Einleitung und persönliche Ansprache
Der zweite Timotheusbrief, Vers für Vers – Gottes Wort für dich.
Ich brauche eine Auszeit. Deshalb bekommt ihr in den nächsten Wochen eine ganz neue Reihe von mir zum zweiten Timotheusbrief.
Mein Name ist Jürgen Fischer. Ich wünsche euch beim Zuhören Gottes Segen und viele hilfreiche geistliche Impulse für euer Leben.
Ursprung und Entwicklung der liberalen Theologie
Liberale Theologie ist etwa 2000 Jahre alt. Die moderne Form davon ist eigentlich die liberale Theologie in Reinform.
Wie beginnt liberale Theologie? Nun, ich starte damit, dass ich mir erst einmal überlege: Was kann ich mir vorstellen? Das ist immer der Ausgangspunkt. Kann ich mir vorstellen, dass Jesus von einer Jungfrau geboren wurde? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Dann wird es wahrscheinlich keine Jungfrauengeburt gewesen sein.
Nun gibt es die Theologie, die sagt: Das war nur eine junge Frau. Und man denkt sich: Das glaubt doch keiner, oder? Niemand käme auf den Gedanken, das zu glauben. Doch plötzlich merkt man, dass es draußen unzählige Menschen gibt, die genau das glauben.
Wenn man fragt, wie sie darauf kommen, dann ist es einfach diese Verschmelzung aus dem Zeitgeist. Der Zeitgeist sagt: So etwas gibt es nicht. Und jetzt muss ich meine Theologie an den Zeitgeist anpassen. Das geschieht Schritt für Schritt.
Ich fange einfach damit an, mir die besonders ungewöhnlichen Dinge aus der Bibel herauszunehmen. Dabei fallen dann die Wunder weg, die Jungfrauengeburt fällt weg, auch die leibliche Auferstehung fällt weg.
Immer geht es darum: Ich kann mir das nicht vorstellen. Dann verschränke ich den Zeitgeist, das Denken der Welt, aus der ich komme, mit dem, was in der Bibel steht. Und wisst ihr, was dabei auf der Strecke bleibt? Immer das, was in der Bibel steht und total schräg ist.
Die Aufklärung und der Umgang mit der Bibel
Kurz nach der Aufklärung entstand der Wunsch, die Bibel einmal so zu lesen, als wäre sie einfach von Menschen geschrieben worden. Normalerweise müsste man sagen, das ist ein ganz absurder Gedanke, weil die Bibel das gar nicht sein will. Wie kommt jemand überhaupt auf so einen Gedanken?
Doch das ist der erste Gedanke. Im Zeitalter der Aufklärung können wir uns doch nicht mehr hinstellen und so tun, als wäre die Bibel ein Buch, das Gott den Menschen geschrieben hat. Wo kämen wir denn da hin? Das ist doch völlig absurd, da halten uns doch alle für ein bisschen verrückt.
Also fangen wir an. An einer Stelle schrauben wir ein bisschen und sagen: Okay, vielleicht gab es die Wunder nicht. Dann werden abstruse Geschichten erzählt. Vielleicht ist Jesus, als er auf dem See ging, nur von Sandbank zu Sandbank gehüpft. Warum Petrus dann ertrinkt, keine Ahnung. Aber der eine weiß vielleicht, wo die Sandbänke sind, und der andere nicht.
Ihr versteht, was ich meine: Da werden die absurdesten Dinge gemacht, weil es kein Wunder geben darf, weil es keine Auferstehung geben darf. Und am Ende stehst du da und denkst: Boah, da bleibt ja am Ende gar kein Glaube mehr übrig.
Die schleichende Abkehr vom biblischen Glauben
Ja, logisch, man fängt ganz klein an und denkt sich: Der Zeitgeist und Wunder, das passt nicht zusammen. Man könnte ja mal ein bisschen darüber nachdenken, vielleicht waren die Wunder gar nicht so wundersam. Zum Beispiel: Fünf Leute werden satt – vielleicht hatten die ganz viel zu essen dabei und haben sich nur nicht getraut, es rauszuholen. Und als Jesus dann von dem kleinen Jungen diese Brote und Fische bekommt und sie verteilt, kriegen alle so ein schlechtes Gewissen, dass sie auch ihr Lunchpaket auspacken.
Das klingt super, außer man liest die Geschichte richtig. Denn da passt es dann nicht mehr. Die Leute sind danach irgendwie begeistert, aber nicht von sich selbst und ihrer Spendierfreudigkeit, sondern von Jesus und dem, was er für ein Wunder getan hat. Also passt es häufig eben nicht, oder sogar gar nicht.
