Liebe Geschwister,
es war im Dezember letzten Jahres. Meine Frau und ich waren bei der Evangelistenkonferenz. Ich freute mich auf das Wiedersehen und die Gemeinschaft mit den Brüdern. Man kennt sich, man ist mit fast allen per Du, und etliche sind wirklich auch eine Bereicherung – noch Männer der alten Schule.
Dann nimmt mich ein Bruder an der Hand, am Arm, und sagt: „Schau dir mal dieses Ideenheft zum Jahr der Stille an, das liegt von der Allianz bei uns in der Gemeinde auf. Da gibt es Spannungen.“ Ich hatte keine Ahnung.
Ich beginne darin zu blättern und stoße gleich zu Beginn auf die Überschrift „Anleitung zum Stillewerden“. Da dachte ich mir: Nun ja, bei einer Stilleübung fängst du mal an zu lesen, da kannst du merken, wo die Glocken hängen. Ich las mit wachsender Verwunderung:
„Suchen Sie einen stillen Ort in Ihrer Wohnung oder in einer Kirche, zünden Sie eine Kerze an, bevor Sie sich auf Ihrem Platz niederlassen, beginnen Sie, in den Knien zu wippen. Zunächst langsam, dann immer heftiger, bis der ganze Körper in eine Schüttelbewegung kommt. Streifen Sie mit den Händen den Körper ab und hauchen Sie alle verbrauchte Luft aus, führen Sie die Handflächen vor der Brust zusammen und verneigen Sie sich vor dem Geheimnis der Gegenwart Gottes.“
Begegnung mit modernen Stillepraktiken
Nehmen Sie Platz auf einem Stuhl mit einer geraden, nicht zu weichen Sitzfläche. Stellen Sie beide Füße fest auf den Boden und spüren Sie den Kontakt Ihrer Sitzfläche zum Stuhl.
Verlagern Sie nun Ihr Gewicht leicht auf die eine Seite, dann auf die andere, nach vorne, zur Seite, nach hinten und zur anderen Seite. So kommen Sie in eine kreisende Bewegung.
Kommen Sie anschließend wieder zur Ruhe. Der Oberkörper richtet sich frei aus dem Becken heraus auf, ohne Kontakt zur Stuhllehne. Die Hände liegen im Schoß oder auf den Oberschenkeln. Die Augen sind leicht geöffnet oder geschlossen.
Nehmen Sie Ihren Atem wahr, wie er kommt und geht, ohne ihn zu verändern. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das Ausatmen. Legen Sie in das Ausatmen alle innere Unruhe und lassen Sie sie mit dem Atem abfließen.
Nehmen Sie die Geräusche um sich herum wahr – die lauten und die leisen, die nahen und die fernen. Spüren Sie die Stille um sich herum. Lassen Sie nun die Stille mit jedem Atemzug in sich einströmen.
Genießen Sie den Augenblick. Genießen Sie es einfach, nur da zu sein.
Ich darf sagen: Jeden, dem ich das auf der Evangelistenkonferenz zeigte, hat es geschüttelt – aber aus anderen Gründen. Danach bat mich ein Bruder, Wilhelm Pahls, um eine Stellungnahme. Er bat mich, meinen Namen wegzulassen, weil dieser nicht überall mit Freuden zur Kenntnis genommen wird.
Ich formuliere es einmal so: Das mache ich gerne, denn ich hatte ja schon vor Jahrzehnten in meinem Büchlein „Sanfte Verführung“ versucht, vor diesem Phänomen der Stille zu warnen. Damals waren das nur Randerscheinungen.
Kritik an spirituellen Techniken und deren Wurzeln
Diese Ansätze von Techniken erinnern in ihrer Spiritualität an das Gottesbild des Buddhismus und Hinduismus. Gott wird dabei als kosmische Energie und Kraft verstanden, ähnlich wie im Yoga. Besonders durch Atemübungen kann diese Energie erfahren, aufgenommen beziehungsweise aufgesogen werden.
Ich rief dann Elke Kamphaus an, eine unserer ehemaligen Mieterinnen. Gemeinsam mit ihrem Mann Martin waren sie früher Esoteriker. Ich wollte wissen, was es mit dem sogenannten Abstreifen auf sich hat. Für sie war das als ehemalige Esoterikerin sofort klar. Sie erklärte mir, dass ihr das Abstreifen bekannt sei. In der Esoterik glaubt man, dass durch starkes Schütteln schlechte Energie aus dem Körper gelöst wird, diese sich aber noch in der Aura befinden könne. Durch das Abstreifen könnten solche negativen Energien aus der Aura entfernt werden.
Elke selbst hat durch ähnliche Techniken, wie sie auch in der Psychotherapie angewendet werden, Erfahrungen gemacht. Besonders durch Entspannungsübungen, die mit Konzentration auf den Atem verbunden sind, hat sie eine Öffnung für diese esoterischen Strömungen und Welten erlebt.
Im Ideenheft zum Jahr der Stille werden von Vertretern und Mitarbeitern verschiedener evangelikaler Werke unter dem Vorsitz von Wolfgang Breithaupt Vorschläge präsentiert, wie man besser zur Stille finden kann. Dabei geht es vor allem darum, Gott in der Stille intensiver zu erfahren. Alle sind getragen von dem Wunsch, Gott inniger zu begegnen.
