Einführung in die Geschichte Jakobs und der Brunnen
Wir sind heute Abend bei 1. Mose 29, der sehr schönen Geschichte von der Verheiratung Jakobs. Jakob dient für Lea und Rachel.
Jakob machte sich auf den Weg und ging in das Land, das im Osten liegt, um sich dort umzusehen. Und siehe, da war ein Brunnen auf dem Feld. Drei Herdenschafe lagen dabei, denn von dem Brunnen pflegten sie die Herden zu tränken. Ein großer Stein lag vor dem Brunnenloch. Sie versammelten die Herden alle dort, wälzten den Stein von dem Brunnenloch, tränkten die Schafe und legten den Stein danach wieder an seinen Platz.
Das müsste uns unser Bruder Sibi jetzt erklären, denn das ist überall ein Problem. Viele Wasserbrunnen werden gebaut, doch täglich sterben 2500 Kinder allein an Durchfallerkrankungen, die hauptsächlich durch verunreinigtes Wasser verursacht werden. Jeden Tag sterben 2500 Kinder – das könnten wir alle verhindern.
Ich habe in seinen Schriften gelesen, dass das passiert, wenn Brunnen verschmutzt sind. Schon wenn ein Tierkadaver in den Brunnen fällt, verwest der Körper und das Wasser wird giftig. Deshalb haben sie einen Stein auf das Brunnenloch gelegt. Das schützt nicht nur vor Verschmutzung, sondern verhindert auch die Verdunstung.
Wenn man Brunnen abdeckt und das Wasser pumpt, bleibt es einigermaßen sauber. Dadurch hat man schon viel getan, um das Wasser zu schützen. Aber so eine Möglichkeit haben wir heute Abend nicht.
Begegnung Jakobs mit den Hirten und Rachel
Und Jakob sprach zu ihnen: „Liebe Brüder, woher kommt ihr?“
Sie antworteten: „Wir sind aus Haran.“
Er fragte sie: „Kennt ihr auch Laban, den Sohn Nahors?“
Sie antworteten: „Ja, wir kennen ihn.“
Jakob fragte weiter: „Geht es ihm auch gut?“
Sie antworteten: „Ja, es geht ihm gut.“
Und siehe, da kam seine Tochter Rachel mit den Schafen.
Jakob sprach: „Es ist noch hoher Tag, und es ist noch nicht Zeit, das Vieh einzutreiben. Tränkt die Schafe und geht dann hin und weidet sie.“
Sie antworteten: „Wir können das nicht, bis alle Herden zusammengebracht sind und wir den Stein vom Brunnenloch weggewälzt haben, dann können wir die Schafe tränken.“
Während er noch mit ihnen redete, kam Rachel mit den Schafen ihres Vaters, denn sie hütete die Herde.
Als Jakob Rachel sah, die Tochter Labans, des Bruders seiner Mutter, und die Schafe Labans, trat er hinzu, wälzte den Stein vom Brunnenloch weg und trieb die Schafe Labans, des Bruders seiner Mutter, vor sich her.
Er küsste Rachel und weinte laut.
An diesem Abend wollte er etwas über die Liebe erzählen.
Er sagte, dass er ein Verwandter ihres Vaters sei und Rebekas Sohn. Daraufhin lief Rachel und erzählte es ihrem Vater.
Als Laban hörte, dass Jakob sein Neffe war, lief er ihm entgegen, umarmte und küsste ihn und führte ihn in sein Haus.
Dort erzählte Jakob Laban alles, was sich zugetragen hatte.
Laban sprach zu ihm: „Fürwahr, du bist von meinem Gebein und Fleisch.“
Jakobs Dienst um Rachel und die Täuschung mit Lea
Und als Jakob einen Monat lang bei Laban gewesen war, sprach Laban zu ihm: "Zwar bist du mein Verwandter, aber solltest du mir deshalb umsonst dienen? Sage an, was soll dein Lohn sein?"
Laban hatte zwei Töchter. Die ältere hieß Lea, die jüngere Rahel. Leas Augen waren jedoch ohne Glanz. Rahel dagegen war schön von Gestalt und Gesicht. Jakob gewann Rahel lieb und sprach: "Ich will dir sieben Jahre um Rahel, deine jüngere Tochter, dienen."
Laban antwortete: "Es ist besser, ich gebe sie dir als einem anderen. Bleib bei mir!" So diente Jakob sieben Jahre um Rahel, und es kam ihm vor, als wären es einzelne Tage, so lieb hatte er sie.
