
Herzlich willkommen zum Podcast der Eva Stuttgart mit Jörg Lackmann und Thomas Povileit. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und gleichzeitig zum theologischen Denken anregen.
In den letzten Jahren erleben wir sehr dynamische katholische Initiativen. Diese Initiativen haben nicht selten sogar einen freikirchlichen Charakter. Früher hieß es von protestantischer Seite oft: „Vorsicht, katholisch!“ Ist das heute noch zeitgemäß? Oder ist es nicht egal, ob jemand katholisch oder evangelisch ist, solange er Christ ist?
Diese Fragen wollen wir heute etwas näher beleuchten. Thomas, ich gebe das gleich an dich weiter.
Dynamische katholische Initiativen klingt zunächst für diejenigen, die damit noch nicht so vertraut sind, etwas nebulös. Als Evangelische sind wir da ja nicht ganz so drin. Was hast du denn konkret vor Augen?
Zu katholischen Initiativen fällt mir natürlich zuerst das Gebetshaus in Augsburg ein, mit dem Leiter Johannes Hartl. Ich denke auch an die Homebase in Salzburg, gegründet von Patrick Knittelfelder. Jetzt wird es gleich deutsch, ja.
Gerade in Salzburg ist die Arbeit in die Loreto-Bewegung eingebettet. Diese Bewegung ist ebenfalls sehr dynamisch und orientiert sich stark an der Bibel. Trotzdem macht Loreto keinen Hehl daraus, katholisch zu sein.
In Zeiten der Ökumene – Katholiken haben ja auch sehr klare ethische Positionen – stellt sich die Frage: Warum beschäftigen wir uns damit? Was könnte daran ein Thema sein, bei dem man sagen könnte, dass es Dinge gibt, bei denen wir als Protestanten doch noch ein bisschen Bauchschmerzen haben?
Der Begriff Protestant kommt ja nicht von ungefähr. Eigentlich sind wir ja Evangelische, also auch als Freikirchler. Wir heißen Protestant, weil wir damals gegen die katholische Kirche protestiert haben. Aber das ist doch heute eigentlich alles vorbei, oder?
Nein, man könnte den Eindruck gewinnen, dass es vorbei ist, wenn man so allgemein in die evangelikale Welt hineinschaut. Aber bei diesem Podcast „Achtung katholisch“ geht es mir vor allem um die Lehre und nicht zuerst um die einzelnen Personen.
Ich glaube auch, dass Hartl, Knittelfelder und viele andere, die zu den modernen Katholiken gehören, eine ganze Menge Gutes sagen können. Es spricht zudem für sie, dass sie nie ein Geheimnis daraus gemacht haben, katholisch zu sein. Hartl unterrichtet zum Beispiel sogar Priester an der katholischen Hochschule Heiligenkreuz in der Nähe von Wien. Deshalb kann ich nicht so tun, als ob sie nicht katholisch wären oder als ob das keine Rolle spielen würde.
Du hast vorhin gesagt, dass die Ethik der katholischen Kirche an sich näher an der Bibel ist als die der evangelischen Kirche, und das stimmt ja. Die katholische Ethik ist deutlich näher an der biblischen Lehre. Die evangelische Kirche hat den Kompass zu ethischen Fragen schon lange aus dem Fenster geworfen, so hat man zumindest den Eindruck.
Die klare Sicht in ethischen Fragen darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die römisch-katholische Kirche einen falschen Weg zum Heil zeigt. Mir fällt da Matthäus 23 ein, wo Jesus sagt: „Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler! Denn ihr verschließt das Reich der Himmel vor den Menschen. Ihr geht nicht hinein, und die, die hineingehen wollen, lasst ihr auch nicht hineingehen.“ Ein heilvolles Wort.
Wenn ich mir vorstelle, katholisch zu sein, dann möchte ich von dir doch ein bisschen mehr Argumente hören, warum du das behauptest. Klar ist, dass Luther damals auch nicht aus der katholischen Kirche austreten wollte. Aber er hatte einige Punkte, die uns Evangelischen wichtig sind.
