Begegnung in der Nacht: Nikodemus und Jesus
Unser Predigttext steht im Johannesevangelium, im dritten Kapitel, die ersten acht Verse.
Es war aber einer unter den Pharisäern mit Namen Nikodemus, ein Mitglied des Hohen Rates bei den Juden. Er kam in der Nacht zu Jesus und sagte ihm: „Meister, wir wissen, dass du ein Lehrer bist, der von Gott gekommen ist.“
Es ist interessant, dass die Pharisäer auch eine hohe Meinung von Jesus hatten. Sie anerkannten, dass er ein Lehrer ist, der von Gott gesandt wurde. Doch das war noch kein Glaube. Die Begründung des Nikodemus lautete: „Denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, wenn nicht Gott mit ihm ist.“
Jesus antwortete ihm: „Wahrlich, wahrlich, das sind ja die ganz großen Aussagen Jesu, die mit den Worten ‚Wahrlich, wahrlich‘ eingeleitet werden. Ich sage dir: Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen und auch nicht begreifen, wer Jesus ist.“
Nikodemus fragte ihn: „Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er denn wieder in den Leib seiner Mutter kommen und geboren werden?“
Jesus antwortete: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht durch Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch, und was vom Geist geboren ist, das ist Geist. Wundere dich nicht darüber, dass ich dir gesagt habe, ihr müsst von Neuem geboren werden.
Der Wind weht, wo er will, und du hörst seinen Sausen wohl, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist.“
Herr, wirke in uns deine neue Geburt! Amen!
Die Herausforderungen unserer Zeit und die Grenzen äußerer Lösungen
Liebe Gemeinde,
heute ist Wahltag, und die große Freude an einem solchen Tag ist ja, dass man vorher hört, wie die Lage unserer Welt ist. Wochenlang wird dies in Diskussionen und Ansprachen dargestellt. Man hört viel von den Problemen, in denen wir uns befinden. Es gibt eine Fülle von Schwierigkeiten, die über unseren Kontinent hinausgehen: die große Energiefrage, die Sorge um den Fortgang der Wirtschaft, die Not um Arbeit für alle Menschen und viele weitere Fragen, zum Beispiel die der Umwelt.
Wenn man dann nach Lösungen sucht, ist man bestürzt, wie wenig Lösungen wir tatsächlich haben. Es soll nie der Eindruck entstehen, als wollten wir hier von der Kanzel aus das Bemühen der Politiker abwerten. Es ist natürlich wichtig, auch für sie, dass sie sich den Nöten und Problemen der Welt stellen und mithelfen, diese zu lösen. Wir müssen endlich etwas tun.
Doch je mehr wir die Probleme der Welt betrachten, desto mehr merken wir, dass wir mit den Lösungen kaum vorankommen. Und da wollen wir als Christen sagen: Da liegt die Not, dass wir die Probleme nie an der Wurzel packen. Wir versuchen, die Probleme von außen zu lösen, von den äußeren Erscheinungen her. So aber bekommen wir sie nicht in den Griff.
Sie haben sicher in Ihrem Leben eine ähnliche Erfahrung gemacht. Wenn Sie in Berufsschwierigkeiten geraten, wollen Sie diese heilen, kommen aber gar nicht auf den Gedanken, dass dahinter viel tiefere, grundlegendere Fragen stehen können, die Ihnen im Moment vielleicht gar nicht bewusst sind.
Das ist ganz klar, wenn man in Eheschwierigkeiten lebt oder Erziehungsschwierigkeiten auftauchen. Das sind ja nie Fragen, bei denen man schnell zum Fachmann gehen und einen Rat holen kann, wie man sie löst. Dahinter stehen ganz große, notvolle Fragen.
Und das ist ja die Diagnose der Bibel: Sie sagt, hinter all den großen Weltfragen steht letztlich das eine große Problem – der Mensch.
Die menschliche Dimension des Problems
Wir haben gestern das furchtbare Unglück im Hamburger Volksparkstadion erlebt. Wer das in den Nachrichten oder Sportsendungen verfolgt hat, war bestürzt.
Mir ist aufgefallen, wie alle Reporter gefragt haben, wer schuld sei. Es musste doch jemand verantwortlich gemacht werden: der Baumeister des Stadions, der den falschen Zaun gebaut hat, der Handwerker, der das montiert hat, der Mann, der für den Ordnungsdienst zuständig war, oder der Polizeikommissar. Einer musste doch schuld sein.
