Der Predigttext für den heutigen Sonntag ist der 121. Psalm, Psalm 121. Wir lesen gemeinsam diese, wie ich denke, gut bekannten Worte Gottes.
Es handelt sich um ein Wallfahrtslied:
„Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen: Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen, und der dich behütet, schläft nicht. Siehe, der Hüter Israels schläft und schlummert nicht.
Der Herr behütet dich; der Herr ist ein Schatten über deiner rechten Hand, sodass dich des Tages die Sonne nicht steche, noch der Mond des Nachts.
Der Herr behüte dich vor allem Übel; er behüte deine Seele. Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit.“
Eröffnung mit Gebet und Lobpreis
Nach dem Gebet wollen wir gemeinsam aus dem Lied 253 in unserem grünen Liederbuch die erste, zweite und vierte Strophe singen.
Ich lade Sie ein, zum Gebet und Lobpreis aufzustehen.
Lebendiger Vater, im Namen unseres Herrn Jesus Christus kommen wir an diesem Morgen zu dir und danken dir für das Geschenk dieses Gottesdienstes. Wir danken dir, dass wir zusammen sein und Gemeinschaft haben können – untereinander und vor allem mit dir, unserem Gott.
Wir wollen dir gerne mit unseren Liedern, unserem Beten und unserem ganzen Leben die Ehre geben. Wir kommen zu dir, weil wir von dir ein Wort Gottes erwarten – etwas, das dir wichtig ist, uns zu sagen für unser Leben.
Wir bekennen dir, dass wir unsere Ohren und Herzen weit öffnen möchten für das, was dir wichtig ist, uns mitzuteilen. Nicht unsere eigenen Wünsche, Überlegungen oder Interessen stehen im Vordergrund, sondern wir sagen: Herr, mach uns still und rede du.
Wir schließen auch alle mit ein, die diesen Gottesdienst mitverfolgen, im Internet oder später über Tonträger hören werden. Wir bitten, dass sie in gleicher Weise wie wir erleben, dass du deinen Segen darauf legst, wenn deine Gemeinde zusammenkommt, um dein Wort zu hören.
Ebenso schließen wir unsere Kinder und Heranwachsenden mit ein und bitten dich ganz besonders für den Kindergottesdienst. Es ist unser beständiger Wunsch, dass viele von ihnen ganz früh ihr Herz für dich, unseren Gott, öffnen.
Du siehst auch, welche Not, Schwierigkeiten, Lasten und Sorgen sich in diesem Raum sammeln. Wir wissen, dass du der treue Hirte bist, der für uns Wegweisung, Korrektur, Trost, Hilfe, Verheißungen und Zusagen hast.
Herr, wir warten auf dein Reden. Geehrt seist du, der Lebendige, der Einzige, der wahre Gott und Herr. Wir beten dich an. Amen.
Einführung in das Thema und persönliche Begrüßung
Guten Morgen allerseits! Ich hoffe, ihr könnt mich alle gut verstehen, auch diejenigen ganz hinten. Es ist schön, heute mit euch im Gottesdienst zusammen zu sein.
Andreas hat mir gesagt, dass ich die Ehre habe, hier überhaupt sprechen zu dürfen, da Nicht-Lahö-Teilnehmer nicht so häufig hier sind. Das freut mich sehr. Andreas, danke für diese Möglichkeit.
Das Thema für heute Morgen lautet: Gott anbeten in den Höhen und Tiefen des Lebens. Psalm 21, den wir uns gleich anschauen werden, ist dabei sehr hilfreich. Er kann uns helfen, mögliche Missverständnisse in diesem Zusammenhang zu klären.
Ein humorvolles Beispiel für Missverständnisse
Ich habe vor kurzem eine E-Mail bekommen, die ich ganz amüsant fand. Es handelt sich um einen Tippfehler.
Darin steht, dass ein Ehepaar beschließt, dem kalten Winter für eine Woche zu entfliehen und in die Südsee zu reisen. Aus beruflichen Gründen kann die Frau erst einen Tag später nachfliegen, der Ehemann fliegt wie geplant.
