
Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Thomas Povileit und Jörg Lackmann. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zum theologischen Denken anregen.
Jeweils am Mittwoch vor dem letzten Sonntag des Kirchenjahres findet der Buß- und Bettag statt. Dieser Tag wurde in Krisenzeiten eingeführt, um Menschen zur Umkehr zu Gott und zum Gebet zu bewegen.
Wir werden uns zunächst kurz mit der Geschichte dieses Tages beschäftigen. Außerdem werfen wir einen genaueren Blick auf eine Bußbewegung zur Zeit des Herrn Jesus, da diese gedanklich eng damit verbunden ist.
Anschließend wollen wir uns damit auseinandersetzen, welche Bedeutung ein solcher Tag in unserer heutigen Zeit haben kann.
Ja, fangen wir mal an mit dem Ursprung des Buß- und Bettages. Jörg, wo ist denn da der Ursprung unseres Buß- und Bettages zu sehen?
Also, in Deutschland ist das ein evangelischer Feiertag. Das ist wichtig, weil es der einzige evangelische Feiertag ist. Die anderen Feiertage sind katholisch oder gemeinsame Feiertage. Er ist kein gesetzlicher Feiertag mehr. Das war er nur 14 Jahre lang, und zwar gar nicht so lange, nur in den Achtzigern. Ich habe gedacht, das sei länger. Ich habe das auch voll mitbekommen.
Ja, deswegen habe ich immer gedacht, es war schon immer gesetzlich, aber es war nur ein paar Jahre gesetzlich. Ein Feiertag ist es ja immer noch. Der Buß- und Bettag geht tatsächlich zurück auf die Reformationszeit. Nämlich im Jahr 1532, als die Türken alles bedroht hatten. Es war damals sehr nah dran, dass alles überrannt wurde.
Da fand der erste Buß- und Bettag in Straßburg statt. Das wurde sogar vom Kaiser angeordnet. Man wurde zum Beten aufgefordert, um das Unheil abzuwenden. Man wandte sich Gott zu, tat Buße. Man hat das damals auch als Strafe Gottes angesehen, anders als heute. Heute, in Corona-Zeiten oder so, ist das eine Pandemie. Früher wurde so etwas als Strafe Gottes betrachtet, und dann hätte man daraus einen Bußtag gemacht.
Das gab es bei uns nur vereinzelt. Die Reaktionen waren relativ zurückhaltend. Genauso war es bei Kriegen, Hungersnöten und Krankheiten. Da wurden immer wieder Tage eingeführt, an denen man Buße tat, seine Schuld als Volk bekannt hat und Gott wieder gnädig stimmen wollte, kann man so ausdrücken.
Das war das eine. Dann gab es natürlich auch kirchliche Feiertage, die regelmäßig begangen wurden. Der Buß- und Bettag kam also aus dieser Bewegung heraus und hat sich im Laufe der Zeit entwickelt. Es gab immer viele Umwälzungen.
Irgendwann, im 19. Jahrhundert, wurden aus den vielen verschiedenen Buß- und Bettagen, die es in verschiedenen Landeskirchen, Regionen und zu unterschiedlichen Zeiten gab, einige zusammengelegt. So kam man auf diesen Termin.
Das heißt, es ist natürlich etwas, was, wie du sagst, evangelisch ist, was aus der Reformation kommt und so weiter.
Gab es denn vor der Reformation auch schon solche Bußtage? Ja, in der Antike kann man das öfter beobachten – nicht nur bei Christen. Auch die Römer hatten solche Tage, um die Götter milde zu stimmen, besonders in Zeiten von Not oder Krisen.