Doch niemand hat gefragt: Ist es nicht unheimlich, dass es die Masse Mensch ist? Wehe, wenn sie losgelassen wird. In einer Zeitung stand kürzlich ein Satz, der das auf den Punkt bringt: Es ist unberechenbar, man hätte überhaupt nichts tun können. Solche Dinge können passieren, wenn Menschen auf engem Raum zusammen sind. Da wird kurz sichtbar, dass der Mensch doch das große Problem ist.
Es geht nicht nur darum, wie man wirtschaftliche Talsohlen überwindet, wie man die Gewinne der Mineralölkonzerne minimiert oder einige Probleme löst. Vielmehr stellt sich die Frage: Wie kann der Mensch grundsätzlich gewandelt werden?
Ich habe Ihnen schon zu Beginn gesagt, dass wir Christen die Bemühungen der Politiker nicht herunterspielen oder gering achten wollen. Aber wir wollen an die Wurzel unserer Fragen gehen.
Die Wurzel des Problems: die Notwendigkeit der inneren Veränderung
Und heute Morgen im Gottesdienst geht es um uns. Es geht nicht um irgendwelche Weltprobleme. Es geht um unsere Schwierigkeiten, die wir heute Morgen in den Gottesdienst mitgebracht haben. Wir haben keinen Frieden und keine Freude. Wir sind unlustig, beschwert und traurig. Wir können die Dinge in unserem Leben nicht so führen, wie wir es gern möchten.
Es hilft nicht, wenn Sie sagen: „Ich gehe in die Kirche.“ Das ist zu wenig. Dann sind Sie nicht an der Wurzel des Problems. Es hilft auch nicht, wenn Sie sagen: „Ich bemühe mich, ein guter Mensch zu sein.“ Das bringt Ihnen nichts.
Es genügt nicht, wenn Sie sagen: „Ich will mich mit religiösen Fragen ab und zu beschäftigen“ oder „Ich will in ein Kloster gehen und mich nur noch mit religiösen Fragen beschäftigen.“ Auch das hilft Ihnen nicht.
Jesus hat genau gesagt, was nötig ist: eine ganz neue Geburt, eine ganz neue Art. Darüber muss ich heute zu Ihnen sprechen. Die Wiedergeburt ist die Basis eines Christenlebens.
Wie oft bin ich selbst in meinem Leben aus christlichen Versammlungen hinausgegangen und habe gesagt: „Nun will ich mich bemühen, ein rechter Christ zu sein.“ Dabei bin ich gerade an dem vorbeigegangen, was Jesus von mir wollte.
Wenn ich nur immer meine, ich müsste an mir etwas ändern oder etwas an mir korrigieren, bleibe ich nur ein harmloser Typ, der meint, damit sei es getan.
Lassen Sie mich im Bild sprechen: Wenn ich eine neue Frisur trage, ein bisschen Make-up nehme oder einen neuen Anzug anziehe, komme ich mit diesen äußeren Maßnahmen meinen Lebensnöten nicht bei.
Die radikale Forderung Jesu: ein Neuanfang des Lebens
Es ist aufregend, wenn man die Bibel liest, dass Jesus nicht in der allgemeinen Christlichkeit gelebt hat, die immer wieder hier und da herrscht. Diese Christlichkeit vermittelt oft den Eindruck, es sei wichtig, sich einfach nur zu bessern.
Jesus aber hat gesagt, dass es nicht mehr mit Besserung geht. Es geht auch nicht mehr mit Reformen oder Änderungen. Stattdessen ist ein radikaler Neuanfang nötig, ein völlig neues Wesen muss entstehen. Ein Mensch muss noch einmal ganz von vorne anfangen. Vor deiner Geburt muss es noch einmal neu einsetzen.
