Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 201: Vom Schwören, Teil I.
Einführung in die Bergpredigt und das Selbstverständnis der Nachfolger Jesu
Wir sind immer noch in der Bergpredigt. Der Herr Jesus spricht zu seinen Jüngern, und die Volksmengen hören zu. Es geht – wenn ich es etwas allgemeiner ausdrücken darf – um das Selbstverständnis all derer, die sich seinem Königreich anschließen wollen.
Matthäus baut sein Evangelium, wie ich denke, ganz bewusst so auf, dass zuerst die Bergpredigt kommt und dann zu Beginn von Kapitel 8 das Thema Glaube behandelt wird. Wir werden durch Glauben gerettet, aber Rettung bedeutet immer eine Rettung hinein in eine Beziehung. Bevor es zum Glauben kommt, muss ich wissen, was es heißt, als Gläubiger zu leben. Genau darum dreht sich die Bergpredigt.
In Kapitel 5 beschreibt der Herr Jesus die Haltung seiner Nachfolger zum Gesetz. „Gerettet sein“ heißt nämlich nicht, dass Gott von mir keine Gerechtigkeit mehr verlangt. Ganz im Gegenteil: Der Herr Jesus formuliert, wie wir schon gesehen haben, sehr provokativ, dass, wenn eure Gerechtigkeit nicht die der Schriftgelehrten und Pharisäer weit übertrifft, ihr keinesfalls in das Reich der Himmel hineinkommen werdet.
Ein Ja zum Glauben ist immer ein Nein zur Sünde. Und weil wir aus Gnade leben, Sünde täglich bekennen dürfen und Gott treu und gerecht ist, uns die Sünden zu vergeben, dürfen wir Gebote auf eine Weise ernst nehmen, die für Pharisäer und Schriftgelehrte undenkbar gewesen wäre. Versteht ihr: Der Selbstgerechte muss alles daran setzen, Gebote so auszulegen, dass sie machbar werden.
Fängt Mord aber wirklich mit Zorn an? Oder Ehebruch mit einem heimlichen Begehren? Wer ist dann kein Mörder und keine Ehebrecherin? Genau hier, bei unseren Motiven, bei dem, was wir heimlich tun oder nur in Gedanken oder vielleicht sogar mit Billigung der Gesellschaft, da fängt für uns als Jünger Jesu der Spaß an, wenn wir über Heiligung nachdenken. Da dürfen wir tiefer gehen, da dürfen wir Gottes verändernde Kraft erleben.
Warum? Weil wir von Gott beurteilt werden, über den Paulus schreibt: „So verurteilt nichts vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen und die Absichten der Herzen offenbaren wird. Und dann wird jedem sein Lob von Gott zuteil“ (1. Korinther 4,5). Wir folgen einem Gott, der die Absichten unserer Herzen kennt.
Kommen wir zurück zur Bergpredigt. Wer bei der letzten Episode überrascht war, dass ich einen Bezug zu einem aktuellen Anlass, in diesem Fall den doppelten Ehebruch von Herodes und Herodias, hergestellt habe: Auch das nächste Thema, das wir miteinander betrachten wollen, hat für mich einen deutlich situativen Bezug.
Matthäus Kapitel 5, Vers 33 lautet: „Wiederum habt ihr gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht falsch schwören, du sollst aber dem Herrn deine Eide erfüllen.“ Auf den ersten Blick steht genau das auch so in der Bibel.
Hier stehen zwei Stellen, die Jesus und die Rabbis womöglich im Blick hatten: Dritte Mose 19,12: „Und ihr sollt bei meinem Namen nicht falsch schwören, dass ihr den Namen eures Gottes entweiht; ich bin der Herr.“ Und Fünfte Mose 23,22: „Wenn du für den Herrn deinen Gott ein Gelübde ablegst, sollst du nicht zögern, es zu erfüllen, denn der Herr dein Gott wird es unbedingt von dir fordern, und Sünde würde an dir sein.“
Wir merken, dass das, was der Herr Jesus hier zitiert – „Du sollst nicht falsch schwören, du sollst aber dem Herrn deine Eide erfüllen“ – so im Alten Testament steht. Die Frage, die sich jetzt ergibt, ist: Wenn das, was in den Synagogen gelehrt wurde, eigentlich recht biblisch ist, warum formuliert der Herr Jesus dann in Matthäus 5,34: „Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht“?
Und wie schon beim Thema Heirat einer Geschiedenen gibt es jetzt zwei Herangehensweisen an die Auslegung dieses Jesusgebots. Ich kann sagen: Hier steht, dass man nicht schwören darf. Deshalb darf man nicht schwören. Punkt. Lesen, anwenden, fertig. Was der Herr Jesus verbietet, das mache ich nicht. Und ganz ehrlich, ich finde diese Haltung super. Was der Herr Jesus sagt, das gilt. Da bin ich voll dabei.
Ich habe nur diese Macke, dass ich mir manchmal die Frage stelle, was genau gemeint ist. Sprache ist nämlich nicht Mathematik. Manchmal formulieren wir situativ, und wer uns hört, muss die Situation kennen, um genau zu verstehen, was wir meinen.
