Wir fahren heute weiter in Matthäus 10, und ich möchte bitten, dass uns jemand Matthäus 10, Verse 1 bis 15 vorliest.
Als er seine zwölf Jünger herzurief, gab er ihnen Macht über unreine Geister, sie auszutreiben, und jede Krankheit sowie jedes Gebrechen zu heilen. Die Namen der zwölf Apostel sind diese: Der erste ist Simon, der Petrus genannt wird, und Andreas, sein Bruder; Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und Johannes, sein Bruder; Philippus und Bartholomäus; Thomas und Matthäus, der Zöllner; Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Lebäus mit dem Beinamen Thaddäus; Simon der Kananäer und Judas Iskariot, der ihn auch überlieferte.
Diese zwölf sandte Jesus aus und befahl ihnen: Geht nicht auf den Weg der Nationen und betretet keine Stadt der Samariter. Geht vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Geht hin, predigt und sprecht: Das Reich der Himmel ist nahegekommen. Heilt Kranke, erweckt Tote, reinigt Aussätzige und treibt Dämonen aus.
Umsonst habt ihr empfangen, umsonst gebt. Verschafft euch weder Gold noch Silber noch Kupfer in eure Gürtel, keine Tasche für den Weg, keine zwei Unterkleider, keine Sandalen und keinen Stab; denn der Arbeiter ist seiner Nahrung wert.
In welcher Stadt oder in welchem Dorf ihr auch eintretet, forscht nach, wer darin würdig ist, und bleibt dort, bis ihr weiterzieht. Wenn ihr in ein Haus eintretet, grüßt es. Wenn das Haus würdig ist, komme euer Friede darauf; wenn es nicht würdig ist, wende sich euer Friede zu euch zurück.
Wer euch aber nicht aufnimmt und eure Worte nicht hört, geht hinaus aus jenem Haus oder jener Stadt und schüttelt den Staub von euren Füßen. Wahrlich, ich sage euch: Es wird dem Land von Sodom und Gomorra am Tag des Gerichts erträglicher gehen als jener Stadt.
Die besondere Autorität der zwölf Apostel
Wir befinden uns hier im dritten Teil des Matthäusevangeliums, in dem es um die Autorität des Messias geht. Dieses Thema haben wir Abschnitt für Abschnitt sehr eindrücklich verfolgt. Nun wird das Thema erweitert: Es geht nicht mehr nur um die Autorität des Messias, sondern auch um die seiner zwölf Apostel.
Aus den vielen Jüngern, die der Herr damals hatte, haben wir beim letzten Mal gesehen, dass neben diesen zwölf noch viele weitere Jünger vorhanden waren. Zum Beispiel die siebzig Jünger, die in Lukas 10 später ausgesandt werden, jeweils zu zweit. Auch in Johannes 6 gab es solche, die sich später wieder abwandten.
Aus dieser Vielzahl von Jüngern muss man wissen, dass das Wort „Jünger“ im Hebräischen „Talmidim“ heißt. Der Singular ist „Talmid“. Es bedeutet einfach „Studenten“ und war der übliche Ausdruck für diejenigen, die einem Rabbiner folgten, von ihm lernten – sowohl von seinem Wissen als auch von seiner Lebensweise. Dieses Wort entspricht genau unserem deutschen Wort „Jünger“. Es bezeichnet nicht nur jemanden, der intellektuell lernt, sondern jemanden, der auch moralisch und im Leben von seinem Lehrer lernen will.
Das ist bei unserem heutigen Bildungssystem ganz anders. Dort hat man oft den Eindruck, dass das Privatleben eines Professors völlig getrennt von seinem Lehren ist. Es scheint egal zu sein, wie ein Professor lebt, wichtig ist nur, was er vermittelt. Im Judentum war das jedoch grundsätzlich anders. Ein Lehrer sollte auch in seinem Leben ein Vorbild sein.
So hatte Jesus viele Jünger, seine Schüler, seine Studenten, während der drei Jahre seines öffentlichen Dienstes. Aus dieser großen Menge wählte er zwölf aus und nannte sie Apostel. Ihnen gab er eine ganz besondere Autorität.
In Matthäus 10,1 lesen wir: „Da gab er ihnen die Vollmacht, unreine Geister auszutreiben und jede Krankheit zu heilen.“ Das Wort für „Vollmacht“ ist „exousia“. Dieser Ausdruck war auch im dritten Abschnitt des Matthäusevangeliums sehr wichtig. Wenn wir zurückblicken, heißt es am Ende der Bergpredigt in Matthäus 7,28: „Als Jesus diese Reden vollendet hatte, staunten die Volksmengen sehr über seine Lehre, denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat (exousia).“
Diese Vollmacht zeigt sich nicht nur in seinem Reden und Lehren, sondern auch darin, dass er Aussätzige heilen und Tote auferwecken konnte. Nun gibt er diese Vollmacht den Zwölf – nicht allen Jüngern. Nur diese Zwölf erhalten die Macht, große Zeichen, Wunder und mächtige Taten zu vollbringen.
Dazu können wir 2. Korinther 12 heranziehen. Dort erklärt der Apostel Paulus, dass ein Apostel Jesu Christi sich durch Zeichen, Wunder und mächtige Taten auszeichnen muss – drei Kategorien, die seine Autorität bestätigen.
In 2. Korinther 12,11-12 heißt es: „Ich bin töricht geworden im Rühmen; ihr habt mich dazu gezwungen, denn ich sollte von euch empfohlen werden, da ich den bedeutenden Aposteln in nichts nachstehe. Wenn ich auch nichts bin, so sind doch die Zeichen eines Apostels unter euch gewirkt worden, in aller Geduld, in Zeichen und Wundern und Kraftwirkungen.“
Hier muss der Zusammenhang erklärt werden: In Korinth gab es viele, die Paulus und seinen apostolischen Dienst in Frage stellten und frech seine Autorität herausforderten. Deshalb musste Paulus im zweiten Korintherbrief nachweisen, was er alles getan hatte und was ihn als Apostel ausweist.
Wenn man sich selbst rühmen muss, wird man ja zum Tor. Der Grundsatz in der Bibel lautet: „Ein anderer empfehle dich.“ Doch Paulus wurde gezwungen, sich selbst zu empfehlen, da niemand anderes sich für ihn einsetzte. Deshalb zählte er alles auf, was er geleistet und erfahren hatte in seinem Dienst als Apostel.
Schließlich sagt er: „Ich bin in nichts den ausgezeichnetsten Aposteln nachgestanden.“ Die Erfordernis, Zeichen, Wunder und mächtige Taten zu vollbringen, hat er erfüllt.
