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Sie widerstanden wach dem Zeitgeist

Persönlichkeiten der Kirchengeschichte, die "die Zeiten zu beurteilen verstanden und wussten, was Gottes Volk tun musste"
06.07.20111. Chronik 12,33

Liebe Schwestern und Brüder,

in den Listen, die interessanterweise in der Bibel aufgeführt sind und uns die Getreuen Davids nennen, steht auch der Vers, der uns heute den Einstieg in unser Abendthema gibt. Zu denen, die sich zu David gehalten haben, gehörten selbstverständlich die Leute aus Juda, seine Stammesgenossen. Das war ihr Mann, der David.

Nun ist es interessant, dass in den Listen auch Menschen aus anderen Stämmen genannt werden. Diese kamen als Delegationen, obwohl sie eigentlich noch große Treue zum König Saul hielten. Als Saul in der Schlacht gefallen war, hielten sie auch zum Feldhauptmann Abner. Sie gehörten zum Reich Sauls und fragten: „Was geht uns dieser Hirtenbube David an?“

Es gab jedoch einige, die klar gesehen haben, dass Gott David erwählt hat und Saul verworfen hat. Diese Menschen kamen aus den Stämmen Dan, Naftali und Isaschar. Schon der Prophet Samuel hatte es König Saul deutlich gesagt: Der Herr hat dich verworfen und einen erwählt, der besser ist als du.

So heißt es nun in den Listen: Nachdem die Männer von Juda genannt sind, kamen auch Männer von Ephraim und Benjamin sowie vom halben Stamm Manasse. Es kamen zweihundert Hauptleute von den Männern des Stammes Isaschar, die erkannten und rieten, was Israel zu jeder Zeit tun sollte. Alle ihre Brüder folgten ihrem Befehl.

Standhafte Führung in bewegten Zeiten

Das ist das, was wir brauchen. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist, aber ich habe nur 1200 Gramm Gehirn. Unser Horizont ist oft verengt. Wir fallen zu leicht auf Parolen herein, die wie Raketen hochzischen und blenden. Man ist dann etwas enttäuscht, wenn das alles wieder verpufft.

Wir hätten gerne Menschen, die für uns sind wie Pfeiler in der Strömung, wie Rettungsbaken. An denen man sich festklammern kann, auch wenn die Strömung von 99 Prozent des gesamten Volkes um mich herum anders denkt.

Diese zweihundert Hauptleute, die zu David gingen, wussten, was dran ist – vor allem, was vor Gott dran ist. Es heißt nicht umsonst hier in der Bibel, dass jeder Halbsatz eine Bedeutung hat: „Dies ist die Zahl der Männer, die zu David nach Hebron kamen, um ihm das Königtum Sauls zuzuwenden nach dem Wort des Herrn.“

Sie haben nicht gesagt: „Das wäre jetzt toll, wenn ein anderer regiert wäre“ oder „Es ist höchste Zeit, dass jemand anderes die Regierung übernimmt, Zeit für einen Regierungswechsel.“ Nein, da hat Gott einen erwählt, und es ist jetzt dran, dass wir uns zu ihm schlagen und möglichst viele mitnehmen.

Das Wort Gottes soll das Entscheidende sein, das uns, die wir Nachfolger von Jesus Christus sein wollen, die Marschbefehle gibt. Das Wort Gottes soll uns deutlich machen: Das ist dran, das musst du lassen oder das sollst du anpacken.

Biblische Fundamente als Lebensgrundlage

Deshalb lassen Sie mich einen ersten Teil erzählen. Veranlasst durch diesen Abschnitt, in dem ich ja etwas über Persönlichkeiten berichten soll, die wussten, was dran war, möchte ich diesen ersten Teil „Im biblischen Wort gegründet“ überschreiben.

Im biblischen Wort gegründet – in der Erinnerung sehe ich Sie noch vor mir: die hochgewachsene, schlanke, edle Gestalt, Oberin einer Universitätsklinik. Sie ging herzlich auf jeden Menschen zu, war anteilnehmend – ein Mensch, wie man sich nur wünschen kann.

Sie trug ein gewaltiges Erbe. Sie war die Tochter eines württembergischen Evangelisten und stammte aus einer frommen schwäbischen Familie, in der es Lehrer, Stundenhalter und Orgelspieler zuhauf gab. Im Reich Adolf Hitlers war sie sehr schnell übergetreten – aus ihrer Diakonissenanstalt zu den Braunen Schwestern.