Wenn ich zu meiner Frau sage: „Ich möchte nicht, dass du mit dem Fahrrad fährst“, dann ist das wahrscheinlich kein umfassendes Verbot. Selbst in Saudi-Arabien ist Frauen unter Auflagen das Fahrradfahren seit 2013 erlaubt. Und deshalb, selbst wenn ihr uns als Ehepaar nicht persönlich kennt, ahnt ihr mindestens, dass so ein Satz wie „Ich möchte nicht, dass du mit dem Fahrrad fährst“ nicht absolut zu verstehen ist. Vielleicht sind die Straßen vereist, oder das Fahrrad hat eine kaputte Bremse, oder meine Frau ist schwindelig. Es wird einen Grund geben, wenn ich sage: „Ich möchte nicht, dass du mit dem Fahrrad fährst.“
Also, manchmal formulieren wir situativ. Und der Herr Jesus macht das auch – zumindest denke ich, dass er das hier tut. Ich denke das, weil für mich drei Probleme entstehen, wenn man das Verbot „Schwört überhaupt nicht“ wörtlich und absolut versteht.
Erstes Problem: Im Alten Testament wird der Schwur geboten. Zweites Mose 22,9-10: „Wenn jemand seinem Nächsten einen Esel oder ein Rind oder ein Schaf oder irgendein Tier in Verwahrung gibt und es stirbt oder sich einen Knochen bricht oder wird weggeführt und niemand sieht es, dann soll ein Schwur beim Herrn zwischen ihnen beiden sein, ob er nicht seine Hand nach der Habe seines Nächsten ausgestreckt hat. Dann soll sein Besitzer es annehmen, und jener braucht nichts zu erstatten.“ Das ist ein Beispiel dafür, dass im Alten Testament ein Schwur geboten wird.
Frage: Verbietet der Herr Jesus in Matthäus 5,34 etwas, das im mosaischen Gesetz geboten ist? Antwort: Wahrscheinlich nicht. Wie problematisch dieser Gedanke ist, dass der Herr Jesus vom mosaischen Gesetz etwas wegnimmt oder hinzufügt, das haben wir schon in der letzten Episode kurz betrachtet.
Zweites Problem: Paulus schwört. 2. Korinther 1,23: „Ich aber rufe Gott zum Zeugen an gegen meine Seele, dass ich, um euch zu schonen, noch nicht nach Korinth gekommen bin.“ Das ist ein klassischer Schwur, und dazu noch einer, so wie er geboten ist, nämlich ein Schwur bei Gott.
Das Schwören ist geboten, der Apostel Paulus schwört.
Drittes Problem: Gott schwört selbst. Hebräer 6,13-14: „Denn als Gott dem Abraham die Verheißung gab, schwor er bei sich selbst, weil er bei keinem Größeren schwören konnte, und sprach: ‚Wahrlich, reichlich werde ich dich segnen und sehr werde ich dich mehren.‘“
Frage: Wie kann es sein, dass der Herr Jesus seinen Jüngern vollständig verbietet, was Gott tut, um dann wenig später in Matthäus 5,48 zu fordern, dass sie vollkommen sind, wie ihr himmlischer Vater vollkommen ist? Das macht nicht so viel Sinn, oder?
Das sind drei Probleme, die mich denken lassen, dass der Herr Jesus hier situativ formuliert. Situativ im Sinne von: So, wie ihr das gerade macht, ist es besser, ihr hört mit dem Schwören ganz auf.
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir überlegen, was du aktuell über das Thema Schwur, Schwören, Eide ablegen und so weiter denkst.
Das war’s für heute. Wenn du ihn noch nicht kennst, schau doch mal bei meinem YouTube-Kanal vorbei.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
Kontextualisierung des Themas Schwören in der Bergpredigt
Aber kommen wir zurück zur Bergpredigt. Wer bei der letzten Episode überrascht war, dass ich einen Bezug zu einem aktuellen Anlass hergestellt habe – in diesem Fall den doppelten Ehebruch von Herodes und Herodias –, wird auch beim nächsten Thema einen deutlichen situativen Bezug erkennen.
Dieses Thema wollen wir miteinander betrachten: Matthäus 5,33. Dort heißt es: „Wiederum habt ihr gehört, dass zu den Alten gesagt ist, du sollst nicht falsch schwören, du sollst aber dem Herrn deine Eide erfüllen.“
Auf den ersten Blick steht genau das auch so in der Bibel. Hier sind zwei Stellen, die Jesus und die Rabbis womöglich im Blick hatten:
Dritte Mose 19,12: „Und ihr sollt bei meinem Namen nicht falsch schwören, dass du den Namen deines Gottes entweihst. Ich bin der Herr.“
Und fünftes Mose 23,22: „Wenn du für den Herrn deinen Gott ein Gelübde ablegst, sollst du nicht zögern, es zu erfüllen, denn der Herr, dein Gott, wird es unbedingt von dir fordern, und Sünde würde an dir sein.“
Wir merken also, dass das, was der Herr Jesus hier zitiert – „Du sollst nicht falsch schwören, du sollst aber dem Herrn deine Eide erfüllen“ –, genau so im Alten Testament steht.
