Einführung und biblischer Auftrag
Und das Wort des Herrn geschah zu mir:
Ich kannte dich, ehe ich dich im Mutterleib bereitete, und ich habe dich ausgesondert, ehe du geboren wurdest. Ich habe dich zum Propheten für die Völker bestimmt.
Ich aber sprach: Ach, Herr, Herr, ich tauge nicht zum Predigen, denn ich bin zu jung.
Der Herr aber sprach zu mir: Sage nicht, ich bin zu jung! Sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und alles predigen, was ich dir gebiete. Fürchte dich nicht vor ihnen, denn ich bin bei dir und will dich erretten, spricht der Herr.
Und der Herr streckte seine Hand aus, berührte meinen Mund und sprach zu mir:
Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund. Siehe, ich setze dich heute über Völker und Königreiche, damit du ausreißen und einreißen, zerstören und verderben, aber auch bauen und pflanzen sollst.
Und es geschah das Wort des Herrn zu mir:
Jeremia, was siehst du?
Ich sprach: Ich sehe einen erwachenden Zweig.
Und der Herr sprach zu mir: Du hast recht gesehen, denn ich will über mein Wort wachen, damit ich es erfülle.
Hilf uns, Herr, unsere Berufung richtig zu verstehen. Amen.
Zweifel und menschliche Schwäche im Dienst
Ich kannte einen jungen Mann, wie man ihn nur selten sieht. Er war ein Bündel von Energie und Kraft und strotzte nur so vor Gesundheit. Man meinte, er sei wie aus einer Margarine-Werbung herausgeschnitten, in der man am Frühstückstisch sitzt.
Dieser junge Mann sollte zum Wehrdienst gemustert werden, doch er hatte absolut keine Lust, zum Bund zu gehen. Ich hoffe, dass ich jetzt nicht wegen Wehrkraftzersetzung angeklagt werde.
Jedenfalls fastete er drei Tage und drei Nächte. Am Morgen des Musterungstages aß er dann zehn Esslöffel Honig und trank zwei Kannen starken Bohnenkaffee. Bevor er zum Musterungstermin ging, machte er noch dreißig Kniebeugen.
Der Arzt muss entsetzt gewesen sein. Nicht nur, dass er bei dem jungen Mann Zucker im Blut feststellte, sondern auch, dass sein Herz tobte wie bei einem wilden Schlagzeuger. Er wollte ihn mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus bringen. Doch der junge Mann sagte ganz gelassen, das sei nichts Besonderes.
Daraufhin wurde er als untauglich eingestuft. Das kann man so machen, auch wenn Gott Menschen zum Dienst beruft. Dann kann man sagen: Herr, ich bin untauglich.
Damit das ein wenig unterstrichen wird und auch wirklich überzeugend klingt, kann man ja auch gleich so etwas dazulegen und Gott sagen: Schau doch mal an, was für ein Versager ich bin, du kannst mich doch nicht in den Dienst nehmen.
Das, was Jeremia sagt, ist sehr einleuchtend. Denn der junge Mensch soll Bote Gottes sein, über das Volk Israel, ja, sogar über die Nachbarvölker weissagen. Doch er sagt: Ich bin so jung, ich habe keine Erfahrung. Ich habe keine Ausbildung, da hat mich niemand für diese Sache trainiert.
Die häufigsten Ausreden und Gottes Antwort
Nun kann man die Argumente ja auch umdrehen. Man könnte genauso sagen: Ich bin zu alt, das wäre ebenfalls ein zu starkes Argument. Oder man könnte sagen: Ich bin genau mittendrin im Berufsleben und deshalb viel zu fest engagiert. Wenn ich dann einmal im Ruhestand bin, hätte ich wieder Zeit.
Oder man könnte sagen: Lieber Gott, ich bin dafür nicht geeignet, denn im Glauben selbst bin ich noch nicht sattelfest. Ich müsste erst einmal selbst missioniert werden. Vielleicht habe ich auch zu viele Zweifel und hoffe, dass ich im Laufe meines Lebens erst selbst im Glauben klarkomme.
Was soll man jetzt also machen? Wenn wir uns umschauen und in uns selbst hineinschauen, sehen wir überall dasselbe Bild: Wir weigern uns, dem Dienst Gottes zu folgen und seinen Aufruf ernst zu nehmen. Man könnte sagen, es gibt viele Hinderungsgründe.