Wenn wir ins Alte Testament schauen, finden wir einen solchen Buß- und Wehtag in Jona 3. Dort verkündete Jona den Menschen von Ninive das Unheil. Ich lese die Stelle vielleicht mal vor:
„Noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen.“ Da glaubten die Leute von Ninive an Gott, riefen ein Fasten aus und zogen, groß und klein, Sackkleider zur Buße an. Als das dem König von Ninive zu Ohren kam, stand er von seinem Thron auf, legte seinen Purpur ab, hüllte sich in Sackkleider und setzte sich in die Asche. Dann ließ er ausrufen und verkünden:
„In Ninive, als Befehl des Königs und seiner Gewaltigen, soll weder Mensch noch Vieh, weder Rinder noch Schafe Nahrung zu sich nehmen. Man soll sie nicht weiden noch Wasser trinken lassen. Sie sollen sich in Sackkleider hüllen, Menschen und Vieh, und zu Gott mit großer Macht rufen. Jeder soll sich von seinen bösen Wegen und vom Frevel seiner Hände bekehren. Wer weiß, vielleicht lässt Gott es sich reuen und wendet sich ab von seinem grimmigen Zorn, sodass wir nicht verderben.“
Als Gott sah, wie sie sich von ihren bösen Wegen bekehrten, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und er tat es nicht.
Das war also eine Volksbewegung, bei der die Menschen Sackkleider anzogen – als Ausdruck ihrer Buße. Heute sagt man manchmal „Asche auf mein Haupt“, was ebenfalls ein Symbol für Buße ist. Hier hüllten sie sich in Asche, ein Zeichen des Gerichts. Sie zogen Sackkleider an, fasteten und bekannten Gott ihre bösen Taten und Wege.
Das war ein Buß- und Betag – eine Bewegung des Volkes, die dann vom König zum offiziellen Tag ausgerufen wurde. Einen Feiertag würde ich das nicht nennen, aber es war ein Tag der Umkehr für das ganze Volk.
Es gibt also solche Tage, an denen das Volk wirklich in sich geht und Buße tut. Heute sind solche Tage oft eher Makulatur. Der Tag sollte für die Gemeinden kommen, und vielleicht kommen wir später noch darauf zu sprechen, dass solche Tage eine größere Relevanz haben können.
Wie ist das denn in der Geschichte? Gab es auch noch weitere solche Tage, oder ist es einfach beim Bus- und Bettag geblieben?
Es gab viele solche Tage. Ich habe auf Wikipedia eine Quelle gefunden, die man nennen kann. Für den eidgenössischen Bus- und Bettag in der Schweiz habe ich einige Anlässe entdeckt, die ich ganz interessant fand. Diese Tradition gibt es eigentlich nur etwa hundert Jahre lang, oder sogar weniger. Hier sind einige Beispiele:
1572 gab es in Zürich einen Bus- und Bettag, und zwar nach der französischen Bartholomäusnacht. In dieser Nacht wurden die Hugenotten getötet und verfolgt – also eine Christenverfolgung. Daraufhin wurde ein solcher Tag ausgerufen.
1619 gab es zwischen den reformierten Kantonen einen gemeinsamen Bus- und Bettag.
1639 war wieder ein deutlicher Anlass: Es gab mehrere Seuchenepidemien, und wir befinden uns mitten im Dreißigjährigen Krieg. In dieser Zeit von Krieg und Seuchen wurde ein solcher Tag ausgerufen. Im selben Jahr wurde auch ein Danktag eingeführt, weil die Schweiz während des Dreißigjährigen Krieges verschont geblieben war. Dieser Danktag stand im Zusammenhang mit dem Busstag.
1651 wurde wegen eines Erdbebens, das 1650 in Zürich stattfand, ein Jahr später ein Bus- und Bettag einberufen.
Diese Tage wurden also aus verschiedenen Gründen eingeführt: von Christenverfolgung über Pandemien, Kriege bis hin zu Naturkatastrophen wie Erdbeben. Solche Tage gab es vor allem im eidgenössischen Bereich. Später wurde daraus auch ein Feiertag – allerdings nicht wie bei uns an einem Mittwoch, sondern an einem Sonntag.
Dieser Sonntag wurde dafür genutzt. Es gab verschiedene Einschränkungen, ähnlich wie bei uns früher. Zum Beispiel wurden bestimmte Veranstaltungen, wie Sport- oder Tanzveranstaltungen, nicht erlaubt. Auch Schießübungen, die in der Schweiz sehr wichtig sind, fanden an diesem Tag nicht statt. Ausstellungen und Museen waren geschlossen.
