Geschwister, darf ich mich niedersetzen? Ich freue mich sehr, hier sein zu dürfen.
Ich habe zu meiner Frau gesagt, dass ich eine doppelte Freude habe, dorthin zu fahren. Erstens kenne ich inzwischen schon einige Geschwister, auch aus der jüngeren Generation. Zweitens ist das Thema sehr schön, das wir heute und an den nächsten vier Abenden noch betrachten dürfen.
Vielen Dank für die Einladung und dafür, dass ihr gewartet habt. Die Züge fahren nicht immer so, wie man es sich wünscht. Doch der Herr hat uns Gelingen geschenkt.
Einführung in die Geschichte und deren Bedeutung
Wir wollen gemeinsam 1. Mose Kapitel 37 aufschlagen. Es geht um die Geschichte von Joseph, die wir als die Geschichte von Joseph kennen. Dabei stellt sich die Frage, wie man diese Geschichte interpretieren soll.
Man kann die Bibel einfach so lesen, dass man die Geschichte wahrnimmt und daraus praktische Lektionen zieht. Zum Beispiel, was man aus dem Vorbild von Joseph lernen kann. Alternativ kann man auch den größeren Zusammenhang beachten. Genau das wollen wir heute Abend tun: den größeren Zusammenhang betrachten.
Hier geht es um das spannende Finale des ersten Buches Mose. Das erste Buch Mose wäre nicht vollständig, wenn diese Kapitel fehlen würden. Es handelt sich um einen ganz besonderen Abschnitt.
Natürlich kann man die Geschichte auch so betrachten, dass man sieht, worin Joseph ein Prototyp oder Vorbild für den Herrn Jesus ist. Das werden wir vielleicht auch manchmal tun, aber darauf werde ich heute nicht die Betonung legen.
Wir wollen also zuerst den Text lesen, ein paar Verse aus Kapitel 37. Ich werde auch etwas aus Kapitel 36 vorlesen, da Kapitel 36 im Kontrast zu den folgenden Kapiteln steht.
Kontrast zwischen Esau und Jakob
Kapitel 36, Vers 6: Und Esau nahm seine Frauen, seine Söhne und seine Töchter, alle Seelen seines Hauses, seinen Herdenbesitz und alles Vieh mit allen Gütern, die er im Land Kanaan erworben hatte. Dann zog er in ein anderes Land, weg von seinem Bruder Jakob.
Denn ihre Habe war zu groß, sodass sie nicht beieinander wohnen konnten. Das Land, in dem sie als Fremdlinge lebten, konnte sie wegen ihrer Herden nicht ertragen.
Vers 43: Da sind die Fürsten, die in Edom gewohnt haben, im Land ihres Eigentums, das ist Esau, der Vater Edoms.
Dann geht es weiter: Jakob wohnte im Land der Fremdlingschaft seines Vaters, im Land Kanaan.
Man erkennt den Unterschied: Die Edomiter wohnen im Land des Eigentums, während Jakob im Land der Fremdlingschaft seines Vaters lebt. Die Edomiter wollten nicht im Land bleiben. Esau wollte nicht im Land bleiben, sondern zog weg von seinem Bruder Jakob. Er wollte ein eigenes Land, ein Land des Eigentums, das ihm selbst gehört.
Jakob hingegen wohnte im Land der Fremdlingschaft. Dieses Land hat ihm nie gehört.
Es heißt dann: „Dies sind die ...“ – hier folgt ein Wort, das etwas schwierig zu übersetzen ist. Es bedeutet eigentlich: „Dies sind die Geschichten Jakobs“ oder besser: „Das ist die Entwicklung, die mit Jakob ihren Anfang nahm.“
Das ist die Geschichte, die mit Jakob begann. Was ist aus Jakob geworden? Im Hebräischen heißt dies „die Tolle Dot“, die Tolle Dot Jakobs.
Die Geschichte Jakobs als Rahmen
Und wir wollen uns bewusst machen, wenn wir jetzt die Geschichte Josephs betrachten, dann wollen wir daran denken: Das ist die Geschichte Jakobs. Das heißt, wir wollen die Geschichte mal so lesen, als ob wir sie durch die Augen Jakobs betrachten. Und das wird ganz wichtig.
Letztlich geht es hier um Jakob, den Vater. Wenn man einmal unterstreicht, wie oft der Name „Vater“ in diesen Kapiteln vorkommt – besonders in Kapitel 44 zum Beispiel –, dann merkt man, dass hier eine starke Betonung auf dem Vater, dem Vater Jakob, liegt.
Ich muss ein bisschen ausholen. Wir müssen uns erinnern an das erste Buch Mose und daran, wie die ganze Sache ihren Anfang nahm. Gott rief Abraham und gab ihm eine Verheißung, eine dreifache Verheißung. Er versprach ihm einen Samen, zusammen mit dem Samen auch ein Land – das ist der erste Teil der Verheißung. Der zweite Teil lautet: „Ich werde dich segnen.“ Und der dritte Teil: „Durch deinen Samen soll die ganze Erde gesegnet werden, alle Geschlechter der Erde.“ Eine dreifache Verheißung.
Wenn wir das Buch Mose lesen, merken wir, dass der erste Teil der Verheißung die Geschichte Abrahams ist. Wie kommt Abraham zu seinem Samen? Wie kommt Abraham zu Isaak? Und es endet mit der Hochzeit Isaaks.
Der zweite Teil der Verheißung betrifft die Geschichte Isaaks. Die Kapitel zwölf bis fünfundzwanzig erzählen die Geschichte Abrahams. In Kapitel 25 heißt es dann: „Das ist die Geschichte Isaaks.“ Ab Kapitel 25 lesen wir immer wieder vom Segen. Der Segen steht im Mittelpunkt.
Die Geschichte des Segens zeigt, wie Jakob zu dem Segen kommt. Er stiehlt sich den Segen. Wie wird dieser Sohn Isaaks, Jakob, ein gesegneter Mann? Das ist die ganze Geschichte von Isaak – von Kapitel 25 bis zu seinem Tod am Ende von Kapitel 35.
Dann folgt Kapitel 36, das ein kurzes Zwischenkapitel über Esau ist. In Kapitel 37 stellt sich die Frage: Wie kommt jetzt der Segen zu allen Völkern der Erde? Wie kommt der Segen in die Welt? Das wird vor allem in diesen Kapiteln beschrieben.
Gottes Erwählung und die Familie Jakobs
Gott begann mit Abraham, der ein Volk gründete. Er holte einen einzelnen Heiden aus den Völkern heraus. Von den zwei Söhnen Abrahams wählte er Isaak aus. Von Isaaks zwei Söhnen, Jakob und Esau, erwählte er Jakob. Jakob sollte der Stammvater eines Volkes werden – eines heiligen Volkes in dieser Welt. Dieses Volk sollte der Herr verwenden, durch die ganze Geschichte hindurch. Von diesem Volk würde der Messias kommen – das Volk Israel.
