er solle aus einem Dreckhaufen eine schöne Statue machen, hätte er gesagt: „Ja, aber dieser Sand da taugt nichts. Ich brauche Granit aus den Schweizer Alpen.“ Er selbst könnte es schon, aber wenn das Material nichts taugt... So ist es auch mit dem Gesetz. Das Gesetz ist gut, aber das Material – die Menschen – sind Sünder. Mit denen ist nichts anzufangen. Darum hat das mit dem Gesetz nicht funktioniert.
Das war dem Gesetz unmöglich, weil das Fleisch kraftlos war. So hat Gott seinen Sohn als Opfer für die Sünde geschickt, um das Problem der Sünde zu lösen. Der Ausdruck „das Gesetz“ taucht im Römerbrief später wieder auf. Das wollen wir einfach so zur Kenntnis nehmen. Ich komme noch mehr darauf zurück, auf diese enge Verbindung zwischen Habakuk und dem Römerbrief.
„Darum ist das Gesetz kraftlos, und das Recht kommt niemals hervor, denn der Gesetzlose umzingelt den Gerechten, darum kommt das Recht verdreht hervor.“ Die Leute in Qumran haben diese Stelle auf sich bezogen. Sie sagen, der Gesetzlose beziehe sich auf die Juden, die abtrünnig waren in jener Zeit, und der Gerechte sei dann eben ihre Lehre der Gerechtigkeit.
Das war ein Priester, der so enttäuscht war, dass man in Jerusalem nicht mehr nach den Geboten Gottes Priesterdienst tat. Er zog sich zurück in die Wüste mit anderen Leuten und gründete die Qumran-Gemeinschaft. Sie sahen sich als die Gerechten, und die anderen als die Gesetzlosen. Denn „der Gesetzlose umzingelt den Gerechten, darum kommt das Recht verdreht hervor.“
In diesem Kommentar wird vom Lehrer der Gerechtigkeit gesprochen. Das ist dieser sadokidische Priester, der aus der offiziellen Linie der anerkannten Hohenpriester dieser Familie kam. Doch die Makkabäer haben das abgeschafft. Sie haben die sadokidischen Hohenpriester beiseitegeschoben und unrechtmäßig das Hohepriesteramt an sich gerissen. Da war dieser Zadokide so enttäuscht, dass er ging und als Lehrer der Gerechtigkeit mit denen galt, die sich vom jüdischen Volk abgesondert hatten.
Nochmals: Habakuk beschreibt die schlimme Situation zu seiner Zeit, und diese hat sehr direkte Parallelen zu unserer Zeit heute. Auch ein Christ kann sich fragen: Warum greift Gott nicht ein? Der Abfall unter denen, die sich Christen nennen, nimmt ständig zu. Warum, Herr?
Dann kommt die Antwort Gottes: Es ist nur eine Frage der Zeit, das Gericht kommt schon. Und zwar sagt er noch in dieser Generation – so lese ich nochmals 1. Habakuk 1,5-11: „Seht unter den Nationen und schaut hin und erstaunt, staunt! Denn ich wirke ein Werk in euren Tagen, ihr würdet es nicht glauben, wenn man es erzählte. Siehe, ich erwecke die Kaldäer, das grimmige und stürmische Volk, das die Weiten der Erde durchzieht, um Wohnungen zu nehmen, die ihm nicht gehören. Schrecklich und furchtbar ist es, von ihm gehen Recht und Hoheit aus. Schneller als Leoparden sind seine Pferde und rascher als Wölfe des Abends. Und ein Heer seiner Reiter springt hervor. Von ferne kommen sie, sie fliegen wie Adler, die eilen, um zu fressen. Sie alle kommen zur Gewalttat. Ihr Gesicht ist nach vorne gerichtet. Das chaldäische Volk sammelt Gefangene zusammen, verspottet Könige, und Fürsten sind ihm ein Gelächter. Es lacht über jede Festung, schüttet Erde darauf und erobert sie. Dann fegt es daher wie der Wind, geht darüber hinweg und verschuldet sich. Diese seine Kraft ist ihm zum Gott.“
Gott sagt zu Habakuk: Du hast zwar gemeint, ich würde nur zuschauen und nichts machen, aber ich werde eingreifen. Ich habe einen ganz bestimmten Plan. Es ist eine Frage der Zeit. Noch in dieser Generation soll das chaldäische Volk kommen. Es war ihnen bekannt, dass es ein Volk ist, das ein anderes nach dem anderen eroberte. Nebukadnezar hat zu dieser Zeit den ganzen Nahen Osten erobert. Eine Nation nach der anderen hat er überwältigt. Er zog zuerst von Südirak in den Norden hinauf, eroberte alles dort und zog schließlich von Norden her über Libanon und Syrien nach Jerusalem.
Es gab eine erste Belagerung, eine zweite und eine dritte Belagerung. Dann wurde alles vernichtet und zusammengeschlagen. Vier Jahre später gab es noch eine letzte Deportation, eine vierte, bei der nochmals ein Trupp von Juden nach Babylon verschleppt wurde.
Der Prophet beschreibt also eindrücklich diese babylonische Invasion: Gott greift ein. Wenn man sich heute fragt: Warum greift Gott nicht ein?, dann können wir antworten: Es ist nur eine Frage der Zeit. In 2. Petrus 3 sagt der Apostel: „Der Herr ist langmütig gegen euch und will nicht, dass jemand verloren geht, sondern dass alle zur Buße kommen.“ Dort wird erklärt, dass die Spötter, die sagen: „Wo ist die Wiederkunft Christi?“, einmal staunen werden. Der Herr hat seine Verheißung der Wiederkunft zum Gericht nicht vergessen. Er ist einfach nur geduldig. Aber dieser Tag wird kommen, und dann wird das Gericht kommen.
Wir wissen auch aus der Offenbarung, dass Europa, das in der Offenbarung besonders im Fokus der Prophetie steht, unter ein schreckliches Gericht kommen wird. Da wird das neue Europa beschrieben und auch sein Untergang. Jetzt feiert man so ungefähr fünfzig Jahre neues Europa, morgen ist dann die Geburtstagsfeier. Es wird von der Hoffnung Europa gesprochen. Europa ist quasi das große Geschenk, das Geschenk Europa. Aber das Ganze wird mit einer Katastrophe enden, denn Gott hat keinen Platz.
Es ist nicht von ungefähr, dass man so gekämpft hat im Zusammenhang mit der EU-Verfassung. Gott soll darin nicht erscheinen. Gott hat in dieser Kultur nichts mehr zu sagen. Aber das Gericht wird kommen, genauso wie es in der Zeit von Habakuk kam.
Das ist eine Antwort. Aber Habakuk bekommt plötzlich ganz neue Fragen. Die Babylonier sind noch schlimmere Götzendiener als die Juden. Eine so schlimme Nation, die ein Volk brutal niedergeschlagen und niedergemetzelt hat. Und eine solche Nation soll jetzt quasi die Abrechnung mit dem Judenvolk machen. Das ist dann die nächste Frage.
Was wir daraus lernen, ist: Der Prophet stellt Fragen, und wir dürfen auch Fragen stellen. Es gibt Christen, die sagen, man sollte nicht so viele Fragen stellen. Aber das ist nicht biblisch. Der Prophet Habakuk zeigt uns: Ja, wir sollen Fragen stellen, aber an der richtigen Adresse.
Es gibt junge Leute, die haben viele Fragen. Die Frage ist, ob sie an die richtige Adresse gehen für die Beantwortung. Das ist der Punkt: Wir müssen Gott unsere Fragen bringen.
Der Name Habakuk und die persönliche Beziehung zum Gott
Dabei möchte ich etwas zum Namen Habakuk erklären. Charakteristische Ausdrücke und Besonderheiten, Seite 1: Der erste Punkt heißt „Der Name des Propheten“. Habakuk bedeutet „Umarmer“. Luther hat das sehr schön ins Deutsche übertragen und mit „Herzer“ übersetzt – also „Herzer“, „Umarmer“. Habakuk stellt für uns einen Gläubigen dar, der sich in allen Fragen und Zweifeln an den Herrn klammert und sich an ihm festhält.
Dazu einige schöne Bibelstellen: Psalm 63, Vers 3 – es ist ein Psalm von David: „Meine Seele hängt dir nach, es hält mich aufrecht deine Rechte.“ Also: Meine Seele hängt dir nach. Das heißt, David hat sich an den Herrn geklammert, an ihn gehängt – eben wie ein Chawakuk, so spricht man den Namen auf Hebräisch aus. Siehe auch Psalm 63, Vers 8 (nach anderer Zählung Vers 9).
Dann Psalm 91, Vers 14: Gott sagt von dem heiligen Sänger: „Weil er Wonne an mir hat, will ich ihn erretten. Ich will ihn in Sicherheit setzen, weil er meinen Namen kennt.“ Ganz wörtlich heißt es in der alten Elberfelder Übersetzung: „Weil er an mir hängt.“ Weil er an mir hängt, will ich ihn erretten.
Aus dem Neuen Testament noch 1. Korinther 7,35: „Dieses aber sage ich zu eurem eigenen Nutzen, nicht damit ich euch eine Schlinge überwerfe, sondern zu Wohlanständigkeit und zu ungeteiltem Anhangen an den Herrn.“ Ungeteiltes Anhangen an den Herrn – das ist die Botschaft im Alten und im Neuen Testament.
Habakuk, dieser Herzer, stellt sich so vor in Vers 1 seines Buches und zeigt das, indem er einen Dialog mit Gott führt. Hier wird deutlich: Im Glaubensleben von Habakuk funktionierte die Kommunikation in einer tiefen persönlichen Beziehung zu dem ewigen Gott.
Dabei ist auch auf die Gottesnamen zu achten. In 1, Vers 12 nennt Habakuk Gott „mein Gott, mein Heiliger“. Ich hatte mal in der Schule einen Deutschlehrer, der sich furchtbar über den Ausdruck „mein Gott“ geärgert hat. Er meinte, das sei so arrogant – so in etwa hat er das gesagt, nicht wörtlich. Aber wenn jemand meint, er könne Gott seinen Gott nennen, so ist das die Sprache der Bibel. Der wahre Gläubige hat eine so tiefe Beziehung zu Gott, dass er sagen kann: „Mein Gott, mein Heiliger!“
Das Gegenteil ist tragisch. Man liest die Geschichte Sauls in 1. Samuel. Er war ein Gläubiger, er glaubte, dass Gott existiert – das war keine Frage. Aber er hatte keine persönliche Beziehung zu Gott. Er war kein Wiedergeborener. Wenn er mit Samuel, dem Propheten, redet, sagt er immer wieder „Der Herr, dein Gott.“ Ja, Samuel hatte eine persönliche Beziehung, aber Saul konnte nicht sagen: „Der Herr, mein Gott.“
Hier zeigt sich der wahre Glaube in dieser tiefen, ganz persönlichen Beziehung zum Herrn. Es geht nicht um etwas Übernommenes von den Eltern oder anderen Menschen, sondern das Gebet wird ganz persönlich gepflegt. Der Prophet spricht zu Gott, und Gott antwortet ihm durch sein geoffenbartes Wort.
Heute ist die Bibel vollständig abgeschlossen. Habakuk lebte noch in der Zeit, als Gott Offenbarung um Offenbarung gab. Darum müssen wir heute nicht auf Träume oder Offenbarungen außerhalb der Bibel warten. Gott will jetzt durch sein geschriebenes Wort zu uns sprechen.
Ich habe heute Morgen zum Beispiel in Verbindung mit Hiob 33 erwähnt, wie Gott durch Träume und Krankheit zu Menschen sprechen kann – zu Ungläubigen, um sie vor dem Rennen ins Verderben abzuwenden. Aber beachten wir die Zeit von Hiob: Wer hatte damals eine Bibel? Hiob lebte ja vor Abraham. Nein, damals gab es keine Bibel. Es geht um Menschen, die die Bibel nicht haben. Dort kann Gott auf diese Weise sprechen.