Trotzdem glauben das Leute. Was anfängt mit einer total verrückten Idee – du denkst, wie, du glaubst nicht an die Wunder? Das ist doch absurd! Glaub doch lieber daran: Wenn Gott ein ganzes Universum erschaffen hat, wird er doch irgendwie ein paar Brote und Fische – so einen Fischburger – hinkriegen. Das kann doch kein Thema sein für jemanden, der die Sonne geschaffen hat.
Eigentlich nicht, aber ihr versteht hoffentlich, was ich meine. Man fängt ganz klein an. Das liegt jetzt ungefähr zweihundert Jahre zurück, dass das mit einer gewissen Dynamik gepredigt wurde. Und zweihundert Jahre später gibt es die liberale Theologie, die nicht mehr an eine rettende Christologie glaubt. Jesus ist nicht mehr der Messias.
Ich habe vor kurzem von einem emeritierten Professor der Theologie gelesen, dass er sinngemäß sagte: Wir müssen davon ausgehen, dass Jesus sich selbst natürlich nicht als Menschensohn gesehen hat. Und man denkt sich: Das ist aber komisch, weil in meiner Bibel sagt der Herr Jesus die ganze Zeit, dass er genau das ist.
So weit geht das. Man nimmt zwar noch die Bibel als Buch, aber Jesus ist plötzlich nicht mehr der Messias. Also nicht mehr der, der die Schriften des Alten Testaments erfüllt, nicht mehr der, der von einer Jungfrau geboren wird, nicht mehr der, der Wunder tut, nicht mehr der, der stellvertretend am Kreuz für unsere Sünden stirbt, nicht mehr der, der auferstanden ist.
Himmelfahrt? Da ist auch niemand im Himmel gerade. Das ist moderne liberale Theologie nach 200 Jahren. Und diese flutscht gerade in Gemeinden rein. Ihr werdet sie finden.
Umgang mit liberaler Theologie und geistliche Wachsamkeit
Und wenn sie kommt, dann kann ich euch nur raten, diesen Text ernst zu nehmen. Es reicht nicht zu sagen: „Ja, wir können uns ja ein bisschen damit beschäftigen.“ Nein, das werden wir nicht tun.
Wenn ich eine Predigt höre von jemandem, der aus einer bestimmten Ecke kommt, von der ich weiß, dass sie liberal ist, und der mir dann sagt: „Ja, mit Jesus, und ob der da wirklich sei“, dann schalte ich aus.
Ja, aber Jürgen, wir müssen doch alles prüfen und das Gute festhalten! Wenn du deinen Glauben gefährden möchtest, kannst du das tun, ich mache es nicht. Und ich garantiere dir, ich kann besser prüfen als du.
Ich mache es nicht, weil, wenn ich schon Zeit investiere, dann kann ich mir doch Prediger anhören, bei denen ich von A bis Z weiß, dass ich wirklich etwas lernen kann. Da muss ich nicht die Hälfte wegstreichen.
Außerdem, wenn wir uns diese Prediger anhören, dann wirst du nicht nur mit ihrer Theologie konfrontiert, sondern auch mit dem Geist, der dahintersteht. Glaubst du wirklich, dass du das einfach so wegstecken kannst? Das kannst du nicht.
Warum kippen reihenweise Leute, von denen wir noch vor zehn, fünfzehn Jahren dachten, sie stünden klar in ihrer Theologie? Warum kippen die eigentlich?
Liegt es daran, dass sie nicht wissen, was in der Bibel steht? Oder findet hier ein geistlicher Kampf statt um Seelen? Ein Kampf, den ich verlieren kann.
Mich erschrickt es immer wieder, wenn Paulus den Korinthern im 2. Korintherbrief schreibt – 2. Korinther 11. Das ist eine Warnung, die ich mitnehme in der Auseinandersetzung mit dieser ganzen Thematik liberaler Theologien.