Wir lernen, wie Jakob zu Israel wird, in der Geschichte von Kapitel 25 bis 35. Am Ende dieses Abschnittes, wenn wir Kapitel 34 und 35 lesen, merkt man: Was ist das für eine Familie, die Familie Jakobs? Was ist das für eine Familie, die zum Segen der ganzen Erde werden soll?
Der Älteste, Ruben, besteigt das Bett seines Vaters, wird dadurch unzüchtig und verkauft sein Erstgeburtsrecht. Der Zweite und der Dritte, Levi und Simeon, sind bereit, ein ganzes Dorf im Namen der Religion niederzumetzeln. „Beschneidet euch, lasst euch beschneiden, werdet so fromm wie wir, dann wollen wir mit euch einen Bund schließen.“ Im Namen der Religion metzeln sie ein ganzes Dorf nieder, töten die Menschen und rauben den Besitz.
Wir stellen außerdem fest, dass sich Götzen in der Familie Jakobs angesammelt haben. Diese Götzen müssen ausgeräumt werden, denn sie sind nicht besser als die Heiden. Hier haben wir ein Volk, das eigentlich ein heiliges Volk sein sollte, ein Volk, das sich unterscheiden sollte. Dieser Kern des Volkes, die Familie Jakobs, sollte eine besondere Familie werden. Doch wir sehen schlechten Charakter, Götzendienst und eine zerrissene Familie.
Die Geschichte von Joseph und das Kapitel 38
Josef wird verkauft, das erfahren wir in Kapitel 37. Ein Riss geht durch die Familie, und man fragt sich, was aus dem Kern des Volkes Gottes werden soll.
Wenn wir die Geschichte in 1. Mose 37 lesen und sie auch mit Kindern erzählen, lassen wir oft ein Kapitel aus. Jedenfalls in den Kinderstunden überspringen wir ein Kapitel. Wir gehen von Kapitel 37 direkt zu Kapitel 39. Kapitel 38 lassen wir aus.
Man sagt, dieses Kapitel passt nicht in die Geschichte, weil es von Juda handelt und nicht von Josef. Deshalb fragt man sich, warum dieses Kapitel überhaupt da steht.
In den kommenden Tagen werden wir uns diese Kapitel genauer anschauen. Dabei werden wir feststellen, dass Kapitel 38 ein äußerst wichtiges Kapitel ist. Vielleicht ist es sogar ein Schlüsselkapitel für die gesamte Geschichte von 1. Mose 37 bis Kapitel 50.
In diesem Kapitel spielen zwei Menschen eine besondere Rolle: Josef und Juda. Es geht hier um zwei Personen, von denen wir lernen können. Es handelt sich nicht nur um eine Person. Beide sind ein Prototyp auf Jesus Christus.
Joseph und Judah als Vorbilder Christi
Was heißt das, Prototyp? Das ist ein Fremdwort und bedeutet, dass jemand ein Vorbild für Jesus Christus ist. Ein Prototyp ist ein Bild auf kleinerer Ebene von etwas, das später kommt und größer ist. Es ist also ein Erstbild von etwas Größerem, das noch folgen wird.
So ist Joseph eigentlich kein Bild, sondern ein Prototyp, ein Erstbild von Jesus. Er ist nicht wie Jesus im Sinne von gleich groß oder gleichwertig, sondern viel kleiner. Dennoch ist er in vielerlei Hinsicht eine Vorschattung auf Jesus Christus. Genauso gilt das auch für Judah, und das wird oft übersehen.
Wir haben ja zwei Teile von Israel. Eine Zeit lang war das Volk Israel, unter David und Salomo, ein großes Reich. Dann hat sich das Volk gespalten in zwei Teile: ein Nordreich und ein Südreich.
Wie heißt das Nordreich? Welchen Namen bekommt das Nordreich in der Bibel? Das Nordreich heißt entweder Ephraim oder Joseph. Sucht mal in der Bibel nach, es gibt viele Stellen dazu. Vielleicht können wir an diesem Tag noch ein paar davon anschauen. Das Nordreich heißt Joseph oder Ephraim, nach einem seiner Söhne. Das Südreich heißt Judah.
Hier haben wir also wieder die zwei Namen Joseph und Judah. Joseph bekam das Erstgeburtsrecht, und Judah erhielt das Königtum. Von Judah kamen die Könige, darunter David. Und von Judah kommt auch der Messias.
Wenn wir dieses Kapitel lesen, bedenken wir, dass es um zwei Personen geht, die beide ein Prototyp auf Jesus Christus sind. Joseph hat unschuldig gelitten. Judah hingegen wurde bereit, stellvertretend für seine Brüder zu leiden. Er kam an den Punkt, an dem er bereit war, stellvertretend in die ägyptische Sklaverei zu gehen.
So haben wir also Joseph als das Vorbild für den Herrn Jesus, der unschuldig gelitten hat. Judah ist das Vorbild für den Herrn Jesus, der stellvertretend für uns gelitten hat.
Die zerrissene Familie und Gottes Absicht
Wir haben hier eine Familie, die nicht nur zerrissen ist, sondern auch einen schlechten Charakter hat. Die Menschen, diese Brüder, die Söhne Jakobs, waren schlechte Leute mit schlechtem Charakter. Das ist irgendwie sympathisch für uns, denn wir finden uns gerne in solchen Geschichten wieder. Oft erkennen wir uns darin, oder? Auch bei Jakob finden wir uns wieder, weil wir so viele Sünden sehen und unsere eigenen Sünden darin erkennen. Daraus können wir viel lernen.
Doch was wird Gott nun mit diesen Menschen tun, die einen schlechten Charakter haben? Was wird er unternehmen, um aus diesen Leuten einen schönen Charakter zu formen? Wie wird aus ihnen ein Volk, ein Kern für sein Volk, das Gott sich erwählen wird? Was wird er mit der Familie Jakobs tun, um Menschen daraus zu machen, die in seinen Wegen wandeln?
Eine weitere Frage, die uns beschäftigt, lautet: Da sind diese zwölf Söhne, die im Land Kanaan wohnen. Im Land Kanaan leben die Kanaaniter. Man kann nicht jeden Sohn nach Ur schicken oder jenseits des Tigris und Euphrat, um sich eine Frau zu holen. Ebenso wenig kann man die Söhne der Söhne immer wieder in die Verwandtschaft Abrahams schicken, um eine Frau zu finden.
Sie werden sich also nach Frauen umsehen, die unter den Kanaaniterinnen wohnen. Sie werden Kanaaniterinnen heiraten. Das ist jedoch eine gefährliche Sache, vor allem wenn man die kanaanitische Kultur übernimmt. Von Juda werden wir lesen, dass er der Erste ist, der eine kanaanitische Frau heiratet. Das ist riskant.
Wenn nun alle Söhne Jakobs Kanaaniterinnen heiraten und sich mit der kanaanitischen Kultur vermischen, was wird das Ergebnis sein? Das Volk wird sich auflösen. Das Volk, das eines Tages Gottes Volk werden sollte, wird sich in nichts auflösen. Sie werden alle kanaanitisch werden – und das wäre das Ende der Geschichte der Nachkommen Jakobs.