Die Sehnsucht nach Stille und ihre Herausforderungen
Punkt eins: Wir brauchen Stille. Das wurde bereits von unserem Vorredner Roland Antholzer angesprochen, und seine Diagnose trifft zu. Wir sind überfordert und werden von E-Mails und Nachrichten regelrecht überrollt. Jemand sagte einmal, er fühle sich wie ein Igel auf der elektronischen Datenautobahn – man wird einfach plattgerollt.
Ich kenne Menschen, die täglich 50, 60 oder sogar noch mehr E-Mails erhalten. Da möchte man am liebsten das Handtuch werfen und sehnt sich nach Stille. Wer sehnt sich nicht nach einer Auszeit, nach einem buchstäblichen Abschalten – nicht nur der Handys und Computer? Der Schrei nach Stille, den ich bewusst so widersprüchlich formuliert habe, wird immer lauter.
Manche Klöster und Kommunitäten wirken deshalb einladend. Bei einigen steht ganz bewusstes Schweigen im Mittelpunkt. Gibt es nicht sogar Methoden und Techniken, diese Stille zu erfahren? Solche Angebote sind oft vielversprechend und attraktiv für Seele und Leib.
Nach dieser zutreffenden Diagnose stellt sich jedoch die Frage, ob die angebotene Therapie ebenfalls angemessen ist. In dem Sonderdruck „Ideenheft zum Jahr der Stille“, mit dem ich mich hauptsächlich beschäftigt habe, ergeben sich einige Fragezeichen und Stopptafeln – man könnte auch von roten Karten sprechen.
Ein typisches Beispiel, bei dem die Diagnose zwar stimmt, die Therapie aber abzulehnen ist, findet sich in diesem Sonderdruck von „Aufatmen“ mit einer phänomenalen Auflage von 250 Exemplaren: „Stille entdecken, Gott begegnen“.
Problematische Beispiele aus der Praxis
Ein Beispiel bringt Pfarrer Stephan Wohlfahrt. Er berichtet von Exerzitientagen bei der Christusbruderschaft Selbitz.
Zitat: „Ich solle keine Bücher und Zeitschriften, nicht einmal eine Bibel mitbringen, war mir mitgeteilt worden – nichts, was der Zerstreuung dienen sollte. Am dritten Tag begannen wir, auf unseren Atem den Namen Jesus zu legen. Allein sein Name ruhte in unserem Gebet.“
Dabei greife ich vorweg und betone es gerne: Es war der Grundsatz der Reformatoren, dass das Wort Gottes den Heiligen Geist zum Herzen bringt und der Heilige Geist das Wort Gottes in das Herz. Also, wo ist der Geist? Bei Atemübungen oder irgendwelchen Klangschwingungen oder im Wort Gottes?
Weiter heißt es: „Bei diesen Exerzitien ging es im zweiten Schritt darum, durch ein inneres Abtasten des Leibes die Wahrnehmung für das eigene Dasein und Vorgottsein zu schärfen – alles mit Bindestrich. Schließlich richtete sich die Wahrnehmung darauf, den Atem in die gefalteten Hände fließen zu lassen und auf den ausfließenden Atem den Namen Jesus zu legen.“
Auf meinem geistigen Weg bin ich in den letzten Jahren an einige erfrischende Quellen geführt worden. Aber noch nirgendwo ist mir Gott bisher so geradezu sinnlich spürbar in dieser Weise nahegekommen wie in diesen Tagen. (Aufatmen, Sonderheft, Seite 98)
Die in diesem Heft propagierte Stille ähnelt oft einem Zustand der Passivität. Sie enthält fast identische Anleitungen, wie man sie sowohl in der Esoterik als auch in asiatischen Meditationsformen kennt, um die kosmische Energie einzuatmen.
So schreiben Maarten und Elke Kamp in ihrem Freundesbrief – sie verschicken monatlich einen Freundesbrief (diese Arbeit tue ich mich erst gar nicht an) – am 2. Februar Folgendes:
„Ich hatte Ihnen auch damals diese Stellungnahme zukommen lassen. Ähnlich ging es uns mit den Angeboten zum Jahr der Stille. Wir wünschen uns, bewusster mit Gott zu leben, und es ist sicher gut, sich zu besinnen. Jedoch finden wir in dem Ideenheft neben praktischen und guten Anregungen manche irritierende Übung, von denen uns mehrere an unsere Zeit als Buddhisten und Esoteriker erinnern. So zum Beispiel folgendes: ‚Stille werden im Leib, in der Seele, im Geist, nichts tun, nichts wollen, nichts denken, einfach nur da sein, ganz sein im Augenblick, ausruhen in der bergenden Gegenwart Gottes, wie ein leeres Gefäß sein, sich Gott hinzuhalten.‘“
Die Gefahr der Passivität im geistlichen Leben
Buddhisten streben nach dem Zustand der Leerheit, geben alles Wollen auf und möchten ein leeres Gefäß werden, um im Zustand der Erleuchtung aufzugehen. Gott, der Gott der Bibel, dagegen wünscht sich unser bewusstes Wollen nach ihm und kein leeres, passives Geschöpf.
