Es tut mir leid, dass ich am letzten Sonntag die Predigtzeit etwas überschritten habe. Am Tag davor war mir in London die Uhr stehen geblieben, weil die Batterie leer war. Ich hatte jedoch die Uhr meiner Tochter dabei, aber mein Herz war zu voll. Nun verstehen Sie vielleicht, warum ich manchmal so streng auf die Zeit achte.
Wir wollen uns heute darauf konzentrieren, das Wort Gottes zu hören, das er uns sagen will – auch an diesem Morgen. Ich habe ein Thema ausgesucht, das zusammenfasst, was ich über dieses Wort entdeckt habe: das Licht in der Finsternis. Die Grundlage dafür ist Matthäus 27,45-56.
„Und von der sechsten Stunde an ward eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde. Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut und sprach: ‚Eli, Eli, Lama Asaftani?‘ – das bedeutet: ‚Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?‘“
Das ist der Anfang des 22. Psalms in aramäischer Sprache. Einige, die das hörten, sagten, er ruft den Elija. Sofort lief einer von ihnen, nahm einen Schwamm, füllte ihn mit Essig, steckte ihn auf ein Rohr und gab es Jesus zu trinken. Die anderen sagten: „Halt, lass sehen, ob Elija kommt und ihm hilft.“
Aber Jesus schrie abermals laut und verschied. Und siehe da: Der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücke von oben bis unten. Die Erde erbebte, die Felsen zerrissen, und die Gräber öffneten sich. Viele Leiber der Heiligen, die geschlafen hatten, standen auf und gingen nach seiner Auferstehung aus den Gräbern. Sie erschienen vielen in der heiligen Stadt.
Der Hauptmann und die bei ihm waren, die Jesus bewachten, erschraken sehr, als sie das Erdbeben und die Geschehnisse sahen. Sie sprachen: „Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen.“
Viele Frauen waren ebenfalls da und sahen von ferne zu. Sie waren Jesus aus Galiläa nachgefolgt und hatten ihm gedient. Unter ihnen waren Maria Magdalena, Maria, die Mutter des Jakobus und Joseph, und die Mutter der Kinder des Zebedäus.
Herr, du kannst es schaffen, dass wir jetzt erkennen, was du uns sagen möchtest.
Die Herausforderung des modernen Glaubens und die Bedeutung des Kreuzes
Es hat mich eben jemand darauf angesprochen, was in diesen Tagen in Wochenblättern stand. Solche Blätter lesen wir meist nicht und haben auch keine Zeit dafür. Doch zufällig fielen meine Augen darauf. Da fragten wir uns: Was ist das eigentlich, wenn schon in diesen ganz normalen Verteilblättern unserer Stadt ein wenig Spott durchklingt?
Was haben denn die Christen eigentlich noch, wenn jemand anfängt, die Menschen, die sich in seinem Namen versammeln, zu hinterfragen? Was glauben sie denn? Sie wissen ja selbst oft gar nicht mehr genau, was sie haben.
Wenn wir heute vom Licht in der Finsternis sprechen, dann meine ich damit zuerst einmal die Not, dass es unter uns Christen sehr finster aussieht – gerade wenn wir Karfreitag feiern. Wir brauchen nicht unseren Herrn zu beweinen, vielmehr sollten wir uns selbst beweinen. Denn so viele unter uns wissen nichts mehr davon, was der Gekreuzigte ihnen im Leben schenken kann und bedeutet.
Natürlich wissen schon die Kinder, dass Jesus am Kreuz gestorben ist. Und es ist keiner von uns hier, der diese Worte zum ersten Mal in seinem Leben hört. Aber was bedeuten sie Ihnen?
Heute haben wir ein modernes Christentum, das auf den Gekreuzigten verzichten kann. Man kann viele Bücher großer Theologen aufschlagen, die frank und frei erklären, dass das doch alte Vorstellungen seien und nichts mehr für uns bedeuten. Sie sagen, als ob er unsere Sünde getragen hätte – doch was ist denn eigentlich Sünde? Sie leugnen, dass diese furchtbare Krankheit uns mitten in unserem Leben lähmt und uns unfähig macht, Gutes zu tun.