Nach dem Krieg wurde sie wieder in einen Verband einer Diakonissenanstalt aufgenommen. Einmal sagte sie zu mir, dem damals blutjungen Pfarrer: „Wenn ich im Wort Gottes und in Jesus gegründet gewesen wäre, hätte das nicht passieren dürfen. Wenn ich im Wort Gottes und in Jesus gegründet gewesen wäre, hätten wir das nicht zulassen dürfen, dass ich mitgeschwemmt wurde von der Begeisterung für diesen Adolf Hitler, den man damals fromm eingewickelt als ‚den Gott, den uns geschenkt hat‘ bezeichnete. ‚Das ist ein Prophet, den Gott uns geschickt hat‘, so hieß es damals.“

Ich möchte auch von dem Ulmer Arzt Dr. Siegfried Ernst erzählen. Er war ein angesehener Arzt. Seit seiner Jugend hielt er jeweils in der Frühe des Morgens seine stille Zeit mit Bibellese. Jeden Tag stellte er sich die Frage: „Herr, was muss ich tun? Was ist vor deinen Augen richtig, was ist nicht notwendig?“

Für sein Leben waren zwei große Bibelworte entscheidend. Das erste stammt aus der Bergpredigt: „Selig sind, die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.“ Es war ihm wichtig, den lebendigen Gott in der Nähe zu haben.

Das zweite Wort stammt aus dem Epheserbrief: „Prüft, was Gott wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, vielmehr deckt sie auf. Denn was von ihnen heimlich getan wird, ist auch nur zu sagen schändlich. Prüft und deckt auf!“

Er war junger Medizinstudent, als 1934 im Herbst unser württembergischer Landesbischof Theophil Wurm Hausarrest bekam – wegen einer Lächerlichkeit. Das württembergische Volk nahm das hin: „Kann man nichts machen, gell, Herr, wenn unser neuer Führer das für richtig hält. Es ist schade, dass unser Bischof eingesperrt wird, aber Hausarrest ist ja nicht so schlimm wie Gefängnis.“

Verstehen Sie, das ist der Zeitgeist. Wenn solche Parolen aufkommen, sind sie wie in Wattekisten: „Es ist alles nicht so schlimm, es wird sich schon machen.“

Der junge Siegfried Ernst hat damals etwas getan, was auch heute noch unvorstellbar ist. Von heute auf morgen organisierte er bei der Bundesbahn, die damals noch Deutsche Reichsbahn hieß, einen Sonderzug mit 700 Studenten aus Tübingen. Gemeinsam zogen sie vor das Haus in der Silberburgstraße 187, in dem unser Bischof im Hausarrest war.

Eine unangemeldete Demonstration im Dritten Reich – unvorstellbar! Siegfried Ernst ging von Wagen zu Wagen und sagte: „Wir müssen damit rechnen, dass die Polizei mit Überfallkommandos kommt. Ich kann mir vorstellen, dass sie am Silberbuckel oben und unten ankommen und uns einkesseln wollen, so wie die Polizei heute auch den Polizeikessel macht. Aber dann singen wir die Nationalhymne, das Deutschlandlied, und die Polizisten müssen salutieren. Währenddessen verkrümeln wir uns durch die Silberburganlagen.“

Wenn Sie mal dort hinuntergehen, hinter der Brauerei Dunklinglager, sehen Sie die schönen Silberburganlagen. Dort konnten sie sich verstecken, damit niemand von der Polizei erfasst werden konnte.

Gesagt, getan: Die Polizei fuhr vor, salutierte, und während des Singens der Nationalhymne verkrümmelten sich die Studenten. Es war der Anfang dessen, dass auch das württembergische Kirchenvolk aufwachte.

Die Demonstrationen vor der Silberburgstraße hörten 1987 überhaupt nicht mehr auf, bis schließlich schnell der Hausarrest für unseren Bischof aufgehoben wurde.

Hätte Siegfried Ernst die ängstlichen Christen gefragt, hätten sie gesagt: „Ah, lassen Sie es doch bleiben, das bringt bloß Ärger.“ Hätte er die Stammtischbrüder gefragt, hätten sie gesagt: „Ha, der Kirchschieds ist gerade recht.“

Er aber stand vor seinem Herrn. Er wollte seinem Herrn standhalten, stand und fiel mit ihm. Er wusste: Wenn niemand anders eingreift, dann muss ich es tun.

Widerstand und Verantwortung in schwierigen Zeiten

Nach 1945 brach über unser Volk die sexuelle Revolution herein, die alle bisherigen Dämme des Anstandes und der Moral durchbrach.

In dieser Zeit mobilisierte Doktor Siegfried Ernst als Einzelner quer durch ganz Europa Widerstand gegen Abtreibung, gegen die Pille und gegen die Verdummung, die bis heute mit der Parole „Jeder Mensch hat ein Recht darauf, die ihm eigene Sexualität zu leben“ umgeht. So wie der Herr Strauss-Kahn auch das Recht hat, das zu tun, was ihn gerade treibt.

Siegfried Ernst sagte, das sei ein Durchbruch durch alles, was Gott will. Er wehrte sich dagegen, dass unser Volk immer mehr von Gott und seinen guten Ordnungen abdriftet. Er war kein blindwütiger Konservativer, sondern es war ihm ein Anliegen. Ich weiß es aus der Zeit, als wir in der Synode waren. Er war auch in die Synode gewählt und hat dort mit dem Weltkirchenrat in Genf gerungen.

Damals kam die Parole auf: „Wir Christen bekommen unsere Einsatzbefehle durch das, was Gott in revolutionären Bewegungen wirkt.“ Es war die Zeit, in der sogar gesagt wurde, dass das, was Mao in China gemacht hat, einschließlich der Kulturrevolution, der Heilige Geist für heute sei – eine totale Verwirrung.