Ich sage jetzt einfach mal: Uns Evangelischen wird das manchen wundern, aber was die Heilsfragen angeht, da stehen wir auf einem gemeinsamen Boden – egal ob freikirchlich oder landeskirchlich. Nur bei anderen Fragen haben wir vielleicht Unterschiede.
Was ist etwas, bei dem du sagst, dass du immer noch Protestant bist? Was hat sich in 500 Jahren nicht geändert, ohne dabei verletzend sein zu wollen?
Ich kenne auch liebe katholische Geschwister, und zwar ausdrücklich Geschwister. Dennoch gibt es lehrmäßige Unterschiede, die heute zwar nicht so oft diskutiert werden, aber definitiv vorhanden sind.
Auf jeden Fall würde ich ganz einfach auf die Grundsätze der Reformation zurückgreifen. Diese sind Thesen, die gegen die Irrlehre der katholischen Kirche formuliert wurden. Ich denke dabei vor allem an die Aussagen: allein durch den Glauben, allein die Schrift, allein Christus und allein aus Gnade – also diese klassischen Statements, die sogenannten Soli.
Allein durch Glauben – fangen wir doch damit an. Es gibt ja auch Katholiken, die eine tiefe Beziehung zu Jesus leben und genauso an Jesus als ihren Retter glauben. Richtig.
Allein durch Glauben – das heißt das ja. Ich glaube, dass ich glaube. Jetzt bringe ich die Auslegung. Ich frage dich hier: Konnte ich mich nicht zurückhalten? Nein. Was soll es denn nun heißen?
Du hast gesagt, es gibt Katholiken, auch solche, die du kennst, die wirklich Geschwister sind. Und es stimmt, dass Katholiken wirklich in einer tiefen Beziehung zu Jesus leben. Aber eigentlich sind diese Christen dann keine Katholiken im eigentlichen Sinn mehr. Das ist eine steile These, die du begründest.
Genau, weil sie mit Jesus leben, aber sich oft gar nicht bewusst sind, was der katholische Glaube von der Lehre her eigentlich ist. Und sie werden es vielleicht auch merken, wenn sie anfangen, fröhlich Jesus zu bezeugen, dass man ihnen vielleicht auch mal deutlich macht, was eigentlich katholische Lehre ist.
Einige der Grundpfeiler der katholischen Lehre sind im Erwachsenenkatechismus der katholischen Kirche niedergelegt. Zum Beispiel basieren sie auf dem Konzil von Trient. Dort wird deutlich gesagt – ich zitiere mal: „Wer sagt, die empfangene Gerechtigkeit werde durch gute Werke vor Gott nicht bewahrt und auch nicht vermehrt, sondern diese Werke seien lediglich die Früchte und Zeichen der erlangten Rechtfertigung, nicht auch die Ursache ihrer Vermehrung, der sei mit dem Anathema, also mit dem Fluch belegt.“
Das heißt, verflucht ist der, der behauptet, die guten Werke seien nur eine Folge des Glaubens. Das sagt im Grunde genommen sehr viel. Umgekehrt steht hier eindeutig, dass man durch gute Werke errettet werden kann, und zwar als Ursache.
Genau, richtig. Nach katholischer Lehre vermehren die guten Werke also auch meine Rettung. Deswegen kann ich aber auch nie wissen, ob ich wirklich gerettet bin oder nicht. Deshalb hat sogar einer der Päpste in seinem Todeskampf gesagt: „Betet für mich, dass ich gerettet bin.“
Das Lesen der Messe bewirkt nach katholischem Glauben bis heute, dass Menschen schneller aus dem Fegefeuer kommen und gerettet werden. Also das sind andere Mechanismen. Im Grunde genommen kommt es auf den Menschen und sein Tun an und nicht auf Gottes Tat.
Das ist es, was im Kern gemeint ist. Es ist eben nicht „allein der Glaube“, wie du vorhin betont hast. Also schon Glaube, das ist ja kein Unterschied, auch die katholische Kirche betont den Glauben, aber halt plus etwas.
Ich glaube, das werden wir bei allem sehen, dass da immer ein Plus dazu kommt.
Richtig. Also hier: Glaube plus Werke.