Viele kennen diese Krankheit gar nicht mehr. Und weil sie die Krankheit nicht kennen, kennen sie auch das Heilmittel nicht mehr.
Dagegen kann man nur zu Gott schreien und bitten: Herr, gib doch in unseren Tagen wieder, dass Menschen dein Kreuz erkennen – und sonst nichts. Denn in diesem Kreuz entscheidet sich alles, was uns zu Christen macht.
Wenn jetzt jemand sagt: „Ja, mir bedeutet das eigentlich recht wenig, und ich kann wenig damit anfangen“, dann ist das sehr schwer.
Wir haben vorhin am Eingang unseres Gottesdienstes das Wort des Paulus als Gruß an uns gehört: „Das Wort vom Kreuz ist denen verborgen und eine Torheit, eine unbegreifliche Sache, die verloren gehen.“
Es gibt in der Welt Menschen, denen dies verschlossen ist, für die es eine fromme Sprache ist, mit der sie nichts mehr anfangen können.
Aber dann sagt Paulus: „Uns aber ist es mehr!“
Die zentrale Botschaft des Kreuzes und das Wunder der Finsternis
Und er konnte seinen Gemeinden immer wieder sagen: Meine ganze Predigt lässt sich so zusammenfassen, dass ich euch Jesus vor Augen malen will. Dabei will ich ihn nicht so darstellen, wie er groß war, als er die Hungernden speiste, sondern so, wie er am Kreuz hing, mit der Dornenkrone. Dort ist er für uns am wunderbarsten, am tröstlichsten und am mächtigsten.
Keine Wirkung Jesu kann mit der Wirkung aufnehmen, die er uns als der Gekreuzigte geben will. An diesem Punkt will er unser altes Leben völlig erneuern. Er will uns befreien von Bindungen, die uns knechten und aus denen wir nicht loskommen. Er will Altes wegtun, vergeben und uns einen gewissen Glauben geben sowie Zuversicht schenken.
Das ist das Ziel meiner Predigt: Dass heute in einer trostlosen, finsteren Christenheit wieder das Licht durchbricht. Das Licht, das Menschen finden, wenn sie auf den Gekreuzigten schauen und sagen: In ihm habe ich das Heil. So wie es unsere Väter taten, als sie auf die Grabeshügel Kreuze pflanzten – Hoffnungszeichen der Christen! Um Jesu willen, des Gekreuzigten.
Ich weiß sonst nichts mehr, was meinen Glauben so zusammenfasst, als dass er für mich starb. Das war das Zeugnis eines der größten Prediger der Kirchengeschichte, Charles Haddon Spurgeon. Er hat über hundert Bücher geschrieben und sagte am Ende seines Lebens: „Da will ich meine ganze Theologie damit zusammenfassen: Er starb für mich.“
Dann fügte er hinzu: „Das ist zwar nicht sehr viel, aber es ist alles, was ein Christ in dieser Welt je rühmen, sagen und verstehen kann. Und weiter kann keiner kommen als bis zu dieser Weisheit.“
Nun wollen wir diesem Gedanken noch ein wenig nachgehen: Das Licht in der Finsternis. Dazu müssen wir zuerst – und das ist mein erster Punkt – dieses unheimliche Naturwunder der Finsternis ansehen, das in unserem Text beschrieben wird.
Ich habe darüber noch nie in meinem Leben gepredigt, und diesmal hat es mich sehr bewegt, was das wohl sein könnte. Es ist eine Art, dass wir solche Dinge in der Bibel, die uns ungewöhnlich sind und die wir selbst noch nie erlebt haben, einfach überlesen.
Ist es wirklich so gewesen, dass sich plötzlich über drei Stunden lang die Sonne verfinstert hat, über das ganze Land? Dass der ganze Verkehr zum Stillstand kam, dass kein Mensch mehr weiterging? Es wurde Nacht.