Was wird Gott also tun, um erstens aus diesen unheiligen Menschen heilige Menschen zu machen, einen gereinigten Charakter zu formen? Und zweitens: Was wird er tun, um die Identität der Söhne Jakobs als besonderes Volk unter den Heiden zu bewahren?
Das sind die zwei Fragen, mit denen wir an den Text herangehen müssen.
Beginn der Erzählung: Joseph und seine Brüder
Lesen wir 1. Mose 37: Jakob wohnte im Land der Fremdlingschaft seines Vaters, im Land Kanaan, dem Land, in dem die Zelte Jakobs standen. Joseph, siebzehn Jahre alt, weidete die Herde mit seinen Brüdern. Er war als Knabe bei den Söhnen Bilhas und bei den Söhnen Silpas, den Frauen seines Vaters.
Joseph hinterbrachte ihrem Vater die üble Nachrede von ihnen. Hier wollen wir schon wieder eine Pause machen: Joseph berichtete seinem Vater die schlechten Taten seiner Brüder. Also doch ein – wie sagt man hier in der Schweiz – ein Däddele, jemand, der alles dem Vater erzählt. Man sagt hier auch ein Pätzer, jemand, der schlechte Dinge weitergibt.
Aber wir sollten aufpassen: Die Bibel gibt keine negative Kritik über Joseph. Wir lesen nirgends ein nachteiliges Wort über ihn. Denken wir daran, dass Joseph ein Vorbild für den Herrn Jesus ist.
Was hat der Herr Jesus gesagt? Was lesen wir? In Johannes 7, Vers 7 heißt es: Jesus bezeugte der Welt, dass ihre Werke böse waren. Jesus hat auch die Sünden der Menschen aufgedeckt.
Hier ist Joseph, der dem Vater die Sünden der Brüder berichtet. In Vers 3 lesen wir: Israel liebte Joseph mehr als alle seine Söhne, weil er der Sohn seines Alters war. Er machte ihm einen langen Leibrock.
Nun, der Leibrock war ein besonderer Mantel, ein bunter, schöner, verzierter mit langen Ärmeln. Er war anders als die Kleider der anderen Brüder. Das war ein Zeichen besonderer Würde. Besonders wichtige Leute trugen so einen besonderen Leibrock.
Man liest auch in 2. Samuel 13 von Tamar, der Königstochter, die ebenfalls einen besonderen Leibrock trug. Das war ein Zeichen der Würde, etwas ganz Besonderes. Wer dieses Kleid trug, wurde hochgehoben.
Jakobs besondere Zuneigung und die Brüder
Was macht hier der Jakob? Man könnte denken, er war ein schlechter Vater, der ein Lieblingskind hatte. Oder man meint, er sollte doch alle Kinder gleich behandeln – und fertig. Doch wir sollten hier nicht zu negativ sein, nicht zu negativ denken. Nicht, dass eines Tages Jakob uns einen Vorwurf macht, weil wir schlecht von ihm geredet haben.
In der damaligen Zeit war es das Recht des Vaters, denjenigen unter seinen Kindern, den er als Erstgeborenen auserwählt hatte, besonders hervorzuheben und das den anderen zu zeigen. Genau das macht Jakob hier.
Da sind die Söhne: Ruben hat sein Erstgeburtsrecht verspielt und bekommt es nicht. Jetzt wählt Jakob Joseph, den Ältesten von Rahel, als Erstgeborenen. Er zeigt das den anderen, indem er Joseph dieses besondere Kleid gibt. Jakob macht Joseph zum Aufseher über die Brüder. Joseph wird sozusagen der zweite Mann in der Familie. Das ist eine Rolle, die Joseph öfter spielt: Er steht hinter Jakob, der der Führer der Familie ist, und dann kommt Joseph.
Das hat natürlich die Brüder sehr geärgert. Der Vater hatte damals das Recht, öffentlich anzuzeigen, wen er erwählt hatte. So hat Abraham mit Isaak gemacht, so hat Isaak mit Jakob gemacht, indem er ihm den Erstgeburtssegen öffentlich sprach. Hier macht Jakob das einfach mit dem besonderen Kleid.
Das regt die Eifersucht an. In Vers 4 heißt es: „Als seine Brüder sahen, dass ihr Vater ihn lieber hatte als alle seine Brüder, da hassten sie ihn und vermochten nicht, ihm den Frieden zu sagen.“ Im Hebräischen steht, sie vermochten nicht, ihm den Friedensgruß zu geben.
Joseph hatte einen Traum und teilte ihn seinen Brüdern mit. Sie hassten ihn noch mehr. Joseph, ein siebzehnjähriger junger Mann, bekommt zweimal einen Traum von Gott. Man fragt sich: Warum dieser Traum? Was hat Gott mit diesem Traum vor? Warum gibt er ihm diesen Traum?
Wenn wir die Geschichte weiterlesen, merken wir, Joseph braucht diesen Traum sehr. Er braucht Ermutigung, weil er einen schweren Weg vor sich hat. Außerdem sollen die Brüder wissen, dass er eine besondere Stellung hat.
Auch von hier aus gesehen bestätigt Gott das: In Vers 36 sagt Joseph zu seinen Brüdern: „Hört doch diesen Traum, den ich gehabt habe: Siehe, wir banden Garben auf dem Felde, und siehe, meine Garbe richtete sich auf und blieb auch aufrecht stehen. Und siehe, eure Garben kamen ringsum und verneigten sich vor meiner Garbe.“ Da sagten seine Brüder zu ihm: „Solltest du gar König über uns sein? Solltest du gar über uns herrschen?“ Und sie hassten ihn noch mehr wegen seiner Träume und Worte.
Joseph hatte noch einen anderen Traum und erzählte ihn seinen Brüdern: „Siehe, noch einen Traum habe ich gehabt, und siehe, die Sonne und der Mond und elf Sterne beugten sich vor mir nieder.“ Er erzählte diesen Traum auch seinem Vater und seinen Brüdern. Da schalt ihn sein Vater und sagte zu ihm: „Was ist das für ein Traum, den du gehabt hast? Sollen wir gar kommen – ich und deine Mutter und deine Brüder –, um uns vor dir zur Erde niederzubeugen?“ Hier ist Lea gemeint mit „Mutter“, also die Ziehmutter.
Seine Brüder waren eifersüchtig auf ihn, aber sein Vater bewahrte das Wort. Ja, der Hass steigt.
Joseph wird zu seinen Brüdern gesandt
Vers 12: Und seine Brüder gingen hin, um die Herde ihres Vaters zu weiden, nach Sichem.
Und Israel sagte zu Joseph: „Weiden deine Brüder nicht bei Sichem? Soll ich dich zu ihnen senden?“
Und Joseph antwortete ihm: „Hier bin ich.“
Darauf sprach er zu ihm: „Geh hin und sieh nach dem Wohl deiner Brüder und nach dem Wohl der Herde und bringe mir Nachricht.“
So sandte er ihn aus dem Tal Hebron.