Aber ich möchte es heute einfach machen und gleich zu Beginn der Predigt sagen: Ich will mich nicht mit den sehr ernsten Hinderungsgründen auseinandersetzen. Bei allem Respekt denke ich, dass Gott sie einfach durchstreicht. Gott argumentiert nicht lange. Auch auf den sehr einleuchtenden Einwand des Jeremia hin, ich sei zu jung, antwortet er einfach: Du sollst gehen. Ich rufe dich, ich bestelle dich und lege dir den Auftrag auf.
Was sollen wir also lange über unsere Einwendungen und Vorhaltungen sprechen? Auch hier sehen wir ein Herzklopfen und ein Zittern unserer Glieder, wenn wir vor Gott treten und sagen: Wir sind wirklich untauglich, wehrdienstuntauglich und dienstuntauglich für Gott.
Doch Gott lässt nicht locker. Er beauftragt seine Gemeinde mit dem Dienst.
Gottes umfassende Kenntnis und Berufung
Es mag sein, dass wir manche Sünden unserer Zeit sehr scharf sehen, wenn wir beobachten, wie Menschen die Gebote Gottes brechen. Aber muss es eine Gemeinde von Christen nicht schmerzen, wenn wir hier Gottes eindeutiges Gebot selbst brechen? Gott beruft uns zum Zeugendienst, und dabei lässt er unsere Einwendungen nicht gelten.
Ich möchte Ihnen drei Gründe zeigen, warum Gott einfach über unsere noch so einleuchtenden Einwendungen hinweggeht.
Der erste Grund, der hier genannt wird, ist: Gott kennt uns durch und durch. Also noch einmal: Wo liegt eigentlich die Schwierigkeit, dass wir den eindeutigen Befehl Gottes zum Dienst nicht beachten?
Man tut heute im zwanzigsten Jahrhundert so, als ob der moderne Mensch die Schwierigkeit hätte, an Gott zu glauben. Man meint, man müsse dem Menschen erst den Weg zum Glauben freiräumen. Es wird allerhand probiert, in aufrichtigem und ehrlichem Bemühen. Aber ich meine immer wieder: Dem modernen Menschen ist der Zugang zum Glauben gar nicht so sehr verwehrt.
Gibt es überhaupt so viele Menschen, die gar nicht an Gott glauben? Gibt es nicht ein religiöses Unterbewusstsein, selbst bei recht gleichgültigen Menschen, das immer wieder aufwacht? Ist nicht die Schwierigkeit woanders? Nicht die Existenz Gottes steht im Zweifel, sondern es fällt dem Menschen so schwer, das zu tun, was Gott will.
Die Konsequenz des Glaubens ist problematisch – und zwar nicht nur beim Menschen, der Gott kaum kennt, sondern bis hinein in unser eigenes Glaubensleben. Wir haben das Wort Gottes, wir lesen es, aber sobald wir es umsetzen wollen und unser Leben nach Gottes Plan gestalten, kommen wir in Schwierigkeiten.
Auch bei Jeremia war das ganz ähnlich. Das mag uns jetzt überraschen, aber es ist eine Hilfe, dass die Bibel die Gründe so nennt. Jeremia konnte an Gott glauben, er hörte die Stimme Gottes. Aber wenn Gott ihm etwas auftrug – „Jeremia, tue das!“ – war zuerst sein Nein da. Welche Vorwände er auch vorgeschoben hat: Er weigert sich und sagt, das kann ich nicht und das will ich nicht.
Da liegt die Hauptnot, über die wir uns immer wieder unterhalten sollten, auch im persönlichen Gespräch: Wir verweigern Gott das Verfügungsrecht über unser Leben. Und wir können das mit allerlei Begründungen tun.