Dort angekommen bezieht er sein Hotelzimmer, holt seinen Laptop heraus und schickt eine E-Mail an seine Gattin zu Hause. Doch irrtümlicherweise lässt er beim Eingeben der Adresse einen Buchstaben weg. So landet seine Mail direkt bei einer Witwe, die gerade ihren Mann zu Grabe geleitet hat.
Die Witwe schaut in den Computer, um eventuell Beileidsschreiben zu lesen. Als ihr Sohn das Zimmer betritt, liegt die Mutter ohnmächtig auf dem Boden. Sein Blick fällt auf den Bildschirm, wo steht: "An meine zurückgebliebene Frau von deinem vorausgereisten Gatten. Betreff: Bin angekommen."
"Meine Liebste", schreibt er, "ich bin soeben gut angekommen, habe mich hier bereits eingelebt und sehe, dass alles für deine Ankunft morgen schon vorbereitet ist. Ich wünsche dir eine gute Reise und erwarte dich in Liebe, dein Mann." Dann fügt er noch hinzu: "Es ist extrem heiß hier unten."
So können Missverständnisse entstehen.
Hintergrund zu den Wallfahrtsliedern und Bedeutung der Berge
Im Psalm 121 werden wir ebenfalls einen Blick werfen. Die Psalmen 121 bis 134 sind die sogenannten Wallfahrtslieder. Jeder dieser Psalmen beginnt mit einem Wallfahrtslied. Diese fünfzehn Lieder wurden von den Juden gesungen, wenn sie mindestens dreimal im Jahr von zuhause nach Jerusalem pilgerten. Dies geschah zu einem Fest des Herrn. Es gab drei Pflichtfeste: Passa, Pfingsten und das Laubhüttenfest.
Das erste Wallfahrtslied ist der Psalm 120, das zweite ist Psalm 121. Psalm 121 beginnt mit den Worten: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen.“ Ich komme ja selbst aus den Bergen und habe mir immer gedacht, dass das ein bisschen übertrieben ist. Man sollte eher „Hügel“ sagen.
Letztes Jahr war ich eigentlich zum ersten Mal in Israel. Wenn man in Jericho ist, der tiefgelegensten Stadt der Welt, die 259 Meter unter dem Meeresspiegel liegt, und dann nach Jerusalem fährt, das ungefähr auf 800 Metern liegt, muss man mehr als tausend Höhenmeter überwinden. Das ist auch in den Bergen schon ein anständiger Fußmarsch. Deshalb ist es durchaus berechtigt zu sagen: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen.“
Die Vorfreude auf den Gottesdienst und die Realität vieler Christen
Und wenn diese Lieder gesungen wurden, diese Wallfahrtslieder, dann spürte man etwas von der Vorfreude auf den Gottesdienst. Zum Beispiel heißt es in Psalm 122,1: „Ich freue mich, ich freute mich, als man zu mir sagte: Wir gehen zum Haus des Herrn.“
Diese Vorfreude auf den Gottesdienst, dieser Gedanke mag für viele Christen eher fremd erscheinen. Ich möchte nicht sagen für die meisten, aber für viele ist das so.
Für viele Christen ist der Gottesdienst eher eine Pflichtveranstaltung. Man geht einfach hin, aus welchem Grund auch immer. Einige von euch sind heute vielleicht aus Freude gekommen, andere sagen: „Ja, man tut's halt, es gehört dazu.“
Ich glaube, ich kenne so ziemlich alle Entschuldigungen von Menschen – und auch von mir selbst –, warum man nicht in den Gottesdienst geht.
