
Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Jörg Lackmann und Thomas Povileit.
Unser Podcast möchte dazu anregen, das Christsein praktisch zu leben und zugleich zum theologischen Nachdenken einladen.
Wer die Bibel liest, kommt früher oder später an Stammbäumen nicht vorbei. Dort stehen seitenlang Namen für Namen, die meisten von ihnen unbekannt und für einen selbst oft uninteressant. Warum legt Gott Wert darauf, dass diese Kolonnen von Namen in der Bibel stehen? Wie gehen wir beim Bibellesen damit um?
Ich gebe dir die Fragen gern weiter, Thomas. Wer braucht bitte Geschlechtsregister? Tja, das ist eine spannende Frage. Zunächst einmal sind Geschlechtsregister Gott offenbar wichtig, denn sonst würden sie nicht in der Bibel stehen.
Dem ersten Geschlechtsregister begegnen wir in 1. Mose 10. Dabei gibt es sogar noch eins davor: den Stammbaum der Söhne Noahs, also die Großfamilien von Sem, Ham und Japheth. Im nächsten Kapitel lesen wir dann, wer wann wen gezeugt hat.
Natürlich kann man fragen: Wie interessant ist das? Für mich aber ist die Botschaft der Geschlechtsregister, dass Gott sich für Menschen interessiert. Er ist nicht wie Napoleon, von dem berichtet wird, dass er nach einer Schlacht auf einen toten Soldaten herabsah und sagte: „wertlose Masse“.
Ob das wirklich so stimmt, weiß man nicht. Aber wenn Napoleon das wirklich gesagt hat, dann hat er das über einen Menschen gesagt, der sein Leben für diesen französischen Kaiser gegeben hat. Das wäre dann etwas sehr Menschenverachtendes.
Gott ist da ganz anders. Das zeigen mir auch Stammbäume: Gott sind Menschen eben nicht egal, sie sind ihm wichtig. So wichtig, dass er Namen von Personen in die Bibel schreiben lässt, damit wir Tausende von Jahren später diese Namen lesen können – auch wenn wir teilweise die Personen gar nicht kennen.
Wir wissen von diesen Stammbaum-Menschen oft nichts außer ihren Namen. Aber Gott kennt ihre Geschichte, er kennt ihr ganzes Leben, ihre Tiefpunkte und ihre Höhepunkte. Offenbar hat Gott diesen Menschen in den Stammbäumen ein Denkmal gesetzt.
Für Gott ist Heilsgeschichte nichts Unpersönliches, sondern etwas sehr Persönliches. Es ist Gottesgeschichte mit Einzelnen. Wenn ich an einen Stammbaum komme, sollte ich mir bewusst machen: Die Gemeinde, so sagt man ja auch, ist kein unpersönlicher Begriff.
Nicht nach dem Motto: „Die Gemeinde braucht mehr Motivation“ oder „Sie braucht mehr Anleitung“. Die Gemeinde besteht aus einzelnen Menschen – aus Max und Minna und Moritz oder wie auch immer sie heißen. Es ist wichtig zu begreifen, dass Gott die Menschen als Einzelne wahrnimmt.
Deshalb sollte ich sie auch als Einzelne wahrnehmen. Das lehren mich eben Stammbäume. Dann kann ich mich mit der Berta freuen, wenn Gott offensichtlich in ihre Situation eingegriffen hat. Oder mit dem Julius weinen, weil seine Situation wirklich schwer zu ertragen ist.
Dem Paul kann ich helfen, in der Gemeinde seine Gaben einzubringen. Viele von uns sind oft mit sich selbst beschäftigt und vergessen dabei schnell, dass Gott es um Menschen geht. Deshalb sollte es auch in meinem Dienst um Menschen gehen.
Und daran, das war ja deine Frage, erinnert mich ein Stammbaum in der Tat: Gott interessiert sich für Menschen. Das ist eine Botschaft, die von diesen Stammbäumen ausgeht.
Das ist eine schöne Botschaft, aber sie reicht mir noch nicht ganz aus. Es ist gut, dass Gott an die Menschen denkt, aber man muss das nicht nur spüren, sondern auch ausführlich aufschreiben. Das hat er offensichtlich getan. Ich finde, es ist eine wichtige Botschaft.
