I. Eine verzwickte Lage (4,23)
Vorgeschichte
Nachdem der Heilige Geist an Pfingsten ausgegossen wurde entfaltete sich die Missionsarbeit grossartig. Was Jesus den Jüngern sagte bevor er sie verliess erfüllte sich: aber ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde. Apg.1,8. In der Tat, der Aufbruch gestaltete sich atemberaubend! Allein nach der Pfingstpredigt des Petrus bekehrten sich etwa 3'000 Menschen (Apg.2,41). Seit diesem Tag, fügte Gott täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden (Apg.2,47). Als Petrus und Johannes zum Tempel hinaufgingen heilten sie einen Bettler. Das Volk lief ihnen nach und in der Halle Salomos, im Tempel (3,11), sprach Petrus erneut zu der Menschenmenge. Auch dieser Predigt war ein grosser Erfolg beschieden, denn nun stieg die Zahl der Gläubigen auf 5'000 Männer (Apg.4,4). Dieser beeindruckende Erfolg passte aber der geistlichen Führung der Juden ganz und gar nicht. Die Priester, der Hauptmann des Tempels und die Sadduzäer, ärgerten sich, dass sie die Auferstehung Jesu verkündigten (4,2) und sie liessen die beiden einsperren. Die erste Gefangennahme nach Pfingsten. Nun stehen sie vor Gericht und müssen sich rechtfertigen. Es gelang ihnen nicht, sie zu bestrafen, weil der Druck vom Volk ist zu massiv (4,16+21) war. Somit beschlossen sie, dass sie sie bedrohen wollen: Und sie riefen sie und geboten ihnen, keinesfalls zu reden oder zu lehren in dem Namen Jesu. Apg.4,18. Petrus und Johannes antworteten ihnen kühn: Wir können's ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben. Apg.4,20.
In der Gemeinde
Nun sind sie freigelassen worden, und wurden doch nochmals eindringlich aufgefordert, unter keinen Umständen über Jesus zu sprechen (Apg.4,21). Petrus und Johannes eilen zu den Ihren. Offenbar war unter den Gläubigen bekannt, wo man sich traf. Und so berichteten sie dieser Gruppe, was die Hohepriester und Ältesten verlangten. Bestimmt erschraken die Christen über diese neue Entwicklung. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass der eine und andere ein mulmiges Gefühl in der Magengegend bekam. Immerhin wurde ihnen von der religiösen Führung in Jerusalem ein deutliches Redeverbot verhängt. Sie sollen nicht mehr über Jesus sprechen. Mundtot wollte man sie machen.
Hier begegnet uns unsere eigene Situation. Obwohl wir in einem sogenannten christlichen Land leben, will man nicht, dass zuviel von Jesus gesprochen wird. Eine stille Übereinkunft lautet: Du kannst mit mir über alles sprechen, aber Glaube, das ist meine Privatsache. Eingeschüchtert von dieser Gesinnung, wagen wir es kaum über Jesus zu sprechen. Wir lassen uns dadurch mundtot machen, obwohl wir eigentlich alle Freiheiten zur freien Meinungsäusserung hätten. Mancher von uns leidet unter dieser Sprachlosigkeit. Was sollen wir angesichts unserer Not tun? Die Reaktion der Gemeinde in Jerusalem kann uns helfen.
II. Die richtige Reaktion (4,24-30)
1. Schritt: Gott zuwenden
Wie reagiert nun die Gemeinde? Man muss bedenken, sie haben ein grosses Volk in Jerusalem: 5'000 Männer, zählt man die Frauen dazu, so kommt man auf eine stattliche Zahl. Diese Masse von Menschen hätte man doch einsetzen können, um sich Gehör zu verschaffen. Politischen Druck könnte man ausüben. Mindestens könnte man diese Menge von Menschen versammeln, damit alle sehen wie gross diese Bewegung ist und hätte eine Studientagung abhalten können, wie man weiter vorgehen könnte. Nichts von alledem. Die kleine Schar wendet sich zu Gott. Sie setzen ihr ganzes Vertrauen in Gott und beten. Dies tun sie einmütig. Sie sind sich einig in dem, was sie beten!