Da gibt es zum Beispiel die Begründung: „Ich würde ganz gerne mit meinem Leben Gott dienen, aber ich bin viel zu schlecht.“ Wie oft wird diese demütig klingende, ausweichende Flucht benutzt! Ich habe sie auch schon oft benutzt. Wenn Gott will, dass ich mit meinem Leben für ihn ein Zeuge bin, dann denke ich: „Ich, ach, ich bin doch so ein sündiger Mensch, das will ich gar nicht erst probieren. Mein Leben ist doch voller Mängel. Ich habe Gott schon so oft beschämt, ich habe Gott schon so oft enttäuscht. Ich will gar nicht, dass mein Alltag, mein Werktag, alles ein Zeugnis für Gott sein kann.“
„Nein, nein, das kann ich nicht, das ist mir viel zu groß, viel zu gewaltig. Ich mache doch nur Schande. Am Ende gibt es nur eine Pleite, wenn ich Gott das Verfügungsrecht über mein Leben einräumen wollte.“
Und nun streicht Gott das durch und sagt: „Du kannst dich nicht drücken, auch wenn du diese Ausrede benutzt. Ich kenne dich durch und durch.“
Wenn Gott uns ruft – und das tut er –, gibt es keinen Glauben an Gott ohne die gesamte Verfügung über unser Leben. Zum Dienst, zur Ehre seines Namens. Da kann ich mich nicht ausreden mit meiner eigenen Schwäche, meinem Versagen, meinen Versäumnissen oder meinem labilen Charakter.
Gott sagt: „Ich kenne dich, ja, ich kannte dich schon, bevor du im Mutterleib bereitet wurdest.“ Es gibt viele Dinge in der Bibel, die ich nie ganz verstehe, so sehr ich darüber grüble. Dazu gehört auch dieses Wort. Es ist eine der Stellen, die uns dazu führt, das Leben im Mutterleib als unantastbar zu halten.
Wenn Gott ein Menschenleben schon vor der Geburt für unantastbar hält und unter seinen Schutz stellt, wie viel mehr gilt das im Mutterleib. Aber das nur am Rande.
Da hebt Gott unsere ganzen Ausflüchte weg und sagt: „Was willst du denn mit Ausreden? Ich kenne dich doch in deiner ganzen Art.“
Wir tun immer so, als müssten wir Gott erst alles erklären oder ihm alles plausibel machen. Wir sagen: „Lieber Gott, du weißt nicht, was bei mir vorliegt.“ Weiß er das wirklich nicht? Er kennt es doch. Und Gott kennt es noch schonungsloser, als wir es selbst sehen.
Gott kennt uns in unserer ganzen Erbarmungslosigkeit, in unserer ganzen Erbärmlichkeit, in unserer ganzen Ohnmacht und Hinfälligkeit. Er kennt uns durch und durch.
Jeremia: „Ich kannte dich, ehe du im Mutterleib bereitet wurdest, ehe du von der Mutter geboren wurdest. Ich habe dich ausgesondert und bestellt zum Dienst für mich.“
Gott hat einen Plan für unser Leben. Das verstehen manche falsch. Ich habe das im Gemeindebrief vorne auf der ersten Seite kurz angedeutet: Manche Leute meinen immer, wenn wir sagen, Gott hat einen Plan für unser Leben, dann sei das so etwas Ähnliches wie im Aberglauben, dass eine Linie in unserer Hand schon festgeschrieben sei.
Das ist Unsinn, das ist Aberglaube.
Sondern es ist so: Ich lebe mit meinem Leben eine Richtung, und Gott sagt: „Eigentlich habe ich dich für etwas ganz anderes geschaffen. Wenn du umkehren würdest, dann könntest du erleben, wie die Probleme deines Lebens sich unter meiner Führung lösen. Dann würdest du merken, wie ich aus deinem Leben etwas Gewichtiges und Großes machen kann.“
Gottes Bildhauerwerk und unser Lebensauftrag
Ich möchte ein Bild wählen: Steine sind in unserer Welt nichts besonders Wertvolles. Sie sind ein Rohmaterial, aus dem man Schotter für den Straßenbau machen kann oder Sand, oder das, was man eben braucht.
Doch dann bricht ein Bildhauer ein Stück Stein heraus. Er nimmt diesen Stein, der sehr unförmig aussieht. Was ist dieser Stein wert? Er ist nicht besonders wertvoll – nur das Rohmaterial, das in großer Fülle vorhanden ist, wie es über einem Felsen zum Vorschein kommt.
Aber der Bildhauer sieht in diesem Stein schon das, was er einmal aus diesem groben Material schaffen will. Wenn Gott uns zum Dienst ruft, meint er nicht, dass da irgendetwas schon festgeschrieben ist. Es ist nicht so, als sei ein Schicksal uns vorgezeichnet und unveränderlich, so dass etwas Bestimmtes passieren müsse. Das ist Aberglaube oder Islam und hat mit christlichem Glauben nichts zu tun.
