Einführung in die Struktur der Bergpredigt
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist. Episode 232 vom Falschen Sorgen, Teil 3.
Ich bin, wie alle wissen, die mich kennen, ein großer Freund von Strukturen in Texten. Leider kommen Strukturen bei einer synoptisch-chronologischen Betrachtung logisch zu kurz. Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass wir mit Matthäus Kapitel 6, Vers 27 zum absoluten Höhepunkt der Bergpredigt gelangen.
Der Gedanke in diesem Vers steht hinter der ganzen Ansprache. Woher ich das nehme? Das hat damit zu tun, dass man sich die Struktur der Bergpredigt wie einen Berg vorstellen kann. Bei einem Text spricht man dann von einer chiastischen Struktur. Oben auf dem Gipfel befindet sich der Höhepunkt.
Für alle Freaks wie mich: Ihr findet den Chiasmus als Anhang im Skript.
Der zentrale Vers und seine Bedeutung
Aber kommen wir zu dem Text. Matthäus Kapitel 6, Vers 27: „Wer aber unter euch kann mit Sorgen seiner Lebenslänge eine Elle zusetzen?“
Oder bei Lukas heißt es: Lukas Kapitel 12, Verse 25 und 26: „Wer aber unter euch kann mit Sorgen seiner Lebenslänge eine Elle zusetzen? Wenn ihr nun auch das Geringste nicht könnt, warum seid ihr um das Übrige besorgt?“
Eine Elle ist ein Längenmaß vom Ellenbogen bis zur Fingerspitze des Mittelfingers, also etwa fünfzig Zentimeter.
Es gibt hier in der Auslegung ein Problem mit dem Wort „Lebenslänge“. Es kann sich auf die Länge des Lebens oder auch auf die Körpergröße beziehen. Vom inneren Zusammenhang her gefällt mir „Länge des Lebens“ besser, weil es ja im Zusammenhang darum geht, dass man durch Sorgen das natürliche Leben erhalten oder verlängern will.
Aber genauso könnte der Herr Jesus auch, so wie beim Kamel, das durchs Nadelöhr geht, bewusst humorvoll formulieren und etwas fordern, was ganz offensichtlich unmöglich ist.
Unter dem Strich ist es egal, für welche Übersetzung wir uns entscheiden. Der Punkt ist ja ein anderer: Wenn es um unser Leben geht, egal ob Lebenslänge oder Körpergröße, Sorgen bringen uns nicht weiter. Sorgen sind sinnlos.
Sie sind sinnlos, weil wir als Menschen aus uns heraus allein durch Sorgen nichts tun können. Wir sind als Menschen hilflos im Blick auf die Zukunft.
Die Sinnlosigkeit von Sorgen und die Realität der Hilflosigkeit
Selbst wenn wir anfangen würden, Schätze zu sammeln und Immobilien zu horten, meinen wir wirklich, dass uns diese Dinge Sicherheit geben? Wenn mich die Geschichte eines lehrt, dann dies: Veränderungen kommen plötzlich und sind weitestgehend unvorhersehbar. Wir können uns nur sehr begrenzt vorbereiten – eigentlich gar nicht. Deshalb sind Sorgen auch so falsch.
Lasst uns an dieser Stelle noch einmal rekapitulieren, was die Bergpredigt will. Die Bergpredigt ist eine Art Regierungserklärung. Der kommende König beschreibt, was er von seinen Untertanen erwartet. Bevor es in Matthäus 8 mit dem Thema Rettung aus Gnade durch Glauben weitergeht, lernen wir die Bedingungen der Nachfolge kennen.
Wir erfahren etwas über Glück, Moral, Gerechtigkeit, Prioritäten und die Notwendigkeit einer Entscheidung. Im Zentrum dieser Aufzählung von Themen steht die Hilflosigkeit des Menschen. Matthäus 6,27 sagt: „Wer aber unter euch kann mit Sorgen seiner Lebenslänge eine Elle zusetzen?“ Das ist Hilflosigkeit – du kannst nichts tun.
Warum steht dieses Thema auf dem Höhepunkt? Die Antwort lautet: Weil die eigene Hilflosigkeit ins Zentrum jeder Bekehrung muss. Wenn ich ein Ja zum Evangelium finde, wenn ich Jesus nachfolge, wenn ich ein Ja zu seinen Konditionen finde, dann tue ich das, weil ich mir meiner eigenen Hilflosigkeit völlig bewusst bin.
Ich kann mich nicht retten. Ich kann nicht einmal meinem eigenen Leben eine Zukunft garantieren. Die einzige Hoffnung, die ich habe, ist Jesus. Gleichzeitig ist es die beste Hoffnung, weil er mir Leben schenken will – über dieses Leben hinaus, ewiges Leben.