Die Herausforderung der Auslegung des Schwurgebots Jesu
Die Frage, die sich nun stellt, ist folgende: Wenn das, was in den Synagogen gelehrt wurde, eigentlich biblisch korrekt ist, warum sagt der Herr Jesus dann in Matthäus 5,34: „Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht“?
Ähnlich wie beim Thema Heirat einer Geschiedenen gibt es auch hier zwei Herangehensweisen an die Auslegung dieses Jesusgebots.
Die erste Möglichkeit ist, das so zu verstehen, dass man tatsächlich nicht schwören darf. Punkt. Lesen, anwenden, fertig. Was der Herr Jesus verbietet, das tue ich nicht. Ehrlich gesagt finde ich diese Haltung sehr überzeugend. Was der Herr Jesus sagt, das gilt. Da bin ich voll dabei.
Allerdings habe ich die Angewohnheit, mir manchmal die Frage zu stellen, was genau gemeint ist. Sprache ist nämlich keine Mathematik. Oft formulieren wir situativ, und wer uns hört, muss die Situation kennen, um genau zu verstehen, was wir meinen.
Wenn ich zum Beispiel zu meiner Frau sage: „Ich möchte nicht, dass du mit dem Fahrrad fährst“, dann ist das wahrscheinlich kein absolutes Verbot. Selbst in Saudi-Arabien ist Frauen unter bestimmten Auflagen das Fahrradfahren seit 2013 erlaubt.
Deshalb ist es auch dann so, wenn ihr uns als Ehepaar nicht persönlich kennt, ihr zumindest ahnt, dass ein Satz wie „Ich möchte nicht, dass du mit dem Fahrrad fährst“ nicht absolut zu verstehen ist. Vielleicht sind die Straßen vereist, oder das Fahrrad hat eine kaputte Bremse, oder meine Frau ist schwindelig. Es wird also einen Grund geben, wenn ich sage: „Ich möchte nicht, dass du mit dem Fahrrad fährst.“
Manchmal formulieren wir also situativ. Und der Herr Jesus macht das meiner Meinung nach auch, zumindest denke ich das hier.
Ich komme zu diesem Schluss, weil für mich drei Probleme entstehen, wenn man das Verbot „Schwört überhaupt nicht“ wörtlich und absolut versteht.
Drei Probleme bei einer absoluten Auslegung des Schwurverbots
Erstes Problem
Im Alten Testament wird der Schwur geboten. In 2. Mose 22,9-10 heißt es: Wenn jemand seinem Nächsten einen Esel, ein Rind, ein Schaf oder irgendein anderes Tier in Verwahrung gibt und es stirbt, sich einen Knochen bricht oder weggeführt wird, ohne dass es jemand sieht, dann soll ein Schwur beim Herrn zwischen beiden sein, ob der Verwahrer nicht seine Hand nach dem Besitz seines Nächsten ausgestreckt hat. In diesem Fall soll der Besitzer das Tier annehmen, und der Verwahrer muss nichts erstatten.
Dies ist ein Beispiel dafür, dass im Alten Testament das Schwören geboten wird.
Frage: Verbietet der Herr Jesus in Matthäus 5,34 etwas, das im mosaischen Gesetz geboten ist?
Antwort: Wahrscheinlich nicht. Wie problematisch dieser Gedanke ist, dass der Herr Jesus vom mosaischen Gesetz etwas wegnimmt oder hinzufügt, haben wir bereits in der letzten Episode kurz betrachtet.
Zweites Problem
Paulus schwört. In 2. Korinther 1,23 sagt er: „Ich aber rufe Gott zum Zeugen an gegen meine Seele, dass ich, um euch zu schonen, noch nicht nach Korinth gekommen bin.“ Das ist ein klassischer Schwur – und dazu noch einer, wie er geboten ist, nämlich ein Schwur bei Gott.
Das Schwören ist also geboten, und der Apostel Paulus schwört.
Drittes Problem
Gott selbst schwört. In Hebräer 6,13-14 heißt es: „Denn als Gott dem Abraham die Verheißung gab, schwor er bei sich selbst, weil er bei keinem Größeren schwören konnte, und sprach: ‚Wahrlich, reichlich werde ich dich segnen und sehr werde ich dich mehren.‘“
Frage: Wie kann es sein, dass der Herr Jesus seinen Jüngern vollständig verbietet, was Gott selbst tut, um dann wenig später in Matthäus 5,48 zu fordern, dass sie vollkommen sind, wie ihr himmlischer Vater vollkommen ist?
Das ergibt nicht viel Sinn, oder?
Diese drei Probleme lassen mich vermuten, dass der Herr Jesus hier „situativ“ formuliert. Situativ im Sinne von: So, wie ihr das gerade macht, ist es besser, ihr hört mit dem Schwören ganz auf.
Einladung zur persönlichen Reflexion und Abschluss
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir überlegen, was du aktuell über das Thema Schwur, Schwören und Eide ablegen denkst.
Das war's für heute. Wenn du meinen Kanal noch nicht kennst, schau doch mal bei meinem YouTube-Kanal vorbei.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
