Einführung in das Bild und die kulturelle Einordnung
Natürlich trägt er hier die typische Kleidung eines Pfarrers: ein kleines Käppi auf dem Kopf, dazu das sogenannte Bäffchen und den Talar. Das ist ganz typisch.
Was allerdings auffällt, ist seine Haartracht. Wir sehen hier schulterlange Haare, und das waren tatsächlich seine echten Haare. Damals, vor der Barockzeit, trug man noch keine Perücken. Ich erwähne das, um zu verdeutlichen, dass die Interpretation dessen, was lange Haare sind, in der Geschichte unterschiedlich ausgefallen ist.
Im 1. Korinther 11, wo über die Kopfbedeckung der Frau gesprochen wird, heißt es, der Mann solle kurze Haare haben. In der damaligen Zeit, als diese Stellen bekannt waren, galten Haare wie seine hier noch als relativ kurz. Heute würden wir das anders interpretieren.
Hier sieht man also einen frommen, vorbildlichen Pietisten. Dennoch wurden solche Dinge damals kulturell anders bewertet als heute.
Lebensweg und theologische Prägung Philipp Jakob Speners
Philipp Jakobs Behner lebte von 1635 bis 1705. Wahrscheinlich hatte er, wie kein anderer Theologe seiner Zeit, Einfluss auf alle lutherischen Kreise seiner Generation.
Während seines Lebens wurde er häufig von Vertretern der lutherischen Orthodoxie angegriffen. Diese sahen in ihm eine Gefahr des Schwärmertums oder warfen ihm andere Irrlehren vor.
Seine Familie stammt aus dem Elsass, aus Ribowil, das damals zu Deutschland gehörte. Sein Vater war Jurist und Hofbeamter bei einem dortigen Grafen. Von früher Kindheit an beschäftigte sich Behner mit den frommen Erbauungsbüchern der Autoren, die ich gerade vorgestellt habe. Unter anderem las er Johann Arndts Buch mehrfach, aber auch andere Schriften von den genannten Autoren.
Später distanzierte er sich zwar von der seiner Meinung nach etwas übertriebenen Jenseitshoffnung und Endzeiterwartung dieser Werke. Dennoch bezeichnete er bis zum Ende seines Lebens Johann Arndts "Wahres Christentum" als das wichtigste theologische Werk nach der Bibel.
Übrigens wurden in den Bibelkreisen, die er später gründete, nicht nur Bibelverse gelesen – das war der Vorläufer der heutigen Bibelstunden – sondern auch fromme, erbauliche Bücher, unter anderem das von Johann Arndt.
Er hielt auch ganze Predigten über diese Bücher von Johann Arndt, das heißt, er legte sie ausführlich aus. Dabei wird deutlich, dass die Bibel eine wichtige Rolle spielte. Doch Behner hielt die Erbauungsbücher ebenfalls für sehr wichtig. Er meinte, dass Gott durch diese Bücher zu den Menschen spreche.
Ausbildung und frühe Interessen
Spilers Ausbildung begann an einer öffentlichen Schule. Diese war damals eine Folge der sogenannten Lateinschule. Dort lernte man Schreiben und Lesen, vor allem aber das Sprechen von Latein.
Wir müssen immer vor Augen haben, dass man damals, wenn man ein akademisches Studium absolvieren wollte, fließend Latein beherrschen musste. Alle Vorlesungen fanden zu diesem Zeitpunkt noch in Latein statt, sowohl an der Universität als auch international. Das bedeutete, dass man überall in Europa studieren konnte, da die Menschen Latein verstanden und sprachen.
Danach erhielt er Privatunterricht, da seine Eltern relativ wohlhabend waren. Er hatte sich auch selbst durch Literatur geschult. Man sagt, er sei ein außerordentlich intelligenter junger Mann gewesen. Den neuen Naturwissenschaften stand er sehr offen gegenüber.
Das war die Zeit, in der die Naturwissenschaften begannen zu blühen und sich selbständig zu entwickeln. Wenig später entstand die erste Enzyklopädie der französischen Enzyklopädisten. Das geschah zwar etwas später, doch es war die Zeit, in der sich diese Entwicklungen abspielten.
Er wandte sich auch gegen den Hexenglauben. Wir müssen bedenken, dass es damals noch Hexenverfolgungen gab – zwar nicht mehr in großem Maßstab, aber dennoch. Gegen diesen Glauben wandte er sich aufgrund seiner Auffassung der Bibel.
Früh entwickelte er bereits eine gewisse pietistische Frömmigkeit, auch wenn man diesen Begriff damals noch nicht verwendete; er kam erst später auf. So wandte er sich gegen alle weltlichen Lüste und widmete sich stattdessen dem Studium erbaulicher Bücher. Dies tat er für sich selbst, ermutigte aber auch andere dazu.
Den Sonntag hielt er hoch in Ehren. Auch das ist eine Sache, die bei den Pietisten eine große Rolle spielt: die Sonntagsheiligung. Dafür wird er sich später noch einmal einsetzen.