Richtig. Deswegen ja auch die Heiligen. Ich weiß nicht, ob du mal in Langenargen warst. Wer am Bodensee ist, geht doch mal in die Kirche dort rein. Dort liegen links und rechts zwei Katakombenheilige. Du hast da deinen Gottesdienst, und links und rechts sind Skelette, angeblich von diesen Heiligen aus Rom, aus den Katakomben.
Und die helfen dir ja, wenn du dann die Heiligen anrufst. Oder sie häufen einen Schatz an Errettung an, den die Kirche dir geben kann. Das ist ja offizielle katholische Lehre. Denn du selbst als normaler Gläubiger bist ja normalerweise nicht selig oder heilig, sondern nur, wenn du heilig oder selig gesprochen wirst.
Wir würden das als Protestanten biblisch anders sehen. Wir denken, alle sind heilig. Und dann hat man selber nicht die volle Errettung. Die Heiligen aber haben überschüssige Werke und können dir davon geben.
Das sind schon deutliche Unterschiede.
Genau, das machen die Heiligen: Sie geben dir überschüssige Werke.
Ich meine, was auch noch mal ein ganz wesentlicher Punkt ist, ist natürlich die Taufe. Durch die Taufe werden auch sämtliche Sünden nachgelassen – die Erbsünde, alle persönlichen Sünden und Sündenstrafen.
Nach katholischer Lehre werde ich durch die Taufe wiedergeboren. Das hat dann die evangelische Kirche davon abgeschrieben. Also auch da.
Die Lutheraner, glaube ich, sind da etwas anders als die Reformierten, oder?
Ja, es ist gut, dass man da nochmal unterscheidet. Luther geht auch von der Wiedergeburt durch die Taufe aus, dass man da Christ wird. Und das ist etwas anderes als das, was die Bibel lehrt: Es geht allein durch den Glauben.
Ich denke, das muss man betonen.
Du hast vorhin Johannes Hartl zum Beispiel erwähnt. Und ich habe nicht im Kopf, dass er jetzt zum Beispiel jeden Freikirchler versucht zu überzeugen, dass sie durch die Kindertaufe errettet werden. Oder?
Das macht er nicht, das stimmt. Ich habe sogar von ihm gehört, dass er Freikirchler ermutigt, sich auf ihren Glauben hin taufen zu lassen.
Ich habe aber erst viel später verstanden, dass Hartl das nicht davon abhält, trotzdem zu lehren, dass Heil für einen Katholiken durch die Taufe kommt.
Also beides ist irgendwie möglich. Die eine Behauptung schließt die andere nicht aus.
Auch wenn das für mich jetzt zum Beispiel Widersprüche wären. Ich habe einige Zeit gebraucht, um das zu kapieren. Okay, das läuft einfach nebenher.
Als Katholik bekomme ich das Heil ja schon irgendwie durch den Glauben, aber dann, wie du es auch gesagt hast, durch die Werke, durch das Lesen der Messe, durch die Verehrung der Heiligen oder auch durch die Verehrung der Maria, die dann eben für Bitten für mich eintritt.
Und das ist ein anderes Evangelium. Mit diesem Evangelium komme ich nicht in den Himmel. Das muss man auch mal klar wieder formulieren.
Ich denke jetzt an gläubige Katholiken, die dem widersprechen würden, dass sie das glauben. Für uns Evangelische ist es ja oft so, dass wir viele verschiedene evangelische Kirchen haben, die ganz unterschiedliche Dinge glauben. Dagegen gibt es die eine katholische Kirche.
Natürlich stimmt das nicht ganz, denn auch in der katholischen Kirche gibt es viele verschiedene Strömungen. Ein moderner Katholik würde sich zum Beispiel bestimmt nicht gerne mit einem Bruder aus der Piusbruderschaft vergleichen lassen. Zwischen diesen beiden liegen Welten.
Dennoch ist das offizielle katholische Lehramt verbindlich. Und ich glaube, das darf ich nicht übersehen, auch wenn ein moderner Katholik sagen würde: "Ach, das sehe ich nicht so eng." Das ist die Lehre, an die man eigentlich festgelegt ist.
