Mit euch sei Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Amen!
Herausforderung des authentischen Christseins im Alltag
Angenommen, man wollte jemanden wegen seines Christseins verurteilen. Würde man genügend Beweise gegen diese Person finden? Wie glaubwürdig leben wir Christen eigentlich? Wie steht es um unsere Ausstrahlung?
Jemand hat einmal gesagt: „Was du tust, redet so laut, dass ich nicht höre, was du sagst.“ Manchmal sind solche Vorwürfe natürlich auch nur Ausreden oder Ablenkungsmanöver.
Ich erinnere mich an eine Begebenheit vor etwa zehn Jahren. Damals lebten wir noch in Osnabrück. Ich war in einem Blumenladen in unserem Pfarrbezirk Blumen kaufen. Lukas war auch dabei, damals noch etwas kleiner. Wie so oft überbrachte ich dem Geschäftsinhaber eine Einladung zum Gottesdienst. Ich sagte: „Kommen Sie doch mal zum Gottesdienst.“ Er antwortete: „Ach, ich gehe da nicht hin. Die, die da hingehen, sind im Alltag sowieso nur Heuchler und hacken aufeinander drauf.“
Ich entgegnete: „Das können Sie doch gar nicht wissen, wenn Sie nicht hingehen. Sie wissen nicht, wer dort ist und können es deshalb nicht beurteilen.“ Lukas bemerkte, dass ich mit dieser Aussage auf Kriegsfuß stand. Er kam hinterher und fragte: „Wen meinen Sie denn? Sagen Sie es doch mal.“ So waren wir ein gutes Team. Natürlich wollte er keine Namen nennen, um sein Geschäft nicht zu schädigen. Das war ein typisches Beispiel für eine Ausrede.
Manchmal machen wir Christen es unseren Mitmenschen wirklich nicht leicht, uns als Christen zu erkennen – durch die Art und Weise, wie wir leben. Dieses Problem ist nicht neu. Es wird auch deutlich, wenn wir uns den Predigttext anschauen.
Schon im ersten Vers betont Paulus: „Lebt als Kinder des Lichts.“ Das war auch in Ephesus nicht selbstverständlich. Es war damals genauso schwierig wie heute, denn die Christen waren genauso Menschen wie wir.
Die Möglichkeit der Veränderung durch die Wahrheit
Lebt als Kinder des Lichts, sagt Paulus. Er weiß, dass Veränderung möglich ist. Es gibt Veränderung. Christen, denen man das Lichtsein noch nicht so ansieht, können sich durch die Kraft der Wahrheit verändern.
Paulus beschreibt die neutestamentliche Methode der Veränderung, der Heiligung und des Wachsens im Glauben immer wieder ganz klar. Er sagt, es kommt darauf an, die Wahrheit der Bibel zu verstehen und anzuwenden. Heiligung ist nicht das Ergebnis einer Augenblickserfahrung. Es ist nicht so, dass man eine ganz ergreifende Erfahrung macht und plötzlich geheiligt ist.
Heiligung im Neuen Testament bedeutet, das Wort Gottes zu verstehen und auf das eigene Leben anzuwenden. So kann man im Glauben wachsen – und nicht anders. Deshalb hat Paulus unermüdlich gelehrt, gepredigt, Briefe geschrieben und mit den Menschen gesprochen. Er wusste, dass die Wahrheit die Kraft hat, zu verändern.
Ganz anders als jener ältere freikirchliche Pastor, den ich nie vergessen werde. Er sagte mir als Jugendlichem einmal: „Ach Wolfgang, wenn du wüsstest, wie wenig durch Predigten bewirkt wird.“ Das war einer der traurigsten Sätze, die ich jemals gehört habe. Hätte ich ihm geglaubt, hätte ich niemals Theologie studiert.
Paulus war jedoch anderer Auffassung. Er wusste: Nur wer die Wahrheit versteht, kann in der Wahrheit leben. Deshalb enthalten seine Briefe immer eine brisante Mischung aus Information und Aufforderung. Es ist stets beides zusammen.
Paulus schrieb zugleich sachlich, theologisch sehr präzise, differenziert und filigran – und zugleich freundlich zupackend. Das, was er schrieb, sollte auch auf das Leben seiner Hörer angewendet werden.
Gottes Nachahmer und das Leben im Licht
Und so hat er auch dieses fünfte Kapitel begonnen, in dem wir uns mittlerweile befinden. Dieses Kapitel begann damit, dass er sagt: „So seid nun Gottes Nachahmer als die geliebten Kinder.“ Das bedeutet: Folgt Gottes Beispiel, ahmt Gottes Liebe nach.
Wir haben gesehen, was das praktisch im Einzelnen bedeutete. Paulus hat das Original der Liebe Gottes mit der Karikatur verglichen, die die Menschen daraus gemacht haben – mit ihren Perversionen. Er zog den Schluss daraus und sagte: „Ihr seid aber Nachahmer Gottes, ahmt Gottes Liebe nach und lasst euch nicht mit der Karikatur abspeisen. Lasst euch euren Lebensstil nicht von der Umwelt diktieren, lasst diesen Missbrauch von Liebe nicht auf euer Leben abfärben. Ihr seid Gottes Nachahmer.“
Genau da setzt Paulus dann mit unserem Predigttext an, der ihm jetzt vorliegt. Zuvor sagte er: „Macht nicht mit auf der falschen Seite.“ Dann fährt er fort:
„Denn ihr wart früher Finsternis, nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Lebt als Kinder des Lichts! Die Frucht des Lichts ist lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis. Deckt sie vielmehr auf! Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden, ist schändlich.“
All das aber wird offenbar, wenn es vom Licht aufgedeckt wird. Denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heißt es: „Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“
Herr Jesus Christus, darum bitten wir, dass du uns immer mehr zu Trägern deines Lichtes machst. Dass du uns durch dein Wort, durch das, was du durch den Apostel Paulus hast aufschreiben lassen, so veränderst, wie es nötig ist – für uns, für unsere Gemeinde, aber auch für die Menschen, mit denen wir zu tun haben.