Gott sieht uns vielmehr wie ein Bildhauer, der eine Idee hat: Daraus mache ich ein Kunstwerk. So sieht Gott uns schon vor unserer Geburt an: Daraus mache ich ein Kunstwerk.
Wissen Sie, dass Gottes Herz bricht, wenn wir Jahr um Jahr vertändeln und er nicht an diesem Kunstwerk arbeiten kann? Er will mit kraftvollen Schlägen daran herumhauen, damit das schöne Neue endlich sichtbar wird aus diesem groben Material.
Gott sagt: Ich kenne dich durch und durch. Nicht was du bist, interessiert mich. Nicht einmal unsere Gaben sind für Gott das Entscheidende. Auch das ist ein Missverständnis: Wir meinen oft, das sei jetzt das Wichtigste, was wir machen könnten.
Hinter unserem Leben steht ein Gedanke Gottes, und diesen gilt es erst zu finden, damit wir uns zubereiten lassen können für die Aufgabe. Das ist Gottes Absicht: dass wir als Lichter mitten in einem verkehrten und verkehrten Geschlecht scheinen.
Mein Leben soll so eine Positionslampe sein für irregehende Menschen. Wie wir vorhin in der Schriftlesung gehört haben: Ihr seid das königliche Geschlecht. Ihr sollt die Tugenden und Wohltaten dessen verkündigen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.
Ihr sollt von dieser Größe und Liebe Gottes etwas deutlich machen. „Ehe du geboren wurdest, hatte ich dich erkannt“, heißt es in einem unserer missionarischen Lieder, die wir so gerne singen.
Das geht so weit zurück, dass Gott mich kennt. Darum kann ich einen Missionsdienst wagen – doch nicht, weil ich mich dafür geeignet halte.
Ermutigung trotz Unzulänglichkeit
Das Missverständnis passiert immer wieder, sobald wir einem jungen Mitarbeiter eine Jugendgruppe anvertrauen und ihm sagen: „So, das machst du.“ Und er macht es. Überraschenderweise läuft es prima. Das erste Mal klappt es klasse, das zweite Mal sogar noch besser. Doch beim dritten Mal folgt der Reinfall.
Wer immer meint, das schaffe ich mit meinen Gaben einfach so, vergisst leicht, dass es im Dienst nicht nur auf Können, einen Charakter oder einen Trick ankommt. Es ist vielmehr ein Wunder, dass Gott Menschen zu diesem Dienst zubereitet.
Wenn ich unterwegs bin, nehme ich gerne Tramper mit. Vor ein paar Tagen war ich in der Nähe von Bad Mergentheim. Dort habe ich in der Nacht mehrfach junge Leute mitgenommen. Zum Schluss waren es zwei junge Parkettleger, die bei ihrer Firma in Bad Mergentheim einen Kurs absolvierten. Der eine kam aus Bremen, der andere aus Köln.
Ich habe sie noch zu einer Diskothek gefahren, zu der sie wollten. Es war nur eine kurze Strecke, zwei Ortschaften weit. Dabei habe ich noch ein wenig mit ihnen gesprochen. „Was ist euer Ziel im Leben?“ fragte ich. „Bestimmt nicht Parkettleger zu bleiben.“ „Ja, was denn dann?“ „Eigentlich haben wir kein Ziel.“
Ich sehe sie noch vor meiner Autotür stehen. Das sind so die schönen missionarischen Gelegenheiten, um zwei Dinge ganz kurz zu sagen: Gott hat einen Plan für euer Leben. Wenn ihr diesen Plan erkennt und findet, könnt ihr euch kaum vorstellen, wie viel Freude und Glück in euer Leben einbrechen wird.
Wir werden uns nie mehr sehen, aber hoffentlich vergisst er das nie. Er stieg nachdenklich aus und ging hinein in die Diskothek – in den Lärm unserer modernen Zeit.