Zu unserem damaligen Denken gehörte auch die Annahme, durch Meditation in unserer Mitte anzukommen. Die Mitte sei der Ort unseres göttlichen Kerns, des göttlichen Funkens, wie es der typische Mystiker sieht. Wir erkennen dieses Verständnis noch heute, wenn wir in dem Artikel in diesem Medienheft lesen: „Der Weg in meine Mitte ist der Weg in die Tiefe meines Wesens, an den Ort, wo Gott schon auf mich wartet, mich empfängt und in seine Arme nimmt.“
In der wortlosen Begegnung mit ihm lerne ich zu verstehen und mit dem Herzen zu sehen. Vielleicht sind wir, Martin und Elke Campus, besonders schlimme Sünder, denn wir glauben, dass wir einen enormen Schrecken bekommen würden, wenn Gott uns in der Tiefe unseres Wesens begegnet.
Aktivität als Kennzeichen der Nachfolge
Punkt 2: Warum sind Passivität und innere Lehre gefährlich?
Zunächst sind die Nachfolge Jesu und das Gebet immer aktiv und erfordern stets unsere eigene Aktivität. Unser Wille ist dabei entscheidend angesprochen. Die Bibel sagt: Ringet, suchet, bittet, klopft an, jaget nach, widersteht, prüft, naht euch zu Gott.
Paulus schreibt im Kolosserbrief: „Ich lasse euch wissen, welch einen Kampf ich für euch habe“ (Römer 15,30). Wir haben es gehört: Er ermahnt und sieht, dass für ihn im Gebet gekämpft wird. Das genaue Gegenteil von Passivität ist: Seid wachsam!
Diese Mahnung ist die häufigste und intensivste Warnung des Herrn Jesus im Zusammenhang mit seiner Wiederkunft. In Markus 13, in den letzten fünf Versen, wird viermal gesagt: „Wachet! Seid wachsam! Darum wachet!“ Und was ich euch sage, sage ich allen: „Gregorete, wachet!“ Wenn der Herr sich so oft wiederholt, fast wie ein Testament in seiner Abschiedsrede, dann weiß er schon, warum.
Watchmeni – den kennen ja einige, besonders die älteren Jahrgänge – hat diesen Klassiker, „Der geistliche Christ“, besonders aufgezeigt. Ich selbst bin als frisch Bekehrter durch das Buch von David Wilkerson, „Kreuz und Messerhelden“, auch mal in diesen Sog hineingeraten; das wurde damals populär. Dabei habe ich manches verstanden, was mir passiert ist.
Mir hat ein ehemaliger Hindu die Hände aufgelegt, damit ich diese Geistestaufe empfange. Als ich dann Watchmenis Buch, den dritten Band „Der geistliche Christ“, und die ausführlichen Abschnitte zum Thema Passivität studierte, wurde vieles klarer.
Die eigentliche Unterlassungssünde, schreibt Watchmeni, die dem bösen Geist Raum gibt, ist die Passivität des Gläubigen. Wenn ein Mensch aufhört, eine natürliche Gabe zu gebrauchen und sie in Untätigkeit absinken lässt, gibt er damit dem Teufel und seinen Helfern Gelegenheit, sie an seiner Stelle zu nutzen.
Das haben auch Gehirnforscher erkannt. Walter Penfield, wie mir Professor Dr. Walter Smith erzählte, der sogar mit Dr. Hüther verwandt war, stellte fest, dass das Gehirn ein so komplexes Organ ist, dass es keine neutrale Zone duldet. Wenn ich es nicht gebrauche, also passiv werde, übernimmt es jemand anderes.
Man vergleicht das Gehirn teilweise mit einem Klavier: Das Klavier wird bedient, das Gehirn kann nicht selbst denken, sondern ist wie eine Maschine, die von einer höheren Instanz – Eccles nennt es das Selbst – bedient wird. Passivität bedeutet, die Hände von der Klaviatur zu ziehen und einem kosmischen Geist, einer kosmischen Energie, einem kosmischen Bewusstsein oder einer höheren Schwingung die Kontrolle zu überlassen.
Dann geschehen gewisse Dinge, und man kann Fähigkeiten entwickeln, die man normalerweise nicht besitzt. Beim Beginn der Pfingstbewegung ging eine Frau wie in Trance zum Klavier. Ihr Mann schloss den Deckel, weil er wusste, dass sie nicht Klavier spielen konnte. Sie öffnete den Deckel und spielte tadellos. Sie war Medium eines Geistes, der diese Gabe hatte.
Der Heilige Geist bewirkt, was nicht immer angenehm ist: dass ich mich selbst diszipliniere und anfange zu lernen. Das ist eben Wachsamkeit.
Die hauptsächliche Ursache des Betrugs bei gottgeweihten Gläubigen lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Passivität. Das heißt ein Einstellen der aktiven Betätigung des Willens bei der Beherrschung von Geist, Seele und Leib oder einem von diesen dreien.
Aus dem Brachliegenlassen seiner verschiedenen Anlagen entsteht die Passivität eines Gläubigen. Er betrachtet sich selbst als Gott völlig hingegeben und will deshalb keinen Bereich seiner Persönlichkeit mehr gebrauchen. Das müssen wir jetzt bewusst betonen: Oft sind es die Eifrigsten, oft die Besten, nicht die Lauen, die mit ihrem Zustand zufrieden sind. Also Vorsicht bei Urteilen! Die Geister müssen wir prüfen.
