Gemeinsames Morgenlied und Gebet zur Einstimmung
Wir wollen gemeinsam das Morgenlied singen: "Die gültene Sonne" (Lied 346). Dabei singen wir die Verse 1, 8, 9 und den letzten, den zwölften Vers.
Anschließend wollen wir beten: Herr Jesus Christus, wenn wir uns heute Morgen versammeln, dann wollen wir dies in deiner Gegenwart tun. Wir möchten uns in den vollendeten Lobgesang einstimmen, den die vor deinem Thron stehenden Heiligen singen – jene, die bereits das Ziel erreicht haben.
Wir danken dir, dass unser Leben von dir diese große Bestimmung hat: dass wir einmal in der Ewigkeit dir dienen sollen. Lass es auch jetzt geschehen, dass wir die kleinen Dinge, die beschwerlichen und auch die notvollen Situationen richtig einordnen können. Lass uns sie im richtigen Licht und in der richtigen Perspektive vor deiner großen Ewigkeit sehen.
Lass das Kleine klein und das Große groß erscheinen. Wir danken dir, dass du heute zu jedem von uns sprichst und dass wir in der Stille all das vor dich bringen dürfen, was uns bekümmert und bewegt. Denn du hörst, was wir in der Stille bitten.
Bei dir, Herr, ist die Quelle des Lebens, und in deinem Licht sehen wir das Licht. Amen.
Einführung in den Predigttext: Elijas Abschied und Elisa als Nachfolger
Und nun lesen wir wieder den ersten Teil unseres Predigttextes aus Zweite Könige 2. In unseren ausgelegten Bibeln ist es im Alten Testament auf Seite 357, im Zweiten Königsbuch, Kapitel 2. Wir haben jetzt das Ende des Lebens von Elija, dem Propheten Gottes, vor uns. Danach wollen wir mit Elisa weitermachen, falls Sie noch ein Weilchen zuhören möchten, in den nächsten Gottesdiensten.
Als aber der Herr Elija im Wetter gen Himmel holen wollte, gingen Elija und Elisa von Gilgal weg. Elija sprach zu Elisa: „Bleibe du hier, denn der Herr hat mich nach Bethel gesandt.“ Elisa aber antwortete: „So wahr der Herr lebt und du lebst, ich verlasse dich nicht.“
Als sie hinab nach Bethel kamen, gingen die Prophetenjünger, die in Bethel waren, zu Elisa heraus und sprachen zu ihm: „Weißt du auch, dass der Herr heute deinen Herrn von dir wegnehmen wird?“ Er aber sprach: „Auch ich weiß es wohl, schweigt nur still.“
Elija sprach erneut zu ihm: „Elisa, bleib du hier, denn der Herr hat mich nach Jericho gesandt.“ Er aber sagte: „So wahr der Herr lebt und du lebst, ich verlasse dich nicht.“
Als sie nach Jericho kamen, traten die Prophetenjünger, die in Jericho waren, zu Elisa und sprachen zu ihm: „Weißt du auch, dass der Herr heute deinen Herrn von dir wegnehmen wird?“ Er aber antwortete: „Auch ich weiß es wohl, schweigt nur still.“
Elija sprach ein drittes Mal zu ihm: „Bleib du hier, denn der Herr hat mich an den Jordan gesandt.“ Er aber sagte: „So wahr der Herr lebt und du lebst, ich verlasse dich nicht.“ Und so gingen die beiden miteinander.
Fünfzig von den Prophetenjüngern gingen hin und standen von ferne, doch die beiden standen am Jordan. Dann nahm Elija seinen Mantel, wickelte ihn zusammen und schlug ins Wasser. Das Wasser teilte sich nach beiden Seiten, sodass die beiden auf trockenem Boden hinübergehen konnten.