Es ist spannend, dass er uns diese Langeweile scheinbar zumutet, indem er einfach sagt: Das sind Menschen, auch wenn du sie nicht kennst, ich kenne sie. Das ist eine große Botschaft, besonders für alle Vergessenen oder die, die sich am Rand gedrängt fühlen. Ja, auf jeden Fall. Selbst wenn sich niemand für dich interessiert, interessiert Gott sich für dich.
Aber es ist nicht die einzige Botschaft, da hast du Recht. Wenn ich gedanklich durch den Stammbaum gehe, dann gehe ich ja auch immer wieder über den Friedhof. Ich lese, dass der eine so und so alt wurde und dann starb. Der andere wurde auch so und so alt und starb. Jeder Stammbaum, nicht nur die in der Bibel, erinnert mich daran, dass ich sterblich bin.
Sie helfen mir, über meine Endlichkeit nachzudenken und mich auf die Ewigkeit vorzubereiten. Wenn ich mich mit Stammbäumen beschäftige, sollte mir klar werden: Diese Erde ist nicht mein Zuhause. Ich werde diese Erde verlassen, so wie alle Menschen, von denen ich in diesen Stammbäumen lese. An diesem Tag des Abschieds sollte ich mich darauf vorbereiten, dass es ein Tag voller Freude wird, an dem ich in die offenen Arme meines Erlösers, Jesus Christus, laufen darf.
Stammbäume zeigen mir also meine Ähnlichkeit mit anderen Menschen, aber sie motivieren mich auch. Zum Beispiel in Hebräer 11 wird ein ganz besonderer Stammbaum aufgezählt. Dort geht es um Menschen, die Gott vertraut haben. Es ist eine Auswahl von Personen, die genannt werden.
Es beginnt mit Abraham und endet mit König David, Samuel und den Propheten. Danach werden noch Christen erwähnt, die wir nicht einmal namentlich im Stammbaum finden. Es sind Frauen, die Tote durch Auferstehung wiederbekommen haben. Dann lesen wir von Märtyrern und von Christen, die ständig auf der Flucht sind.
Diese Christen werden als eine große Wolke von Zeugen beschrieben, so heißt es in Hebräer 12. Diese große Wolke von Zeugen soll auch mich motivieren, jede Bürde und jede Sünde meines Lebens abzulegen und Jesus nachzufolgen.
Wenn ich von diesen Stammbäumen lese, sollte ich mich mit jedem Einzelnen gedanklich beschäftigen und mich fragen: Wie hat dieser gläubige Mensch Gott mit seinem Glauben geehrt? Das soll mich motivieren, genauso wie er Gott zu vertrauen.
Einerseits zeigen die Stammbäume an sich, ohne dass man auf die Einzelpersonen schaut, dass Gott sich für Menschen interessiert. Wir sind sterbliche Wesen. Andererseits können Stammbäume auch eine Motivation sein. Sie zeigen, dass schon Generationen vor mir dasselbe erlebt haben, was ich wahrscheinlich auch einmal erleben werde.
Was ist jetzt mit dem Einzelnen? Manchmal kann man ja gar nichts sagen, das ist dann wahrscheinlich ein bisschen schwieriger. Wie kann ich mich mit einzelnen Namen beschäftigen, außer dass sie ein Vorbild für mich sind, also dass jemand einfach da war und gegangen ist? Gibt es ab und zu auch mal ein bisschen mehr, was man aus den Stammbäumen lesen kann?
Wenn ich mir die einzelnen Namen in den Stammbäumen anschaue, kann ich schon tiefer in die biblische Geschichte eindringen. Zum Beispiel verstehe ich beim ersten Stammbaum, den wir lesen, dass Abraham und Methusalem (manche nennen ihn Methuselach) eine besondere Rolle spielen. Methusalem ist mit seinen 969 Jahren der älteste Mensch, den wir kennen. Die beiden, Adam und Methusalem, bilden in 1. Mose 5 eine Klammer.
Methusalem könnte noch Adam kennengelernt haben und auch Noah, denn er war der Großvater von Noah. Es wäre also möglich, dass Methusalem Noah kurz vor der Sintflut erzählen konnte, was Gott zu Beginn der Schöpfung wichtig war. Der Name Methusalem bedeutet „Speerwerfer“ oder „Wurfgeschoss“. Manche haben spekuliert, dass er durch sein Leben deutlich macht, dass Gott die Sünde auf Dauer nicht dulden wird. So wie ein tödlicher Speer wird Gott dann die Sintflut auf die Menschen werfen.