Diese Zeichen und mächtigen Taten waren also nicht etwas, was einfach alle Gläubigen damals konnten. Sie wurden ganz gezielt verteilt. Zunächst erhielten diese Zwölf diese Befähigung.
Wichtig ist, dass Jesus ihnen Gewalt über unreine Geister, die dämonische Welt, und über jede Krankheit gab. Daraus folgt aber nicht, dass jede Krankheit dämonisch bedingt ist. Das ist sehr wichtig, denn heute gibt es in der charismatischen Bewegung – nicht von allen, aber doch in Teilen – die falsche Lehre, dass Krankheit grundsätzlich eine Wirkung von Dämonen sei.
Wir sehen in den Evangelien, dass es diese Möglichkeit gibt. Zum Beispiel die Frau mit dem Geist der Schwachheit, die im Lukas-Evangelium erwähnt wird und 18 Jahre lang körperlich zusammengekrümmt war. Doch grundsätzlich kann man nicht sagen, Krankheit sei immer eine dämonische Wirkung.
Darum ist es wichtig, das Dämonische und die Krankheit als zwei verschiedene Dinge zu sehen. Wenn man eine falsche Ansicht über Krankheit hat, fällt es umso schwerer, mit diesem schwierigen Thema richtig umzugehen.
Heilung und Salbung im Dienst der Apostel
Aber hier wird es schon mal klar. Gibt es bis dahin eine Frage oder Bemerkung? Wenn wir gerade von Krankheit sprechen: An der Parallelstelle heißt es, dass die Jünger die Kranken oder Schwachen mit Öl gesalbt haben. Markus 6.
Was bedeutet das Ölsalben? Was ist die Bedeutung des Ölsalbens, das zusätzlich in Markus 6 erwähnt wird? Wir können das kurz nachschlagen.
Liest jemand vor, Verse 12 bis 13?
„Und sie zogen aus und predigten, dass sie Buße tun sollten, und sie trieben viele Dämonen aus und salbten viele Schwache mit Öl und heilten sie.“
Es ist interessant: Im Griechischen gibt es zwei Wörter für Salben. Das eine bedeutet rituelles Salben, also wenn man zum Beispiel einen König, Priester oder Propheten durch Salbung einsetzt – wie im Alten Testament. Das ist ein rituelles Salben.
Das andere Wort bezeichnet das normale Salben, auch medizinisches Salben. Die Frage ist, welches Wort in Markus 6 verwendet wird. Es ist nicht das rituelle Salben, sondern das medizinische.
Das ist ein Hinweis darauf, dass auch medizinische Hilfe wichtig ist. Man muss wissen, dass Olivenöl und Wein zu den wichtigsten Bestandteilen der antiken Medizin gehörten.
Darum verstehen wir im Gleichnis vom barmherzigen Samariter in Lukas 10, das nur im Lukas-Evangelium vorkommt, was der Samariter zur Wundbehandlung benutzt: Olivenöl, um die Wunden aufzuweichen, und Wein zur Desinfektion.
Das Lukas-Evangelium wurde von einem Arzt geschrieben.
Interessant ist auch, was in Jakobus zum Thema Krankheit gesagt wird, aber dort in Verbindung mit Sünde. Es heißt, wenn jemand krank ist, soll er die Ältesten der Gemeinde rufen. Diese sind keine Wunderheiler, sondern Seelsorger, die die Situation am besten überblicken sollen, um zu erkennen, ob die Krankheit etwas mit Sünde zu tun hat.
Dort wird gesagt, sie sollen beten, nicht ein Wunder wirken. Jesus gab den zwölf Aposteln die Autorität, im Namen Jesu zu heilen, zum Beispiel zu sagen: „Steh auf!“ Das ist nicht dasselbe wie Gebetsheilung.
Das müssen wir grundsätzlich unterscheiden: Heilung durch eine Wundergabe des Herrn ist etwas anderes als Heilung durch Gebet.
In Jakobus 5 geht es also um das Gebet der Ältesten, und das Salben dort ist auch das übliche, medizinische Salben, nicht das rituelle Salben. Es geht nicht um ein Ritual mit Öl, das Heilung bewirkt, sondern um eine Maßnahme, die in Verbindung mit Wundbehandlung und Ähnlichem Bedeutung hat.
Man könnte leicht auf die Idee kommen, wenn man die Evangelien liest, dass Medizin nicht so wichtig sei, weil Gott heilt. Gott ist der Herr über Krankheit, aber wie war das im Fall von Jesaja im Alten Testament, als er kam, um König Hiskia zu behandeln?
Wie hat er ihn behandelt? Mit einem Feigenpflaster, mit einem Kuchen – ja, einem Feigenpflaster! Jesaja nahm einen Feigenkuchen, um die Krankheitsstelle von König Hiskia zu behandeln, und betete. Der Herr heilte ihn. Also Medizin plus Gebet.
Auch bei den Aposteln in Markus 6 sehen wir nicht nur Gebet, sondern die Wundergabe und zusätzlich den Einsatz von Öl.
Weiter zu den zwölf Aposteln: Sie erhielten dadurch eine ganz besondere Autorität. In Vers 2 werden die Namen der zwölf Apostel genannt.
Was bedeutet Apostel? Botschafter, Gesandter. Auf Griechisch heißt es Apostolos, von dem Verb Apostello, was senden oder schicken bedeutet. Ein Apostel ist also ein Gesandter.
Ganz wichtig: Im Neuen Testament wird der Ausdruck „Apostel Jesu Christi“ mit einer besonderen Autorität verwendet. Dies gilt nur für die zwölf Apostel und den Apostel Paulus.
Warum waren es zwölf? Entsprechend den zwölf Stämmen Israels. Paulus war Apostel für die nichtjüdischen Völker, also für die Nationen der Welt. Nur diese werden „Apostel Jesu Christi“ genannt.
Zum Beispiel im 2. Korintherbrief werden Brüder „Apostel der Gemeinden“ genannt. Das bedeutet „Abgesandte der Gemeinden“. Das darf man nicht mit „Apostel Jesu Christi“ verwechseln.
Das Wort Apostel wird im Neuen Testament auch im Sinn von Missionar verwendet. Missionar ist das lateinische Wort für Gesandter, von „mittere“, senden.
Wir verstehen in unserem Sprachgebrauch den Begriff Missionar und Apostel Jesu Christi unterschiedlich.
Darum muss man klar unterscheiden: Apostel kann auch Missionar bedeuten, zum Beispiel in Apostelgeschichte 14. Dort wird Barnabas Apostel genannt, weil er zusammen mit Paulus auf Mission gesandt wurde.
Ich möchte die Stelle zeigen: Apostelgeschichte 14, Vers 14.