Als sie hinübergekommen waren, sprach Elija zu Elisa: „Bitte, was soll ich dir tun, ehe ich von dir genommen werde?“ Elisa antwortete: „Dass mir zwei Anteile von deinem Geist zufallen.“ Er sprach: „Du hast Schweres erbeten. Doch wenn du mich sehen wirst, wie ich von dir genommen werde, so wird es geschehen, wenn nicht, wird es nicht sein.“
Wir lesen nachher weiter und singen jetzt das schöne Ewigkeitslied „Himmel an, nur Himmel an soll der Wandel gehen“, Nummer 515, die Verse 1 bis 3 und den fünften Vers.
Elijas Himmelfahrt und Elisas Auftrag
Und wir lesen weiter in Kapitel 2 des Zweiten Königsbuches ab Vers 11:
„Und als sie miteinander gingen und redeten, siehe, da kam ein feuriger Wagen mit feurigen Rossen, die schieden die beiden voneinander, und Elia fuhr im Wetter gen Himmel. Elisa aber sah es und schrie: ‚Mein Vater, mein Vater, du Wagen Israels und sein Gespann!‘ Und er sah ihn nicht mehr.
Da fasste er seine Kleider, zerriss sie in zwei Stücke und hob den Mantel auf, der Elia entfallen war. Dann kehrte er um und trat wieder an das Ufer des Jordans. Er nahm den Mantel, der Elia entfallen war, schlug damit ins Wasser und sprach: ‚Wo ist nun der Herr, der Gott Elias?‘
Und als er ins Wasser schlug, teilte es sich nach beiden Seiten, und Elisa ging hindurch. Als das die Prophetenjünger sahen, die gegenüber bei Jericho waren, sprachen sie: ‚Der Geist Elias ruht auf Elisa!‘ Sie gingen ihm entgegen und fielen vor ihm nieder zur Erde.
Sie sprachen zu ihm: ‚Siehe, es sind unter deinen Knechten fünfzig starke Männer. Lass sie gehen und deinen Herrn suchen. Vielleicht hat ihn der Geist des Herrn genommen und auf irgendeinen Berg oder in irgendein Tal geworfen.‘
Er aber sprach: ‚Lasst sie nicht gehen.‘ Doch sie nötigten ihn, bis er nachgab, und sprach: ‚Lasst sie hingehen.‘
Sie sandten hin fünfzig Männer, und diese suchten Elia drei Tage lang, aber sie fanden ihn nicht. Als sie zu Elisa zurückkamen, der noch in Jericho war, sprach er zu ihnen: ‚Sagte ich euch nicht, dass ihr nicht hingehen sollt?‘“
Der Blick auf das Sterben und die Ewigkeit
Liebe Schwestern und Brüder,
dass mir so etwas passieren konnte, hat mich doch ein wenig überrascht. Vor einigen Wochen, als ich den Notizenzettel zusammenstellte und an meinem Schreibtisch arbeitete, formulierte ich flink das Thema der Predigt. Heute, am Ende meines Lebens, schäme ich mich dafür. Wie kann man so einen törichten Satz am Ende sagen?
Elija steht am Anfang vor der großen Ewigkeit. Doch auch bei uns Gläubigen ist der Blick manchmal verdreht, wenn wir an den Gräbern stehen. Wenn es uns trifft, reden wir oft nur von dem, was jetzt aufhört und hinter uns liegt. Zu Ende ist der leidige Kampf, das Gezeter und Streiten mit dem gottlosen Ahab, seiner wilden Esebel und dem untreuen Volk. Der Kampf ist zu Ende mit der eigenen Lauheit und Trägheit.
Man kann Elija nur gratulieren, dass er vor ganz neuen, gewaltigen Aufgaben steht. In unserem Gesangbuch gibt es ein schönes Lied: „Wie wird uns sein, wenn endlich, nach dem schweren, doch letzten ausgekämpften Streit, wir aus der Fremde in die Heimat kehren und einziehen in das Tor der Ewigkeit?“ Wir können uns das kaum vorstellen. Ich finde es wunderbar, dass uns die Bibel wenigstens bei Elija einen kleinen Blick darauf erlaubt, was uns erwartet.