Wenn wir aber auf solche Dinge aus sind, obwohl wir Gottes Wort haben, dann stellt sich die ernsthafte Frage: Schätzen wir das geschriebene Wort Gottes wirklich in seiner Autorität und Vollgültigkeit? Oder suchen wir nur nach irgendetwas Interessantem dazu? Das zeigt eine üble Gesinnung gegenüber dem Wort Gottes.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein: Gott kann dort, wo sein Wort nicht bekannt ist, auf andere Weise zu den Menschen sprechen. Aber zu uns Gläubigen will Gott durch sein geschriebenes Wort sprechen – und natürlich durch den Heiligen Geist, der in unseren Herzen wohnt.
Denn Römer 8 sagt: „So viele, die durch den Geist Gottes geleitet werden, diese sind Söhne Gottes.“ Es ist eine Präsenz – geleitet zu werden ist das Gewohnheitsmäßige, das Übliche. Der Heilige Geist gibt in unseren Herzen die Überzeugung, auch bei Entscheidungen, die nicht explizit in der Bibel stehen. Zum Beispiel, welchen Ehepartner man heiraten soll oder welchen Beruf man persönlich ergreifen will – und bei tausend anderen Fragen.
Im Licht des ganzen Wortes Gottes müssen wir grundsätzlich Gottes Plan sehen. Dann kann der Heilige Geist den Erlösten die Überzeugung ins Herz geben, was jetzt für sie Gottes Wille ist.
In Habakuk sehen wir also den Mann, der betet, und Gott antwortet ihm durch sein geoffenbartes Wort.
Wir waren bei den Namen Gottes: „mein Heiliger, mein Gott“ (1, Vers 12). In Kapitel 3, Verse 18 bis 19 nennt er Gott „Gott meines Heils“, also den Gott, der mich persönlich rettet. Außerdem nennt er ihn „Herr“, auf Hebräisch „Adonai“.
Adonai heißt eigentlich „mein Herr“, denn das „i“ am Schluss bedeutet „mein“. In der Regel wird das aber nicht übersetzt, weil es eine feste Wendung ist. Man übersetzt einfach mit „Herr“. Wörtlich heißt es aber „mein Herr“. Noch wörtlicher müsste man sagen „meine Herren“, denn „Adoni“ heißt „mein Herr“ im Singular.
Wenn man in Israel jemanden auf der Straße anspricht, sagt man nicht „Adonai“ – das ist vergleichbar mit „Monsieur“ oder so. Niemals würde man jemanden auf der Straße mit „Adonai“ ansprechen. Das ist nur für Gott reserviert. Es ist ein Plural. „Adonai“ heißt „meine Herren“ und bezieht sich doch auf den einen Gott. Es ist ein alttestamentlicher Hinweis auf die Dreieinigkeit Gottes, dass in der Gottheit mehr als eine Person ist.
So nennt Habakuk Gott „Adonai“, mein Herr, und schließlich „meine Kraft“. In Gott sind also enthalten: das Heil, seine Wegweisung, mein Herr, die Heiligkeit und Gottes Kraft.
Das erinnert uns sehr an 1. Korinther 1, Vers 30, wo gezeigt wird, wie wir alles in dem Herrn Jesus haben: „Aus ihm aber seid ihr in Christus Jesus, der uns geworden ist Weisheit von Gott, Gerechtigkeit und Heiligkeit und Erlösung.“ Darauf steht geschrieben: „Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn.“
Dort sind alle diese Punkte enthalten: Gerechtigkeit, Heiligkeit, Rettung, Erlösung.
Habakuk 1, Vers 12: Gottes Gerechtigkeit trotz scheinbarer Straflosigkeit der Babylonier
Im Bibeltext lese ich Habakuk 1,12: Habakuks Frage lautet: Warum bleiben die Babylonier straflos? Bist du nicht von Alters her der Herr, das ist hebräisch Yahweh, der Ewigseiende, der Unwandelbare? Du bist schon immer derselbe Gott, du hast dich nie verändert. Das wird hier ausgedrückt: Von Alters her bist du immer derselbe Gott. Bei Gott gilt also kein plötzlich anderer Grundsatz. Was ist Gerechtigkeit? Bist du nicht von Alters her der Herr? Mein Gott, mein Heiliger, wir werden nicht sterben, o Herr. Zum Gericht hast du es gesetzt, ja, o Fels, um zu züchtigen hast du es bestellt.
Also betont Habakuk, dass Gott Israel nicht auslöschen wird. Das hat auch Jeremia so schön erklärt, in Jeremia 31 und folgenden Kapiteln. Gott wird Israel nie verwerfen. Gott drückt das dort so schön aus: Wenn man die Zahl der Sterne zählen könnte, dann würde Gott Israel verstoßen. Oder er sagt: Wenn man das Erdinnere erforschen könnte – bis heute hat man ja mit Grabungen nur die Oberfläche gekratzt, angesichts der etwa sechstausend Kilometer bis zum Erdzentrum – wenn man das Erdinnere erforschen könnte, würde Gott Israel verwerfen.
Weiter wird gesagt: Wenn man all die Ordnungen der Sternenwelt durcheinanderbringen könnte, dann würde Gott Israel verwerfen. Man könnte Ahmadinedschad eine Mail schreiben: Es ginge noch einfacher als mit einer Atombombe, um Israel zu vernichten. Er müsste einfach die Zahl der Sterne zählen oder das Erdinnere erforschen, von Teheran aus ein Loch graben, oder er müsste versuchen, die Ordnungen des Sternenhimmels durcheinanderzubringen. Dann würde Gott nämlich Israel verwerfen. Aber eben, Jeremia sagt das so ganz klar, um uns zu zeigen: Gott wird Israel nie aufgeben. Seine Zusagen bleiben.
So versteht auch Habakuk: Es ist Zucht Gottes über sein Volk, aber nicht, um das Volk auszulöschen. Er züchtigt sein Volk wegen seiner Sünde. Dabei sieht man auch wieder diese schönen Namen: „O Herr, zum Gericht hast du es gesetzt, ja, o Fels! Um zu züchtigen hast du es bestellt.“ Gott ist für ihn immer noch das feste und bleibende Fundament, auch wenn er Fragen hat. Das Fundament bleibt: Gott ist dieser Fels.
Habakuk war ein Fundamentalist, und es ist vielleicht auch eine gute Möglichkeit, wie man so ins Gespräch kommen kann mit Leuten über das Thema: Wer ist ein Fundamentalist oder was ist ein Fundamentalist? Das ist ein Wort in aller Munde, und da kann man die Leute fragen: Was ist denn eigentlich nach dir ein Fundamentalist? Ja, einer, der Bomben bei sich hat. Da kann man erklären: Ich bin ein Fundamentalist, und ich habe keine Bomben. Da hat man vielleicht auch mal Gelegenheit, zu erklären, wie das entstanden ist.
Das war so um 1915 herum. Da haben ein paar Bibellehrer in Amerika eine Buchreihe herausgegeben, die hieß „The Fundamentals“, also die fundamentalen Dinge. Es war die Zeit, als die liberale Theologie begann, in Amerika immer mehr in die verschiedenen Kirchen hineinzukommen. In Europa war das schon längst geschehen, im 19. Jahrhundert. Aber in Amerika kam das erst viel später. Das waren einige bibeltreue Theologen, die wirklich ein Anliegen hatten, was man gegen diesen vordringenden Liberalismus tun kann.
Da haben sie diese Bücher geschrieben, um zu zeigen, was eigentlich die absolut unaufgebbaren Fundamente des christlichen Glaubens sind. Das war erstens: Die Bibel ist Gottes inspiriertes Wort. Die Bibel ist Gottes Wort, ja? Zweitens: Jesus Christus ist stellvertretend für unsere Sünden gestorben. Jesus Christus ist wörtlich, wirklich, körperlich am dritten Tag auferstanden. Jesus Christus wird wiederkommen. Und ein fünfter Punkt, den ich eigentlich vorhin anführen müsste: Die Jungfrauengeburt Jesu Christi ist eine Tatsache.
Aber diese Dinge sind eigentlich Dinge, die die Christen durch zweitausend Jahre hindurch immer geglaubt haben. Natürlich, zum Beispiel das mit der Autorität des Wortes Gottes ist durch die Lehre des Katholizismus verdunkelt worden, weil man sich eher gefragt hat: Was sagt der Klerus, was sagt der Papst, was sagen die Konzilien? Aber wenn man gefragt hätte: Die Bibel? Natürlich, die Bibel ist Gottes Wort, das war immer klar. So muss man sagen: Die Christen waren eigentlich in der früheren Zeit, durch all die Jahrhunderte hindurch, immer Fundamentalisten.
Aber durch den Liberalismus in unserer Zeit sind es immer weniger geworden, die an den fundamentalen Dingen des Glaubens festhalten. So hat man in der Folge dieser Buchreihe den Begriff geprägt: Fundamentalist. Fundamentalisten sind also Leute, die in der modernen Zeit immer noch diese Dinge glauben wie die frühen Christen und auch die Christen in den späteren Jahrhunderten.
Aber der Ausdruck Fundamentalist bekam eine ganz neue Ausrichtung 1979, als diese Revolution im Iran stattfand, die islamische Revolution. Es sollte eine Vorzeigerevolution sein, so sollte es in allen islamischen Ländern geschehen. Alle islamischen Länder sollten wirklich islamische Nationen werden. Von da an haben wir plötzlich so in den Medien den Begriff Fundamentalist auf Muslime bezogen, die wieder wirklich nach dem Koran leben wollen, wo in allen muslimischen Staaten der Welt die Scharia, das muslimische Gesetz, eingeführt werden soll und später dann noch in allen übrigen Ländern, also auch in Deutschland.
Diese Juristin, die vor kurzem Sonnenbahn gestellt wurde, hat einen kleinen Vorgeschmack gegeben. Seither spricht man von Fundamentalisten. Einige Jahre später gab es ja diese großen Zusammenstöße in Indien zwischen Muslimen und extrem gewalttätigen Hindus. Das war in den 1980er Jahren, und von da an spricht man auch im Zusammenhang mit Hindus von Fundamentalisten.
Das heißt also, der Ausdruck wurde vollkommen in der Bedeutung immer mehr erweitert, so erweitert, dass er eigentlich nichts mehr bedeutet. Es gibt ja Kinder, die Comics lesen, zum Beispiel von den Schlümpfen. Es ist ein Zwergenvolk, das den ganzen Tag schlumpft. Wenn sie in der Bäckerei backen, dann schlumpfen sie eben Brote. Oder wenn sie etwas essen, wenn sie Essen zubereiten, dann schlumpfen sie in der Küche. Alles, was sie tun, und wenn sie in den Wald gehen, dann schlumpfen sie im Wald. Alles schlumpfen sie. Das heißt, das Wort „schlumpfen“ bedeutet alles und damit nichts. Es bedeutet nichts mehr, es ist völlig ausgehöhlt.
So haben wir das mit „Fundamentalisten“ gemacht: Das Wort wurde immer mehr ausgedehnt, und jetzt bedeutet es gar nichts mehr. Wenn man das Wort gebraucht, weiß man gar nicht, was es jetzt bedeutet. So muss man eben erklären: Wir Christen glauben, dass Jesus Christus dieser Fels ist. Auf ihm ruht unser ganzer Glaube, unser ganzes Leben (1. Korinther 3,11): „Einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ Er ist das Felsfundament der Gemeinde.
Ja, eben, dann sind wir Fundamentalisten, so wie Habakuk in dem Sinn: „Ja, o Fels, um zu züchtigen hast du es bestellt.“ Aber wenn die Leute von Fundamentalisten sprechen, dann könnte man ganz gut von Schlümpfen sprechen.
Habakuk 1, Vers 13: Gottes Reinheit und Gerechtigkeit trotz menschlichem Unverständnis
Schauen wir uns nun Habakuk 1,13 an. Übrigens war das keine Werbung dafür, Comics zu lesen, sondern einfach ein Beispiel aus dem Leben.
In Habakuk 1,13 heißt es: „Du bist zu rein von Augen, um Böses anzusehen. Und auf Unheil hinblicken kannst du nicht. Warum blickst du hin auf Treulose? Schweigst du, wenn der Gesetzlose den verschlingt, der gerechter ist als er?“
Dieser Vers ist besonders bemerkenswert. Habakuk stellt hier Fragen, die mit Gottes Gerechtigkeit zusammenhängen. Für ihn ist nicht klar, wie Gott gerecht sein kann, wenn bestimmte Dinge geschehen. Trotzdem ist für ihn eines sicher: Gott ist gerecht.