Als aber die Apostel Barnabas und Paulus es hörten, zerrissen sie ihre Kleider, sprangen hinaus unter die Volksmenge und riefen: „Männer, warum tut ihr dies? Auch wir sind Menschen mit gleichen Empfindungen wie ihr.“
Auch hier wird Barnabas Apostel genannt, aber nicht „Apostel Jesu Christi“. Das bedeutet Missionar, Gesandter.
Sie wurden von den Heiden wie Götter behandelt, doch sie wehrten sich und sagten, sie seien nur Missionare, Gesandte, um das Evangelium zu predigen.
Hier geht es nicht um die spezielle Autorität, die die Zwölf im Blick auf Israel und Paulus im Blick auf die Heidenvölker empfangen hatten.
Die Zusammensetzung und Bedeutung der Zwölf Apostel
Hier werden die Zwölf Apostel aufgezählt, mit Simon Petrus an erster und Judas Iskariot an letzter Stelle. Wo gibt es noch weitere Listen, in denen die Zwölf Apostel so zusammen aufgeführt werden? Zum Beispiel in Lukas 6 und Markus 3, sowie in Apostelgeschichte 1. Dort sind es jedoch nicht mehr zwölf, sondern nur noch elf, weil Judas Iskariot bereits nicht mehr dabei ist.
Ich möchte sagen: Wo gibt es Listen, in denen die Apostel zusammen genannt werden? Es sind diese vier Listen. Es lohnt sich, diese Listen zuhause aufzuschreiben und nebeneinander in Kolonnen zu legen. Dann stellt man fest: In Matthäus 10, Markus 3, Lukas 6 und Apostelgeschichte 1 steht immer Simon Petrus an erster Stelle. Das zeigt, dass er unter den Aposteln eine führende Funktion hatte. Er war allerdings nicht über den Aposteln, sondern ein führender Mitapostel.
Wenn Gott Autorität gibt, ist das nicht einfach Demokratie, sondern es gibt Unterschiede. Petrus ist in diesem Sinn führend inmitten der Zwölf, immer am Anfang. Und immer wird Judas am Schluss genannt – derjenige, der zum Verräter wurde. In Apostelgeschichte 1 wird Judas gar nicht mehr genannt.
Die Reihenfolge ist in jeder Liste unterschiedlich. Aber es ist immer so, dass in Position 1 Simon Petrus steht, in Position 5 immer Philippus, und in Position 9 immer Jakobus, Sohn des Alphäus. Die Apostel, die direkt auf Simon, Philippus und Jakobus folgen, sind immer dieselben, aber die Reihenfolge variiert.
Das macht deutlich, dass es eigentlich drei Gruppen gab, drei Vierergruppen unter den Zwölf. Die erste Vierergruppe wurde von Simon Petrus angeführt, die zweite von Philippus und die dritte von Jakobus, dem Sohn des Alphäus. In dieser dritten Gruppe war auch Judas mit dabei.
Weiter fällt auf, dass zur ersten Vierergruppe Simon Petrus, Andreas, Jakobus und Johannes gehören. So steht es in Matthäus 10. In Markus ist es Simon Petrus, Jakobus, Johannes und dann Andreas. Obwohl die Reihenfolge unterschiedlich ist, bilden diese drei Jünger zusammen mit dem Führer eine Vierergruppe.
Die erste Gruppe – Petrus, Andreas, Jakobus und Johannes – spielt eine wichtige Rolle als innerster Kreis des Herrn. Immer wieder finden wir drei von diesen vieren, die besondere Aufgaben erhalten haben: Petrus, Jakobus und Johannes. Diese drei Jünger waren beispielsweise mit dem Herrn auf dem Berg der Verklärung und an anderen besonderen Orten.
Diese vier Gruppen finden wir auch in Markus 13, am Dienstag vor Karfreitag, als der Herr zum Ölberg ging. Dort heißt es in Markus 13,3: „Und als er am Ölberg saß, dem Tempel gegenüber, fragten ihn Petrus und Jakobus und Johannes und Andreas für sich allein: ‚Sag uns, wann wird dies geschehen und was wird das Zeichen sein, wann dies alles vollendet werden soll?‘“
Diese wichtige Vierergruppe stellt also zwei zentrale Fragen: Wann wird der Tempel zerstört und was ist das Zeichen dafür?
Nummer fünf ist Philippus, der Führer der nächsten Vierergruppe. Danach folgt Bartholomäus. Das ist sowohl in Markus als auch in Lukas so. In Apostelgeschichte 1 steht an dieser Stelle Thomas. Aber die Verbindung Philippus – Bartholomäus ist sehr stimmig.
Bartholomäus heißt eigentlich Bar-Tolmai auf Aramäisch, das bedeutet „Sohn des Tolmai“. Die griechische Aussprache ist Bartholomäus. Im Griechischen hängt man bei männlichen Namen oft ein „-s“ an, deshalb heißt es Bartholomäus statt Bartholomai. Das ist eher ein Abstammungsname, ein Familienname.
Wenn wir die besondere Beziehung von Philippus zu Nathanael im Johannesevangelium betrachten, fällt auf, dass dort Bartholomäus nie erwähnt wird, aber Nathanael. Johannes 1,43 lautet: „Am folgenden Tag wollte Jesus nach Galiläa aufbrechen. Er findet Philippus und spricht zu ihm: ‚Folge mir nach!‘ Philippus aber war aus Bethsaida, der Stadt des Andreas und Petrus.“
Philippus findet Nathanael und sagt zu ihm: „Wir haben den gefunden, von dem Mose im Gesetz und die Propheten geschrieben haben, Jesus, den Sohn Josephs aus Nazareth.“ Nathanael antwortet skeptisch: „Kann aus Nazareth etwas Gutes kommen?“ Philippus sagt zu ihm: „Komm und sieh!“
Jesus sieht Nathanael auf sich zukommen und sagt: „Siehe, wahrhaftig ein Israelit, in dem kein Trug ist!“ Nathanael fragt: „Woher kennst du mich?“ Jesus antwortet: „Ehe Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich.“ Nathanael erwidert: „Rabbi, du bist der Sohn Gottes, du bist der König Israels!“ Jesus sagt zu ihm: „Weil ich dir sagte, ich sah dich unter dem Feigenbaum, wirst du Größeres sehen. Wahrlich, ihr werdet den Himmel geöffnet sehen und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf den Sohn des Menschen.“
Diese Begegnung zeigt die besondere Beziehung zwischen Philippus und Nathanael. Philippus führte Nathanael zum Glauben. Er bezeugte ihm, dass sie den Messias gefunden hatten – Jesus, den Sohn Josephs von Nazareth, Jeshua ben Joseph. In der rabbinischen Literatur ist der Messias ben Joseph die Bezeichnung für den leitenden Messias.