Ich habe meinen Vortrag wieder gegliedert und im ersten Teil die neun großen Aufgaben beschrieben. Nun muss ich noch einmal beim falschen Blick ansetzen, den wir oft haben, wenn wir das Sterben betrachten.
Ich muss immer wieder, wenn ich bei diesem Thema das Wort ergreife – auch bei Trauerfeiern – ganz klipp und klar sagen, dass der Tod viel ernster ist, als es die meisten Menschen sich vorstellen. Am Grab werden oft schöne Sprüche gemacht, wie alles jetzt so schön weitergeht und Friede einkehrt, weil jemand so gut war. Doch ich finde es ehrlicher, was immer wieder auf den Friedhöfen sichtbar wird: die abgebrochene Säule. Sie ist ein Symbol dafür, wie plötzlich alles aufhört.
Man kann sich das nicht krass genug vorstellen, so wie es der reiche Kornbauer erlebt hat, der mitten in seinen großen Geschäftsplanungen steckte und noch einmal investieren wollte. Doch da heißt es: „Du Narr, diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern.“ Das ist schon eine Frage an uns: Wie wird uns diese Stunde ereilen? Sind wir bereit?
Auch die jungen Menschen unter uns sollen bereit sein. Wir werden immer wieder aufgerüttelt: Leben wir eigentlich so unmittelbar auf die Ewigkeit zu, dass wir jeden Tag sagen können, ich habe mein Geschäft abgeschlossen? Dass wir unsere ganze Treue und unseren Fleiß in die Aufgaben legen, die heute von uns gefordert sind?
Es gibt also den Schock des Sterbens. Heute, wo der Tod so verdrängt wird, wird er umso furchtbarer empfunden. Wir haben oft überhaupt nicht daran gedacht. Selbst uralte und steinalte Menschen werden immer wieder überrascht. „Völlig unerwartet verstarb unser lieber Opa im Alter von sechsundneunzig Jahren.“
Eine Welt, die nicht weiß, dass hier nicht die Erfüllung unseres Lebens liegt. Doch bei Elija heißt es ganz anders: Nicht der Tod holt ihn, sondern der Herr wollte ihn gen Himmel holen.
Was hat Gott mit ihm vor? Wissen Sie, dass Gott große Aufgaben für uns hat, wenn er uns aus dieser Welt abberuft? Wir wissen, dass wir dazu bestimmt sind, Gott anzubeten und ihm zu dienen in der großen Schar der Vollendeten vor seinem Thron.
Wenn Gott die Zeit für uns bestimmt hat und meint, dass wir endlich reif dafür sind, wird er uns holen. Es gibt junge Menschen, die schon früh so weit sind, dass Gott sie rufen kann. Andere werden noch länger durch die Leiden dieser Welt geführt.
Wir wollen das nicht aus der Hand Gottes nehmen, was er für uns bestimmt hat. „Der Herr wollte ihn gen Himmel holen“ – eine wunderbare Aussage, ganz anders als die abgebrochene Säule, bei der das Leben so plötzlich aufhört.
Ich meine, wir sollen jeden Tag auf diese große Zukunft hinleben. Ich habe eine Zukunft vor mir, und meine Todesstunde bringt mich meinem Ziel nur näher.
Treue in der Nachfolge und menschliche Beziehungen
Dann ist es merkwürdig, dass Elisa so treu bei Elija ausharrt. Elija sagt immer wieder zu Elisa: „Lass mich, ich will jetzt allein sein.“ Doch Elisa antwortet: „Nein, nein, ich bleibe bei dir.“
Die Bibel zeigt in kleinen Nebensätzen immer wieder solche wichtigen Punkte, die menschliche Treue verdeutlichen. Diese ganz einfachen Dinge unseres Zusammenlebens sollten wir nicht gering achten. Oft drücken sie uns das aus, was wir an Verstorbenen versäumt haben: Warum haben wir sie nicht noch öfter besucht? Oder was wir an den Eltern versäumt haben, an Alten, die wir dann doch vergessen und abgeschoben haben.