Dadurch verfällt man in einen Zustand völliger Trägheit, der Betrug und die darauffolgende Besetzung durch böse Geister Tür und Tor öffnet.
Watchmeni, „Der geistliche Christ“: Immer häufiger liest man, wie man angehalten wird, passiv zu meditieren und sich in die „innere Stille“ zu versenken. Oft betreibt man anhaltende Meditation über Bilder und Gegenstände. Es werden sogar Atem-, Sprech- und Stillhalteübungen empfohlen. Wir haben bereits einige Beispiele aus Sonderdrucken gebracht, und das ist bei Weitem nicht erschöpfend.
All dies soll ein vertieftes Wirken des Heiligen Geistes ermöglichen. Ohne geistige Spannung soll man sich einfach allem hingeben, was auf einen zukommt. Gerade dadurch aber erfüllt man, wie Watchmeni darlegt, die Gesetze der Passivität.
Man kann so, ungeschminkt formuliert, zu einem Medium umfunktioniert werden. Und man muss leider sagen: Wir leben in einer Zeit, in der gläubige, echte Geschwister medial umfunktioniert werden – in großem Stil.
Watchmeni sagt es noch deutlicher in „Der geistliche Christ“: Alle übernatürlichen Offenbarungen, Visionen oder merkwürdigen Geschehnisse, die eine völlige Unterbrechung der Betätigung des Verstandes fordern oder erst empfangen werden, nachdem der Verstand seine Arbeit eingestellt hat, sind nicht von Gott.
Der Christ muss ganz klar verstehen, dass alle seine Äußerungen das Resultat seines eigenen Denkens sein müssen. Jedes Wort, das den Denkprozess umgeht, ist von bösen Geistern formuliert worden.
Da verstecke ich mich in der Watchmeni; wenn ich das sagte, müsste ich mich wahrscheinlich warm anziehen.
Warnung vor meditativer Passivität und medialer Beeinflussung
Das Ideenheft liefert eine bunte Mischung genau solcher Anleitungen. Der eingangs zitierte Doktor Manfred Gerland, von dem diese Schüttelanleitung stammt, war Pfarrer für Meditation. Er empfiehlt, Stille zu werden – im Leib, in der Seele und im Geist. Nichts tun, nichts wollen, nichts denken, einfach nur da sein, ganz da sein, im Augenblick ausruhen in der bergenden Gegenwart Gottes. So soll man wie ein leeres Gefäß sein und sich Gott hingeben.
Und liebe Freunde, wie fromm sich das tarnen kann, möchte ich kurz zitieren: Er beginnt mit einem kurzen Gebet, hält eine Lesung aus der Heiligen Schrift und denkt über das Gelesene nach. Das ist ja besser als diese Exerzitien bei Selbitz, da hat man ja gar keine Bibel mehr. Also beginnt er mit dem Gebet, hält eine Lesung aus der Heiligen Schrift und denkt über das Gelesene nach. Daraufhin hält er, wie vorhin angegeben, seine Hand mit einem Bleistift auf ein vor ihm liegendes Blatt Schreibpapier und verhält sich abwartend, ohne irgendwelche geistige Spannung.
Wird er zur Niederschrift von Gedanken gedrängt, die mit großer Bestimmtheit ihm inspiriert werden, so schreibt er sie nieder. Wird seine Hand durch eine fremde Kraft in Bewegung gesetzt, so gibt er nach. Diese Anleitung ist entnommen aus dem Buch „Der Verkehr mit der Geisterwelt“ von Johannes Gräber, unter der Überschrift „Die Ausbildung der Medien“. So werden du und ich, sie und ich ein Medium. Man kann mit Gebet und Lesung der Bibel beginnen, und es genügt einfach dieser passive Zustand. Das ist erschreckend.
Wovor wir damals noch gewarnt haben und wovor sich die meisten auch haben warnen lassen, muss ich jetzt konstatieren: Die Dämme sind gebrochen. Das ist in den Kreisen unserer Allianz jedenfalls zum Teil angekommen. Und gerade fast wortgleiche Anleitungen findet man in diesem Ideenheft zum Jahr der Stille. Frank Buchmann, der Gründer der „Moralischen Aufrüstung“, erteilte seinen Mitarbeitern im Prinzip die genau gleichen Anleitungen für die persönliche Stille: bei absoluter körperlicher, geistiger, innerer Stille in sich hineinhören und niederschreiben, was einem eingegeben wird.
Er hat ja auch viele Kommunitäten inspiriert, unter anderem auch Selbitz. Man wird an die Warnung des Herrn Hiess erinnert: Lukas 11,35. Versuche, dir das zu merken, so merkwürdig dieser Satz ist und so merkwürdig heißt er jetzt einmal wörtlich genommen des Erinnerns würdig: „Sieh zu, dass das Licht in dir nicht Finsternis ist.“
Die Bibel erklärt, wie schon erwähnt, man solle wachsam sein und widerstehen. Man beachtet die Mahnung im ersten Petrusbrief, die ja nicht an Ungläubige, sondern an Gläubige gerichtet ist. Dort heißt es: „Seid nüchtern und wachet! Euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge“ (1. Petrus 5,8).