Nathanael war zunächst kritisch, vor allem wegen der Herkunft aus Nazareth. Nazareth war ein unbedeutendes Dorf, das im Alten Testament nicht erwähnt wird. Es war eine arme Gegend, in der manche Menschen sogar in Höhlen wohnten. Die Frage „Kann aus Nazareth etwas Gutes kommen?“ spiegelt diese Skepsis wider. Philippus antwortete mit dem bekannten rabbinischen Ausdruck „Komm und sieh!“, der zur persönlichen Begegnung mit dem Messias auffordert.
Später wird Nathanael im Johannesevangelium nach der Auferstehung erneut erwähnt, als einige Apostel wieder fischen gehen. Johannes 21,1-2 heißt es: „Danach offenbarte sich Jesus wieder den Jüngern am See von Tiberias. Es waren zusammen Simon Petrus, Thomas, genannt Zwilling, Nathanael, der von Kana in Galiläa war, die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger. Simon Petrus sagte zu ihnen: ‚Ich gehe hin fischen.‘“
Diese Gruppe ist also wieder zusammen, mit bekannten Namen wie Simon Petrus, Thomas und den Söhnen des Zebedäus, also Johannes und Jakobus. Auch Nathanael wird genannt.
Wer ist dieser Nathanael? In den anderen Evangelien wird er nicht erwähnt. Dort liest man von Bartholomäus. Sein voller Name lautet Nathanael Bar-Tolmai. Deshalb ist die besondere Beziehung zwischen Philippus und Bartholomäus in Matthäus 10 und anderen Evangelien ein Hinweis darauf, dass Nathanael und Bartholomäus dieselbe Person sind.
Im Johannesevangelium wird Nathanael immer so genannt, nicht in den anderen drei Evangelien. Daraus folgt, dass man ihn mit dem Apostel Bartholomäus identifizieren kann. Die enge Verbindung zwischen Philippus und Nathanael im Johannesevangelium spiegelt sich in den anderen Evangelien als Verbindung zwischen Philippus und Bartholomäus wider.
Bartholomäus ist kein typischer Vorname, sondern ein Zusatz, der „Sohn von Tolmai“ bedeutet. Ähnlich wie Simon Petrus, der auch Shimon ben Jonah genannt wird (Sohn des Jonah), heißt Nathanael Bar-Tolmai, Sohn des Tolmai.
Wichtig ist, dass die vier Gruppen in den Listen immer so abgesetzt sind, dass vor dem ersten Namen kein „und“ steht, aber zwischen den folgenden Jüngern ein „und“ verwendet wird.
In diesen Listen fällt außerdem auf, dass es drei Brüderpaare gibt: Simon und Andreas, Jakobus und Johannes, sowie Jakobus, Sohn des Alphäus, und Thaddäus. Thaddäus wird auch Judas genannt, auf Hebräisch Yehuda. Taddai ist die griechische Aussprache von Thaddäus.
Je nach Stelle wird er Judas genannt oder als Bruder des Jakobus bezeichnet. Wenn man alle Listen zusammennimmt, erkennt man, dass Judas Thaddäus der Bruder von Jakobus ist. Deshalb steht er in Matthäus 10 direkt nach Jakobus, verbunden mit einem „und“. In Markus folgt Thaddäus ebenfalls gleich nach Jakobus, Sohn des Alphäus.
So gibt es drei Brüderpaare unter den Zwölf.
Weiter gibt es zwei Simons: Simon, genannt Petrus, und Simon, der Kananäer. In Matthäus 10,4 wird er Simon der Kananäer genannt. Wahrscheinlich ist damit Simon der Zelot gemeint.
„Zelot“ bedeutet „Eiferer“. „Kananäer“ ist die hebräisch-aramäische Entsprechung für „Eiferer“. Zeloten waren eine jüdische Gruppe, keine Pharisäer, Sadduzäer oder Herodianer, sondern politische Eiferer, die sich gegen die römische Besatzung auflehnten.
Sie waren bereit, Gewalt gegen Rom anzuwenden und sogar Morde zu begehen. Ein solcher Zelot wurde von Jesus berufen und wurde Jünger.
Bei Barabbas wird nicht ausdrücklich gesagt, dass er ein Zelot war, aber es wird angenommen, dass er möglicherweise dazugehört haben könnte.
Simon war also ein solcher Eiferer. So zeigt sich eine große Bandbreite der Jünger innerhalb der Zwölf. Jesus berief Menschen aus verschiedenen Extremen und auch aus der Mitte.
Wer ist der extremste Gegensatz zu Simon dem Zeloten? Das ist Matthäus, der Zöllner. Er arbeitete mit den Römern zusammen und verdiente Geld daran. Das ist das Extrem am anderen Ende.
So hat der Herr aus Extremen und dazwischen Menschen in seinen Dienst genommen. Auch ehemalige Extremisten können brauchbar werden, wenn sie sich bekehren.
Das ist erstaunlich, was in diesen wenigen Versen einer Namensliste alles steckt.
Es gibt zweimal Simon, zweimal Jakobus – einmal Jakobus, Bruder des Johannes aus Kapernaum, und Jakobus, Sohn des Alphäus, der auch Jakobus der Kleine genannt wird, im Gegensatz zu Jakobus dem Großen.
Dann gibt es noch zwei Judas: Judas Thaddäus und Judas Iskariot. Iskariot ist nicht sein Vorname, sondern ein Beiname. Er hieß Judas, was auf Hebräisch Yehuda bedeutet, wie der Stammvater des Stammes Juda.
Der Beiname Iskariot kommt von „Ish-Kriot“, also „Mann von der Stadt Kriot“. Kriot war eine Stadt in Juda, die in Josua 15 erwähnt wird.
Die meisten Jünger kamen aus Galiläa – Simon Petrus und Andreas, Jakobus und Johannes, Nathanael, auch Matthäus. Matthäus war Zöllner in Kapernaum.
Nur einer, Judas Iskariot, kam aus Judäa und unterschied sich dadurch von den anderen.
So gibt es zwei Judas, die völlig unterschiedlich sind.
Nun machen wir eine Pause und halten zwanzig Minuten Siesta. Danach geht es richtig weiter.
Der Missionsauftrag und seine heilsgeschichtliche Einordnung
Wir fahren weiter. Nachdem wir gesehen haben, wie der Herr die zwölf Apostel mit einer besonderen Autorität ausgestattet hat, sehen wir ab Vers 5, wie er sie aussendet – mit einem Missionsbefehl, der klar begrenzt ist.