Herr, du weißt, was jeder, der heute Morgen hier sitzt, wirklich braucht, und du allein kannst es ihm geben. So hilf uns, wenn wir jetzt dein Wort miteinander studieren, um auf dich zu hören. Amen.
Kinder des Lichts: Identität und Lebensstil
In den Versen 1 bis 7 hatte Paulus über die Liebe gesprochen. Nun, in den Versen 8 bis 14, behandelt er ein großes Thema: das Licht. Er gibt den Christen einen wunderbaren Titel und nennt uns hier „Kinder des Lichts“. Er fordert uns auf, als Kinder des Lichts zu leben.
Wenn jemand zu Jesus Christus gehört und ihm glaubt, ganz gleich, was er sonst noch ist, dann ist er auf jeden Fall schon ein Kind des Lichts. Doch was bedeutet das praktisch? Was folgt daraus für unser Leben? Paulus macht das in diesen wenigen Versen deutlich. Man kann es in drei Punkten zusammenfassen.
Erstens: Kinder des Lichts gehören nicht in die Grauzone.
1. Kinder des Lichts gehören nicht in die Grauzone
Wenn Sie also mitschreiben, ist das ja Punkt eins: Kinder des Lichts gehören nicht in die Grauzone. Vers 8 sagt: „Denn ihr wart früher Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht in dem Herrn.“
Was Paulus hier so oft in diesem Brief tut, ist, einen ganz scharfen Kontrast zu zeichnen. Er stellt einen eindeutigen Gegensatz auf zwischen damals und heute, zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Früher, sagt er, wart ihr Finsternis, und jetzt seid ihr Licht. Und was ist dazwischen passiert? Dazwischen sind sie Christen geworden. Das ist das Entscheidende.
Ich erinnere mich noch gut, wie wir damals unter Kollegen im Vikariat, also nach dem Theologiestudium und bevor man ins Pfarramt ging, oft gestritten haben. Meine Freunde und ich haben immer wieder betont: Jawohl, wir müssen missionarischen Gemeindeaufbau machen, wenn wir in die Gemeinden kommen, denn die Menschen sind nicht automatisch Christen, nur weil sie unter dem Dach einer Kirche sitzen oder mal getauft worden sind. Christ wird man nur durch Bekehrung.
Die Mehrheit unserer Kollegen meinte, man dürfe das nicht so extrem sagen. Man könne niemandem absprechen, Christ zu sein, wenn er sich dafür hält. Man müsse das akzeptieren und könne nicht irgendwelche Regeln aufstellen, nach denen jemand Christ werden müsse.
In dieser Auseinandersetzung – ich weiß das noch wie heute – war dieser Vers 8 aus Epheser 5 einer unserer Schlüsselverse, auf den wir uns berufen haben. Wir haben gesagt: Genau hier wird es beschrieben, hier wird eine Linie gezogen zwischen vorher und hinterher, zwischen unbekehrt und bekehrt.
Nicht jeder Christ kann den genauen Zeitpunkt nennen, wann er diese Linie überschritten hat, und das muss er auch gar nicht. Aber jeder, der Christ ist, weiß, dass er diese Linie überschritten hat. Man vergleicht das oft so: Nicht jeder Ehemann kann genau sagen, wann er geheiratet hat – dafür haben wir ja den Ring – aber jeder Ehemann sollte wissen, dass er geheiratet hat. Für die Frau gilt das natürlich genauso.
Dieser Vers 8 ist wirklich zentral für das, was das Neue Testament über Bekehrung lehrt. Wer ein Kind des Lichts geworden ist, gehört nicht mehr in eine Grauzone. Er lebt nicht mehr im Niemandsland, irgendwo zwischen Gotteskind und Weltmensch. Er steht nicht im Dämmerschein, irgendwo zwischen Licht und Finsternis, so mittendrin. Paulus sagt: Ihr, ihr Christen, ihr seid Licht im Herrn.
Bei manchen von ihnen passierte das wahrscheinlich wie bei manchen von uns von einem Augenblick auf den anderen. Da wurde, wie beim elektrischen Licht, plötzlich eine Lampe angezündet, und alles war klar. Der Mensch tat Buße und sagte: „Herr, jetzt habe ich es begriffen, ich brauche dich als meinen Retter.“
Und dann gab es bestimmt auch in Ephesus einige, bei denen es länger gedauert hat. Da war es ein Prozess, so wie in der Natur, wenn erst die Dämmerung kommt und dann immer mehr Licht, bis es schließlich hell wird. Man kann gar nicht genau sagen, wo der Turnaround war, wo die entscheidende Wende lag. Aber wenn man zurückblickt, sagt man: Der Herr hat es in meinem Leben hell werden lassen, er hat mich begreifen lassen, wer er ist und wer ich bin.
Wie auch immer die Einzelnen zum Glauben gekommen sind, sie wussten: Wir gehören dazu, wir sind Licht. Das Ergebnis ist dasselbe, egal auf welchem Weg jemand bekehrt wird und zum Glauben kommt. Am Ende gibt es nur diesen absoluten Gegensatz: Entweder du bist Licht oder du bist Finsternis, entweder du bist Christ oder du bist Nichtchrist.
Früher hatten wir einen Aufkleber auf unseren Mappen, auf dem stand: „Ein halber Christ ist ein ganzer Unsinn.“ Paulus hätte diesen Satz mit Sicherheit unterschrieben. Er hat diesen steilen Gegensatz Licht – Finsternis, Christ – Nichtchrist schon in den Kapiteln vorher vorbereitet.
Wir haben uns das ausführlich angesehen: Zu Beginn von Epheser 2 sagt er, wir waren tot in unseren Sünden, aber dann hat Christus uns lebendig gemacht. Früher tot, jetzt lebendig.
Und in Kapitel 2, Verse 11-13 betont er diesen Gegensatz nochmals: Einst wart ihr Heiden, ausgeschlossen vom Reich Gottes und fern von Christus. Jetzt aber seid ihr Christen, ihr gehört dazu und seid durch Christus nahe geworden.