Oder vielleicht ist Methusalem so alt geworden, um zu zeigen, dass Gott geduldig ist und wartet, bis die Menschen umkehren, bevor er sie richtet. Das sind natürlich ehrlicherweise Spekulationen, aber auf solche Gedanken kann ich kommen, wenn ich mir die einzelnen Personen anschaue.
Wenn ich die Personen betrachte, stoße ich natürlich auch auf Verwandtschaftsverhältnisse. Manchmal verstehe ich das Handeln von Menschen besser, wenn ich ihren familiären Hintergrund kenne. Durch die Stammbäume bekomme ich ein vollständigeres Bild von einer Person oder einer Situation. Ich kann die Personen dann besser zuordnen.
Zum Beispiel erfahre ich durch Stammbäume Verwandtschaftsverhältnisse im Haus David und verstehe manchmal besser, warum es ergänzende Geschichten gibt und warum Leute miteinander Probleme hatten.
Als besondere Art der Verwandtschaftsverhältnisse kann man vielleicht auch ganze Völker in den Stammbäumen sehen. Zum Beispiel gibt es das Volk Amalek, das ein Erzfeind Israels war. Aber Amalek war mit Israel verwandt. Das sehe ich durch die Stammbäume, denn der Stammvater von Amalek war ein Enkel Esaus. Israel und Amalek waren also im Grunde genommen Cousins.
Dennoch greift Amalek Israel in der Wüste an. Ein Nachkomme von Amalek, Haman aus dem Buch Esther, versucht sogar, die Juden aus der Weltgeschichte zu tilgen, indem er den ersten Genozid unterstützt oder anstoßen möchte. Der erste König Israels, Saul, erhält schließlich von einem Amalekiter den Todesstoß.
Man kann also durch Stammbäume und die dazugehörigen Erzählungen Zusammenhänge in der Bibel entdecken, die man auf den ersten Blick gar nicht wahrnimmt.
Was macht man jetzt mit solchen Stellen? Gehen wir mal in die härteren Stellen, zum Beispiel in das neunte Kapitel der Ersten Chronik. Dort geht es nicht mehr so sehr um Verwandtschaftsverhältnisse, sondern es stehen hauptsächlich Namen. Wie geht man damit um?
Das ist auch nicht einfach, muss ich sagen. Aber die ersten Kapitel der Chronik bilden eine sehr gute Zusammenfassung der Stammbäume. Man müsste lange lesen, um die Familie so komprimiert auf einem Foto zu sehen. Man erkennt zum Beispiel die Großfamilie Abrahams, die Nachkommen Esaus und den Stammbaum Davids. Das steht alles am Anfang der Chronikbücher. Sie sind also eine Quelle, um Querverbindungen zu sehen – sozusagen ein großes Familienfoto.
Genau, ich schaue, wer zu wem gehört. Wenn man genauer hinsieht, erkennt man nicht jede einzelne Person, manche sind halb verdeckt. Aber man denkt sich: „Den kenne ich doch aus anderen Geschichten.“ So machen wir das ja auch beim Lesen.
Das geht mir genauso. Manchmal gähnt man, wenn ein Stammbaum auftaucht, aber im Alltag ist das anders. Wenn ich auf einer Konferenz bin, die vielleicht langweilig ist, rede ich mit einer Person und merke plötzlich, dass sie jemanden kennt, den ich auch kenne. Dann versuche ich herauszufinden, wen sie noch kennt und wo wir gemeinsame Bekannte haben. Plötzlich wird das interessant.
Bei Juden ist das ähnlich. Wenn sie Stammbäume vor Augen haben, ist es sehr spannend zu sehen, von wem sie abstammen und wer noch dazugehört. Für jemanden mit jüdischem Hintergrund ist es also besonders wichtig, diese Stammbäume entsprechend zu lesen.
Wir haben also einmal die Familienverhältnisse, praktisch wie auf einem großen Familienfoto, das einem ein Gefühl dafür gibt. Damals kannten die Zeitgenossen oft noch einige Personen persönlich und stammten vielleicht sogar aus dieser Linie. Das macht das Lesen natürlich besonders spannend.
