Die Vielfalt und Qualität der Liebe Gottes
Wir fahren weiter in Epheser 2, Vers 4. Hier wird das große göttliche "Aber" und die Menge der Liebe Gottes betont, und zwar wegen seiner vielen Liebe.
Es ist etwas anderes, was wir in 1. Johannes 3 finden. Können wir das kurz aufschlagen? In 1. Johannes 3 sagt der Apostel Johannes: "Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen, und wir sind es."
Hier wird gesagt: welch eine Liebe. Es geht nicht um die Menge, sondern um die Qualität, die Art und Weise der Liebe Gottes. Es ist nicht dasselbe.
Unter den Menschen gibt es Fälle, in denen jemand sehr viel Liebe gibt, aber man kann fast nicht mehr atmen. Dann kann man nicht sagen: welch eine Liebe, sondern einfach: wie viel Liebe.
Bei Gott sehen wir beides: diese viele Liebe, womit er uns geliebt hat, und die Qualität, die Einsicht, die dahintersteht – diese Liebe, die Gott uns gegeben hat.
Beides sehen wir im Gleichnis vom verlorenen Sohn. Dort sehen wir die Liebe des Vaters, der dem verlorenen Sohn, der heimkehrt, entgegengeht, ihn umarmt und ihn zärtlich oder vielfach küsst. Das ist diese viele Liebe.
Wenn wir weitersehen, wie er ihm ein neues Kleid gibt, neue Sandalen und ein Fest veranstaltet, um zu feiern, dass dieser Sohn tot war und nun wieder gefunden und lebendig geworden ist, dann sehen wir die Qualität der Liebe – welch eine Liebe!
Beides wird dargestellt.
Die zwei verlorenen Söhne als Bild für Heiden und Juden
Und wenn ich schon vom verlorenen Sohn gesprochen habe: Dieses Gleichnis in Lukas 15 enthält eigentlich zwei verlorene Söhne.
Der jüngere Sohn, der weggeht und ein ausschweifendes Leben führt, ist ein Bild für die Heidenvölker. Diese werden im Epheserbrief durch die Epheser selbst dargestellt.
Der andere Sohn blieb zu Hause, hatte aber keine Beziehung zum Vater. Er sagt: „Noch nie hast du mir ein Fest gegönnt, bei dem ich mich mit meinen Freunden freuen konnte.“ Dabei meint er nicht, sich mit seinem Vater zu freuen.
Das erinnert an diejenigen, die sagen: „Endlich sturmfreie Bude, die Eltern sind weg, jetzt kann man feiern.“
Das zeigt, dass auch der ältere Sohn ein großes Problem hatte – er war ebenfalls ein verlorener Sohn. Allerdings repräsentiert er die verlorenen Söhne im Judentum.
Der Herr spricht in diesem Gleichnis besonders zu den Pharisäern. Es sind also zwei verlorene Söhne, aber ein Vater, der sich um beide kümmert.
Auch wir haben einst in unseren Vergehen gelebt und waren damit wie diese beiden verlorenen Söhne.
Die göttliche Wende durch die Auferstehung Christi
Eben Vers 4 – die göttliche Wende. Er sagt in Vers 5, dass er auch uns, als wir in den Vergehungen tot waren, mit Christus lebendig gemacht hat.
Wir haben bereits die drei Punkte gesehen, die die Epheser erkennen sollten: die Hoffnung der Berufung, den Reichtum der Herrlichkeit und drittens die überragende Größe seiner Kraft, die in der Auferstehung gewirkt hat.
Hier wird nun gesagt, dass diese überragende Kraft der Auferstehung nicht nur Christus auferweckt hat, sondern auch diejenigen, die tot waren in Sünden und Vergehungen, mit Christus lebendig gemacht hat. Die Kraft seiner Auferstehung ist also die Kraft, die angewendet wird, um Menschen, die in Sünden tot sind, zum Leben zu bringen.
Es wird hier nichts darüber gesagt, dass wir mit Christus gestorben sind. Das ist ein anderer Aspekt, der zum Beispiel im Römerbrief ausgeführt wird. Hier jedoch wird betont: Ihr wart tot, und durch die Auferstehung Christi seid ihr lebendig gemacht worden.
Dann wird hervorgehoben: Durch Gnade seid ihr errettet. Das mussten die Reformatoren erst entdecken, was hier steht. So konnten sie vor 500 Jahren das Prinzip erkennen: sola fide – allein durch den Glauben – und hier auch sola gratia – allein durch die Gnade.
Er hat uns mit auferweckt und mit sitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus Jesus. Daraus können wir ableiten, dass wir jetzt eigentlich schon zu Rechten Gottes auf dem Thron sitzen. Wie ist das möglich, wenn wir doch hier auf der Erde sind?
Dadurch, dass wir mit Christus so eng verbunden sind und mit ihm eins gemacht sind – in 1. Korinther 12,27 lesen wir, dass die Gemeinde der Leib Christi ist – wird hier deutlich gemacht, dass seine Auferweckung auch unsere Auferweckung ist.
Sein Sitzen als Mensch im Himmel zur Rechten Gottes ist auch unser Mitsitzen, weil wir mit ihm verbunden sind. Das bedeutet Mitsitzen in den himmlischen Örtern. Das ist unsere Stellung.
Dadurch, dass wir mit ihm verbunden sind, wird sein Sitzen uns so angerechnet, als ob wir diesen höchsten Platz mit ihm einnehmen würden. Wichtig ist also das Wort: mit Christus lebendig gemacht, mit auferweckt und mit sitzen lassen in den himmlischen Örtern.
Gottes Programm für die Ewigkeit und die kommende Zeit
Und nun kommt Gottes Programm für die Ewigkeit. In der Bibel wird über die Ewigkeit nicht sehr ausführlich gesprochen. Dennoch gibt es verschiedene Abschnitte, die besonders bedeutsam sind. Besonders hervorzuheben ist Offenbarung 21,1-9 beziehungsweise 1-8, wo vom neuen Himmel und der neuen Erde die Rede ist. Auch im Alten Testament gibt es einige Stellen, die von der Ewigkeit über das tausendjährige Reich hinaus sprechen, allerdings nur wenige.