Verschiedene Gründe für das Fernbleiben vom Gottesdienst
Ein Mann hat zum Pfarrer gesagt: „Ist dir aufgefallen, dass ich nie zum Gottesdienst komme?“ Der Pfarrer antwortete: „Ja.“
Daraufhin fragte der Mann: „Möchtest du wissen, warum?“ Der Pfarrer sagte: „Ja, von mir aus.“
Der Mann erklärte: „Weil eure Kirche voller Heuchler und Scheinheiliger ist.“ Der Pfarrer entgegnete: „Das ist nicht so tragisch, einen Platz haben wir noch.“
Aber das ist nur ein Grund. Andere sagen: „Sonntag ist der einzige Tag, an dem ich mich ausschlafen kann.“ Wieder andere, wie einer, der sagt: „Egal, lieber bin ich auf dem Berg, da bin ich Gott noch näher.“
Manche berichten: „Als Kind wurde ich gezwungen, jetzt habe ich ein Problem damit.“ Oder: „Die Musik ist furchtbar, die Orgel oder die Trompeten oder was auch immer.“
Ein weiterer Grund kann sein: „Der Pfarrer hat mich mal beleidigt, darum gehe ich nicht mehr.“
Es gibt viele verschiedene Entschuldigungen, warum Menschen nicht zum Gottesdienst gehen.
Gebet für Menschen, die den wahren Grund noch nicht erkannt haben
Ich habe mich entschlossen, anstatt mit diesen Leuten zu argumentieren, für sie zu beten. Ich bete dafür, dass sie den einen wahren Grund erkennen, warum man in den Gottesdienst geht – nämlich wegen Gott.
Wenn ein Mensch versteht, dass ich zum Gottesdienst um Gottes Willen gehe, dann verblassen alle anderen Gründe. Dann habe ich auch Grund zur Freude, selbst wenn die Predigten nicht immer die besten sind.
Ich denke an die Hausmutter von Charles Spurgeon. Sie waren einmal gemeinsam in einer Predigt. Der Pfarrer, ein liberaler Mann, hielt die Predigt, und Spurgeon gefiel sie überhaupt nicht. Zu Hause sagte er: „Es war doch furchtbar, dieser Gottesdienst.“ Doch die Frau antwortete: „Es war ein wunderbarer Gottesdienst.“
Spurgeon fragte: „Aber hast du nicht gehört, was der gesagt hat?“ Sie erwiderte: „Ja, ich habe jeden seiner Sätze ins Gegenteil gewandt und so das schönste Evangelium gehört.“
Das ist Größe. Und wir haben Grund, uns zu freuen.
Bedeutung von Gemeinschaft und Festen im Glauben
Ich vergleiche das oft: Wir sind jetzt seit ein paar Tagen zusammen auf dieser Freizeit auf der La Höhme. Das ist ein Fest des Herrn, und ich glaube, wir brauchen solche Zeiten.
Darum glaube ich auch an Bibelschulen, an christliche Freizeiten und an Bibelwochen. Ich glaube daran, weil Gott im Alten Testament den Israeliten sagte, dass sie dreimal im Jahr jeweils eine Woche beiseitelegen sollen. Es ist gut für sie, denn es ist ein Fest des Herrn.
Übrigens sind es nicht die Feste der Israeliten, sondern die Feste des Herrn. Es geht darum, sich gemeinsam zu treffen, etwas zu tun, das man gerne macht, und dabei unter das Wort Gottes zu kommen.
Die Sorge und Gefahr auf der Pilgerreise nach Jerusalem
Neben der Freude in diesen Wallfahrtsliedern hört man auch eine Sorge heraus. Die Pilgerreise nach Jerusalem war zu dieser Zeit nicht ungefährlich. Daher betete man um Schutz und Bewahrung.
Das tun auch wir heute. Ich bin ja auch ein paar hundert Kilometer gefahren und habe um Bewahrung auf der Reise gebetet.
Missverständnisse im Psalm 121 und ihre Korrektur
Ich möchte im Psalm 121 auf ein Missverständnis hinweisen, das ich immer wieder unter Glaubensgeschwistern entdecke. Wenn man den Psalm schnell liest, wird dieses Missverständnis sogar noch gefestigt.
Ich zeige, was ich meine: Im Vers 3 heißt es, „er wird nicht zulassen, dass dein Fuß wanke“. Das wird oft so verstanden, dass man beim Skifahren keine Knochen brechen wird, weil Gott auf einen schaut.
Lesen wir in Vers 6: „Am Tag wird die Sonne dich nicht stechen.“ Das wird so ausgelegt, dass man keinen Sonnenbrand bekommt, weil Gott auf einen achtet. Und „der Mond nicht bei Nacht“ bedeutet, dass einem nachts nichts schaden wird.