Siegfried Ernst war einer der wenigen, der sagte: „Das ist eine Beleidigung der Ehre Gottes.“ Es ging ihm nicht um ein politisches Programm, sondern darum, dass wir unsere Einsatzbefehle vom lebendigen Gott und von niemand anderem empfangen. Wir wollen im Wort Gottes gegründet sein, im biblischen Wort gegründet.

Ich könnte jetzt viel erzählen, auch von Barbara Künkelin, die den Widerstand in Schorndorf, wo ich lange leben durfte, mobilisiert hat, damit die Stadt nicht einfach übergeben wird. Bis heute haben wir in der Stadtkirche in Schorndorf eine Abendmahlskanne, die von Barbara Künkelin gestiftet wurde. Darauf sieht man, wie in einer Sprechblase eine Frau steht, die unterm Kreuz Jesu ist und sagt: „Dir möchte ich leben und dir möchte ich sterben.“

Heute wird Schorndorf immer mit der mutigen Frau Künkelin in Verbindung gebracht, die dafür sorgte, dass Schorndorf nicht dem Feind übergeben wurde. Sie war nicht mutig im herkömmlichen Sinn, sondern sie war im Herrn gegründet. In dem Augenblick, als alle Männer versagten – und sie war keine Feministin – wusste sie, dass es jetzt an ihr war. Sie war im Wort Gottes gegründet und fühlte sich gefordert.

Wachsamkeit und geistliche Wachheit

Es besteht nicht nur bei den Außenstehenden die Gefahr, sondern auch bei uns Christen, dass wir einschlummern. Nicht umsonst hat Jesus das Gleichnis von den zehn Brautjungfern erzählt. Als der Bräutigam sich verspätete, schliefen die törichten Brautjungfern ein – und zwar nicht nur sie, sondern auch die klugen.

Jesus selbst hat diese Erfahrung im Garten Gethsemane gemacht. Er bat seine Jünger: „Wacht mit mir und betet mit mir!“ Doch sie schliefen ein, sodass Jesus sie aus ihrem Schlaf aufrütteln musste. Trotzdem fielen sie wieder in den Schlaf zurück.

Diese Verschlafenheit ist gefährlich. Die Haltung „Ach, es ist alles nicht so schlimm, es ist alles so schön“ stellt eine große Gefahr für die Christenheit dar. Das Wort Gottes ist immer ein Weckruf. Gott hat den Heiligen Geist gesandt, damit er uns das biblische Wort weckend zuteilt. Der Ruf „Wach auf, der du schläfst!“ taucht immer wieder bei den Aposteln auf, zum Beispiel im Epheserbrief, in der Offenbarung und in den Sendschreiben.

„Wache auf, der du schläfst, stärke das andere, das sterben will!“ Wenn wir die Bibel ernst nehmen und in ihr leben, dann ist das eine lebenswichtige Aufforderung.

Liebe Schwestern und Brüder, ich habe eine große Sorge. In meinem Leben habe ich erlebt, dass wir uns immer mehr von dieser Lebendigkeit entfernt haben. Früher war es selbstverständlich, dass junge Leute, die in den evangelischen Jugendkreis gingen, mit der Bibel lebten und die Morgenwache hielten. Heute erlebe ich, dass viele Menschen sich nur noch an ein paar christlichen Sprüchen und Liedern orientieren und gar nicht mehr in die Tiefe der Schrift eintauchen.

Der Heilige Geist als Augenöffner

Ein paar Beispiele dafür, wie Gottes heiliger Geist uns die Augen öffnen und uns wecken kann. Neulich bin ich über Johannes 16 gestolpert, wo Jesus sagt: Wenn der Geist der Wahrheit kommt, wird er die Augen auftun. Das war vorher noch gar nicht so klar geworden.

Der Heilige Geist wirkt nicht unbedingt durch Massenbegeisterung, Heilungen oder große Wunder, sondern durch das Wunder, dass uns die Augen aufgehen. Bei uns schlummernden Menschen zeigt er, wo Gott uns brauchen will und macht uns deutlich: Von dort lasst die Finger!

Ein paar Beispiele: Ich habe es bei der Pfarrfamilie Stöffler in Köngen erlebt. Wir haben darunter gelitten, dass die evangelische Jugendarbeit 1934 in die Hitlerjugend integriert wurde und alle christlichen Treffen sowie Freizeiten verboten wurden. Die Familie Stöffler sagte daraufhin: „Dann öffnen wir unser Pfarrhaus als einen neutralen Ort.“ Das mussten sie tun, ohne darauf zu warten, dass der Oberkirchenrat etwas unternimmt. Auch sagten sie nicht, man sollte irgendetwas unternehmen oder irgendwelche Aktionen starten. Der Heilige Geist hat ihnen die Augen geöffnet, dass sie Verantwortung übernehmen müssen.