Sehr früh verfasste er auch eigene Lieder und Gedichte, fromme Gedichte über den Glauben.
Universitätsstudium und besondere Interessen
Ab 1650 studierte er an der Universität in Straßburg, die damals zu Deutschland gehörte, Philosophie und Geschichte. Seine besonderen Vorlieben galten dabei der Genealogie und der Heraldik.
Die Genealogie beschäftigt sich mit der Herleitung der Adelsgeschlechter, also der Frage, woher diese stammen. Das interessierte ihn besonders aus geschichtlicher Sicht. Heraldik, das ist die Wappenkunde. Diese erläutere ich kurz, falls jemand nicht darauf kommt: Heraldik ist die Wissenschaft von Wappen.
Damals war die Heraldik von großer Bedeutung. Zum einen hatten Adlige ein Wappen und wollten wissen, was dieses bedeutet. Zum anderen wurden auch Menschen in den Adelsstand erhoben und wollten sich ein neues Wappen geben lassen. Sie konnten es nicht einfach selbst entwickeln, sondern es gab eine ganze Wissenschaft, die genau festlegte, welches Symbol was bedeutet. Dabei ist genau definiert, welche Farbe, welches Muster und welches Symbol welche Bedeutung hat. Diese Wissenschaft studierte er intensiv.
Man könnte sagen, das sei alles egal und nur persönliches Interesse gewesen. Doch Gott hat dieses Interesse gebraucht. Denn dadurch hatte er später eine offene Tür bei zahlreichen europäischen Fürstenhöfen. Er galt damals als einer der bedeutendsten Gelehrten im Bereich der Heraldik.
Wenn es Probleme an Adelshöfen gab, wurde er eingeladen. So hatte er damals ein gewisses Renommee bei den Leuten. Und wenn er dann mit frommen Ideen kam, hörten die Menschen ihm im Wesentlichen intensiver zu.
Das ist übrigens etwas, das wir immer wieder in der Geschichte beobachten können: Wenn Menschen sich in einem anderen Fachbereich profilieren und eine besondere Bedeutung erlangen, sind die Menschen eher bereit, ihnen auch in Glaubensfragen zuzuhören.
Ein Beispiel dafür ist Jungstilling. Ob ihr ihn kennt, weiß ich nicht, aber er war ein wichtiger Erweckungsprediger in Deutschland. Gleichzeitig war er damals weltbekannt als Augenarzt. Die Leute kannten ihn also in erster Linie durch seinen Beruf. Und weil er so bekannt war, hörte man auch auf seine frommen Predigten.
So ähnlich war es bei Speler, zumindest in der Anfangszeit. Er war eine Autorität in Bezug auf Heraldik, wurde deshalb eingeladen und konnte nebenbei auch seine frommen Dinge weitergeben.
Theologiestudium und erste theologische Positionen
Während seines Theologiestudiums setzte er sich insbesondere mit der Dogmatik der lutherischen Kirche auseinander, also mit dem, was ich jetzt als Orthodoxie dargestellt habe. Er lehnt die aristotelische Philosophie ab, die damals noch relativ weit verbreitet war. Im Studium zeigte er eine besondere Vorliebe für exegetische Fächer, also für die Auslegung des Alten und Neuen Testaments.
Dort sieht er die Grundlage, was übrigens auch pietistisch typisch ist. Die Pietisten legen viel mehr Wert auf die Auslegung der Bibel als auf die systematische Theologie, also darauf, das Ganze dogmatisch zu verarbeiten. Das gilt auch für ihn.
Seine Studien setzte er anschließend in Basel fort, bei dem Hebräischlehrer Boxtorf, der damals Spezialist für Hebräisch war. Dort promovierte er 1664 zum Doktor der Theologie.
Studienreise und Begegnungen mit anderen geistlichen Strömungen
Auf einer damals üblichen Studienreise – man nannte das auch Kavaliersreise – reisten alle, die Geld hatten und es sich leisten konnten. Nach dem Ende des Studiums unternahm man eine Reise durch ganz Europa. Diese Reise sollte den Horizont erweitern.
Nachdem man an einem Ort studiert hatte, sollte nun der Horizont geweitet werden: Was gibt es denn noch irgendwo anders? Häufig knüpfte man auf dieser Reise Verbindungen, die man ein Leben lang behielt – und zwar per Briefwechsel. Denn damals war es schwierig zu reisen, besonders wenn man sich an einem festen Ort aufhielt. Daher war es besser, diese Verbindungen vor dem Amtsantritt, also unmittelbar nach dem Studium, herzustellen.
So hat er es auch gemacht. Während dieser Studienreise kam er unter anderem nach Genf und lernte dort Jean de Labadie kennen. Labadie war zu diesem Zeitpunkt noch nicht so extrem, wie er es später wurde. Er hatte sich gerade von der reformierten Kirche gelöst und vertrat die Idee von Kleingemeinden und Hausversammlungen. Möglicherweise wurde Spener durch ihn angeregt, diese Ideen zu übernehmen.