Die Treue Elisas sagt: „Ich bleibe bei dir, bis Gott dich holt.“ Das ist etwas Schönes. Wir sollten es uns zur heiligen Pflicht machen, wo immer es möglich ist, bei den lieben Alten zu bleiben, solange wir sie haben. Denn Gott hat uns viel durch sie geschenkt. Nicht nur, dass wir ihnen unseren Wohlstand in den Wiederaufbaujahren verdanken, wie man heute oft sagt, sondern auch, weil sie Gläubige sind.
Ich sage das immer unseren Konfirmanten: Bei uns sieht man viel zu wenige alte Leute in der Kirche. Wir wollen sie ehren, die uns den Glauben überliefert haben und uns als junge Leute im Glauben erzogen haben. Sie gehören zu uns, bis der Herr sie heimholt.
„Ich will bei dir bleiben“, sagt Elisa. Machen Sie es auch so, wo Sie Menschen haben, die sie auf den Tod vorbereiten. Bleiben Sie dabei, auch in der letzten Stunde.
Elijas Demut und der stille Triumph
Aber warum wollte Elija Elisa in jener großen Abschiedsstunde nicht dabeihaben? Es war ja ein Triumph für Elija, diesen angefochtenen, geschmähten Mann, über den alle gelacht und ihn verspottet hatten. Er hätte das viel größer vor der Welt herausstellen können.
Auch in unseren Tagen schüttelt man oft den Kopf über Gläubige, die im Wort der Bibel festbleiben, und verspottet sie. Wer würde da nicht groß tun? Gott aber demonstriert vor der ungläubigen Welt, welche Ehre er denen schenkt, die ihm dienen. Selbst der Vertraute Elisa sieht etwas von diesem wunderbaren Triumph.
Es ist wie ein zartes Geheimnis, das Elija in seinem Innersten hütet. Er weiß, was kommt: Der Herr will ihn im Wetter gen Himmel holen.
In unseren Tagen besteht die große Gefahr, mit unseren geistlichen Erlebnissen zu prahlen und vor den Menschen zu protzen. Selbst wenn Gott uns Dinge anvertraut oder Gaben schenkt, sollten wir die feine biblische Linie bewahren und nicht vor Menschen groß erscheinen wollen.
Elija will der verachtete und demütige Mann sein. Er war ein Mensch wie wir und litt bis zu seiner Todesstunde an seiner eigenen schweren Art. Wie oft war er dem Herrn untreu, damals, als die Schwermut ihn übermannte und er sein Prophetenamt in der Wüste aufgeben wollte. Darunter hat er gelitten.
Es steht Christen gut an, bis zur Todesstunde von ihren Versäumnissen und ihrer Schuld zu sprechen. So war auch die Art Jesu, der sich entäußerte und Knechtsgestalt annahm.
Wir dürfen wissen, dass über unserem Leben ein wunderbares Geheimnis steht. Im Augenblick des Todes wird uns unser Herr krönen und als Heilige und Gerechte empfangen. Wir sind noch voller Mängel und Schäden, doch dieses Geheimnis tragen wir in dieser Welt nur verdeckt.
Wir wollen gar nichts nach außen hin größer machen. Die anderen sollen wissen, dass wir ganz normale Leute sind. Aber wir tragen dieses Geheimnis, das die anderen nicht sehen und auch nicht sehen sollen.
Es ist ein stilles Geheimnis derer, die mit Jesus gehen.
Die Weitergabe des geistlichen Erbes
Das war mein erster Punkt: zu großen Aufgaben gerufen. Mein zweiter Punkt: Die Staffette geht weiter.
Elija kommt nach Gilgal, dann nach Bethel, und dort waren Prophetenjünger. Was war das genau? Offenbar handelte es sich um Kommunitäten, ähnlich wie Adelshofen oder vergleichbare Einrichtungen. Man könnte sie auch als Bibelschulen bezeichnen, in denen junge Leute zusammenlebten, um dem Herrn zu dienen.