Da schreibt Petrus an Gläubige. Liebe Freunde, liebe Geschwister: Wenn ich statt nüchtern und wachsam zu sein, passiv werde, dann werde ich auch als Kind Gottes in diese Richtung mit hineingenommen. Das war ja genau mein Irrtum als junger Gläubiger, dass ich dachte, ich bin Kind Gottes, und dann sei ja das andere nicht möglich – manifest zu werden.
Mystik als Nährboden für spirituelle Verführung
Punkt drei: „Mystik und Auflösung der Personalität Gottes“ – dazu hat Roland Antholzer bereits einiges gesagt. Zu diesem Bereich der Verführung durch eine Woge der Passivität gehört auch das Wiederaufleben der Mystik.
Ich habe vor Jahrzehnten einen Vortrag gehört, in dem jemand sagte, die Mystik werde die Religion des Antichristen. Das war ein prophetisches Wort, und es stammt aus den Siebzigerjahren. Die Mystik ist schon von ihrer Definition her der ideale Nährboden für Passivität. Man schließt die äußere Wahrnehmung ab, gleitet in eine passive Stille und wird so für übernatürliche Erfahrungen konditioniert.
So heißt es in dem Ideenheft im Zusammenhang mit einem Mönch namens Bruder Paulus, der auch abgebildet ist: Wenn ich meditiere, dann geht es mir darum, mir Zeit zu nehmen, mit Gott zusammen zu sein. Das ist ja wieder positiv. Ich möchte nicht einfach leer werden, sondern ganz im Gegenteil: In der Meditation versenke ich mich in das Wesen meines Geliebten, meines Gegenübers, meines Gottes. Seine Gegenwart genieße ich, wenn ich einfach da bin und immer wieder beim Einatmen bete: „Von dir zu mir“, und beim Ausatmen: „Von mir zu dir“.
Das erinnert verblüffend an die indische Soham-Meditation. Das hat mir Benedikt Beters erzählt. Er hat sich ja in Pakistan bekehrt. Er war ein Hippie vor seiner Hinwendung zu Jesus in diesem Teil der Erde. Dort hat er diese Meditation praktiziert. „Ham“ bedeutet „ich“, also „er“. „Gott und ich, wir sind eins. Wirklichkeit ist eine Illusion, lasst uns eins werden.“ Dann kommt eben durch gewisse Techniken diese Erleuchtung, diese mystische Union.
Erlebnismäßig ist sie so überzeugend und stark, dass wir mit Argumenten keine Chance haben. Das ist ein beseeligendes Erlebnis, das man kaum in Worte fassen kann. Und das soll ein Geist der Verführung sein? Nein, das kann man nicht einfach zur Kenntnis nehmen oder akzeptieren.
Doch durch ständiges Wiederholen dieser Silben beziehungsweise Worte wird das Gebet zu einem Mantra, das letztlich in einen verendeten Bewusstseinszustand führt. Manche seiner Vorläufer warnen gerade davor. Unser Herr warnt ausdrücklich, dass wir nicht plappern sollen wie die Heiden (Matthäus 6,7).
Zunächst wird hier der persönliche Gott offenbar zu einer kosmischen Energie beziehungsweise Kraftquelle, die man durch Atemübungen anzapfen kann. Das aber ist genau das Gottesbild des Hinduismus, Mystizismus und der Esoterik.
Heute wird sogar an Schulen Kindern zur Beruhigung und Rückstellung Yoga empfohlen. Durch intensives Atmen sollen sie Frieden und Energie tanken und somit Aggressionen und Unruhen überwinden. In unseren Tagen erfreuen sich solche Praktiken immer größerer Beliebtheit.
So konnte zum Beispiel Reinhard Deichgräber, ein feiner und hochqualifizierter Mann, der aber auch starke mystische Neigungen hat, gemeinsam mit dem Japaner Hirata Meditationsübungen abhalten. Das war schon 1996. Damals schrieb das christliche Missionswerk Hermannsburg in einer weltlichen Zeitung, der Walsroder Zeitung, dass man den christlichen Glauben durch buddhistische Meditationsformen auffrischen wolle. Es propagiert Religionsvermischung zwischen Buddhismus und Christentum.
Ähnlich hat auch Peter Simmeling sich ganz offen auf idea.org.de geäußert: Wir sollen auch asiatische, nichtchristliche Spiritualität zur Bereicherung anzapfen. Dabei gab es einen Pro- und Kontrateil. Der Kontrateil wurde damals sehr gut von Friedhold Vogel geschrieben.
Im hauseigenen Blatt erklärt hier Rather von der Hermannsburger Bruderschaft: „Einmal vermittle ich die Lehren christlicher Mystiker, zum anderen führe ich ganz praktische Übungen durch – Übungen des stillen Sitzens und des Atems, und zwar mit Hilfe der uralten chinesischen Atemübungen des Qigong und des meditativen Tanzes. Manchmal biete ich auch Yogaübungen an.“
Das stand ganz offen im Mitteilungsblatt Nummer 1 von 1996, also vor fast fünfzehn Jahren. Ost und West reichen sich nun über New Age und Mystik die Hand. Wer diese große Einheitswelle ablehnt, gilt als engstirnig und hat noch nicht begriffen, was Jesus mit seinem Gebet in Johannes 17,21 angeblich wirklich sagen wollte.