Die mystische Frömmigkeit von Jean de Labadie faszinierte Spener sehr. Besonders die starke Innerlichkeit im Bezug auf Jesus beeindruckte ihn. Es verwundert daher nicht, dass Spener später eine Schrift von Jean de Labadie ins Deutsche übersetzte, versehen mit einem Vorwort, und sie verbreitete. Allerdings war Labadie zu dieser Zeit noch nicht so radikal, wie er es später wurde.
Wahrscheinlich übernahm Spener von ihm die Idee der Kleingruppen. In dieser Zeit las er auch einige andere Schriften, die ihn stark beeinflussten. Er berichtet selbst darüber. So unter anderem die Schrift von Theophil Grossgebauer, der Professor in Rostock war, mit dem Titel „Wächterstimme aus dem verwüsteten Zion“, die 1661 herauskam. Genau diese Schrift las er gerade, als sie frisch erschienen war.
Kritik an der Kirche und Reformideen
Wächterstimme aus dem verwüsteten Zion
Was suggeriert der Titel, wenn man ihn hört? Was schreibt ein Professor für evangelische Theologie in Rostock dazu? Man könnte vorsichtig fragen: Was könnte das verwüstete Zion sein?
Eine mögliche Deutung, die gar nicht so danebenliegt, ist die von Grossgebauer. Für ihn ist das verwüstete Zion die evangelische Kirche, also die deutsche Kirche. Eigentlich sollte Gott dort herrschen, doch das ist mittlerweile nicht mehr der Fall. Die Kirche macht, was sie will.
Die Bezeichnung „Wächterstimme“ kennen wir aus dem Alten Testament, von den Propheten. Grossgebauer sieht sich selbst als diese Wächterstimme. Damit will er ausdrücken: Ich, Professor Grossgebauer, bin die Wächterstimme in der verkommenen evangelischen Kirche.
In seinem Buch stellt er einige Reformideen vor. Spener liest das Buch und ist davon beeindruckt, wie er später äußert. Grossgebauer kritisiert besonders den Dienst der damaligen Pastoren. Diese sahen ihre einzige Aufgabe darin, möglichst gelehrt zu predigen. Seelsorge und das persönliche Leben spielten keine Rolle. Grossgebauer meint jedoch, gerade das sei wichtig.
Er wendet sich gegen die toten, gelehrten Predigten und fordert, dass die Predigten die Zuhörer zur Wiedergeburt führen sollen. Man müsse den Menschen ins Herz sprechen, damit sie von Gott berührt werden und eine Wiedergeburt erleben.
Grossgebauer meint außerdem, die Gemeinden sollten auf etwa hundert Gemeindeglieder beschränkt werden. Nur so könne der Pastor sich um jeden Einzelnen kümmern. Tatsächlich war das immer wieder ein Problem in der evangelischen Kirche. Ein heutiger Pfarrer ist oft für tausend, fünfhundert oder sogar zweitausend Gemeindeglieder verantwortlich. Grossgebauer sagt, bei solchen Zahlen könne man sich gar nicht um jeden kümmern, geschweige denn sie betreuen. Deshalb fordert er eine Verkleinerung der Gemeinden.
Er meint auch, es müssten mehr Pastorenstellen geschaffen werden und dass Gemeindezucht, also Kirchenzucht, ausgeübt werden müsse. Zudem fordert Grossgebauer, dass jeder Christ Tag und Stunde seiner Bekehrung kennen und angeben können müsse.
Das ist übrigens etwas, was wir später im Pietismus immer wieder finden. Dort wird die zeitliche Festlegung der Bekehrung stark betont. Das ist typisch für pietistische und freikirchliche Kreise heute.
Ich will nicht sagen, dass das falsch ist, aber diese starke Betonung gab es vorher nicht in diesem Maße. Wenn wir zum Beispiel nach Luther suchen: Wann hat er sich bekehrt? Kann jemand das Datum nennen? Luther selbst gibt kein genaues Datum an. Wir können nur vermuten, dass seine Bekehrung irgendwann vor der Veröffentlichung der 95 Thesen 1517 stattfand.
Je nach Biografie wird als Datum 1515 oder 1517 genannt, es gibt unterschiedliche Angaben. Häufig wird von einem Turmerlebnis gesprochen, bei dem ihm die Gnade Gottes besonders deutlich wurde. Das war aber wohl eher eine Übergangsphase, denn schon in seinem Kommentar zu den Psalmen sind erste Ansätze davon zu erkennen. Weitere Erkenntnisse kamen erst in den Zwanzigerjahren.
Das heißt, die genaue Datierung der Bekehrung ist besonders eine Entwicklung des Pietismus, unter anderem durch Grossgebauer.
Spener liest das Buch, ist aber nicht mit allem einverstanden. Grossgebauer wagt es, unter anderem die Kindertaufe zu kritisieren und fordert deren Abschaffung. Damit ist Spener nicht einverstanden.
Nach Speners Verständnis wird jeder Mensch durch die Kindertaufe, also die Taufe als Kind, automatisch wiedergeboren. Trotzdem bedarf es einer Bekehrung, denn durch einen sündigen Lebenswandel kann ein Christ aus der Taufgnade herausfallen. Solche Menschen brauchen dann eine zweite Wiedergeburt, die in der Bekehrung stattfindet.