Wie kam es überhaupt dazu? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht? Diese Prophetenschulen begegnen uns zum ersten Mal bei Samuel, in einer Zeit, als das Heiligtum verwüstet war. Die Söhne Elis, nämlich Hofni und Pineas, trieben am Tempel schreckliche Sitten. Es setzte eine Verwilderung in der Kirche Gottes ein. Die Priester schliefen mit den Frauen und stachen sich aus dem Opferfleisch heraus, was ihnen schmeckte, und sagten: „Es gefällt mir.“ Sie suchten nur ihre eigene Befriedigung.
Die Lampe Gottes war noch nicht verloschen, heißt es. Dieses Bild zeigt, dass Gott seine Hand trotz der Missstände nicht von diesem verderbten Heiligtum abgezogen hatte. Es gab ja noch Beter, aber Gott arbeitet immer wieder mit Parallelinstitutionen. Ist Ihnen das im Reich Gottes schon einmal aufgefallen? Offenbar hat Samuel die Prophetenschulen gegründet, wo sich junge gläubige Männer versammelten, um Gott zu dienen.
Sie wurden in den großen Geschichtstagen Gottes ausgebildet und hatten einen besonderen Blick. Man nannte das den „Seher“, weil sie den Menschen direkt sagen konnten, was nötig war. Sie waren die Ratgeber und Seelsorger des Volkes. Aus diesen Menschen hat Gott seine Propheten berufen.
Es ist immer wieder das Geheimnis des Reiches Gottes, dass Gott im richtigen Moment, auch wenn die Gemeinde oder die verfasste Kirche versagt, eine neue Bewegung ins Leben ruft – sei es einen CVJM, das Blaue Kreuz, eine Mission oder eine andere Arbeit. Es geht nur darum, dass Gott gedient wird und sein Wort verkündigt wird.
Selbst als aus diesen Prophetenjüngern keine Propheten mehr wurden, die das Wort des Herrn unbestechlich verkündigten, hat Gott gehandelt. Er hat sich aus den Viehhirten einen Amos berufen, der sagte: „Ich bin gar keiner von den Prophetenjüngern, wie sonst üblich, sondern der Herr hat mich von den Viehhirten hergeholt. Ich muss reden, wenn Gott redet, dann muss man sein Wort sprechen.“
Elija geht noch einmal zu diesen Prophetenschulen und sagt ihnen beim Abschied einiges Wichtiges. Es ist schön, dass wir hier einen Einblick bekommen, wie Gott seine Gemeinde baut und sein Volk führt.
Dann stehen sie am Jordan. Man wollte die Geschichte einfach noch einmal erzählen, langsam, wie sie hinuntersteigen. Elisa schaut Elija an und sagt: „Ich hatte gedacht, es gehe so triumphal zu Ende, aber es ist doch ein schwerer Weg.“ Auch für gläubige Menschen ist das Abschiednehmen schwer – auch für Elija.
Wir wollen hier nicht mit Halleluja-Sprüchen übertreiben. Bis der letzte Atemzug aus unserem Körper geht, ist das Ablegen des Alten schwer. Und Elija sagt: „Da komme ich nicht hinüber.“ Warum erspart ihm das Gott nicht? Denn den Jordan erspart er niemandem.
Wir feiern in diesem Monat hundert Jahre Heilsarmee. Ich habe Ihnen immer wieder geraten, das Buch von William Booth, dem Gründer der Heilsarmee, zu lesen. Darin wird auch die Geschichte erzählt, wie er seine Frau in jener Nacht begleitete, die an Brustkrebs litt. Ich habe Ihnen oft erzählt, wie schwer dieses Leiden war. In jener letzten Nacht sagte er, es sei, als zögen sie durch den Jordan.
Bibelleser verstehen, wie es ist, wenn man das Schwere des Sterbens durchleben muss und dann plötzlich erlebt, dass Gott eine Furt schenkt, durch die man trockenen Fußes hindurchgehen kann. Man denkt vorher, es geht gar nicht, es ist so schwer.