Der hier betrachtete Vers ist genau ein solcher Vers, der über diese Schöpfung und das tausendjährige Reich hinausgeht. Er sagt: „Damit er in den kommenden Zeitaltern den überragenden Reichtum seiner Gnade in Güte an uns erwiese in Christus Jesus.“
Man muss hier genau lesen, denn überraschend steht dort „in den kommenden Zeitaltern“. Das kommende Zeitalter ist ein bekannter rabbinischer Ausdruck für das messianische Reich, also das tausendjährige Reich nach Offenbarung 20. Doch hier geht es darüber hinaus, zu den kommenden Zeitaltern.
Das verweist auf Offenbarung 21, wo es heißt: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde.“ Außerdem sagt Offenbarung 22,5 in ganz kurzen Worten: „Und sie werden herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ Das sind diese kommenden Zeitalter.
Das bedeutet also, Gott hat ein Programm für die kommende Zeit, für alle Ewigkeit. Und was wird er tun? Er wird den überragenden Reichtum seiner Gnade in Güte an uns erweisen, und zwar in Christus Jesus.
Dieser Gedanke übersteigt alles, und deshalb wird in Offenbarung 21, wenn von der Ewigkeit gesprochen wird, oft wiederholt, was nicht mehr sein wird. Dort steht häufig „wird nicht mehr sein“. Viele Dinge werden in der Ewigkeit nicht mehr existieren.
Warum wird das so oft betont? Weil wir uns manche Dinge besser vorstellen können, wenn wir wissen, dass es sie dann nicht mehr geben wird. Andernfalls müssten wir uns etwas vorstellen, das wir ja sowieso noch nie erfahren haben.
Deshalb wird so viel gesagt: Kein Geschrei mehr. In manchen Familien gibt es viel Geschrei, und dann wird es nie mehr Geschrei geben. Keine Schmerzen mehr. Viele Gläubige leben mit Schmerzen, aber das ist ein gewaltiger Gedanke: Nie mehr Schmerz.
Immer wieder sind wir mit dem Tod in unserer Nähe konfrontiert. Dort wird gesagt: Tod wird nicht mehr sein. Auch Tränen begegnen uns oft, aber es wird keine Tränen mehr geben. Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen, und so weiter und so fort.
All das ist in diesem ganz allgemein gehaltenen Ausdruck eingeschlossen: „Damit ihr in den kommenden Zeitaltern den überragenden Reichtum seiner Gnade in Güte an uns erwiese in Christus Jesus.“
Man muss sich das also richtig einprägen. Epheser 2,7 beschreibt Gottes Programm für die Ewigkeit.
Die Rettung allein durch Gnade und Glauben
Dann haben wir es gespeichert und können es jederzeit wieder abrufen. Denn durch die Gnade seid ihr errettet – mittels des Glaubens. Auch hier wird erneut betont: Diese Gnade und dieser Glaube sind notwendig, um errettet zu werden. Sola gratia, sola fide – das ist die biblische Basis.
Durch die Gnade seid ihr errettet. Dieses „Ihr seid errettet“ beschreibt Gottes Handlung in der Vergangenheit an uns. Jetzt sind wir errettet. Die Errettung ist kein Prozess, sondern etwas, das in der Vergangenheit vollendet wurde und jetzt Bestand hat. Ihr seid errettet. Die Errettung ist kein langer Prozess, bei dem immer mehr Gnade eingeträufelt wird, sondern etwas Vollendetes. „Ich bin errettet“ – das drückt dieser Vers aus: Ihr seid errettet.
Aber all das ist nicht unser Verdienst, es kommt nicht aus uns, sondern ist Gottes Gabe. Das konnten wir nicht selbst bewirken. Deshalb wird in Vers 9 nochmals betont: Nicht aus Werken, damit niemand sich rühme. Auch hier wird die biblische Lehre klar verkündet: Die Rettung geschieht nicht durch Werke.
Werke sind nach dem Jakobusbrief ein Beweis dafür, dass jemand wirklich echt errettet ist. Dann tut er gute Werke. Aber die Rettung geschieht nicht durch Werke. Deshalb wird hier betont, dass es nicht aus euch ist, sondern Gottes Gabe – nicht aus Werken, damit niemand sich rühme.
Die Gemeinde als Gottes Werk zu guten Werken
Vers 10: Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus. Hier wird die Gemeinde als eine ganz besondere Schöpfung dargestellt. Wie wir noch weiter sehen werden, nimmt sie besonders in Kapitel 1 als Geschöpf den höchsten Platz in der ganzen Schöpfung ein – höher als die Engel, höher als das irdische Volk Israel, höher als irgendein anderes Geschöpf.
Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvorbereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.
Hier haben wir die Ergänzung aus dem Jakobusbrief: Ihr seid errettet, nicht aus Werken. Für die Rettung kann man also nichts beitragen; man muss das, was Jesus Christus am Kreuz für uns getan hat, einfach in Anspruch nehmen.
Aber wenn man errettet ist, dann sehen wir: Wir sind geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken. Die Lehre, dass wir nicht durch Werke errettet werden, schwächt also nicht die Wichtigkeit der guten Werke im Glaubensleben ab. Das ist der nächste Schritt.
Wir sind geschaffen, um gute Werke zu tun. Doch hier haben wir gleich einen Schutz eingebaut gegen Burnout – gute Werke, nicht wahr? Wenn wir uns umschauen, dann sehen wir so viele Möglichkeiten für gute Werke und so viel Elend um uns herum und auch weit entfernt von uns. Das könnte besonders Menschen, die sehr feinfühlig sind und sich gut einfühlen können, schon allein in Gedanken zur Erschöpfung bringen.
Denn man sieht: Ich kann das nicht. Aber das müssen wir ja auch nicht, denn hier steht: Wir sind ein Werk, geschaffen zu guten Werken, die Gott zuvorbereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.
Gott hat also im Voraus einen Plan, welche bestimmten Aufgaben und Werke er für uns vorgesehen hat. Diese müssen wir erkennen und ausüben. Das hilft auch, damit man Nein sagen kann, wenn es nötig ist. Wir müssen da und dort sagen: Es geht nicht, ich kann das nicht auch noch. Aber das weiß ich: Das ist meine Aufgabe.
Dann können wir in diesen Werken, die Gott vorbereitet hat, wandeln. Das ist auch ein Rezept, um Dinge für den Herrn mit echter Freude zu tun. Psalm 100 sagt ja: Dient dem Herrn mit Freuden.