Es ist sehr schön, wenn wir hier Jakob betrachten und ihn mit früher vergleichen. Jakob ist jetzt 108 Jahre alt. Wir sehen einen Jakob, der anders ist als früher.
Früher haben wir einen Egoisten kennengelernt, der sich nur um sich selbst drehte und nur seinen eigenen Vorteil suchte. Aber jetzt sehen wir einen liebenden Vater, der sich um seine Kinder, seine Söhne, sorgt.
„Wie geht es ihnen? Komm jetzt, ich halte es nicht aus. Geh und bring ihnen etwas und gib mir Bericht. Ich möchte wissen, wie es ihnen geht.“
Da ist ein Vater, der ein Herz für seine Kinder, für seine Söhne bekommen hat, obwohl seine Söhne alles andere als ruhmreich waren.
Jakob tritt hier in der Geschichte in den Hintergrund, ab diesen Kapiteln. Er ist irgendwie hinter den Kulissen, aber immer noch da.
Er ist nicht mehr der Aktive, Fleischliche, der irgendetwas erreichen will. Er ist jetzt ruhig geworden in der langen Schule Gottes. Sein Fleisch ist nicht mehr so aktiv.
Aber jetzt beginnt er zu lieben, jetzt taut der Vater innerlich auf.
Also: „Geh, geh zu deinen Brüdern!“
Vers 15: Joseph geht also aus dem Tal Hebron und kommt nach Sichem.
Josephs Begegnung mit seinen Brüdern und deren Hass
Vers 15
Ein Mann fand ihn und sah, dass er auf dem Feld umherirrte. Er fragte ihn: „Was suchst du?“ Der Mann antwortete: „Ich suche meine Brüder. Bitte sag mir, wo sie weiden.“ Der Mann sagte: „Sie sind von hier aufgebrochen, denn ich hörte sie sagen: Lasst uns nach Dothan ziehen.“
Joseph ging seinen Brüdern nach und fand sie in Dothan. Sie sahen ihn von ferne. Noch bevor er ihnen nahekam, ersannen sie einen Anschlag gegen ihn, um ihn zu töten. Sie sagten zueinander: „Siehe, da kommt jener Träumer. Lasst uns ihn erschlagen und in eine der Gruben werfen. Dann wird unser Vater sehen, was aus Joseph wird, dem Sohn seines Lieblings. Jetzt soll er es erfahren.“
Man merkt, dass hier ein tiefer Hass herrscht – nicht nur gegen Joseph, sondern auch gegen den Vater. Denn Jakob hat Joseph ihnen vorgezogen. Sie wollen ihn töten und sehen, was aus seinen Träumen wird. Was kümmert sie der Vater? Was soll man dem Vater sagen? „Ein böses Tier hat ihn gefressen“, sagen sie, und dann werden wir sehen, was aus seinen Träumen wird.
Vers
Ruben hörte davon und wollte Joseph aus ihrer Hand retten. Er sagte: „Lasst uns ihn nicht töten.“ Ruben mahnte: „Vergesst nicht das Blut! Werft ihn in diese Grube in der Wüste, aber legt keine Hand an ihn.“ So wollte er Joseph aus ihrer Hand retten, um ihn später zu seinem Vater zurückzubringen.
Als Joseph zu seinen Brüdern kam, zogen sie ihm den langen, bunten Leibrock aus. Dann warfen sie ihn in die Grube. Die Grube war leer, es war kein Wasser darin. Danach setzten sie sich nieder, um zu essen und zu feiern.
Wie es Joseph in der Grube erging, wird hier zunächst nicht berichtet. Später erfahren wir von der großen Angst des jungen Mannes, der in der Grube eingesperrt war. Er schrie und jammerte: „Lasst mich wieder heraus!“ Doch die Brüder lachten nur.
Sie hoben die Augen auf und sahen einen Zug Ismaeliter, der von Gilead kam. Ihre Kamele trugen Tragant, Balsamharz und Ladanum. Sie waren auf dem Weg nach Ägypten, um diese Waren zu verkaufen.
Da sagte Juda zu seinen Brüdern: „Was haben wir davon, wenn wir unseren Bruder töten und sein Blut verbergen? Kommt, lasst uns ihn an die Ismaeliter verkaufen, aber unsere Hand soll nicht an ihm sein, denn er ist unser Bruder, unser Fleisch.“
Juda war es, der hier sprach. Die Geschichte von Joseph und Juda ist wichtig. Juda denkt an Gewinn – Geld. Später wird er selbst Geschäftsmann. Er fragt, was sie davon hätten, wenn sie Joseph umbringen. Wenn sie ihn aber verkaufen, bekommt jeder zwei Silberlinge. Das ist viel Geld.
Die Brüder hören darauf, aber keiner denkt an den Vater. Niemand fragt sich, wie Jakob sich fühlen wird. Was kümmert sie der Vater? So verliert Jakob seinen Sohn.
Vers 28
Als die midianitischen Männer, die Kaufleute, vorbeikamen, zogen sie Joseph aus der Grube, holten ihn heraus und verkauften ihn für zwanzig Silberstücke an die Ismaeliter. Diese brachten Joseph nach Ägypten.
Als Ruben zur Grube zurückkehrte – er war bei der Herde gewesen und hatte Wache geschoben – sah er, dass Joseph nicht mehr in der Grube war. Da zerriss er seine Kleider und kehrte zu seinen Brüdern zurück. Er sagte: „Der Knabe ist nicht da! Wohin soll ich jetzt gehen?“
Hier zeigt sich, dass Ruben an den Vater denkt. „Was wird der Vater sagen? Ich bin der Älteste, ich bin verantwortlich. Was soll ich jetzt sagen?“ Doch die Brüder erklärten ihm, dass sie Joseph verkauft hatten, ohne dass Ruben es wusste.
Vers 31
Dann nahmen sie den Leibrock Josefs und schlachteten einen Ziegenbock. Sie tauchten den Leibrock in das Blut und schickten ihn zu ihrem Vater.
Sie schickten nicht selbst jemanden, sondern ließen einen der Knechte gehen, um dem Vater den Leibrock zu bringen. Sie sollten ihm sagen: „Erkenne, ob dies der Leibrock deines Sohnes ist.“ Nicht „unseres Bruders“, sondern „deines Sohnes“.
Das Wohl des Vaters kümmert sie wenig. Jakob sah den Leibrock, der mit Ziegenblut befleckt war. Vor vielen Jahren hatte Jakob selbst seinen Vater mit einem Ziegenbock betrogen. Jetzt aber wurde er von seinen eigenen Söhnen betrogen – ebenfalls mit einem Ziegenbock.
Schon beim Betrachten Jakobs wurde deutlich: Was ein Mensch sät, wird er ernten. Jakob bekommt hier das Leid zurück, das er seinem Vater und seinem Bruder zugefügt hat – nun erfährt er es durch seine Söhne.