Spener beschreibt das ausführlich in seinem Pia Desideria, wo es um die Wiedergeburt geht. Er unterscheidet sogar drei Stufen der Wiedergeburt: Die erste ist die Taufgnade, die zweite die Bekehrung, bei der sich der Mensch willentlich Gott anvertraut und seine Sünden bereut, und die dritte ist die Heiligung, in der der Christ im Glauben lebt.
Nach Speners Auffassung gehören diese drei Stufen zusammen. Wiedergeburt ist nicht nur ein punktuelles Ereignis, sondern umfasst alle drei Aspekte. Gott gibt in seiner Gnade vorab sein Versprechen und seine Rettung. Der Christ sagt bewusst Ja dazu, wenn er es kann. Und schließlich lebt er im Glauben.
Das ist später entstanden; am Anfang hatte Spener diese ausgearbeitete Theologie der Wiedergeburt noch nicht. Die Theologie der Kindertaufe lehnt er dabei nicht ab.
Dieser Weg wurde später von den pietistischen Gemeinschaften und auch von der landeskirchlichen Gemeinschaft weiterverfolgt.
Berufung nach Frankfurt und erste Wirkungsstätte
Im Jahr 1666 wird er als erster Prediger, das heißt als Seniorpastor, nach Frankfurt berufen. Dort bleibt er dann für die nächsten zwanzig Jahre.
Frankfurt war schon damals ein wichtiger Handels- und Messeort. Spener wird vom Magistrat der Stadt eigentlich nur deshalb berufen, weil sich der Senat nicht auf eine einheitliche andere Kandidatur einigen kann. Es gab damals verschiedene Parteiungen unter den Pfarrern in Frankfurt. Der Seniorpastor war nicht nur ein einfacher Pfarrer, sondern der oberste der Pastoren, der die Verwaltung leitete und an der Spitze stand. Dieses Amt war einflussreich und wichtig. Normalerweise erhielt ein Neuling wie Spener es nicht, sondern jemand, der bereits als Pastor langjährig gedient hatte.
Da sich die Pastoren jedoch nicht auf einen Kandidaten einigen konnten, kam jemand auf die Idee, Spener vorzuschlagen. Er war hochgelehrt und hatte zudem Kontakte zu einigen Adligen, die als Handelsleute in Frankfurt unterwegs waren. Weil Spener für viele noch ein unbeschriebenes Blatt war, hofften sie, ihn für ihre Zwecke gewinnen zu können. So wurde er als Kompromisskandidat in Frankfurt gewählt.
Er zieht dann dort ein, und es gibt auch ein Bild seines Pfarrhauses. So sah das Pfarrhaus aus – für einen Seniorpastor schon etwas großzügig. Dabei müssen wir jedoch wissen, dass Pastor sein damals nicht nur bedeutete, wie heute, die Predigt zu halten. Man hatte auch ein offenes Haus. Normalerweise bedeutete das: Wenn Bettler kamen, wurden sie aufgenommen. Gab es Gespräche, wurden Leute aufgenommen. Waisen wurden versorgt und aufgenommen.
Das Pfarrhaus war also nicht nur Wohnort, sondern auch ein Haus der offenen Tür. Es gehörte dem Pastor nicht persönlich, sondern der Kirche. Das Pfarrhaus war Teil der Pfarrfamilie, das heißt, Frau und Mann arbeiteten zusammen und zogen an einem Strang. So war das damalige Pfarrhaus, in das Spener schließlich einzog.
Einsatz für Sonntagsheiligung und kirchliche Reformen
Gleich zu Anfang setzt er sich ganz deutlich ein, schon in seinem ersten Jahr, für die Sonntagsheiligung. Er setzt sich dann durch, gegen den Rat der Stadt, am Sonntag keinen Handel zu betreiben. Das war schon eine starke Auseinandersetzung, denn damals gab es eine ähnliche Argumentation wie heute: Man sagte, das schränkt doch den Handel ein. Wenn die Leute kaufen und verkaufen wollen, dann müssen doch die Geschäfte offen sein.
In Frankfurt, einer wichtigen Handelsstadt, war es vor Spena üblich, dass man auch am Sonntag handelte und die Geschäfte offen waren. Spena führt dann diese Sonntagsheiligung wieder ein. Ich finde es interessant, wie manche Diskussionen immer wiederkommen und manchmal mit ganz ähnlichen Argumenten geführt werden.
Heute sind wir eher in einer Zeit, in der erst einmal wieder abgebaut wird. Vielleicht, wenn wir 50 Jahre warten, kommen die Leute darauf, dass sie sagen: Wir müssen doch wieder einen Tag besonders haben. Wir müssen doch wieder etwas besonders betonen. Zumindest ist das in der Geschichte schon häufiger vorgekommen.
Er legt sich dann auch mit der lutherischen Orthodoxie in Frankfurt an. Es gibt Auseinandersetzungen, er predigt und merkt, dass einige seiner Gemeindeglieder zu einer inneren Erneuerung kommen – diesem wahren Christentum. Bei anderen bemerkt er jedoch nur eine äußerliche Frömmigkeit.