Heute gibt es diese Einschränkungen teilweise nicht mehr so stark, aber es gibt immer noch gewisse Regelungen, um den Bußcharakter dieses Tages zu bewahren. Es passt einfach nicht, an einem Tag, an dem man sich zu Gott wenden und umkehren will, eine Tanzveranstaltung abzuhalten. Deshalb wurden solche Tage oft staatlicherseits mit Verboten verbunden.
Es ist spannend: Man hatte Katastrophen, und diese wurden nicht nur in den Nachrichten rauf und runter gezeigt, während die Menschen kopfschüttelnd zusahen. Vielmehr hatten sie auch eine Konsequenz für die Gesellschaft selbst. Man sagte: Lasst uns als Volk jetzt beten. Das war ein ganz anderer Ansatz.
Was meinst du denn, was kann so ein Buß- und Bettag heute bewirken? Viele kommen gar nicht auf den Gedanken zu sagen: „Hey, lass uns doch miteinander beten.“ Manchmal denken auch wir als Gemeinden nicht daran.
Vielleicht haben wir uns durch die Nachrichten zu sehr an all diese schlimmen Ereignisse gewöhnt. Früher gab es diesen Informationsfluss nicht in diesem Ausmaß, sodass man nicht so abgestumpft war. Ich denke, es macht schon etwas aus, wenn du ständig Krieg, Krankheiten und Naturkatastrophen in dein Wohnzimmer transportiert bekommst. Irgendwann bist du vielleicht nicht mehr ganz so betroffen. Es ist halt schon die dreißigste Naturkatastrophe in den letzten zwei Jahren, die du siehst – das fünfte Feuer diesmal in Griechenland und nicht in Spanien oder Australien, sondern etwas näher. Und dann bleibt es vielleicht einfach dabei.
Ich glaube auch, dass Gott oft ausgeklammert wird. Auch in der Christenheit denkt man nicht mehr daran, dass es Strafen Gottes geben könnte. Früher wurde gesagt, dass Gott gegen uns ist, und deshalb tun wir jetzt Buße. Heute sagt man eher: „Na ja, das ist halt so, da müssen wir jetzt nicht unbedingt Buße tun.“ Ich glaube, das hängt auch damit zusammen. Und ich denke, das macht vielleicht zumindest zum Teil die Schwäche unseres Christseins im Westen aus.
Es gab ja doch immer wieder Zeiten in der Kirchengeschichte, die man als Erweckungszeiten bezeichnet – Zeiten, in denen die Menschen wirklich offen für Gott waren, nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich. Zeiten, in denen Gott geantwortet hat, also wo er ihre Herzen erreicht hat oder so in der Richtung.
Wie würdest du Buß- und Bettage damit in Verbindung bringen? Das heißt, da hat es sich in Anführungszeichen gelohnt, oder?
Genau, wie bei Ninive war es ja auch so: Sie haben wirklich Buße getan, und sie meinten es wirklich von Herzen. Gott hat darauf geantwortet.
Für relativ wenig Aufwand, würde ich sagen. Entschuldigung, der Betriebswirt ist rausgekommen. Es war ja nur eine sehr kurze Zeit. Sie mussten sich nicht jahrelang büßen – das meine ich damit.
Ja, mir ist jetzt eingefallen, dass ich zuvor etwas kritisch gegenüber dem heutigen Christentum war. Das ist natürlich keine Besonderheit. Schon bei Esra und Nehemia gab es Jahrhunderte zuvor keine Busse im modernen Sinne, sondern immer wieder mal einen guten König oder einen schlechten König. Manchmal gab es kleinere Ereignisse, aber dann folgte wieder eine Rückbesinnung. Die Menschen kehrten ins Land zurück, nahmen viel auf sich und errichteten den Altar neu. Auch Buße war damals ein Thema.
Bei Hiskia gab es ebenfalls eine Reform. Der Gottesdienst in Juda war eigentlich eine Bußbewegung, wenn man es genau betrachtet. Johannes der Täufer kam in eine ziemlich unwirtliche Gegend und rief zur Buße auf, denn das Reich der Himmel sei nahe herbeigekommen. Das geschah in der Wüste von Judäa und am Jordan.