Kinder des Lichts gehören nicht in die Grauzone. Immer wieder dieser Gegensatz: Damals tot, jetzt lebendig; damals Heiden, jetzt Christen; damals ausgeschlossen, jetzt dazugehören; damals fern, jetzt nahe; damals Finsternis, jetzt Licht.
Wie gründlich diese Trennung zwischen Licht und Finsternis gilt, sieht man an einer kleinen Einzelheit, die man leicht übersieht. Paulus sagt nicht: Ihr wart früher in der Finsternis und jetzt seid ihr im Licht. Nein, das steht ganz anders. Es steht absolut da: Ihr wart früher Finsternis und ihr seid jetzt Licht. So steht es wörtlich auch im griechischen Text.
Das heißt: Ihr wart ein Teil der Finsternis. Ihr wart in eurem Wesen, in eurer Natur als Mensch verdorben, ihr wart gegen Gott gerichtet, ob ihr das wusstet oder nicht. Ihr wart unter dem Zorn Gottes, Kandidaten der Hölle, Knechte der Sünde, ein Teil dieses Systems Teufel – auch wenn ihr das nicht wusstet und vielleicht nicht mal wolltet. Aber es war so.
Und jetzt seid ihr Licht. Nicht nur, dass ihr im Licht lebt, sondern ihr seid jetzt ein Teil des Lichts, ihr habt Anteil an Jesu Licht. Ihr seid, was Paulus eine neue Schöpfung nennt. Ihr seid jetzt nicht mehr unter dem Zorn Gottes, sondern unter der Gnade. Er hat euch die Sünde vergeben. Ihr seid nicht mehr Knechte der Sünde, sondern Knechte Jesu Christi. Ihr seid Licht!
Damit sagt Paulus nicht, ihr seid jetzt sündlos. Das wissen wir, und das wusste Paulus von sich selbst klar genug, dass er nicht sündlos sein konnte in dieser Welt. Aber Paulus sagt: Deine Lebenssituation hat sich verändert, sie hat sich grundlegend, nachhaltig, umfassend und fundamental verändert. Du bist jetzt Licht.
Liebe Gemeinde, die größte Veränderung, die ein Mensch im Laufe seines Lebens erfahren kann, ist diese Veränderung von der Finsternis zum Licht. Deshalb nennt die Bibel das an anderer Stelle auch die neue Geburt, die Wiedergeburt.
Nicht Wiedergeburt im Sinne der östlichen Religion, sondern Gott hat uns neues Leben geschenkt.
Um Missverständnisse auszuschließen, sagt Paulus auch noch, wodurch das passiert ist, wodurch wir Licht wurden: Er sagt, ihr seid Licht in dem Herrn. Also ihr seid Licht durch die persönliche Lebensverbindung mit Jesus Christus.
Da ist nicht irgendeine magische, geheimnisvolle Verwandlung an euch passiert, und jetzt seid ihr plötzlich Lichtmenschen geworden. Nein, ihr seid Licht in dem Herrn, dadurch, dass ihr persönlich zu Jesus Christus gehört und er euer Retter und König geworden ist.
Es ist hochinteressant, dass Paulus hier das aufnimmt, was Jesus über sich selbst gesagt hat. Wir haben es vorhin in der Lesung von Bruder Wienekamp gehört, wo Jesus diesen großen Satz sagt: „Ich bin das Licht der Welt“ (Johannes 8,12).
Und dann fährt er fort: „Wer mir nachfolgt, das heißt, wer sein Leben an mich bindet, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern er wird das Licht des Lebens haben.“
Wer ist das Licht des Lebens? Wer ist das Licht der Welt? Jesus! Er wird das Licht des Lebens haben, das heißt, er wird Jesus in seinem Leben haben.
Das ist es, was uns als Christen ausmacht: Wir haben Jesus in unserem Leben, wir gehören ihm.
Ich denke, es ist kein Zufall, dass der Herr Jesus den Vorgang des Christwerdens mit dem Bild des Lichtes beschreibt. Licht deckt erst einmal auf. Wir sagen nicht umsonst: „Es kommt Licht in die Sache.“ Da wird ein Korruptionsskandal aufgedeckt, und es kommt Licht in die Sache. Licht deckt auf.
Aber Licht hat auch eine verändernde, lebensspendende Kraft und Energie. Das lernen Sie im Biologieunterricht bei der Photosynthese: CO2 plus H2O wird durch Chlorophyll und Lichtenergie in Traubenzucker und Sauerstoff verwandelt.
Licht hat eine verwandelnde Kraft, wie wir zum Beispiel bei der Photosynthese sehen.
Wird man nun Jesus zugeordnet – „Ihr seid Licht in dem Herrn“ – wer Jesus hat, sagt Paulus, der ist Licht.
Das ist die Position des Christen. Das ist eine unvorstellbare Ehre, eine unvorstellbare Würde, die der Herr uns hier zuspricht: Ihr seid Licht.
Ist uns das eigentlich immer so klar?
2. Kinder des Lichts reflektieren das Licht
Und nachdem Paulus das nun deutlich gemacht hat, formuliert er in den Versen 8-10, was logischerweise daraus folgen muss: Lebt nun als Kinder des Lichts! Die Frucht des Lichts ist lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist.
Damit haben wir das zweite Merkmal der Kinder des Lichts: Wir haben gesagt, sie gehören nicht in die Grauzone. Zweitens reflektieren Kinder des Lichts das Licht. Das heißt, Christen sind in ihrem Leben als Christen erkennbar.
Der berühmte Prediger Paul Humburg hat das einmal bei einer großen Konferenz gesagt. Nach einem wichtigen Vortrag waren die Leute ganz bewegt von dem, was er sagte. In seinem Gebet bat er: „Herr, bring mein Leben auf das Niveau meiner Worte.“ Und wir könnten hier entsprechend beten: „Herr, bring mein Leben auf das Niveau meiner Stellung. Ich bin Licht, nun lass mich doch auch als Licht leben.“
Man sieht, Paulus hatte ein sehr sensibles Problembewusstsein. Er wusste um diese Differenz auch in seinem eigenen Leben – zwischen dem Licht, das er als Kind Gottes war, und dem, was manchmal in der Praxis davon durchschien oder auch nicht. Paulus war sich des Problems bewusst, sonst hätte er diese Sätze nicht geschrieben.
