Einleitung und Rückkehr vom Berg der Verklärung
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 394: Die Heilung des Fallsüchtigen, Teil I.
Die Episode mit dem Berg der Verklärung liegt hinter uns. Jesus kommt mit seinen Jüngern vom Berg zurück.
Markus 9,14-15: „Und als sie zu den übrigen Jüngern kamen, sahen sie eine große Volksmenge um sie her und Schriftgelehrte, die mit ihnen stritten. Und sobald die ganze Volksmenge ihn sah, erstaunte sie sehr, und sie liefen herbei und begrüßten ihn.“
Jesus kommt mit Jakobus, Johannes und Petrus zurück – mitten hinein in einen Konflikt zwischen den Jüngern und den Schriftgelehrten.
Der Konflikt um die Heilung des besessenen Jungen
Wo liegt das Problem?
Markus 9,16-18: Und er fragte sie: „Worüber streitet ihr mit ihnen?“ Einer aus der Volksmenge antwortete ihm: „Lehrer, ich habe meinen Sohn zu dir gebracht, der einen stummen Geist hat. Wo immer er ihn ergreift, zerrt er ihn zu Boden. Er schäumt, knirscht mit den Zähnen und wird starr. Ich habe deine Jünger gebeten, ihn auszutreiben, aber sie konnten es nicht.“
Das ist das Problem: Die Jünger wollen einen jungen Mann heilen, doch sie schaffen es nicht. Allen ist klar, dass es sich um eine Besessenheit handelt. Dass der Exorzismus den Jüngern nicht gelingt, ist für den Vater besonders schlimm, weil es sich um seinen einzigen Sohn handelt.
Lukas 9,38-40: Und siehe, ein Mann aus der Volksmenge rief laut und sagte: „Lehrer, ich bitte dich, sieh auf meinen Sohn, denn er ist mein Einziger! Ein Geist ergreift ihn plötzlich, er schreit, zerrt ihn, schäumt, und lässt kaum einmal von ihm ab. Ich habe deine Jünger gebeten, ihn auszutreiben, doch sie konnten es nicht.“
Das ist eine peinliche Situation für die Jünger. Ihr Meister ist nicht anwesend, und sie sind nicht in der Lage, einen Dämon auszutreiben. Dabei hatten sie das früher schon getan. Wir erinnern uns an die Missionsreise der Jünger, bei der es zu ihren Aufgaben gehörte, Dämonen auszutreiben.
Jesus’ Reaktion auf die Situation
Interessant ist nun, wie Jesus reagiert. In Lukas 9,41 antwortete Jesus und sprach: „Ungläubiges und verkehrtes Geschlecht, bis wann soll ich bei euch sein und euch ertragen? Bring deinen Sohn her!“
Warum ist Jesus so aufgebracht? Im ersten Moment wundert es mich, dass Jesus hier so hart formuliert: „Ungläubiges und verkehrtes Geschlecht, bis wann soll ich bei euch sein und euch ertragen?“ Was lässt den Herrn Jesus so missmutig werden? Er hatte doch eine gute Zeit im Gebet mit Mose und Elia auf dem Berg. Warum geht er nicht etwas gelassener mit seinen Zeitgenossen um?
Zunächst halten wir fest: Es ist noch keine Sünde, wenn man mal frustriert ist. Gerade als Leiter darf ich durchaus kurz über die Begriffsstutzigkeit und Dummheit meiner Schäfchen seufzen. Ich darf meinen Frust auch artikulieren, sogar gegenüber den Betroffenen. Das ist keine Sünde.
Allerdings besteht ein Unterschied zwischen einer Haltung des Seufzens und des Richtens, wie Jakobus sie verurteilt, und einem kurzen Aufseufzen, das direkt auf den Unglauben und die Verkehrtheit der Menschen um mich herum reagiert. Wenn Jakobus also schreibt: „Seufzt nicht gegeneinander, Brüder, damit ihr nicht gerichtet werdet“, dann geht es im direkten Zusammenhang um das Thema Geduld.
Alles Seufzen, das aus Ungeduld entsteht, wenn Menschen mit ihren Einschränkungen und Problemen mir und meinen Ambitionen, auch meinen geistlichen Ambitionen, im Weg stehen, ist kritisch. Wenn es mir im Umgang mit Menschen an Liebe fehlt, dann ist solches Seufzen falsch. Solches Seufzen ist Sünde, weil ich die Menschen nicht mit ihren Grenzen annehme, sondern sie für diese Grenzen verurteile.
Das Recht Jesu auf Frustration und die Ursache seiner Verärgerung
Hier ist das aber anders. Ich habe als Lehrer das Recht darauf, dass meine Schüler lernen. Ich habe als Prediger das Recht darauf, dass meine Zuhörer prüfen, was ich sage, und dann tun, was sie verstanden haben. Ich habe als Messias das Recht darauf, dass mein Volk mich erkennt, sich von mir prägen lässt und anfängt, an mich zu glauben.
