Gott wird Mensch: Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 75: Steine zu Brot.
Einführung in die erste Versuchung Jesu
Heute wollen wir uns die erste Versuchung Jesu etwas genauer anschauen. Hören wir sie uns dazu noch einmal an.
Matthäus 4,1-4: Dann wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, um vom Teufel versucht zu werden. Nachdem er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn schließlich.
Der Versucher trat zu ihm und sprach: „Wenn du Gottes Sohn bist, so sprich, dass diese Steine zu Brot werden.“
Jesus antwortete: „Es steht geschrieben: Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausgeht.“
Die körperliche Realität des Fastens
Ich habe selbst noch nie vierzig Tage gefastet. Aber ich habe gelesen, dass bei einem so langen Fasten der Hunger anfangs bald verschwindet. Er kommt erst wieder, wenn der Körper keine Reserven mehr hat und an seine Substanz gehen muss.
Wenn es hier heißt, es hungerte ihn schließlich, dann war das ein Zeichen seines Körpers. Dieses Signal zeigte dem Herrn Jesus, dass jetzt alle Reserven aufgebraucht sind. Es geht ans Eingemachte, und allmählich steht das Leben auf dem Spiel.
Der Text erwähnt übrigens nur, dass der Herr Jesus nichts gegessen hat. Er muss in dieser Zeit aber getrunken haben. Während man vierzig Tage auf Essen verzichten kann, ist es unmöglich, so lange nichts zu trinken.
Soweit wir sehen, verhält sich der Körper Jesu wie ein ganz normaler menschlicher Körper.
Die Versuchung und ihre Bedeutung
Nach vierzig Tagen kommt der Versucher, und sein Angriff betrifft natürlich – was auch sonst – das Thema Essen (Matthäus 4,3).
Der Versucher tritt zu Jesus und sagt: „Wenn du Gottes Sohn bist, so sprich, dass diese Steine Brote werden.“ Jesus wird dies nicht tun, sondern entlarvt die Aufforderung als Versuchung. Doch worin besteht diese Versuchung eigentlich?
An dieser Stelle wird oft gesagt, dass die Versuchung darin bestehe, dass Jesus seine Wunderkräfte nur selbstlos für andere einsetzen darf, nicht aber egoistisch für sich selbst. Er dürfe seine Kräfte nicht für eigene Vorteile nutzen. Doch ist diese Erklärung wirklich zutreffend?
Wenn ich gerade dabei bin, mich zu Tode zu hungern, ist es dann moralisch falsch, wenn ich mich selbst vor dem Verhungern rette? Ehrlich gesagt, kann ich das nicht wirklich nachvollziehen.
Und gibt es nicht auch die Geschichte mit der Tempelsteuer? Dort schickt Jesus Petrus los, um einen Fisch zu fangen, weil er weiß, dass sich im Maul des ersten Fisches, der anbeißt, ein Vierdrachmenstück befindet. Hat Jesus dabei seine übernatürlichen Fähigkeiten nicht auch für sich selbst eingesetzt?
Ich glaube nicht, dass es bei dieser Versuchung darum geht, dass Jesus seine Wunderkräfte für sich selbst nutzt. Aber worum geht es dann?
Die Antwort Jesu und die geistliche Lektion
Schauen wir uns an, wie Jesus die Versuchung abwehrt. In Matthäus 4,4 heißt es: Er aber antwortete und sprach: „Es steht geschrieben: Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausgeht.“
Dies ist ein Zitat aus dem Alten Testament, genauer gesagt aus dem 5. Buch Mose 8. Dort heißt es im Rückblick auf die Wüstenwanderung des Volkes Israel, 5. Mose 8,3: „Und er, Gott, demütigte dich und ließ dich hungern und speiste dich mit dem Mann, das du nicht kanntest und das deine Väter nicht kannten, um dich erkennen zu lassen, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern von allem, was aus dem Mund des Herrn hervorgeht, lebt der Mensch.“
Merke dir: Hinter dem Mann steckt eine geistliche Lektion, auf die Jesus hier mit seiner Antwort anspielt. Als Mensch brauche ich zwei Arten der Ernährung. Zum einen Brot, also Kalorien für meinen Körper. Zum anderen aber auch geistliche Nahrung.
Gott ließ in der Wüste das Volk Israel bewusst hungern, bis sie zu ihm schrien und dann auf übernatürliche Weise versorgt wurden. Das tat er, damit sie eine wichtige Erkenntnis gewinnen: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von allem, was aus dem Mund des Herrn hervorgeht.