Trotz aller Nüchternheit, trotz allen Wissens und der eigenen Schwächen nimmt er diesen Anspruch nicht zurück! Er sagt nicht: „Ja, wir sind ja eigentlich Licht, aber wir wissen, dass das so eine Sache ist und das scheint nicht immer klar durch. Dann müssen wir uns eben damit abfinden, solange wir auf dieser Welt leben.“ Nein, das sagt er nicht. Stattdessen fordert er: Lebt als Kinder des Lichts! Und dann macht er deutlich, dass es eine Frucht gibt.
Wenn jemand Licht ist, dann ist es keine Überforderung, wenn wir ihm sagen, er solle auch als Licht leben. Vielmehr ist das eine Frucht, die Gott wachsen lassen will. Verstehen Sie: Wo jemand vom Licht durchdrungen ist, da gibt es wirkliche Veränderung.
Jesus sagt: Wer mir nachfolgt, der wird das Licht des Lebens haben, weil er eben Jesus hat. Man kann auch sagen: Wo das Licht hineinstrahlt, da strahlt es auch irgendwo wieder heraus.
Vielleicht hilft der folgende Vergleich: Ein Christ ist wie ein Prisma. Sie wissen, ein Prisma ist so eine Art Spiegel – jetzt ganz leidenschaftlich ausgedrückt. Wenn Lichtstrahlen an einer Seite des Prismas eintreten, werden sie gebrochen und in verschiedene Farben zerlegt, die Spektralfarben. Zum Beispiel entsteht der Regenbogeneffekt ganz ähnlich.
Das Licht strahlt ins Prisma ein, wird gebrochen und in viele wunderschöne Farben zerlegt. So entstehen herrliche Effekte. Wir sollen wie ein Prisma sein: Das Licht Christi tritt in uns ein, er ist unser Licht. Dann soll es gewissermaßen gebrochen werden im Spiegel unseres Lebens. Durch unser Leben hindurch sollen die verschiedenen Farben der Heiligung sichtbar werden, die das Leben Jesu mit sich bringt, die das Licht Jesu uns schenkt.
Paulus nennt in Vers 9 einige Spektralfarben, die das Licht von Jesus bei uns auslösen will. Er nennt das die Früchte des Lichts, die Brechungen des Lichts Christi in unserem Leben, und er nennt zunächst drei Früchte.
Die erste Frucht ist Güte. Güte wird Gott selbst zugeschrieben. Gott ist gut, er ist voller Güte. Weißt du nicht, dass sich Gottes Güte zur Umkehr treibt? Was ist Güte? Güte will vor allem dem anderen Wohltun. Güte will das Gute im Blick behalten. Güte will den anderen vor Leid schützen und, wenn er in Leid steckt, ihm helfen, das Leid zu tragen.
Güte hat diesen empfindsamen Blick, der sich von den Nöten und Bedürfnissen des anderen wirklich bewegen lässt. Das ist Güte. Das Leben des Christen soll von dieser Frucht des Lichts, von Güte, geprägt sein.
Diese Güte soll übrigens nicht nur auf unsere Mitchristen beschränkt sein, sondern wir sollen sie auch den Nichtchristen gegenüber walten lassen. Paulus sagt in Galater 6,10: „Lasst uns Gutes tun an jedermann.“ Er fügt hinzu: Besonders an den Mitchristen, aber lasst uns Gutes tun an jedermann. Lasst uns gut sein zu allen.
Güte ist so eine Frucht des Lichts. Kinder des Lichts reflektieren das Licht.
Dann ist da die andere Spektralfarbe: Gerechtigkeit, sagt Paulus. Das heißt, ich behandle den anderen so, wie es Gottes Gebote und Prinzipien verlangen. Ich bin fair, ich übervorteile niemanden, ich verhalte mich gemäß den Geboten, Richtlinien und Prinzipien Gottes – Gerechtigkeit.
Und dann die dritte Frucht des Lichts: Wahrheit. Wahrheit bedeutet immer, dass ich in Übereinstimmung mit dem Wort der Wahrheit, nämlich mit dem Wort Gottes, lebe. Ich handle so, wie es das Wort Gottes sagt.
Wahrheit bedeutet auch wahrhaftig zu sein – ohne Täuschung, ohne Heuchelei, transparent, aufrichtig, integer, offen. Der andere kann mir ohne Misstrauen begegnen. Wenn er mir vertraut und kein Misstrauen hat, bringt er sich damit nicht in Gefahr, denn diese Frucht des Lichts soll in unserem Leben sichtbar sein: Wahrheit.
Das sind nur einige Beispiele, die Paulus hier anführt. Wenn Jesu Licht in unser Leben trifft, kann das noch viel mehr Spektralfarben auslösen. Zum Beispiel nennt Paulus in Galater 5,22 die Frucht des Geistes und führt neun solcher Farben auf.
Hier nur diese drei als Beispiel: die Früchte des Lichts – Güte, Gerechtigkeit, Wahrheit. Das ist ein guter Test, denke ich. Wenn Menschen Sie besuchen und hinterher von Ihnen weggehen, sollten sie fröhlicher sein als vorher, getrösteter als vorher.
Oder wenn wir Menschen besuchen, wenn wir Leute aufsuchen oder mit ihnen zu tun haben, sollten sie hinterher merken: „Mensch, es hat uns gut getan, dass sie da waren. Es hat uns gut getan.“ Güte, Gerechtigkeit, Wahrheit.
Warum soll das die Frucht sein? Weil wir das Licht reflektieren als Kinder des Lichts. Wer uns begegnet, der begegnet mittelbar auch Jesus. Das ist ganz wichtig: Wer uns begegnet, der begegnet Jesus, denn wir haben sein Licht, und das kann nicht ohne Wirkung bleiben.