In Vers 7 steht: „Der Herr behüte dich vor allem Unheil.“ Das wird so verstanden, dass einem nichts Negatives widerfährt.
Genau das glauben nicht wenige Christen, die ihr Vertrauen in Jesus setzen. Sie meinen, wenn sie Gott vertrauen, dann wird ihnen nichts Schlimmes passieren: kein gebrochenes Bein, kein Autounfall, keine Entlassung, kein Ehestreit, keine ungehorsamen Kinder und ihre Beziehung zu Gott ist immer erfüllt und schön.
Und wenn es dann doch anders kommt, suchen sie nach Gründen. Zum Beispiel: „Den Autounfall habe ich deshalb gehabt, weil ich ungehorsam war.“ Oder: „Kleinen Sünden straft Gott sofort.“ Oder: „Mein Eheärger kommt daher, dass meine Beziehung mit Gott nicht in Ordnung ist“ und so weiter.
Wenn Sie das glauben, habe ich unheimlich gute Neuigkeiten für Sie: Sie liegen falsch.
Die Erleichterung, falsche Vorstellungen zu erkennen
Seht ihr, zu erkennen, dass man falsch liegt oder etwas Falsches geglaubt hat, kann manchmal sehr demütigend oder peinlich sein. Wenn mir jemand sagt: „Hans-Peter, was du gesagt hast, ist falsch“, dann versuche ich oft, mich als Erster zu rechtfertigen oder es zumindest ein bisschen abzuschwächen.
Aber es gibt Momente, da erlebt man ein wahres Glücksgefühl, wenn man erkennt, dass man falsch gelegen hat. Zum Beispiel: Ich bin jetzt schon 23 Jahre verheiratet. Das wird immer nett dabei, und ich kann es nur jedem empfehlen.
Ich sage zu meiner Frau: „Hannelore, gehen wir mal aus auf ein Getränk? Heute Abend hätte ich Zeit.“ Und dann sagt sie: „Na, das passt mir heute überhaupt nicht, das machen wir nicht.“ Dann denke ich mir: Was ist jetzt wieder los? Habe ich irgendwas falsch gemacht? Bin ich hier nicht mehr so wichtig? Mag sie mich nicht mehr so? Und so weiter.
Zwei Tage später entdecke ich, dass sie keine Zeit hatte, weil sie meinen Geburtstag vorbereitet hat. Das ist eine Erleichterung, ein Glücksgefühl.
Oder bei einer Grillparty ist es schon mal passiert: Man versucht, die Gasflasche zu öffnen, holt das größte Werkzeug, aber die blöde Sache geht nicht auf. Bis der Nachbar sagt: „Das ist ein Linksgewinde.“ Das ist eine wahre Erleichterung, ein Glücksgefühl, dass ich falsch gelegen habe und es jetzt weiß.
Die Realität des Lebens und die wahre Botschaft des Psalms
Nicht wenige Menschen beginnen ihr neues Leben mit Christus mit falschen Vorstellungen. Dadurch erleben sie oft große Enttäuschungen und haben weiterhin mit vielen alten Problemen zu kämpfen. Psalm 121 zeigt uns, wo wir falsch liegen.
Vor etwa zweieinhalbtausend Jahren legten Pilger tagelange Fußmärsche in Richtung Jerusalem zurück. In diesem Psalm werden drei Gefahren genannt, denen diese Pilger begegneten.
Im Vers 3 heißt es: „Er wird nicht zulassen, dass dein Fuß wankt.“ Eine Gefahr bestand darin, dass man beim Gehen über einen Stein stolperte, sich ein Band riss oder sich sogar das Bein brach. Das war damals besonders problematisch, da es keine Krankenhäuser in der Nähe gab. Eine solche Verletzung bedeutete eine große und schwierige Situation.
Eine weitere Gefahr wird in Vers 6 genannt: „Am Tag wird die Sonne dich nicht stechen.“ Ich war im August in Israel, und es war extrem heiß. Hätte ich damals den Fußmarsch von Jericho nach Jerusalem gemacht – obwohl ich relativ fit bin –, wäre es mir schwergefallen. Einen Sonnenstich zu bekommen, ist unter solchen Bedingungen gut nachvollziehbar. Das war eine weitere ernsthafte Gefahr.