Gott kennt Menschen, auch solche, die ihn selbst noch gar nicht kennen. Er sagt: „Ich will aus deinem Leben etwas Großes machen.“ Das ist das, was wir weiter verkündigen: Wir können nur erzählen, wie wir selbst die Güte und Freundlichkeit Gottes erfahren haben. Wie Gott sich mit unbegreiflicher Vergebungsbereitschaft zu uns herunterbeugt, wie er uns stark macht und aufgerichtet hat.
Das können wir immer nur weitergeben: Wie Jesus zu uns kam und sagte: „Heute muss ich in dein Haus einkehren.“ Wie uns das überwältigt hat, dass ihm unser Leben nicht zu wenig ist. Und wie er dann sagt: „Ich will aus deinem Leben etwas machen.“
Also bitte, wie wollen Sie sich denn weigern, zum Dienst zu gehen? Gott streicht Ihre Ausflüchte durch: „Ich kenne dich durch und durch.“
Gottes Zusage und Begleitung im Dienst
Und das Zweite, was Gott auf unsere Ausflüchte hin sagt, mit denen wir sie durchstreichen, das ist jetzt sein Argument: Er stellt sich voll hinter uns.
Ja, ich verstehe das, wenn etwa Jeremia sagt: Ich bin zu jung. Es gibt eine Überschätzung der Jugend, die meint, sie könnte all das lösen, was die vorige Generation falsch gemacht hat. Aber es gibt auch ein Empfinden für junge Menschen, dass man für gewisse Aufgaben eine Reife braucht und auch über Erfahrung verfügen muss.
Und wie soll Jeremia diesen Dienst tun? Er wird ja eingesetzt, weil die religiösen Vertreter des Volkes, die wirklichen geistlichen Führer, versagt haben – die Beauftragten am Tempel, die Priester. Er wird von Gott genommen, um das wahre Evangelium in seiner Zeit zu verkünden. Sozusagen sagt er: Das kann ich nicht, da bin ich wirklich zu jung.
Und Gott lässt nicht einmal dieses sehr überzeugende Argument gelten, dass man für gewisse Aufgaben wirklich Reife braucht. Er sagt: Sage nicht, ich bin zu jung. Es gibt eine Tauglichmachung Gottes, bei der wir nicht mehr sagen dürfen, ich bin untauglich. Trotz unserer Mängel, trotz unseres eindeutigen Versagens – natürlich sind wir unbegabt, natürlich sind wir untauglich – und dennoch beauftragt uns Gott und sagt: Ich stelle mich hinter dich.
Vers 8: Fürchte dich nicht vor ihnen, denn ich bin bei dir und will dich erretten. Und davor: Du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen alles, was ich dir gebiete.
Jeremia, das ist meine Sache, mein Auftrag, mein Dienst. Jeremia wird ja in Situationen hineingeführt, wo die Menschen das Wort nicht mehr hören wollen. Sie wissen, dass sie ihn später im Brunnenschacht versenkt haben, dass er angeklagt wurde von den Leuten, dass man ihn verhaftet hat, dass das Nein der Menschen ihm in die Ohren gebrüllt wurde.
Und Gott bindet sich an diesen jungen Mann und sagt: Aber ich bin in deinem Worte gegenwärtig.
Jetzt wird mir dies schier zu groß, dass Gott ohne Vorsicht überhaupt so tut. Er kann doch eigentlich nur sagen: Jeremia, ich will mal warten, wie du den Dienst beginnst, und wenn du ein Jahr dich bewährt hast, dann will ich mich zu dir bekennen. Ich warte das zuerst mal ab, ob du wirklich für mich ein tauglicher Bote bist.
Das macht Gott nie. Gott macht eigentlich in einer pauschalen Vorauszahlung eine Zusage und sagt: In jedem Fall stehe ich total hinter dir, auch wenn du alles völlig falsch machst.
Jetzt möchte ich Ihnen eine Ermutigung zum Reichsgottesdienst geben. Ich glaube, dass selbst dort, wo Gott seine großen Siege vollbracht hat, wahrscheinlich das meiste von Menschen falsch gemacht wurde. Aber Gott in seiner Treue hat sich zum Glauben seiner Jünger bekannt, die Gott vertraut haben und gehorchten.
Ich habe das Wort einmal von einer reifen Christin gehört über eine Jugendmissionsgruppe, die viel Not schon gemacht hat durch ihre unvorsichtige Art in den Moslemländern. Das kann ja passieren, dass man dort mehr Verhaftungen verursacht oder auch dass gegen die Christen vorgegangen wird, weil man es eben zu ungeschickt macht.