Es war interessant, ich hörte von einem Missionar in Indien, der unbedingt die Sprache lernen wollte. Er kontaktierte einen indischen Linguisten und bat ihn: „Bring mir bitte die Sprache bei.“ Der Linguist sagte: „Nein, das werde ich nicht tun, ich will kein Christ werden.“
Der Missionar erwiderte: „Du musst ja auch gar nicht Christ werden, das verlangt ja keiner von dir. Ich werde mit dir auch nicht über die Bibel sprechen, wir werden nicht die Bibel übersetzen, ich werde das nicht tun.“
Der Inder sagte: „Wenn ich dich unterrichte in der Sprache, müsste ich regelmäßig viele Stunden am Tag mit dir verbringen. Die Gefahr wäre einfach zu groß, dass ich doch angesteckt werde und Christ werde.“
Ich habe mich gefragt: Ist es für Nichtchristen wirklich gefährlich, viel Zeit mit uns zu verbringen? Gefährlich im Sinne davon, dass sie Gefahr laufen, möglicherweise Christ zu werden, weil sie dem Licht Jesu begegnen? Weil sie fragen: Warum lebst du so? Weil sie merken, unser Leben ist aus einer anderen Heimat dirigiert, geleitet und bestimmt?
In Vers 10 nennt Paulus noch eine weitere Frucht, die hinter allen anderen Früchten steht: Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist. Verstehen Sie, das ist die vierte Frucht – dem Herrn gefallen wollen. Und das ist ganz, ganz wichtig.
Das heißt nämlich: Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit sind für den Christen nicht nur abstrakte Tugenden. Das sind keine beliebigen Tugenden, die wir uns aneignen, um des Guten willen, weil wir in einer humanistischen Tradition stehen und weil wir das irgendwie richtig finden.
Güte, Wahrheit, Gerechtigkeit finden Sie ansatzweise auch bei guten Heiden. Auch Sokrates und Aristoteles wussten viel über Tugend zu schreiben und haben manches davon sicher in ihrem Leben umgesetzt.
Was unterscheidet den Christen vom guten Heiden? In erster Linie das Motiv. Was ist unser Antrieb? Warum bemühen wir uns um diese Haltung, um diese Praxis? Warum wollen wir Güte üben, Gerechtigkeit leben, Wahrheit praktizieren?
Weil wir dem Herrn gefallen wollen. Das ist unser Antrieb, weil wir dem Herrn Freude machen wollen. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist.
Dem guten Heiden genügt es meist zu sagen: Ich habe meine moralischen Prinzipien, denen muss ich folgen. Ich muss vor mir selbst gerade stehen können, ich muss mit mir selbst im Reinen sein. So spricht der gute, moralisch hochstehende Heide in der Regel.
Die Kinder des Lichts interessieren sich in erster Linie für ihren Herrn. Sein Wille ist für uns entscheidend. Sein Wille gilt uns mehr als alles andere.
Darum ist die Ethik, also das moralische Verhalten des Christen, bestimmt von seinem persönlichen Verhältnis zu Jesus Christus. Das ist ein ganz wichtiger Satz.
Die Ethik des Christen ist bestimmt von seinem persönlichen Verhältnis zu Jesus Christus. Wir fühlen uns nicht irgendwelchen abstrakten Tugenden verpflichtet, sondern einem lebendigen Herrn.
Denn wir wissen, er hat uns zu Kindern seines Lichts gemacht. Darum ist es für uns ein Herzensanliegen, ihm zu gefallen – und das heißt, sein Licht zu reflektieren.
3. Kinder des Lichts attackieren die Finsternis
Und nun ein letzter Gedanke:
Wenn das geschieht, wenn wir das Licht unseres Herrn dieser Welt entgegenleben, dann wird in der Folge noch etwas passieren. Denn Licht hat im besten Sinne ein aggressives Moment. Das merken wir, wenn wir plötzlich aus einem dunklen Raum heraustreten ins helle Licht. Das tut weh. Licht ist aggressiv. Wo Licht leuchtet, da rückt es der Finsternis zu Leibe, wo Licht leuchtet, da fordert es die Finsternis heraus.
Darum zeigt uns Paulus zum Schluss noch ein drittes Merkmal: Kinder des Lichts gehören nicht in die Grauzone, Kinder des Lichts reflektieren das Licht und schließlich drittens: Kinder des Lichts attackieren die Finsternis. Kinder des Lichts attackieren die Finsternis.
Und so geht es nämlich weiter, hier im Vers 11: „Und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, deckt sie vielmehr auf; denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden, ist schändlich.“ Denn das alles aber wird offenbar, wenn es vom Licht aufgedeckt wird.
Das ist hochinteressant: Wir sollen uns nicht anpassen. „Habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis“, das hat Paulus im Vers 7 ja auch schon gesagt. Aber jetzt kommt etwas Neues dazu. Er geht noch einen Schritt weiter und sagt: „Deckt sie vielmehr auf.“ Das Licht attackiert die Finsternis.
Schauen wir genau hin, womit wir keine Gemeinschaft haben sollen: Nicht mit den Menschen, die in der Sünde leben, sondern mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis. Das heißt, wir sollen keine Kompromisse mit der Sünde machen. Wir sollen uns nicht von den Sündern zurückziehen, wir sollen uns nicht vor den Menschen zurückziehen, die in der Finsternis leben, aber wir sollen mit ihren Sünden nichts zu tun haben.
Warum sollen wir uns nicht vor den Menschen zurückziehen? Weil wir doch einen Auftrag an sie haben. Und wie dieser Auftrag aussieht, beschreibt Paulus hier zum Schluss: Er sagt, deckt die Werke der Finsternis auf.
Dann fährt er fort: „Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden, ist schändlich.“ Sünde hat meistens die Tendenz, sich zu tarnen. Sünde will am liebsten heimlich geschehen. Der Seitensprung geschieht heimlich, der Steuerbetrug geschieht heimlich, die üble Nachrede hinter dem Rücken geschieht heimlich.