Man kann dem Herrn auch dienen, indem man ständig am Luftschnappen ist. Das ist aber eigentlich nicht der Plan Gottes. Er möchte, dass wir ihm mit Freude dienen. Dafür müssen wir erkennen, was nicht unsere Aufgabe ist und welche unsere Aufgaben sind. Dann können wir diese umso besser und umso freudiger tun.
Also ist Epheser 2,10 ein Vers, den man besonders beachten muss. Er kann einen vor einem Burnout bewahren.
Die Erinnerung an die frühere Heidenidentität
Und schon kommen wir zu Vers 11. Hier sehen wir wieder ein Strukturwort, das eine Schlussfolgerung aus all dem zieht, was Gott nach Epheser 2,1-10 getan hat.
Deshalb erinnert euch daran, dass ihr jetzt angesprochen werdet. Er spricht hier zu den Ephesern, nicht mehr zu Juden, sondern zu Nichtjuden, zu Heiden oder zu den Nationen.
Er sagt: Erinnert euch daran, dass ihr einst die Nationen wart, im Fleisch die sogenannten Unbeschnittenen, das heißt die, die keine Beschneidung im Fleisch hatten, die mit Händen vollzogen wird. Also denkt daran: Ihr wart früher Heiden. Die Juden bezeichneten euch als die Unbeschnittenen, die nichts mit dem Bund Abrahams zu tun hatten – eben die anderen.
Dann sagt Vers 12, dass ihr zu jener Zeit, als ihr tot wart in Sünden und Vergehungen, ohne Christus wart. Es hilft, wenn man Christus immer wieder auf Hebräisch übersetzt mit „Messias“. Dann merkt man, dass es nicht einfach ein Name ist, schon gar kein Familienname wie „Jesus Christus“, sondern „Jesus, der Messias“.
Ich war in Israel. Wenn man dort in der Gemeinde spricht, sagt man immer „Jeschua, Hamaschiach“. Anstatt Christus sagt man eben Messias. Christus heißt dasselbe, und wir sollen natürlich weiterhin den Ausdruck Christus verwenden. Übrigens sagt man auf Deutsch Jesus, man müsste eigentlich Jeshua sagen. Es gibt Leute, die meinen, sie seien dadurch ein bisschen besser, wenn sie Jeshua sagen. Aber in Israel sagt man Jeshua in der Gemeinde, ja. Hier in der Schweiz sagt man Jesus, Jesus Christus.
Es hilft also immer wieder, beim Lesen Christus zurück zu übersetzen auf Hebräisch: Maschiach, Messias. Ihr wart ohne Messias. Ihr habt damals gar nicht gewusst, dass Gott einen Erlöser verheißt. Das war nicht mehr bekannt.
Natürlich hatte Gott das schon zu Adam und Eva gesagt, in 1. Mose 3,15, dass der Retter kommen wird. Dieses Wissen wurde auch weitergegeben bis auf Noah, und Noah hat es seinen Söhnen weitergegeben. Aber die Nachkommen, die sich weltweit verbreitet haben, haben es vergessen.
Darum wussten die Epheser, die sich als Heiden in der heutigen Westtürkei vorstellten, nichts von der Hoffnung, dass einmal derjenige kommt, der uns vom Bösen erlösen und zum Schöpfer zurückführen wird. Sie waren ohne Messias in der Welt.
Das war ein großer Unterschied zum Judentum. Im Judentum wussten alle, dass der Messias kommt. Man hatte eine Hoffnung, dass er die Erlösung bringen wird. Schon kleinen Kindern erzählte man immer wieder: Der Messias kommt. Es gab Hoffnung im Judentum. Doch im Heidentum war man zu jener Zeit ohne den Messias.
Die Entfremdung von Israel und den Verheissungen
Zweitens: Entfremdet vom Bürgerrecht Israels! Ihr gehört nicht zum auserwählten Volk. Gott hatte Abraham berufen, wie es in 1. Mose 12,1-3 beschrieben ist, und damit die Nachkommen über Isaak und Jakob, der auch Israel genannt wird. Die Heiden haben daran keinen Anteil und sind somit vom Bürgerrecht Israels entfremdet.
Dritter Punkt: Fremdlinge bezüglich der Bündnisse der Verheißung. Gott schloss mit Abraham einen Bund, damals in Sichem, wie in 1. Mose 12,7 steht. Er gab ihm die Zusage: „Deine Nachkommenschaft gebe ich dieses Land.“ In verschiedenen Phasen bestätigte Gott diesen Bund immer wieder und fügte weitere Zusagen hinzu. Deshalb spricht man hier im Plural von den Bündnissen der Verheißung.
Doch die Heiden waren Fremdlinge, obwohl sie davon betroffen sein sollten. Denn Gott sagt in 1. Mose 12,3 zu Abraham: „In dir werden gesegnet werden alle Geschlechter der Erde.“ Die Erwählung Israels bedeutete nicht die Verwerfung der Völker. Manche denken, wenn die Bibel von Erwählung oder Auserwählung spricht, dass Gott da wählt und die anderen verwirft. Aber die Erwählung Israels war keine Verwerfung der Völker, sondern eine Chance für die anderen Völker.
Gott sagte zu Abraham: „Ich werde dich zu einer großen Nation machen, du wirst ein Segen sein, und in dir werden gesegnet werden alle Geschlechter der Erde.“ Man könnte auch sagen: „Alle Stämme der Erde.“ In der Offenbarung, Kapitel 5 und 7, wird davon gesprochen, dass eines Tages nicht nur Menschen aus allen Nationen, sondern auch aus allen Stämmen und Sprachen vor dem Thron Gottes stehen werden. Heute rechnen wir mit etwa sieben verschiedenen Sprachen ohne Dialekte.
Die Bibel sagt, aus allen Sprachen und Stämmen werden Menschen gerettet. Nicht alle Menschen werden errettet, es gibt keine Allversöhnung, obwohl Gott das Heil der ganzen Welt anbietet. Nur diejenigen, die es annehmen, werden errettet. Aber wir wissen aus Offenbarung 5 und 7, dass einmal Menschen aus allen Stämmen vor dem Thron Gottes stehen werden.