Jakob sprach zu Laban: "Gib mir nun meine Braut, denn die Zeit ist da, dass ich zu ihr gehe." Da lud Laban alle Leute des Ortes ein und machte ein Hochzeitsmahl. Am Abend aber nahm er seine Tochter Lea und brachte sie zu Jakob, und er ging zu ihr.
Laban gab seiner Tochter Lea seine Magd Silpa zur Leitmagd. Am Morgen aber siehe, da war es Lea. Wegen der Verschleierung hatte Jakob es nie gemerkt. Er fragte Laban: "Warum hast du mir das angetan? Habe ich dir nicht um Rahel gedient? Warum hast du mich betrogen?"
Laban antwortete: "Es ist nicht Sitte in unserem Land, dass man die Jüngere vor der Älteren weggebe. Das hat mein Schwiegervater immer gesagt. Ich habe zuerst meine Frau genommen, die war die Jüngste von den vier Schwestern. Aber er hat mich nicht betrogen, da bin ich ihm dankbar. Halte mit dieser die Hochzeitswoche, dann will ich dir die andere auch geben für den Dienst, den du bei mir noch weitere sieben Jahre leisten sollst."
Das tat Jakob und hielt die Hochzeitswoche. Danach gab ihm Laban seine Tochter Rahel zur Frau und gab seiner Tochter Rahel seine Magd Bilha zur Leibmagd. So ging Jakob auch zu Rahel ein und hatte Rahel lieber als Lea. Er diente bei Laban noch weitere sieben Jahre.
Spannungen in der Ehe und biblische Perspektiven auf Liebe
Es kann sein, dass manche sehr betroffen sind und sich fragen, wie es sein kann, dass Jakob nicht nur mit zwei Frauen zusammengelebt hat, sondern auch noch Kinder von deren Mägden hatte. Tatsächlich wird in der Bibel viel im Bereich der Ehe experimentiert. Interessanterweise gab es etwa zur Zeit Jesu im ganzen Judentum nur noch die eine Ehe – und das aus guten Gründen.
In der gesamten Bibel gibt es keine Stelle, die eine andere Form der Liebe als die zwischen einem Menschen und einem Partner erlaubt. Das ist schlichtweg nicht möglich. Auch bei den Erzvätern war das Zusammenleben oft von großen Spannungen geprägt.
Ganz entscheidend ist, dass durch die Propheten, besonders durch Hosea, die Liebe neu verstanden wurde. Liebe ist ausschließlich und verträgt keine Doppelung. Denken Sie zum Beispiel an das Bild bei Hosea: Er soll eine Hure heiraten und mit ihr leben. Das steht für ein Hurenverhältnis mit Gott. Daraus wird sehr deutlich, dass Liebe ausschließlich ist und sich auf einen Menschen richtet, dem man dient.
Ich möchte heute Abend niemandem Schmerzen zufügen. Ich weiß, wie viele immer wieder verwundet sind, weil sie den Vorwurf spüren – gerade wenn sie in der Gemeinschaft durch Ehe und Liebe schmerzliche Enttäuschungen erlebt haben. Und sie sagen mit Recht: „Du hast Gutreden, weißt du das auch?“ Es ist sehr schwer, wenn man Menschen zusammenbringen will, die nicht zusammenpassen.
Deshalb möchte ich heute Abend einiges zu diesem Thema sagen. Es soll nicht so verstanden werden, als wolle ich verurteilen, sondern wir wollen einfach erkennen, wie man hier Klarheit gewinnen kann. Schon das ist wichtig: In der Bibel gibt es keine Ehe ohne Spannungen. Das ist bedeutsam. Es gibt keine perfekte Ehe.
Jakobs Einsamkeit und Gottes Führung in der Fremde
Jetzt fangen wir aber mal vorne an, und ich möchte noch einmal darüber sprechen, wie Jakob in die Fremde zieht. Das war ja schon beim letzten Mal Thema. Haben Sie schon einmal Einsamkeit erlebt? Einen Moment, in dem Sie sagen mussten: Ich war ganz allein – auf einer Reise, verlassen, vielleicht im Krankenhaus, und niemand hat nach mir geschaut?
Diese biblische Erzählung von Jakob spricht uns so ungemein an, weil man gut mitfühlen kann. Er ist ganz der Fremde, kennt niemanden. So, als stünde jemand irgendwo in Rom und hätte kein Geld mehr. Auf meiner letzten Reise habe ich so ein frustrierendes Erlebnis gehabt, in Bolivien. Dort hat mich die Polizei überfallen und mir das Geld weggenommen.