Vers 33
Jakob erkannte den Leibrock und sagte: „Der Leibrock meines Sohnes! Ein böses Tier hat ihn gefressen. Joseph ist gewisslich zerrissen worden.“
Jakob zerriss seine Kleider. In diesen Kapiteln wird oft von zerrissenen Kleidern berichtet. Hier zeigt sich ein Riss durch die Familie – eine zerrissene Familie Jakobs. Das Zerreißen der Kleider ist ein Ausdruck der Trauer.
Jakob legte ein Sacktuch um seine Lenden und trug viele Tage Leid um seinen Sohn. Seine Söhne sahen das Leid des Vaters. Sie versuchten, ihn zu trösten, aber was kümmert sie das wirklich?
Alle seine Söhne und Töchter machten sich auf, um ihn zu trösten. Doch er verweigerte sich und sagte: „Wenn ich Leid tragend werde, werde ich zu meinem Sohn hinabfahren in den Bereich des Todes, in den Scheol, zu den Toten hinunter.“ So beweinte der Vater seinen Sohn.
Das Leiden des Vaters wird hier besonders hervorgehoben.
Vers 36
Die Midianiter verkauften Joseph nach Ägypten an Potiphar, einen Kämmerer des Pharao und Obersten der Leibwache.
Kapitel 38: Judahs Weg und seine Familie
Ja, und jetzt? Jetzt kommt Kapitel 38, das wir eigentlich nicht haben wollen, aber es geht weiter mit Kapitel 39. Nein, jetzt kommt das wichtige Kapitel 38, und wir wollen uns noch ein bisschen Zeit dafür nehmen. Haben wir noch etwas Zeit? Ja, ein bisschen schon. Wir wollen einfach ein paar Dinge aus diesem Kapitel 38 betrachten.
Es heißt hier: „Und es geschah zu jener Zeit, dass Judah von seinen Brüdern hinabzog.“ Judah verlässt die Familie, Judah verlässt den Vater. Was kümmert ihn der Vater? Was kümmert ihn die Familie? Er geht jetzt zu den Kananitern. Hier sehen wir einen Riss, der durch diese Familie geht, und der Riss wird größer. Joseph ist weg, Judah entfernt sich von der Familie und hängt sich an einen Heiden namens Hiram. Das dürfte ein Adeliger gewesen sein, denn der Name bedeutet „Adeliger“. Dort bekommt er einen Kananiter zum Freund.
Vers 2: Judah sah dort die Tochter eines kananitischen Mannes mit Namen Schua. Nicht die Tochter hieß so, sondern der Kananiter hieß Schua, und der hatte eine Tochter. Wie die Tochter hieß, wird uns nicht gesagt. Diese Frau, die Judah heiratete, bleibt namenlos. Es wird nie erzählt, wie diese Frau heißt. Er nahm sie zur Frau und ging zu ihr ein. Er fragte nicht den Vater Jakob: „Wen soll ich heiraten? Vater, kannst du mir nicht helfen? Können wir nicht beten, wen ich heiraten soll?“ Nein, was kümmert ihn der Vater? Er heiratete eine Kananiterin, so wie sein Onkel Esau das auch gemacht hat. Und das war die Tochter eines reichen Mannes. Das Wort Schua bedeutet „ein Wohlhabender“. Der Name seiner Frau wird nicht genannt.
Judah lebt nach dem Lustprinzip, nach Lust und Laune. Jedenfalls möchte er jetzt eine Familie gründen, und er bekommt Söhne. Die Frau wird schwanger. Vers 3: Sie gebar einen Sohn, und er nannte ihn „Er“ oder „Gehr“, je nachdem, wie es in der Übersetzung ist. Der Name bedeutet „Wächter“. Ich weiß nicht, warum er ihn so genannt hat. Sie wurde wiederum schwanger und gebar einen Sohn, den sie Onan nannte. Onan heißt „der Starke“ oder auch „der Unglückselige“, „der Unheilvolle“. Wieder gebar sie einen Sohn, und sie nannte ihn Scheler, was „der Sorglose“ bedeutet, jemandem, dem es gut geht.
Und er war ein Kesib, als sie ihn gebar. Ich bin mir nicht ganz sicher, was dieses Detail besagen soll, aber manchmal sind solche kleinen Details, die am Rande berichtet werden, in einem Einschub, auch wichtig. Judah war ein Kesib, als die Frau gebar. Wahrscheinlich war er auf Geschäftsreise oder hatte viele Geschäfte zu erledigen. Er war unterwegs, während die Frau zu Hause gebar. Es heißt hier nicht, dass er in Kesib wohnte. Nein, Judah war unterwegs, irgendwo. Er kümmerte sich nicht um die Frau, die hochschwanger war und eigentlich den Mann brauchte. Familie war für Judah nicht das große Thema, nicht so ein riesiges Interesse.
Vers 6: Judah nahm eine Frau für Er, seinen Erstgeborenen. Ihr Name war Tama, und auch sie war natürlich eine Kanaaniterin. Er, der Erstgeborene Judas, war böse in den Augen Jachwes. Gott sagt: „Nein, so nicht.“ Hier ist Judah, und Gott hat etwas vor mit ihm. Seine Kinder aber werden böse Kinder, jedenfalls hier der Erste, der Erstgeborene. Und der Herr tötete ihn.
Judah sagte zu Onan, dem Zweitgeborenen: „Gehe ein zu der Frau deines Bruders und leiste ihr die Schwagerpflicht, und erwecke deinem Bruder einen Samen.“ Onan wusste, dass der Same ihm nicht gehören sollte. Es geschah, dass wenn er zur Frau seines Bruders einging, er den Samen zur Erde verderbte, um seinem Bruder keinen Samen zu geben. Was war das? Das war damals Sitte und war offensichtlich schon bekannt als die sogenannte Leviratsehe, das heißt die Schwagerehe. Der Schwager hat die Pflicht, dem verstorbenen Bruder einen Nachkommen zu erwecken. Das heißt, er soll die Witwe des ersten Bruders heiraten. Das erste Kind, das sie bekommen, gilt dann als Nachkomme des verstorbenen Bruders.
Und das wollte Onan nicht. Onan lebte genauso wie sein Vater Judah nach Lust und Laune. „Nein, ich will das nicht. Wenn ich schon ein Kind bekommen soll, dann soll es mein eigenes sein.“ Es heißt hier, er verderbte den Samen zur Erde, um seinem Bruder keinen Samen zu geben. Er wollte nicht, dass Tama schwanger wird, weil der Nachkomme nicht sein eigenes Kind gewesen wäre. Er wollte seinem Bruder nicht den Samen geben.
Man sieht die zerrissene Familie Jakobs, und hier die zerrissene Familie Judas. Es geht weiter, nächste Generation. In den Augen Jachwes war das, was er tat, böse, und er tötete auch ihn. Das ist jetzt der nächste Schlag für Judah. Er hat den ersten Sohn verloren und den zweiten Sohn verloren. Ein Vater verliert seine Söhne – das kennen wir von Jakob. Jetzt bekommt Judah genau das zurück, was er seinem Vater angetan hat. So soll Judah daran denken, was ein Vater durchmacht, wenn er seine Söhne verliert.
