Einführung: Die Rede vom Reich der Himmel
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 114: Das Reich der Himmel
Jesus kommt nach Galiläa und predigt. Das haben wir gestern schon gesehen. In Matthäus 4,17 lesen wir: „Von da an begann Jesus zu predigen und zu sagen: Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahegekommen.“
Dieser Text lädt dazu ein, eine Frage zu beantworten: Warum ist hier, anders als zum Beispiel im Gespräch mit Nikodemus, nicht vom Reich Gottes die Rede, sondern vom Reich der Himmel? Sowohl Jesus als auch Johannes der Täufer sprechen im Matthäusevangelium vom Reich der Himmel.
Ist das dasselbe wie das Reich Gottes? Die kurze Antwort lautet: Ja. Die beiden Begriffe sind Synonyme und können austauschbar verwendet werden.
Kultureller Hintergrund und sprachliche Erklärung
Wir müssen dabei Folgendes verstehen: In der jüdischen Kultur besteht eine starke Zurückhaltung, das Wort „Gott“ auszusprechen. Das hängt mit dem dritten Gebot zusammen, in dem es heißt: 2. Mose 20,7: „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht zu nichtigem aussprechen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen zu nichtigem ausspricht.“
Um genau das zu vermeiden – den Namen Gottes falsch auszusprechen – ersetzte man den Begriff „Gott“ durch verwandte Ausdrücke, zum Beispiel durch „Himmel“. Man meinte also „Gott“, sagte aber „Himmel“. Das war in der jüdischen Kultur ganz normal.
Im Gleichnis vom verlorenen Sohn kehrt der jüngere Sohn zurück und sagt in Lukas 15,21: „Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen.“ Mit „gegen den Himmel“ ist natürlich „gegen Gott“ gemeint.
Oder Johannes der Täufer spricht davon, dass Gott die Berufung eines Menschen festlegt, und sagt in Johannes 3,27: „Johannes antwortete und sprach: Ein Mensch kann nichts empfangen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben ist.“ Merkt ihr, „vom Himmel“? Gemeint ist „von Gott gegeben“.
Synonymität von „Reich der Himmel“ und „Reich Gottes“
So haben wir nun verstanden, dass in einer jüdischen Kultur der Ausdruck „Reich der Himmel“ verwendet wird, wo eigentlich „Reich Gottes“ gemeint ist. Dieses Ergebnis lässt sich weiter bestätigen, wenn man Stellen betrachtet, in denen Matthäus vom Reich der Himmel spricht, während die anderen Evangelisten, die eine nichtjüdische Zuhörerschaft ansprechen, vom Reich Gottes reden.
Um das an zwei Beispielen zu verdeutlichen: Es gibt den Vergleich des Reiches Gottes mit einem Senfkorn. Bei Matthäus klingt das so:
Matthäus 13,31: „Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor und sprach: Das Reich der Himmel gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte.“
Markus formuliert es folgendermaßen:
Markus 4,30-31: „Und er sprach: Wie sollen wir das Reich Gottes vergleichen, oder in welchem Gleichnis sollen wir es darstellen? Wie ein Senfkorn, das, wenn es auf die Erde gesät wird, kleiner ist als alle Arten von Samen, die auf der Erde sind.“
Man erkennt, dass dasselbe Reich mit einem Senfkorn verglichen wird. Einmal spricht Markus vom Reich Gottes, einmal Matthäus vom Reich der Himmel.
Ein weiteres Beispiel betrifft die Frage, wem das Reich Gottes gehört. Matthäus schreibt:
Matthäus 19,14: „Jesus aber sprach: Lasst die Kinder und wehrt ihnen nicht, zu mir zu kommen! Denn solchen gehört das Reich der Himmel.“
Markus berichtet denselben Sachverhalt so:
Markus 10,14: „Als aber Jesus es sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen, wehrt ihnen nicht! Denn solchen gehört das Reich Gottes.“
Auch hier sehen wir denselben Sachverhalt, einmal mit dem Begriff Reich der Himmel, einmal mit Reich Gottes.
Ganz deutlich wird die Austauschbarkeit der beiden Begriffe, wenn wir uns anschauen, wie sie im selben Gespräch als Begriffspaar für dieselbe Sache verwendet werden:
Matthäus 19,23-24: „Jesus aber sprach zu seinen Jüngern: Wahrlich, ich sage euch, schwer wird ein Reicher in das Reich der Himmel hineinkommen. Wiederum aber sage ich euch: Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt.“
Im ersten Vers ist vom Reich der Himmel die Rede, im zweiten vom Reich Gottes. Beide Male geht es um dasselbe Königreich, in das ein Reicher nur schwer hineingehen kann, solange sein Herz am Geld hängt.
Verschiedene Bezeichnungen für dasselbe Reich
Ich denke, das genügt, um zu zeigen, dass wir es hier mit synonymen, also austauschbaren Begriffen zu tun haben.
In der Bibel gibt es, soweit ich das erkennen kann, nur ein Reich, das mit dem Kommen Jesu aufgerichtet wurde. Für dieses Reich finden sich im Neuen Testament verschiedene Bezeichnungen.
Es wird zum Beispiel „Reich Gottes“ genannt, dann wieder „Reich der Himmel“. Auch „Reich Christi und Gottes“ oder „Reich des Vaters“ sowie „Reich unseres Vaters David“ oder „Reich seines geliebten Sohnes“ sind unterschiedliche Bezeichnungen für dieselbe Sache.
Lasst euch davon bitte nicht verwirren.
Die zentrale Bedeutung des Reiches Gottes im Neuen Testament
Und noch etwas ist wichtig, nämlich die Tatsache, dass das Reich Gottes oder das Reich der Himmel absolut im Zentrum der neutestamentlichen Verkündigung steht. Johannes predigt davon, Jesus tut es, und wir werden noch sehen, wie viele sogenannte Himmelreichsgleichnisse es gibt.
Wenn Jesus seine Jünger aussendet, zuerst die Zwölf und dann die Gruppe von Siebzig, was sollen sie dann predigen? In Lukas 9,2 wird über die Zwölf gesagt: „Und er sandte sie aus, das Reich Gottes zu predigen.“ Und in Lukas 10,9 heißt es über die Siebzig: „Und heilt die Kranken darin und sprecht zu ihnen: Das Reich Gottes ist nahe zu euch gekommen.“
So könnte man jetzt weitermachen. Kurz vor seinem Tod, im Gespräch mit Pilatus, geht es um die Natur von Gottes Reich. Es ist nämlich nicht von dieser Welt.
Das Reich Gottes ist ein so wichtiges Thema, dass Jesus sich nach der Auferstehung Zeit nimmt, seine Jünger genau dazu weiter zu belehren. In Apostelgeschichte 1,3 heißt es: „Diesen, und das sind die Jünger, hat er sich auch nach seinem Leiden in vielen sicheren Kennzeichen lebendig dargestellt, indem er sich vierzig Tage hindurch von ihnen sehen ließ und über die Dinge redete, die das Reich Gottes betreffen.“
Fortsetzung der Verkündigung und Abschluss
Und genau an dieser Stelle hört es nicht auf. Was mit Johannes und Jesus beginnt, wird von den Aposteln und Evangelisten fortgesetzt. Gott hatte seinen König gesandt, und das sollte jeder wissen – es musste jeder wissen.
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir Gedanken darüber machen, was es bedeutet, dass das Reich Gottes in, aber nicht von dieser Welt ist.
Das war's für heute. Du findest übrigens auf frogwords.de unter der Rubrik „Bibel“ Predigten, sortiert nach biblischen Büchern.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden! Amen.