Er sagt, Gott sei „zu rein von Augen, um Böses anzusehen“. Das bedeutet, Gott erträgt das Böse nicht. Er kann das Böse nicht einfach anschauen und es so hinnehmen. Viele Menschen können Gewaltfilme oder Filme mit Gewalt anschauen. Sie sehen das Böse, ohne dass es sie direkt betrifft. Gott jedoch kann das nicht. Er ist zu rein, um Böses anzusehen, und kann nicht auf Unheil hinblicken.
Für den Gottesfürchtigen sollte das eigentlich genauso sein.
Schauen wir nun in Jesaja 33, eine sehr interessante Stelle, die auch in Verbindung mit dem heutigen Filmkonsum steht.
Habakuk 1, Verse 14-17: Die Babylonier als Instrument Gottes und ihre Überheblichkeit
Vers 14 wird gefragt, nachdem gesagt wird: „Die Sünde in Zion sind erschrocken, Beben hat die Übeltäter ergriffen.“ Wer von uns kann weilen bei verzehrendem Feuer? Wer von uns kann weilen bei ewigen Gluten? Also, wer kann in Jerusalem bestehen, wenn der Herr kommen wird als Richter?
Jetzt kommt die Antwort: Wer in Gerechtigkeit wandelt und Aufrichtigkeit redet, wer den Gewinn der Bedrückungen verschmäht, wer seine Hände schüttelt, um keine Bestechung anzunehmen, wer sein Ohr verstopft, um nicht von Bluttaten zu hören, und seine Augen verschließt, um Böses nicht zu sehen – der wird auf Höhen wohnen, felsenfest sind seine Burg. Sein Brot wird ihm dargereicht, sein Wasser versiegt nie.
Der Gegensatz zum Gewaltbetrachten als Unterhaltung zeigt sich dann in Vers 17: „Deine Augen werden den König schauen in seiner Schönheit, sehen werden sie ein weithin offenes Land.“ Ja, also Gott in seiner Herrlichkeit, in seinem Wort sehen – das ist der Gegensatz zu dem anderen Sehen.
Für Habakuk ist klar: Gott kann das nicht ertragen. Trotzdem ist es kein Widerspruch, sagt er in der nächsten Verszeile, Habakuk 1,13c: „Warum blickst du hin auf Treulose? Schweigst du, wenn der Gesetzlose den verschlingt, der gerechter ist als er?“ Wie kann Gott erlauben, dass die Babylonier gegen die Juden kommen? Die Babylonier sind so brutal, so gottlos, so gottesdienstlich verfallen. Babylon ist erfüllt von Götzendienst, und jetzt kommt dieses Volk, das hier aufräumt.
Er kann es nicht verstehen, aber er weiß, dass Gott gerecht ist – und das ist es. Echter Glaube zeigt sich darin, dass man Gott Recht gibt, auch dann, wenn man es nicht nachvollziehen und verstehen kann. Das ist der Glaube der Auserwählten.
Das gilt übrigens auch, wenn wir die Bibel lesen und meinen, irgendwelche Widersprüche zu sehen. Dann müssen wir uns bewusst sein, wie beschränkt wir in unserem Verständnis sind. Wir dürfen Gott Recht geben, Gott die Ehre geben. Es ist ja so gewesen: Durch die Jahrhunderte hindurch hat sich der Buchtitel von Werner Keller bewahrheitet – „Die Bibel hat doch Recht“. Die Bibel muss man nie revidieren, aber die Ansichten der Menschen muss man dauernd revidieren über die Bibel.
Der Glaube gibt Gott Recht, auch wenn er es nicht versteht. Das ist der Glaube der Wiedergeborenen. Aber wir dürfen Gott fragen, und Er will Antwort geben, wie wir sehen werden.
Vers 14: „Und du hast den Menschen wie die Fische des Meeres gemacht, wie die Kriechtiere, die keinen Herrscher über sich haben. Sie alle hebt er – das ist also der babylonische Feind – mit dem Angelhaken hinauf. Er zieht sie herbei mit seinem Schleppnetz und sammelt sie zusammen in seinem Fischergarn.“
Deswegen freut er sich und frohlockt, deswegen opfert er seinem Schleppnetz und räuchert seinem Fischergarn, denn durch sie ist sein Teil fett und seine Speise feist. Soll er deswegen sein Schleppnetz ausleeren, Nationen hinmorden, ohne dass er sich erbarme?
Habakuk ist also entsetzt, wie die Babylonier wirklich die ganze damalige Welt überrannten und ein Volk nach dem anderen zusammenschlugen und unter ihre Herrschaft stellten. Ja, alle kamen dran: die Syrer, die Kanaaniter im Libanon, die Ammoniter, die Moabiter, die Edomiter – alle schlugen sie zusammen, alle eroberten sie.
Also wie Fischer, die mit dem Schleppnetz – damit ist dieses Netz gemeint, das man mit einem Schiff durch das Meer oder durch den See hindurchzieht. Dann wird einfach alles, was da in die Quere kommt, eingesammelt – ganz rücksichtslos.
Diese Art von Netz wird im Neuen Testament auch einmal erwähnt. Ich habe hier in der Fußnote sieben übrigens angegeben, dass das, was ich hier mit Schleppnetz übersetzt habe, hebräisch Cherem ist. Ich habe alle Stellen angegeben, wo das im Alten Testament vorkommt, und dann verwiesen auf Matthäus 13,47, wo das griechische Wort „sagene“ für Schleppnetz vorkommt.
Wenn wir kurz aufschlagen Matthäus 13: Das ist das Gleichnis vom Fischernetz. Aber es ist dort kein Wurfnetz, es ist kein Spiegelnetz, es ist ein Schleppnetz.
Matthäus 13,47: „Wiederum ist das Reich der Himmel gleich einem Schleppnetz, das ins Meer geworfen wurde und von jeder Gattung zusammenbrachte. Als es voll war, zogen sie es ans Ufer herauf. Und sie setzten sich nieder und lasen die Guten in Gefäße zusammen, aber die Faulen warfen sie aus.“
Das zeigt: Das Evangelium wirkt im Reich Gottes wie ein Schleppnetz. Da werden alle Gattungen Menschen mitgezogen. So ist eben die Christenheit entstanden, wo unzählige Heiden einfach äußerlich Christen wurden. Das hat schon sehr früh begonnen, ganz besonders ab dem vierten Jahrhundert.
Aber das Gleiche zeigt uns das Schleppnetz: Da sortiert man dann aus, und die Faulen, also die Schlechten, werden wieder hinausgeworfen. Nur die Guten werden gesammelt in die Gefäße, in die Töpfe.
So müsste es auch heute sein: Nur die, die wirklich zum Glauben kommen, sollen in Ortsgemeinden gesammelt werden. Die anderen sollen einfach wieder schwimmen gelassen werden.
Übrigens, was sind da faule Fische? Gibt es faule Fische? Ja, in 3. Mose 11 wird erklärt, dass das Volk Israel nur die Tiere in den Wassern essen durfte, die Flossen und Schuppen haben. Sie durften keine Amphibien essen, also keine Frösche und so weiter. Aber Fische, die diese Bedingungen erfüllten, gab es, und es gibt im See Genezareth einen Fisch, der diese Bedingungen nicht erfüllt. Der durfte im Judentum nie gegessen werden.
Matthäus beschreibt wirklich die Situation genau vom See Genezareth. Das ist übrigens ein Thema für sich.
Fischen ist ja eine wichtige Sache in den Evangelien. Petrus, Andreas, Jakobus und Johannes – das waren alles Fischer, diese wichtigen Nachfolger des Herrn und Apostel. Die Evangelien sind voll vom Fischfang.
Das Schöne ist, dass das alles so exakt übereinstimmt mit den Besonderheiten der Situation im See Genezareth. Auch wenn von verschiedenen Fischen gesprochen wird, sieht man: Ah, das ist genau der Muscht, der Petrusfisch, der ausnahmsweise im See Genezareth vorkommt, obwohl das ein tropischer Fisch ist.
In der Nähe von Kapernaum gibt es sieben heiße Quellen, und so konnte er dort wunderbar leben, auch im Winter. Alles stimmt so genau mit der Situation dort.
So kann man zeigen, dass die liberale Theologie, die behauptet hat, die Evangelien seien gar nicht von Augenzeugen geschrieben, sondern spätere Gemeindetradition, in der Mythen zusammengestellt wurden, völliger Unsinn ist.
Was wir da haben, sind Ersthandinformationen von Leuten, die wirklich am See Genezareth gelebt haben. Matthäus kam aus Kapernaum, der Fischerstadt am See Genezareth. Auch die anderen Evangelien zeigen genau diese Ersthandkenntnis.
Ja, das war ein kleiner Exkurs, um zu zeigen, dass Fischerei am See Genezareth eine Möglichkeit ist, wie man liberale Theologie vom Tisch wischen kann. Das sind wirklich Ersthandzeugnisse.
Heute, wo Filme wie „Sakrileg“ populär werden und behaupten, die Evangelien seien nicht zuverlässig, müsse man sich auf gnostische Evangelien, Thomasevangelien usw. stützen – das sind alles Fälschungen aus späterer Zeit von Leuten, die nicht wussten, wie es in Israel war.
Gerade das Thomasevangelium stammt aus Ägypten, aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus, als Thomas schon längst tot war. Man sieht, wie Leute heute auf solche Fälschungen aus späteren Jahrhunderten aufspringen, während sie die Augenzeugenberichte aus dem ersten Jahrhundert einfach übergehen.
Ja, also das war so ein kleiner Exkurs im Zusammenhang mit dem Schleppnetz in Habakuk 1.
Habakuk sieht: Die Babylonier sind so arrogant und selbstgefällig, dass sie sich selbst eigentlich vergöttern. Das kann er einfach nicht verstehen.
Vers 16: „Deswegen opfert er seinem Schleppnetz und räuchert seinem Fischergarn.“
Von Nebukadnezar lesen wir in Daniel 3, dass er eine Statue gemacht hat, riesengroß und aus Gold, und dass alle sie anbeten sollten.
Was bedeutete diese Statue? Ganz einfach: Ein Kapitel zuvor hatte Nebukadnezar einen Traum, aber er konnte ihn nicht deuten. Seine Weisen konnten den Traum auch nicht sagen und daher nicht deuten.
Die Statue hatte einen goldenen Kopf, eine Brust aus Silber, Hüften aus Bronze und Beine aus Eisen. Nur Daniel konnte das deuten, weil Gott ihm Weisheit gab. Er erklärte, dass das vier Weltreiche sind.
Das Gold weist auf Nebukadnezar, auf die Babylonier hin. Dann kommt ein anderes Weltreich, das waren die Perser. Danach ein weiteres Weltreich, die Griechen. Und schließlich ein viertes Weltreich, die Römer.
Daniel erklärte ihm diese Weltreiche. Das war natürlich ein Stich gegen Nebukadnezar, als er sagte: Nach dir wird ein anderes Reich aufstehen. Du bleibst nicht ewig, das ist nur zeitlich.
Aber Nebukadnezar machte eine Statue aus Gold, die ihn darstellen sollte. Er wollte sich mit dieser Statue verewigen – nicht nur der Kopf, die ganze Statue ist Gold.
Im babylonischen Glauben wurde der König als oberster Priester in der ganzen Religion angesehen. Er wurde auch als Sohn der Götter gesehen.
Aber schon komisch: Der Göttersohn konnte nicht einmal seinen eigenen Traum deuten. Er ließ sich so als Gott verehren, als der Göttersohn von Babylon. So vergötterten sich die Babylonier selbst.
Habakuk sagt: „Das ist doch unglaublich, wie kann Gott ein so übles Volk benutzen als Zuchtmeister gegen das Volk Gottes?“ Aber Gott gibt auch hier Antwort.