Ab da gab es Jungmännerfreizeiten. Man bekam eine Postkarte mit der Einladung zu einem „Paulus“. Durch die männliche Endung wusste man, dass es eine Jungmännerfreizeit war. Wenn es hieß „Ich lade dich ein zur Paula“, war es eine Mädchenfreizeit. Ich weiß gar nicht, wie die Familie bis in die Kriegszeit mit ihren Lebensmittelmarken durchgekommen ist, wenn die Tische voller junger Leute für die Freizeiten waren.

Frau Stöffler erkannte, dass die Gemeinden mehr als richtige Pfarrer vor allem richtige Pfarrfrauen brauchen, die die Seele einer Gemeinde sind. Deshalb richtete sie in ihrem Haus Pfarrbräute-Freizeiten ein, bei denen sie acht Tage lang junge Frauen beherbergte. Von dieser Elite hat unser württembergischer Pfarrstand gelebt. Die Frauen, die von Frau Stöffler lernten, gingen auf die Leute zu, öffneten die Pfarrhaustür, ließen die Menschen herein, hörten nicht nur zu, sondern ließen die Leute erzählen und nahmen sie liebevoll auf. Das war die wichtigste Evangelisation.

Als die großen Pfingsttreffen der Mädchenarbeit durch den Nazistaat verboten wurden, sagte die Familie Stöffler: „Dann machen wir Pfingstmontagstreffen im großen Pfarrgarten.“ Dort versammelten sich bis zu drei junge Mädchen, und die Polizei konnte nichts tun, da es sich um Privatgelände handelte. Gekocht wurde in der Waschküche. Die Frauen und Familien in Köngen opferten Lebensmittelmarken, damit eine Suppe gekocht werden konnte. Das hat ihnen nicht der Oberkirchenrat gesagt – nur der Heilige Geist hat ihnen deutlich gemacht: Wir sind dran.

Als aus Berlin einige jüdische Ehepaare, damals „U-Boote“ genannt, also Untergetauchte ohne Ausweise, von Pfarrhaus zu Pfarrhaus weitergereicht wurden – illegal und unter Lebensgefahr, nicht nur für die Juden, sondern auch für die Aufnehmenden – war das Pfarrhaus Stöffler in Köngen immer wieder eine Verladestation. Sie wurden zwei Tage nach Reichenbach, zwei Tage nach Nürtingen und Oberbohingen, zwei Tage nach Neuffen gebracht und kamen dann wieder nach Köngen zurück. Wir müssen es tun! Der Heilige Geist, geschärft durch die Bibel, kann uns deutlich machen, was wir zu tun haben.

Ich habe in Kronbach im Remstal die Karline kennengelernt. Sie hat noch mit achtzig Jahren sehr lebendig Kindergottesdienst gehalten. Als alte Kindergottesdiensthelferin kennt Frau Oberin Karline noch. Vielleicht hat sie nicht so geheißen, aber sie konnte auch die unbändigen Buben beim Kindergottesdienst an den Ohren ziehen. Sie war in der Bibel gegründet und erzählte jahrzehntelang biblische Geschichten.

1934 sagte der Ortsgruppenleiter von Grunbach zu Karline: „Da um die Kirche herum sind so schöne Fliederbüsche. Können wir nicht etwas von den Zweigen für unsere Wagen haben?“ Es war ein Festzug zu Hitlers Geburtstag. Karline sagte: „Die sind nicht für ihre Zwecke.“ Sie wusste, dass das, was an der Kirche ist, zur Ehre Gottes dient und nicht auch weltlich verwendet werden darf. An so kleinen Dingen begann der Widerstand.

Wir reden immer wieder von den Männern und Frauen des Widerstandes, die schließlich nach Stalingrad erkannten, dass der Krieg nicht zu gewinnen war. So eine Karline war Widerstand. Sie begriff: Das ist ein anderer Geist. Ich muss etwas tun, auch wenn die frommen Kreise dagegen sind, hat Charlotte Reilen gesagt.

Sie hatte auch das Bild vom breiten und schmalen Weg initiiert, dieses Andachtsbild, das in vielen württembergischen Häusern eine große Rolle gespielt hat. Darin lebte sie: „Ich möchte auf dem schmalen Weg gehen.“ Auf dem Bild vom schmalen Weg waren all die Einrichtungen dargestellt, die sie geschaffen hat: die Rettungsanstalt für Alkoholiker, die höhere Bildung für Mädchen, das Rettungshaus für Straßenkinder und die Diakonissenanstalt in Stuttgart.

Super fromme Stuttgarter Kreise sagten, so etwas sollte man nicht tun. Sie nannten es eine Tracht, und entschuldigen Sie, verehrte Schwestern, aber die Stuttgarter frommen Kreise sagten, das sei eine Nachahmung katholischer Sitten. Doch Charlotte Reilen wusste: Ich brauche das, damit die Diakonissen äußerlich erkennbar sind im Dienst des Herrn.

Es ist eine Segensgeschichte für unser württembergisches Land geworden. Das erste Mädchengymnasium, das sie geschaffen hat, das heutige Möhringer Gymnasium, das Stuttgarter Missionsfest und all die verschiedenen Einrichtungen – sie wusste: Ich muss es tun, wenn schon die Männer nicht packen.