Das ist der erste und elementare Schritt: Zuerst wende ich mich an Gott. Ist das unsere Reaktion? Suchen wir wirklich Zuflucht bei Gott? Legen wir auch Wert darauf, dass wir einmütig beten?
2. Schritt: Gott anerkennen
Anrede (4,24): Nun sprechen sie Gott an und beschreiben seine Allmacht und Erhabenheit. Sie sprechen Gott als einen mächtigen Herrn an. Das Wort, das hier mit HERR übersetzt wird, beschreibt jemanden der:
Zu despotäs: - es ist inhaltlich durch den Gedanken der uneingeschränkten Machtfülle bestimmt. - im Sinne von Eigentümer, Besitzer. - der absolute Herrscher im Sinne unbeschränkter und vor allem durch kein Gesetz gehemmter Möglichkeit der Machtentfaltung. [1] Die Juden wollte man dazu zwingen, den römischen Kaiser als Herrn zu anerkennen, so beschreibt Josephus: Denn obschon man gegen sie Folterung und Verstümmelung ersann, nur um sie dazu zu bringen, die Anerkennung des Kaisers als ihres Herrn (despotäs) auszusprechen, gab doch niemand von ihnen nach. [2] Die Christen in Jerusalem anerkennen Gott in seiner Allmacht und Souveränität. Und sie bekennen, dass genau dieser Herr, den sie anrufen und verehren, Schöpfer des Himmels und der Erde ist. du hast Himmel und Erde und das Meer und alles, was darin ist, gemacht 4,24b.
Das ist der zweite Schritt: Wir vergegenwärtigen uns, wer unser Herr ist und bezeugen ihm unsere tiefe Anerkennung.
3. Schritt: Gott recht geben (4,25-28)
Nun nehmen sie Bezug auf einen Abschnitt aus dem AT. Und sie bekennen, dass sich dieses Wort erfüllt hat. Sie sagen: in Jerusalem versammelte sich Herodes, Pontius Pilatus mit den Heiden und den Stämmen Israel. Genau das hat sich bewahrheitet und es geschah nicht durch Zufall, sondern es geschah nach dem Ratschluss Gottes. So beteten sie Gott an, indem sie ihn als den mächtigsten Herrn bezeichneten und seinem Wort recht gaben.
Der dritte Schritt besteht darin, dass wir Gott und seinem Wort recht geben. Kommen wir wegen unseres Glaubens in Bedrängnis, so klagen wir Gott nicht an und hadern nicht mit ihm, sondern sagen: Du hast sagtest Herr: Dann werden sie euch der Bedrängnis preisgeben und euch töten. Und ihr werdet gehasst werden um meines Namens willen von allen Völkern. Mt.24,9. oder Der Jünger steht nicht über dem Meister und der Knecht nicht über seinem Herrn. / Es ist für den Jünger genug, dass er ist wie sein Meister und der Knecht wie sein Herr. Haben sie den Hausherrn Beelzebub genannt, wieviel mehr werden sie seine Hausgenossen so nennen! / Darum fürchtet euch nicht vor ihnen. Mt.10,24-25. Gerade in widerwärtigen Umständen sollen wir Gott recht geben und die geistlichen Wirklichkeiten akzeptieren.