Habakuk 2,1-3: Warten auf Gottes Antwort und die Bedeutung der Vision
Wir lesen weiter in Kapitel 2, Vers 1:
„Auf meinen Wachturm will ich treten, ja, ich will mich auf der Festung hinstellen, um zu sehen, was er mit mir reden wird und welchen Bescheid ich geben soll als Antwort auf meine Klage.“
Da antwortete mir der Herr und sprach: „Schreibe die Vision auf und grabe sie in die Tafeln ein, damit der darin Lesende laufe. Denn die Vision bezieht sich noch auf die festgesetzte Zeit, und sie schnaubt auf die Endzeit hin und täuscht nicht. Wenn sie zögert, so warte auf sie, denn sie wird kommen, sie wird kommend kommen und sich nicht verspäten.“
Im Alten Testament werden die Propheten manchmal „Wächter“ genannt, so auch Ezechiel dreimal. Der Prophet ist der Wächter, der ausschaut, bis Gott Antwort gibt und zeigt, was seine Pläne für das Volk Gottes sind. Die Wächter müssen auch die Gefahren und das Unrecht im Volk sehen, um Gottes Wort in dieser Situation hineinzureden.
So sagt Habakuk: „Jetzt steige ich auf meinen prophetischen Wachturm, ich will mich auf der Festung hinstellen und einfach warten.“ Das Schöne ist, ihm ist klar, dass Gott nicht sofort antwortet. Er wartet einfach, bis Gott antwortet.
Warten ist auch für uns wichtig und gehört zu den schwierigsten Dingen. Das ist eine Lektion, die wir unser ganzes Leben immer wieder neu lernen müssen: Warten auf Gottes Zeit. Manchmal kann es einen innerlich zerreißen: Warum noch länger? Wie lange warte ich schon? Aber das hat Habakuk selbst gelernt. Für ihn war klar: „Ich will mich hinstellen, ich will warten, was er mir sagt.“
So müssen auch wir die Fragen, die wir haben und die unbeantwortet sind, dem Herrn bringen und bereit sein zu warten, bis er Licht gibt. Dadurch wird Gott geehrt – nämlich durch diesen vertrauenden Glauben, dass wir auch dann zum Herrn stehen, wenn uns vieles nicht klar ist. Aber wir wissen: Er weiß es.
Wir dürfen wissen, was Jesaja 55 sagt: „Meine Wege sind höher als eure Wege.“ Gott erklärt hier seine Gedanken als höher als unsere Gedanken. Er sagt: „Wie der Himmel hoch ist über der Erde, so sind meine Wege und meine Gedanken höher als eure Gedanken und Wege.“
Wie hoch ist der Himmel über uns? Das Hubble-Teleskop hat die entferntesten Galaxien fotografieren können, die heute noch wahrnehmbar sind. Das Licht von diesen Galaxien ist 13 Milliarden Lichtjahre entfernt. Das bedeutet, das Licht braucht von dort aus 13 Milliarden Jahre, um zu uns zu gelangen. In allen Himmelsrichtungen ist das so.
Doch der Himmel über uns ist 13 Milliarden Lichtjahre hoch – und das ist noch nicht das Ende. Wenn man noch weiter schauen könnte, würde man noch mehr sehen. So war es ja immer: In meiner Jugend sprach man von 5 Milliarden Lichtjahren als Grenze des Weltalls, heute sind es 13 Milliarden.
Das Licht ist so schwach, es entspricht der Stärke einer glühenden Zigarette auf dem Mond. Trotzdem wird es mit dem Hubble-Teleskop eingefangen und fotografiert. Es ist unglaublich.
Wenn wir das von der Erhabenheit der Wege Gottes über uns sehen, dann gibt der Glaube Gott die Ehre. Gott steht über allem und weiß alles, auch wenn ich es nicht verstehe. So sollen wir von Habakuk lernen: warten, bis er Bescheid gibt.
Nun ist Vers 2,1c etwas eigenartig formuliert. Es heißt: „um zu sehen, was er mit mir reden wird und welchen Bescheid ich geben soll als Antwort auf meine Klage.“ Wie ist das gemeint?
Habakuk wartet, nachdem er Gott seine Klage vorgestellt hat. Er sagt: „Ich weiß, du bist gerecht, aber ich verstehe nicht, warum das gerecht ist.“ Jetzt soll er eine Antwort bekommen, auf die er wartet.
Doch für ihn geht es weiter: „Welchen Bescheid ich geben soll als Antwort auf meine Klage“ – diese Antwort will er auch anderen weitergeben. Er will dem übrigen Volk Gottes, den Hörenden, Bescheid geben, was Gott ihm als Antwort auf seinen Einwand geantwortet hat.
Wir sehen also: Er hat zwar eine ganz persönliche Beziehung zum Herrn, will aber auch anderen davon berichten und erzählen.
In Vers 2 kommt die Antwort des Herrn: „Da antwortete mir der Herr, Jahwe, der ewig Seiende und Unwandelbare, und sprach: ‚Schreibe die Vision auf.‘“
Ich hätte gerne ein Wort gehabt, das männlich wäre für Vision. Es gibt ja auch das deutsche Wort „Gesicht“, aber das versteht man heute nicht mehr so gut, da meint man das Gesicht des Kopfes. Das Gesicht ist das, was ein Prophet sieht. Darum habe ich „Vision“ genommen. Im Hebräischen ist „Chazon“ weiblich, von „chazar“ – sehen. Maskulinum gibt es nicht, und wir werden gleich noch sehen, dass das im Zusammenhang mit dem Neuen Testament Bedeutung hat. Darauf komme ich später zurück.
Also: Schreibe die Vision auf. Habakuk bekam eine sichtbare Botschaft von Gott, und die soll er nicht einfach so auf Papyrus schreiben, sondern in Tafeln eingraben. Wichtig ist, dass es gut und deutlich geschrieben ist, damit der darin Lesende laufen kann – also damit der Leser es schnell und flüssig lesen kann, nicht mühsam entziffern muss.
Es wird erklärt, dass diese Vision Bezug bis auf die Endzeit hat. Habakuk bekommt einen Ausblick von seiner Zeit in Babylonien bis hin zur Endzeit, bis zur Wiederkunft Christi, die in Kapitel 3 so schön beschrieben wird.
Diese Endzeit nennt er hier die „festgesetzte Zeit“. Das bedeutet, dass Gott die Endzeit nicht als Möglichkeit hingestellt hat, wie etwa bei Jona. Jona ging und predigte gegen Ninive und sagte: „In vierzig Tagen ist diese Stadt zerstört.“ Aber die Zerstörung war abhängig davon, ob Ninive Buße tut oder nicht. Das war keine bedingungslose Prophetie.
Wie ist das mit der Endzeit? Wäre es möglich, dass es zum Beispiel eine Erweckung in Europa gibt und dann alles nicht so kommt, wie in der Offenbarung beschrieben? Nein. Im Zusammenhang mit der Endzeit habe ich in der Fußnote noch andere Stellen aus Daniel angegeben: Daniel 8, Vers 19 („Moed Ketz“ – die bestimmte Zeit des Endes), dann Daniel 8, Vers 17 und 11, Vers 35 („Ed Ketz“ – Zeit des Endes).
Diese Endzeit ist eine bestimmte Zeit, die auf jeden Fall kommen wird. Sie ist nicht abhängig davon, ob es noch eine große Erweckung gibt und dann alles anders kommt.
Diese Vision in Habakuk bezieht sich auf die Endzeit, die feststeht und so kommen wird, wie Gott sie beschreibt. Die Vision schnaubt hin zum Ende, also die über 2600 Jahre, das wäre bis heute. Für uns ist das Wiederkommen Jesu noch so künftig, aber über diese ganze Zeit hinweg zeigt die Vision darauf.
Wir bekommen eine Übersicht über die ganze Zeit bis zum Ende. Das Endziel, das man vor Augen haben muss, ist eben diese Endzeit. Vielleicht erscheint es uns, als sei es schon ein bisschen lange, diese 2000 Jahre seit Jesu Himmelfahrt. Aber der Prophet hatte schon die Botschaft:
„Wenn sie zögert, so warte auf sie, denn sie wird kommend kommen.“ (Fußnote 15 erklärt: Das heißt ganz sicher, gewisslich kommen – eine typische hebräische Ausdrucksweise. Sie kommt ganz sicher und wird sich nicht verspäten.)
Jetzt machen wir unsere wohlverdiente lange Pause. Wir sind vor der Pause bei Habakuk 2, Vers 3 stehen geblieben: die Endzeit, das Endziel der Vision Habakuks, die Endzeit, die als festgesetzte, bestimmte Zeit von Gott in seinem Ratschluss unabänderlich vorgesehen ist.
Habakuk 2,4-5: Der Gerechte lebt durch Glauben und die Vergänglichkeit des Hochmuts
Nun folgt Vers 4: „Siehe aufgeblasen“, was man zugleich auch mit „vermesssen“ oder „übermütig“ übersetzen kann. Seine Seele ist nicht aufrichtig in ihm. Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben.
Dazu kommt: „Der Wein ist treulos, der übermütige Mann bleibt nicht, der seinen Schlund weit öffnet, gleich dem Scheol, und er ist wieder tot, ja, er wird nicht satt.“ Und weiter: „Er sammelt zu sich die Nationen, ja, er bringt zusammen alle Völker.“ Bis hierhin.
Nun folgt eine etwas geheimnisvolle Bemerkung in Vers 4: „Siehe aufgeblasen, nicht aufrichtig ist seine Seele in ihm.“ Das bezieht sich auf den Feind, den Gottlosen. Gott zeigt hier, dass er ganz genau weiß, wie schuldbeladen die Babylonier vor ihm sind. Trotzdem hat er sie als Zuchtrute für sein Volk Israel benutzt. Doch er ist sich voll bewusst, wie es um die Babylonier steht – um ihren Hochmut, ihre Aufgeblasenheit.
Diesen Hochmut findet man ganz eindrücklich schon bei Nebukadnezar. Ich habe nur kurz Daniel 3 mit der goldenen Statue angerissen, aber auch Daniel 4 behandelt diesen Hochmut Nebukadnezars. Er führt dazu, dass Nebukadnezar für sieben Jahre wahnsinnig wird und wie ein Tier leben muss. Übrigens gibt es in der Archäologie genau eine Zeitspanne von sieben Jahren, über die man nichts über Nebukadnezar weiß – eine Lücke, in die diese sieben Jahre gut hineinpassen.
Gott widersteht dem Hochmütigen.
Dann folgt Daniel 5: Belsazar, der Enkel von Nebukadnezar, feiert noch einmal in seinem Hochmut eine letzte Party mit Wein und Alkohol. Dabei gerät er so außer Kontrolle, dass er im Rausch nach den gestohlenen Tempelschätzen aus Jerusalem verlangt, die aus dem Marduk-Tempel gebracht werden sollten. Dabei hat er den Gott Israels geschmäht und die Götter Babylons geehrt.
Auf diese Szene bezieht sich das „Siehe aufgeblasen, nicht aufrichtig ist seine Seele in ihm“. Und in Vers 5 heißt es: „Der Wein ist treulos, der übermütige Mann bleibt nicht.“ Das hat sich eindrücklich gezeigt: Noch in derselben Nacht seiner letzten Party kamen die Perser unter Kyros nach Babylon. Sie hatten sich bereits mit den babylonischen Priestern abgesprochen, es gab ein geheimes Abkommen. Die Stadt wurde praktisch kampflos erobert. Belsazar wurde durch einen Schwertstreich in derselben Partynacht beseitigt. „Der Wein ist treulos, der übermütige Mann bleibt nicht.“
Zwischen diesen Versen steht der Satz: „Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben.“
Im Weiteren wird gezeigt, dass Gott auch die Babylonier bestrafen wird. So wie er Belsazar in jener Nacht bestraft hat, sollte auch das ganze babylonische Reich unter das Gericht Gottes kommen. So geschah es: Die Perser eroberten Babylon. Doch auch die Perser hatten sich schwer gegen Gott versündigt und verschuldet. Daher benutzte Gott später die Griechen unter Alexander dem Großen, um die Perser zu bestrafen.
Die Griechen erwiesen sich jedoch ebenfalls als unwürdig, sodass Gott sie durch die Römer bestrafen musste. So geht es immer weiter: Gott benutzt ein Volk, um ein anderes zu bestrafen. Dass er ein Volk als Vollzieher der Strafe einsetzt, bedeutet jedoch nicht, dass die bestrafende Nation eine weiße Weste hat. Sie kann sogar schlimmer sein als die bestrafte Nation. Doch auch sie wird in Gottes Plan einmal bestraft werden. So ist es wie ein Dominoeffekt.