Dann wird uns immer vorgehalten: Liebe Einheit, wenn wir mit der Lehre kommen. Die Lehre trennt die Liebe ein, so hat ja schon David Duplessis gesagt.
So empfiehlt beispielsweise die Evangelistin Christina Brudereck Folgendes: „Mit dem Ton der Klangschale lassen wir uns zur Stille rufen. Atemgebet: Beim Einatmen ‚Gott, Du‘, beim Ausatmen ‚Ich bin hier‘.“
Letztlich ist die Überzeugung, Gott durch eine bestimmte Methode oder Technik – zum Beispiel mittels Atemübungen – zu erreichen oder in gewisser Hinsicht verfügbar zu machen, eine magische Vorstellung. Leider leben wir in einem zutiefst magischen Zeitalter, wie der sensationelle Erfolg von Harry Potter so unrühmlich zeigt.
Dave Hunt sagte: „The whole concept to manipulate reality“ – also die Vorstellung, die Wirklichkeit durch gedankliche Kraft zu manipulieren, ist das Wesen der Magie.
Paulus fragte die Galater in den ersten drei Versen von Galater 3: „O ihr unverständlichen Galater, wer hat euch bezaubert, denen doch Jesus Christus vor die Augen gemalt war als der Gekreuzigte? Das allein will ich von euch erfahren: Habt ihr den Geist empfangen durch Gesetzeswerke oder durch die Predigt vom Glauben? Seid ihr so unverständlich? Im Geist habt ihr angefangen, wollt es denn nun im Fleisch vollenden?“
Das Wort „baskeino“, das hier mit „verzaubert“ übersetzt wird, heißt eigentlich auch „verhexen“. Für Paulus ist die Vorstellung, den Geist Gottes anders als durch den Glauben an Jesus zu empfangen, Magie.
Man kann also – und hier spricht er an Gläubige – im Geist beginnen und im Fleisch aufhören, ja sogar als Kind Gottes, wie ich schon sagte, medial umfunktioniert werden. Das geschieht, fürchte ich, immer häufiger.
Wer wirklich noch ein herzfürchtiges Geschwister hat, kann hier eigentlich nicht neutral bleiben. Es gibt gewisse Glaubensfragen, bei denen wir großzügig sein sollen. Wir haben uns entschieden: In Entdrückungsfragen darf jeder glauben, was er will. Wer nach der Trübsal entrückt werden möchte, darf das, wer während der Trübsal, wer davor – da sollte man großzügig sein.
Aber es gibt Bereiche, in denen man nicht neutral bleiben kann. Nochmals die Reformatoren: Das Wort Gottes bringt den Heiligen Geist zum Herzen, und der Heilige Geist bringt das Wort Gottes in das Herz.
Der biblische Weg, Gott näherzukommen, ist, sich vor ihm zu demütigen und Buße zu tun. Das beschreibt das Nahen zu Gott in Jakobus 4,7-10 eindrücklich. Von Atemübungen und einer passiven Stille ist dort nichts zu lesen.
Die auf dem Weg der Atmung angeblich bewirkte Vertiefung in das „göttliche Sein“ ist die klassische Unio Mystica, wie sie die Gnostiker und Schwärmer seit Jahrtausenden praktizieren. Sie finden Gott angeblich in ihrem Seelengrund, jenem göttlichen Funken der Seele, in ihrem innersten Wesen.
Professor Johann Malan schreibt dazu: Meditation richtet sich nach innen. Man sucht nicht den Gott, der sich außerhalb des Menschen befindet, das große Gegenüber, durch den wir durch die Macht der Sünde getrennt sind – eigentlich ein ewiger Abgrund, der nur von göttlicher Seite überbrückt werden konnte.
Deshalb sagt Jesus in Johannes 8,24: „Wenn ihr nicht glaubt, dass ich es bin“ (Egoämie, Anihu im Aramäischen, also der ewige Gott), „werdet ihr sterben in euren Sünden.“
Man lernt also, die Barriere des menschlichen Denkens zu überwinden, um den Gott tief in sich selbst zu entdecken. Das ist eine östliche Methode.
Biblische Alternative zur Mystik
Punkt vier: Mystizismus kontra biblische Lehre
Diese Ausführung soll nicht so verstanden werden, dass wir vor Gott nicht mehr still werden dürfen. Wir sollen unsere Stille bewahren, jedoch niemals mit einem passiven oder leeren Verstand.
Wir denken hier nur an Psalm 1 oder Josua 1, Vers 8, wo es heißt, wie man über Gottes Wort nachdenken und es auswendig lernen soll. „Lass es nicht von deinem Munde weichen!“ Sinne darüber Tag und Nacht, sagt Gott zu Josua. Im Psalm 1 steht in der Vulgata, der lateinischen Übersetzung, das Wort „Meditare“, also eine konjugierte Form von meditieren. Das Wort Meditation bedeutet wörtlich „in die Mitte nehmen“ und positiv füllen. Wir sollen über Gottes Wort meditieren, aber keinesfalls den Verstand leer machen.