Und dann sagte diese reife Christin: Aber der Herr ist treu, er segnet dennoch, weil sie es recht meinen.
Das möchte ich Ihnen zur Ermutigung sagen, damit Sie nicht dauernd denken, bei einem Besuch gäbe es das richtige Wort. Wann sagen wir denn unseren Kindern das richtige Wort, und wann sagen wir das falsche? Wir wissen es doch gar nicht. Sondern wir wollen das vor dem Herrn tun, so wie wir unseren Zeugendienst tun, so wie wir ein Gespräch führen.
Ich wollte doch manchmal meinen Eifer oder meine Begeisterung mehr in Zaum halten, oder ich wollte zurückhaltender sein. Und manchmal kann man es nicht. Und dann kann man nur sagen: Aber Herr, du kannst dennoch durch diesen Dienst wirken. Ich stehe hinter dir.
Das ist doch der Grund, dass wir überhaupt einen Dienst tun können.
Herausforderungen und Treue im Dienst
Und dann wissen Sie, dass Jeremia oft an seinem Dienst verzweifelt ist. Er ging sogar so weit, zu sagen, er wäre lieber nicht geboren worden, als dieses schwere Amt zu übernehmen und Menschen zu predigen, die es doch nicht annehmen. Dennoch hat der Herr ihn berufen. Jeremia sagte: „Ich bin ja nach deinem Namen genannt, das ist meines Herzens Freude und Trost.“ Das war ein Wort dieses Jeremia.
Es gibt viele müde Stunden im Dienst, in denen Mitarbeiter aufgeben wollen. Das gilt auch für all jene, die wir sehen – unser Band, unsere Missionare draußen, die das hören, wenn sie im Kreis zusammensitzen und sagen: „Mein Dienst ist doch vergeblich, und ich sehe keine Frucht aus meinem Dienst.“ Doch der Herr bindet sich an seine untauglichen Boten. Natürlich ist man zu jung, natürlich kann man es nicht, aber der Herr ist treu. Selbst wenn wir untreu sind, bleibt er dennoch treu. Er kann sich selbst nicht verleugnen.
Wie können Sie jetzt sagen: „Dann wird es doch bei mir umsonst und unvergeblich sein. Ich werde nicht wirken können, und es hat keinen Sinn.“ Vor ein paar Tagen habe ich Namen genannt bekommen von Menschen, die jetzt Tag und Nacht in Khartum im Sudan von der Geheimpolizei verhört werden. Dort hat man das Schriftenlager der Karmel Mission beschlagnahmt. Junge Sudanesen wie Aschog, Kamal, Makram, Murid und Matschub – so junge Christen, die sich vom Islam zu Jesus bekehrt haben – sind dort gefangen. Sie wissen nicht, was aus ihnen wird und was eine fanatische Religiosität mit ihnen anstellen wird.
Diese jungen Christen wollen Zeugen des Herrn sein und sagen: „Ich renne doch gegen eine Mauer, ich laufe ins Messer. Was soll denn mein Zeugendienst sein?“ Die Antwort lautet: „Ich bin bei dir und will dich erretten.“ Wie können Sie sich da weigern und sagen: „Ich kann das nicht“?
Jeremia wurde beauftragt, mit seinem Wort nicht bloß über Gott zu reden – hoffentlich wollen Sie das nicht –, nicht wie ein zerstreuter Professor, der verschiedene Lehren vorträgt. Sondern er sagte: „Ich habe dich gesetzt, auszureißen und einzureißen, zu zerstören und zu verderben, zu bauen und zu pflanzen.“ Unter dem Dienst, den Gott uns aufgetragen hat, soll etwas geschehen.
Menschen sollen zum Glauben kommen, Familien sollen geheilt werden, Menschen sollen umkehren von der Finsternis ins Licht. Menschen sollen Frieden finden, Geängstigte sollen Ruhe bekommen. Es soll etwas geschehen durch unseren Dienst. Gott hat einen Plan für sie, und Gott steht hinter ihnen, wenn er sie beruft.