Nun überlegt er sich, wie man die Kirche grundlegend verändern kann. Das hält er schließlich in einem Buch fest, das 1675 herauskommt, nämlich das Pia desideria. Darin erklärt er, warum er meint zu beobachten, dass das Grundproblem der Kirche im Pfarrer liegt. Der Pfarrer fasst die Sache nicht richtig an. Die Pfarrer müssten anders ausgerichtet sein.
Jetzt sagt er, wie man das machen kann, insbesondere in der Pfarrausbildung. Er fordert also eine Veränderung der Pfarrausbildung.
Gründung von Bibelkreisen und erste Widerstände
Was er allerdings zuerst tut, bevor er etwas verändern kann, ist, dass er in seinem Studierzimmer im Pfarrhaus Gesprächskreise einrichtet. Diese nennt er Collegium Pietatis. Dabei steht Collegium für die Gruppe, und Pietatis bedeutet die fromme Lehrgruppe. So etwas richtet er ein.
In diesem Konventikel trifft man sich insbesondere nach der Predigt. Es ist eine Art Predigtnachbesprechung. Das ist der Anfang. Später trifft man sich unabhängig von der Predigt zum Bibellesen oder zum gemeinsamen Lesen von frommen Erbauungsschriften.
Hier war es so, dass die Gruppe ausschließlich für Männer war. Spena war als Pfarrer immer mit dabei. Erste Auseinandersetzungen mit der Stadt gab es, als zu dieser Gruppe auch Frauen zugelassen wurden. Dann entstand der Verdacht des Sektierertums, weil man damals vielleicht davon ausging, dass theologische Diskussionen unter Frauen nicht erlaubt seien.
Späne hatte zunächst noch eine Zwischenlösung gefunden. Er hatte in seinem Arbeitszimmer eine spanische Wand aufstellen lassen. Hinter dieser spanischen Wand hörten die Frauen zu, wie die Männer über die Bibel diskutierten. Das war eine Zwischenform, die in der Öffentlichkeit schon sehr argwöhnisch betrachtet wurde.
Später ging man dazu über, dass Frauen sogar mit dabei sein durften, mitreden und mitlesen konnten. Das war etwas ganz Neues.
Überhaupt wurde die Stellung der Frau im Pietismus eher gesteigert. Das heißt, die Bedeutung der Frau erhielt eine neue Wichtigkeit. Vorher war sie eher am Rand angesiedelt.
Konflikte um Separatismus und Kirchenspaltung
Einer der bedeutenden Mitarbeiter Speners war der Jurist Johann Jakob Schütz. Nach einiger Zeit trennte er sich jedoch von Spener, und zwar wegen der Frage des Separatismus. Dieses Thema spielte im Pietismus immer wieder eine große Rolle.
Schütz forderte, man müsse die Kirche ganz verlassen, weil sie seiner Meinung nach oberflächlich und verkommen sei. Stattdessen sollte man eine eigene Gemeinde gründen, quasi eine Art Freikirche. Dies setzte er auch um, und zwar im Saalhof. Der Saalhof war damals ein Saal in Frankfurt, in dem Feste gefeiert und Tanzveranstaltungen durchgeführt wurden. Schütz mietete diesen Saal sonntags, um dort Gottesdienste abzuhalten.
Nicht Spener, sondern Schütz, sein ehemaliger Mitarbeiter, leitete diese Veranstaltungen. Schütz war Laientheologe, denn er war hauptberuflich Jurist. Hier in Frankfurt zeigt sich schon die Frage, die den Pietismus bis heute begleitet: Welche Stellung nimmt man zur Kirche ein? Spener verfolgte sein Leben lang die Position, innerhalb der Kirche zu bleiben. Er wollte sich durch die Idee des Pietismus nicht bestimmen lassen, sondern die Kirche von innen heraus erneuern.
Schütz hingegen wählte den Weg: „Wir gehen aus der Kirche heraus, sie lässt sich sowieso nicht erneuern, wir machen eine eigene Sache auf.“ Speners Bibelstudiengruppe wuchs innerhalb weniger Monate auf über hundert Personen an. Man muss sich vorstellen, dass man so eine Gruppe nicht einfach im Wohnzimmer versammeln kann. Es braucht ein großes Haus und relativ viel Platz.
Zunächst wurde ein Textstück vorgelesen, oft aus einem Erbauungsbuch. Danach wurden Fragen aus dem Publikum zugelassen, die Bene beantwortete. Kontroverse Themen wurden weitgehend vermieden. Es ging nicht darum, Spezialfragen zu erörtern, sondern die persönliche Erbauung stand im Mittelpunkt. Außerdem sollte nicht über abwesende Personen gesprochen werden. Auch hier war Spener sehr klar und auf der Höhe seiner Zeit: Wenn Menschen zusammenkommen, kann schnell über andere gesprochen werden. Ganz bewusst sollte die Erbauung im Vordergrund stehen.