Auswendig lernen ist das Gegenteil von Passivität, denn dabei muss man das Gehirn aktiv anstrengen. Die Heilige Schrift warnt uns immer wieder. Sie ist lebendig und kräftig. Wenn der Gläubige verbunden mit Gehorsam sein Denken mit Gottes Wort erfüllt, entsteht und wächst die Liebe zu Gott und seinem Wort, wie wir in 1. Johannes 2,5 nachlesen können.
Der Mystizismus ist immer konfessionsübergreifend. Fritjof Capra, eine Schlüsselfigur der New-Age-Bewegung und Autor von „Das Tao der Physik“, hatte eine Drogenvergangenheit in Kalifornien. Er hörte seinen Herzschlag und das Brausen des Meeres und fühlte sich plötzlich eins mit dem Universum.
Auch Aldous Huxley, der in der studentischen Welt als „Vater der Droge“ gilt, erlebte auf einem Drogentrip eine Einheit mit den Gegenständen um ihn herum, mit den Stühlen, mit allem. Die Mystik ist immer konfessionsübergreifend. „Lasst uns umarmen, seid umschlungen, Millionen!“
Der Mystizismus neutralisiert die Unterschiede in der Lehre, indem er die Wahrheit der Schrift auf dem Altar mystischer Erfahrungen opfert. Mystizismus bietet eine gemeinsame Grundlage, wobei angeblich die Göttlichkeit in allem das verbindende Element ist.
Thomas Keating, ein in den letzten Jahren populär gewordener katholischer Priester, wurde auch von Evangelikalen zum Teil sehr hoch geschätzt. Ein Schweizer Freund erzählte mir, wie er bei Keatings Institut in den USA anrief und mit einem Mitarbeiter sprach. Er fragte ihn, ob alle Religionen gleich seien. „Ja, sie seien alle gleich“, war dessen Antwort.
Keating selbst erklärte: „Gut zu hören, Stille ist konfessionslos, und sie kann auf methodische Weise praktiziert werden.“ Wir können über Gott verfügen – das ist das Wesen der Magie.
Das ist der Grundfehler dieser stillen Andachten, die aus der gnostischen Mystik stammen. Dort wird angenommen, dass man Gott in seinem tiefsten Wesensgrund, angeblich im Urgrund aller Menschen, wo der göttliche Funke ist, begegnet. Dieser Funke könne entfacht werden und zur Erleuchtung führen.
Vishal Mangalwadi, ein indischer gläubiger Denker, sagte dazu: Der Mensch braucht nicht Erleuchtung, sondern Erlösung und Vergebung. Nach asiatischem Denken braucht der Mensch Erleuchtung, nach biblischem Denken braucht er Vergebung und Erlösung.
Nun kommt ein Vers, der bereits zitiert wurde, von unserem Bruder Antholzer: Römer 7,18. Das ist der entscheidende Satz gegen all diese Vorstellungen der inneren Göttlichkeit, wo Paulus sagt: „Denn ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt“ (Römer 7,18). Dies sollte man auswendig lernen.
Solche Auseinandersetzungen gab es bereits zu Beginn der Reformation. Schon zu Luthers Zeiten gab es Propheten und Schwärmer, die meinten, durch gewisse stille Übungen Gott zu erfahren – die sogenannten Zwickauer Propheten. Luther sagte, er habe den toten Buchstaben, sie dagegen das lebendige Wort.
Es ist heute kaum bekannt, dass die Reformatoren mit der gleichen Entschiedenheit, mit der sie den Katholizismus ablehnten, auch den Mystizismus bekämpften. Deshalb ist dieses Luther-Zitat etwas deutlich – für heutige Begriffe vielleicht zu deutlich:
„Deshalb ermahne ich, vor solchen Geistern auf der Hut zu sein, die da sagen, durch stilles Sitzen in der Ecke empfange man den Heiligen Geist. Hunderttausend Teufel wird er bekommen und nicht zu Gott kommen.“
Das sagte Luther, nicht Seibel. Aber es ist deutlich, man wusste, dass es keinen Dialog gibt.
Warnung vor Vermischung und Aufruf zur Wachsamkeit
Punkt fünf und zuletzt: das Problem der Vermischung beziehungsweise die biblische Diagnose.
Noch einmal: Es ist nicht unsere Aufgabe zu richten, denn wir kennen die Motive nicht. Ich möchte all den Autoren dieser Zeitschrift die besten Absichten zugestehen. Noch einmal: Geistliche Christen sind mehr gefährdet als fleischliche. Seid vorsichtig – das muss ich mir gleich als Erstes ins Stammbuch schreiben, was das Richten betrifft.
Wahrscheinlich sehnen sich viele in dieser Zeit des Niedergangs einmütig nach Erweckung und geistlichen Aufbrüchen. Sicherlich haben sie nur die besten Motive. Doch all dies entbindet uns nicht von unserem Auftrag. Es ist eigentlich ein Befehl in der Bibel, die Geister zu prüfen. Prüft alles, sagt der erste Thessalonicherbrief, Kapitel fünf, Vers 21, und prüft die Geister, so der erste Johannesbrief, Kapitel 4.
In unseren Tagen sind wir besonders aufgerufen, wachsam zu sein. Das wird uns immer wieder geboten. Gerade bei Größenwahn ergibt sich leider ein anderes Bild von dem, was sich heute abspielt. Dieses Bild gleicht dem, was die Bibel im Zusammenhang mit Verführung in den letzten Tagen, den damit verbundenen Dämonenlehren und kräftigen Irrtümern vorausgesagt hat.