Es ist ganz wichtig, dass wir das begreifen. Wir haben uns angewöhnt, Wunder aus unserem Denken leicht auszuradieren, weil wir sagen: Das kann gar nicht sein. Und Sie haben ganz recht: Das kann nicht sein. Wie sollte es auch möglich sein?
Wenn sich nun jemand daran macht, dieses Wunder erklären zu wollen, wird er elendscheitern. Ich will Ihnen nur raten: Probieren Sie nie, eine plausible Erklärung für dieses Wunder zu finden. Eine Sonnen- oder Mondfinsternis kann es nämlich gar nicht gewesen sein.
Sie wissen, dass bis heute der Ostertermin immer wechselt wegen des Vollmonds. Denn das muss immer da sein, wo der Vollmond ist. Es ist völlig unmöglich, dass es eine Sonnenfinsternis sein kann, wenn gerade Vollmond ist. Denn dann fällt das volle Sonnenlicht auf den Mond, und der Mond kann nie zwischen Sonne und Erde stehen.
Es gibt kein natürliches Mittel, mit dem ich dieses Wunder erklären könnte. Aber wir sagen immer bei solchen Wundern: Ich muss sie heute anders verstehen, weil es nicht sein kann, dass Gott über die Naturgesetze hinaus wirkt.
Was ist das für ein Gott, an den wir da glauben? Hat er sich völlig Ketten angelegt? Ist er ein Gott, der keinen freien Willen mehr hat? Die Bibel schildert uns Gott immer als eine Person, die frei handelt und frei entscheidet. Die Wunder, die hier erzählt werden, sind ein Ausdruck dieses freien Handelns Gottes.
Aber Sie müssen darauf achten: Es gibt auch heute viele Leute, die von Wundern erzählen. Dann berichten sie uns ganz verrückte Sachen, die eher Zirkusstücken ähnlich sind als Wundern Gottes – den Wundern der vielen heiligen Legenden, die wir so hören.
Achten Sie einmal darauf: Die biblischen Wunder haben in sich eine Notwendigkeit, eine innere Notwendigkeit im Ablauf. Ich kann Ihnen das an einem Beispiel zeigen: Als die Jünger Jesu draußen auf dem See Genezareth waren und im Sturm in Not gerieten, wusste Jesus das.
Kann Jesus die Jünger draußen lassen? Nein, er muss übers Wasser gehen. Das schildert uns die Bibel. Das ist unser Herr, der handeln muss, der uns nicht Schaustücke liefert, sondern eingreift, wenn die Seinen Not haben.
Als er nach Betanien kommt und Maria bei Martha klagt und sagt: Lazarus ist tot, und sie ihm vorwerfen, wäre er da gewesen, wäre er nicht gestorben, da muss Jesus ihnen ein Zeugnis geben, dass er die Auferstehung und das Leben ist. Das ist eine Notwendigkeit im Ablauf des Geschehens.
Und hier ist es genau dasselbe bei diesem Schreckenswunder, das hier geschieht. Diese Finsternis ist ein Wunder, das im Ablauf des Geschehens notwendig ist.
Die Bedeutung der Finsternis am Kreuz und die Konsequenzen für den Glauben
Wir haben es in unserem Glauben völlig verlernt, dass Jesus nicht nur ein großer Lehrer war, eine bedeutende sittliche Persönlichkeit und ein Wohltäter der Menschen. So viele sagen: „So kann ich ihn verstehen.“ Ja, so kann ich ihn verstehen – so gehen viele durch die Welt.
Aber die Bibel schildert Jesus als den Anfang und das Ende der gesamten Schöpfung und aller Geschöpfe. Alles ist durch ihn geworden, und alles besteht in ihm, sagt der Kolosserbrief. Er ist der Schöpfer aller Dinge.
In dem Augenblick, in dem die Menschen Jesus ans Kreuz nageln und ihn töten, verliert die Natur ihren letzten Sinn und ihre letzte Lebenskraft. Es blitzt nur symbolisch in der dreistündigen Finsternis auf. Diese Welt weiß gar nicht, was es bedeutet, Jesus von sich zu weisen.