Sünde hat die Tendenz, sich zu tarnen. Manche Sünde, die ganz frech in der Öffentlichkeit daherkommt, tarnt sich dadurch, dass sie sich selbst verharmlost und sagt: „Das ist doch eigentlich gar keine Sünde, das ist doch eigentlich gar nicht so schlimm.“
Paulus sagt: Wir sollen das nicht schamlos breittreten. Er sagt, davon auch nur zu reden ist schändlich. Manchmal gibt es ja auch unter Christen eine gewisse Sensationslust, ein falsches Eifern, dass man die schlimmen Dinge bis ins letzte Detail ausbreitet, natürlich, um sie zu analysieren und sich dann dagegen abzugrenzen.
Aber Paulus sagt: Das muss gar nicht sein, ihr müsst das nicht alles so breittreten – die Perversitäten, den ganzen Schund, das muss nicht sein. Von manchem zu reden ist schon schändlich. Sprecht nur so ausführlich darüber, wie es unbedingt nötig ist, um die Sache zu klären. Seid zuchtvoll und zurückhaltend, wenn ihr über die Sünde redet, damit ihr das Schamgefühl anderer nicht verletzt.
Ich denke, das ist ganz wichtig, auch wie wir über Sünde reden. Und trotzdem sagt Paulus: Deckt sie auf, deckt sie auf. Das ist eine offensive Strategie, kein feiger Rückzug, keine selbstgerechte Besserwisserei, sondern deckt sie auf. Das heißt, deckt sie auf mit dem Wort Gottes. Wir müssen die Finsternis attackieren.
Und wissen Sie, was dazu nötig ist? Dazu muss unsere Position als Christen in der Welt erkennbar sein. Dazu muss das Licht, das Jesus in unser Leben gegeben hat, auch das Licht seiner Wahrheit, strahlen. Es muss erkennbar sein.
Der Evangelist berichtet von einem Hafenunfall in Amerika. Zur Zeit der Dampfschifffahrt gab es ein ziemlich primitives Signalsystem, um den Schiffen zu helfen, sicher in den Hafen zu kommen, wenn vorher etliche Klippen und Felsen am Wege standen. Es gab das sogenannte Upper Light und das Lower Light, also das obere Licht und das untere Licht.
Diese beiden Lichter, das Upper Light und das Lower Light, markierten gewissermaßen den Weg, durch den die Schiffe ihre Bahn in den Hafen finden konnten. Einmal konnte der Kapitän nur einen Orientierungspunkt erkennen, da fand er nur das Upper Light und suchte verzweifelt nach dem zweiten Licht. Denn bei einem Lichtmann weiß man: Man muss jetzt rechts oder links dran vorbeifahren.
Es stürmte schrecklich, das Schiff konnte nicht mehr umkehren, es war zu unbeweglich und schließlich zerschellte es an einem unter Wasser liegenden Felsen. Viele Menschen kamen ums Leben. Hinterher stellte sich heraus: Wo lag das Problem? Das Lower Light, das sogenannte untere Licht, war kaputtgegangen.
Moody hat das so angewendet: Er sagte, Christus ist das obere Licht, aber wir, wir seine Gemeinde, sind das untere Licht. Wir sind seine Station in dieser Welt. Uns hat er gesagt: „Ihr seid das Licht der Welt.“ Darum ist es so wichtig, dass wir für die Sünder und für die Verlorenen erkennbar sind.
Wenn wir Christen ausfallen als Lichter, wenn wir keine Orientierung geben, wenn Gottes Wahrheit in unserer Gesellschaft immer unbekannter wird – wie sollen die Menschen den sicheren Weg in den Hafen finden? Wie können Menschen gerettet werden, wenn das Lower Light ausfällt?
Kinder des Lichts lassen ihr Licht leuchten, und damit attackieren wir die Finsternis.
Diese offensive Strategie erfordert von uns ein sensibles Gewissen, das an der Wahrheit Gottes ausgebildet ist. Was wird sonst passieren? Sonst werden wir eines Tages eine seltsame Gleichgültigkeit gegenüber der Sünde an den Tag legen.
Wir werden sicherlich bei den meisten Sachen nicht mitmachen, aber wir werden uns daran gewöhnen, dass es um uns herum geschieht: Scheidung, Ehebruch, Abtreibung, Lüge, Verantwortlosigkeit der Eltern gegenüber den Kindern. Wir werden sagen: „Na, so ist das eben, was soll man schon machen?“
Wir werden die Sünde nicht mitmachen, aber wir werden sie ignorieren – und das ist nicht Gottes Wille. Gottes Wille lautet: No tolerance gegenüber Sünde. Das ist Gottes Wille, eindeutig in seinem Wort erklärt. Wir sollen nicht abstumpfen gegenüber der Sünde.
Wenn dann auf breitester Front Kondomwerbung betrieben wird, um die Leute gegen Aids zu schützen, und immer mit der Aufforderung verbunden: „Mach’s mit, mach’s mit“, dann reicht es nicht, wenn wir einfach sagen: „Na, das ist nun mal in dieser Welt so.“
Das muss uns noch ärgern, kratzen und bewegen, dass hier Treue in der Ehe gar nicht mehr in Erwägung gezogen wird als Schutz gegen Aids, sondern dass die Leute im Grunde genommen zur Promiskuität aufgefordert und animiert werden: „Mach mit, nimm Kondome, Hauptsache du fängst dir nichts dabei ein.“
Das kratzt uns vielleicht dann gar nicht mehr. Wir fahren immer vorbei und registrieren es kaum noch.
Oder Prostitution. In unseren kleinen Städtchen und Dörfchen, in Langenhagen, in der Nähe vom Silbersee, wo meine Frau und ich manchmal wandern, steht auch so ein großer grüner Wagen mit einer entsprechenden Dame drin. Es ist ganz klar, warum dieser Wagen da steht.
Wenn wir dort spazieren gehen, beten wir oft und sagen uns: Was kann man tun? Was kann man tun, um diesen Umstand zu verändern? Wir haben schon einige Überlegungen, aber bis jetzt noch keine, die wirklich greifen.