Evangelisation als unverzichtbare Aufgabe

In der Geschichte der Lausanner Bewegung war eine entscheidende Gestalt Doktor John Stott, ein englischer Hofkaplan. Er wurde immer wieder gefragt: Warum ist Ihnen denn Evangelisation und Weltmission so wichtig? Es gibt heute doch so unendlich viele Nöte – Aids, Hunger und Seuchen. Das wäre doch wichtiger als Evangelisation. Warum betonen Sie immer so sehr, dass Menschen gerettet werden müssen? Hören Sie denn nicht den Schrei der Verhungerten?

Darauf konnte John Stott lächelnd sicher antworten: Doch, den höre ich auch. Aber ich höre auch das Wort der Schrift. Es verbarmte den Herrn Jesus, denn sie waren verschmachtet und zerstreut wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und weil wir das so oft vergessen in unseren Zeiten, möchte ich es als Mahner und Wächter hineinrufen in die Weltchristenheit: Vergesst nicht die Evangelisation! Das Evangelium von Jesus muss den Menschen bekannt gemacht werden, das ist unverzichtbar.

Ein paar Beispiele: Ich könnte noch von Hofmann erzählen, ich könnte von Martin Pfander erzählen, dem Gründer des Bengelhauses. Ach, die Christenheit ist voll mit Beispielen, wie einzelne Menschen wachgemacht wurden. Sie haben nicht gesagt: Die da oben im Oberkirchenrat, die in der Synode sollten doch, die Pfarrer sollten doch, sondern: Ich, ich muss etwas anpacken.

Aber ich habe schon deutlich gemacht, in dem Beispiel von Doktor John Stott und auch in dem Beispiel jener einstigen Oberin: Es gibt den Zeitgeist, der uns beibringen will, das ist jetzt dran, das ist die Chance für die Christenheit und für unser ganzes Volk, das anzupacken. Und so geht heute auch durch die evangelikale Welt die gefährliche Versuchung, nämlich: Wir müssen politisch aktiv werden, wir müssen die unglaubliche Verschuldung der Drittweltländer beheben, wir müssen etwas tun gegen Krankheit, wir müssen Lehrwerkstätten aufbauen, Krankenstationen – das Evangelium ist nicht so wichtig. Wir haben keine Zeit und keine Kraft und kein Geld für Missionen, jetzt ist Vorrangiges dran.

Dabei haben schon die Apostel der ersten Christenheit erkannt und die erste große Speisung und Kleideraktion für die Armen durchgeführt: Wir wollen das Wort Gottes nicht versäumen und nur für Mahlzeiten sorgen. Es ist irgendwie ein Trend, wenn man sich mit der Not der Welt befasst, dass diese gar nicht aufhören wird. Wir müssen nüchtern sehen: Die werden wir nicht ändern. Der Jesus, der gesagt hat: Arme habt ihr allezeit!

Aber man kann darüber versäumen, was auch wichtig ist: Dass seelisch verhungerte Menschen nicht mehr hören, dass es den Heiland Jesus gibt.

Ich habe noch den indischen Missionsbischof Doktor Leslie in Jubigen gekannt, der 1998 verstorben ist. Er war langjähriger Generalsekretär des Internationalen Missionsrates. Er hat um 1978 herum Mitarbeiter beim Ökumenischen Rat der Kirchen erkannt, dass die Weltchristenheit in Gefahr ist, nur noch Entwicklungshilfe, Hilfsprogramme und Krankenprogramme zu sehen, und die Mission fast vergessen worden ist.

Der damalige Generalsekretär des Weltkirchenrats hat gesagt: Mission ist out, die Zeit der Mission ist vorbei. Und Newbigin hat sich als Einzelner dagegen gewehrt, im Stab des Weltkirchenrats in Genf, mit aller englischen Noblesse eines Gentlemen, mit Verben und mit Thron, mit biblischen Ratschlägen. Es war alles vergeblich.

In seinen Memoiren, in seiner Biografie, steht der erschreckende Satz unter Verwendung im Englischen des deutschen Lehnbegriffs Zeitgeist: The Zeitgeist was too strong. Der Zeitgeist war viel zu stark. Ich bin mit allem Werben, Einladen, Überlegen, theologischen Überlegungen, mit aller Lieblichkeit eines Gentleman nicht durchgekommen. Der Zeitgeist war stärker.

Der Einfluss des Zeitgeistes und die Herausforderung des Widerstands

Was ist eigentlich der Zeitgeist? Seitdem ich das Internet benutze, schlage ich auch bei Wikipedia nach. Dort heißt es, dass der Zeitgeist der typische Geist ist, der eine Epoche prägt. Das ist der Vordergrund, die Bedeutung des Wortes Zeitgeist.

Der Apostel Paulus hat im Epheserbrief über diesen Geist gesprochen. Er sagt dort, dass Menschen, die ungehorsam gegen Gott leben, nach der Art dieser Welt beherrscht werden. In Epheser 2 heißt es: „Beherrscht von dem Mächtigen, der in der Luft regiert, nämlich von dem Geist, der zu dieser Zeit am Werk ist.“ Diese dämonische Kraft ist der Zeitgeist.