Das kann eine souveräne Entscheidung sein, wenn jemand sagt: „Ach, wissen Sie, ich beschäftige mich viel lieber mit dem Hinduismus.“ Dann wird Jesus so einfach beiseitegeschoben.
Wenn aber jemand an dieser Stelle aufwacht und erkennt, dass es in dem Moment so ist, als schieße er sich eine Kugel durchs Herz, dann nimmt er sich selbst die ganze Lebenskraft. Er kann sich noch rühmen und sagen: „Ich lebe ja, ich habe Teil an der Fülle dieser Welt.“ Doch tatsächlich hat er es nicht mehr.
Wenn die Menschheit darunter leidet, dass sie den Sinn und Inhalt ihres Lebens verloren hat, auch wenn die Sonne noch scheint und die Wolken über die Welt ziehen, dann liegt das daran, dass Gott seine Geduld noch nicht aufgehoben hat.
Der Grund ist, dass wir den Fürsten des Lebens, wie ihn Petrus in der Pfingstpredigt nennt, getötet haben. Wir haben ihn von uns weggestoßen und wollen ihn nicht mehr haben. Dieser Herr will die Mitte unseres Lebens sein. Von ihm allein kommt Leben. Er ist die Quelle des Lebens und das Licht.
Für uns heute, die wir hier am Karfreitag stehen, ist es wichtig, das zu sehen. Finsternis liegt über dem Hügel Golgatha – eine ganz äußere Finsternis. Die ganze Natur verdunkelt sich, weil sie es nicht ertragen kann, dass Jesus getötet wird.
Man meint, diese Dunkelheit zieht sich bis in die Welt Gottes hinein, als wäre in diesem Augenblick die Liebe Gottes von diesem furchtbaren Geschehen umwölkt.
Wenn wir ein Leben lang nie vergessen, dass dieses Kreuzesgeschehen ein Zorngericht ist, das über der Welt liegt, verstehen wir, dass Menschen eine Entscheidung fällen. In Spott und Gelächter, so wie Glaubensentscheidungen heute oft getroffen werden, sagt jemand: „Ich brauche diesen Jesus nicht, ich verzichte auf ihn.“
In dem Augenblick wird es ganz, ganz dunkel – so dunkel, wie es einmal sein wird, wenn wir durchs Todestal gehen und niemand mehr bei uns ist.
An Jesus scheiden sich Licht und Finsternis.
Das Unverständnis der Zuschauer am Kreuz und die Mächte der Finsternis
Ein zweiter Punkt: Wir müssen den Unverstand der Zuschauer betrachten. Der erste Punkt war also dieses schreckliche Naturwunder der Finsternis. Es ist fest in dieser Passionsgeschichte verankert, dass die Zuschauer um das Kreuz herum gar nichts von dem verstanden haben, was geschah. Sie standen da und starrten, einige machten ihre Sprüche dazu. Und so geht es uns oft, wenn wir diesen Bericht immer wieder hören: Man versteht nicht, was hier geschieht.
Doch die Finsternis ist plötzlich wieder aufgehoben, diese Naturfinsternis, und es wird wieder hell in der neunten Stunde. Dann sieht man auf einmal, dass sich die Lippen Jesu bewegen. Alles ist wieder im Licht, und trotzdem sieht niemand etwas. Es kann alles im Licht sein, und dennoch verstehen und begreifen wir nichts.
Denn in diesem Moment des Sterbens betet Jesus einen Vers aus dem 22. Psalm. Menschen stehen da und hören diese Worte. Diese Menschen sprechen Aramäisch, die damalige Umgangssprache, ähnlich wie wir heute Schwäbisch sprechen. Diese Worte werden hier am Kreuz gesprochen, und trotzdem verstehen sie die klaren und deutlichen Worte nicht.
Darüber muss ich jetzt sprechen. Es beschäftigt uns immer wieder, warum die Worte der Bibel uns oft unverständlich sind. Wir sagen, die Bibel sei so kompliziert zu verstehen. Doch die Worte der Bibel sind nicht kompliziert. Was am Kreuz geschieht, ist so einfach, eindeutig, hell und klar.