Es gibt Augenblicke, in denen man sagt: Ich muss nach Hause, ich will nicht mehr in der Fremde sein. Das Reisen ist nicht immer so, wie man es sich vorstellt. So war es auch bei Jakob in dieser Situation, in der er ganz bedrückt war.
Die erste schöne Sache, die ich Ihnen heute Abend sagen möchte, ist: Gott führt. Jakob macht so eine Art Gespräch, wie man es im Eisenbahnabteil kennt. Sie kommen aus Mannheim – da habe ich auch mal eine Tante gehabt – und probieren, ob man eine Verbindung findet. Plötzlich stellt sich heraus: Sie kennen seinen Onkel, sie kennen den Onkel! Im fremden Land gibt es auf einmal eine Beziehung.
Wir achten manchmal gar nicht auf diese menschlichen Beziehungen. Ich habe mich so gefreut, als Sibi Sammel sagte: „Ich muss nach Stuttgart, auch wenn es nur für 24 Stunden ist, ich muss die grüßen.“ Ja, es gibt eine Liebe, eine richtige Liebe, und das ist etwas Wunderbares.
Es gibt auch etwas, das ich Ihnen sagen möchte: Heute war bei uns jemand zum Essen, der von außerhalb kam. Er sagte: „Wissen Sie, in all den Gemeinden, in die ich gehe, hat man nie den Eindruck, dass sich jemand freut, wenn ich komme.“ Wissen Sie, dass man sich freut, dass Sie heute Abend hier sind? Auch wenn man nicht allen die Hand schüttelt, freut man sich, Sie zu sehen. Sie sind geliebt, und es gibt Menschen, die auf Sie warten.
Natürlich wissen wir, dass heute Abend auch manche fehlen, manche krank sind und manche wegen ihres Alters nicht mehr da sein können. Für Jakob war es ganz wichtig: Gott führt ihn hierhin, und dort gibt es eine Liebesbeziehung. Gott führt ihn auch zu diesen Hirten.
Charakter der Hirten und Jakobs Tat der Liebe
Diese Hirten waren schwierige Gesellen. Haben Sie durchschaut, was das für Typen waren? Jakob sagt: „Ihr könntet ja noch einmal losziehen und noch einmal weiden.“ Wie sagt man das? Wie die Maurer – ich möchte den Maurern nicht zu nahe treten –, aber die haben schon nachmittags um zwei Feierabend. Sie haben also die Sachen weggeschmissen und sagten, sie seien Mietlinge. Heißt das bei Hirten nicht so? Gemietete, die sagen: „Wir machen gerade, wie sagt man, wir feiern gerade unsere Feiertage ab oder so.“ Sie haben also schon gefeiert, sie hatten Spaß, und sagten: „Komm!“
Er sagt: „Tu doch mal den Stein weg!“ und drängt. Das ist toll. Das war ein Schaffer, dieser Jakob, wahrscheinlich ein Schwabe. Er sagt: „Komm, die Herde noch mal raus!“ Da muss man doch was machen. Das gibt es doch nicht. Es ist so wunderbar in der Geschichte. Sie liegen da im Steppengras und sagen: „Ach, ist doch alles nicht so wichtig“ und so weiter.
Wir können den Stein nur miteinander wegheben. Das ist auch das Bild dieser Hirten, dieser bezahlten Leute, die gar nicht wirklich an ihrem Geschäft interessiert sind, die das nur widerwillig tun. Und dann taucht plötzlich die Rachel auf, und jetzt wird es wunderbar. Da brauche ich gar nichts mehr zu sagen.
Die Rachel kommt – liebe Freunde, erzählt diese Geschichten euren Kindern! – und Jakob hebt den Stein alleine weg, was viele Männer nicht schaffen. Das ist Liebe. Das ist Liebe – ein biblisches Bild der Liebe.
Gesellschaftliche Beobachtungen zur Liebe und Jugend
Neulich lief im Nachtcafé eine schreckliche Schmutzendung. Wer sie sich angeschaut hat, war selber schuld. Mir hatte jemand davon erzählt, und wir hatten die Sendung für jemanden aufgenommen. Später haben wir sie uns angesehen, und da war es dann doch ganz interessant.