Und wenn Du noch nicht Christ bist, dann musst Du einmal grundsätzlich Gott recht geben. Viele Menschen haben Ihren eigenen Jesus. Sie bilden sich ein, dass sie gläubige Christen sind. Wenn man dann genauer nachfragt, was sie glauben, so merkt man, dass sie elementare Aussagen der Schrift nicht verstanden haben, ja, sie sogar entschlossen ablehnen, z.B. dass es ausser Jesus keinen Weg der Rettung gebe. Man bildet sich ein, dass Gott schlussendlich allen gnädig ist, trotzdem es in der Schrift deutlich heisst: Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm. Joh.3,36. Was für einen Jesus hast Du? Jesus sagt: Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fliessen. Joh.7,38. Glaubst du an Jesus wirklich so, wie die Schrift es sagt. Gibst Du dem Wort Gottes in allen Teilen recht, oder zimmerst Du Dir Deinen eigenen Jesus? Gib Gott recht, wie die Zöllner es taten. In Lukas lesen wir: Und alles Volk, das ihn hörte, und die Zöllner gaben Gott recht und liessen sich taufen mit der Taufe des Johannes. Lk.7,29. Mache es nicht wie die Pharisäer, von denen geschrieben steht: Aber die Pharisäer und Schriftgelehrten verachteten was Gott ihnen zugedacht hatte, und liessen sich nicht von ihm taufen. Lk.7,30.
4. Schritt: Kapitulation
Nach diesem langen Teil der Anbetung kommt nun die Bitte. Es ist wirklich verblüffend für was die Gemeinde bittet! Eigentlich müssten sie Gott darum bitten, dass sie in dieser schrecklichen Situation bewahrt werden. Keineswegs! Sie bitten, dass der Herr in Anbetracht dieser bedrohlichen Lage den Freimut schenkt, Gottes Wort zu sagen. Ist das nicht verblüffend? Bedrängte Menschen sind so erfasst vom Evangelium, dass sie ohne Rücksicht auf ihre persönliche Situation alles daran setzen wollen, das Wort Gottes auszubreiten. Somit wird deutlich, dass sie zutiefst erschrocken sich mit diesem Schock nicht abfinden wollen. Sie wollen sich nicht mundtot machen lassen. Sie wollen nicht sofort nachgeben. Sie spielen aber auch nicht die Helden, die sich durch nichts abschrecken lassen. Mit dieser Bitte gestehen sie ihre eigene Furcht ein. Auch Paulus war mit Furcht unter den Korinthern, denn er schrieb: Und ich war bei euch in Schwachheit und in Furcht und mit grossem Zittern; 1.Kor.2,3. Und er bat die Gemeinden für ihn zu beten, dass er den Freimut hat das Evangelium zu verkünden, wie z.B. die Epheser: dessen Bote ich bin in Ketten, dass ich mit Freimut davon rede, wie ich es muss. Eph.6,20.
Der vierte Schritt besteht im Eingestehen der eigenen Angst und im Wissen um die Notwendigkeit der Hilfe von aussen. Wo das Evangelium verkündigt wird, werden wir mit solchen Spannungen leben müssen. Es hilft herzlich wenig, wenn wir voreinander das Gesicht wahren wollen. Viel besser gestehen wir uns ein, dass wir Schiss und Herzklopfen haben und uns die Kraft zum Zeugnis fehlt. So besitzen wir die besten Voraussetzungen von Gott selbst die nötige Kraft zu bekommen.
5. Schritt: Gott ist nichts unmöglich (4,30)
Nun erbitten sie, was uns vielleicht etwas befremdet. Sie bitten um Heilungen, Zeichen und Wunder. Sie haben selbst doch von Wundern gehört und Wunder vielleicht selbst miterlebt. Sie wissen, dass es für Gott kein Problem ist. So durften Petrus und Johannes kurz zuvor auch einen Kranken heilen. Die Gemeinde traut Gott wirklich viel zu. Dies können sie nur, weil sie sich an einen grossen Gott wenden. Und wissen, dass durch die Hände der Apostel Zeichen und Wunder geschehen.
Der fünfte Schritt besteht darin, Gott alles zuzutrauen. Wir selber sind in unserer Gemeinde auf Wunder angewiesen. Denken wir nur an unsere Raumfrage. Denken wir an unsere Kranken usw. Wir sollten ohne Scheu von Gott Grosses erwarten und von ihm Grosses erbitten, denn ihm ist alle Macht gegeben. Jedoch kann dies nur immer begleitend sein. Unsere Hauptanliegen soll sein, dass wir das Wort Gottes reden. Heilungen, Zeichen und Wunder können nur immer Begleiterscheinungen sein.