Nikodemus war ein Seelsorger. Als Pharisäer hat er sich mit gestrandeten Menschen beschäftigt und viel von ihren Schwierigkeiten im Leben gehört. Wie oft hat er den Menschen gesagt: „Ihr müsst den Willen Gottes deutlich in eurem Leben leben, ihr müsst mehr nach Gott fragen, ihr müsst Gott mehr im Alltag realisieren, ihr müsst mehr beten.“
Doch Jesus schiebt das alles beiseite und sagt: „Nein, das ist es noch nicht.“ Es ist schön, wenn man betet, aber ihr seid immer noch weit, weit von einer wirklichen Veränderung entfernt. Jesus bestreitet, dass man mit irgendwelchen äußeren Mitteln, so christlich sie auch aussehen mögen – mit Beten, Frömmigkeit, Bibellesen, Kirchgang, Mühen, Streben oder guten Absichten – sein Leben wirklich verwandeln kann.
Man kann sich sicher ein religiöses Gepräge geben, aber genau das meint Jesus nicht. Er spricht von einem völlig neuen Wesen.
Wenn wir fragen, wie wir unser Leben ändern können, und dabei immer an diesen äußeren Dingen wie mehr Kirchgang, mehr Leben und mehr Frömmigkeit hängen bleiben, ist das so, als wollten wir ein Haus bauen und fangen mit dem zweiten Stock in der Luft an. Das kann ja gar nicht funktionieren.
Zuerst muss ein Fundament gebaut werden, ein Keller muss entstehen, dann die Mauern des Erdgeschosses, danach der erste Stock, und erst dann der zweite Stock.
Die Basis des Christenlebens ist die Wiedergeburt.
Die Bedeutung der Wiedergeburt und ihre Vernachlässigung
Warum wird das heute kaum noch gesagt? Ich bedaure selbst, dass ich meinen Konfirmanten die zehn Gebote beibringe, bevor ich ihnen verständlich machen kann, dass sie von neuem geboren werden müssen. Alles fromme Tun kann nicht stimmen, solange wir keine veränderten Menschen sind und nicht ein völlig neuer Anfang gemacht wurde.
Jesus geht weiter und sagt: Wer nicht von neuem geboren ist, kann überhaupt nichts vom Reich Gottes verstehen. Er kann nichts erkennen. Er kann zwar in der Bibel lesen, doch sie bleibt ihm ein verschlossenes Buch. Er kann in der Predigt sitzen, aber es langweilt ihn. Er wird niemals Frieden oder Freude empfinden.
Er wird von etwas hören, das sein Denken weit übersteigt, und sagen: „Von was spricht er nur?“ Jesus sagt: Ihr müsst von neuem geboren werden. Wollte Jesus uns damit vor den Kopf stoßen? Wollte er uns mutlos machen? Nein. Er sagt das so klar, weil wir wieder wissen müssen, wo unser Christenleben überhaupt erst entstehen kann.
Wir müssen die Basis kennen, von der alles andere ausgeht und auf der alles aufbauen kann. Darum muss ich jetzt zum nächsten Abschnitt kommen.
Die christliche Wiedergeburt als radikale Neuschöpfung
Wiedergeburt – das ist eine ganz großartige Möglichkeit. Manche Menschen denken bei diesem Wort an etwas anderes. Viele unserer Zeitgenossen verbinden mit Wiedergeburt die Seelenwanderung, wie sie etwa in der indischen Kultur gelehrt wird. Doch das hat mit unserem christlichen Verständnis nichts zu tun.
Es geht nicht um irgendein Weiterleben nach dem Tod, sondern darum, ob wir heute eine völlig neue Person werden können, ein ganz neuer Mensch.
Nikodemus war ein ehrlicher Mann und hat gleich nachgefragt: Wie soll das denn zugehen? Wie soll das funktionieren? Ich kann doch nicht noch einmal ein Embryo im Mutterleib werden. Ich kann doch nicht wieder zurück in den Schoß meiner Mutter kriechen.
Das war eine ganz richtige Frage, gestellt von einem Menschen, der aufmerksam und nachdenklich überlegt, wie das eigentlich möglich sein soll. Es ist nicht nur lächerlich, weil es ein kindischer Gedanke wäre, sondern auch, weil es wenig Sinn macht, sich vorzustellen, dass man noch einmal geboren wird. Was wäre denn anders?
Das ist ja unser alter Traum: Wenn ich noch einmal zwanzig wäre, wenn ich mein Leben noch einmal neu machen könnte. Glauben Sie wirklich, dass das Leben dann anders verlaufen wäre?
Das Wort, das Jesus hier benutzt, wenn er von „neu geboren werden“ spricht, hat einen Doppelsinn. Das ist beim Übersetzen immer interessant. Es bedeutet „von neuem geboren werden“, aber genauso auch „von oben geboren werden“. Und genau darauf weist Jesus Nikodemus hin.