Aber haben wir ein biblisches Szenario, einen Hinweis für so eine Vermischung? Ist das möglich – Licht und Finsternis? Paulus sagt in seinem zweiten Korintherbrief, Kapitel 6, ab Vers 13 bis Kapitel 7, Vers 1: „Macht euer Herz weit!“ Dann folgt in Vers 14 der bekannte Satz: „Zieht nicht an einem fremden Joch mit den Ungläubigen!“
Was hat Gerechtigkeit mit Ungerechtigkeit zu schaffen? Was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? Wie stimmt Christus mit Belial überein? Was für einen Teil hat der Gläubige mit den Ungläubigen? Was hat der Tempel Gottes gemein mit dem Götzen? Wir sind der Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott spricht: „Ich will unter ihnen wohnen.“ Darum heißt es: „Geht aus von ihnen, sondert euch ab, rührt nichts Unreines an!“
So will ich euch annehmen, euer Vater sein, ihr sollt meine Söhne und Töchter sein, spricht der allmächtige Herr. Weil wir solche Verheißungen haben, meine Lieben, lasst uns von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes uns reinigen und die Heiligung vollenden in der Furcht Gottes.
Liebe Geschwister, mal ehrlich: Paulus schreibt hier an Gläubige und fordert sie auf, sich zu reinigen – sie, ich, du und ich. Wir können befleckt sein. Befleckungen des Fleisches!
Wir leben in einer total sexualisierten Generation. Wer ist heute nicht besudelt? Wer hat heute keine Pornofilme gesehen? Eine Umfrage zeigte, dass zwei Drittel der Jugendlichen solche Filme auf ihren Handys haben. Sogar in den Online-Nachrichten von n-tv wurde berichtet, dass 99 Prozent der Zwölf- bis Sechzehnjährigen pornografische Filme gesehen haben. Sie haben keine Berührungsängste mehr.
Parallel dazu gibt es die geistliche Befleckung: Geisterinversion, okkulte Spiele und Ähnliches. Was ist das Ergebnis? Noch einmal: Paulus sagt, weil wir diese Verheißungen haben, lasst uns reinigen von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes und die Heiligung vollenden in der Furcht Gottes.
Heiligung ist ein Fremdwort geworden. Immer mehr übernehmen wir die Methoden der Welt. Bei einem speziellen Gottesdienst zum Thema Sex schenkt man den Bläbo her. Ich erzähle keine Witze!
Statt der Frucht Gottes haben wir den Tanz ums goldene Kalb. Gott ist ein Kuschelgott geworden. Und dann kommt es genau zu dieser Vermischung. Noch einmal: Es sind Gläubige – Licht und Finsternis, Christus und Belial, Gläubige und Ungläubige, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit. Erst in der Welt, dann in den Kirchen, dann in Gemeinden und schließlich immer mehr auch in den einzelnen Personen.
Die Antwort – und damit schließen wir ab – steht eigentlich schon in Vers 13. Vers 14 ist ein negativer Befehl: „Zieht nicht an einem fremden Joch!“ Vers 13 ist ein positiver Befehl: „Macht euer Herz weit!“ Seid weit für Gott und sein Wort. Dann habt ihr auch die geistliche Kraft, biblisch klare Linien zu ziehen und geübte Sinne zu haben, um Gutes und Böses unterscheiden zu können, wie es im Hebräerbrief, Kapitel 5, Vers 14 heißt.
Vielleicht sollten wir uns noch einmal dieses bekannte Wort abschließend in Erinnerung rufen – in einer Zeit, in der man, um geistlich vertieft zu werden, offensichtlich zum Teil das Wort Gottes gar nicht mehr braucht. Dieses bekannte Wort aus der Offenbarung, Kapitel 3, Vers 10, wo der erhöhte Herr seiner Gemeinde sagt: „Weil du das Wort von meiner Geduld bewahrt hast, will auch ich dich bewahren. Du hast mein Wort bewahrt, darum will ich dich bewahren.“
So wie wir mit der Bibel umgehen, so wird der Herr mit uns umgehen. Ich bete zum Abschluss: Herr Jesus, wir wollen dich von Herzen bitten, dass durch all diese Darlegungen – und wir wollen wirklich nicht zu Gericht sitzen über andersdenkende Menschen – du uns aufweckst. Manchmal sind es treue, teure Geschwister, die mit Eifer in diese Falle hineingeraten sind: in Passivität, innere Leere.
Mir ist es prinzipiell vor Jahrzehnten auch nicht anders ergangen. Es ist alt: Deine Güte und Gnade, dass Augen geöffnet werden konnten. Schenke, dass man durch das gnädige Wirken deines Wortes und deines Geistes wachsam wird und den Lauf vollendet.
Wir denken auch an das, was schon von Paulus in seinem Abschiedsbrief zitiert wurde – und das sind aktive Begriffe: Herr, dass dies als Nachruf über unser Leben gesagt werden kann: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Glauben gehalten, ich habe den Lauf vollendet.“
Manches erscheint uns unmöglich, Herr, aber nicht in deinen Augen, denn deine Gnade ist groß, und du bist ein reicher Vergelter. Amen.