Teile seines Wirkens fanden auch in Bethphage statt, also weiter nördlich. Ich denke, wenn der Jordan unten weniger Wasser führte, zog man vielleicht nach Norden. Deshalb stimmen die verschiedenen heutigen Taufstellen wahrscheinlich alle, obwohl man das nicht genau weiß. Es gab durchaus eine Wanderbewegung.
Diese Bewegung war spannend, weil es damals keine Großstadtgemeinde in Jerusalem gab, von der alles ausging, etwa vom Tempel. Stattdessen war Johannes ein ganz seltsamer Typ, der irgendwo in der Wüste lebte. Er trug Kamelhaare und wirkte etwas eigenartig. Sein Auftreten kam aus der Wüste, und anfangs hatte er vermutlich nur ein paar Hirten, die ihm zuhörten. Doch immer mehr Menschen kamen hinzu.
Im Evangelium steht, dass die Menschen aus Jerusalem, ganz Judäa und natürlich aus der Gegend um den Jordan kamen. Diese Gegenden werden ausdrücklich genannt, Galiläa jedoch nicht. Es war also noch regional, aber mit einem weiteren Einflussbereich.
Die Menschen kamen, um Buße zu tun und sich taufen zu lassen, was für Juden damals völlig untypisch war. Johannes selbst reinigte sich zwar in der Mikwe, ließ sich aber nicht taufen. Die Taufe, die er praktizierte, war eine Bußtaufe. Sie sollte zeigen: Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe herbeigekommen. Der Messias, der König, kommt, aber ihr seid innerlich noch nicht bereit für ihn. Deshalb müsst ihr jetzt umkehren, damit er kommen kann.
Das war die Botschaft dahinter. So fing das alles an.
Aber wenn Johannes das so predigt – man stellt sich ihn vor, wie er in der Wüste steht, mit seinem Kamelhaarmantel und vielen Augen, die ihn umgeben – und er ruft: „Tut Buße“, konnten die Leute damals etwas damit anfangen? Was bedeutet es letztlich konkret, Buße zu tun?
Ja, ich glaube schon. Zum einen kannten sie ja vom Alten Testament her die entsprechenden Verse. Diese wurden auch zitiert. Zum Beispiel wird Johannes in Lukas 3 als eine Stimme eines Rufenden in der Wüste charakterisiert, was tatsächlich der Fall war. Das stammt ursprünglich aus Jesaja, genauer gesagt Jesaja 40. Dort heißt es, dass in der Wüste eine Stimme zu hören ist. Man weiß nicht genau, wer diese Stimme ist, es wird nicht näher erklärt, man hört nur, was sie sagt.
Diese Stimme sagte damals etwas, das ich als den Kern der Buße bezeichnen würde. Deshalb haben die Leute das schon verstanden. Schon seit langer Zeit wurde das im Gottesdienst immer wieder gelesen. Dort heißt es nämlich: „Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Pfade eben.“ Das klingt etwas ungewöhnlich, bedeutet aber, dass jedes Tal aufgefüllt und jeder Berg und Hügel erniedrigt werden soll. Das Krumme soll gerade und die holprigen Wege eben gemacht werden, damit das Heil Gottes sichtbar wird.
Man kann sich das vorstellen wie einen modernen Autobahnbau: Du baust eine Brücke, du machst den Berg dazwischen platt und versuchst, alles möglichst gerade zu machen. Ein König kam damals nicht auf irgendwelchen Trampelpfaden, sondern es wurden Straßen angelegt. Und so eine Straße soll in unserem Herzen angelegt werden.
„Bereitet den Weg, macht seine Pfade eben“, damit alle das Heil Gottes sehen können. Dabei war klar: Wir können vor Gott nicht bestehen, wenn unser Herz nicht vorbereitet ist. Manche Täler in unserem Herzen müssen aufgefüllt, manche Berge des Hochmuts niedergerissen und krumme Wege, die wir gehen, begradigt werden.
Wenn unser Herz so bereit ist, dann sind wir überhaupt offen, um zu hören. Sonst gehen wir gar nicht erst zu Gott hin, und dann kann Jesus auch kommen. Das ist Buße im Kern: dass man sich im Herzen bereit machen lässt.