Also, warum ist Jesus so aufgebracht und enttäuscht? Schauen wir erst einmal, wer ihn da verärgert. Jesus sagt: „ungläubiges und verkehrtes Geschlecht“. Es sind seine Zeitgenossen. Jesus ist nicht verärgert über die Jünger. Es sind seine Jünger, die das mit dem Exorzismus nicht hinbekommen haben, aber das ist nicht, was Jesus verstimmt.
Er ärgert sich über das Verhalten der Volksmenge und wahrscheinlich besonders über das Verhalten der Schriftgelehrten. Die streiten ja mit den Jüngern. Die Frage ist: Worüber? Und die naheliegende Antwort ist wohl über ihre Kompetenz als Exorzisten. Die misslungene Heilung ist Anlass, die Jünger Jesu zu kritisieren.
Was wird dadurch deutlich? Ich sehe zwei Dinge: Ein Mangel an Mitgefühl und ein Mangel an Glauben. Das steckt für mich hinter der Formulierung „ungläubiges und verkehrtes Geschlecht“.
Unglaube und Mangel an Mitgefühl als Ursachen der Verärgerung
Erstens: der Mangel an Glauben. Wie hätte sich Glaube geäußert? Jedenfalls nicht durch Streit. Glaube hätte in Ruhe auf Jesus gewartet. Natürlich kann es sein, dass die Jünger nicht jeden Dämon austreiben können. Aber ihre Unfähigkeit sagt nichts über die Kompetenz ihres Rabbis aus. Merken wir uns das gut: Unglaube hängt sich an der Inkompetenz von Gläubigen auf. Glaube? Wartet auf den Meister!
Ein Beispiel: Menschen verlassen die Gemeinde und verlieren ihren Glauben, weil sie von anderen Gläubigen enttäuscht sind. Was ist das? Die Antwort: Ein Ausdruck von Unglauben. Es mag ja sein, dass Christen im Umgang mit Problemen inkompetent sind. Vielleicht auch im Umgang mit solchen Problemen, die sie früher schon mal besser gemeistert haben. Ja, Christen sind so. Wer mir nicht glaubt, mag einfach nur mal in Ruhe den 1. Korinther 5,3-12 durchlesen.
So fühlt sich Gemeinde an. Und das ist jetzt ganz wichtig: Das Verhalten und die Problemlösungskompetenz von Jüngern Jesu sagt nichts über die Kompetenz Jesu aus. Zu sagen, ich mache meinen Glauben an Jesus am Verhalten der Jünger Jesu fest, ist nichts weiter als ein Ausdruck von Unglauben.
Zweitens: der Mangel an Mitgefühl. Wir haben hier einen verzweifelten Vater mit einem besessenen Sohn. Der Mann ist am Ende. Und jetzt, wo ihm die Jünger Jesu nicht helfen konnten, ist er sogar noch verzweifelter. Was braucht dieser Vater jetzt gar nicht? Dass man ihn und sein Problem instrumentalisiert.
Die Leute, die mit den Jüngern streiten, suchen nur einen Anlass, um gegen Jesus zu reden. Sie benutzen den Fall des dämonisierten Jungen, um den Dienst der Jünger Jesu schlechtzumachen. Mehr fällt ihnen dazu nicht ein. Warum können sie nicht einfach schweigen, mit dem Vater trauern, ihn ermutigen und ihm ein bisschen von seiner Last abnehmen?
Die Antwort ist so einfach wie beschämend: Weil sie daran kein Interesse haben. Sie sind ein verkehrtes Geschlecht, da ist etwas Perverses und Verdrehtes in ihrem Denken und Verhalten.
Zusammenfassung der Ursache für Jesu Verärgerung und Abschlussgedanken
Und jetzt kennen wir den Grund dafür, dass Jesus verärgert ist. Es ist der Unglaube und die Verkehrtheit der Menschen um ihn herum. Es ist die absolute Lernunwilligkeit und das Beharren auf ein zutiefst sündiges Verhalten, das sich durch noch so viele Wunder und Zeichen einfach nicht für Glauben und Liebe gewinnen lässt.
Was könntest du jetzt tun? Liste einmal alle Probleme auf, die dir spontan einfallen, wenn du an die Gemeinde in Korinth denkst. Wie schneidet deine eigene Gemeinde im Vergleich dazu ab?
Das war's für heute. Du findest Fehler in meinem Podcast? Schreibe mir kurz eine E-Mail. Ich genieße wertschätzenden, tiefen und fruchtbringenden Austausch.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