Sie sollen nicht auf den Weg der Nationen gehen, das heißt, sie sollen nicht zu den Heidenvölkern predigen. Der Missionsbefehl ist eingeschränkt auf Israel, nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Hier kann man sehr gut illustrieren, wie wichtig es ist, die Bibel heilsgeschichtlich zu lesen. Es gilt nicht für alle Zeiten dasselbe.
Der Herr sagt hier ganz klar: Verkündigung nur für Israel, nicht für die anderen Völker – nicht einmal für die Samariter. Die Samariter waren ein Mischvolk, mit israelitischen Genen aus den zehn Stämmen, vermischt mit Heiden. Aber nicht einmal zu den Samaritern, sondern nur zum Volk Israel.
Wenn wir an das Ende desselben Evangeliums denken, Matthäus 28, dort sagt der Auferstandene Folgendes, indem er den Aposteln den Auftrag gibt:
Jesus sprach zu ihnen: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Und lehrt sie alles zu bewahren, was ich euch geboten habe. Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.“ (Matthäus 28,18-20)
Also hier gibt er denselben Aposteln, den elf, den Auftrag, alle Nationen zu erreichen. Was ist geschehen? Ein heilsgeschichtlicher Wechsel.
Das finden wir ständig, wenn man die Bibel von Anfang an durchliest: Für gewisse Zeiten gilt etwas, was nachher nicht mehr gilt. Zum Beispiel galt ab der Schöpfung als Speiseplan, dass man sich pflanzlich, vegetarisch ernähren soll. Aber ab Noah (1. Mose 9) wurde dieser Speisezettel erweitert, und der Genuss von Fleisch wurde erlaubt.
Man kann also nicht einfach sagen, aufgrund von 1. Mose 1 sollten wir vegetarisch leben. Das galt für das erste Zeitalter bis zur Sintflut, aber ab dem zweiten Zeitalter erlaubt Gott etwas anderes.
Viel später gab Gott Israel das Gesetz am Sinai. Dieses Gesetz galt aber erst ab dem Sinai, nicht vorher. Dieses Gesetz gilt im biblischen Heilsplan bis auf den Tod des Messias. Römer 10,4 sagt: Christus, der Messias, ist des Gesetzes Ende, jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit.
Darum erklärt der Apostel Paulus in Galater 2, dass der bekehrte Jude nicht mehr unter dem Gesetz steht. Dieser Wechsel kam erst mit dem Tod des Herrn Jesus.
In den Evangelien sehen wir, dass der Herr Jesus sich sehr wohl unter das Gesetz stellte. Er trug Quasten, aß koscher und hielt das Gesetz ein. Aber mit seiner Auferstehung gibt er der Gemeinde nicht mehr den Befehl, koscher zu essen, nach dem Gesetz von Sinai.
Da kommt ein Wechsel. Darum wird in Apostelgeschichte 10 Petrus aufgerufen, er solle nicht koschere Tiere schlachten. Wie ist das möglich? Man muss die verschiedenen Zeitabschnitte in der Heilsgeschichte unterscheiden. Wenn man das nicht macht, hat man das Rezept für das totale Chaos und versteht die Bibel nicht mehr.
So ist es wichtig zu sehen: Das war eine Zeit, da sollte nur Israel erreicht werden. Aber mit Matthäus 28 geht ganz klar der Missionsauftrag an alle Völker.
Wir werden in den weiteren Kapiteln in Matthäus sehen, dass die große Wende im Evangelium in Kapitel 13 kommt. Ich nehme das nur ein bisschen vorweg. Dort sehen wir, dass es in der Ablehnung des Herrn Jesus als Messias durch die Führung Israels zu einem Höhepunkt kommt.
Ab Kapitel 13 beginnt der Herr Jesus, sich den Heidenvölkern zuzuwenden. Darum spricht er gleich über das Gleichnis vom Acker, auf dem der Sämann den Samen des Wortes Gottes ausstreut. In Matthäus 13 erklärt Jesus, der Acker bedeutet die Welt.
Dadurch deutet er schon an, dass durch die Verwerfung der Masse in Israel das Evangelium zu den Heidenvölkern geht. Nach der Auferstehung kommt der Missionsbefehl ganz klar: Alle Nationen zu Jüngern machen.
So haben wir im Matthäusevangelium zwei Teile: Kapitel 1 bis 12 und Kapitel 13 bis 28.
In Kapitel 1 bis 12 steht Israel ganz besonders im Vordergrund. Im zweiten Teil kommt immer mehr das Thema der Heidenvölker hinzu. Das hängt alles zusammen mit dem ersten Vers des Evangeliums.
Können wir das kurz aufschlagen? Der erste Vers bitte am Mikrophon zitieren und dann stehenbleiben, dann gibt es noch ein bisschen Zusatz.
„Das Buch des Geschlechts Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.“ (Matthäus 1,1)
Kurze Zwischenbemerkung: Hier wird der Stammbaum von Jesus Christus, also Jesus dem Messias, vorgestellt. Er ist Sohn Davids und Sohn Abrahams.
Wenn wir zurückdenken, wer in diesem Stammbaum folgt, zuerst Sohn Davids. Da muss man Vers 6 lesen:
„Isai zeugte David, den König; David aber zeugte Salomo von der Frau des Uriah.“ (Matthäus 1,6)
David zeugte Salomo, den großen König Israels, der das größte Reich innehatte, das Israel je besessen hatte – viel größer als der sogenannte „Trump-Plan“.
Wenn wir an den Sohn Abrahams denken, lesen wir Vers 2:
„Abraham zeugte Isaak.“ (Matthäus 1,2)
Der Sohn Abrahams im Stammbaum war Isaak. Nun wird der Messias Jesus genannt „Sohn Abrahams“. Das heißt, er ist der große Isaak. Er wird auch „Sohn Davids“ genannt, also der große Salomo.
Salomo war der König Israels, und Isaak war der geliebte Sohn, den der Vater gab als Opfer (1. Mose 22).
Nachdem Abraham bereit war, seinen Sohn als Opfer zu geben, was sagte Gott danach? Wir schlagen 1. Mose 22 auf, dort kommt eine Verheißung, in Vers 16 und 17:
„Und er sprach: Ich habe bei mir selbst geschworen, spricht der Herr, weil du dies getan hast und deinen Sohn, deinen Einzigen, nicht verschont hast, darum will ich dich reichlich segnen und deinen Samen mächtig mehren wie die Sterne am Himmel und wie den Sand am Ufer des Meeres. Und dein Same soll das Tor seiner Feinde in Besitz nehmen. Und in deinem Samen sollen alle Völker der Erde gesegnet werden.“ (1. Mose 22,16-18)
Im Zusammenhang mit der Hingabe des geliebten Sohnes Abrahams kommt diese Verheißung. „In deinem Samen“ meint den Messias. Galater 3,16 sagt: „In deinem Samen werden gesegnet werden alle Nationen der Erde.“
Der Sohn Abrahams ist also der Segen für alle Völker.