Man hatte Kontakt zu anderen Konventikeln, also kleinen Gruppen, die es in anderen Orten gab und die ähnliche Ideen verfolgten. Unter anderem wurden zu diesem Zeitpunkt auch Schriften von Labbad gelesen.
Veröffentlichung von Pia Desideria und Kritik an der Kirche
Der Durchbruch kam im Jahr 1675. Spener schrieb damals eine Vorrede für eine Evangelienpredigt von Johann Arndt, die ich bereits mehrfach erwähnt habe. Im Herbst dieses Jahres erschien diese Vorrede dann gesondert unter dem Titel Pia Desideria. Genau so heißt das Büchlein, und ich habe hier auch eine Ausgabe, die dem ursprünglichen Erscheinungsbild entspricht.
Auch hier fällt wieder der ausführliche Titel auf. Er lautet: „Pia Desideria oder herzliches Verlangen nach gottgefälliger Besserung der wahren evangelischen Kirche“. In diesem Titel ist das Programm bereits festgeschrieben. Spener kritisiert das fehlende fromme Leben in der lutherischen Kirche. Zwar sei die äußere Form in der Konkordienformel und den entsprechenden Glaubensbekenntnissen vorhanden, aber das daraus resultierende fromme Leben, die Praxis Pietatis, fehle.
Die Staatsmacht komme ihrer Aufgabe nicht nach, den Predigerstand zu erneuern. Dieser sei vollkommen verderbt. Karrierestreben und Ehrgeiz bestimmten die Prediger, nicht jedoch die Sorge um die Gemeinde. Die Erleuchtung durch den Heiligen Geist werde kaum betont und spiele auch in der Ausbildung keine Rolle. Das fromme Leben sei jedoch für den Pfarrer die oberste Pflicht, denn er sei Vorbild. So wie in der Bibel der Älteste für die Gemeinde steht, sei der Pfarrer eine Art Vater.
Die Theologenausbildung müsse deshalb praktischer werden. Die Scholastik solle daraus vertrieben werden. Außerdem solle gegen das sündige Leben in der Gemeinde und insbesondere im Pfarrerstand vorgegangen werden. Was Spener nennt, sind Trunkenheit, Rechtsprozesse und die Unterdrückung der Armen. Hier zeigt sich, dass sich nicht viel verändert hat. Auch heute noch gibt es Probleme mit Trunkenheit, Alkoholismus und anderen Süchten, Rechtsstreitigkeiten, bei denen man für eigene Interessen kämpft, und die Unterdrückung der Armen. Offenbar waren solche Missstände damals unter den Pfarrern relativ verbreitet.
Im zweiten Teil seines Buches, den er „Bessere Zeiten“ überschreibt, beschreibt er die Kirche, wie sie ihm vorschwebt. Er spricht von der baldigen Wiederkunft Jesu, der vorherigen Bekehrung der Juden und dem Fall des Papstes in Rom, den er als Antichrist identifiziert – ganz in lutherischer Tradition. Dann würde sich der Zustand der Kirche bessern, weil Jesus wiederkäme und man den Zustand der Urgemeinde wieder hätte.
Jetzt müsse jeder helfen, mit dazu beizutragen. Das könne man tun, indem man private Gemeindeveranstaltungen und Bibelstunden veranstalte, das allgemeine Priestertum wieder ernst nehme, Nächstenliebe übe, praktische Frömmigkeit lebe und Erbauungsbücher lese. Spener setzt sich dafür ein, dass verschiedene Bibelkreise aufgebaut werden.
Er hat sich außerdem ausführlich mit der Endzeit Jesu und dem tausendjährigen Reich beschäftigt und darüber geschrieben. Diese Trennung von der Scholastik führt auch dazu, dass der Pietismus beziehungsweise Spener in der Öffentlichkeit immer stärker angegriffen wird.
Öffentliche Wirkung und Auseinandersetzungen
Es ist auch so, dass sich einige Theologiestudenten in Frankfurt bekehren. Was machen sie dann? Sie treten in der Stadt auf, nehmen eine Kiste und predigen mitten in der Stadt. Das war revolutionär und unvorstellbar.
Sie wollten damit eine moralische Veränderung der Bevölkerung erreichen, auch bei denen, die nicht regelmäßig zur Kirche gingen. Heute würde man so etwas als Freiversammlung bezeichnen. Damals jedoch wurde das als unerhört angesehen. Man meinte, das sei kein würdiger Rahmen, wie er eigentlich in der Kirche nötig sei. Deshalb wurde diese Praxis angegriffen. Spener versuchte, die Studenten dazu zu bringen, das nicht weiter zu betreiben.
In dieser Zeit verfasste Spener auch ein siebenhunderseitiges Werk gegen einen Theologen der Universität Helmstedt. Dieser hatte ihm vorgeworfen, er stimme nicht mehr mit den Lehrern der lutherischen Kirche überein.
Spener war also nebenbei auch ein fleißiger Schreiber und setzte sich intensiv mit diesen Vorwürfen auseinander. Einer seiner Gegner war der Professor Friedrich Meyer, der sich immer wieder kritisch gegen ihn wandte. Meyer war ein Vertreter der Orthodoxie in jener Zeit.