Der Zeitgeist ist nicht nur politische Parolen oder die Aufforderung, nicht so streng mit den Kindern zu sein. Es ist nicht bloß eine Laxheit, sondern ein mächtiger, teuflischer Geist, der unter den Ungläubigen wirkt. Dieser Zeitgeist hat eine unvorstellbare Sogkraft.

Er bedient sich leicht eingängiger Argumente, gerade gegenüber Christen. Diese wollen oft auf Menschen eingehen und nicht bloß abstoßend sein. Man hört dann Sätze wie: „Ihr müsst doch vielmehr auf das eingehen, was Menschen gern haben und was ihnen wichtig ist. Seid doch nicht so ernsthaft eng. Es gibt doch noch so viele andere kluge, vertrauenswürdige Leute, die auch nichts dagegen haben. Ihr dürft doch als Christen nicht Einzelgänger sein. Ihr macht doch den Christenglauben abstoßend, wenn ihr immer nur Nein sagt und eure Bedenken vorbringt.“

Oder auch das Argument: „Was kannst du schon machen? Was bringt es, wenn du dagegen bist? Denk doch an deine Familie, sei doch nicht so sperrig. Man kann doch nicht immer mit dem Kopf durch die Wand.“ Der Zeitgeist hat ein ganzes Arsenal solcher Argumente.

Ausgehend vom Wort Gottes müssen wir allergisch dagegen werden. Schon im zweiten Buch Mose hat Mose im Auftrag Gottes gesagt: „Du sollst der Menge nicht folgen.“ (2. Mose 32). Die Stimme des Volkes ist nicht immer Gottes Stimme. Die Römer sagten: „Vox populi, vox Dei“ – die Stimme des Volkes ist die Stimme Gottes. Doch wir haben im Dritten Reich erlebt, dass, obwohl 99 Prozent Hitler gewählt haben, das nicht die Stimme Gottes war, sondern der Zeitgeist. Verführerische Argumente.

Ich werde oft als Neukirchener bei Führungen durch Korntal gefragt, wie sich die Brüdergemeinde im Dritten Reich verhalten hat. Sie sind nicht mit fliegenden Fahnen zum Nationalsozialismus übergegangen. Sie sind auch nicht so schnell auf die verführerischen Parolen Hitlers vom positiven Christentum hereingefallen oder Sympathisanten Hitlers geworden.

Aber alle Frömmigkeit schützt nicht vor Dummheit. Man kann auch fromm sein, doch das Wort Gottes, auf dem wir gegründet sind, ist noch mal etwas anderes. Immer wieder hört man Sätze wie: „Wir konnten uns schließlich nicht entziehen. Es waren ja alle dafür. Wir hatten nazistische Schulleiter, nazistische Bürgermeister, nazistische Ortskundige und Luftschutzwarte. Man musste irgendwo mitmachen.“ Das ist Zeitgeist.

Widerstand zu leisten ist unheimlich schwierig, vor allem, weil er oft keinen Erfolg hat. Wir wissen von Marie Durand, der französischen Protestantin, die vier Jahrzehnte um ihres Glaubens willen in der Gefangenschaft von Embrun war. Als sie als Greisin endlich freigelassen wurde, weil man meinte, sie ändere sich nicht mehr, hatte sie in das Mauerwerk eingeritzt: „Resistee“ – ich widerstehe, ich gebe nicht nach, selbst wenn man mich vier Jahrzehnte einsperrt.

Es ist nicht verheißungsvoll, dass wir Erfolg haben. Sie hat Tausende mitgerissen. Aber bis heute ist das für uns eine Mahnung und eine Ermutigung, dem Zeitgeist zu widerstehen.

Herr, habe Acht auf mich und lass mich ritterlich den Kampf bestehen, wenn Satan, Sünde und Welt mich stürmend überfallen. Lass mich nicht übergehen.

Die Herausforderung der Harmoniebedürftigkeit in der Christenheit

Ich erwähne das so deutlich, weil in der Christenheit eine Krankheit grassiert, die wirklich wütet wie eine Seuche. Man meint oft, man müsse mit allen Menschen auskommen. Diese Empfindung ist weit verbreitet: Wir wollen doch niemandem auf die Nerven gehen.

Ich möchte den Glauben einladend gestalten. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als hätte ich den Glauben und die Wahrheit in der Tasche. Auch mit Andersdenkenden möchte ich gut auskommen. Heute haben wir ein unstillbares Harmoniebedürfnis.

Dieses Bedürfnis reicht bis hinein in die Synode, in den Oberkirchenrat und in unsere Kirchengemeinderäte. Wir wollen doch keinen Streit provozieren. Ich habe es als Prälat erlebt, dass nach der Mehrheit der Gemeinden gefragt wurde, was für einen Pfarrer sie wollten. Es war weder ein Pfarrer von der lebendigen Gemeinde noch einer von der offenen Kirche gefragt. Das Harmoniebedürfnis war so stark, dass man keinen Streit wollte.