Die Frage nach Gerechtigkeit wird immer weiter verschoben. Wann kommt die endgültige Antwort? „Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben.“ Man muss glauben, dass Gott einmal alles zur Vollendung führen und alle Fragen nach Gerechtigkeit beantworten wird. Der Gläubige muss einfach mit diesem Glauben durchs Leben gehen. So kann er in seinem Leben die Gerechtigkeit Gottes ausleben – in einer ungerechten Welt.
Die Römer wurden später durch die Barbaren bestraft, die das Weströmische Reich zerstörten. Später nutzte Gott die Muslime, die Türken, um das Oströmische Reich zu vernichten. So ging es immer weiter in der Geschichte bis ins 20. Jahrhundert, als Gott die Alliierten benutzte, um das Nazireich zu bestrafen. Das bedeutet aber nicht, dass die Alliierten eine weiße Weste gehabt hätten.
So hat Gott ein Volk nach dem anderen benutzt. Das hilft uns auch zu verstehen, warum Gott Kriege zulässt. Sie haben immer auch eine züchtigende Funktion. Da fragt sich jemand: „Sind denn die Amerikaner besser, wenn sie Krieg führen und Saddam Hussein absetzen?“ Das heißt nicht, dass die bestrafende Nation eine weiße Weste hat.
Die Antwort auf die Frage nach Gerechtigkeit wird also immer weiter hinausgeschoben – erst wenn der Herr Jesus wiederkommt, in Macht und Herrlichkeit als Richter der Welt, wird alles klar werden. Dann wird deutlich, dass Gott das letzte Wort hat.
Bis dahin muss der Gläubige aushalten, warten und vertrauen. So ist dieser Vers ganz zentral: „Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben.“
Dieser Vers wird im Neuen Testament fundamental wichtig, und zwar im Römerbrief, Kapitel 1, Vers 17.
Die Bedeutung von Habakuk 2,4 im Neuen Testament
Der Römerbrief behandelt die Frage: Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott? Diese Frage wurde bereits im Buch Hiob gestellt: Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott?
Der Römerbrief zeigt, dass dies durch das Erlösungswerk des Herrn Jesus Christus möglich ist. Er ist für unsere Sünden gestorben und hat unsere Schuld auf sich genommen. Darum kann Gott jeden, der an Jesus Christus glaubt, gerecht sprechen und rechtfertigen. Gott kann jemanden als gerecht erklären, weil Christus alles getan hat, um alle Schuld zu entfernen. Das ist das große Thema des Römerbriefes und eine ganz fundamental neue Botschaft.
Das kannte man im Judentum so nicht. Dort ging man immer noch davon aus, dass der Mensch sich für das Gute oder das Böse entscheiden muss. Im offiziellen Judentum wird bis heute bestritten, dass der Mensch grundsätzlich sündig ist. Auch die sündige Natur, die von Adam geerbt wurde, wie sie im Römerbrief entfaltet wird (Römer 5,12), wird im orthodoxen Judentum abgelehnt. Dort sagt man, der Mensch habe zwei Triebe: einen guten und einen bösen, und er müsse sich für die eine oder andere Richtung entscheiden. Man meint, durch das Gute, durch gute Werke, könne man Gott immer näherkommen.
Mit dieser Sichtweise rechnet das Neue Testament ab. Seit der Herr Jesus Christus, der Messias, gekommen ist, wird klargemacht: Nein, der Mensch konnte das Gesetz nicht halten, er braucht den Erlöser. Jesus Christus hat alles getan, sodass wir allein durch den Glauben gerechtfertigt werden.
Um dies darzulegen, greift der Römerbrief auf Habakuk 2 zurück, um zu zeigen, dass diese Botschaft schon im Alten Testament vorhanden ist. Es ist keine Neuerfindung von Paulus. In Römer 1,16 heißt es: „Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist Gottes Kraft zum Heil für jeden, der glaubt, sowohl für den Juden zuerst als auch für den Griechen. Denn darin wird Gottes Gerechtigkeit offenbart aus Glauben zu Glauben, wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus Glauben leben.“
Hier wird deutlich, dass der Mensch gerecht werden kann. Diese Gerechtigkeit hängt mit dem Glauben zusammen. Der Gerechte lebt aus Glauben, nicht aus Werken. So wird gezeigt, dass Gott gerecht ist und wie der Mensch gerecht werden kann. Das große Thema im Römerbrief ist Gottes Gerechtigkeit.
Es wird also auf Habakuk 2,4 zurückgegriffen, mit der Betonung: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“ Derselbe Vers wird auch in Galater 3,11 und Hebräer 10,38 aufgegriffen. Dies habe ich in Fußnote 18 bei Habakuk 2,4 vermerkt.
Interessant ist, dass die Qumran-Schriften zum Habakuk-Kommentar nicht auf den Gedanken der Gerechtigkeit durch Glauben kommen. Dort bleibt die Meinung bestehen, dass der Mensch durch Werke gerecht wird, durch sein Verdienst. Dabei steht es doch in Habakuk 2,4.
So wird dieses kleine Buch aus dem Alten Testament fundamental wichtig für die Botschaft des Evangeliums. Paulus will das Evangelium umfassend im Römerbrief darstellen. Er sagt, er wollte schon immer nach Rom kommen, war aber verhindert. Jetzt möchte er das Evangelium den Gläubigen in Rom in Form eines Briefes darlegen.
Im Römerbrief finden wir eine systematische Darstellung, wie der Mensch vor Gott gerecht sein kann – nicht durch Werke, sondern allein durch den Glauben an Jesus Christus. Dies baut auf Habakuk 2,4 auf.
Doch bald nach der Entstehung des Christentums zogen Wolken über das klare Licht des Römerbriefes. Ausgerechnet in Rom, wohin der Römerbrief gesandt wurde, begann man zu lehren, dass der Mensch gute Werke tun müsse – sein ganzes Leben lang –, um sich Gott langsam zu nähern. Man lehrte nicht, dass der Mensch in einem juristischen Akt von Gott gerechtgesprochen wird, weil Christus alles getan hat. Stattdessen entstand die Rechtfertigungslehre durch Werke.
In Römer 5,1 heißt es jedoch: „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott.“ Das Wort „gerechtfertigt worden“ ist im Griechischen ein Aorist, was eine abgeschlossene, punktuelle Handlung in der Vergangenheit bedeutet. Es ist kein Prozess. Das heißt, Gott hat glaubende Menschen in einem einmaligen Akt gerechtgesprochen.
Mit der griechischen Grammatik kann man die Lehre der römisch-katholischen Kirche grundlegend widerlegen.
Es ist bemerkenswert, dass der Römerbrief nicht nach Korinth oder Ephesus ging, sondern nach Rom. Gerade von dort aus wurde über Jahrhunderte hinweg vieles verdunkelt. Die Menschen wurden in Unwissenheit gelassen, was das Heil und die Sicherheit des Heils betrifft.
Dann war es ein Augustinermönch in einer Turmstube, der sich fragte: Wie kann ich einen gnädigen Gott haben? Er hatte sich selbst viel geschunden und geplagt, weil er dem gerechten Gott entsprechen wollte. Doch er sah, dass sein Leben nicht dem gerechten Gott entsprach. Er fühlte Gottes Zorn über sich. Wie kann ich einen gnädigen Gott haben?
Plötzlich erlebte dieser Mönch das sogenannte Turmerlebnis, als er Römer 1,17 las: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“ Nicht durch das, was ich leiste. Der Mensch kann gerecht sein vor Gott – aber aus Glauben. Diese Erkenntnis schlug ein wie ein Blitz.
So begann dieser Mönch Martin Luther, über die Gnade Gottes zu sprechen. Er hielt Vorlesungen als katholischer Professor für Theologie, unter anderem über den Galaterbrief und die Psalmen. Als er immer mehr Missstände sah, wollte er öffentlich mit seinen Studenten darüber sprechen. Er schlug 95 Thesen an eine öffentliche Tür.
Doch es kam alles anders, als er gedacht hatte. Er wollte eine Diskussion anregen, zum Beispiel darüber, ob das Messopfer biblisch ist oder nicht. Die Thesen wurden kopiert und verbreiteten sich in ganz Europa. So entstand die Reformation.
Martin Luther wurde mit dem Bann aus Rom belegt, ausgeschlossen und exkommuniziert. Noch vor dem Reichstag, als der Adel Europas versammelt war, sagte er: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir. Wenn ich irre, dann beweist es mir aufgrund der Heiligen Schrift, aber nicht aufgrund der Entscheidungen der Konzile. Nur aufgrund der Heiligen Schrift. Ich bin bereit, mich korrigieren zu lassen, wenn ihr das mit der Bibel könnt.“
Er hielt an dem Vers fest: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“ Das veränderte Europa vollkommen.
Tausende Nonnen und Mönche traten aus den Klöstern aus, weil sie die Gnade Gottes neu entdeckt hatten. Dieser Augustiner-Mönch war natürlich schon von der Gnadenlehre Augustins beeinflusst, die er aus der Bibel gefunden hatte.
So entstand eine der größten Erweckungsbewegungen der vergangenen 2000 Jahre: die Reformation. Die Bibel wurde neu entdeckt und in die Volkssprachen übersetzt. Die Menschen sollten die Bibel lesen, und dort steht: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“
Dieser kleine Satz aus Habakuk hat uns die evangelische Freiheit gebracht. Wir dürfen in Europa heute frei die Gnade Gottes verkündigen und unseren Glauben frei ausleben. All das geht auf Habakuk 2,4 zurück.
Darum können wir uns heute so frei versammeln. In früheren Zeiten wären wir alle eingesperrt worden, wenn wir so einen Bibelstudententag veranstaltet hätten – und erst recht, wenn einer von uns kein Priester gewesen wäre. Das wäre das Allerschlimmste gewesen. Wir wären ins Gefängnis gekommen oder getötet worden.
Habakuk 2,4 hat diesen Durchbruch gebracht, und davon zehren wir bis heute. Wir sind an diese Freiheit gewöhnt, doch sie geht auf diese Explosion zurück, die Habakuk 2,4 ausgelöst hat.
Aus dieser Erweckungsbewegung entstand später auch die Missionsbewegung ab dem 19. Jahrhundert. Das Evangelium wurde in alle Kontinente gebracht: nach Afrika, nach Schwarzafrika, zu den Indianern in Süd-, Mittel- und Nordamerika, nach Asien, in die hinduistische, buddhistische und taoistische Welt hinein.
Habakuk 2,4: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“ Es ist beeindruckend, dass dieses kleine Buch, das viele Bibelleser wegen seiner Kleinheit und scheinbaren Nebensächlichkeit übergehen, so viel bewirkt hat. Daher kommt all dies.
Die drei Akzente des Verses „Der Gerechte wird aus Glauben leben“
Nun, auf Seite 1, unter „charakteristische Ausdrücke und Besonderheiten“ – da sind wir schon auf Seite 2. Dort steht der Satz vor uns: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“
Dieser Satz wird dreimal im Neuen Testament zitiert: in Römer 1, Vers 17, in Galater 3, Vers 11 und in Hebräer 10, Vers 38. Dabei liegt jedes Mal die Betonung ein wenig anders.
Im Römerbrief geht es um die Gerechtigkeit Gottes. Die Frage lautet: Wie kann der sündige Mensch vor Gott gerecht sein? Die Antwort lautet: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“
Im Galaterbrief geht es darum, dass die Galater durch Gesetzeswerke von Gott angenommen werden wollten. Paulus sagt dagegen: „Nein, es geht nicht durch Werke, sondern nur durch Glauben“ und zitiert dabei Habakuk 2, Vers 4: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“
In Hebräer 10, Vers 38 wird dieser Vers noch einmal aufgegriffen. Dort wird gewarnt: Wer sich frustriert von Gott zurückzieht, dem wird Gott kein Gefallen haben. Doch „der Gerechte wird aus Glauben leben.“ Anschließend wird in Hebräer 11 das Leben der Glaubenshelden und -heldinnen im Alten Testament eindrucksvoll dargestellt. Hier liegt die Betonung auf dem Leben mit Gott: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“
Ich erinnere mich noch, dass ich mich vor vielen Jahren gefragt habe, wie das eigentlich im Hebräischen lautet. Die Akzente liegen auf den drei Begriffen: der Gerechte, aber, wird aus Glauben leben. Tatsächlich sind es auf Hebräisch drei Wörter. Sie sind oben auf Seite 2 zu sehen.