Was ist für uns jetzt, die wir das nicht haben? Gibt es neben diesen ganzen Verwandtschaftsverhältnissen, die logischerweise in Stammbäumen drinstehen – das ist ja deren Hauptfunktion, um das darzulegen – noch andere Dinge? Dinge, die keine Spekulation sind, denn ich glaube, das ist auch eine Gefahr, dass man zu viel hineininterpretiert in etwas, wo nichts drinsteht.
Wie würdest du das sehen? Manchmal findest du in Stammbäumen direkte Botschaften. Doch oft denkst du: „Na ja, da kommt der Namenswald, da gehe ich gar nicht erst rein.“ Dabei merkst du nicht, dass es in diesem Wald auch Rastplätze gibt, an denen Hinweistafeln mit ganz klaren Botschaften stehen.
Ich denke zum Beispiel an die Chroniker. Dort gibt es das Gebet des Jabes. Dieses Gebet ist zwar heute oft auf farbigem Papier gedruckt, damit die Leute es kennen. Aber es steht tatsächlich mitten in 1. Chroniker 4. Jabes betet zu Gott und sagt: „Bitte segne mich doch, erweitere mein Gebiet, stehe mir bei mit deiner Kraft und bewahre mich vor Unglück. Kein Leid möge mich treffen.“ So darfst du doch beten.
Es ist nicht immer so, dass Gott dieses Gebet gleich erhört. Aber auf jeden Fall steckt dieses Gebet mitten in so einem Stammbaum – oder wie ich es eben sagte – in so einem Namenswald mit drin. Es ist kein Paulusgebet mit grundsätzlich theologischen Aussagen, wie zum Beispiel: „Gott erleuchte die Augen deines Herzens, dass du erkennst, zu welcher Hoffnung du berufen bist.“ Sondern es geht eher darum: Lass es dir gut gehen, bitte Gott darum, dass es dir gut geht.
Anscheinend hat Gott das Gebet tatsächlich erhört. Aber ich bekomme solche Textstellen ja gar nicht mit, wenn ich mir nicht die Mühe mache zu sagen: „Doch, ich will jetzt mal diesen Stammbaum lesen.“ Dann habe ich diese Stellen eben mittendrin.
Aber es gibt auch implizite Botschaften. Wenn ich die Namen der Menschen lese, die in den Stammbaum mit aufgenommen sind, lerne ich zum Beispiel, was Gott wichtig ist. Welche Menschen werden betont? Es werden ja Menschen in den Stammbäumen erwähnt, andere, von denen man weiß, dass sie da waren, werden in manchen Stammbäumen gar nicht genannt.
Wir sehen zum Beispiel, dass Gott dem Stamm Juda sehr wichtig ist, dass David als König eine zentrale Rolle einnimmt und dass der Stamm Levi mit seinen Vertretern immer wieder vorkommt. Matthäus teilt in seinem Stammbaum sogar dreimal vierzehn Personen auf. Da kann man auch fragen: Warum hat er das so gemacht?
Ich habe mal von einem Juden gehört, der begonnen hat, das Neue Testament zu lesen. Das dürfen Juden normalerweise nicht, es wird vom Rabbinat nicht gern gesehen. Das Neue Testament beginnt ja mit einem Stammbaum. Und es hat ihn gepackt. Er sagte: „Mir wurde erzählt, das Neue Testament hat mit Juden nichts zu tun.“ Aber er hat begriffen: „Ja, das hat ganz viel mit Juden zu tun. Das fängt schon mit Abraham an, geht über David, und dann sehe ich Jesus als Erfüllung der Verheißung an Abraham. Das wird hier gezeigt.“ Oder: „Er ist der Nachkomme des Königs David.“ David war ja der zentrale jüdische König.
Deswegen hat dieser Jude begriffen: „Ja, das beweist das Versprechen, das Gott dem Volk Israel gegeben hat. Der erwartete König der Juden wird kommen – das ist Jesus.“ Das ist eine Seite.
Implizite Botschaften gibt es aber noch mehr, auch in den Stammbäumen. Zum Beispiel im Stammbaum Jesu finden wir ungewöhnliche Dinge. Da stehen Frauen drin. Das ist ungewöhnlich, unüblich müsste man sagen. Aber es zeigt, dass Gott Frauen genauso achtet wie Männer.