Dort war eine Frau zu sehen, die überhaupt nicht religiös wirkte, sondern eine grüne Frau aus der Zeit der 68er Studentenrevolution. Sie sprach so leidenschaftlich, dass das Gespräch zum Schluss fast platzte. Man sagte, mit ihr könne man gar nicht mehr reden, sie sei eine verrückte Frau, eine Fanatikerin. Denn sie hatte gesagt, die Leute redeten immer nur vom Sex, dabei wollten die jungen Menschen doch gar nicht einfach nur ins Bett. Sie wollten Liebe.
Das war ihr Punkt: Die jungen Leute wollen einfach nur miteinander reden, ein Lied miteinander singen. Wisst ihr überhaupt noch, was ihr ihnen antut? Ihr überladet die jungen Menschen mit euren schmutzigen Gedanken. Unsere ganze Gesellschaft sei krank. Die Frau war übrigens keine Christin. Immer wieder rief sie dazwischen und sagte: „Das macht ihr kaputt mit eurer ganzen Aufklärung, mit eurer Verhütung, mit allem. Lasst doch die jungen Leute wirklich leben! Sie haben hohe Ideale und ein Gefühl für das Schöne.“
Daran wollte ich heute Abend wieder anknüpfen. Das steht auch in der Bibel. Es ist etwas Wunderbares, wenn ein Mensch Liebe für einen anderen empfindet. Das ist uns immer wieder wichtig. Wir haben neulich schon darüber gesprochen, dass in unserer Jugendarbeit das Feuer nicht zu früh aufflammen soll, weil die Jugendlichen es oft noch gar nicht leben können.
Es wäre furchtbar, wenn ein junger Mann mit 17 Jahren schon eine feste Liebe hätte. Er kann das ja gar nicht leben – wie soll das denn gehen? Wir sind immer dankbar, wenn es in der Jugendarbeit gelingt, dass die jungen Leute nicht zu früh in diese Spannung hineingezogen werden, die sie dann nicht mehr beherrschen können.
Stattdessen soll diese Kraft genutzt werden, damit sie sagen: „Jetzt möchte ich an meinem Beruf arbeiten, jetzt möchte ich meine Ausbildung fertig machen, jetzt möchte ich noch etwas leisten.“ Denn die ungeahnten Kräfte der schönen Liebe treiben die Menschen an.
Jakobs Liebe zu Rachel und die Kraft der Liebe
Er küsst die Rachel – keiner weiß warum. Er weint, und sie ist sein Bäsle, schwäbisch, das ist ja sein Bäsle. Er ist der Vetter, nicht der Schwester, sondern des Bruders Sohn, der Schwester, ja Schwester Sohn, ganz richtiges Vetter und Base. Es ist die Freude des Wiedersehens im fremden Land, wunderbare Gottesführungen, die hier da sind – die Macht der Liebe.
Ich will gleich weitergehen, weil es nachher noch einmal kommt: Sieben Jahre dient er um die Rachel. Und es kam ihm vor, als wären es nur Tage. Kann man Liebe schöner beschreiben? In der ganzen Welt ist Liebe nie schöner beschrieben worden. Sieben Jahre, und es war ihm nur vergangen.
Ich weiß, wie lang eine Verlobungszeit werden kann, wenn man sie schön gestalten will, und wie da jeder Tag schwer ist für unsere jungen Leute, wenn sie wirklich in der Verantwortung Gottes handeln. Und umgekehrt ist es wieder so, dass man um der Liebe willen alles kann.
Sehen Sie, deshalb hat Gott in seinem Erlösungswerk noch einmal da angesetzt. Heute Abend wollen wir nicht bloß von der irdischen Eheliebe reden, denn die Wirklichkeit der Ehe sah ja anders aus als diese Liebeszeit vorher, nicht? Die war ja noch sehr spannungsreich. Bis hin zum schmerzlichen Tod der Rachel in Bethlehem, wo er noch heute bestattet ist. Dort, wo die schwangeren Mütter hingehen – das schwer bewachte Gebäude an der großen Kreuzung in Bethlehem, die Israelfahrer kennen es.
Es war eine sehr schmerzliche Lebenszeit für Jakob mit der Rachel, auch die ganzen Spannungen mit Lea und was da alles dazu kam. Aber ich möchte noch davon reden, dass der Glaube in unserem Leben nur dann richtig lebendig ist, wenn er aus der Liebe lebt. Und das müssen wir hier lernen: was Liebe ist.