Das erste Wort heißt „Wetzadik“ und bedeutet „der Gerechte“. Das „W“ am Anfang ist das hebräische Wort für „aber“. Also: „Wetzadik“ heißt „der Gerechte, aber.“
Das zweite Wort lautet „Be-emunato“ und bedeutet „durch seinen Glauben“.
Das dritte Wort ist „Jichjäh“ und heißt „wird leben“.
So besteht der Satz wirklich aus drei Wörtern. Im Neuen Testament wird der Satz dreimal zitiert, und jedes Mal wird der Akzent auf ein anderes Wort gelegt: im Römerbrief auf „Wetzadik“ – der Gerechte, aber –, im Galaterbrief auf „Be-emunato“ – durch seinen Glauben –, und im Hebräerbrief auf „Jichjäh“ – wird leben.
Das zeigt den Reichtum des Wortes Gottes. Man kann auf jedem Wort herumdrücken, und es kommt immer mehr zum Vorschein. In jedem Wort hat Gott seinen Reichtum hineingelegt. Das gilt nicht nur für Habakuk 2, Vers 4, sondern für die ganze Bibel. Unser Leben reicht nie aus, um diesen Reichtum vollständig auszuschöpfen. Aber wir machen einfach weiter, so lange wir leben.
Schon der heilige Sänger im Psalm 119 sagte: „Nur ein Ende habe ich gesehen von aller Vollkommenheit, sehr ausgedehnt ist dein Gebot.“
Wenn man sich die drei Briefe anschaut, die sich mit Habakuk 2, Vers 4 beschäftigen, fällt noch etwas auf: Alle diese Briefe setzen sich mit der Gegenüberstellung von Gesetz und Gnade auseinander – aber mit unterschiedlichem Akzent.
Im Römerbrief wird die Notwendigkeit des Glaubens gezeigt. Der Mensch geht verloren, wenn er nicht glaubt. Gottes Zorn steht über der ganzen Menschheit, und der Mensch kann nur durch den Glauben an das Erlösungswerk des Herrn Jesus gerettet werden. Jesus hat den Zorn Gottes für uns getragen.
Im Galaterbrief geht es um die Ausschließlichkeit des Glaubens. Es gibt keine andere Möglichkeit, gerettet zu werden, als nur durch Glauben. Werke funktionieren überhaupt nicht! Die Ausschließlichkeit des Glaubens wird betont.
Im Hebräerbrief wird gezeigt, dass das, was Christus gebracht hat, über dem steht, was im Gesetz steht. Das Gesetz ist zwar Gottes Wort, hundertprozentig, aber es hat in Bildern, durch die Opfer usw., angedeutet, dass einmal das wahre Opfer kommen wird, wenn der Messias kommt.
Der Hebräerbrief erklärt, dass diese Opfer nur Schatten waren. Sie sind Ankündigungen, aber noch nicht die Realität. All diese Schatten weisen auf die Wirklichkeit hin, auf das, was Jesus Christus durch seine Erlösung gebracht hat.
So wird gezeigt, dass das, was Christus gebracht hat, überlegen ist gegenüber den Bildern, die Gott im Alten Testament gegeben hat. Die Bilder sind nur Bilder, noch nicht die Erfüllung. Wir müssen die Erfüllung haben, wir müssen vom Schatten zur Wirklichkeit gelangen.
Zusammengefasst: Im Römerbrief wird die Notwendigkeit des Glaubens betont, im Galaterbrief die Ausschließlichkeit des Glaubens, und im Hebräerbrief die Überlegenheit des Glaubens.
Und jedes Mal spielt in diesen Briefen das Wort aus Habakuk 2, Vers 4 eine ganz wichtige Rolle.
Hebräer 10,37-38: Die Wiederkunft Christi und der lebendige Glaube
Ja, jetzt gehen wir weiter im Bibeltext. Wenn wir schon Hebräer 10 erwähnt haben, dann sollten wir das mal ganz kurz aufschlagen. Hebräer 10,37: Da wird erklärt: „Und der Kommende wird kommen und nicht zögern; der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“
Dieser Satz „Der Kommende wird kommen und nicht zögern“ kommt uns doch irgendwie bekannt vor, hoffe ich. Es ist ein Zitat aus Habakuk 2. Dort haben wir ja in Vers 3 gelesen: „Denn die Vision bezieht sich nur auf die festgesetzte Zeit und schnaubt auf die Endzeit hin und täuscht nicht.“ Im Hebräischen ist das Wort für Vision männlich. Die Vision geht auf das Ende hin, und man könnte es männlich übersetzen: „Wenn er zögert, so warte auf ihn, denn kommend wird er kommen und sich nicht verspäten.“
Der Hebräerbrief übernimmt das und bezieht es direkt auf Christus. „Der Kommende wird kommen und nicht zögern“, und das ist ein absoluter Volltreffer, denn der Inhalt dieser Vision ist Jesus Christus. Darum kann man sagen, dass die Vision kommen wird, sie wird nicht zögern. Das wird in Erfüllung gehen, aber es ist gleichbedeutend mit Jesus Christus. Er wird wirklich kommen, und er wird nicht ausbleiben und sich auch nicht verspäten.
Jetzt gehen wir aber schön weiter im Bibeltext. Wir haben gesehen in Kapitel 2, Vers 5, dass Gott ankündigt, dass er das Gericht auch über die Babylonier bringen wird, über dieses Volk, das so brutal Nationen und Völker zusammengesammelt hat.
In Vers 6 heißt es: „Werden diese alle etwa nicht über ihn einen Spruch anheben, ja, ein Spottlied, Rätsel auf ihn?“ Und jetzt kommt etwas, was ich überschrieben habe mit „Spruch, Spottlied, Rätsel“. Es folgt ein Gedicht mit fünf Strophen. Dieses Gedicht ist ein Spott über die Feinde Gottes, ein Spott über all diese Nationen, die Gott zwar im Lauf der Geschichte benutzt, um andere Nationen zu strafen, aber die sich auch selbst vor Gott verschuldet haben. Darum müssen sie auch unter das Gericht Gottes kommen wegen ihres Hochmuts, ihres Stolzes und ihrer Rebellion gegen Gott.
So ist dieses Gedicht ein Spottlied auf diese Feinde Gottes. Doch wir werden gleich sehen, dass etwas Geheimnisvolles in diesem Gedicht steckt. Darum wird es auch ein Rätsel genannt. Es ist also etwas Rätselhaftes darin, nämlich die Frage, auf wen sich das alles bezieht.
Wir werden sehen, dass es sich zunächst ganz klar auf die Babylonier bezieht. Später wird es sich auf die Perser beziehen, die die Babylonier gestraft haben, dann auf die Griechen, die die Perser bestraft haben, dann auf die Römer, die die Griechen bestraft haben, und dann auf die Barbaren, die die Römer bestraft haben, auf die Türken, die auch die Römer bestraft haben, und so weiter bis heute.
Und wann ist es fertig? Dann, wenn der Herr Jesus kommen wird als der König über alle Könige, als der Richter der Welt.
Jetzt wollen wir uns dieses Gedicht zusammen anschauen. Ich lese die erste Strophe in Vers 6:
„Wehe dem, der aufhäuft, was ihm nicht gehört, bis wann, und sich Pfandlast aufladet! Werden nicht plötzlich sich erheben, die dich beißen, und aufwachen, die dich wegscheuchen? Und so wirst du ihnen zur Beute werden, denn du hast viele Nationen beraubt. Es werden dich berauben alle übrig gebliebenen Völker wegen der Blutschuld an Menschen und wegen der Gewalttat an Land, Stadt und allen ihren Bewohnern.“
Sehen wir: Jede Strophe beginnt mit „Wehe“ (hebräisch: „Wehidim“). Wir finden immer wieder, dass jede Strophe sich über drei Bibelverse verteilt. Im dritten Vers steht jeweils ein begründendes „Denn“. Ich habe das auch so dargestellt.
In der zweiten, dritten und vierten Strophe ist das so. Aber in der fünften Strophe wird alles gedreht: Sie beginnt nicht mit „Wehe“, sondern der zweite Vers des Bibelverses beginnt mit „Wehe“, und am Schluss steht nicht „Denn“, sondern das göttliche „Aber“ als Wende am Ende der Geschichte.
Dort sind wir dann in der Endzeit angelangt, wo alles umgedreht wird. Das wird sprachlich verdeutlicht.
Die erste Strophe zeigt die Babylonier, die so viel gestohlen und geraubt haben durch ihre Kriege. Sie werden selbst durch andere Völker bestraft werden. Aber auch hier sehen wir die Frage: „Bis wann?“ Habakuk hat ja schon am Anfang des Buches gefragt: Wann? Bis wann? Auch hier wieder: Wie lange geht das mit den Babyloniern?
Die Babylonier hatten exakt siebzig Jahre Weltherrschaft. Das hatte schon Jeremia vorausgesagt (Jeremia 27 und 29). Die Zeit Babylons wird 70 Jahre dauern, und so lange werden die Völker rund um Israel den Babyloniern dienen. Dann kommt ihre Zeit.
Tatsächlich haben die Babylonier im Jahr 609 v. Chr. endgültig das assyrische Reich besiegt. Da hörten die letzten Kriege auf. Ninive war schon drei Jahre zuvor gefallen. Dann waren sie wirklich Nummer eins in der Welt. Im Herbst 539 v. Chr. eroberten die Perser die Stadt Babylon. Nun war es vorbei.
Siebzig Jahre? Bis wann kann der so handeln? Gott hat immer eine ganz bestimmte Zeit.
Vers 7: „Werden nicht plötzlich sich erheben, die dich beißen, und aufwachen, die dich wegscheuchen?“ Das ist ein Wortspiel im Hebräischen, wie ich in der Fußnote erklärt habe. Das Verb „beißen“ bedeutet im Hebräischen zugleich „Wucherzins einfordern“.
Ich weiß, wie gesagt, von Babylon, wie sie aufhäufen und sich Pfandlast aufladen. Aber der Tag wird kommen, an dem andere ihnen Wucherzins auflegen, sie beißen.
Wucherzins ist etwas sehr Böses. Es ist nicht dasselbe wie normaler Zins. Banken haben das Recht, Zinsen einzufordern, weil das etwas ausgleichen soll, was die Entwertung des Geldes bewirkt. Darum ist das eine gerechte Sache.
Aber Wucher ist da, wo man den Armen Geld gibt und sie nicht aus ihrer Armut herauskommen, sondern sich durch übermäßigen Zins noch mehr verschulden. Das beißt.
„Werden nicht plötzlich sich erheben, die dich beißen, und aufwachen, die dich wegscheuchen? Und so wirst du ihnen zur Beute werden.“
Die Begründung lautet: „Du hast viele Nationen beraubt, es werden dich berauben alle übrig gebliebenen Völker wegen der Blutschuld an Menschen und wegen der Gewalttat an Land, Stadt und allen ihren Bewohnern.“
Diese Formulierung kommt dann wörtlich nochmals in Vers 17 am Schluss vor, aber das ist schon vorgegriffen.
Jetzt gehen wir zur zweiten Strophe:
„Wehe dem, der ungerecht bösen Gewinn macht für sein Haus, um sein Nest auf die Höhe zu setzen, um sich zu retten aus der Hand des Bösen. Du hast Schande beratschlagt für dein Haus, zu vernichten viele Völker, und so sündigst du mit deiner Seele. Denn der Stein schreit aus der Mauer, und der Verbindungssparren antwortet ihm aus dem Holzwerk.“
Hier wird gezeigt, wie die Babylonier Nebukadnezar für seine Dynastie – das ist sein Haus – schlimme Dinge getan hat. Er hat beratschlagt und Völkermord begangen, um viele Völker zu vernichten.
Gott sieht all die Völkermorde und bezeichnet das als Sündigen mit der Seele.