Im Zusammenhang mit diesem Bund mit Abraham ist das eine wunderbare Zusage für die ganze Welt. Doch die Heiden wussten nichts davon. Deshalb sagt Paulus hier: „Ihr wart Fremdlinge bezüglich der Bündnisse der Verheißung.“ Ihr hattet zwar eine Verheißung, aber ihr wusstet nichts davon.
Nächster Punkt: Keine Hoffnung habend. Sie hatten keine Hoffnung. Natürlich führten sie ihre Beerdigungen durch, und es ist so wie bei ungläubigen Menschen in unserer Gesellschaft. Wenn man sie am Grab erlebt, ist es hoffnungslos. Es ist ja schon traurig, wenn man am offenen Grab steht, doch ohne Hoffnung ist es noch schlimmer.
Der Apostel Paulus sagt: „Wir hatten keine Hoffnung.“ Die Juden hingegen hatten Hoffnung. Sie wussten, dass es eine Auferstehung der Gläubigen gibt und mehr. Die Heiden aber waren „ohne Gott in der Welt.“ Dieser Ausdruck ist im Griechischen „atheos“ oder „atheoi“, was bedeutet, dass sie ohne Gott waren.
Ja, aber sie glaubten doch an viele Götter! Natürlich glaubten sie an viele Götter, aber sie waren ohne den wahren Gott. Ein Atheist ist nicht unbedingt jemand, der an keine Götter glaubt. Stephen Hawking, einer der größten Spezialisten für den Urknall, schrieb 2010 das Buch „The Grand Design“. Darin stellt er eine neue Darstellung über die Entstehung des Universums vor.
Er sagt, man kann es auf den letzten Seiten nachlesen: Er geht davon aus, dass das Universum sich selbst erschaffen hat. Das ist unlogisch, denn man kann nicht sagen, X hat X erschaffen. Das Universum hat das Universum erschaffen, aber dafür müsste das Universum schon existiert haben, bevor es existierte. Das ist widersprüchlich.
Man kann sagen, X hat Y erschaffen. Nach diesem Prinzip ist der erste Bibelvers geschrieben: „Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.“ Gott ist das Subjekt, Himmel und Erde sind das Objekt, also klar unterschieden. Aber man kann nicht sagen: Himmel und Erde haben Himmel und Erde erschaffen.
Doch Hawking behauptet, das Universum habe sich selbst erschaffen. Ich habe das auch im Englischen überprüft: Es heißt tatsächlich „created“ – erschaffen. Das hängt mit „creator“ (Schöpfer) zusammen. Also glaubt Hawking an einen Schöpfer. Aber es ist das Universum, das noch nicht bestand.
Man kann also nicht sagen, er glaubt nicht an einen Schöpfer. Er glaubt an einen Schöpfer. Anstatt „Schöpfer“ könnte man auch „Gott“ sagen. Gott drückt aus, dass er der Ursprung und Schöpfer aller Dinge ist. Im Prinzip ist Hawking also kein Atheist, obwohl er sich in diesem Buch erstmals als Atheist geoutet hat.
Früher war das nicht ganz klar in seinen Büchern. Dort war eine Tür offen. Doch jetzt hat er sich klar geoutet, dass er Atheist ist. Aber er ist ein Atheist im Sinn davon, dass er nicht an den Gott der Bibel glaubt. Er glaubt an die Natur, die sich selbst hervorgebracht hat. Er glaubt an Naturgesetze, die schon da waren und schließlich das Universum ins Dasein riefen.
Er glaubt, dass Naturgesetze schon existierten, bevor etwas anderes da war. Damit kann man sagen, die Naturgesetze sind für ihn Gott. Er ist also ein Atheist, aber Atheisten glauben trotzdem an etwas Göttliches – nur nicht an den Gott der Bibel.
So auch die Epheser. Natürlich glaubten sie an die Artemis der Epheser und an viele andere Götter wie Apollo und Zeus. Doch der Apostel Paulus sagt: „Ihr wart ohne Gott in der Welt.“ Als Atheisten kanntet ihr den wahren Gott nicht.
Die Wende durch Jesus Christus und die Einheit von Juden und Heiden
Und dann kommt wieder ein Aber – jetzt aber. Ja, die Wende ist gekommen in Christus Jesus. Warum wird Christus zuerst genannt? Weil hier der Titel Messias betont wird. Also: jetzt, durch den Messias Jesus, den ihr früher nicht einmal erwartet habt – einen Messias. Wichtig ist, dass er nicht sagt „jetzt aber im Messias“. Das ganze Judentum hatte damals auf den Messias gewartet. Aber wer ist der Messias? Das wird hier klargemacht: jetzt, in dem Messias Jesus. Das Entscheidende ist, dass man weiß, wie der Name des Messias lautet – Jesus.
Seid ihr, die ihr einst fern wart, durch das Blut des Christus nahe geworden. Ihr wart als Heiden wirklich weit weg, denn ihr wusstet gar nicht um diese hoffnungsvollen Dinge, von denen wir Juden schon von Kindesbeinen an über Generationen zurück wissen durften. Aber jetzt ist alles anders geworden. Ihr wart fern, und jetzt seid ihr nahe herangebracht worden – und zwar durch das Blut des Messias.
Der Messias musste sterben und sein Blut geben. Nach Jesaja 53 hat er seine Seele ausgeschüttet in den Tod. Und nicht wahr, die Seele wird in 3. Mose 17,11 erklärt: Die Seele allen Fleisches ist im Blut. Das Blut ist der Ausdruck des Lebens. Seele, „Nefesh“ heißt auf Hebräisch Seele, Hauch, Leben und so weiter. Wenn es also heißt, er hat seine Seele ausgeschüttet in den Tod, dann ist „schaffach“ (ausschütten) wirklich das Wort, das verwendet wird, wenn man eine Flüssigkeit ausgießt. Das heißt, er hat sein Blut gegeben.
Jesaja 53 lehrt, dass der Messias sein Blut geben würde. Durch dieses Blut sind die weit entfernten Heiden nahe zu Gott herangeführt worden. Und dann sagt er in Vers 14: Denn er, der Messias, ist unser Friede, der aus beiden eins gemacht und die Zwischenwand der Umzäunung abgebrochen hat.
Aus beiden eins gemacht – was sind die beiden? Die Gläubigen aus den Heidenvölkern, wie die Epheser, und die Gläubigen aus dem jüdischen Volk, aus dem Judentum. Sie sind jetzt zusammengeführt worden, und Gott hat aus ihnen ein neues Volk gemacht.