Verstehen Sie: Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, das will Paulus hier deutlich machen. Oder die ganze Dekadenz in unserer Kultur. Wenn die Leute im Theater nackt über die Bühne laufen, nun gut, das ist nur das eine.
Aber wenn in dem, was von der Weltanschauung transportiert wird, der Glaube immer wieder lächerlich gemacht wird und die ganze Dekadenz des Heidentums als Normalfall des Bürgertums dargestellt wird, dann kann uns das nicht unberührt lassen als Christen.
Wenn wir sehen, wie Eltern ihre Kinder vernachlässigen und auseinandergehen beim kleinsten Streit – verstehen Sie: Wir dürfen uns nicht an die Sünde gewöhnen. Das Licht attackiert die Finsternis.
Klar, wir haben keine Patentlösung für jedes Problem. Aber wir müssen uns daran reiben – an der schlimmsten Sünde, am Unglauben, an der Gottlosigkeit. Natürlich ist es schon klar: Wir können die Menschen nicht davon abhalten zu sündigen. Das können wir nicht.
Aber es sollte uns nicht egal sein, wenn sie es tun. Wenn sich irgendeine Möglichkeit ergibt, dann sollten wir versuchen, sie so zu beeinflussen, wie immer es geht, und zu überzeugen, dass sie sich von ihrer Sünde abkehren.
Wir sollen versuchen zu überzeugen, dass sie sich vielleicht doch nicht scheiden lassen. Dass wir um das Leben eines ungeborenen Babys kämpfen, dass es vielleicht doch nicht abgetrieben wird.
Güte bedeutet, dass es uns ein Herzensanliegen ist, dem anderen zu helfen, von der Sünde wegzukommen. Wir sollen nicht penetrant sein, wir können den anderen nicht zwingen, wir sind keine Ayatollahs. Aber wir sollen aufrichtig und liebevoll, aber klar versuchen, der Sünde nicht einfach tatenlos zuzusehen.
Wir müssen uns als Christen einmischen. Wir können nicht einfach sagen: „Na ja, du kannst ihm ja nicht reinreden, er macht sowieso, was er will.“ Wir sollen und wir müssen uns einmischen.
Paulus zeigt dann diese beiden Schritte auf, wie das Licht die Finsternis attackiert: Er sagt einmal, deckt sie auf, deckt sie auf, macht klar, was da geschieht – durch Gottes Wort.
Vers 13 sagt er es noch mal: „Denn alles wird offenbar, wenn es vom Licht aufgedeckt wird.“ Die Sonne bringt es ans Licht, Gottes Wort bringt es ans Licht. Deckt es auf!
Aber damit ist das Ziel noch nicht erreicht. Wir sollen nicht einfach da stehen wie die Scharfrichter der Moral und sagen: „Jetzt haben wir es aufgedeckt, nun ist die Sache entlarvt, und nun seht ihr, wie böse ihr seid.“
Das Wort, das Paulus für „aufdecken“ benutzt, hat im Griechischen eine ganz positive Zielrichtung. Es bedeutet „überführen“ mit dem Ziel, zur Umkehr zu führen.
Aufdecken heißt: Überführen mit dem Ziel, den anderen zur Umkehr zu bringen.
Paulus sagt, das Licht hat diese doppelte Kraft: Es hat die Kraft, die Finsternis zu durchleuchten, das Böse aufzudecken, aber mehr noch, Vers 14: „Alles, was offenbar wird, das ist Licht.“ Das ist nämlich die andere Wirkung.
Das Licht deckt nicht nur auf, sondern es überwindet die Finsternis, es verschlingt die Finsternis. Alles, was offenbart wird, alles, was aufgedeckt ist, wirkt zum Licht, heißt das.
Wenn Gottes Gnade das schenkt, bleibt es eben nicht beim Aufdecken stehen, sondern dieses Aufdecken wird weiterführen zum Überwinden der Schuld, sodass einer sagt: „Jawohl, ich gebe zu, es ist Sünde, ich sehe es ein, und ich bitte Gott um Erbarmen und Rettung.“
„Das alles aber wird offenbar, wenn es vom Licht aufgedeckt wird; denn alles, was offenbar wird, das ist Licht.“
So sehen wir am Ende, dass das Licht diese doppelte Kraft hat in der Attacke auf die Finsternis: Es deckt auf, macht Schuld im Licht von Gottes Diagnose deutlich, lässt Sünde als Sünde erkennbar werden, aber das Licht hat die Kraft, wenn Gott Gnade gibt, die Finsternis zu verschlingen, die Sünde zu vergeben und dem Sünder zu helfen, herauszukommen aus seiner Gottesferne.
Er kann heimkommen zum Herrn, Vergebung seiner Schuld finden und selber Licht werden.
Dann steht dieser Mensch wieder am Anfang unseres Textes: „Auch du warst früher Finsternis, Finsternis in deinem Unglauben, Finsternis in deiner Prostitution, Finsternis in all dem, was du ohne Gott getan hast. Bist auch du Licht, denn der Herr hat dich ans Licht gezogen.“
Wir Mitchristen – was für eine große Verantwortung haben wir, dass wir die Finsternis mit dem Licht attackieren sollen! Und das ist eigentlich kein anderes Wort als das Wort für Evangelisation.
Finsternis aufdecken bedeutet evangelisieren. Denn genau das, was hier beschrieben wird, geschieht in der Evangelisation: Es wird Sünde aufgedeckt, und es wird dann gesagt, wie diese Sünde durch die Kraft des Lichtes Jesu, durch seine Vergebung, überwunden werden kann.
Darum ist es überhaupt nicht verwunderlich, dass ich mich am Anfang gefragt habe, wie dieser letzte Satz hier an diesen Text passt.
Darum heißt es: „Wach auf, der du schläfst, und stehe auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“
Ganz einfach: Das ist ein evangelistischer Weckruf.
Eigentlich schreibt Paulus das, was er hier schreibt, ja an Christen. Aber gerade in den Versen 12, 13 und 14 erinnert er uns an unsere evangelistische Verantwortung gegenüber der Welt.