Dann wird erklärt, wie selbst die Steine in der Mauer und die Holzwerke Zeugen all dieser Ungerechtigkeit sind. Sie treten gewissermaßen als Zeugen gegen das auf, was die Babylonier sich ungerecht angeeignet haben.
Sehr poetisch, nicht wahr? Aber all dieses Materielle ist ein Zeugnis gegen sie.
Dritte Strophe:
„Wehe dem, der Städte baut mit Blutschuld und Städte gründet mit Ungerechtigkeit.“
Merken wir, wie aktuell das bis in die modernste Geschichte hinein ist! Wenn man an die Sowjetunion denkt, an die Jahrzehnte der Gewaltherrschaft, was die angerichtet haben und welche Städte mit Blutschuld sie aufgebaut haben.
„Wehe dem, der Städte baut mit Blutschuld und Städte gründet mit Ungerechtigkeit.“
„Siehe, kommt es nicht von dem Herrn der Heerscharen, dass Völker sich abmühen fürs Feuer und Völker sich für Leeres ermüden?“
Da wird deutlich gemacht: Es wird zwar viel gehandelt, aber schlussendlich ist es doch für nichts.
Man denkt zum Beispiel an die Sowjetunion, was die sich alles angehäuft haben, und am Schluss bricht alles krachend zusammen.
Aber das kommt vom Herrn der Heerscharen. Dieser Name ist wichtig: Yahweh der Heerscharen.
Heerscharen ist das Wort für kriegerische Truppen. Es wird in der Bibel auch für die Sternenheere des Weltalls verwendet.
Der Herr der Heerscharen ist der Herr, der das ganze Weltall mit allen Sternen, Galaxien, Galaxienhaufen und Supergalaxienhaufen in seiner Hand hat.
Das Wort Heerscharen wird auch für die Engelwelt benutzt, die hierarchisch strukturiert ist, wie das Weltall. Gott ist der Herr über alle Engelmächte.
Weiterhin wird das Wort Heerscharen auch für das Heer Israels und für die Heere aller Völker der Welt verwendet.
Gott ist also der Gott, der alle Armeen dieser Welt und auch die Armee Israels in besonderer Weise in seiner Hand hat.
„Siehe, kommt es nicht vom Herrn der Heerscharen, dass Völker sich abmühen fürs Feuer und Völker sich für Leeres ermüden?“
Dann kommt die Begründung:
„Denn die Erde wird erfüllt werden davon, dass man erkennt die Herrlichkeit des Herrn, wie das Wasser das Meeresbecken zudeckt.“
Es wird darauf hingewiesen, dass einmal die Zeit kommen wird, das tausendjährige Reich, in dem Gott als König auf dieser Erde anerkannt wird.
Überall auf der Erde wird man den Gott der Bibel, den Herrn der Heerscharen, kennen. Das ist heute noch nicht so.
Aber Jeremia 31 sagt, dass das kommen wird im tausendjährigen Reich:
„Und niemand wird seinem Mitbürger sagen: ›Ich kenne den Herrn‹, denn sie werden alle von ihm gelehrt sein.“
Das ist eine Aussicht, die sich der Mensch heute kaum vorstellen kann. Überall wird man den Herrn kennen – in Indien, in China, in Europa, überall.
Alle Götzen werden verschwinden, wie in Jeremia 10 beschrieben: In dieser Zeit werden alle Götzen unter dem Himmel verschwinden.
So wird die Erde einmal erfüllt werden von der Herrlichkeit des Herrn.
Das ist eine Anspielung auf ein früheres Prophetenwort aus Jesaja.
Jesaja schrieb ja hundert Jahre vor Habakuk. Schlagen wir auf Jesaja 11. Dort wird über die Herrschaft des Messias, Jesus, im tausendjährigen Reich gesprochen, wo der Wolf beim Lamm lagern wird, der Leopard beim Böcklein, das Kalb zusammen mit dem Löwen usw.
In Jesaja 11,9 heißt es:
„Man wird nicht übeltun noch verderbt handeln auf dem ganzen heiligen Gebirge, denn die Erde wird voll sein der Erkenntnis des Herrn, gleichwie die Wasser den Meeresgrund bedecken.“
Ein drastisches Bild! Die Wassermassen der Ozeane bedecken vollständig die Meeresbecken.
Die vierte Strophe:
„Wehe dem, der seinem Nächsten zu trinken gibt, indem du deinen brennenden Zorn beimischst und ihn sogar betrunken machst, um seine Blöße anzuschauen.“
Hier wird auf schlimme Perversion hingewiesen, im Zusammenhang mit Alkohol und böser Lust.
„Du hast dich mit Schande gesättigt anstatt mit Ehre. Trinke auch du und entblöße dein Unbeschnittensein.“
„Es wird sich zu dir wenden der Becher aus der Rechten des Herrn und Erbrechen von Schande über deine Herrlichkeit.“
Bis hierhin: Das Gericht wird auch über Babylon und alle späteren Nationen kommen.
Hier wird angespielt auf den Becher des Herrn. Es gibt viele Bibelstellen, die vom Zornbecher Gottes sprechen.
In Jeremia und Hesekiel zum Beispiel finden wir dieses Bild: Gott gibt einer Nation den bitteren Weinkelch, den sie trinken müssen. Das bedeutet, das Gericht Gottes kommt vollständig über sie.
Wir finden dieses Bild später wieder in Johannes 18, als der Herr Jesus gefangen genommen wird. Er erklärt den Jüngern: „Soll ich nicht den Kelch aus der Hand meines Vaters nehmen?“
Er war bereit, den Zorn Gottes vollkommen auf sich zu nehmen als Opfer auf Golgatha.
Aber die Menschen, die das Opfer des Herrn Jesus nicht annehmen, müssen einmal selber den Zornbecher Gottes trinken.
Darum heißt es hier:
„Es wird sich zu dir wenden der Becher aus der Rechten des Herrn.“
Dann wird hier auf übermäßigen Alkoholgenuss angespielt, der bis zum Erbrechen führt.
„Und Erbrechen von Schande über deine Herrlichkeit.“
In vielen Bibelübersetzungen steht dort nur „Schande über deine Herrlichkeit“.
In der Fußnote 24 habe ich erklärt, dass die Übersetzung „Schande“ hier vom hebräischen Wort „kilkalon“ stammt, anstatt was man eigentlich erwarten würde: „kilkalon“.
„Kilkalon“ bedeutet Schande, aber klingt im Hebräischen wie zwei Wörter: „Ki kalon“.
Das heißt „Erbrechen der Schande“.
Das ist wieder ein poetisches Wortspiel. Durch dieses kleine Abändern – nicht „kilkalon“, sondern „ki kalon“ – habe ich versucht, das im Deutschen mit „und Erbrechen von Schande über deine Herrlichkeit“ auszudrücken.
„Denn die Gewalttat an dem Libanon wird dich bedecken und die Verwüstung unter den Tieren, die sie in Schrecken versetzt hat, wegen der Blutschuld an Menschen und wegen der Gewalttat an Land, Stadt und allen ihren Bewohnern.“
Ich habe gesagt, die Babylonier kamen gegen Israel vom Norden her, vom Libanon her.
Der Libanon bildete die Nordgrenze Israels.
Hier wird auf ökologische Zerstörung angespielt, also Abholzen im Libanon, wodurch auch die Tiere dort in Schrecken versetzt wurden.
Es ist nicht erst in der modernen Zeit so, dass Kriege bewusst die Umwelt zerstören. Das gab es auch schon früher, und das wird hier erwähnt.
Fünfte Strophe – jetzt wird alles gedreht:
„Was nützt eine Götzenskulptur, dass ein Bildner sie gestaltet hat, und ein gegossenes Bild, ein Lehrer der Lüge, dass der Bildner seines Gebildes darauf vertraut, indem er stumme, nichtige Götzen anfertigt?“
Babylon war die Stadt der Götzen. Babylon war förmlich vom Götzendienst geprägt.
Wenn man zur Zeit Daniels nach Babylon gekommen wäre, hätte man durch das Haupttor eintreten müssen.
Das kann man heute nachvollziehen, man muss nur noch einmal nach Berlin gehen.
Die Deutschen haben das originale Tor von Babylon ausgegraben, es um 1930 nach Deutschland gebracht und wieder aufgebaut – das Original, allerdings das kleinere Vortor.
Hinter diesem gibt es noch das größere Haupttor, das noch größer wäre. Dafür müsste man das Pergamomuseum umbauen, noch höher bauen.
Man bekommt einen Eindruck, wie gewaltig dieses Tor künstlerisch gebaut ist.
Darauf sind die Ishtar, die Göttin Ishtar, und der Stier des Marduk, der Marduk-Stier, abgebildet.
Es ist eine Stadt der Götzen. Schon beim Anblick des Tores kommen einem diese scheußlichen Götzen entgegen.
Ishtar ist dort als Drache dargestellt, und Marduk als Stier, der als Gott verehrt wurde.
„Was nützt eine Götzenskulptur, dass ihr Bildner sie gestaltet hat? Ein gegossenes Bild ist nur ein Lehrer der Lüge.“
Ein Lügenlehrer ist ein Götzenbild, auf das der Bildner vertraut.
Die Menschen vertrauen im Götzendienst auf solche Skulpturen. Unglaublich!
Bis zum Marienkult – ich habe das ganz schlimm erlebt im Libanon. Dort habe ich eine Verehrungsstätte der Maria besucht, ein riesiges Marienbild.
Ich habe Leute gesehen, die vor diesem Götzenbild weinten und ihre Tränen fließen ließen.
So etwas habe ich in Europa nie so krass erlebt wie im Nahen Osten.
Bis in unsere heutige Zeit vertrauen Menschen auf das Bild, indem sie stumme, nichtige Götzen anfertigen.
Der Götzendiener würde natürlich sagen: Halt, das ist nicht einfach tot!
Das führt uns zum nächsten Vers:
„Wehe dem, der zum Holz spricht: ›Erwache! Wach auf!‹ zum lautlosen Stein!“
Im Hinduismus sagt man, wenn ein Götzenbild gemacht ist, dann ist das an sich noch nichts.
Dann muss der hinduistische Priester in einem Ritual das Leben in das Götzenbild hineinbringen.
Dann sagen sie, jetzt lebt das Götzenbild.
In Ägypten nannte man das Ritual „Mundöffnung“. Es wurde täglich wiederholt, und so wurden die Götzenbilder durch ein okkultes Ritual belebt, wie sie glaubten.
Die Bibel sagt: Das stimmt nicht.
„Wehe dem, der sagt: Erwache! Wach auf zum lautlosen Stein!“
Dann fragt der Prophet ironisch: „Lehrt dieser tote Götze?“
„Siehe, er ist überzogen mit Gold und Silber, und kein Geist ist in seinem Innern.“
Das stimmt gar nicht, es ist nur Materie.
Jetzt kommt das göttliche „Aber“:
„Der Herr ist im Tempel seiner Heiligkeit; schweige vor ihm, ganze Erde!“
Gott ist im Himmel, in seinem Tempel.
Das Wort „Heichal“ bedeutet gleichzeitig Palast.
Gott ist der König im Himmel, auch durch all diese Zeiten hindurch, in denen man meinte, Gott greife nicht direkt ein und Völker bestrafen einander.
Nein, Gott ist da, in seinem heiligen Palast, in seinem heiligen Tempel, und die ganze Erde hat zu schweigen.
Wie in Hiob 9 heißt es:
„Auf tausend wirst du Gott nicht eines antworten können.“
Wenn der Richter uns fragt, können wir nichts antworten.
Habakuk 3: Ein bewegter Psalm über die Wiederkunft Christi
Nun folgt auf diesem Höhepunkt des Gedichts ein Psalmgedicht. Kapitel drei, Vers eins: Ein Gebet von Habakuk dem Propheten, nach der Weise von Shigyonot.
Shigyonot bedeutet, dass es ein bewegter, unruhiger, aufgeregter Rhythmus ist. Das heißt nicht, dass es Rockmusik ist. Das wäre nämlich ein eiserner, immer gleichbleibender Grundschlag, aber so etwas praktizierte man im alten Israel nicht. Dort war der Rhythmus bestimmt vom variablen Grundrhythmus des Satzbaus beim Singen. Es ist also ein unruhiges, aufgeregtes Lied.