Die Aufforderung zur Sorgefreiheit im Vertrauen auf Gott
Matthäus 6,31-32:
"So seid nun nicht besorgt, indem ihr sagt: Was sollen wir essen? Oder: Was sollen wir trinken? Oder: Was sollen wir anziehen? Denn nach diesem allen trachten die Nationen oder Heiden. Euer himmlischer Vater aber weiß, dass ihr dies alles benötigt."
Ganz ähnlich heißt es in Lukas 12,29-30:
"Und ihr? Trachtet nicht danach, was ihr essen oder was ihr trinken sollt, und seid nicht in Unruhe. Denn nach diesem allen trachten die Nationen der Welt. Euer Vater aber weiß, dass ihr dies benötigt."
Übermäßiges Sorgen ist ein Zeichen von Unglauben. Das tun Heiden. Das Leben von Heiden dreht sich um die Frage, was sie essen, trinken und anziehen sollen. Oder anders ausgedrückt: Für Heiden sind die Grundbedürfnisse des Lebens das Zentrum ihrer Sorge. Nach diesem allen trachten die Nationen der Welt.
Bei uns soll das jedoch ganz anders sein. Wir sollen uns zwar sorgen, aber eben nicht um das Essen, Trinken und die Kleidung. Wir brauchen uns darum nicht zu sorgen, weil wir einen Vater im Himmel haben, der genau weiß, was wir brauchen. Ja, das haben wir in der letzten Episode genauer betrachtet.
Dass Gott weiß, was wir brauchen, heißt noch nicht, dass er es uns auch gibt. Es mag gewichtige Gründe geben, vor allem das Reich Gottes, die in der Praxis dazu führen, dass wir hungern und frieren. Doch ein übermäßiges Sorgen bringt uns auch nie weiter.
Der klare Auftrag an uns lautet: Seid nun nicht besorgt. Und immer wenn sich Sorgen einstellen, tun wir gut daran, uns dieses Gebot vor Augen zu halten. So sehr ein gewisses Maß an Vorsorge richtig sein mag – ganz grundsätzlich reicht es, wenn wir den heutigen Tag meistern.
Gelassenheit im Umgang mit der Zukunft
Matthäus Kapitel 6, Vers 34: „So seid nun nicht besorgt um den morgigen Tag, denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat an seinem Übel genug.“
Ein ganz spannender Vers. Für mich ist er besonders interessant, da ich immer gern Wochen und Monate im Voraus plane. Dabei merke ich jedoch, dass alle Planungen irgendwie flüchtig und vorläufig sind.
Deshalb: Lass los! Trau dich, die Zukunft in Gottes Hände zu legen. Mach ruhig eine vernünftige Planung – ich tue das ja auch. Aber danach lass los. Sorge dich nicht um morgen.
Ich weiß, dass das leichter gesagt als getan ist. Trotzdem steht hier klar: „Seid nicht besorgt um den morgigen Tag.“ Wir tun gut daran, solche Sorgen immer wieder auch als Sünde zu bekennen.
Der morgige Tag ist der Tag für die Sorgen von morgen. Es reicht, wenn wir den heutigen Tag überstehen. Jeder Tag hat an seinem Übel genug.
Es ist gar nicht nötig, dass die Probleme, die morgen auf mich warten – oder vielleicht auf mich warten –, mir heute schon die Laune verderben und den Schlaf rauben.
Die Zusage der göttlichen Fürsorge
Die Zusage in diesem Vers, den wir übrigens unbedingt auswendig lernen sollten, lautet: Der morgige Tag wird für sich selbst sorgen.
Natürlich sorgt nicht der Tag für sich selbst, sondern Gott. Gott ist morgen da und will morgen als Immanuel, als ein Gott, der mich begleitet, den morgigen Tag mit mir meistern. Mehr brauche ich nicht zu wissen. Ist das nicht klasse? Ja!
Ich meine, würde das nicht unglaublich Druck aus dem Leben nehmen, wenn wir so leben würden? Heute ist heute und morgen ist morgen.
Noch einmal: Ich sage nicht, dass es einfach ist, diese Gelassenheit zu entwickeln. Aber sie ist möglich dort, wo ich meine Hilflosigkeit einsehe, an Gottes väterliche Fürsorge glaube und gehorsam meine Energie auf das richtige Ziel lenke. Worin dieses Ziel besteht, dazu mehr in der nächsten Episode.
Abschluss und praktische Anregung
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dich fragen, ob du jemand bist, der sich zu viele Sorgen um den morgigen Tag macht.
War das schon alles für heute? Am Anfang der Woche blicke ich gerne zurück und schreibe auf, wie Gott mich in der vergangenen Woche gesegnet hat. Probier das heute doch einmal aus.
Der Herr segne dich, lass seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.