Wir gehen jetzt die Grundsätze der Lehre durch, anhand dieser Alleinaussagen der Reformation. Die zweite lautet: Allein die Schrift.
Die Katholiken haben ja auch eine Bibel, also auch eine Schrift. Warum also allein die Schrift? Was war den Reformatoren damals so wichtig, dies herauszustellen?
Ja, die katholische Kirche besitzt ebenfalls eine Bibel, das stimmt. Doch wenn man genauer hinschaut, merkt man, dass es Unterschiede gibt. Die Apokryphen, also die Spätschriften des Alten Testaments, sind in das Alte Testament eingestreut. Dadurch werden sie dem Wort Gottes gleichgestellt.
Das Inhaltsverzeichnis einer katholischen Bibel unterscheidet sich daher vom Inhaltsverzeichnis einer evangelischen Bibel. Das ist bewusst so gemacht, weil diese Spätschriften als Wort Gottes erklärt wurden. Viele Irrlehren, die behauptet werden, stammen aus diesen apokryphen Schriften.
Deshalb kann man beispielsweise die Bibel aufschlagen, das Buch Tobias lesen und sagen: „Hier steht, ich darf zu den Toten beten.“ Weil diese Schriften in der Bibel enthalten sind, haben sie auch den Stempel „Das ist Gottes Wort“. Das ist das eine Äußere.
Ich habe allerdings auch mehrere Lutherbibeln zu Hause. Du hast sehr genau formuliert, dass in einigen von ihnen ebenfalls Apokryphen enthalten sind, allerdings in einem Extrablock. Luther schreibt in der Vorrede, dass sie nicht das Wort Gottes sind, aber gut zu lesen, praktisch wie ein heutiger Kommentar oder Ähnliches.
Warum sagst du dann, wenn ich katholisch wäre, würde ich sagen: „Naja, da habt ihr Evangelischen halt etwas aus der Bibel weggenommen“?
Der Entstehungsprozess der Apokryphen zeigt, dass diese Schriften nie behaupten, sie seien das Wort des Herrn. Sie sprechen nicht als Gottes Wort. In den Apokryphen finden sich Irrlehren, und nicht einmal die Juden, deren Spätschriften es sind, haben diese anerkannt.
Das ist natürlich ein gewichtiges Argument, denn alle anderen Schriften des Alten Testaments sind vom Judentum als Gottes Wort anerkannt. Die Apokryphen, die in der katholischen Kirche anerkannt werden, sind nur alttestamentliche Schriften. Neutestamentliche Apokryphen werden alle abgelehnt.
Das Judentum hat diese alttestamentlichen Apokryphen definitiv nicht als Wort Gottes anerkannt. Für die Reformatoren war das klar: Diese Schriften sind nicht Gottes Wort.
Es macht einen Unterschied, ob ich die Apokryphen separat habe und sie entsprechend kritisch lese oder ob ich sie dem Wort Gottes zurechne. Das ist zunächst ein äußerlicher Unterschied. Wir sind ja beim Thema „allein die Schrift“.
Doch es geht weiter: Die katholische Kirche hat auch eine Tradition, die Lehre der Kirchenväter und die Lehre der Kirche. Diese wird in der Praxis über die Bibel gestellt. Deshalb hat Luther „allein die Schrift“ so betont.
Ich habe ein persönliches Erlebnis dazu: Ich habe einen Römerbriefkommentar aus einem katholischen Verlag gelesen, geschrieben von einem Katholiken. Der Kommentar war richtig gut. Dann bin ich zu meinem Lehrer gegangen und sagte: „Ich verstehe nicht, wie jemand, der katholisch ist, den Römertext so exakt auslegen kann und doch zu einer ganz anderen Schlussfolgerung kommt.“
Er antwortete: „Das ist eigentlich gar kein Problem. Egal, wie man den Text auslegt, am Ende wird immer die Lehraussage der Kirche stehen, egal was der Text sagt.“ Das ist das Fatale daran: Es geht nicht allein um die Schrift. Deshalb kann man sich darauf nicht allein berufen.
Es besteht immer die Möglichkeit zu sagen: „Die Schrift sagt zwar dies, aber die Tradition der Kirche behauptet das.“ Diese Tradition ist in den Konzilschriften und Glaubensbekenntnissen festgehalten.