Es gibt eine Chance – heute, mitten in dieser Welt –, dass du dein Leben noch einmal empfängst, wie ein Embryo, wie ein Baby, ganz neu, aus der Hand Gottes.
Das ist das Wunder des Christenlebens. Es geht nicht darum, nur über Gebote oder über Lösungen für unsere Probleme zu sprechen, die uns bedrängen. Probleme, die zu Streit führen, die unsere täglichen Herausforderungen unüberwindbar erscheinen lassen, die unseren Beruf schwer machen oder Streit in der Familie verursachen.
Jesus sagt: Du darfst heute dein Leben ganz neu empfangen – wie ein Kind.
Das Bild des neugeborenen Kindes als Symbol des Glaubensanfangs
Und da ist es mir ganz wunderbar, wenn ich dieses Bild nehme: das eines Kindes. Ein eben geborenes Kind kann noch gar nichts tun.
Wir fragen immer wieder: Was ist in meinem Christenleben nun da? Was kann ich machen, über welche Kräfte verfüge ich?
Mit einem Baby können Sie noch nicht Fußball spielen, es lässt sich auch nicht im Büro an den Schreibtisch setzen, um an der Schreibmaschine zu tippen. Ein Baby kann das einfach nicht.
Was kann ein Baby? Es kann an der Mutterbrust trinken und die erste Liebe empfangen. Und zum Christenleben braucht es nicht mehr, als dass Gott uns das Leben ganz neu schenkt.
Sie dürfen heute Morgen im Gottesdienst, wenn es Ihnen noch nie in Ihrem Leben klar geworden ist, diese Wiedergeburt erfahren und sagen: Herr, ich will mein Leben aus deiner Hand empfangen. Bevor es im Abendmahl mir zugesprochen wurde, bist du für mich und meine Schuld gestorben. Ich nehme mein ganzes Leben neu an. Du willst ein neues Wesen aus mir machen. Ich will am Anfang nur so ein kleines Baby sein, trinken und nehmen und dich lieb haben. Darin steht das Christsein.
Und wenn das dann einmal weiterwächst, wenn Sie an ihm bleiben, ganz eng verbunden sind und aus seinem Wort leben, dann kann es sogar sein, dass Sie Ihre Finger ein bisschen bewegen können – geistlich gesprochen. Dann fängt diese kleine Person an zu wachsen.
Dann können Sie vielleicht aufstehen, auf Ihre Füße. Das ist ein ganz langer Weg, bis man die ersten Trittchen machen kann.
Und dann soll man ja nicht so stolz herumlaufen, so wie es die Babys machen: „Alleine, alleine, alleine, jetzt kann ich es, jetzt bin ich Christ.“ Sondern dann soll man die starke Hand fassen, damit man es weiß. Darin steht das Christsein: dass Sie Ihren Lebensraum wieder neu einnehmen, dankbar, weil der Herr Ihnen neues Leben schenkt.
Die neue Geburt als Geschenk Gottes und die kindliche Haltung des Glaubens
Wiedergeburt kann ich nicht selbst vollbringen – ich werde geboren. Ein Baby kann bei seiner Geburt ja nicht viel beitragen. Doch manchmal sind wir wie eine hartnäckige Steißlage. Gott hat große Mühe, uns zu gebären, bis er uns überhaupt als neue Existenz in diese Welt setzen kann. Wir machen es ihm sehr schwer. Das soll deutlich werden: Ich werde von Gott geboren!
In unserer heute oft kinderfeindlichen Zeit muss man hinzufügen, dass es bei Gott keineswegs ein Unglück ist, wenn ein Kind geboren wird. Gott will Kinder haben. Bei ihm herrscht der Wille zum Kind. Er kümmert sich darum, dass bei den Menschen endlich das neue Leben geboren wird.