Es gibt keinen Christen, den er nicht in Dienst nimmt. Dazu hat er uns gerufen, weil er unser Leben beschlagnahmen will. Unser Leben wird ein Zeugnis für ihn, so wie sie es nun tun. Tat, Wort, kümmerliche Worte, große Reden, kleine Reden – unser ganzes Leben wird beschlagnahmt zu diesem Dienst.
Gottes Wirken trotz menschlicher Begrenztheit
Und noch das dritte Argument Gottes: Er macht das schon.
Es könnte jetzt so aussehen, als müsste bei uns irgendetwas sichtbar werden. Von den großen Taten Gottes bei Jeremia wurde jedoch gar nichts sichtbar.
Wissen Sie, wenn man rauschenden Erfolg hat, wäre das natürlich immer wieder schön. Aber wir müssen aufpassen. Wenn wir Erfolg suchen, den Beifall der Masse, den Beifall der Publizistik oder den Beifall der Medien – ob das Wege Gottes sind, ist fraglich. Oft ist es nicht der Weg Gottes, so wie jetzt diese Brüder im Südsudan geführt werden.
Ich habe einen Brief bekommen von einem Johann Stephan, dessen Frau in Issykien nahe der chinesischen Grenze seit 1976 zu fünf Jahren Straflager verurteilt wurde, weil er Kindergottesdienst in seiner Wohnung hielt. Die Frau schrieb, dass die beiden Söhne im November zum Militär eingezogen worden seien. Das ist die Afghanistan-Krise in Kasachstan. Die deutschen jungen Christen müssen hinunter. Dort sitzen zwei junge Christen in Afghanistan im Einsatz, im Militär, in dieser für sie bedrückenden Lage, und halten heute Morgen ihre stille Zeit.
Was sind das für Nöte für Menschen! Nicht, dass sie meinen, wenn ich Jesu Bote wäre, dann würde das immer heißen, ich stehe auf der Kanzel und habe rauschenden Erfolg. Sie stehen in Situationen, in die sie hineingezwängt sind, wo sie nicht mehr wissen, wie sie ihren Glauben bekennen sollen. Das ist ein Konflikt und eine Not. Doch werden sie erfahren: Ich bin bei dir.
Was werden sie erfahren? Ich will wachen über mein Wort, dass ich es tue. Unser ganzer Dienst liegt ja nicht darin, dass wir groß werden oder Siege erringen, sondern darin, dass wir erfahren, dass das Wort Jesu – um das geht es immer – das Wort, das er uns gegeben hat, schafft, wirkt und tätig ist.
Darum ist es auch in unserem Missionsdienst nicht getan oder in unserem Zeugendienst, dass wir viele eigene Worte dazu machen oder unsere Weisheit dazusetzen. Sondern dieses Wort soll Menschen umgestalten. Dieses Wort Gottes wird nicht vergeblich auch im Südsudan gepredigt sein. Und auch über das Zeugnis von Johann Stephan in Issyk an der chinesischen Grenze in Kasachstan wird es nicht still bleiben, auch wenn über Jahre hinweg keine Frucht sichtbar wird.
Ich will wachen über mein Wort, dass ich es tue.
Ich möchte Ihnen eine heilige Ehrfurcht vor dem Wort Gottes vermitteln, gerade in unseren Tagen, wo das Wort Gottes zerredet und zerfetzt wird. Denn das Wort Gottes ist es, das am Ende sich erfüllt. Es geschieht alles nach dem Wort des Herrn, damit erfüllt wird, was da geschrieben steht.
Wenn ich nur Menschen etwas sagen kann von der großen, erbarmenden Liebe Gottes in Jesus, wenn wir weiter erzählen, wie wir das selbst empfangen haben, wie unser Leben einen Sinn bekommen hat: Mir ist Erbarmung widerfahren, Erbarmung, deren ich nicht wert bin. Wie er uns die Vergebung geschenkt hat, wie er uns ermutigt hat, wie wir immer wieder stärkende Zeichen empfangen haben.
Darum bleiben wir auch dabei, auch in dunklen Tagen, auch in schweren Lebenssituationen.
Zeige deines Wortes Kraft an uns armen Wesen, zeige, wie es Neuundschaft, kranke Macht genesen. Jesu, dein allmächtiges Wort, fahr in uns zu wirken fort, bis wir ganz genesen!
Zu diesem Dienst beruft sie der Herr. Amen.