Jesus hat es gesagt. Schon Johannes hat es angekündigt: Dies ist das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegträgt. Das ist eindeutig. Die Menschen kannten damals den Opferbrauch. Beim Versöhnungsfest legte der Priester seine Hände auf den Kopf des Lammes und übertrug die Schuld auf dieses Tier. Nun sagt Johannes: Das ist das wahre Lamm, der Sohn Gottes, der die Schuld wegträgt.
Die Leute stehen um das Kreuz und verstehen nichts. Man kann heute in einer Kirchenbank sitzen und ebenfalls nichts verstehen. Dann muss man wissen, woher das kommt. Es liegt daran, dass in diesem Moment des Todes Jesu Mächte der Finsternis losgelassen sind, die unseren Blick auf Jesus verdunkeln wollen. Diese Mächte wollen nicht, dass wir zum Licht durchdringen.
Es ist alles klar und eindeutig, und doch verstehen wir nichts und sehen nichts. Ich weiß nicht, wer von Ihnen durch große Zeiten der Finsternis gehen muss. Es gibt Momente in unserem Leben, manchmal sehr häufig, in denen Anfechtungen auf Anfechtungen folgen. Dann gibt es keine Klarheit mehr darüber, was gilt und was richtig ist.
Sie müssen wissen, dass solche Dinge uns überfallen, weil die Mächte der Finsternis los sind. Sie wollen uns an dieser ganz klaren Stelle des Glaubens verwirren. Das ist bei den Kranken jetzt so, die angefochten sind, die es nicht mehr aushalten und nicht mehr durchblicken.
Dann müssen wir für sie da sein, ihnen Zuspruch geben und ihnen diese Worte sagen: Der Herr ist dein Hirte, er führt dich auf rechter Straße. Wisse, er hat dir deine Schuld vergeben. Sie müssen Zuspruch erfahren, damit sie durchdringen können.
Die Glaubenszweifel Ihres und meines Lebens und die Anfechtungen, die wir haben, sind so natürlich und verständlich, weil die Mächte der Finsternis in unserem Leben los sind und wüten. Deshalb ist es so verständlich, dass unser Glaube manchmal unklar ist.
Wir wissen, dass es in diesem Augenblick auch bei Jesus ganz finster war. Wenn wir über das Licht in der Finsternis sprechen, müssen wir zuerst noch einmal ganz klar sagen, wie dunkel es bei Jesus war. Er hat etwas durchlitten, was kein Mensch jemals durchlitten hat.
Und wenn jemand großes Unrecht erleidet, hat Jesus noch nie so etwas durchgemacht wie die Erfahrung, von Gott verlassen zu sein. Es gibt keinen noch so großen Spötter in unserer Welt, der von Gott ganz aufgegeben wäre. Solange jemand lebt, begleitet ihn die Geduld und die Liebe Gottes. Das ist ungeheuer.
Man kann Gott ablehnen und dennoch unter seiner Behütung durch diese Welt gehen. Über jedem Atheisten strahlt die Güte Gottes bis zu seiner Todesstunde. Das verstehen viele Menschen nicht. Aber hier, über seinem eigenen Sohn, war diese Güte Gottes nicht mehr da. Stattdessen brach der Zorn Gottes aus. Gott hat ihn losgelassen und den Mächten der Finsternis überlassen.
Was hier geschah, ist das, was uns höchstens einmal nach dem Tod widerfahren kann. Für mich ist das Wort Hölle eine grausame Sache. Es bedeutet, nach dem Sterben von Gott auf ewig geschieden zu sein. Dass Gott einen verlässt und es keine Umkehr mehr gibt, keinen Frieden, keine Heimkehr und keine Liebe mehr.
Stattdessen muss man dort leben, wo Depression wütet, Verzweiflung herrscht und Hass regiert. Durch diese Hölle ging Jesus in der Passionsnacht. Das ist die Verlassenheit, die schreckliche Verlassenheit der Hölle. Diese Dunkelheit leuchtet hier am Kreuz von Golgatha auf.