Daher können wir sagen: Matthäus 1-12 stellt ganz speziell den Ben David, den wahren Salomo, König Israels, dar. Kapitel 13-28 zeigt den Ben Abraham, den Sohn Abrahams, das heißt den Segen für alle Nationen.
Am Schluss wird der Kreis des Matthäusevangeliums geschlossen. Können wir das kurz nochmals aufschlagen, Matthäus 28?
Wir lesen nochmals Vers 18:
„Jesus trat herzu, redete zu ihnen und sprach: Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf der Erde.“ (Matthäus 28,18)
Wer spricht hier? Das ist der große Salomo, der nicht nur ein Großreich Israels hatte (Israel heute plus Westjordanland plus Gebiete in Libanon und Syrien), sondern dessen Herrschaft alle Ehre umfasst – das ganze Universum, Himmel und Erde.
Er ist der wahre Sohn Davids, der große Salomo.
Dann sagt er: „Geht hin und macht alle Nationen zu Jüngern und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu bewahren, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.“ (Matthäus 28,19-20)
Das ist der wahre Isaak, der Segen für alle Völker der Welt.
So ist die Kreisstruktur zu Beginn wieder geschlossen.
Jetzt, in Kapitel 10, sind wir noch in der Phase, in der Israel besonders im Visier steht. In Vers 7 sagt Jesus genau, wie sie vorgehen sollen: Sie müssen predigen, und die Kernbotschaft ist: „Das Reich der Himmel ist nahegekommen.“
Das Reich des Messias, „Himmel“ steht hier für den im Judentum unaussprechlichen Namen Gottes, JHWH, den die Rabbiner oft durch „Himmel“ ersetzt haben.
Darum sagt der verlorene Sohn im Gleichnis: „Ich will zu meinem Vater zurückkehren und ihm sagen: Ich habe gegen den Himmel gesündigt und vor dir, gegen den Himmel gesündigt.“ Das meint JHWH, den Ewigen, den Unwandelbaren.
Also: Das Reich des Herrn ist nahegekommen.
Dann gibt der Herr ihnen Autorität: Kranke heilen, Tote wecken, Aussätzige reinigen.
Das ist gewaltig – Aussätzige reinigen.
In Israel wird kein einziger Fall in der Schrift erwähnt, nach Mose, in dem ein Aussätziger wieder geheilt wurde. Darum war die Heilung eines Aussätzigen (Matthäus 8) eine Sensation.
Es gab einen Großaufmarsch von Rabbinern aus ganz Israel nach Kapernaum, um zu prüfen, ob Jesus wirklich der Messias ist.
Jetzt sagt er seinen Jüngern: Reinigt Aussätzige. Das ist kein beliebiges Wunder, sondern ein messianisches Wunder.
Hier sehen wir: Der Herr gibt den zwölf Aposteln eine Autorität, die seiner eigenen entspricht.
Im Talmud gibt es einen Spruch: Ein Gesandter hat die gleiche Autorität wie der, der ihn sendet. Hier stimmt das.
Darum sagt der Herr am Schluss des Kapitels:
„Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat.“ (Matthäus 10,40)
Das hat eine besondere Bedeutung in Verbindung mit den Zwölf Aposteln.
Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf, weil er ihnen eine so besondere, messianische Autorität gegeben hat.
Diese apostolische Autorität ist im Neuen Testament weiterhin von Bedeutung und fundamental – auch für uns heute.
Wenn wir 1. Johannes 4 aufschlagen, warnt Johannes vor falschen Propheten und Lehren in der Christenheit und sagt:
„Ihr seid aus Gott und habt jene überwunden; denn der, welcher in euch ist, ist größer als der, welcher in der Welt ist. Sie sind aus der Welt, darum reden sie von der Welt, und die Welt hört auf sie. Wir sind aus Gott. Wer Gott erkennt, hört auf uns; wer nicht aus Gott ist, hört nicht auf uns. Daran erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums.“ (1. Johannes 4,4-6)
Johannes spricht die Erlösten an und sagt: Ihr seid aus Gott, Kinder, und habt sie – die falschen Propheten und Lehrer – überwunden.
Dann sagt er im Kontrast dazu: Wir sind aus Gott – das meint Johannes mit den Aposteln.
Wir können an 1. Johannes 1,1 zurückdenken, wo Johannes schreibt, was von Anfang an war, was sie gehört, mit eigenen Augen gesehen und berührt haben, betreffend das Wort des Lebens.
Jesus Christus ist das Wort, das am Anfang war (Johannes 1,1).
Johannes 1,14 sagt: Das Wort wurde Fleisch – er ist das Wort des Lebens.
Nun sagt Johannes, mit seinem Kommen ist ein neuer Anfang gekommen.
Sie haben Jesus nicht nur gesehen, sondern ihn angeschaut, wer er ist, und ihn berührt. Sie haben festgestellt, dass er kein Geist ist, sondern ein wirklicher Mensch.
Er sagt: „Wir, wir, wir“ – die Apostel.
In weiteren Versen sagt er, dass ihre Gemeinschaft mit dem Vater und seinem Sohn Jesus Christus ist.
Kann jemand Vers 3 lesen? 1. Johannes 1,3:
„Was wir gesehen und gehört haben, verkündigen wir auch euch, damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habt. Und zwar ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. Dies schreiben wir, damit unsere Freude vollkommen sei.“
Er sagt also nochmals: Was wir gehört, gesehen und berührt haben, wir Apostel, die Augenzeugen waren, haben Gemeinschaft mit dem Vater und seinem Sohn.
Wenn ihr Gemeinschaft mit uns habt, habt ihr auch diese Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft führt zu völliger Freude.
Wir sind die Apostel, ihr die Erlösten.
Wenn wir nochmals 1. Johannes 4,4-6 anschauen:
„Ihr seid aus Gott, Kinder, und habt sie überwunden. Sie sind aus der Welt, darum reden sie von der Welt, und die Welt hört auf sie. Wir sind aus Gott. Wer Gott erkennt, hört uns.“
Das ist betont im Griechischen, darum steht in der Elberfelder und CSV die Worte „wir“ kursiv gedruckt.
Das heißt: Ein wahrer Gläubiger, der wirklich wiedergeboren ist durch echte Bekehrung, hört auf das, was die Apostel schreiben.
Er sagt nicht: „Paulus hat das gesagt“ oder „Paulus hatte diese Ansicht“.
Das ist nicht das Kennzeichen der Wiedergeborenen.