Wichtig ist: Nicht die Epheser sind ins Judentum übergetreten. Nein, Gott hat die Gläubigen aus den Juden genommen und die Gläubigen aus den Heiden zusammengeführt. Es ist nicht dasselbe; sie mussten nicht übertreten.
Jetzt versteht man auch, warum in Apostelgeschichte 15, als die Lehre aufkam, die besagte, die Gläubigen aus den Heidenvölkern müssten beschnitten werden, eine klare Position eingenommen wurde. Die Apostel erklären in Apostelgeschichte 15, dass sie nicht beschnitten werden sollen.
Wieso nicht? Ja, wir haben hier gesehen: Die Epheser waren weit weg und Fremdlinge des Bürgerrechts Israels. Aber es gab durch die Jahrhunderte immer wieder Heiden, die sahen, dass dieses Volk den wahren Gott kennt, und die traten zum Judentum über. In der Apostelgeschichte finden wir viele Beispiele solcher Heiden. Sie werden dort genannt als Gottesfürchtige oder auch Proselyten – das sind Heiden, die ins Judentum übergetreten sind.
Diese mussten eine Reinigungsphase durchlaufen und sich dann beschneiden lassen. Danach konnten sie als Nichtjuden wirkliche Juden werden und nahmen am Bürgerrecht Israels teil.
Aber jetzt spricht Paulus hier zu diesen Ephesern, die er missioniert hatte und die zum Glauben kamen. Er sagt nicht: „So, jetzt solltet ihr übertreten.“ Nichts davon. Er sagt: Ihr wart Fremdlinge, aber jetzt seid ihr nahe geworden durch das Blut des Christus. Jetzt hat der Christus beide zusammengeführt zu einem neuen Volk und die Zwischenwand der Umzäunung abgebrochen.
Die Zwischenwand der Umzäunung im Tempel und ihre Bedeutung
Was ist das? Dieser Ausdruck ist so präzise.
Im Tempel in Jerusalem konnten auch Heiden zu Besuch kommen. Deshalb wurde der Tempel ab 19 vor Christus auf die doppelte Größe erweitert. Im Norden wurde das Bezeta-Tal aufgeschüttet, um den Tempelplatz massiv zu vergrößern. Auch nach Westen wurde erweitert, indem man mit riesigen Steinen ins Käsemachertal hineingebaut hat. Außerdem erfolgte eine Erweiterung nach Süden, ebenfalls auf die doppelte Größe, nämlich 144 Quadratmeter.
Der eigentlich heilige Bereich im Tempel war jedoch immer noch der Platz des Salomonischen Tempels. Dieser war ein Quadrat von 500 Ellen, also ungefähr 260 x 260 Meter. Das Gebiet war ummauert, und an den Toren standen Wächter. Dort konnten Juden und auch Nichtjuden hineingehen, sofern sie sich gereinigt und ein Ritual wahrgenommen hatten.
Betritt man das 500-Ellen-Quadrat, so kam man schon nach einigen Metern an ein kleines Mäuerchen. Es bestand aus einer Steinlage und darüber war ein Holzzaun angebracht, damit auch klein gewachsene Menschen von dort aus zum wunderbaren Tempelhaus hinüberschauen konnten. Der Tempel war über fünfzig Meter hoch, mit Goldplatten bedeckt, und dort, wo keine Goldplatten waren, war weißer Marmor.
Dieses kleine Mäuerchen mit dem Zaun darüber war die Zwischenwand der Umzäunung. Es war eine Wand, weil es eine Mauer mit einer Steinlage war, und ein Zaun, weil darüber ein Holzzaun angebracht war. Die Rabbiner nannten diese Abgrenzung „Soreg“.
Noch genauer sagt der Apostel Paulus „die Zwischenwand der Umzäunung“. In regelmäßigen Abständen gab es Steintafeln mit Inschriften in griechischer Sprache, damit die Ausländer sie verstehen konnten. Dort stand: „Wer als Fremdstämmiger weitergeht und diese Abtrennung überschreitet, ist selbst schuld, wenn der Tod folgt.“
Die Römer hatten ab 6 nach Christus die Todesstrafe für Juden abgeschafft, nachdem die Herodesfamilie aus dem Palast am heutigen Jaffator vertrieben worden war. Dennoch machten die Römer eine Ausnahme: Wenn jemand diese Abgrenzung überschritt, durfte er sofort getötet werden – auch wenn er römisches Bürgerrecht besaß. Die Tötung erfolgte ohne Gerichtsverhandlung.
Dieses Mäuerchen war also die totale Trennung zwischen Juden, die weitergehen durften, und Nichtjuden. Oder besser gesagt: zwischen gereinigten Juden und gereinigten Nichtjuden.
Paulus schreibt im Jahr 62, dass Christus „die Zwischenwand der Umzäunung abgebrochen“ hat. Zu seiner Zeit war dieses Mäuerchen jedoch noch intakt, und die Inschriften waren deutlich sichtbar. Übrigens ist im Israel-Museum in der archäologischen Abteilung noch eine originale Tafel mit der roten Schrift zu sehen. Die Buchstaben sind noch besonders leuchtend, und die Warnung an die Heiden ist gut erkennbar.
Paulus sagte im Epheserbrief, Christus habe die Zwischenwand der Umzäunung abgebrochen. Damit meinte er nicht, dass man einfach so über die Abgrenzung hinweggehen könne.
In der Apostelgeschichte wurde Paulus verleumdet. Als er nach Jerusalem kam (Apostelgeschichte 21), sah man ihn im Tempel und einige Juden behaupteten, er habe Heiden in den Tempel geführt. Lukas erklärt, dass Paulus zuvor in der Stadt mit einem Griechen spazieren gegangen war – was erlaubt war. Dennoch wurde aus dem Singular „ein Grieche“ ein Plural gemacht, und man warf ihm vor, Nichtjuden in den Tempel geführt zu haben. Daraufhin wollte man ihn sofort töten.
Ein Eingreiftrupp von der Burg Antonia griff ein, und Paulus wurde in letzter Sekunde gerettet. Er wurde in die Burg Antonia gebracht, wo er in Sicherheit war, ganz im Sinn von „Ein fester Burg ist unser Gott“.