Natürlich wurde das den Leuten noch viel näher erklärt. Aber es ist immer so, wenn es eine große Bewegung gibt: Es gibt Menschen, die sind wirklich getroffen, deren Herz ist berührt. Andere sind eher schaulustig und schauen einfach nur, was da los ist.
Was hat sich denn bei den Menschen verändert, die diesen vorbereiteten Weg in ihrem Herzen hatten? Ja, sie haben wirklich Früchte der Buße gebracht. Das hat Johannes übrigens den anderen vorgeworfen, die es ihm nicht getan haben.
Zum Beispiel die damalige Elite: Man würde eigentlich erwarten, dass diejenigen, die sich mit Religion beschäftigen, ständig in der Tora studieren, darüber diskutieren und ihr Leben danach ausrichten, sich einer solchen Bewegung anschließen. Doch genau das Gegenteil war der Fall. Die Pharisäer und die Sadduzäer, diese zwei Gruppen, werden in Matthäus 3 ausdrücklich genannt. Sie hatten sich das alles schon angesehen, aber mehr aus religiösem Interesse. Johannes war dabei nicht gerade zart besaitet, muss man sagen. Er schleuderte ihnen Begriffe wie „Schlangenbrut“ entgegen – also praktisch wie Satan.
Er fragte sie: „Wer hat euch eingeredet, ihr könntet dem zukünftigen Zorn entfliehen?“ Welche Einflüsterungen habt ihr in eurem Kopf? „Bringt nun Früchte, die der Buße würdig sind, und denkt nicht, bei euch selbst sagen zu können: Wir haben Abraham zum Vater.“ Das war nämlich das, was sie dachten: „Wir sind ja Abkömmlinge Abrahams, uns kann nichts passieren.“ Doch Johannes sagt: „Nein, die Axt ist an die Wurzel der Bäume gelegt.“ Und: „Nach mir wird noch ein Größerer kommen, der noch Gericht bringen wird.“
Die einen hatten also diese falsche Sicherheit, die sie in die Irre führte. Sie ignorierten das nahende Gericht – so wie heutzutage viele. „Ja, das passiert halt alles um uns herum. Was soll das? Ist doch uninteressant. Braucht keine Buße zu tun. Wir sind Abrams Kinder.“ Ich weiß nicht, wie man das heute übersetzen würde, aber die Naturwissenschaft erklärt uns, dass die Erde viele Aktivitäten und Kriege kennt, die es schon immer gab. „Wir wohnen im sicheren Deutschland.“ Ja, das kann schnell kippen, aber gut. Solche Aussagen waren typisch.
Die anderen sprach Johannes teilweise sogar ganz konkret an. Den Zöllnern sagte er, sie sollten nicht zu viel Geld nehmen – also ganz konkret. Das wurde auf einzelne Punkte heruntergebrochen. Es blieb nicht abstrakt, so nach dem Motto: „Oh, wir gehen jetzt mal in die Wüste, da findet irgendwie so ein Festival mit einem komischen Guru statt, dann wird fünf Stunden Worship-Musik am Tag gemacht, und wir fühlen uns gut und erneuern unsere Bekehrung zu Christus.“ Der war damals noch nicht aufgetreten, aber zu Gott, zu JHWH. Stattdessen wurde es bald sehr konkret.