Dann hat man keine Grundlage mehr. Das war Luthers große Erkenntnis: Er sagte, „Hier stehe ich, und die Schrift sagt dies, darauf berufe ich mich.“
Diese Unterschiede sind in der Praxis ziemlich groß. Zum Beispiel: „Allein aus Glauben“ oder „Glaube plus Werke“ oder „allein die Schrift“ oder „Schrift plus Tradition“.
Im normalen Alltag, etwa bei einem Familiengottesdienst in der Schule, bei dem ein katholischer Priester und eine evangelische Pfarrerin zusammen wirken, merkt man diese Unterschiede oft gar nicht.
Doch letztendlich gesteht die katholische Kirche diese Unterschiede auch ein. Es ist sogar ganz offen anerkannt, dass es ein alternatives Lehramt gibt. So wurde zum Beispiel die Lehre von der ewigen Jungfräulichkeit Mariens erst Jahrhunderte später durch ein Konzil beschlossen. Das muss nicht in der Bibel stehen.
Für einen Katholiken ist es kein Problem, dies so zu sehen. Dennoch gibt es diese Unterschiede, und wir sehen sie kritisch.
Das war auch der enorme Druck auf Luther: Soll er behaupten, dass eine tausendjährige Kirchengeschichte irrt? Das ist kein schlechtes Argument, sondern ein gutes, und es hat ihn sehr umgeworfen.
Er sagte schließlich: „Martin Luther kann irren, aber nicht die Schrift.“ Damit ging er noch einmal zurück zur Schrift, zu den Quellen, um zu klären, woher die Wahrheit kommt.
Allein Christus – das ist ein weiterer wichtiger Punkt. Genau, ich meine, das ist eine starke These, die ich behaupte: Christus steht nicht im Mittelpunkt der katholischen Kirche. Thesen darf man aufstellen, man muss nur etwas dazu sagen.
Es geht mindestens genauso um die Heiligen und um Maria. Für mich war das ganz klassisch: Ich habe letztens auf YouTube die Neueinweihung der Dombuchhandlung in Salzburg angeschaut. Diese Dombuchhandlung vertreibt viele Bücher, die ich schätze und kenne. Sie haben ein sehr modernes, ansprechendes Konzept. Darauf wäre ich gar nicht gekommen, wie sie das machen, und ich fand es sehr spannend.
In dieser Einweihung haben sie zu Jesus gebetet, genauso wie wir es auch tun würden. Aber mit genau derselben Selbstverständlichkeit haben sie auch zu Maria gebetet. Diese Loretto-Bewegung steckt da drin. Wobei sie es wahrscheinlich nicht „beten“ nennen würden, sondern „anrufen“, oder? Da gibt es ja bei einigen eine feine Unterscheidung.
Wir würden es „beten“ nennen. Richtig, man möchte ja, dass Maria ein Stück weit auch für einen bittet, dass sie für einen eintritt. Das kommt ja auch darin vor. Deswegen ist es wichtig, immer wieder zu fragen: Geht es hier wirklich um Christus allein? Wenn ich mir anschaue, von welchen Quellen man lebt und zu wem man betet – das hatten wir ja auch am Anfang – worauf berufe ich mich? Dann muss man sagen: Nein, es geht nicht um Jesus allein.
Ja, das würden sie aber kein Problem sehen, weil es ja besonders heilige Menschen sind, die zwischen dem fernen Gott und uns Menschen vermitteln können. Richtig. Aber da heißt es „Maria, bitte für uns“. Sie wird ja nicht angebetet, sondern soll für uns bitten, so wird es normalerweise formuliert.
Das stimmt. Paulus sagt aber im Timotheusbrief, es gibt nur einen Mittler zwischen Gott und den Menschen, und das ist Jesus. Da ist nicht Maria dazwischen. In der Tat wird Maria sehr oft viel mehr verehrt. Ich habe mir auch Lieder angehört, in denen Maria wirklich angebetet wird – ganz bewusst.