Es ging also um diese Zwischenwand. Paulus hätte niemals Nichtjuden über diese Grenze geführt. Er sagte aber, dass in der Gemeinde etwas ganz Neues entstanden sei: Es gibt keine Zwischenwand der Umzäunung mehr. Der Messias hat sie abgebrochen, indem er Juden und Heiden zu einem neuen Volk zusammengeführt hat.
Das hat auch eine prophetische Dimension. Acht Jahre nach dem Epheserbrief begann der schreckliche Krieg in Jerusalem, der 140 Tage dauerte. Die ganze Stadt wurde zerstört, und der zweite Tempel ging in Flammen auf. Die Römer brachen einzelne Steine ab, weil das Feuer so heiß war, dass das Gold zu schmelzen begann. Um an das Gold zu gelangen, brachen sie Stein um Stein ab.
Dabei wurde auch die Zwischenwand der Umzäunung zerstört. Seit dem Jahr 70 wurde sie nie wieder aufgebaut.
Diese Zeit markiert den Beginn der Weltmission. Das Evangelium verbreitete sich auf allen fünf Kontinenten – bis nach Feuerland, zu den Indianern am südlichen Ende Südamerikas, bis nach Indonesien und Japan. Überall kamen Menschen zum Glauben an den Herrn Jesus und wurden mit den gläubigen Juden zu einem himmlischen Volk, der Gemeinde, zusammengefügt.
In fast zweitausend Jahren gab es keine Zwischenwand der Umzäunung mehr. Das ist fantastisch und charakterisiert förmlich die Zeit der Weltmission: die Zwischenwand wurde abgebrochen!
Die neue Ordnung durch den Messias und das Gesetz des Christus
Nachdem er in seinem Fleisch die Feindschaft, das Gesetz der Gebote in Satzungen, weggetan hatte. Das Gesetz sagte ganz klar: Es darf keine Verbindung mit Heiden geben. Nun wird hier gesagt, der Messias hat das ganz verändert. Er hat es beiseitegelegt.
Dies wurde im Judentum erwartet. Im Midrasch Kohelet, einem berühmten rabbinischen Kommentar zum Buch Prediger aus dem Mittelalter, steht: Die Tora, die wir in dieser Zeit lernen – die fünf Bücher Mose – ist nicht zu vergleichen mit der Tora, die der Messias bringen wird. Man wusste also, wenn der Messias kommt, wird es eine neue Ordnung geben. Er wird neue Gesetze auf einer höheren Ebene bringen.
Genau das sind die Gebote im Neuen Testament. Darum spricht Paulus auch in Galater 6 vom Gesetz des Christus. Das ist genau der Ausdruck aus dem Midrasch Kohelet, die Tora des Messias, Torato Schel Maschiach – das Gesetz des Christus. Deshalb hat in dieser Zeit der Messias Jesus gesagt: Das gilt jetzt nicht mehr. Es ist eine neue Ordnung. Die Gemeinde ist etwas ganz Neues, das Gott von Ewigkeit her geplant hat. Juden und Nichtjuden sind zusammengefügt. Die Trennung und Ablehnung der Heiden gibt es nicht mehr.
Dann heißt es in Vers 15: Damit er die zwei – also Juden und Nichtjuden – friedenstiftend in sich selbst zu einem neuen Menschen schaffe und die beiden in einem Leib mit Gott versöhne durch das Kreuz, nachdem er durch dieses die Feindschaft getötet hatte. Die Gläubigen bilden einen Leib. So sind Juden und Nichtjuden verbunden und verbunden mit dem Haupt, dem Messias.
Dazu sind sie direkt gekommen; sie müssen nicht den Umweg über das Judentum machen. All dies ist durch das Kreuz so neu geworden. In Vers 17 heißt es: Und er kam und verkündigte Frieden euch, den Fernen, und Frieden den Nahen. Das ist eine Anspielung auf Sacharja 9, wo vom Messias gesagt wird, dass er Frieden verkünden wird.
Wer sind die Fernen? Das sind die Heiden, die im äußeren Bereich des Tempels sein durften – bis zur Zwischenwand der Umzäunung. Die Juden hingegen sind die Nahen. Sie durften weiter hineingehen, in den Frauenvorhof und sogar in den inneren Vorhof. Das sind die Nahen.
Durch ihn haben wir beide – gläubige Juden und gläubige Heiden – Zugang durch einen Geist zum Vater. Epheser 1,13-14 erklärt, dass alle Gläubigen den Heiligen Geist erhalten haben, nachdem sie das Evangelium geglaubt haben. Durch diesen Geist haben wir Zugang zum Vater.
Also seid ihr nun nicht mehr Fremdlinge und ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen. Sie sind zwar nicht Bürger Israels geworden, aber Mitbürger des himmlischen Volkes Gottes, der Gemeinde und Hausgenossen Gottes.
Die Gemeinde als Tempel Gottes und ihre Grundlage
Und jetzt wird erklärt: Diese Gemeinde ist Gottes Tempel, heute aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, in dem Christus Jesus selbst der Eckstein ist. In ihm wächst der ganze Bau wohl zusammengefügt zu einem heiligen Tempel im Herrn, in dem auch ihr mit aufgebaut werdet zu einer Behausung Gottes im Geist.
Hier wird die Gemeinde nicht mehr als Leib, sondern als Tempel oder Bau bezeichnet. Das ist eine andere Sichtweise auf die Gemeinde. Sie ist nicht nur der Leib des Messias, sondern auch der Tempel Gottes.
Wichtig ist die Frage: Seit wann gibt es die Gemeinde? Das ist eine ganz wichtige Frage, denn im Calvinismus wird gelehrt, dass die Kirche ab Adam existiert. Wenn man in Holland aufwächst, lernt man, dass die Gläubigen im Alten Testament ab Adam bereits als Gläubige der Kirche angesehen werden. Später, wenn das Volk Israel kommt, ist das eigentlich auch schon die Kirche. Im Neuen Testament gibt es dann keinen wirklichen Unterschied, sondern nur eine graduelle Veränderung. Die Kirche umfasst die Gläubigen von Anfang an.
Aber das stimmt nicht. Wo spricht der Herr Jesus im Neuen Testament zum ersten Mal über die Gemeinde? Matthäus 16. Vorher geht es immer um Israel. Der Messias kommt und predigt in Israel, und in Matthäus 16 erwähnt er die Gemeinde zum ersten Mal.