Die Bedeutung der Liebe im Glauben
Die Liebe hat doch nicht nur mit Erotik oder Sex zu tun. Denken Sie einmal an Mutterliebe. Was ist Mutterliebe? Eine Mutter, die für ihr Kind eintritt, auch wenn sie vielleicht im Gefängnis ist, enttäuscht wurde oder sogar weggelaufen ist. Man sieht diese weinenden Mütter, die sagen: „Wann kommt mein Sohn endlich wieder heim?“ Das ist Mutterliebe – eine Liebe, die rein menschlich ist.
Wenn ihr Glauben nicht aus einer heißen Liebe lebt, aus dieser Liebe, dann ist es ein toter Glaube, sagt die Bibel. Bleibt in meiner Liebe! Die Liebe Gottes ist in unser Herz ausgegossen. Und dann ist es plötzlich so: Wenn man Gott liebt, liebt man ihn über alles. Dann können sie alles bewegen, dann können sie Opfer bringen. Es wird ihnen ganz leicht um der Liebe willen. Aus der Liebe heraus handelt man. Dann muss man nicht um der Gesetze willen Opfer bringen.
Ich glaube, genau daran fehlt es heute bei uns allen am meisten. Deshalb müssen wir noch einmal genauer hinschauen. Wenn ich von dieser Jakobsgeschichte weggehe und zurückdenke: Wo lebt denn die Liebe? Jakob hat Rachel geliebt, weil ihn dieser Typ Rachel angesprochen hat. Es gibt ja kein objektives Kriterium für Liebe. Der eine fühlt sich hier angesprochen, der andere dort. Es ist ganz tragisch, wenn nach einer gewissen Zeit der Mensch sagt: „Dieser Typ spricht mich jetzt nicht mehr an.“ Dann können sie nichts machen. Bei der irdischen Liebe ist das ganz kritisch.
Wo entsteht die Gottesliebe? Sie entsteht nur in der Erkenntnis des Opfertodes Jesu. Und deshalb sage ich immer wieder: Das ist das Herz des Evangeliums. Darin hat Gott uns seine Liebe erwiesen. Krämer hat am ersten Abend begonnen: „So sehr hat Gott die Welt geliebt.“ Darüber müssen Sie nachdenken. Wenn Sie das einmal gesehen haben, dann sagen Sie: „So hat mich Gott lieb.“ Nicht weil Sie in den Führungen Ihres Lebens sehen und sagen: „Ich habe so viel Guthaben auf dem Konto“ oder „Ich bin gesund.“ Daran erkennen Sie die Liebe Gottes nicht. Erkennen können Sie sie nur am Opfertod am Kreuz.
Und das können alle Menschen auch in der größten Armut erkennen. Sie erkennen es in Indien: „Gott hat mich lieb, das weiß ich, weil er seinen Sohn Jesus für mich gesandt hat, weil er mir die Sünden vergeben hat, weil er mich herausgeführt hat aus der Schuld.“ Wenn ein Mensch das einmal erkennt, dann sprudelt er über. Dann muss er die Liebe weitergeben. Und diese Liebe ist die Macht.
Ich bete an die Macht der Liebe, die Macht, die ein christliches Leben antreibt – zum Tun, zum Tun. Bleibt in meiner Liebe! Wo steht das? Beim Weinstock, Johannes 15,9. Ich kann nichts aus Druck machen, sondern bleibe in meiner Liebe und gebt die Liebe weiter. Wer will schon über die Liebe Gottes entscheiden?
Die tiefere Dimension der Liebesgeschichte Jakobs
Die Liebesgeschichte von Jakob wäre mir zu vordergründig und auch zu kitschig, wenn wir sie nur oberflächlich betrachten würden. Wenn wir sie einfach lesen und uns fragen, warum wir so etwas nicht erlebt haben, warum unsere eigene Liebesgeschichte anders ist, dann verkennen wir den tieferen Sinn. Denn die Erfüllung kann niemals allein in einem menschlichen Partner liegen.
Ich danke dem Mädchen, das ich damals ansprach und das im ersten Brief schrieb, dass es eine Beziehung gibt, die noch über unsere menschlichen Beziehungen hinausgeht. Diese Beziehung ist die zu Jesus. Das muss klar sein: Sie kann durch nichts ersetzt werden. Diese Liebe ist noch viel tiefer.
Unsere menschliche Liebe kann nur dann Bestand haben, wenn sie in diese Beziehung eingebettet ist. Andernfalls scheitert alles. Das ist die wahre Lebenserfüllung – auch für diejenigen, die sagen, sie hätten keinen irdischen Partner gefunden, die viel Enttäuschung erlebt haben oder deren Leben von Wunden geprägt ist, etwa durch falsche Behandlung seitens ihrer Eltern.