Auch das steht hier: Wie sich plötzlich die Fluten teilen und der wunderbare Gott seinen Leuten den Weg bahnt. Und als sie drüben stehen, sagt Elija zu dem jungen Elisa: „Bitte, was soll ich dir geben?“ Elisa überlegt, was sie an dieser Stelle gebeten hätten.
Mit dem Beten der Christen ist das so eine Sache. Manche sind so schüchtern beim Beten und sagen: „Ach, ich kann doch gar nichts bitten, ich bin doch bloß so ein kleines Würmchen.“ Das stimmt ja auch. Natürlich sind sie das. Sie sind nur Staub und Asche, ganz bestimmt kein bisschen mehr.
Trotzdem ist es eine große Sache, dass wir im Namen Jesu beten dürfen. Was heißt das, im Namen Jesu beten? Haben Sie sich das schon einmal überlegt? Dass ich eben nicht bloß vor Gott hintrete und sage: „Ich bin ein alter Versager, ein Mann, der unterm Zorn Gottes steht“, sondern dass ich sagen darf: „Ich komme zu dir als einer, der in Jesus angenommen ist, der gerecht gemacht ist, der heilig ist. Darum will ich Großes von dir erbitten.“
Mir gefällt der Elisa, der schon im Alten Bund verstanden hat, was evangelisches Beten ist: im Namen Jesu beten. Nicht winseln, sondern sagen: „Ja, ich will einer sein, der für dich brauchbar wird, weil dein Erlösungshandeln in meinem Leben Realität ist.“ Und darum habe ich eine große Bitte.
In Israel wurde das Erbe in drei Teile geteilt. Wenn Elisa ein zweifältiges Erbteil erbittet, meint er zwei Drittel von dem, was Elija hatte. Er bleibt demütig und will nicht so viel wie Elija selbst.
Elija weist ihn darauf hin, dass er nicht darüber verfügen kann. Seien Sie sehr vorsichtig, wenn Menschen so tun, als ob sie über den Geist Gottes verfügen könnten. Das gibt es nicht. Nur Gott selbst teilt aus.
Aber es gibt eine Bitte an Gott: „Gib mir!“ Und Sie dürfen viel und Großes erbitten im Namen Jesu. „So ihr den Vater etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird er es euch geben.“ Im Namen Jesu, sagt er. „Bittet, so werdet ihr nehmen, damit eure Freude vollkommen sei“ (Johannes 16).
Sie dürfen Großes von ihrem Leben erwarten. Ich halte nichts von jenen Scheuen, die immer sagen: „Ach, ich kann so wenig und will so wenig.“ Das ist glaubenslos.
Die Fortsetzung der prophetischen Aufgabe
Die Stafette geht weiter zu Elisa, zu den Prophetenjüngern. Darum mein letzter Punkt: Tritt in die Fußstapfen. Ich muss doch noch ein Wort dazu sagen, was da geschah. Es bleibt in der Bibel immer so beschrieben, dass wir es nur in einem dunklen Spiegel sehen, gleichsam durch eine Mattscheibe hindurch.
Was ist ein feuriger Wagen? Ihrer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Was ist, wenn Gott jemanden im Wetter gen Himmel holt? Wir ahnen, dass hier die Grenzen dieser Welt durchbrochen sind. Das wird uns immer wieder auch dort erzählt, wo Jesus am Ostermorgen heraustritt. Die Wächter am Grabe weichen zurück und erschrecken vor dem Lichtglanz Jesu. Seine Gestalt ist ganz anders, nicht mehr Raum und Zeit unterworfen.
Wir können ruhig so sagen, dass uns die ewige, unsichtbare Welt Gottes hier umgibt, ohne dass wir sie sehen können. Das wird der entscheidende Punkt sein in unserer Todesstunde: dass wir vom Glauben zum Schauen kommen und dann plötzlich die Augen uns aufgehen. Wir dürfen ihn zum ersten Mal sehen.
Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, dass wir ihm gleich sein werden und wir ihn sehen werden, wie er ist. Der schwache, angefochtene, schwermütige Elija wird im Triumph gen Himmel geholt.
Schärfen Sie sich das jeden Tag ein: Jesus hat gesagt, die an ihn glauben, das heißt, die ihm gehorsam sind und ihm vertrauen, die werden den Tod nicht schmecken. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt. Und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. In meiner Todesstunde darf ich zum Sehen eingehen.
Es gibt so viele Aussagen, die unmittelbare Jesusworte sind, und alle anderen Stellen der Schrift, die mir das immer wieder groß machen: Für die, die Jesus gehören, ist der Eingang zum Leben offen.
Auf der einen Seite ist das Sterben so furchtbar, dass Gott einen wegstößt, da, wo man ihn weggestoßen hat. Dass man keine Hoffnung hat. Dass die Jungfrauen an die Tür klopfen und der Herr sagt: Ich kenne euch nicht. Zwei werden liegen auf einem Bett, der eine wird angenommen, der andere wird verworfen.
Es ist ein großer Ernst am Sterben dabei. Machen Sie Ihre Todesstunde klar, dass Ihre Todesstunde zum Eingang zum Leben wird.
Ich habe lange gefragt, wie das ist, wenn man so mitten am Sommertag und hier am Toten Sonntag einmal über ewiges Leben redet. Ich meine, dass das heute nötig ist, dass das für uns und für andere, denen wir die Botschaft bringen, klar gemacht wird: Zum Leben geht es, und ich will dabei sein.
Die Herausforderung für die Zurückbleibenden und die Bedeutung des Mantels
Und dann bleibt Elisa zurück. Für die Zurückbleibenden ist es immer viel schwerer als für die, die heimgehen – für die es nur schön ist. Elisa steht da, verweist auf die Propheten, und auch die Jünger sind recht ratlos. Er weiß nicht, wie es weitergeht. Er kommt wieder hinunter an den Jordan. Jetzt ist der Weg umgekehrt so schwer, so wie es für die Angehörigen ist, wenn sie vom Friedhof wieder heimkommen: die leere Wohnung. Und das bleibt jahrelang der Schmerz. Ja, solange wir leben, wenn es Liebe war, heilt das ja nie mehr.
Ich möchte Ihnen hier etwas ganz Wichtiges sagen. Wie Elisa diesen Mantel aufnimmt, der Elija entfallen war, ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass wir in die Fußstapfen der Väter treten. Wenn Sie einmal in meinem Zimmer waren, erinnern Sie sich, dass eine ganze Wand voll ist mit lauter Köpfen. Manche Besucher haben schon gefragt: „Sieht ja nicht besonders schön aus, so viele Köpfe auf einem Haufen.“ Also nur Bilder, nicht echte. Wie sie da hängen – die Väter des Glaubens, die Wolke der Zeugen, die da hängt – und dann sage ich: Das soll mir täglich wichtig sein, dass ich in die Spuren der Väter trete.
In unserer geschichtslosen Zeit heute hört man oft bei allen möglichen Christen, dass sie sagen: Am Ende dieses Jahrtausends macht Gott noch mal was ganz Neues. Na ja, wissen Sie eigentlich, was Gott macht? Ein liberaler Theologe hat gesagt, dass wir am Ende des zweiten Jahrtausends die Eierschalen abstreifen, damit das Richtige erst im dritten Jahrtausend kommt. Und dann gibt es auch schwärmerische Christen, die so reden: „Jetzt kommt das ganz Neue!“ Ich bin froh, wenn sie in den Spuren der Väter bleiben.