III. Ein schönes Resultat (4,31)
Nun geschehen drei gewaltige Dinge. Der Boden erbebt. Sie werden vom heiligen Geist erfüllt. Und sie reden das Wort Gottes in Freimut. Sie wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt, obwohl sie darum gar nicht baten. Ihr Gebet stand aber völlig im Einklang mit dem Wort Gottes. Sie gaben dem Herrn in allem Recht, sie waren also dem Wort Gottes gehorsam. So traf ein, was Petrus sagte: Und wir sind Zeugen dieses Geschehens und mit uns der heilige Geist, den Gott denen gegeben hat, die ihm gehorchen. Apg.5,32.
Die Gemeinde machte eine gewaltige Erfahrung. Sie erlebten, wie sie durch den Heiligen Geist gestärkt wurden. Das Resultat der Erfüllung durch den Heiligen Geist war, dass sie ihre Angst überwinden konnten und das Wort Gottes mit Freimut weitererzählten und das trotz des Verbotes und den drohenden Konsequenzen. Diese Christen waren übrigens bereits mit dem Heiligen Geist versiegelt, denn sie waren hatten Busse getan und sich taufen lassen. Trotzdem werden sie nochmals in besonderer Weise vom Heiligen Geist berührt. Es gibt besondere Erfahrungen mit dem Heiligen Geist. Das zeigt uns dieser Abschnitt deutlich. Leider führte diese Tatsache in der Kirchengeschichte zu grossen Trennungen unter Christen. Es entstanden Lehren, die von einer Geistestaufe sprachen, die viel später, nach der Bekehrung und Wiedergeburt eintreten kann und neben der Bekehrung als zweite Erfahrung gilt. Diese Erfahrung ermöglicht ist ein erfülltes Glaubensleben zu führen. Eine andere Richtung lehnte jegliche besondere Erfahrung ab und gebärdete sich überaus nüchtern. Der Heilige Geist sei einem bei der Bekehrung gegeben und dann merke man nichts besonderes mehr. Besondere Erfahrung werden manchmal sogar verteufelt. Das eine wie das andere Extrem lehne ich ab. Hier bezeugt uns die Schrift deutlich, wie der Heilige Geist in besonderer Weise wirkt. Die Gläubigen werden mit dem Heiligen Geist erfüllt und in ihrer besonderen Situation gestärkt. Wer das erleben darf, der soll sich herzlich darüber freuen und Gott danken! Er soll sich nur hüten, solche Erfahrungen in eine unbiblische Lehre der Geistestaufe oder einer 2. Erfahrung festhalten zu wollen. Als etwas was man ab diesem Moment besonders besitzt. Wenn wir als Gemeinde das Evangelium in die Stadt hinaustragen wollen, dann werden wir viele Momente erleben müssen, wo genau das geschieht, was hier in Jerusalem geschah, dass der Heilige Geist uns erfüllt, damit wir das Wort Gottes freimütig verkünden können.
Schluss
Lernen wir, in allen Situationen beim Herrn Zuflucht zu suchen. Alles dürfen wir ihm im Gebet vorlegen, wir dürfen ihm unsere Herzen ausschütten. Unsere Ängste brauchen wir nicht zu verbergen, weder vor Gott noch vor den anderen Christen. Bei alledem dürfen wir aber nicht vergessen, dass es unser erster Auftrag ist, dass wir Gottes Wort verkünden. Machen wir uns dies doch zum Gebetsanliegen für uns selbst und für unsere Gemeinde und selbstverständlich auch für unsere Missionare. Strecken wir uns nicht nach besonderen Erlebnissen mit dem Heiligen Geist aus, sondern erfüllen wir den Auftrag, der uns anvertraut ist mit ganzem Herzen, dann werden wir immer wieder erleben, wie wir vom Heiligen Geist erfüllt und gestärkt werden. Dann wird es uns klar sein, was es heisst, nicht aus eigener Kraft leben und dienen zu müssen. Amen
[1]Kittel: II, 43.
[2]Jos.: Bell 7,418f.