Die Erfüllung in der Liebe finden wir nur in der persönlichen Beziehung zu Gott. Interessanterweise wird derjenige, der diese Liebe empfängt, auch viele Menschen finden, denen er Liebe schenken kann. Er wartet nicht darauf, dass andere ihm Liebe geben, sondern er spendet Liebe. Er ist so erfüllt, dass er sie weitergeben kann.
Beispiele gelebter Liebe und theologische Reflexion
Heute Abend möchte ich Ihnen von vielen Menschen erzählen, die die Liebe praktizieren und weitergeben.
Im Dezember war ich in Neu-Delhi, in einem Slum, wo an diesem Tag ein großer Generalstreik stattfand. Dort, im Slum Neurupleis, leben etwa 15 Bauarbeiter. Ihre Hütte soll bald abgerissen werden. Es sind Menschen in großer Not. Ich sah dort einfache indische Christen, die für einen kleinen Monatslohn arbeiten. Trotz der schwierigen Umstände waren sie fröhlich und gaben Liebe weiter. Das war etwas Herrliches zu sehen.
Wenn Menschen Jesus dienen und voll sind von dem, was sie empfangen haben, dann ist das nicht nachahmbar. Es muss echt von innen herauskommen. Viele Theologen ärgern sich darüber, weil sie es unanständig finden, ständig von Liebe zu sprechen. Man hört manchmal von ihnen, dass es geschmacklos sei, zu sagen: „Ich will dich lieben, meine Stärke.“ Auch Karl Barth hat in seinem Leben lange gegen diese Vorstellung angekämpft.
In der Bibel finden wir Beispiele dafür. Zum Beispiel die große Sünderin in Lukas 7,36-50, die vor Jesus niederfiel, weinte und mit ihren Haaren seine Füße trocknete. Jesus sagte, sie habe mehr gegeben als andere. Wenn ein Mensch die Liebe zu Jesus hat, dann lebt er wirklich richtig. Aus dieser Liebe heraus kann man Leiden ertragen und Schikane aushalten.
Es ist so wichtig, die Macht der Liebe zu erkennen. Nicht nur die irdische Liebe, wie das Bild vom weggehobenen Stein am Brunnen zeigt. Diese kann uns zwar motivieren, aber viel mehr zählt die Liebe Gottes, die in unser Herz ausgegossen ist.
Ich habe einige Bibelstellen notiert, die das verdeutlichen:
 Epheser 3,17 – dass ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid.
 1. Johannes 4,16 – wie die Liebe Gottes in uns wohnt.
 Johannes 15,9 – „Bleibt in meiner Liebe.“
 Römer 8,35 – „Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes?“
 Römer 5,5 – „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unser Herz.“
Besonders das Johannesevangelium enthält viele Worte Jesu über die Liebe. Auch die Johannesbriefe sind voll davon.
Reflexion über Laban und menschliche Schwächen
Nur muss ich noch ein Wort sagen, das gehört für mich zu den schweren Lehrjahren, zu den schweren Lehrjahren. Ich habe mich heute Mittag noch mit meiner Frau unterhalten: Was war eigentlich der Laban? Ich habe gesagt, der Laban war ein Schuft. Dann hat meine Frau gesagt, das war er eigentlich gar nicht, er war ein ganz normaler Bürger. Das ist richtig.
Wir erlauben uns so schnell ein Urteil. Wir sehen ja, er war ein fairer Mann. Er hat selbst gesagt, ich müsste jetzt eigentlich etwas bezahlen. Er macht das immer so: „Bist du eigentlich verwandt? Könnte ich es auch umsonst machen, aber ich will ja ganz gnädig dir deinen Lohn geben“ und so weiter. Im Grunde ist er immer ein Spiegelbild von uns. Man erlaubt sich so gern, sich bei einer Geschichte zu entrüsten, wie David oder Nathan die Geschichte erzählen, wo ist der Mann da und so weiter.
Der Laban ist ein ganz normaler Bürger, aber ein Bürger dieser Welt. Jakob muss in der Fremde viele, viele Jahre – vierzehn Jahre – bei Laban leben. Christen leben unter Ungläubigen. Das hat sie ja auch schon oft beschäftigt, warum wir eigentlich von Gott wider in solch eine Umgebung hineingestellt werden, wenn wir schon zum Glauben gekommen sind.