Die frommen Juden haben immer wieder gebetet: „Ich danke Gott, dass ich keine Frau bin.“ Dieses Gebet ist nicht biblisch, nebenbei bemerkt. Es war Tradition. Gott sagt dazu ganz sicher kein Amen. Und das macht der Stammbaum des Herrn Jesus sehr deutlich.
Wenn man sich diese Frauen anschaut, merkt man schnell: Das waren keine Vorzeigefrauen. Da haben wir Rahab, die eine Prostituierte war. Ruth kam aus einem heidnischen Volk, das keine Verbindung zu Israel haben sollte. Sie ist zwar in gewisser Weise eine Vorzeigefrau, aber sie war eben Heidin, keine Jüdin. Insofern eigentlich nicht in der Segenslinie.
Oder die Frau des Uria hat mit König David die Ehe gebrochen. Sie hatte wahrscheinlich gar keine Chance, Nein zu sagen. Dann gibt es die Geschichte von Tamar, die ihren Schwiegervater verführt – in Anführungsstrichen. Das ist eine sehr spezielle Geschichte.
Aber wir haben auch Salomo mit seinen vielen Frauen und Manasse mit seiner abgrundtiefen Gottlosigkeit. Sie alle kommen im Stammbaum des Herrn Jesus vor, um nur einige Männer zu nennen.
Der Stammbaum, den Jesus hat, macht deutlich: Da haben Menschen Raum, die offensichtlich – man sagt es heute so schön – Brüche in ihrer Lebensgeschichte haben. Deren Sünden sind öffentlich geworden. Das macht der Stammbaum deutlich, wenn ich ihn lese.
Wenn du nach Botschaften gefragt hast, sind das für mich greifbare Botschaften.
Und was würde man daraus schließen, gerade aus diesen Brüchen, dass all das so drinsteht? Dass Jesus wirklich der ist, der er behauptet: der Retter der Sünder im wahrsten Sinne des Wortes. Er stellt sich zu den Sündern, die zu ihm umkehren und mit ihm gehen wollen.
Sein Stammbaum zeigt mir natürlich auch, dass Jesus als Sohn Abrahams die Verheißungen erfüllt. Und als Sohn Davids gehört ihm der Thron, die zukünftige Herrschaft – all das sind implizite Botschaften der Stammbäume. Diese fallen einem jedoch nicht auf, wenn man nur oberflächlich und schnell liest.
Wir haben jetzt über Matthäus 1 gesprochen, wo der Stammbaum Jesu steht, der seine Abstammung von Abraham zeigt. Das ist nicht der einzige längere Stammbaum im Neuen Testament. Lukas hat ja auch einen.
Das stimmt, ja. Der unterscheidet sich sogar stellenweise von Matthäus, weil er seinen Schwerpunkt auf ein anderes Thema legt – sein Evangelium hat den Schwerpunkt, dass Jesus Mensch ist. Deshalb beginnt er mit dem ersten Menschen, eben auch mit Adam, und nicht mit Abraham.
Genau. Matthäus stellt Jesus als den König der Juden dar. Deshalb ist es logisch, dass er mit Abraham und mit König David beginnt.
Und was sind da noch weitere Unterschiede in der Reihenfolge? Manche straucheln da und sagen, zwei verschiedene Stammbäume gehen gar nicht.
Ja, das stimmt. Bei Matthäus haben wir die Reihenfolge David, Salomo, Rehabeam. Bei Lukas ist es David, Nathan, Matata. Also der Stammbaum biegt anders ab; er läuft über einen anderen Sohn Davids und nicht über Salomo.
Im Stammbaum des Lukas kommen auch keine Frauen vor, die wir bei Matthäus erwähnt haben. Es scheint so, als sei das eigentlich der Stammbaum der Maria, die eigentlich als Frau an dieser Stelle stehen müsste. Joseph wird nur als Mann an Marias Stelle eingesetzt.
Denn Lukas sagt, Eli ist der Vater von Joseph, und Matthäus sagt, der Vater von Joseph hieß Jakob. Da fragt man sich: Wie hieß er denn jetzt, Eli oder Jakob?
Mir hilft dabei, dass Lukas schreibt, man meinte, Jesus sei ein Sohn des Josef. Hier deutet Lukas an, dass er es nicht war. Weil Jesus Gottes Sohn war, logisch, aber er war auch ein Sohn der Maria. Sie gehört eigentlich im Stammbaum des Lukas an die Stelle des Joseph.