Und wisst ihr, Jakob hat nicht nur einen Sohn verloren. Ich glaube, das ist uns klar. Jakob hat nicht nur Josef verloren, sondern alle zehn Söhne plus Josef. Denn ab jetzt haben seine zehn Söhne etwas vorgeheuchelt, etwas vorgespielt, dem Vater gegenüber. Keiner war ehrlich mehr mit dem Vater. Das ist hart für einen Vater, wenn er feststellen muss, dass die echte Beziehung zu seinen Kindern nicht mehr da ist.
Aber jetzt, lieber Judah, darfst du erleben, was es heißt, die Söhne zu verlieren. Das alles ist eine Züchtigung für Judah, aber er versteht die Sprache Gottes überhaupt nicht. Judah sagte zu Tama, seiner Schwiegertochter, in Vers 11: „Bleibe Witwe im Hause deines Vaters, bis mein Sohn Scheler groß wird.“ Denn er sagte sich, dass nicht auch er sterben solle wie seine Brüder. Merkt ihr etwas? „Bleib, bleib, warte noch ein bisschen, dann kriegst du ihn auch noch.“ Nein, den wirst du nie kriegen.
Er redet ganz anders zu seiner Schwiegertochter, betrügt sie ganz bewusst und ist außerdem noch abergläubisch. Diese Tama ist gefährlich. Der erste Sohn hat Tama geheiratet, und ich habe den Sohn verloren. Der zweite Sohn hat Tama geheiratet, und ich habe auch den Sohn verloren. Genau, Tama ist die Unglücksbringerin, oder? Und jetzt betrügt er seine Schwiegertochter, macht ihr Hoffnung auf den dritten Sohn, dass sie endlich Nachkommen bekommen darf. Das ist sein Fehler. Er setzt auf Zeit. Er denkt, die Zeit spricht für ihn, die Zeit läuft für ihn. Manchmal denken wir auch so: „Da war etwas nicht in Ordnung, aber die Zeit läuft für mich.“ Die Zeit läuft aber nicht für dich, es sei denn, du tust Buße.
Judah hofft, dass Tama ihren Wunsch nach Nachkommen irgendwann vergisst, und dann ist die Sache erledigt, und wir leben weiter. Als viele Tage vergangen waren, starb die Tochter Schuas, die Frau Judas. Jetzt kommt der nächste Schlag für Judah: Er verliert auch seine Frau. Judah wird Witwer. So erfährt Judah, was es heißt, eine Witwe zu sein, wie Tama, die auch eine Witwe war.
Als Judah getröstet war, ging er zu seinen Schafscheren hinauf nach Timna, und hier war sein Freund, der Adulamiter. Es wurde Tama berichtet: „Siehe, dein Schwiegervater geht nach Timna hinauf, um seine Schafe zu scheren.“ Das war ein großes Fest damals, man schor die Schafe, und es wurde gefeiert. Das war lustig und schön.
Tama kennt ihren Schwiegervater und weiß genau, wo sie sitzen muss und was er tun wird. Sie kennt ihn. Hier ist ein Mann, der nach seiner Lust und Laune lebt. Judah steht hier im krassen Gegensatz zu Josef. Von Josef werden wir erfahren, wie er mit seiner Sexualität umging. Judah hat seinen Bruder Josef in die Sklaverei verkauft, aber wer hatte den besseren Charakter? Beide kommen dran, Josef wird seine Schule durchmachen, eine gewaltige Schule. Gott hat etwas Gewaltiges mit Josef vor. Judah bekommt auch seine Schule. Judah ist ein Mann, der Schwierigkeiten in seiner Familie hat. Familie war ihm offensichtlich nicht so viel wert. Seine Söhne sind nicht geraten, und er lebt nach dem Lustprinzip. Er hat noch einen weiten Weg vor sich.
Judah und Tama: Die Verkleidung und die Nachkommenschaft
Vers 14: Da tat sie die Kleider ihrer Witwenschaft ab. Es geht um die Tama. Sie legte die Kleider ihrer Witwenschaft ab, bedeckte sich mit einem Schleier und verhüllte sich. Dann setzte sie sich an den Eingang von Enaim, der am Weg nach Timna liegt. Sie wusste genau, wo sie sitzen musste, wo er vorbeikommen würde. Sie verkleidete sich als Prostituierte.
Was trieb sie zu dieser Verzweiflungstat? War das Sünde? Hat Tama nach Lust und Laune gelebt? Was führte sie zu dieser Tat? Ich denke, es war der Wunsch, nachzukommen, das war ihre Motivation. Natürlich war sie eine Heidin, aber was sie antrieb, war der Wunsch: Ich möchte nachkommen, ich möchte zu meiner Nachkommenschaft kommen.
Sie hatte gesehen, dass Schelach groß geworden war und sie ihm nicht zur Frau gegeben worden war. Juda sah sie und hielt sie für eine Hure, denn sie hatte ihr Angesicht bedeckt. Er bog zu ihr ab auf dem Weg und sagte: „Wolan, lass mich zu dir eingehen“, denn er wusste nicht, dass sie seine Schwiegertochter war.
Sie fragte: „Was willst du mir dafür geben, dass du zu mir eingehst?“ Er antwortete: „Ich will dir ein Ziegenböckchen von der Herde senden.“ Schon wieder ein Ziegenböckchen, als ob mit einem Ziegenböckchen die Sache erledigt wäre. „Ich will dir ein Ziegenböckchen von der Herde senden“, sagte er.
Sie entgegnete: „Wenn du ein Pfand gibst, bis du es sendest, okay.“ „Was für ein Pfand soll ich dir geben?“ fragte er. Sie sagte: „Deinen Siegelring und deine Schnur und deinen Stab, der in deiner Hand ist.“ Er gab es ihr und ging zu ihr ein, und sie wurde schwanger von ihm.
Ein Siegelring war eigentlich sehr viel wert. Ein Siegelring – das kommt darauf an, wie hoch die Stellung ist. Wenn man ein hoher Mann ist, dann hat der Siegelring großen Wert, denn damit werden Unterschriften beglaubigt. Wenn man ein König ist, ist ein Siegelring noch wertvoller.
Juda sollte einmal ein König werden beziehungsweise das Königtum erhalten. Hier gibt er den Siegelring her, das ist wie ein Ausweis. Der wurde mit einer Schnur getragen, manchmal an einer Kette um den Hals. Siegelring, Schnur und Stab.
Der Stab war hier wahrscheinlich ein Wanderstab. Ein Wanderstab ist nicht besonders wertvoll, aber wenn man ein König werden soll, ist ein Stab wichtig. Der Stab eines Königs ist sehr wichtig, ein Zepter, ein Regierungsstab.
Juda denkt aber nicht ans Regieren. Er lässt sich von seiner eigenen Lust regieren. Er hat noch nicht einmal gelernt, sich selbst zu beherrschen. Wie soll er dann jemals das Königtum erhalten, um über andere zu herrschen? Wie soll er jemals über seine Brüder herrschen?
