Gott wird Mensch: Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 207: Die andere Wange hinhalten.
Einleitung: Umgang mit Bösem und Vergeltung
Die Frage, die im Raum steht, lautet: Wie gehe ich damit um, dass Menschen mir Böses tun?
Im mosaischen Gesetz heißt es: „Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ Bedeutet das, dass ich meiner Vergeltung freien Lauf lassen darf? Eigentlich sollte die Antwort ganz einfach sein.
Wie es in den Sprüchen heißt, Sprüche 20,22: „Sage nicht: Ich will Böses vergelten! Harre auf den Herrn, so wird er dich retten.“ Es ist wichtig, dass wir das nie vergessen. Es ist nicht unsere Aufgabe, in dieser Welt den Rächer zu spielen.
Es gibt nur einen, der sagen kann: „Mein ist die Rache, ich will vergelten.“ Und dieser Eine ist Gott. Deshalb ist es kein Zeichen von Glauben oder Klugheit, wenn man sich vornimmt, Böses zu vergelten.
Der Weise harrt auf den Herrn und erwartet darauf, dass Gott ihn richtet – egal, wie lange das auch dauern mag. Der Gläubige vertraut darauf, dass Gott seine Situation sieht und sein Recht ohne Verzug ausführt.
Wenn Gott nicht sofort eingreift, dann hat er dafür seine Gründe. Es liegt niemals daran, dass ihm unsere Not egal wäre.
Das Prinzip der Nicht-Vergeltung im Alten Testament
Hier noch ein ganz wichtiger Vers zum Auswendiglernen: Sprüche 24,29.
Sage nicht: „Wie er mir getan hat, so will ich ihm tun; ich will jedem vergelten nach seinem Tun.“ Sage nicht: „Wie er mir getan hat, so will ich ihm tun.“ Wehe, wenn ich meinen persönlichen kleinen Rachefeldzug mit „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ begründe – das ist ein falsches Prinzip.
Natürlich gibt es in mir eine Instanz, die sich nach Rache sehnt. Das ist aber nicht der Heilige Geist, sondern die Sünde, die in mir wohnt.
Und wenn du die Stimme des Heiligen Geistes hören möchtest, dann würde sie dir sagen: Sage nicht, „Ich will jedem vergelten nach seinem Tun.“
Jesu Lehre zur Reaktion auf Böses
Okay, wie gehe ich dann mit dem Bösen um, wenn ich keine Rache üben darf? Eine Möglichkeit ist, es einfach zu ertragen.
Matthäus 5,39: „Ich aber sage euch: Widersteht nicht dem Bösen; sondern wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, dem biete auch die andere dar.“
Das klingt sehr unwirklich. Bevor wir weiter darüber nachdenken, ein Hinweis: Hier geht es nicht um das Thema Selbstverteidigung, sondern um das Thema Rache.
Der Schlag auf die rechte Backe ist eine sehr grobe Form der persönlichen Beleidigung. Es ist nicht der Fausthieb, der mich niederstreckt – der hätte mich nämlich links getroffen – sondern es ist der Handrücken, der mir einen verächtlichen Streich auf die rechte Wange versetzt.
Wenn der Herr Jesus davon spricht, dass man die andere Wange hinhalten soll, dann hat er nicht den Einbrecher im Blick, der versucht, mir oder meiner Familie etwas anzutun. Vielmehr denkt er an jemanden, der mich beleidigt, und zwar auf ganz grobe Weise. Jemanden, der mir meine Ehre raubt.
Die Praxis des Hinhalten der anderen Wange
Und was tue ich, wenn ich beleidigt werde? Oft geschieht das nicht durch Schläge, sondern durch Worte. Die Antwort darauf mag uns nicht gefallen, aber sie lautet: Wir halten die andere Wange hin. Wir stecken die Beleidigung einfach ein und drehen die Gewaltspirale nicht weiter.
Die Frage ist: Warum sollten wir das tun? Die erste Antwort lautet: Weil Jesus es sagt. Er ist der Herr in meinem Leben. Die zweite Antwort ist: Weil Gott es selbst so macht.
Stellen wir uns nur kurz vor, wie es wäre, wenn Gott jeden, der ihn beleidigt, sofort zur Rechenschaft ziehen würde. Wie würde diese Welt aussehen, wenn Gott nicht barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und reich an Gnade wäre?
Die Frage war: Wie gehe ich mit dem Bösen um? Eine einfache Möglichkeit ist, es einfach zu ertragen, es einzustecken. Nicht weil ich feige bin, sondern weil ich gehorsam, klug und liebevoll bin.