Berufung nach Dresden und Schwierigkeiten am Hof
Jedenfalls führte das dazu, dass Spener diese Auseinandersetzungen hatte. Im Jahr 1686 wurde er nach Dresden berufen, und zwar als Oberhofprediger. Das war damals ein großer Karrieresprung. Spener war zu diesem Zeitpunkt noch verhältnismäßig jung. Der Posten des Oberhofpredigers in Sachsen war sehr bedeutend, denn Sachsen war damals ein großes und wichtiges Königreich. Diese Position gehörte zu den höchsten, die man in Deutschland haben konnte.
Pech für ihn war nur, dass der sächsische Landesfürst, der König, eigentlich an Spener gar nicht so interessiert war. Der König hatte nur mitbekommen, dass Spener ein bedeutender Theologe war und wollte sich dadurch etwas Renommee verschaffen. Er wollte nicht irgendeinen Theologen als Hoftheologen, sondern jemanden, der schon in ganz Deutschland bekannt war. Deshalb entschied er sich für Spener.
Mit dessen Theologie konnte der König jedoch nicht viel anfangen. Spener predigte immer wieder in der Schlosskirche in Dresden, wo auch der Fürst anwesend war. Mehrfach wagte Spener es, den Fürsten in einer Predigt offen zu kritisieren – wegen Unmoral, Ehebruch und Ähnlichem. Daraufhin ging der König einfach nicht mehr zu den Predigten. Das war natürlich schlecht für den Hofprediger.
Als die anderen Adligen davon erfuhren, blieben auch sie weg. So predigte Spener häufig vor halb leerer Kirche. Das stellte nun ein Problem dar: Was sollte man tun? Der König wollte ihn nicht unbedingt entlassen, denn das wäre ein Skandal gewesen. Wie sollte man das begründen? Spener hatte ja nichts Unmoralisches getan, er hatte keinen rollenden Löffel mitgehen lassen, und er hatte auch nichts Falsches gepredigt.
Man konnte ja nicht offen sagen, dass man ihn entlässt, weil er den König wegen Unmoral kritisiert hatte – das ging einfach nicht. Spener wollte aber auch nicht gehen, denn das wäre ebenfalls schlecht gewesen. Wohin hätte er gehen sollen? Es war schließlich eine der höchsten Stellungen, und ein Rücktritt hätte komisch ausgesehen.
Nach einigen Jahren war Spener zunehmend frustriert. Er konnte auch die Gebetsgemeinschaften und Bibelkreise in Dresden nicht mehr fortsetzen. Schließlich wurde er 1691, also fünf Jahre später, nach Berlin berufen. Das geschah durch den preußischen Kurfürsten, der damals noch nicht König war.
Wirkungsstätte Berlin und Förderung des Pietismus
Und immerhin in Berlin hatte Spener auch eine besondere Stellung, nämlich als Oberkonsistorialrat und Propst. Das war in Ordnung, denn so konnten beide Seiten ihr Gesicht wahren. In Berlin hatte er offene Türen.
Man muss sagen, dass Berlin wahrscheinlich der Ort war, an dem Spener am meisten zur Verbreitung des Pietismus beitragen konnte. Beim nächsten Mal werden wir uns dann intensiv mit August Hermann Franke auseinandersetzen. Franke konnte sein Werk erstmals dank der Protektion und des Schutzes von Spener beginnen.
Da Spener jetzt in der Kirchenleitung war – nicht nur als Oberhofprediger, sondern auch mit Einfluss auf die Besetzung von Professuren und die Anstellung von Pfarrern – hatte er engen Kontakt zum Hof in Berlin. Im Gegensatz zu Sachsen war der brandenburgische Hof eher offen für die Ideen des Pietismus. Später wurde der brandenburgische, dann preußische Hof zu einem Hauptvertreter und Förderer des Pietismus.
Das werden wir beim nächsten Mal noch sehen: Der Pietismus breitet sich dort stark aus, und Franke kann intensiv wirken. Er verfasst mehrere umfangreiche Bücher mit mehreren hundert Seiten, vor allem über Theologie, in denen er immer wieder seine Position verteidigt. Ein ausführliches Werk beschäftigt sich auch mit der Wiedergeburt und Rechtfertigung.
Spener gilt als der Vater des Pietismus in der damaligen Zeit, der ersten Generation des Pietismus. Typisch für diese erste Generation ist die ständige Rechtfertigung gegenüber der Orthodoxie. Dabei betonen sie sehr vorsichtig, dass sie im Einklang mit der Kirche stehen und sich nicht von ihr trennen.
Auffallend ist auch die starke Betonung der Moral und Ethik, der inneren Frömmigkeit, des Bibellesens sowie der Bekehrung und der individuellen Erfahrung der Bekehrung im Leben des Einzelnen. Das sind besondere Merkmale, die in dieser ersten Generation des Pietismus deutlich zum Vorschein kommen.