Doch dieser Stab sollte für Juda noch sehr, sehr wichtig werden. In 1. Mose 49,10 lesen wir: „Nicht weichen wird der Stab von Juda, das Zepter von Juda, noch der Herrscherstab zwischen seinen Füßen, bis Schilo kommt, und ihm werden die Völker gehorchen.“
Hier haben wir Juda, der eines Tages regieren soll beziehungsweise das Königtum erhalten wird. Er und seine Nachkommen werden das Königtum bekommen, und dieses Zepter wird nicht von Juda weichen. Das heißt, der Regierungsstab, der Herrscherstab, wird in der Hand Judas bleiben, bis der Messias kommt.
Der Messias wird auch aus Juda kommen, Schilo, das heißt der Messias, und ihm werden die Völker gehorchen. Aber zum Regieren war Juda noch lange nicht bereit und auch nicht fähig.
Braucht er jetzt schon einen Siegelring und einen Herrscherstab? Er ist bereit, den Ring und den Stab für einen Moment Lust herzugeben. Daraus kann man viel lernen. Man kann sich fragen: Bin ich bereit, meine Regierung herzugeben? Ich werde eines Tages regieren.
Jesus Christus sagt, dass jeder, der wiedergeboren ist, eines Tages mit ihm regieren wird. Bin ich bereit, für einen Moment Lust mein Regierungszeichen herzugeben, die königlichen Insignien, die königlichen Zeichen der Herrschaft?
Hier wäre ihm beinahe der Stab für immer abhandengekommen. Doch lesen wir weiter:
Die Tama stand auf, ging hin, legte ihren Schleier von sich ab und zog die Kleider ihrer Witwenschaft an. Juda sandte das Ziegenböckchen durch die Hand seines Freundes, des Adulamiters, um das Pfand aus der Hand der Frau zu nehmen, denn er wollte das Pfand wieder zurückhaben.
Doch er fand sie nicht. Er fragte die Leute ihres Ortes: „Wo ist jene Prostituierte, jene Tempelprostituierte?“ Damals nannte man sie die Geweihte. Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen übersetzt wird, aber im Hebräischen steht hier die Geweihte, die sich den Götzen geweiht hat und auch Prostitution betrieben hat.
„Wo ist jene Geweihte, die bei Enaim am Weg war?“ Die Leute – man kann sich gut vorstellen, wie das war – da kommt der Hiram und fragt: „Da ist doch die Hure, wo ist die Hure?“ Die Leute antworten: „Welche Hure?“ „Ja, der Juda, der Juda war bei der Hure.“ „Der Jude war bei einer Hure?“ „Welche Hure? Wir kennen gar keine Hure.“
Oh, das war peinlich, sehr peinlich. Er kehrte zu Juda zurück (Vers 22) und sagte: „Ich habe sie nicht gefunden, und auch sagen die Leute des Ortes, hier ist keine Geweihte gewesen, keine Prostituierte.“
Juda sagte: „Assi, behalte es für dich, damit wir nicht zum Gespött werden.“ Ja, das bist du schon, Juda. „Damit wir nicht zum Gespött werden.“ Dem Juda ist der Ruf sehr wichtig, oder der Name eines Geschäftsmannes im Lande Kanaan.
„Siehe, ich habe ihr dieses Böckchen gesandt, und du hast sie ja nicht gefunden.“ Das geschah nach drei Monaten. Da wurde Juda berichtet: „Tama, deine Schwiegertochter, hat gehurt, und siehe, sie ist auch schwanger von der Hurerei.“
Wie wird Juda jetzt reagieren? Gott arbeitet mit Juda, und Gott lässt hier etwas geschehen. Ja, seine eigene Hurerei war so etwas wie ein Kavaliersdelikt, nicht so schlimm, aber die Schwiegertochter hat gehurt.
Eine einzige sündige Handlung kann verheerende Folgen haben in unserem Leben. Doch eine Entscheidung für Gott, wenn wir von Herzen Ja zu Gott sagen, kann unser ganzes Leben prägen.
Und wenn ich bei diesem Ja bleibe, gibt es kritische Sekunden in unserem Leben, kritische Minuten. Manchmal gibt es Zeiten, in denen Gott uns ganz besonders ruft. Das steht auch in der Bibel: Es gibt Zeiten, in denen Gott uns besonders etwas vor Augen führt und sagt: „Du musst jetzt entscheiden.“
Er wartet auf eine Entscheidung von unserer Seite, sei es Bekehrung oder etwas anderes als Christ. Es gibt Momente, in denen Gott uns besonders vor eine Entscheidung stellt.
Jetzt ist die Frage: Was sagen wir? Hier haben wir einen Mann, der uns eine Ermutigung sein soll für unser Leben. Gott hat etwas mit uns vor. Er möchte, dass wir eines Tages regieren.
Wisst ihr nicht, dass ihr über Engel herrschen werdet? Also gehen wir noch ein paar Minuten weiter.
Josephs Aufstieg in Ägypten
Und der Pharao sagte zu Josef, Vers 41: Siehe, ich habe dich über das ganze Land Ägypten gesetzt. Pharao nahm seinen Siegelring von seiner Hand – einen Siegelring, merkt ihr? Das ist etwas Wichtiges, vor allem wenn es ein König ist. Aber hier ist es nicht Juda, der den Siegelring bekommt.
Der Pharao nahm seinen Siegelring von seiner Hand und steckte ihn Josef an. Er kleidete ihn in Kleider aus Büssus und legte die goldene Kette um seinen Hals. Dann ließ er ihn auf dem zweiten Wagen fahren, den er hatte. Vor ihm rief man: „Abrak, Achtung, werft euch nieder!“ So setzte er ihn über das ganze Land Ägypten.
Jetzt wird Josef in feierlichem Umzug durch die Stadt geführt. Er ist nun der zweite Mann hinter Pharao, und Pharao galt als Gott in Ägypten. Josef ist jetzt der zweite Mann im Land und übernimmt die Arbeit des Ersten. Pharao überlässt ihm die ganze Verwaltung. Das kennen wir schon: Das hat Josef beim Vater gelernt, bei Potiphar und im Gefängnis. Und dazu hat Gott ihn jetzt zugerüstet. Er war fast am Platz des Pharaos selbst.
Vers 44: Und der Pharao sagte zu Josef: „Ich bin der Pharao, und ohne dich soll kein Mensch seine Hand oder seinen Fuß heben im ganzen Land Ägypten.“ Pharao gab Josef den Namen Zapnat-Paniach, Erhalter des Lebens. Du bist der Retter des Lebens von ganz Ägypten, Josef, durch deine Deutung des Traumes und durch deine guten Ratschläge.