In dieser Welt gibt es schon genug Boshaftigkeit. Da muss ich nicht auch noch meinen Beitrag leisten. Ich kann mich zurückhalten, weil ich weiß, dass Gott ein gerechter Richter und Rächer alles Bösen ist.
Umgang mit Zorn und Entrüstung
An dieser Stelle möchte ich noch auf eine wichtige Sache hinweisen. Es gibt ungerechtfertigten Zorn, der Beziehungen zerstört. Diese Art von Zorn haben wir beim Thema Mord kennengelernt. Darüber haben wir in den Episoden 187 und 188 gesprochen.
Wenn mich also jemand beleidigt und ich zornig werde, kann ich dann sagen, dass mein Zorn gerechtfertigt ist? Kann ich behaupten, es sei heiliger Zorn? Diesen Gedanken möchte ich heute noch klären.
Psalm 37, Verse 1, 7 und 8, sagt von David: „Entrüste dich nicht über den Übeltäter, beneide nicht die, welche Böses tun. Schweige vor dem Herrn und harre auf ihn. Entrüste dich nicht über den, dessen Weg gelingt, über den Mann, der böse Pläne ausführt. Lass ab vom Zorn und lass den Grimm. Entrüste dich nicht, es führt nur zum bösen Handeln.“
Hier sehen wir den Zorn, den wir gern als heiligen Zorn ansehen würden, der es aber nicht ist. Im Text heißt es dreimal „Entrüste dich nicht“. Dabei ist immer jemand im Blick, der Böses tut oder böse Pläne schmiedet. Trotzdem fordert Gott uns auf: Lass ab vom Zorn und lass den Grimm.
Die Begründung lautet: Es führt nur auf unserer Seite zum bösen Handeln.
Heilige Lektion der Heiligung: Entrüstung überwinden
Das hier ist eine wirklich anspruchsvolle Lektion in puncto Heiligung. Reg dich nicht über Verbrecher, Bösewichte und Betrüger auf.
Es liegt so nahe, zu denken: Wenn ich vielleicht nichts tun kann und auch als Christ nichts tun darf, um mich zu rächen, dann kann ich mich doch wenigstens aufregen. Ein bisschen Grollen, ein paar zornige Kommentare – vielleicht habe ich sogar die Chance auf ein klein wenig Rufmord oder eine ordentliche Portion Rachefantasien. Ihr versteht, was ich meine.
Von heute an ist damit Schluss. Von heute an gilt: Entrüste dich nicht über die Übeltäter, ereifere dich nicht gegen die Gottlosen.
Doch was tritt an die Stelle von Entrüstung? Irgendetwas muss ich doch tun.
Zwei Prinzipien für den Umgang mit Übeltätern
Zwei Prinzipien, die wir, wie mir scheint, verinnerlichen müssen.
Psalm 37, Vers 5: „Befiehl dem Herrn deinen Weg und vertraue auf ihn, so wird er handeln.“ Das ist Prinzip eins. Ich darf klagen, ich darf Gott meinen Schmerz bringen, ihn um Hilfe bitten. Ich darf auf ihn vertrauen und auf sein Eingreifen warten.
Dann gibt es noch ein geniales Prinzip Nummer zwei. Ich darf mich um meine Feinde sorgen.
Sprüche 24, Verse 19 und 20: „Entrüste dich nicht über die Übeltäter, ereifere dich nicht gegen die Gottlosen, denn für den Bösen gibt es keine Zukunft, die Leuchte der Gottlosen erlischt.“
Das klingt vielleicht schräg, aber ich darf mir heute schon vor Augen halten, dass der Mensch, der mir Böses tut, keine Zukunft hat. Er ist tatsächlich verloren und braucht viel mehr als meinen Ärger und meine Entrüstung. Er braucht eine Chance. Er braucht eine Chance auf eine Begegnung mit dem Gott, der auch seine Bosheit noch erträgt, weil er ihm vergeben will.
Botschafter der Gnade und des Friedens
Und ich halte die andere Wange hin, weil ich ein Botschafter dieses Gottes bin. Ich sehne mich danach, dass mein Feind Frieden mit Gott findet. Meinem Zorn und meiner Entrüstung steht dieser Frieden nur im Weg.
Du solltest unbedingt Sprüche 24,19-20 auswendig lernen.
Frage: Musst du beim Thema Entrüstung vielleicht noch Buße tun?
Schlusswort und Ermutigung
Das war es für heute. Denke darüber nach, wie du anderen Christen heute durch ein ermutigendes Wort zum Segen werden kannst.
Ermutigen kannst du auch dann, wenn es dir selbst gerade nicht so gut geht.
Der Herr segne dich. Erfülle dich mit seiner Gnade und lasse dich von seinem Frieden begleiten. Amen.