Aber Jesus hat diese Hölle überwunden. Selbst in der Verlassenheit, wo Gott weg war, konnte er durchbrechen und rufen: Mein Gott! Er konnte ihn dennoch fassen, war ihm dennoch nah. Er konnte sein Leben in Gottes Hand legen und Bibelworte rezitieren, beten.
Das ist für die Anfechtung groß. Das müssen Sie wissen: Das Licht in der Finsternis leuchtet hier ganz hell in der schrecklichen Todesstunde Jesu. Das ist für uns nichts Trauriges, sondern Freude. Freude, weil uns plötzlich groß wird, dass Jesus uns hier eine Tür öffnet.
Wir dürfen hindurchgehen und zum Vater kommen. Er ist da, unser Vater, der uns lieb hat. Wir dürfen durch Anfechtungen und Glaubenszweifel hindurchgehen, weil der Vater uns diese Tür geöffnet hat.
Ich darf Ihnen noch einmal, wie gestern Abend, ganz eindeutig sagen: Nie wird jemand all Ihre Fragen im Leben klären können. Aber ich wünsche Ihnen einen Bruder, mit dem Sie sich gegenseitig helfen können. Einen Bruder, der mit Ihnen einfach durch die Tür geht.
Es gibt nichts Größeres in Glaubenszweifeln und Zeiten der Anfechtung, als wenn jemand sagt: Komm, ich sage dir ein Wort Gottes, und ich will mit dir beten. Wir gehen jetzt vor den Thron Gottes.
Wir bleiben nicht bei den dunklen Mächten stehen. Lasst uns vor den Herrn treten, der uns in seiner Liebe umhüllt und zu dem wir gehören als seine Kinder. Er streift uns die Schuld ab, reißt uns heraus aus unserem nichtigen Leben und macht uns zu seinen Kindern, die ihm gehören und die ihm ähnlich sind.
Das Glaubensbekenntnis des Hauptmanns und die Ausbreitung des Lichts
Noch ein letztes: Wenn wir das Licht in der Finsternis sehen wollen, dann müssen wir auf die Leute am Kreuz schauen, die durchblicken. Es wird von einem Hauptmann erzählt, der zur römischen Armee gehörte. Diese römischen Offiziere waren sicher recht brutale Gewaltmenschen. Aber es wird ja schon einmal in der Bibel berichtet, dass Jesus sagt, solch einen Glauben habe ich im Gottesvolk Israel nie gefunden – wie ausgerechnet unter diesen brutalen Soldaten. Merkwürdig, wie es geht mit dem Licht, das durch die Finsternis bricht.
Es geschieht immer wieder, dass das Volk Gottes weggestoßen wird, so wie damals die Schriftgelehrten und Bibelkenner, die um dieses Kreuz herumstanden und nichts begriffen haben. Und dann waren es plötzlich Randfiguren an den Hecken und Säunen, die ganz klar sahen: Jesus, mein Heiland, Jesus, mein Retter, Jesus, mein Erlöser – dieser ist wahrlich Gottes Sohn gewesen. Woher hat er das?
Ja, ich habe Rätsel, ich habe Bücher aufgeschlagen, ich wollte das mal ergründen. Ich will immer neu in der Bibel forschen, doch ich habe nichts gefunden. Da habe ich gedacht: Kann sein, dass er doch durch dieses Naturwunder aufgeschreckt wurde. Ach, das haben ja die anderen auch erlebt. Oder war es das Beben? Das haben die anderen ja auch erlebt. Das haben auch viele Menschen jetzt in Rumänien erlebt und haben trotzdem keinen Glauben gefunden.
Ja, woran lag es dann? Sie können Glauben nicht erklären. Ich muss passen. Und wenn wir oft versucht haben, einem anderen das zu erklären oder zu machen, als ob er das könnte, und es doch nicht konnte – jetzt will ich umgekehrt sagen, dass Sie heute im Gottesdienst sind, dass es in Ihrem Leben einen Regen des Gewissens gibt, dass es eine Stimme in Ihrem Leben gibt, dass Sie überhaupt unruhig geworden sind – das ist das Große, dass Sie überhaupt aufgewacht sind und sagen: Ich kann Gott nicht aus meinem Leben herausstoßen.