Ein Wiedergeborener hört auf das Wort der Apostel als das Wort des Herrn Jesus selbst.
„Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf.“ Das ist sogar ein Test.
„Wir sind aus Gott. Wer Gott erkennt, hört uns. Wer nicht aus Gott ist, hört uns nicht.“
Das ist ein Erkennungszeichen: Hieraus erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums.
Man könnte einen Theologiestudenten testen: Ist das Wort, das die Apostel geschrieben haben, hundertprozentig Gottes Wort?
Die Antwort ist: Nein, es enthält Gottes Wort, aber nicht alles ist Gottes Wort.
Hieraus erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums – das bringt es auf den Punkt.
Darum ist die Autorität der Zwölf und von Paulus etwas ganz Wichtiges.
Man muss verstehen: Apostel Jesu Christi sind nicht einfach Missionare, sondern sie haben eine besondere Autorität bekommen und wurden von Gott erwählt, die Grundlage der Kirche zu sein.
Epheser 2,20 sagt: Die Gemeinde als Tempel ist aufgebaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten.
Neutestamentliche Propheten wie Lukas und Markus waren keine Apostel, aber von den Aposteln als Propheten anerkannt.
Darum zitiert Paulus in 1. Timotheus 5 zuerst das fünfte Buch Mose und dann Lukas 10,4 und stellt das Lukas-Evangelium auf die gleiche Stufe wie das Gesetz Mose, die Tora – also die Schrift.
Lukas war kein Apostel, aber als Prophet anerkannt.
Das gilt auch für Jakobus, den Bruder des Herrn, der den Jakobusbrief schrieb, und Judas, seinen Bruder – nicht Judas von den Zwölfen, sondern ein anderer Judas, auch Bruder des Herrn.
Er schrieb den Judasbrief, war kein Apostel, aber von den Aposteln als Prophet anerkannt.
Darum ist es wichtig, dass diese Apostel durch besondere messianische Zeichen, sogar Heilung von Aussätzigen, beglaubigt waren.
In Vers 9 sagt der Herr: „Verschafft euch nicht Gold, noch Silber, noch Kupfer in eure Gürtel, keine Tasche für den Weg, noch zwei Unterkleider, noch Sandalen.“
Am Anfang wurde vorgelesen: „Noch einen Stab.“
Die Mehrheit der Handschriften hat aber „noch Stäbe“ in der Mehrzahl.
Das ist wichtig, denn in Markus 6 sehen wir, dass sie sehr wohl einen Stab mitgenommen haben.
Das ist kein Widerspruch. Einen Stab durften sie haben, aber keinen Reservestab.
Hier müsste es also heißen: „Noch Sandalen, noch Stäbe.“
Der Arbeiter ist seiner Nahrung wert.
Der Herr sagt damit: Ihr müsst mit dem absoluten Minimum in die Israelmission gehen. Er erwartet, dass sie von Israeliten unterstützt werden.
Darum erklärt er ihnen, wie sie vorgehen sollen: In welche Stadt oder welches Dorf sie eintreten, sollen sie forschen, wer darin würdig ist, und dort bleiben.
Wenn jemand würdig ist, nimmt er die Botschaft der Gesandten des Messias an und sorgt für Nahrung – einfach das Nötige.
Herr Rosche, darf ich eine Frage stellen?
Ja, klar.
Zu den Zeichen und Wundern: Hier wurden die Apostel bevollmächtigt, und in der Apostelgeschichte lesen wir, dass die Zeichen und Wunder eigentlich ausschliesslich durch die Apostel geschahen, plus Stephanus, soweit ich weiß.
Kann man generell sagen, solche großen Zeichen und Wunder geschehen ausschliesslich durch Apostel und nicht durch normale Gläubige?
Und wie sieht man Markus 16, wo es heißt, die Zeichen werden folgen?
Wie eingeschränkt waren diese Zeichen und Wunder, die der Herr den Zwölfen gab?
Was wir gesehen haben: Schon in Vers 1 gibt der Herr den Zwölfen eine besondere Autorität und Gaben für Zeichen und Wunder.
Später, wie in Lukas 10 berichtet, schickt er auch siebzig andere Jünger aus und gibt ihnen Autorität, Zeichen und Wunder zu tun.
In der Apostelgeschichte heißt es ausdrücklich, dass durch die Hände der Apostel große Zeichen und Wunder geschahen (Apostelgeschichte 4 und 5).
Wer hat noch Wunder getan, aber war kein Apostel? Stephanus und Philippus – nicht der Apostel Philippus, sondern einer der sieben Diakone (Apostelgeschichte 6).
Sonst niemand, der Wunder tat, wird namentlich genannt.
Das ist überraschend, denn viele Christen denken, die 3000, die am Pfingsten zum Glauben kamen, hätten alle Zeichen und Wunder getan, ebenso die 5000 Männer.
Aber es war Gottes Tag, und große Zeichen geschahen durch die Hände der Apostel, den Zwölf.
Dann sehen wir Philippus, Stephanus, Barnabas.
Das musste so sein, denn der Herr sagt in Markus 16, als Auferstandener, seinen elf Aposteln: „Diese Zeichen werden folgen denen, die glauben.“
Aus der ersten Generation der Gläubigen, die durch die Apostel zum Glauben kamen, geschahen auch große Zeichen und Wunder.
Es ist überraschend, dass in der Apostelgeschichte nur drei Nichtapostel genannt werden, die Wunder taten.
Das ist kein Beweis, dass es nur diese drei waren, aber es zeigt Zurückhaltung im Bericht.
An dieser Stelle noch ein Gedanke zu Markus 16:
Ab Vers 8 steht in manchen Bibeln eine Fußnote, dass die Verse 9-20 nicht ursprünglich seien.
Die zwei ältesten Handschriften, Sinaitikus und Vatikanus, haben diesen Abschnitt nicht.
Diese Verse werden von Irenäus und Hippolytus im 2. und 3. Jahrhundert zitiert, also gibt es eine ganz frühe Bezeugung.
In der evangelikalen theologischen Literatur ist es üblich zu sagen, diese Verse seien eine spätere Hinzufügung.
Der Großteil der Handschriften bezeugt aber diesen Schluss.
Ähnlich verhält es sich mit der Geschichte der Ehebrecherin in Johannes 8, die in Vatikanus und Sinaitikus fehlt.
Augustinus schrieb, dass manche diesen Abschnitt aus Mangel an Glauben herausgenommen haben, weil sie fürchteten, er könnte Ehebruch rechtfertigen.
Darum fehlt er in wenigen Handschriften, aber die Mehrheit überliefert ihn als original.