Johannes sagte: „Bringt Buße!“ Und die Leute fragten: „Ja, wie?“ Dann erklärte er es ihnen. Den Zöllnern sagte er: „Bei euch zeigt sich das, indem ihr einfach nur das nehmt, was euch zusteht, und nicht mehr.“ Dann kamen Soldaten zu ihm und fragten: „Was sollen wir tun?“ Er verbot ihnen nicht, Soldaten zu sein, obwohl es Besatzungstruppen waren – also gar nicht ohne. Aber er sagte: „Begnügt euch mit eurem Sold und wendet keine Gewalt an.“ Das war natürlich eine Gefahr für die Soldaten, denn sie hatten Waffen, wussten um ihre Macht und waren trainiert. Es war zu allen Zeiten eine Gefahr, dass Soldaten ihre Macht missbrauchen, um die Leute gefügig zu machen. Johannes forderte sie auf: „Macht das nicht. Ihr beschützt das Land, habt euren Sold und begnügt euch damit.“
Anderen Leuten sagte er: „Gebt den anderen, die wenig haben.“ So wurde es ganz konkret. Man kann viel reden, doch das war eindeutig nicht die Haltung dieser Bewegung. Man kann Buße auch mit bestimmten Formeln begehen. Es gibt sogar Leute, die sich an Ostern kreuzigen lassen, sich ritzen oder sich in anderen Religionen geißeln. Es gibt alle möglichen Praktiken. Johannes sagt: „Alles in Ordnung, aber es müssen auch die Früchte dazukommen.“ Und diese Früchte wurden ganz konkret gemacht.
Sie waren konkret und auch bei einzelnen Personen tatsächlich vorhanden. So war es.
Die Frage oder Beobachtung ist natürlich, dass diese Bußbewegung nicht unbeobachtet geblieben ist. Sie geriet sehr schnell in den Fokus des Staates, hier vertreten durch Herodes. Johannes kam dadurch mit ihm in Konflikt und wurde als Bußprediger ins Gefängnis geworfen. Das war zwar tragisch, aber von Gott so geführt.
Zum einen fiel Johannes auf der politischen Ebene auf, aber auch auf der religiösen Ebene. Letzteres wollen wir hier nicht vertiefen. In Johannes 1 kann man dazu nachlesen, dass eine Delegation kam und ihn fragte: Wer bist du? Bist du Elija oder der Prophet? Johannes verneinte dies. Diese Delegation kam in zwei Phasen, um ihn zu befragen. Zunächst schauten sie nur, doch Johannes nannte sie „Schlangenbrut“. Später befragten sie ihn intensiver, um herauszufinden, was für eine Bewegung aus Jerusalem da entstand.
Das zweite war das Politische: Herodes bemerkte, dass in seinem Machtbereich etwas geschah. Anfangs wusste er nichts davon, doch bald bekam er es mit. Johannes nahm kein Blatt vor den Mund und sagte Herodes offen, dass er seine Ehefrau nicht haben dürfe. Diese Ehe war verboten, denn es handelte sich um die Frau seines Halbbruders. Im Judentum war eine solche Ehe ungesetzlich und hätte annulliert werden müssen.
Das gefiel Herodes’ Frau nicht besonders. In der Bibel steht, dass Herodes auf Druck seiner Frau handelte. Frauen können manchmal rachsüchtig sein – das gilt nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer, aber hier war es eine Frau. Sie bewirkte, dass Johannes ins Gefängnis geworfen wurde, was dann auch geschah.
Johannes predigte nicht nur etwas Religiöses oder Abstraktes, sondern seine Botschaft hatte Auswirkungen auf das Leben der Einzelnen und sogar auf die Politik. Er scheute sich nicht, das auszusprechen.
Bußbewegungen sind interessant, denn sie verändern oft ganze Gesellschaften. Sie führen dazu, dass beispielsweise nicht mehr gestohlen wird oder andere Verhaltensweisen sich ändern. Das kann auch bis in Machtbereiche hineinwirken. Dabei kann es natürlich auch zu Konflikten kommen, wie hier geschehen. Das ist die Kehrseite der Medaille.
Es handelte sich also nicht nur um Buße und Betagen, sondern um eine ganze Bußbewegung.
Wir sind auf dem Weg der historischen Nachverfolgung von Busstagen auch bei Johannes dem Täufer angekommen. Aber wie könnte eine Buße heute aussehen? In der Bibel sehen wir verschiedene Möglichkeiten, Buße zu tun – nicht nur persönlich, sondern auch als Volk, als Gruppe oder Gemeinschaft.
Wie könnte das heute ähnlich konkret sein wie damals? Erstens finde ich es spannend, dass Buße damals öffentlich war. Im Westen neigen wir dazu, alles individualistisch zu gestalten und nur mit uns selbst zu tun. Doch damals hat sich tatsächlich eine ganze Gemeinde – wenn ich es so nennen darf – bei Johannes versammelt und ist vor Gott getreten.