Ich schlage auf: Kapitel 16, Vers 16. Der Herr fragt: „Wer sagt ihr, dass ich sei?“ Simon Petrus antwortete und sprach: „Du bist der Christus, also du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: „Glückselig bist du, Simon Bar-Jona, denn Fleisch und Blut haben es dir nicht offenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist. Auch ich sage dir: Du bist Petrus (griechisch Petros, ein Stein), und auf diesen Felsen (griechisch Petra, ein Fels) werde ich meine Ekklesia bauen, meine Gemeinde oder meine Kirche. Und die Pforten des Hades, des Totenreiches, werden sie nicht überwältigen.“
Sehen wir, hier spricht der Herr zum ersten Mal über die Ekklesia. Das hat übrigens im Französischen zu „Église“ geführt. Ekklesia ist Église, und im Deutschen wird es je nach Kontext mit Kirche oder Gemeinde übersetzt.
Was wir hier feststellen, ist: Der Herr Jesus sagt in der Zukunftsform: „Auf diesen Felsen werde ich meine Gemeinde bauen“, nicht „habe ich meine Gemeinde gebaut“. Zu dem Zeitpunkt, und das war vor dem Kreuz, gab es die Gemeinde noch nicht.
Natürlich gab es Gläubige ab Adam bis Noah, von Noah bis Abraham, und dann die Gläubigen aus Israel, aber auch aus den Heidenvölkern. Das gab es durch das ganze Alte Testament hindurch, aber die Ekklesia gab es nicht.
Hier sagt der Herr: „Ich werde die Ekklesia bauen auf diesen Felsen.“ Und übrigens, der Fels ist nicht Petrus. Denn er ist ein Stein – du bist Petros – und auf diese Petra werde ich meine Gemeinde bauen. Petrus hat bekannt: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Im Alten Testament wird der Messias Petra genannt, in der griechischen Übersetzung, in Jesaja 8, der Fels des Strauchelns, die Petra.
Diese Stelle zitiert übrigens Petrus in 1. Petrus 2 und nennt den Herrn Jesus dort „Fels, Petra des Anstoßes“. Also ist Jesus der Fels, und wenn Petrus sagt: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“, dann ist auf diese Petra, auf diesen Felsen, die Gemeinde gebaut.
Petrus ist eben ein Stein, und zwar ein ganz wichtiger.
Jetzt lesen wir nämlich in Epheser 2, Vers 20: „Aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten.“ Da hat man im ersten Moment ein Problem, wenn man denkt, Paulus schreibt in 1. Korinther 3, Vers 11 (der gleiche Autor): „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ Und hier sagt er: „Aufgebaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten.“
Die Lösung ist ganz einfach, wenn man die Architektur des Tempels in Jerusalem anschaut. Da gab es den Berg Zion oder Moria, den Tempelberg. Das ist ein Felsmassiv, die Erde. Wenn man dort ein bisschen gräbt, kommt der Fels hervor, ein ganzes Felsmassiv.
Der höchste Punkt dieses Felsmassivs ist dieser große Fels heute im Felsendom, und er war früher im Allerheiligsten des Tempels. Das ist die Bergspitze, könnte man sagen.
Dieser Fels war der Eckstein. Entsprechend seiner Position hat man zum Beispiel die Ostmauer mit dem goldenen Tor parallel zur natürlichen Kante dieses Felsens im Westen gebaut.
Der Eckstein ist der Stein, der durch seine Position die Mauerlinien festlegt. Also ist dieser Fels Eckstein und gleichzeitig auch Fundament. Man sieht heute noch die Spur, wo die Südmauer des Tempels auf dem Felsen gebaut war – 3,15 Meter breit, genau sechs Königsellen, wie es in 1. Könige steht.
So ist also dieser Fels Fundament, Felsen und auch der Eckstein.
Darum wird hier gesagt: „Aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, in dem Christus Jesus selbst Eckstein ist.“ Aber dieser Eckstein ist eben gleichzeitig das Fundament. Und dieser Fels heute im Felsendom bildet als Bergspitze eine Einheit mit dem Felsmassiv des ganzen Berges.
Dieser Berg Zion stellt Jesus Christus dar, den Felsen, die Petra.
Jetzt ist es aber so, dass das Allerheiligste so gelegen ist, dass dieser Fels gegen Osten eine natürliche Rampe bildet und hinuntergeht.
Das heißt, als Salomo den Tempel baute, hat er das Allerheiligste auf dem Felsen errichtet. Dann ging die Rampe auf der Höhe des Scheidevorhangs hinunter, und das Heilige war 3,15 Meter tiefer.
Im Tempel zur Zeit des Herrn Jesus wurde dieser Höhenunterschied ausgeglichen, indem man große Bausteine auflegte und so den Boden des Heiligen dem Allerheiligsten annäherte – bis auf drei Fingerbreit.
Diese Steine, die aufgelegt wurden, bilden ein Fundament, aber das war nicht das eigentliche Fundament. Das eigentliche Fundament ist der Fels.
Also die Apostel und eben auch Petrus, du bist Petros, bilden diese großen Steine, die auf das Felsfundament aufgelegt wurden.
Darum heißt es hier: „Aufgebaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten.“ Und in 1. Korinther 3, Vers 11: „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ Es gehört zusammen.
Noch etwas: Dieser Bau ist nicht abgeschlossen. Es heißt: „In welchem der ganze Bau wohl zusammengefügt wächst zu einem heiligen Tempel.“ Das heißt, hier wird die Gemeinde gesehen – weltweit alle Gläubigen zur Zeit des Epheserbriefes gehörten zu diesem Bauwerk.
Aber wir waren ja noch nicht da. Damals war der Tempel auch noch nicht fertig, sondern, wie gesagt, er wächst.
Er ist durch all die Jahrhunderte hindurch, nun fast 2000 Jahre, gewachsen, gewachsen, gewachsen.
Wir gehören zu den Steinen ganz oben. Wenn dann der Letzte von Gott erwählt wird, dass er zur Gemeinde gehören wird und bekehrt wird, dann kommt die Entrückung der Gemeinde.
Natürlich werden sich Menschen nach der Entrückung noch bekehren können, die das Evangelium noch nie gehört haben. Aber sie gehören nicht zur Gemeinde. Sie sind nicht auserwählt zur Gemeinde.