Wie ist das mit Markus 16? Einige wenige haben den Schluss nicht.
Wer hatte ein Problem mit diesen Versen?
Ab dem 2. Jahrhundert gab es keine Apostel mehr. Der letzte war Johannes, der um die Zeit von Kaiser Trajan starb.
Damit hörten die Wunder der Apostel auf, auch Barnabas, Philippus und Stephanus waren verstorben.
Die Gläubigen hatten ein Problem mit dem Versprechen: „Diese Zeichen werden folgen denen, die glauben.“
Wir sehen diese Zeichen nicht mehr. Wahrscheinlich gehört das nicht für alle Zeiten dazu.
Das ist eine Interpretation, die man nicht beweisen kann.
Es ist die Frage, ob das für damals oder für alle Zeiten gilt.
Kirchengeschichtlich gilt es für damals.
Markus 16 gehört hundertprozentig zur Bibel, man muss sich nicht durch Zweifel verwirren lassen.
Das Evangelium zeigt Jesus als den Diener, der bis zum Tod treu war.
In den letzten Versen wird gezeigt, dass er aus dem Grab erhoben, in den Himmel aufgenommen und zur Rechten Gottes gesetzt wurde.
Das steht nur in Markus.
Der Knecht, der sich erniedrigt hat bis zum Tod, wird erhöht auf dem Thron Gottes.
Was tut der Knecht auf dem Thron? Er arbeitet weiter.
Die letzten Verse sagen, dass die Jünger ausgegangen sind und der Herr vom Himmel her ihr Wort durch Zeichen bestätigt hat.
Er wirkt weiter, ist weiterhin Diener.
Das ist ein internes Argument, das Design des Evangeliums.
Es gibt eine Struktur, die auf Intelligenz und Planung hinweist.
Diese Struktur ist im Markusevangelium bis zum Schluss erkennbar.
So war es wichtig, dass dieser Schluss so geschrieben ist.
Es geht um Zeichen, die auch Nichtapostel tun sollten, und das hat sich erfüllt.
Apostel mussten durch Zeichen, Wunder und mächtige Taten beglaubigt sein.
Das sehen wir bei allen Aposteln.
Der Herr sagt in Vers 10, sie sollen mit minimaler Ausrüstung gehen, denn der Arbeiter ist seiner Nahrung wert.
Sie sollten von Israel unterstützt werden.
Wir werden vielleicht nächstes Mal noch Lukas 22 anschauen.
Unmittelbar bevor der Herr ans Kreuz ging, sagte er den Jüngern:
„Hat euch je etwas gefehlt, als ich euch so minimal ausgerüstet ausgesandt habe?“
Die Missionare antworteten: „Nein, uns hat nie etwas gefehlt.“
Das sagen Missionare immer wieder: Keine menschliche Sicherheit, keine Werbung, keine Konten, aber der Herr sorgt.
Jetzt ist es anders.
Er sagt, sie sollen sich jetzt anders ausrüsten, auch eine Tasche mitnehmen.
Damals sollten sie minimal ausgerüstet sein.
Jetzt ist es anders, weil die Führung Israels den Messias ans Kreuz bringen wird.
Seine Zeit ist vorbei.
Auch hier sieht man, wie wichtig es ist, die Bibel heilsgeschichtlich zu lesen.
Sie hatten den Auftrag, nur Israel zu missionieren und sich von Israel unterstützen zu lassen.
Mit dem Vorabend der Kreuzigung kam die Wende.
Die Unterstützung der Missionare musste anders geschehen.
Sie sollten für sich selbst sorgen.
Der Ausspruch „Der Arbeiter ist seiner Nahrung wert“ gilt im Zusammenhang mit Israel.
Aber es sollte eine Wende geben.
Später in der Apostelgeschichte sehen wir, dass die Gemeinden für die Missionare sorgen, nicht mehr Israel.
Herr Levy, ich hatte noch eine Nachfrage zum Punkt der Grenzziehung.
Da steht, wir sollten nicht zu den Samaritanern gehen. Aber warum steht da „zu den Städten der Samariter“? Durften sie zu den Dörfern gehen, oder ist das sozusagen pauschal gemeint?
Es ist natürlich so, dass hier „Stadt der Samariter“ steht, weil das die größten Ansiedlungen waren.
In der Apostelgeschichte war die Strategie, dass die Apostel, insbesondere Paulus, in Großstädte gingen und nicht auf Bauernhöfe im Hinterland.
Warum? Nicht weil das Hinterland unwichtig war, sondern weil die Apostel die Ballungszentren erreichen sollten.
Dort entstand eine Gemeinde, und diese sollte dann das Hinterland erreichen.
Die Frühzeit des Christentums ist dadurch charakterisiert, dass es viele Christen in den großen Stadtzentren um das Mittelmeer gab.
Das Hinterland nannte man „Pagani“ im Lateinischen, die Heiden, also die, die auf der Heide wohnen.
Darum entstand der Ausdruck „Heide“ im Deutschen und „Paganus“ im Lateinischen.
Das ist eine lange Antwort auf eine kurze Frage.
Aber wir sollten aufhören.
Ich habe eine neue Anordnung, dass wir einen etwas anderen Zeitplan machen. Wär’s dir recht, nächstes Mal?
Nicht alles, nur heilsgeschichtlich habe ich ein Problem.
War die Zeit Jesu eine besondere Phase in der Heilsgeschichte?
Ich dachte immer, die Zeit Jesu falle in die Zeit der Nationen, zwischen Nebukadnezar und seiner Herrschaft.
Heilsgeschichtlich ist das erste Kommen des Messias der absolute Höhepunkt.
Aber, wie du richtig sagst, fällt es in die Zeit der Nationen.
Gott wollte in das Zeitalter der Nationen das Geheimnis der Gemeinde einfügen.
Man muss zwei sich überlagernde Strukturen betrachten.
Um es auf den Punkt zu bringen: Die Evangelien sind die Mitte der Bibel.
Das Alte Testament besteht aus Gesetz, Propheten und Schriften.
Das Neue Testament hat der Herr Jesus in Johannes 14-16 angekündigt als das, was der Heilige Geist erinnern wird: die Evangelien, die Apostelgeschichte, die Briefe der Apostel und die Offenbarung.
So gibt es vier Teile im Neuen Testament und drei im Alten, zusammen sieben.
Das mittlere der sieben Teile sind die Evangelien.
Das Leben des Herrn Jesus, seine 33 Jahre und sein Werk am Kreuz, sind der absolute Höhepunkt der Heilsgeschichte.
Aber, wie du sagst, eingebaut in das Zeitalter der Nationen.
Ich muss jetzt kurz auf eine lange Frage antworten.
Wir wollen doch zusammen beten.