Mich bewegt immer, dass Jochen Klepper, der ein Dichter war und ein Mensch, der für das Schöne und Gute aufgeschlossen war, in seinem Abendmahlslied geschrieben hat:
„Das wird sich als der Siege Sieg erweisen, dass du mich wieder in den Kampf gerissen.“

Nicht, weil ich so harmoniefähig bin, sondern weil ich sperrig bin. Es wird sich als der Siege Sieg erweisen, dass du mich wieder in den Kampf gerissen hast.

Beispiele für gelebten Glauben und Widerstand

Ich hätte gern noch lange von Otto Riedmüller erzählt, dem großen Seelsorger der evangelischen Mädchenarbeit zur Zeit des Dritten Reichs. Er hatte eine architektonische Begabung. Die Südkirche in Esslingen hat er zusammen mit Martin Elsässer gebaut. Außerdem hatte er viel für Fotografie, Malerei und Dichtung übrig – er war ein Künstler.

Am Anfang des Dritten Reichs war er auf die Parolen Hitlers hereingefallen und hatte selbst ein Lied gedichtet: „Deutsches Land, Hitlerland, lebe du in Gottes Hand.“ Doch dann griff Gottes Hand ordnend in sein Leben ein. Er hat einmal in einer Predigt gesagt: „Unser Leben ist vergeblich, wenn nicht Gottes Hand ordnend eingreift und uns herausrettet von uns selbst.“ Das hat er erlebt, in der anfänglichen Begeisterung für das Hitlerreich.

Ab diesem Zeitpunkt sagte er: „Die junge Generation Deutschlands, besonders auch die Mädchen, haben Besseres verdient als bloße Begeisterung. Sie haben den Heiligen Geist Gottes verdient.“ Damals gab es die Losungen, die Hitler bei Zinzendorf abgeschaut hatte. Dagegen setzte Otto Riedmüller zuerst die Monatssprüche, die wir bis heute kennen.

Die Jahreslosungen verdanken wir Otto Riedmüller. Sie entstanden damals auf billigem Papier, wurden in den Jungmädchenzimmern aufgehängt und hingen in einfachen Rahmen. Weil er junge Menschen in die Bibel hineinführen wollte, erfand er die Ordnung der täglichen Bibellese. Die Bibelabschnitte, die wir bis heute für die tägliche Bibellese verwenden, gehen auf ihn zurück.

In einer Zeit, in der man sich viel von Bannern und Fahnen versprach, dichtete er das Lied „Deine Fahnen ziehen voran“ für die evangelische Jugend. Damals waren Parteiabzeichen sehr wichtig, und Zeichen spielten eine große Rolle. Er erfand das Zeichen, das bis heute das Symbol der evangelischen Jugend ist: das Kreuz auf der Weltkugel. Dieses Zeichen ist bis heute in Stein auf seinem Grab im Ufriedhof in Cannstatt eingemeißelt.

Otto Riedmüller schuf die beiden Liederbücher „Der helle Ton“ und „Ein neues Lied“. Besonders in letzterem führte er hinein in den Reichtum geistlicher Lieder, angefangen bei den böhmischen Brüdern. Er konnte sagen: „Die Jugend wartet doch darauf, dass man ihr starkes und nahrhaftes Schwarzbrot reicht.“ Es sei eine Gotteslästerung, wenn ein Lied vom Leiden unseres Herrn nach der Melodie eines elenden Gassenhauers gesungen wird.

Er wollte sich nicht der Torheit schuldig machen, dass die christliche deutsche Jugend auf Dauer an den Herrlichkeiten der alten Chorele vorbeigeht. Daran denkt er mit Schmerz, denn die Chorele, die man früher in der Schule lernte, kennen heute viele nicht mehr. Auch seine Enkel kennen sie nicht. Sie kennen Carmelo bei den Herren und „Jesu gehe voran“ nicht.

Wir wollen uns nicht die Torheit schuldig machen, an den edlen Schätzen vorbeizugehen. Vielleicht geht es Ihnen auch so: Oft singen meine Frau und ich mit brüchigen Stimmen morgens in der Andacht alte Lieder, die längst vergessen scheinen. Und dann geht eine Zeile den ganzen Tag mit uns, als wäre eine Seite darauf gestimmt.

Zum Beispiel: „Gib den Kämpfern Platz und Pfad und das Ziel der Gottesstadt.“ Die Gottesstadt spielt in den Liedern von Riedmüller eine große Rolle. In dem Lied „Gib uns Pilgern aus der Quelle der Gottesstadt den frischsten Trank“ oder auch in „Herr, wir stehen Hand in Hand und das Ziel der Gottesstadt.“

Damals, als all unsere großen Städte Beinamen bekamen – Stuttgart als Stadt der Auslandsdeutschen, München als Stadt der Bewegung, Nürnberg als Stadt der Reichsparteitage – hatte er den Mut zu sagen: „Es kommt auf ganz anderes an, auf die Gottesstadt. Der gehen wir entgegen.“ Dazu wollte er junge Menschen einladen und rufen.