Man sieht auch: Sie sind nicht verworfen, weil sie nicht auserwählt sind.
Das ist so wichtig. Ich habe erklärt: Erwählung bedeutet nicht Verwerfung der anderen.
Aber wir sind erwählt, zur Gemeinde zu gehören.
Wer hat selbst gewählt, wann er auf die Welt kommen sollte, noch vor der Entrückung, damit er das Evangelium hören konnte und nicht irgendwo in einem Stamm, wo er noch nie etwas gehört hat? Das ist Gottes Werk.
So wächst also die Gemeinde, wächst und wächst.
Wir sind jetzt ganz oben, und sobald die Entrückung kommt, wird der letzte Schlussstein eingefügt, und der Tempel ist abgeschlossen.
Der Epheserbrief sieht alle Heiligen, aber nicht nur zu einer bestimmten Zeit, etwa im Jahr 62, sondern durch die ganze Zeit hindurch bis zur Vollendung bei der Entrückung.
Darum ist der Epheserbrief wirklich der Brief, der die Gemeinde in ihrer vollsten Ausdehnung beschreibt.
Die Grundlage der Apostel und Propheten und die Bibelkanonbildung
Ein wichtiger Punkt ist die Grundlage, auf der die Gemeinde aufgebaut ist: die Apostel und Propheten. Die Apostel, darunter die Zwölf und der Apostel Paulus, haben uns das Neue Testament gegeben. Sie sind gestorben und haben keine Nachfolger eingesetzt.
Die Propheten, das sind die neutestamentlichen Propheten, die keine Apostel waren, wie Markus, Lukas, Judas und Jakobus. Diese wurden von den Aposteln als Propheten des Neuen Testaments anerkannt. Deshalb zitiert der Apostel Paulus sogar das Lukasevangelium als Heilige Schrift, zum Beispiel in 1. Timotheus 5.
Das Neue Testament wurde abgeschlossen, und diese Propheten hatten ebenfalls keine Nachfolger. In der nächsten Generation im zweiten Jahrhundert wurden keine weiteren Bibelbücher mehr geschrieben, ebenso wenig im dritten Jahrhundert.
Heute leben wir in einer Zeit, in der manche sagen, wir seien in der Endzeit und Gott stelle das Amt der Apostel und Propheten wieder her. Dem kann man jedoch widersprechen. Es heißt klar: Wir sind aufgebaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten. Auf dem Dach eines Hauses legt man keine neue Grundlage mit riesigen Steinen. Die Grundlage ist nur ganz unten wichtig. So verstehen wir, dass die Apostel und Propheten die Bibel abgeschlossen und übergeben haben. Diese Schrift ist das Fundament, auf dem die Gemeinde steht.
Dadurch wird auch klar, wie die ersten Christen wussten, welche Bücher zur Bibel gehören und welche nicht. Das wurde nie auf einem umfassenden, weltweiten Konzil beschlossen, wie manche behaupten. In Nizäa, Konstantinopel oder Ephesus wurde das nicht diskutiert. Nur Bücher, die von Aposteln geschrieben wurden oder von Propheten, die von den Aposteln anerkannt waren, wurden akzeptiert. Alle anderen Schriften wurden als apokryph verworfen.
Dies war die Basis, um zu erkennen, was zur Bibel gehört und was nicht. Es ist bemerkenswert, dass die frühen Christen nicht auf Fälschungen hereingefallen sind, wie das Thomas-Evangelium, das etwa um 140 nach Christus geschrieben wurde. Der letzte Apostel, Johannes, starb um 100. Jemand schrieb also ein Evangelium unter dem Namen Thomas, doch das war ein Betrug. Die frühen Christen lehnten dieses Thomas-Evangelium ab.
Ebenso wurde ein Judas-Evangelium verfasst, aber auch dieses wurde verworfen, weil die frühen Christen genau nachforschten und erkannten, dass es sich um Betrug handelte. Viele andere Schriften wurden ebenfalls abgelehnt, da man sorgfältig prüfte, ob sie von Aposteln oder anerkannten Propheten stammten.
Heute gibt es moderne Menschen, die sagen: „Das Thomas-Evangelium ist interessant“ oder „Es gibt auch das Judas-Evangelium, haben Sie das schon gelesen?“ Sie sprechen oft vom Neuen Testament als den richtigen Schriften. Doch diese anderen Schriften stammen von Fälschern aus späteren Jahrhunderten.
Wir besitzen die Evangelien, die aus der Zeit der Augenzeugen stammen. Es ist beeindruckend, dass die frühen Christen nicht naiv waren und nicht auf das Judas- oder Thomas-Evangelium hereinfielen. Viele Menschen heute, selbst Intellektuelle, fallen jedoch auf solche Schriften herein. Das wirft die Frage auf: Wo liegt hier die Naivität?
Manche behaupten, die Menschen früher seien naiv gewesen und hätten alles geglaubt. Das stimmt nicht. Die frühen Christen prüften sorgfältig und verworfen die falschen Schriften. Auch der Herr Jesus lobt in Offenbarung 2, Vers 2, die Gemeinde in Ephesus: „Ihr habt die geprüft, die sich Apostel nennen und es nicht sind, und habt sie als Lügner erkannt.“
Die frühen Christen verstanden das sehr gut und lehnten die Ansprüche von Betrügern ab. Ihnen war eine wichtige Grundlage gegeben, wie es in Epheser 2, Vers 20 heißt: „Ihr seid aufgebaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten.“
Abschluss und Gebet
Ja, dann wollen wir hier abschließen und beim nächsten Mal mit Kapitel 3 weitermachen.
Wir wollen noch gemeinsam beten.
Herr Jesus, wir danken dir, dass du uns dein Wort gegeben hast, das so reich, sicher und fest ist. Wir haben gesehen, wie wichtig es ist, dass wir dafür beten, dass unsere Augen des Herzens erleuchtet werden. So können wir verstehen, was Gottes Gedanken und Pläne sind.
Wir bitten dich, dass auch dieser Tag, an dem wir uns so intensiv mit deinem Wort beschäftigen durften, Früchte in unserem Leben trägt. Möge er uns mehr zu dir hinziehen und die Freude im Glauben durch dein Wort vertiefen und festigen. Amen.