Das ist das, was hier bei diesem Hauptmann geschah. Und das ist ein Reden Gottes, und das ist ein Wunder, dass durch die Finsternis und durch die Verdunkelung hindurch Gott immer wieder hindurchdringt. Verschütten Sie das nicht! Sie können diese Stimme hinunterdrücken. Dieser Hauptmann redet laut. Dort standen noch die Pharisäer, die sagen: Das darf man nicht sagen. Und er sagt: Ich muss es sagen, was ich erkenne – der war Gottes Sohn. Und das sagt er nochmals und nochmals als das Bekenntnis seines Glaubens.
Es gibt in dieser Welt ungeheuer viel Finsternis, und wir dringen nicht durch die Finsternis durch. Aber Gott dringt durch. Und ich möchte, dass Sie solche Boten werden, die jetzt in die Welt hineingehen und anderen sagen: Es gibt in der Welt einen Ruhepunkt, eine Freude, einen gewissen Punkt, wo man im Glauben Antwort findet auf alle Fragen.
Dort wird jetzt gesagt: Gott hat dich lieb, und er macht dein Leben neu. Du darfst mit ihm leben, und es kann dich niemand aus seiner Hand reißen. Da ist jetzt einfach wichtig, dass Sie ihren Glauben annehmen, den Gott in Ihrem Leben gewirkt hat. Und das ist ein Wunder, dass das anfängt, dass das Licht in der Finsternis leuchtet.
Und nun sprechen Sie das aus, sagen Sie das anderen, bekennen Sie es. Dann erleben Sie, wie es um Sie herum ist, wie bei einem großen Feuer, das weitergeht, wo ein Licht das andere ansteckt und wo es zum großen Flächenbrand wird, in dem Gott weiterwirkt durch Ihr Zeugnis.
Ich möchte schließen mit einem Wort aus dem Johannesevangelium, in dem Jesus gesagt hat: Glaubt an das Licht, solange ihr es habt, auf dass ihr Kinder des Lichts seid! Amen!
Gebet um Erneuerung und Segen
Auch unser Gewissen ist oft abgestumpft, und unsere Gedanken sind so finster geworden. Wir haben uns von der Welt um uns herum prägen lassen und sind so fremd geworden deinem Licht, dass wir oft deine Gedanken und dein Wort des Evangeliums gar nicht mehr aufnehmen können.
Wir bitten dich: Brich du in unser Herz und in unser Leben hinein mit deinem hellen Schein. Stell alles in dein Licht und in deine Klarheit, damit wir aufwachen, zur Besinnung kommen und dann all das fassen können, was du uns in deinem Leiden und Sterben schenken willst.
Du willst uns ganz losreißen von der alten Vergangenheit, die uns belastet, vom alten Wesen, das unsere Trägheit verursacht, von der Gottlosigkeit, die uns zu Kandidaten des Todes macht. Du willst deinen neuen Namen auf unser Leben schreiben und uns berufen als Bürger deines neuen Reiches.
Herr, mach jedem von uns diese Berufung so groß, dass jeder von uns Frieden und neues Leben in dir findet. Wir bitten, dass sie das in ihrem Leben erkennen und erfahren, das eine, was Not ist.
Für unsere Nachbarn und Freunde, mit denen wir zusammenkommen, für so viele aus unserer Gemeinde hier, die dich nicht kennen: Geh du ihnen nach, bis sie die Mitte des Evangeliums erkannt und gefunden haben.
Für die Kranken, die uns jetzt auf der Seele liegen, zu denen du treten und sie trösten kannst mit deinem Evangelium, bitten wir dich.
Wir bitten dich auch für unsere Folge und für unsere ganze Welt: Lass du dein Evangelium noch einmal laut verkündigt werden, damit viele Menschen Rettung und Heil in dir finden und aus aller Finsternis zum Licht, zu dir, durchbrechen.
Lasst uns gemeinsam beten:
„Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“
Nun wollen wir um den Segen unseres Herrn bitten:
Herr, segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden!