Das spielt natürlich eine große Rolle im Leben. Zum Beispiel gibt es Richtung Bodensee – das ist ja katholische Gegend, deswegen habe ich den Bodensee, den wunderschönen Bodensee, jetzt zweimal in dem Zusammenhang erwähnt – ein Krankenhaus, das heißt „14 Nothelfer“. Das sind die heiligen Nothelfer im Katholizismus, die einem helfen sollen. Danach wurde dieses Krankenhaus benannt.
Das ist oft im Alltag so. Wenn ich in der Gegend herumfahre, sehe ich öfter Gottesdienste, die ganz speziell für einen Heiligen oder für Maria gefeiert werden, und verschiedene Feste. Das spielt natürlich eine deutlich stärkere Rolle. Da geht es nicht um Christus allein, sondern um Christus plus Heilige oder plus Kirche dazu.
Das Heil ist ein weiterer Unterschied, den man anmerken muss. Man muss sagen: Das Heil gibt es nach katholischem Verständnis nur in der katholischen Kirche, nicht außerhalb. Auch das ist etwas, was die Bibel auf keinen Fall unterstützt, denn das Heil kommt aus Christus allein, und deswegen wäre die Kirche egal.
Wer nach katholischem Glauben gerettet werden will, muss der katholischen Kirche angehören. Bei den Orthodoxen sind sie etwas freundlicher, aber bei den Evangelischen heißt es klar: Wir haben auf jeden Fall verloren. Das ist eindeutig.
Der letzte Grundsatz der Reformation lautet: allein die Gnade. Das ist nicht unbedingt der Markenkern des Katholizismus, würde ich jetzt etwas überspitzt formulieren. Alle Katholiken mögen mir das verzeihen, aber wir sind hier darauf aus, wirklich lehrmäßige Unterschiede herauszuarbeiten, die es einfach gibt. Das muss man einfach sehen.
Richtig, es ist nicht der Markenkern der katholischen Kirche, aber es ist der Markenkern der Bibel. Ich denke an Epheser 2,8: „Aus Gnade seid ihr gerettet, durch den Glauben – und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es.“ Gnade kann ich mir also nicht verdienen; ich bekomme sie gratis oder gar nicht. Das ist die Aussage der Bibel.
Ich zitiere noch einmal das Konzil von Trient: „Wer sagt, der rechtfertigende Glaube sei nichts anderes als das Vertrauen in die göttliche Barmherzigkeit – und zu dieser göttlichen Barmherzigkeit kann man auch Gnade sagen –, die um Christi willen die Sünde vergibt, oder es sei allein dieses Vertrauen, durch das wir gerechtfertigt werden, also das Vertrauen auf die Gnade, der sei mit dem Anathema, also mit dem Fluch belegt.“
Wenn ich es noch einmal zusammenfasse: Es ist also nicht nur die Gnade, sondern die Gnade und meine Anstrengung. Man sollte als Hintergrund wissen, was du vorhin auch angedeutet hast: Nach katholischer Lehre kommt das Heil zwar durch die Gnade, aber der entscheidende Unterschied besteht darin, dass der Mensch durch Gottes Gnade befähigt wird, an seinem Heil mitzuwirken, es sich also mitzuverdienen.
Der Mensch ist, würde ich so ausdrücken, nur verletzt, aber nicht tot, wie es die Bibel beschreibt. Deshalb hat er selbst die Möglichkeit, etwas dazu zu tun.
Zum Konzil von Trient: Es fand im 16. Jahrhundert statt und war eine ganz klare Reaktion auf die Reformation. Wenn man das durchliest, erkennt man, dass es praktisch ein evangelischer Grundsatz ist – oder wie Luther ihn in der Bibel entdeckt hat – und dass das Konzil ganz bewusst dagegen vorging. Diese Haltung gilt heute noch.
Von daher sind die Soli, die wir im Moment durchgehen, auch ein guter Maßstab, um zu erkennen, wo ein grundlegender Unterschied zur katholischen Kirche besteht. Das darf man nicht übersehen.
Paulus schreibt in Galater 1,10: „Wenn euch jemand etwas als Evangelium verkündigt, das dem widerspricht, was ihr empfangen habt, der sei verflucht.“ Das sind ganz harte Worte, wenn man bedenkt, wie stark er das Evangelium betont.