„Herr, ich habe deine Botschaft gehört.“ Es geht um die Botschaft, dass Gott als Richter kommen wird. Habakuk fürchtet sich vor dieser Botschaft. Er bittet: „Herr, belebe dein Werk inmitten der Jahre, tue es kund inmitten der Jahre.“ Habakuk ist entsetzt über die Botschaft, dass Gott als Richter kommen wird. Er bittet darum, dass Gott nicht erst in der Endzeit, sondern schon inmitten der Jahre sein Werk belebt.
In Hesekiel 38,8 wird die Endzeit als „am Ende der Jahre“ bezeichnet. Hier aber heißt es „inmitten der Jahre“. Das bedeutet, dass Gott in der Zeit vor der Endzeit sein gnädiges Werk tun und beleben soll, damit Menschen umkehren, bevor es zu spät ist. „Dein Werk inmitten der Jahre belebe er es. Inmitten der Jahre tue es kund im Zorngedenke des Erbarmens.“
Nun sieht Habakuk, wie der Herr Jesus wiederkommt, und zwar von Süden her. Gott kommt von Teman her, ja, der Heilige vom Gebirge Paran her. Teman ist ein Ort in Südjordanien. Ich habe verschiedene Stellen im Alten Testament aufgelistet, wo Teman vorkommt. Das Gebirge Paran ist das Gebirge in der Negev-Wüste, das parallel zum Gebirge in Südjordanien verläuft. Von dort sieht der Prophet Gott kommen.
Ich erinnere an den Bibelstudientag über Obadja, wo es um das Endzeitgericht über Edom geht. Dort habe ich erklärt, wie das eine ganz wichtige Rolle spielen wird im Zusammenhang mit der Wiederkunft Christi. Gott wird ein spezielles Gericht in Südjordanien halten. Das ist zu unterscheiden von seinem Kommen in Harmageddon, das in Nordisrael stattfindet, und auch zu unterscheiden von seinem Kommen auf dem Ölberg bei Jerusalem (Sacharja 14). Ebenso ist es anders als sein Kommen in Ägypten (Jesaja 19,1), wo der Herr auf einer Wolke nach Ägypten kommt.
Jesus Christus wird in verschiedenen Phasen als Richter der Welt erscheinen, und der Prophet sieht ihn kommen von Teman her. Dort wird Südjordanien vollkommen vernichtet, sodass es nicht mehr bewohnbar ist. Gott kommt von Teman her, ja, der Heilige vom Gebirge Paran her. Dann folgt „Sela“. Sela bedeutet, dass der Chor im Tempel schweigt und die Instrumente ein Zwischenspiel spielen.
Der Himmel ist bedeckt von seiner Pracht. Es geht um die Wiederkunft Christi, und von seinem Lob ist die Erde erfüllt. Ein Glanz wie Licht entsteht, Strahlen hat er an seinen Seiten. Dort ist die Hülle seiner Macht. Vor ihm her geht die Seuche, und Fieber und Glut gehen aus seinen Füßen nach. Er steht hin, und die Erde schwankt. Er schaut hin und lässt die Nationen aufspringen. Es gibt ein schreckliches Erdbeben, die Berge der Vorzeit zerbersten, und die Hügel der Urzeit sinken nieder.
Ich verweise auf Micha 1,4, Nahum 1,5, Sacharja 14,4 und 10, wo beschrieben wird, wie sich in der Endzeit geologisch die Oberfläche der Erde verändern wird. Berge werden abgesenkt, neue Täler werden gebildet, wenn der Herr Jesus wiederkommt. „Es zerbersten die Berge der Vorzeit, es sinken nieder die Hügel der Urzeit, die Wege von alter Zeit her sind sein.“ Das ist etwas kompliziert formuliert, aber es bedeutet, dass Gott, wie früher im Alten Testament, wieder aktiv eingreift. Ich denke an die Sintflut, die nun wiederkehrt: Gott greift direkt ein.
Unter Angst sah ich die Zelte Kuschans, sie zitterten. Kuschans ist hier ein verlängerter Name für Kusch, das ist Schwarzafrika, Sudan, Äthiopien, also auf der afrikanischen Seite des Roten Meeres. Der Herr kommt von Teman her. Das ist beim Roten Meer die Zeltbehänge des Landes Midian. Midian liegt auf der anderen Seite, an der arabischen Küste des Roten Meeres.
„Ist der Herr gegen Ströme erzürnt? Ist etwa dein Zorn gegen die Ströme, gegen das Meer gerichtet? Ein Grimm, dass du reitest auf deinen Pferden mitsamt deinem Wagen der Rettung?“ In Offenbarung 19,11 wird gezeigt, wie der Herr Jesus auf einem weißen Pferd kommen wird. Das ist ein Engel, ein Cherub. Nach Psalm 19 wird er auf einem Cherub reiten, in Gestalt eines Pferdes, und die Gläubigen, die Heere im Himmel, werden ihm folgen, auch auf weißen Pferden.
Die Gläubigen der Gemeinde werden mit ihm kommen, ebenso die Gläubigen aus dem Alten Testament. Auf dem Wagen sind Engel, wie man in Psalm 68,17 nachlesen kann, wo von unzähligen Wagen der Engel gesprochen wird.
„Blank entblöst ist ein Bogen, Schwüre, Ruten des Wortes.“ Sela. Es folgt wieder ein Zwischenspiel, das zum Nachdenken im Tempel anregt, was da gesungen wurde. Die Seitenspiele füllen diese Pause aus, und dann kommt:
„Mit Strömen spaltest du die Erde.“ Durch die neu entstandenen Täler fließen neue Ströme. Die Berge beben, ein Regensturm fährt dahin. Die Meerestiefe erhebt ihre Stimme, in die Höhe erhebt sie ihre Hände. Die Hände symbolisieren die Wogen, die Wellen der Meere und Ozeane, die toben werden. Es drohen schreckliche Tsunamis.
Sonne und Mond treten in die Wohnung, das heißt, sie verdunkeln sich beim Licht von Pfeilen, die dahinfliegen, und beim Blitzglanz eines Speers. Es werden Blitze vom Herrn ausgehen, wenn er mit seinem Heer kommt. Diese Blitze werden heller sein als das Sonnenlicht. Darum treten Sonne und Mond zurück.
„Mit Zorn durchschreitest du die Erde, im Zorn stampfst du die Nationen nieder. Du bist ausgezogen zur Rettung deines Volkes.“ Hier geht es um den gläubigen Überrest aus Israel, der nach der Drangsal umkehren wird. Zur Rettung deines Gesalbten zerschmetterst du den Kopf vom Haus des Gesetzlosen, indem du den Grund entblößt bis zum Hals. Sela.
„Du hast durch Bord mit seinen Stäben den Kopf seiner Fürsten zerschmettert, die heranstürmten, um mich zu zerstreuen.“ Hier spricht der Prophet für Jerusalem, das in der Drangsalzeit vom König des Nordens schrecklich bedrängt wird. Man lese Micha 4 am Schluss und Micha 5. Diese Truppe stürmt heran, aber der Herr Jesus wird den Überrest aus Jerusalem befreien.
Darum heißt es weiter: „Ihr Jubelgeschrei war also von den Feinden. Ihr Jubelgeschrei war gleichsam fressend gegenüber den Sanftmütigen im Versteck.“ So kommen die Feinde aus dem Norden, Syrien und alle seine Verbündeten, der König des Nordens aus Daniel 11,40 und folgende.
Der Sanftmütige ist im Alten Testament der treue, demütige Gläubige, der auf Gott vertraut. In Matthäus 5,5 in der Bergpredigt sagt der Herr Jesus: „Glückselig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Land ererben.“ Nicht die islamischen Heere, die kommen werden, sondern die Sanftmütigen werden das Land erben.
„Du betratest das Meer mit deinen Pferden auf dem Schwall großer Wasser. Ich hörte es, und so zitterte mein Leib, bei dem Laut bebten meine Lippen.“ Habakuk beschreibt, wie er erschüttert war während der Vision. Es drang Knochenfrass in seine Knochen, er bekam richtig weiche Knie, wie wenn die Knochen ihn nicht mehr tragen können. „Wo ich stand, da zitterte ich, der ich ruhen werde am Tag der Drangsal, wenn hinaufzieht gegen das Volk, der auf es eindringen wird.“
Habakuk weiß, er persönlich wird ruhen, wenn die Drangsalzeit kommt. Denn die alttestamentlichen Gläubigen werden auch mit dem Herrn kommen. Diese werden keine Angst mehr haben, wenn er kommt mit allen Heiligen (Sacharja 14). Denn der Feigenbaum wird nicht blühen, und kein Ertrag wird an den Weinstöcken sein. Es trügt das Erzeugnis des Olivenbaums, und die Getreidefelder erzeugen keine Speise. Das Kleinvieh wird aus der Hürde abgeschnitten, und keine Rinder sind in den Ställen.
Das geht eindrücklich parallel mit Joel 1 und 2, wo beschrieben wird, wie Israel in der Drangsalzeit völlig vertrocknen wird durch eine dreieinhalbjährige Trockenzeit. Diese wird auch in Offenbarung 11 erwähnt. Alles wird kaputtgehen.
Schließlich sagt der Prophet, der so unruhige Fragen hatte am Anfang: „Ich aber will jubeln in dem Herrn, ich will frohlocken in dem Gott meiner Rettung. Der Herr, der Gebieter, ist meine Kraft.“
„Er macht meine Füße wie die Hirschkühe, und auf den Höhen lässt er mich einherschreiten.“ Herr Jesus wird mit allen Erlösten kommen, auf dem Ölberg und an anderen Orten. Die Gläubigen aus dem Alten und Neuen Testament werden ihn begleiten.
Dann folgt noch die Erklärung für den Dirigenten mit dem Seitenspiel. Es war bestimmt für den Dirigenten des professionellen Chors im Tempel. Habakuk selbst war Musiker und sagt, dass das Lied mit seinem Seitenspiel aufgeführt werden soll.
Dieser Ausblick auf das Ende zeigt, dass alle Fragen beantwortet werden. Der Gläubige wird sehen, dass Gott das letzte Wort haben wird. So wie Händel es in seinem Messias vertont hat: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“
Der Vers sagt weiter: „Und als der Letzte wird er auf der Erde stehen, er wird das letzte Wort sprechen, und niemand wird mehr den Herrn und sein Reich ablösen.“ Er wird das letzte Wort sprechen, und die Gläubigen können völlig zur Ruhe kommen.
Aber so weit sind wir noch nicht. Die Fragen sind noch offen, wenn man in die Welt hinausschaut. Doch das Buch Habakuk hilft uns, als Gläubige durch Glauben zu leben. Nicht halb tot herumzuliegen, deprimiert, frustriert oder abgelöscht zu sein, sondern mit dem Herrn in dieser Zeit zu leben.
Wir wissen, er kommt, und er wird das letzte Wort haben. Aber jetzt können wir die Menschen noch zur Umkehr rufen. Er hat nicht verzogen, er verzieht nicht, aber er gibt jetzt noch Gnade, damit Menschen zur Bekehrung kommen.
Zum Schluss ein Gebet: Herr Jesus Christus, wir danken dir für dein wunderbares Wort, in dem wir dich immer wieder neu entdecken dürfen, in deiner Größe, Herrlichkeit und Macht. Danke, dass wir, so viele wir dein Eigentum sind, durch den Glauben allein in dir Zuflucht finden durften. Danke, dass du die Last unserer persönlichen Schuld vollkommen abgenommen hast, dass du uns Frieden gegeben hast.
Du gibst uns auch durch dein Wort Ruhe in all unseren aufgeregten Fragen. Wir dürfen wissen, dass du die Antwort kennst und dass du am Ende alles sichtbar für die ganze Welt klären wirst. So möchten wir dir Ehre und Herrlichkeit geben und danken dir, dass du uns durch diesen Tag geleitet hast. Wir danken dir für alle Gemeinschaft, alle Gespräche und für den Segen, den du uns gegeben hast.
Wir empfehlen uns dir weiter auf unserem Weg, bis du kommst. Hilf uns, diese Zeit nicht mehr für uns selbst zu leben, sondern für dich, der du alles für uns gegeben hast und für uns am Kreuz von Golgatha gestorben bist. Amen.