Deshalb scheint es naheliegend, dass der Stammbaum bei Lukas der Stammbaum der Maria ist, und der Stammbaum bei Matthäus der Stammbaum von Joseph.
Matthäus sagt sogar: „Jakob zeugte Joseph, den Mann Marias, von welcher Jesus geboren wurde.“ Hier können wir also davon ausgehen, dass Matthäus uns den richtigen Stammbaum von Joseph zeigt.
Um das abzurunden: Wir haben ja jetzt auch eine Warnung über Stammbäume, und zwar im Titusbrief, im dritten Kapitel. Dort heißt es, törichte Streitfragen und Geschlechtsregister – also Stammbäume – soll man vermeiden. Sie sind töricht und wertlos.
Wie sollen wir das verstehen? Es kann ja wohl nicht gegen die Stammbäume der Bibel gemeint sein, aber es gab damals offenbar ein Problem. Also kann man es auch übertreiben, oder sind das andere Stammbäume? Wie darf man das verstehen?
Es sind sicher nicht die Stammbäume im Gottes Wort, denn die stehen ja am Anfang der Bibel. Hier geht es vielmehr darum, sich auf seinen Stammbaum etwas einzubilden. Und das macht man in der Regel auch im Judentum. Man nimmt den Stammbaum als Grundlage seiner Identität.
Ganz klassisch sehen wir das zum Beispiel in Philipper 3, wo Paulus sagt: „Ich komme aus dem Stamm Benjamin, ich bin ein Pharisäer.“ Dann bezeugt er, dass das, was ihm einst Gewinn war, er jetzt für Dreck achtet, um Christus zu gewinnen.
Paulus war also sehr stolz auf seinen Stammbaum. Wenn er davor warnt, dann bedeutet das: Ein Stammbaum darf dich nie stolz machen. Du musst immer darauf achten, dass dein Wert und deine Identität im Herrn Jesus zu finden sind und nirgendwo anders.
Ein Stammbaum kann mich höchstens demütig machen, weil ich verstehe: „Mann, aus dieser Reihe von Sündern komme auch ich.“ Aber dabei darf ich nicht stehenbleiben, denn ich weiß, Jesus ist der große Erlöser, zu dem ich kommen darf.
Es gibt also einige Entdeckungen zu machen in Stammbäumen. Auch wenn es natürlich, muss man fairerweise sagen, bei den ganzen Namenskolonnen manchmal doch schwierig ist, dabei konzentriert zu bleiben. Gerade wenn gar nichts dabei steht oder wenn man mit einer Studienbibel keine Zusammenhänge auf den ersten Blick erkennt.
Ja, mir geht es auch so, dass ich mich beim Lesen der Stammbäume dabei erwische, dass meine Gedanken irgendwo anders sind. Was helfen kann, ist, wenn man diese langen Stammbäume nicht am Stück liest, sondern in kleinen Abschnitten. Danach kann man Ausschau halten, wo man von der vorgestellten Person in diesem Stammbaum etwas lernen kann.
Was ebenfalls helfen kann, ist, wenn man parallel zum Lesen der Stammbäume eine CD mit einer Hörbibel mitlaufen lässt. Dann wird wirklich Name für Name vorgelesen, und ich höre das mit. So falle ich vielleicht auch mal über den einen oder anderen Namen, oder es prägt sich mir einfach besser ein.
Ich denke aber, am Ende kann man sagen: Es würde etwas fehlen in der Bibel, wenn keine Stammbäume darin stünden. Auf jeden Fall. Gott kümmert sich um die Menschen. Gott hat eine Geschichte mit den Menschen.
Gott bleibt an den Menschen dran, auch über Jahrhunderte und Jahrtausende und vollführt sein Werk. Das soll es auch für heute sein für den Podcast der EFA Stuttgart.
Wenn Fragen bestehen, über die zukünftig gesprochen werden kann, oder Anmerkungen vorliegen, ist unsere E-Mail-Adresse podcast@efa-stuttgart.de offen für alle. Wir haben immer ein offenes Ohr für eure Anliegen.
Wir wünschen Gottes Segen und einige neue Entdeckungen, wenn ihr das nächste Mal beim Bibellesen oder vielleicht auch durch diesen Podcast auf solche Themen stößt.