Ich glaube, es ist wichtig, das Evangelium wieder zu betonen und zu erkennen: Das Evangelium nach Rom ist ein anderes Evangelium. Auch wenn es Jugendbewegungen gibt, in denen manche Schnittmengen mit freikirchlichen Gemeinden bestehen – wobei „freikirchlich“ nicht automatisch ein großes Gütesiegel ist, damit mich hier niemand falsch versteht –, muss man dennoch wissen, dass im Hintergrund einfach der katholische Glaube steht. Diese beiden sind miteinander vermischt, und das kann ich nicht ausblenden.
Mich juckt es jetzt ein bisschen, hier einen kleinen Reizstupser zu geben. Ist es denn so schlimm, wenn ich tolle Sachen sehe? Zum Beispiel beim Gebetshaus Augsburg – ich liebe seinen Stil. Der ist ein bisschen verrückt, aber das ist ja nur nebensächlich.
Um wieder ernsthaft zu sein: Es gibt Sachen und Vorträge, die sind hervorragend. Auch die Lehre über Gott ist teilweise so gut, dass ich jeden Satz unterschreiben könnte, jeden einzelnen. Wenn dir jetzt jemand sagt: „Nö, ist doch kein Problem, die anderen Sachen höre ich nie davon“, was würdest du da sagen?
Die Frage ist: Wie wird der Weg zum Himmel beschrieben und wie wird das Evangelium dargestellt? Das ist mir ehrlich gesagt gar nicht bewusst. Das, was ich gehört habe, war nicht über diese Themen. Ich habe andere Themen von ihm gehört, zum Beispiel, wie man eine Frau lieben soll. Solche Sachen sind mir in Erinnerung geblieben. Da waren super Dinge dabei.
Ja, die sind sehr gut, keine Frage. Aber wir reden hier über das Heil. Mir ist einfach wichtig, dass, wenn der Podcast „Achtung katholisch“ heißt, man wirklich darauf seinen Fokus legt. Das heißt nicht, dass er bei anderen Themen manchmal viel fundierter reden kann als freikirchliche Leute.
Was ich interessant finde, ist, dass mich manchmal diese Abgrenzung wundert. Manche Sachen sind sehr gut, die höre ich auch durchaus. Bei anderen Dingen wundert mich, wie wenig die evangelische Seite manchmal über die katholische weiß.
Zum Beispiel gibt es Leute, die sagen, wir sollen das Abendmahl zusammen feiern. Sie sind sich gar nicht bewusst, dass im Katholischen kein Gläubiger den Wein trinkt. Das macht nur der Priester. Und dass Christus noch einmal geopfert wird – das wissen viele überhaupt nicht. Sie haben diese evangelische Vorstellung: Ich nehme Brot und Wein. Das könnte ein Katholik nie akzeptieren, weil der Wein niemals an einen Gläubigen ausgeteilt wird. So sind sie oft gar nicht bekannt.
Deshalb haben wir auch in den Shownotes zwei Bücher verlinkt, die man bei CLV herunterladen kann. Die setzen sich einfach mit katholischer Lehre auseinander und sind sogar kostenlos. CLV ist immer kostenlos. Das würde ich auf jeden Fall empfehlen, um einen Blick dafür zu bekommen. Es gibt eben Unterschiede, und das sind nicht nur irgendwelche Unterschiede – sie sind gravierend. Es geht um das Heil.
Es kann trotzdem so sein, dass ich jemandem zuhören kann, der katholisch ist und sehr gut Dinge darstellen kann, wenn es um ethische Fragen geht. Aber das Heil wird nicht so gelehrt, wie die Bibel es zeigt. Deshalb komme ich nicht bei dem Ziel an, bei dem ich eigentlich ankommen sollte: nämlich beim Herrn in der Herrlichkeit.