Wesentliche Merkmale entschlossener Christen

Ich bin schon an der Reihe, denn ich war eingeladen, davon zu erzählen – von Menschen, von Persönlichkeiten, von Frauen und Männern. Wenn ich darüber nachdenke, was für alle gemeinsam typisch ist, stellt sich auch die Frage: Wie kann es bei mir dazu kommen, zu wissen, was nach Gottes Willen dran ist, zu tun und zu lassen?

Dabei habe ich folgende Gemeinsamkeiten entdeckt: All diese Christen waren keine makellosen Engel. Sie haben Fehler gemacht, aber sie haben sich von Gott ihre Fehler aufdecken lassen. Wenn wir uns selbst richteten, würden wir nicht gerichtet werden. Deshalb haben sie einen klaren Standpunkt bekommen hinsichtlich dessen, was ihnen ihr Herr aufgedeckt hat, was falsch ist.

Die meisten dieser Mitchristen waren in gewissem Sinn gebildet; sie waren alles andere als borniert. Deshalb konnten sie die Welt mit offenen Augen sehen und auch vergleichen – und das war schon damals, zur Zeit Napoleons, so. Paul Gerhard hat gegen seinen Kurfürsten rebelliert, weil dieser in die Kirche eingegriffen hat. Es geht die Fürsten nichts an. Ein bisschen Vergleich aus der Geschichte also.

All diese Mitchristen haben vom Köpfschöpfer eine gehörige Portion Geradlinigkeit erhalten. Man könnte auch sagen: eine gehörige Portion liebenswerter Sturheit, die sie auch deutlich gepflegt haben. Man muss wissen, was man nicht tun will und wozu man bereit ist. Dabei blieben sie nicht verwaschen in einer verkehrten Welt, sondern lebten wieder richtig.

Auffallend war mir auch, dass die genannten Mitglieder nicht die kleinsten Anfänge von Fehlentwicklungen verharmlost haben. Sie dachten nicht nach dem Motto: „Das wird sich schon noch geben. Man muss nicht so arg kritisch sein, das Gären gehört immer noch zu jedem richtigen Prozess.“ Vielmehr hatten sie Verständnis für das Wort von Martin Luther, der einmal sagte: „Hunde lernen an Lumpen Leder fressen. Zuerst geht es ans Harmlose, aber am Schluss sind die Zähne so scharf, dass auch Leder gefressen werden kann.“ Deshalb haben sie Fehlentwicklungen schon am Anfang kritisch gesehen und sind dagegen aufgestanden.

Wenn sie auf Nachgiebigkeit in der Christenheit stießen, auf großzügige Duldung, dann wussten sie, dass das oft daherkommt, weil die Kinder oder Enkel in diesem Spital krank sind. Man möchte doch nicht die eigenen abschreiben. Wenn man familiär belastet ist, möchte man nicht plötzlich so hart sein.

Und all diese Christen waren bereit, einen einsamen Weg zu gehen. Sie ahnen nicht, welchen Mut es bedeutet hat, welche Klarheit und welche Wachheit. Als am vergangenen Freitag unser Freund Volker Teich in der württembergischen Synode in der brisanten Frage, die unsere Kirche gerade umtreibt, sagte: „Die Heilige Schrift gibt uns Weisung, nicht der Zeitgeist.“ In der Synode wurde gesagt, es sei üblich, sogar Regierungsvertreter und Ministerleben sagten das so. Doch uns gibt die Heilige Schrift die Weisung, nicht der Zeitgeist.

All diese Christen wussten, dass sie keinen Erfolg haben würden. Sie wussten, dass sie verlacht und Außenseiter sein würden. Sie wussten, dass zur Nachfolge Jesu das dazugehört. Und sie waren umso dankbarer für die Gemeinschaft mit anderen Christen. Sie waren allergisch gegenüber allem Karrierestreben. Wer etwas werden will, kann kein Außenseiter sein.

Vor allem suchten sie allein den Adel, doch als Werkzeuge von Jesus in einer durcheinandergebrachten Zeit gebraucht zu werden. Das ist es, was wir unseren jungen Freunden der Bibelschule und uns Älteren wünschen: den Adel, dass Jesus uns als Pfeiler benutzen kann, an dem sich andere festhalten.

Gebet um Standhaftigkeit und Gemeinschaft

Aber darum dürfen wir bitten, Herr Jesus Christus: Wir schaffen es nicht allein. Wir sind anfällig für all die Geister, die unterwegs sind. Doch dein guter Heiliger Geist ist eine Macht, und wir danken dir für die Klarheit deines Wortes.

Lass uns in deinem Wort leben, geborgen darin sein und angekettet an die Wahrheit deines Wortes bleiben. Gib denen, die im Kampf stehen, die Kraft zum Durchhalten. Schenke ihnen Geschwister an die Seite, damit sie standhaft bleiben können.

Wir danken dir, dass deine Gemeinde zu allen Zeiten, auch wenn sie als Außenseiterin verschrien war, ein Hort der Wahrheit war. Lass deine Gemeinde dabei bleiben! Amen.