Für Jakob war es ganz wichtig, dort zu leben. Entrüste dich nicht! Warum? Das, was Laban lebt, ist bloß die gleiche Trickserei, die Jakob auch schon gehabt hat. Und was er sieht, ist gar nichts, worüber man sich entrüsten müsste, sondern das ist menschliche Alltäglichkeit. Das ist unser Fleisch, so sind wir Menschen.
Deshalb ist es nie christlich, sich über die schlimmen Dinge zu entrüsten, die dort in der Politik und irgendwo im Krieg ablaufen. Immer wieder sehe ich mein eigenes Wesen darin. Darin sehen Sie echtes Christenleben. Wenn wir schon zum Glauben in Jesus gekommen sind, müssen wir wachsen. Woran müssen wir wachsen? An der Erkenntnis, dass unser ganzes Wesen noch teilhat an dem Alten.
Hier ist Jakob ein Beispiel. Er lebt das doch. Und wenn er den Laban sieht – ich wüsste nicht, was ich gemacht hätte, wenn ein Schwiegervater einen so reinlegt – dann muss er noch einmal alle seine Sünden auskosten. Verstehen Sie? Darum werden Christen manchmal schweigsam und sagen: Je älter ich werde, sehe ich vieles in meinem Leben anders und aus anderen Perspektiven.
Es mag manchmal auch sein, dass junge bekehrte Leute im Feuereifer sagen: Wir können doch alles machen! Und sie nehmen auch bloß die weltlichen, fleischlichen Mittel. Sie verstehen die Alten offenbar nicht, wenn diese ein bisschen zögern und noch zurückhaltend sind. Sie sagen: Gott braucht die fleischlichen Trickser nicht. Gott geht ja seinen Weg auch durch alle Irrungen und Wirrungen hindurch und kommt immer noch zum Ziel.
Und Jakob hat es Gott sehr, sehr schwer gemacht. Das muss man lernen. Wie hier in der ganzen Zeit der Lehrjahre Gott an Jakob arbeitet. Er sagt: Siehst du dein eigenes Herz? Ich bin überzeugt, dass Jakob schon sehr früh gesagt hat: Ich hasse diese ganze Art des Laban. Und vielleicht hat er sogar an sich selbst gesehen, dass das auch tief in ihm drinsteckt, dass jeder den anderen übervorteilen will.
Es gibt keine Sünde dieser Welt, die man nicht an sich sieht. Geht es Ihnen auch so? Keine Sünde dieser Welt: Ehrsucht, unreine Gedanken, Übervorteilung, Neid, Habsucht – alles. Und wo wir das alles sehen, sagen wir: Herr, mach mich doch frei! Dann wird man auf einmal erinnert und sagt: Was sieht man da plötzlich in seinem Leben? Gott will, dass wir es erkennen. Nicht, weil Gott uns – wie es da immer bei den Biblischen steht – mit Strafjustiz Angst macht, nein.
Wir müssen uns lossagen. Wir müssen uns lossagen, wir müssen eine ganze Abkehr haben. Es ist oft ein ganz langer Prozess. Die Bekehrung fängt nicht bloß mit einem einfachen Loslassen an. Das muss durch unser ganzes Wesen gehen, los von dem Alten, von dem „Ja“. Das ist ein Unterschied zwischen unserer Menschenart und dem, was Gott will. Gottes Geist ist anders.
Er hat diese neue Art erst dort, wo man vor Gott niedersinkt, am Jabokfluss. Danach sagt Jakob: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Ich wollte mit Ihnen auch noch eine Stelle lesen, Hosea 12, Vers 3. Das ist eine ganz wichtige Stelle. Ich sehe hier Hosea, Joel, Amos – Hosea 12, Vers 3, der Stammvater Jakob als Urbild seines Volkes:
„Der Herr wird mit Juda rechnen, er wird Jakob heimsuchen. Er hat schon im Mutterleib seinen Bruder betrogen und im Mannesalter mit Gott gekämpft. Er kämpfte mit dem Engel und siegte, er weinte und bat ihn. Dann hat er ihn zu Bethel gefunden und dort mit ihm geredet. Der Herr ist Gott, ist der Gott Zebaoth, Herr ist sein Name.“
Wenn Sie über die Jakobsgeschichte nicht merken, dass das Ihre Lebensgeschichte ist, von jedem von uns heute! Wir haben immer gemeint, wir müssten klüger sein als Gott. Wir müssten Gott noch übervorteilen und ihm noch etwas abluchsen. Dabei geht Gott seinen Segensplan. Er will nur Gehör sein.