Dabei geht es konkret darum, die Welt so zu sehen, wie Gott sie sieht. Viele denken vielleicht, an dieser Welt sei nichts falsch. Aber Buße heißt zu erkennen: Nein, wir müssen umkehren. Kriege oder Pandemien kommen nicht zufällig vor unsere Haustür. Das ist Gottes Ruf an uns. Auch das Beispiel Israel zeigt, dass Gott uns ruft und wir darauf reagieren müssen.
Das ist der erste Schritt: die Wahrnehmung. Dann braucht es ein gebahntes Herz. Mich hat besonders ein Vers aus Jesaja 40 angesprochen – das Bild vom Erhöhen, Erniedrigen und Gerade-Machen. Was ist in meinem Herzen? Was hindert Gott daran, zu wirken? Wo will ich Dinge nicht wahrhaben, weil sie unbequem oder schmerzhaft sind?
Der Heilige Geist wirkt dabei immer. Buße ist eine Bewegung, in der der Geist am Menschen arbeitet. Oft gehen damit große Gefühlsumbrüche einher. Das sieht man in der Geschichte immer wieder, nicht nur in der Bibel. Natürlich kann es auch ausufern, das ist eine Gefahr. Aber es sollte wirklich ein Gebärden des Herzens sein, eine konkrete Haltung.
Man kann sich fragen: Was bedeutet Buße in meinem Bereich? Wie bei einem Zöllner oder Soldaten damals – heißt das jetzt ehrlich zu werden? Bedeutet es Konflikte auszutragen? Geht es um Unfreundlichkeit? Oder um meine Haltung gegenüber der Gesellschaft? Lebe ich nur für mich? All das könnte heute in einer Buße eine Rolle spielen.
Natürlich gibt es auch eine persönliche Ebene. Wenn ich an Herodes denke, finde ich das tragisch. Er hörte Johannes gerne, auch als dieser im Gefängnis war, doch er handelte nicht. Er hatte keine Konsequenz. In Markus 6,20 heißt es: „Herodes fürchtete Johannes, weil er wusste, dass er ein gerechter und heiliger Mann war.“ Er bewachte Johannes und gehorchte ihm in manchem. Eine andere Übersetzung sagt, er geriet in großer Verlegenheit. Aber dabei blieb es.
Am Ende hat Herodes’ Frau einen Trick angewandt, und dann war er unter Zugzwang – obwohl er das eigentlich nicht wollte. Er war sehr betrübt, doch letztlich wollte er Johannes töten, wie an anderer Stelle steht. Das zeigt seine wechselhaften Gefühle: Einerseits wollte er Johannes als Politiker loswerden, andererseits war er von ihm fasziniert.
Das merkt man auch im Umgang mit Jesus. Herodes war auch von Jesus fasziniert. Mit Pontius Pilatus wollte er alles über Jesus wissen, doch Jesus antwortete ihm kein Wort mehr. Herodes schwieg, im Gegensatz zu Pilatus. Warum? Weil Herodes von Johannes schon alles wusste, aber irgendwann verschloss er sich. Manchmal ist die Gnadenzeit im Leben eines Menschen vorbei. Kann das passieren?
Ja, und damit ist unser Podcast jetzt zu Ende.
Ich fand es sehr wichtig, auch über Buße nachzudenken – insbesondere über Buße in unserem persönlichen Leben. Vielleicht verbunden mit der Frage: Wann haben wir das letzte Mal wirklich Buße vor Gott getan? Wann haben wir erkannt, dass etwas in unserem Leben nicht passt? Das kann auch als Gemeinschaft, als Gemeinde, eine wichtige Frage sein.
Deshalb kann Buße und Betag für uns auch in positiver Weise ein Anstoß sein, über Buße in unserer Gemeinde und in unserem persönlichen Leben nachzudenken.
Wir hoffen, dass auch ihr einen Impuls für euch mitnehmen konntet, gerade aus diesem Podcast. Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, dann könnt ihr uns sehr gerne schreiben. Unsere Adresse ist podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und ein geöffnetes Herz für unseren Herrn.