Die Bedeutung von natürlichem und geistlichem Leben
Wir brauchen zum Leben mehr als Brot. Wir brauchen das, was aus dem Mund Gottes kommt, also Gottes Wort.
Als der Teufel den Herrn Jesus herausfordert, erinnert er ihn daran, dass es mehr und Wichtigeres gibt als Brot. Wir leben nicht allein von Brot.
Zum wahren Leben brauchen wir sowohl Brot als auch Gottes Wort. Leben in seiner ganzen Fülle bedeutet, sowohl das natürliche als auch das geistliche Leben zu haben. Das natürliche Leben wird durch Frühstück, Mittagessen und Abendessen genährt.
Das geistliche Leben hingegen braucht den Austausch mit Gott. Es erfordert die Beziehung zu Gott und den Austausch mit ihm, wenn wir seinen Willen tun wollen – und nicht unseren eigenen.
Die Versuchung als Prüfung des Gehorsams
Und genau darin besteht nun die Versuchung. Der Geist hatte Gott den Sohn in die Wüste getrieben. Dort hatte er gefastet, und der wieder einsetzende Hunger signalisierte ihm, dass er bald etwas essen sollte, wenn er keine dauerhaften Schäden davontragen wollte.
Aber – und dieses Aber ist für den Herrn Jesus von allergrößter Bedeutung – Jesus hatte, mit meinen Worten, kein grünes Licht von oben. Der Vater hatte ihm nicht befohlen, mit dem Fasten aufzuhören.
Natürlich ist es unglaublich schwer, auf Gott zu warten, während der eigene Körper signalisiert, dass es langsam ans Sterben geht. Merkt ihr, wie es bei der Versuchung nicht darum geht, ob der Herr Jesus seine Wunderkräfte für sich einsetzt, sondern darum, ob er sie losgelöst vom Willen des Vaters einsetzt?
Das Thema ist Eigenwille. Wovon lebe ich? Von dem, was Gott mir gibt, oder von dem, was ich mir nehme? Ist mein Leben vielleicht mehr als meine körperlichen Bedürfnisse? Darf Gott mich an meine Belastungsgrenze bringen? Darf er meinen Glauben testen, indem er mir vorenthält, was ich als mein Recht selbstverständlich ansehe? Darf er das Leben, das er mir anvertraut hat, seinen göttlichen Ideen und seinem ewigen Zeitplan unterwerfen?
Die Herausforderung des Wartens und Vertrauens
Wir wissen, was Jesus nicht wusste: dass der Vater kurze Zeit später Engel senden würde, um dem Sohn zu dienen. In diesem Moment scheint das Fasten ein Ende gefunden zu haben.
Aber als der Teufel kam, wusste der Herr Jesus das noch nicht. Da musste er sich entscheiden: Höre ich auf Gott und tue, was er sagt, auch wenn das bedeutet, dass ich weiter faste, weil er mir nicht gestattet, das Fasten zu brechen? Oder entscheide ich mich dafür, dass meine körperlichen Bedürfnisse zwar gern ein paar Wochen zurückgestellt werden können, aber irgendwann genug ist? Irgendwann ist Schluss, wenn Gott bis dahin nichts sagt oder nicht eingreift.
Dann wird mir Gott und seine Meinung halt mal kurz egal. Dann tue ich, was ich für richtig halte – einfach deshalb, weil ich nicht mehr warten will, weil ich nicht mehr glaube, dass Gott es mit mir gut meint, und weil ich nicht glauben kann, was der Herr Jesus wusste und das Volk Israel schmerzlich lernen musste: dass der Mensch nämlich tatsächlich nicht nur vom Brot lebt, sondern von dem, was Gott sagt.
Ohne Gehorsam nützen mir Brote gar nichts. Satt sein, aber die Beziehung zu dem lebendigen Gott verlieren – das ist ein Irrtum, den besser niemand in Betracht zieht.
Persönliche Reflexion und Abschluss
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, wo du in Gefahr bist, körperliche Bedürfnisse – also Essen, Trinken, Schlaf und Sexualität – auf eine Weise auszuleben, von der du genau weißt, dass Gott dagegen ist.
Das war's für heute. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an alle, die mir ermutigende E-Mails schreiben. Das tut wirklich gut.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden! Amen.