Vergleich mit Luther und theologische Kontinuität
Jetzt habe ich ein bisschen überzogen, ich hoffe, das ist nicht zu schlimm. Aber ich setze hier trotzdem einen Punkt, weil diejenigen, die planen, dass ich sie jetzt nicht aufhalte, doch noch die Gelegenheit bekommen sollen.
Wollt ihr noch etwas genauer wissen? Oder habt ihr vielleicht irgendetwas von Spener gehört, das ihr interessant fandet?
Die Lehre wurde erneuert und noch ein Stück verändert. Bei Luther haben wir ja auch so etwas. Luther setzt sich mit Leuten auseinander, die die Kindertaufe in Frage stellen – das war ja in der Reformationszeit auch der Fall.
So stellt er sich erneut hinter die Lehre der Kindertaufe, die es ja auch schon vorher in der Kirche gab. Gleichzeitig betont er stärker das Institut der Konfirmation. Dieses wird später in der evangelischen Kirche festgelegt. Die Konfirmation soll genau diesen Zweck haben: Der Jugendliche, der nun mit ganzem Verstand begreifen kann, wird gefragt: Glaubst du das auch wirklich?
Spener will das nicht so sehr auf die Konfirmation beziehen, sondern auch auf die evangelistische Predigt im Gottesdienst. Das hängt also nicht so sehr vom Alter oder der Altersstufe ab. Vielmehr kann sich der Mensch in verschiedenen Altersstufen bekehren.
Bei Luther finden wir Ansätze davon. Richtig ausformuliert wird das aber erst bei Spener. Luther kämpft noch an ganz anderen Fronten. Es geht um Gesetz und Gnade, die Zuverlässigkeit der Bibel, die Abgrenzung zur katholischen Kirche und die Sakramentenlehre.
Was bleibt denn von den sieben Sakramenten der katholischen Kirche? Viele werden durch Luthers Lehre ersetzt. Die Frage der Wiedergeburt kommt bei Luther vor. Zum Teil hat Luther auch schon die Aussage vom „Kirchlein in der Kirche“, wo er sagt, das sind diejenigen, die mit wahrhaftem Ernst Christ sein wollen.
Das sind eben die, auf die der Pietismus aufbaut und sagt: Das sind eigentlich die Bekehrten und Frommen. Auch der Pietismus geht davon aus, dass in der evangelischen Kirche nicht alle gerettet sind, sondern nur diejenigen, die diese Bekehrung erfahren haben.
Alle haben zwar die Voraussetzung, aber jetzt muss man sich bekehren. Das ist die Aufgabe des Pfarrers und auch der Frommen in der Kirche, diese Bekehrung voranzuleiten.
In dieser Deutlichkeit und systematischen Ausarbeitung war das bei Luther noch nicht vorhanden. Zu Recht stützt sich Spener auf Luther. Er ist sich dessen bewusst und handelt in der Tradition Luthers. Er steht dem nicht entgegen, sondern übernimmt diese Ansätze und baut sie weiter aus.
Symbolische Darstellung und Ausblick
Ich habe hier auch noch sein Bild, denn das ist als Gedenkmedaille von Spener herausgekommen. Hier seht ihr Spener, und hier ist ein Kampf mit der Orthodoxie dargestellt. Rechts und links erkennt man Drachen, Schlangen und ähnliche Wesen, die ihn angreifen.
Er hält zwei Schilder in den Händen: Auf dem einen steht Veritas, die Wahrheit, und auf dem anderen Caritas, die Nächstenliebe. Mit diesen beiden Schilden verteidigt er sich gegen die Angriffe der Orthodoxie, die rechts, links und oben dargestellt sind. Oben symbolisiert die Inspiration direkt von Gott die geistliche Kraft, die ihn stärkt.
Diese Medaille stammt aus dem Jahr 1698. Zu diesem Zeitpunkt war der Pietismus bereits etwas gefestigt, und so versteht man diesen Kampf gegen die Angriffe, auch aus der eigenen Kirche, als eine Verteidigung mit geistlicher Wahrheit.
Noch eine Anmerkung, Frage, Anregung oder Ergänzung? Falls nicht, könnt ihr euch beim nächsten Mal auf August Hermann Francke freuen. Er ist wahrscheinlich ein noch pointierterer Charakter und gilt als ein Multitalent des Empirismus – sogar noch stärker als Spener. Francke hat enorm viel bewegt und verändert.
Zinzendorf, den wir ebenfalls noch behandeln werden, ist von den dreien der originellste. Das kann man positiv oder negativ interpretieren, je nach Sichtweise, aber er ist sehr eigenständig und originär.
Francke ist beim nächsten Mal ein Schaffertyp, der richtig viel bewegt und macht. Das ist durchaus spannend, und es lohnt sich, sich mit ihm auseinanderzusetzen – aber das dann beim nächsten Mal.
Ich freue mich, euch dann wiederzusehen. In diesem Sinne wünsche ich euch noch einen schönen Abend und gute Nacht, falls sich keine weiteren Fragen mehr ergeben. Ich bleibe noch ein paar Momente hier.