Darum schließt Paulus mit diesem markanten Satz, als wollte er uns sagen: Leute, vergesst nicht, dass Christus durch euch die Verlorenen rufen will.
Darum endet er so: Darum, weil das so ist, dass Jesu Licht die Finsternis aufdeckt und überwinden kann, darum: „Wache auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“
Hier zitiert Paulus wahrscheinlich aus einem Lied, das damals in den Gemeinden bekannt war, deswegen sagt er: „Darum heißt es, darum zitiere ich.“
Dann zitiert er dieses Lied, und das ist eigentlich das Evangelium in Kurzfassung. Er sagt: „Wache auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten.“ Das ist die Situation der Finsternis.
Paulus verwendet ein doppeltes Bild: Er sagt, das ist wie ein Schlaf in Sünde, aber es ist noch mehr. Es ist ein Todsein. Der Sünder liegt im Grab seiner Sünde und kann sich selbst nicht daraus befreien.
Deswegen sagt Paulus: Wach auf! Und wir werden das gleich singen in unserem Lied nach der Predigt, Nr. 390: „Wach auf, wach auf, du deutsches Land, du hast genug geschlafen, wach auf aus deiner Schuld.“ Das ist sehr markant formuliert.
So sehr wir uns freuen über die gute Stimmung bei der WM und darüber, dass auch mal wieder ein paar schöne deutsche Fahnen wehen und die Nationalhymne mit Begeisterung gesungen wird – all das ist schön und sei auch gegönnt. Wir machen ja auch teilweise gern mit.
Aber all das wird uns nicht wirklich weiterhelfen, wenn es darum geht, der Finsternis unserer Schuld zu entkommen.
Deswegen ist das, was unser Land noch viel mehr braucht als eine gelungene WM, dieser Weckruf des Paulus: Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten.
Eigentlich ist dieser Weckruf eine klare Überforderung. Da sagt man einem Toten: Wach auf, steh auf von den Toten – wie soll er aufstehen?
Das geht nur, weil Gottes Wort lebendig ist. Weil Gottes Wort die Kraft hat, Tote aus ihren Gräbern herauszuholen.
Als Jesus dem Lazarus, der schon im Grab verfault war und die Leute sagten: „Er stinkt schon“, zurief: „Lazarus, komm heraus“, da konnte er das sagen, weil sein Wort die lebensspendende Kraft hat, den Toten aufzuerwecken.
Er hat gesagt: Wenn ihr predigt, dann verkündet ihr das Wort des Lebens. Wenn ihr den Glauben bezeugt an eurem Arbeitsplatz, dann verkündet ihr das Wort des Lebens.
Hat er die Macht, durch dieses Evangelium Menschen wirklich herauszuholen aus den Gräbern ihrer Schuld und Verlorenheit?
Wache auf, der du schläfst, steh auf von den Toten, auf!
Und dann dieser wunderbare Satz: „So wird dich Christus erleuchten.“
Das heißt, der Herr Jesus wird mit seinem Licht alle deine Finsternis austilgen. Er wird es tun, er wird alle deine Schuld vergeben, er wird deine gesamte Vergangenheit durchstreichen, er wird alles gut machen in deinem Leben.
Du wirst nicht mehr Finsternis sein, sondern durch und durch Licht.
Wie viele Menschen haben das so erfahren! Wie viele haben diesen Ruf gehört und sind aufgewacht zum neuen Leben!
Jesus allein kann das tun, aber Jesus hat uns als Gemeinde und er hat dir und mir, jedem einzelnen von uns, diesen ehrenvollen und leidenschaftlichen Auftrag gegeben.
Er hat gesagt: Lebt als Kinder des Lichts! Ihr seid Licht, ihr seid nicht mehr Finsternis.
Aber nun lebt als Kinder des Lichts, reflektiert das Licht und attackiert die Finsternis mit meinem Wort des Lichtes und des Lebens.
Leuchtet so einer verzweifelten Welt meine Wahrheit entgegen!
Ich schließe: Halten wir dieses Bild von Moody fest, mit den Upper und den Lower Lights.
Es war lebensnotwendig, dass die unteren Lichter, wirklich, dass das untere Licht brannte.
Bitten wir den Herrn darum, dass wir als Gemeinde unseren Auftrag nicht verfehlen.
Dass wir hier in Hannover nicht so eine Funzel sind, die irgendwann mal erlischt oder verdunkelt wird und dann ausfällt.
Sondern dass der Herr uns wirklich hilft, diesen Auftrag wahrzunehmen, je länger, umso mehr.
So wie es in einem ziemlich alten Lied heißt, das eigentlich aus Amerika kommt, in einer deutschen Fassung, mit der ich jetzt schließe:
„Leuchtend strahlt des Vaters Gnade aus dem oberen Heimatland, Apperleith.
Doch uns hat er anvertraut Rettungslichter an dem Strand.
Lasst die Küstenfeuer brennen, lasst sie leuchten weit hinaus,
Denn sie zeigen manchem Schiffer sicherlich den Weg nach Haus.
Unser Weg war fern vom Lichte, wir waren Finsternis,
Unser Herz voll Schuld und Qual,
Doch aus Jesu Angesichte leuchtete der Liebestrahl.
Dunkel ist die Nacht der Sünde, schaurig klingt der Wogen Lied,
Manches Auge sucht voll Sehnsucht, ob’s am Strande Lichter sieht.
Jesus hat uns ausgesendet, wie der Vater ihn gesandt,
Dass die Liebe Gottes leuchte, wo man ihn noch nicht gekannt.
Lass dein Licht doch nicht verlöschen, sonst vielleicht zu dieser Stunde,
Weil es nicht den Hafen findet, sinkt manch Schiff schon auf den Grund.
Lasst die Küstenfeuer brennen, lasst sie leuchten weit hinaus,
Denn sie zeigen manchem Schiffer sicherlich den Weg nach Haus.“
Amen.
Schlussbild und Gebet für die Gemeinde
Bitte geben Sie den zu überarbeitenden Text ein, damit ich mit der Überarbeitung beginnen kann.