Ich habe mir gerade die Shownotes angeschaut und konnte die Bücher sehen. Ich habe beide auch gelesen. Ich fand sie sehr interessant, vor allem, weil man auf manche Dinge gar nicht kommt. Zum Beispiel, dass es den Ablass heute noch gibt. Da habe ich gedacht: Na ja, das übertreibt ein bisschen arg. Dann habe ich mir den Segen „Urbi et Orbi“ angeschaut. Dort wurde ausdrücklich gesagt, wenn du diesen Segen empfängst, bekommst du deinen Ablass für deine Sünden.
Das ist nichts, was irgendwo damals war und man dachte, das sei jetzt überwunden. Das ist ganz normal. Wenn solche Bewegungen entstehen, sieht man immer nur die eine Seite.
Ich fand es interessant, dass du vorhin gesagt hast, man denkt immer, wenn jemand positiv über Christus redet, müsse etwas anderes ausgeschlossen sein. Das ist beim modernen Menschen überhaupt nicht mehr so. Er kann beides stehen lassen. Er kann sagen: Christus plus Werke – und trotzdem sagen: allein Christus. Das schafft ein moderner Mensch.
Das ist interessant, da mal genauer hinzuhören und über den Glauben nachzudenken, glaube ich.
Ich glaube auch, dass es wichtig ist, beim Katholizismus zu sehen, wie katholischer Glaube wirklich ist. Da muss ich zum Beispiel nach Rom gehen, also nicht dort, wo er sowieso so marginalisiert ist. Dort sehe ich heute Leute, die auf einer Treppe langsam hochrutschen, weil sie Vergebung ihrer Schuld suchen. Das kann ich dort sehen.
Also das ist alles nicht so weit weg, wie man sich das vorstellt, nur weil ich das in meinem Alltag nicht mitbekomme.
Ja, wir leben halt auch in einer evangelischen Gegend, wo man sich nicht so bewusst ist, was die Unterschiede sind.
Ja, die vermischten Themen und die Bücher kommen in die Shownotes. Oder wollen wir die jetzt schon im Podcast erwähnen? Nein, das kann man nachlesen.
Gut, dann würde ich sagen, binden wir das Ganze doch mal zusammen. Man könnte jetzt bestimmt noch viel reden und diskutieren, aber wir haben schon mal ein paar Punkte angesprochen. Es gibt lehrmäßige Unterschiede, über die man nachdenken sollte. Diese sind vielleicht nicht ganz so unbedeutend, wie man auf den ersten Blick denkt. Sie sind sehr entscheidend, ja.
Man kann sich da durchaus reinknien und mal schauen: Was ist denn wirklich von der Bibel gedeckt und was nicht? Ist die Bibel für mich die Autorität, oder sage ich auch Tradition etwas zu? Übrigens, die Bibel spricht über Tradition und wie wichtig sie sein soll. Das ist ganz spannend.
Richtig. Aber wenn wir hier von Tradition sprechen, dann ist die Bibel nicht grundsätzlich gegen Tradition. Manche Traditionen sind ja gut. Die Bibel sagt, dass man Traditionen überprüfen muss. Traditionen dürfen nicht über der Bibel stehen, sagt die Bibel selbst.
Das ist natürlich spannend, wenn man mit einer Tradition kommt, die sagt: „Wir sind jetzt dazu.“ Aber das ist nur ein Punkt. Es gibt vieles, was man da anschauen könnte.
Die zwei Bücher, die wir erwähnen, sind hervorragend. Sie gibt es kostenlos. Wer interessiert ist, kann sie herunterladen, durchschmökern und schauen, welches Kapitel ihn interessiert. Was wusste ich noch nicht? So kann man sich ein bisschen vertiefen in das Ganze.
Das war es jetzt endgültig vom Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart. Wir hoffen, dass ihr einen Impuls mitnehmen konntet und vor allem eigene Antworten findet. Wir wollen euch nichts überstülpen, sondern dazu anregen, zu schauen: Warum widerspricht die Bibel wirklich der katholischen Lehre, wenn man sie genau anschaut? Es soll angeregt werden, das mal zu untersuchen.
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns doch unter podcast@eva-stuttgart.de.
Uns bleibt, euch Gottes Segen zu wünschen und einen klaren Blick dafür, zu erkennen, wo das Evangelium drinsteht und wo zwar die Etikette „Evangelium“ draufsteht, aber es etwas ganz anderes ist.