Und ich möchte beten: Herr, tu du’s nochmals! Was du einst warst, hat William Booth gebetet, wenn er die Apostelgeschichte las: „Herr, tu es noch einmal!“ Machst du bei uns noch mal, wie du es vor hundert Jahren in der Königstraße gemacht hast, als der heilsame Ehemann verhaftet wurde, der Mut gehabt hat, dein Wort zu predigen in unserer gottlosen Stadt! Herr, mach es noch einmal, wie du Luther die Unerschrockenheit geschenkt hast, wie du einem Ludwig Hofacker mit schwacher Stimme es geschenkt hast, dass ein wortgewandter Wissender die Menschen erreicht hat, tu es noch einmal!
Ich kehre nicht nach neuen Offenbarungen und Visionen. Ich will nur die Spuren der Väter haben, dass Gottes Wort wieder redet, dass neue Menschen entstehen unter der wunderbaren Tat Gottes.
Der Mantel als Zeichen der Weitergabe und der Auftrag an die Gemeinde
Am Schluss möchte ich noch einmal zeigen, wie der Mantel herabfällt. Elisa hebt diesen Mantel auf und nimmt das Erbe der Väter an.
Er ist ein schwacher Mann, ein zaudernder Mann, ein ängstlicher Mann. Doch dann schlägt er in den Jordan, und Gott bekennt sich zu ihm. Nicht, weil er etwas Besonderes wäre, sondern weil Gottes Geschichte weitergeht.
Wenn Sie wissen wollen, was das Geheimnis unserer Welt ist: Es ist nicht, dass Gott uns berufen hat, damit es uns endlich gelingt, die Welt zu verbessern – wie manche glauben – oder vielleicht sogar die Missstände dieser Welt abzuschaffen. Die Welt geht auf das Jüngste Gericht zu.
Unsere Aufgabe ist es, in dieser Welt die Gemeinde Jesu zu sammeln und treue Zeugen des Wortes Gottes zu sein. Wir sollen das Wort zur rechten Zeit und zur Unzeit verkünden.
Da fällt der Mantel Elias herab. Und ich frage: Wer hebt ihn auf? Wer hebt ihn auf?
Schlusslied und Gebet um Treue und Kraft
Wir singen vom Lied 515, die Verse acht und zehn.
Herr Präsident, liebe Herren, wir haben auch die Bitte, dass wir siegen und an jenem Tage dabei sind vor deinem Thron in der großen Schar aus allen Völkern und Sprachen, die dich anbeten. Da musst du uns helfen, damit wir jetzt nicht an den kleinen Versuchungen hängenbleiben, die uns immer wieder zu schaffen machen.
Wir bitten dich um Schutz vor dem Betrug der Augen, der uns von dir wegreißen will, und vor all der Trägheit unseres Wesens, wo wir dir nicht gehorsam sind. Oft bleiben wir auf dem Weg stehen und verirren uns in Nebenwegen.
Vielen Dank, dass du vielen die Staffel weiterreichen willst. Auch heute bleibt die Frage, wer von uns die Staffel als dein Bote aufnimmt.
Wir wollen Erfahrungen machen mit deiner Wunderkraft und deinen Siegen. Deshalb bitten wir dich für die Aufgaben, die du uns anvertraut hast. Es tut uns leid, wenn wir sie nicht treu erfüllen. Sie sind eine Vorbereitung auf die neuen Aufgaben in der Ewigkeit.
Jeder Platz, auch der alltäglichste, ist der Platz, an den du uns gestellt hast. Wir wollen ausharren, auch dort, wo du uns Schweres auferlegst.
Wir bitten dich jetzt für die Kranken, für die Angefochtenen und für die Schwermütigen. Du kannst es bewirken, dass unser Wort und unser Zeugnis sie erreichen.
Sei auch mit denen, die du in der nächsten Zeit abrufen wirst. Du kannst schenken, dass sie sich vorbereiten lassen und nicht unverhofft abgerufen werden.
Hilf uns, dass wir jeden Tag bereit sind, deiner großen Ewigkeit entgegenzugehen.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Singe noch den letzten Vers vom Lied „Beide Jesu will ich bleiben“, 279, den sechsten Vers.