Wissen Sie, warum Sie so lange in Ihrem Leben falsch gelaufen sind? Weil Sie immer meinten, Sie müssten etwas in Ihrem Leben erzwingen oder verdrängen. Sie dachten, Sie müssten etwas in Kraft setzen, Leben produzieren. Vielleicht sind Sie aus den Gottesdiensten weggelaufen und haben gesagt: „Jetzt will ich etwas machen!“ Stattdessen hätten Sie annehmen sollen: „Ich will mich von Gott gebären lassen als ein Kind, ganz neu Mensch sein und mich freuen an den Gaben, die er mir heute gibt.“
Wiedergeboren aus Wasser und Geist – das Wasser macht es nicht. Das Wasser drückt nur aus, dass eine Handlung an mir vollzogen wurde. Zur Kindertaufe kann man sagen: Wenn Sie sie nicht nur als ein magisches Zeichen sehen, als ob dadurch in Ihrem Leben alles gelöst sei, dann kann ich Ihnen die Kindertaufe gerne empfehlen.
Aber dazu gehört auch, das andere zu sagen: Sie müssen von Neuem geboren werden. Das ist ein Scheck, den Sie einlösen müssen. Es ist ein Angebot Gottes, bei dem Sie einmal Gottes Geist Raum geben müssen, damit Sie dieses neue Leben empfangen können – wie ein Kind.
Hier sind wir alle gleich: Ob große oder kleine Leute, wir können nur sagen: Herr, ich nehme es jetzt aus dir, aus deiner Hand.
Der stille Prozess des Wachstums im Glauben
Ich wollte jetzt mit jedem von Ihnen eigentlich gerne persönlich weitersprechen, weil ich weiß, wie Sie herkommen und sagen: Wie lösen sich meine Fragen? Wie lösen sich die Schwierigkeiten, in denen ich stecke? Wie lösen sich die Schwierigkeiten beim Baby?
Da ist eine Mutter da, die gibt Milch, und dann wird das Kind langsam erwachsen. Dann wird die Mutter für das Kindlein sorgen. Mein Christenleben liegt so einfach, und es kann nicht anders sein, wenn es ein Christenleben sein soll. Die Basis ist die Wiedergeburt.
Wiedergeburt kann man sich nur schenken lassen. Das Schlimmste ist das eigene Drängen, das eigene Wollen und das Frommsein-Wollen. Das sagt doch Jesus zu den Pharisäern, die ein vorbildliches Leben führen wollten und Gott gehorchen wollten: „Ihr müsst von neuem geboren werden.“
Ihr könnt von neuem geboren werden, wir schwierigen Menschen mit unseren ganzen komischen Charaktereigenschaften, die uns oft so leid tun, die wir oft selbst nicht ertragen können, wo wir selbst gar nicht den wilden Einflüssen unseres Lebens steuern können. Wir dürfen von neuem geboren werden.
Ich darf das jetzt von Gott nehmen, glauben und sagen: Ich will das neue Leben jetzt von dir empfangen. Tun Sie das doch, nehmen Sie es doch an. Nehmen Sie Ihr Leben nicht als etwas, das Sie schaffen müssen, sondern freuen Sie sich wie ein Kind: Gott hat mich lieb, er versorgt mich, er lässt mich wachsen.
Dann wird es irgendwann in meinem Leben kommen, dass ich meine Hände und meine Füße immer besser gebrauchen kann und dass ich damit etwas tun darf, ihm zur Ehre. Das ist sein Wirken. Ich darf mich darauf verlassen.
Was eine rechte Geburt ist, das wird schon wachsen. Und Gott produziert keine Krüppel, sondern Gott produziert gesunde Babys.
Die leise Kraft des Geistes und die Geduld im Glaubensweg
Das Letzte vollzieht sich in großer Stille. Wir sprachen davon, wie die Welt eigentlich darauf wartet, dass wir jetzt Lösungen beitragen. Ich spreche so gern von den großen Weltfragen, damit die Menschen meinen, das sei nicht etwas, was im Verborgenen geschieht. Aber sie würden auch sicher gerne jetzt sehen, dass zu Hause, wenn sie nach Hause kommen, alles verwandelt ist.
Das wird nicht so sein. Sie haben die neue Geburt empfangen und glauben dem Herrn, dass er ihnen das gegeben hat. Doch wenn sie nach Hause gehen, werden sie eine erschütternde Erfahrung machen, die sie fast niederdrücken kann. Das alte Wesen bricht immer wieder hervor, viel schlimmer, als es uns vorher bewusst war. Wir leiden jetzt erst richtig an dieser alten Art. Wir sagen: Herr, lass mich doch mehr von deiner neuen Geburt sehen, die du mir versprochen hast.