Und dann entrüsten wir uns und sagen: Ach, so viel Schlimmes in der Kirche, dort geschieht so viel Sündiges. Und Gott sagt: Du, ich habe doch so viel Last mit dir. Bis du dich ganz in meine Hand gibst. Das war bei Jakob wichtig, dass er das lernen muss.
Gerade in Hosea 12 ist es noch einmal beschrieben, dass Gott mit seinem Volk Israel den Kampf fortführt: Wann bekehrst du dich endlich? Denken Sie bitte nie, das Vortreten beim Billigrem wäre Bekehrung. Das ganze Leben ist eine Bekehrung. Das Vortreten ist ein wichtiger Punkt, damit ich mir in meinem Leben klares Schiff mache und weiß, wohin ich will.
Aber dass ich mich losreiße und immer und immer wieder ganz unter Jesus stehe, dessen Kampf der Buße, der Umkehr, der Hingabe an Jesus ist, die meine ganze Kraft braucht. Verstehen Sie? Es ist wunderschön, wenn ich einmal klar mache: Ich kann nicht immer der Tradition mitlaufen. So ist alles irgendwo unklar. Ich will den Weg gehen.
Und dann geht es immer weiter, dass ich mit einer Leidenschaft dringen muss: Wie kriege ich das unter den Gehorsam Jesu? Der Jakob, der so nach dem Segen Gottes getrachtet hat, braucht diese Kur. Und auch nicht bloß, dass er sagt: „Oh, der Laban und dann meine Sünde“, sondern sie muss richtig bei Gott bereinigt sein.
Oft ist es lange in unserem Leben so, bis wir zur Reife vordringen. „Alles Herr, bist du!“ singt sich so leicht, aber so schwer ist es, das zu sagen. Gut, er wird ganz abhängig. Sich bekehren heißt, sich ganz ausliefern, sich ganz in die Hand Gottes werfen, Gott sich ganz überlassen.
Da ist unser altes Wesen. Das war bei Jakob auch noch ganz tief drin, und er hat es lernen müssen in diesen schweren Jahren, wo er Knecht sein musste. Das fiel ihm schwer: Knecht im fremden Land. Und ich weiß, all die von Ihnen, die im Berufsleben stehen, die ihre Sorgen dort haben, die oft bis an die Grenze ihrer Belastung gefordert sind, die wissen, wie schwer das ist.
Und dort geschieht Bekehrung: Hingabe an Gott. „Herr, ich kann es oft nicht mehr. Das ist mir alles viel zu schwer. Mein Lehrerberuf oder mein Muttersein oder unsere Ehe ist so schwer geworden. Ich will dir dienen, Herr. Du musst das irgendwie zum Ende bringen. Ich weiß nicht, wie du es machst. Ich lebe hier mit dir und traue es dir zu.“
Und er dient um des Gehorsams willen, um Gottes Willen. Er dient nicht bloß, weil er die Frauen dort kriegt, sondern weil er es als Weg Gottes erkennt.
Ausblick und Abschlussgedanken zur Liebe und dem Glauben
Wir wollen beim nächsten Mal weitermachen, wenn Laban Jakob wegschickt, obwohl er den Segen erhält. Laban hat viel von diesem Segen profitiert. Doch es kommt der Punkt, an dem die Welt sagt: „Weg mit euch Christen, wir wollen euch nicht mehr.“ Irgendwann ertragen sie uns nicht mehr. An dieser Stelle werden wir dann weitermachen.
Heute Abend hoffe ich, dass es Ihnen ein Stück weit geholfen hat, an dieser Stelle der Liebe. Die Liebe als Motiv und Motivation unseres Glaubens – getrieben aus der Liebe Christi. Dadurch entstehen ganz neue Kräfte. Es sind nicht die fleischlichen oder leidenschaftlichen Kräfte, sondern die Liebeskräfte Jesu, durch die er in der Welt wirken will.
Wir haben heute nicht viel über die Ehe gesprochen und was sie eigentlich bedeutet. Das macht aber nichts, denn darüber haben wir schon anderswo gesprochen. Es geht einfach nicht anders als durch die Liebe. Mit Druck und Zwang erreichen wir ohnehin nichts.
Alles, was aus der Liebe kommt, ist eine Frucht Jesu. Sie werden auch merken, was in Ihrem Leben nötig ist, damit wir in der Liebe wirken können und in der Liebe unser Zeugnis geben. Das geschieht durch die Liebe Jesu. Menschen spüren, wenn wir sie wirklich liebhaben. Das ist niemals vergebens.