Warnung vor Irrlehrern und geistlicher Täuschung
Ich möchte damit heute Abend schließen. Im zweiten Korintherbrief, Kapitel elf, kommen Irrlehrer in die Gemeinde nach Korinth. Solche Irrlehrer sind zum Beispiel Hymenäus und Philethos. Paulus spricht hier davon. Ich lese ab Vers drei, weil das besonders wichtig ist:
„Ich fürchte aber, dass, wie die Schlange Eva durch ihre List verführte, vielleicht euer Sinn von der Einfalt Christi abgewandt und verdorben wird.“
Darum geht es heute: Wir sollen nicht aufhören, an den Jesus Christus zu glauben, so wie er in der Bibel dargestellt wird. Wir sollen das einfache, manchmal sogar kindliche Vertrauen nicht verlieren. Das kann passieren, wenn jemand mit Professoren- und Doktortitel sagt: „Ja, das kann man aber auch anders sehen.“
Ganz ehrlich: Man kann das anders sehen, das stört mich nicht. Aber nicht, weil ich kein Interesse daran habe, mich mit Themen auseinanderzusetzen, oder weil ich naiv bin. Im Gegenteil, ich bin ein absoluter Textfreak. Trotzdem weiß ich, dass es eine Art von Beschäftigung mit Themen gibt, die am Ende dazu führt, dass ich meinen Glauben verliere. Deshalb halte ich mich von Irrlehre fern.
Ich halte mich fern, weil Paulus in Vers 4 sagt: „Denn wenn der, welcher kommt, einen anderen Jesus predigt...“ Genau das passiert bei liberaler Theologie. Denn wenn jemand einen anderen Jesus predigt, als den, den wir gepredigt haben, oder einen anderen Geist empfängt – und ich denke mir dabei: Überleg mal, was hier steht! Du kannst als Christ einen anderen Geist empfangen.
Hinter diesem anderen Geist steckt ein Geist, dem ich mich aussetze, wenn ich Irrlehrer höre. Dieser Geist will mich prägen, so wie der Geist Gottes mich prägt. Oder es wird ein anderes Evangelium gepredigt. Auch das kommt an dieser Stelle klar zum Ausdruck. Moderne Formen von liberaler Theologie gehen oft nicht mehr davon aus, dass jemand verloren gehen kann. Das ist die reine Allversöhnung.
Das ist ein anderes Evangelium. So etwas solltet ihr nicht ertragen. Und genau das ist meine Sorge: Dass wir wieder an diesen Punkt kommen, wo wir in Gemeinden einen naiven Umgang mit Irrlehre pflegen. Ein naiver Umgang, der damit beginnt, dass wir nebensächlichen Themen Gehör schenken. Damit fängt es immer an.
Wir merken dann nicht, dass diese nebensächlichen Themen nicht neutral sind, sondern uns prägen und unseren Glauben Stück für Stück zerstören.
Praktische Empfehlungen für den Glaubensalltag
Deswegen möchte ich euch an dieser Stelle einfach bitten, in der Zeit, in der wir leben, sehr aufmerksam zu sein, wenn ihr euch Predigten anhört.
Nicht einfach so für die Jungen – ihr werdet wissen, was das ist – Binge Hearing. Also nicht im Überfluss. Du brauchst nicht zehn Predigten pro Woche, du brauchst auch nicht fünf. Wenn du eine Predigt pro Woche hörst und wirklich darüber nachdenkst, dir Zeit nimmst, ein paar gute Verse auswendig zu lernen und über das nachzudenken, was in der Bibel steht, hast du viel, viel mehr davon.
Du brauchst auch nicht auf alle nebensächlichen Fragen eine Antwort. Du musst nicht wissen, wie das Thema Frau und Gemeinde im Detail zu erklären ist. Das kannst du einfach knicken. Lass das die Ältesten forschen. Die haben da zwar auch keinen Spaß dran, aber die werden das wenigstens machen.
Versteht ihr das? Einfach mal so ein bisschen: Hey, lerne deine Brüder und Schwestern zu lieben – das wäre mal ein Job. Lerne, deinen Partner zu lieben – das wäre ein Job. Entdecke die Gaben, die du hast, und bring sie in die Gemeinde ein – das wäre ein Job. Schau, wie du deine Nachbarn mit dem Evangelium erreichen kannst. Ja, los!
Und die anderen Sachen? Ganz, ganz, ganz ehrlich: Die braucht niemand.
Und noch mal: Wenn du denkst, ich aber schon, Jürgen, du kennst mich nicht – ich kenne mich. Ich weiß schon, was es heißt, neugierig zu sein. Aber sei sicher, es ist einfach so, dass diese Themen uns, wenn du nicht aufpasst, ganz schnell von Gott wegführen. Und das wünsche ich mir nicht für meine Gemeinde, das wünsche ich mir nicht für euch. Amen.
Abschluss und Ausblick
Das war es für heute. In der nächsten Episode wird diese Reihe fortgesetzt.
Mit dem regulären Podcast geht es am 14. November 2022 weiter. Viele ältere Episoden sind ebenfalls in der App und in den meisten Podcast-Playern verfügbar.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