Wir wollten so gern sanftmütig sein und sind so scharf im Reden. Wir wollten mild und lieb sein und sind so hart. Wir wollten freigebig sein und sind geizig. Das wird uns hier erst wirklich klar und macht uns Not.
Dazu möchte ich Sie noch auf Folgendes hinweisen: Die neue Geburt vollzieht sich still und wachsend, wie Jesus es immer wieder beschrieben hat. Und wir haben nichts in der Hand – Gott sei Dank nichts. Sonst müssten wir ja nicht mehr glauben als die Zusage unseres Herrn.
Mir ist das immer wieder aufgegangen, besonders in Gesprächen mit Ihnen. Ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie mir die Gelegenheit geben, über Ihre ganz konkreten Glaubensnöte zu reden. Viele von Ihnen leiden darunter, dass sie nichts von dem neuen Wesen sehen. Sie sagen: „Ich habe keinen Mut mehr.“ Es geht sogar so weit, dass Menschen nicht mehr weiterleben wollen, weil sie sagen, sie sehen nichts von den Veränderungen der neuen Geburt in sich.
Darum bitte ich Sie: Glauben Sie Jesus! Dann wird dieses stille Wachsen geschehen. Der Wind bläst, wo er will. Man hört ein Sausen, ein leiser Wind. Ich mag das so gern, wenn er jetzt in dieser schlechten Luft ein bisschen durch unsere Kirche weht. Hoffentlich zieht es ihn nicht. Da geht so ein Wind durch, und dann merken wir, wie die Zweige im Wind sich bewegen.
Wenn in Ihrem Leben diese Bewegung herrscht, dass der Geist Gottes hineinblasen kann, ist das geheimnisvoll. Wo kommt der Wind her? Ich kann den Wind nicht stoppen, ich kann ihn nicht halten – es geschieht einfach. Man merkt ihn kaum, man spürt ihn kaum.
Und das geschieht heute in diesem Gottesdienst: Gottes Geist weht. Das wird auch in den nächsten Tagen so sein. Gottes Geist weht, und große Dinge werden von Gott in Bewegung gebracht, weil er Menschen anrührt. Oft bin ich bewegt – das ist in meinem Beruf so schön –, wenn Menschen mir schreiben und sagen, dass ein Wort, das ich einmal gesagt habe, in ihrem Leben zur Lösung aller ihrer Fragen geworden ist.
Neulich kam jemand und erzählte, dass vor dem Gottesdienst zu Weihnachten jemand zum Glauben gekommen ist. Das war für mich ganz überraschend. Weht Gottes Geist wirklich? Geschieht das? Ja, Gottes Geist weht in Ihren Familien, in Ihren Lebensverhältnissen, in Ihren Bedrängnissen.
Auf einmal verstehen Sie, dass immer mehr Jesus bei Ihnen ist. Sein Geist regiert in Ihnen und will Frucht wirken in Ihrem Leben. Dann wissen Sie: Er kann mich durch das dunkle Tal führen. Er soll mich nur führen, denn er ist ja da. Es wird gut gehen. Ich kann Ja sagen zu den schweren Bewährungen, in denen ich stehe, denn sein Geist weht ja.
Und das geschieht weltweit, jetzt, wo Menschen sich im Namen Jesu versammeln. Sein Geist weht, und es gibt Aufbrüche. Menschen kommen zum Glauben. Sein Geist weht, wo er will, und man hört sein Sausen wohl.
Was vom Geist geboren wird, das ist Geist. Sie dürfen Jesus glauben und wissen, dass in Ihrem Leben Neues geschehen ist – völlig Neues. Sie können sich in seine Hand fallen lassen, auf seinen Geist schauen und wissen: Was vom Geist geboren ist, das ist Geist.
Jetzt wird in meinem Leben Geistvolles begegnen. Nicht die Geistlichen, die im schwarzen Tal daherkommen, sondern ich bin ein Geistlicher, weil ich im Geist Gottes leben will. Der Geist Gottes will in meinem Herzen Wohnung nehmen. Er kann die wüsten Phantasien in meinem Kopf vertreiben. Er kann mir den Geist der Liebe geben und seine Sanftmut schenken.
Ich darf Sie bitten: Lassen Sie sich von Gott neu gebären! Dann leben Sie im Geist Gottes und werden voll des Geistes Gottes! Amen!