Außerdem gab er ihm Asnat, die Tochter Potiphars, des Priesters von On, zur Frau. Nun bekommt Josef eine Ehefrau. Er hat warten können, und jetzt erhält er sie aus der Hand Gottes. Das ist schön, wenn Gott handelt. Immer wieder zeigt Gott uns in unserem Leben: Du sollst nicht selbst entscheiden, du sollst dir nicht selbst das verschaffen, was du möchtest und begehrst. Sondern harre auf mich, habe deine Lust am Herrn, und er wird dir geben, was dein Herz begehrt.
Josef zog aus in das ganze Land Ägypten, Vers 45. Am Ende durchzieht Josef also das Land Ägypten. Er bekommt Macht und Eheglück – beides aus der Hand Gottes. Eine viel größere Macht, als er je im Hause Potiphars hätte haben können, eine viel größere Macht, als er sich je hätte träumen lassen. Zusätzlich erhält er eine Charakterveränderung über Jahre durch die Schule Gottes. Die kostenlose Schule Gottes? Nein, nicht ganz kostenlos. Es hat etwas gekostet an Leiden, aber es war Gottes Schule.
Es lohnt sich, auf Gott zu warten. Wenn wir auf Gott warten, kommen wir nicht zu kurz. Wir bekommen viel mehr aus der Hand Gottes, als wir uns selbst hätten nehmen wollen.
Josef zog aus in das Land Ägypten, Vers 46. Josef war dreißig Jahre alt, als er vor dem Pharao, dem König von Ägypten, stand. Also waren dreizehn Jahre vergangen, seit er seinen Vater das letzte Mal gesehen hatte. Josef ging weg vom Pharao und zog durch das ganze Land Ägypten.
Jetzt wird klargemacht, wer der Herr im Lande ist. Ihm war auch klar, dass diese Hungersnot nicht nur Ägypten betrifft, sondern auch die umliegenden Länder. Sicher hat er auch an seinen Vater gedacht – also Sonnenaufgang, der Lichtblick.
Nicht Serach wird der Vorfahrer des Messias sein, aber sein Name zeugt davon, dass es einmal einen Lichtblick geben wird in dieser furchtbaren, dunklen Situation. Der Messias wird aufgehen wie die Sonne der Gerechtigkeit und Heilung unter ihren Flügeln. Der Messias kommt aus dem Riss.
Die Bedeutung von Tama und Gottes Wirken
Ja, und was ist die Bedeutung der Geschichte? Was bedeutet Tama?
Gott verwendete hier eine Heidin und die Beharrlichkeit dieser Heidin Tama, um die Stammeslinie Judas aufrechtzuerhalten. So sollte aus dem Stamm Juda doch noch das Königtum und die Messiaslinie hervorgehen. Ohne Tama gäbe es keine Linie zum Messias. Das Zepter, das Zepter Judas, der Stab Judas, wird im Haus einer Heidin gefunden.
In Matthäus Kapitel 1 lesen wir von vier Frauen im Stammbaum Jesu. Drei von ihnen haben offensichtlich mit Unzucht zu tun, und eine war eine Moabiterin, also eine Heidin aus einem unzüchtigen Volk.
Diese vier Frauen sind:
- Tama, die gehurt hat
- Rahab, die Hure
- Ruth, eine Moabiterin aus einem unzüchtigen Volk
- die Frau des Uria, durch deren Unzucht ein Kind entstand
Was ist das Fazit? Was ist das Ergebnis?
Juda lernt sein eigenes Wesen kennen. Er wird wirklich vom Herrn geprüft. Dabei halfen seine eigene Not, der Tod seiner Söhne, der Tod seiner Frau und die Aufdeckung seiner Schuld – dass er Tama betrogen hatte und auch seine Hurerei. Nach dieser Züchtigung verlernte er die Sprache Gottes.
Und wisst ihr, was jetzt kommt? Eine Hungersnot.
Was macht Juda in der Hungersnot? Wo finden wir ihn? Bei seinem Vater. Denn später, als es heißt, dass sie etwas zum Essen brauchen, ist Juda schon wieder bei seinen Brüdern. Gott hat bereits begonnen, die Familie zu einen.
Hier ist einer, der hart geprüft wurde, der nach dem Lustprinzip gelebt hatte. Jetzt kommt die Hungersnot, und diese führt Juda wieder mit seinen Brüdern zusammen.
Aber das ist noch nicht das Ende. Es müssen noch Dinge bearbeitet und aufgedeckt werden. Juda war im Begriff, seine Herrschaftsstellung, die Gott für ihn vorgesehen hatte, für einen Augenblick Lust aufzugeben – wäre da nicht Tama gewesen.
Sind wir nicht zu hart mit Tama? Wir sollten ihr danken, denn sie war beständig. Sie war eine Heidin, eine Kananiterin, lebte natürlich kananiterisch, aber sie war beharrlich. Gott hat sie gesegnet. Sie kam in den Stammbaum Jesu Christi.
Gott hat etwas mit jedem von uns vor. Gott geht mit jedem von uns eine gewaltige Geschichte. Wenn wir die Geschichte von Joseph, Jakob und Juda betrachten, denken wir bitte auch an unsere eigene Geschichte und an die Dinge, die wir in unserem Leben erleben, die der Herr zulässt.
Schauen wir, dass wir die Sprache Gottes verstehen. Es ist Gottes Reden. Vielleicht denken wir: Warum lässt Gott das zu?
Es ist Gottes Sprache. Gerade das, was dir jetzt geschieht, dient dazu, Heilung zu bewirken. Verstehen wir das richtig? Es geht hier wirklich um Heilung. Gott will den Charakter des Herrn Jesus in unserem Leben entwickeln.
Abschluss und Gebet
Aber wir müssen hier abbrechen. Vielleicht wollen wir zum Gebet aufstehen. Es wäre schön, wenn einige von euch im Gebet mit uns leiden. Ich werde dann abschließen.
Vater, ich danke dir, dass du so gnädig bist und nicht aufgegeben hast bei Judah. Du gibst auch in unserem Leben nicht auf. Danke, Herr, für deine gute Hand über uns. Lass uns diese Hand erkennen, Herr. Lass uns sehen, wo wir durch Leiden gehen, und lass uns hören, wie du sprichst, Herr.
Wir wollen dich rühmen und dir die Ehre geben, Herr. Wir wollen immer wieder beten: Erbarme dich, Herr, erbarme dich. Hab weiterhin Geduld mit uns und schenke uns einen klaren Blick. So können wir die Dinge betrachten, die geschehen, so wie du sie betrachtest, und dementsprechend handeln.
Wir danken dir, geliebter, wunderbarer Vater. Du bist wirklich ein Vater, und alle Vaterschaft kommt von dir. Danke, dass wir dich als Vater kennenlernen dürfen. Auch in dieser Geschichte, in der wir viel von Vätern und von einem Vater namens Jakob lesen.
Wir danken dir, Herr. Bitte segne uns in diesen Tagen. Hilf uns, das herauszulesen und zu erkennen, was du dir gedacht hast, was du geschrieben hast und was du sagen wolltest. Lass uns das zu Herzen nehmen – in meinem Leben, Herr.
Wir bitten dich um Gnade für diese Tage. Segne uns, Herr. Amen.