Im selben Vers wird auch der Mond bei Nacht erwähnt. Das bezieht sich auf emotionale Niedergeschlagenheit, auf das Gefühl, „lunatisch“ oder „mondsüchtig“ zu werden. Solche emotionalen Belastungen waren ebenfalls eine Gefahr auf solchen Reisen.
Psalm 91 spricht von den Schrecken der Nacht. Der Reisende suchte Schutz und Hilfe gegen diese Gefahren. Deshalb sagt er: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt meine Hilfe?“
Die Abgrenzung zu heidnischem Götzendienst
Man muss verstehen, dass zu dieser Zeit nicht nur der Gott Israels im Tempel Jerusalems angebetet wurde, sondern dass in ganz Kanaan Götzendienst verbreitet war. Es gab viele verschiedene Götzen.
Aus dem Alten Testament kennen wir unter anderem den Fruchtbarkeitsgott Baal, die Aschera, Ischtar, den Moloch, Kemosch und viele weitere. Diese Gottheiten wurden auf Anhöhen und Berghügeln verehrt und besänftigt.
Man errichtete sogar Tempel für diese verschiedenen Götzen. Dort wurden Bäume gepflanzt, sozusagen kleine Gärten angelegt. Es gab religiöse Prostitution, sowohl von Männern als auch von Frauen, sowie Fruchtbarkeitsrituale.
Darüber hinaus existierten religiöse Praktiken, die das Land fruchtbar machen sollten. Glück und Bewahrung wurden versprochen – natürlich gegen Bezahlung.
Fürchtet man die Hitze der Sonne, ging man zum Sonnenpriester und bezahlte für Schutz. Fürchtet man den Schrecken der Nacht, wandte man sich an die Mondpriesterin und bezahlte für Schutz vor Leid.
Wer Angst vor dämonischen Mächten hatte, die den Fuß gleiten lassen, suchte die Götzen auf und ließ sich einen Schutzbrief gegen dämonische Angriffe ausstellen – ebenfalls gegen Bezahlung.
Die wahre Quelle der Hilfe und Bewahrung
Und er sagt: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt meine Hilfe?“ Dann antwortet er: „Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.“
Er wird meinen Fuß nicht gleiten lassen. Der mich behütet, schläft nicht. Siehe, die Götzen muss man manchmal aufwecken, weil sie manchmal schlafen. Der Hüter Israels aber schläft nicht.
Als Christen erwarten wir unsere Hilfe nicht von der Schöpfung, sondern vom Schöpfer. Wir beten nicht die Natur an – nicht die Bäume, nicht die Berge, nicht die Sonne –, sondern wir beten zu dem, der all das geschaffen hat. Er schläft nie, weder Tag noch Nacht.
Vers 8: Er wacht über deinen Anfang und dein Ende, zeitlich und ewig. Er ist mit dir auf der Pilgerreise – vom Anfang zu Hause bis zur Ankunft und bis zum Ende. Er behütet dich vor dem Bösen und bewahrt dein Leben.
Weder Sonne noch Mond noch Steine haben irgendeine Macht über dich. Sie können dir nichts Böses tun, denn Gott, der Schöpfer dieser Dinge, ist dein Herr.
Die wahre Bedeutung der Verheißungen im Psalm 121
Und darum liegen die Versprechen dieses Psalms nicht darin, dass ein Gläubiger nicht über einen Stein stolpert und sich den Fuß bricht oder dass er keinen Hitzeschlag bekommt. Nein, es geht vielmehr darum, dass dich in all diesen Situationen nichts Böses treffen kann, weil Gott, der Schöpfer, bei dir ist.
Paulus war von dieser Wahrheit so überwältigt – dass Gott immer für uns ist –, dass er nach Worten rang. Im Römerbrief Kapitel 8, einer meiner Lieblingsstellen, lese ich nur ein paar Verse vor. In Römer 8,31 heißt es: „Was sollen wir nun hierzu sagen?“ Mit anderen Worten: Ich bin sprachlos. Wenn Gott für uns ist, wer kann dann gegen uns sein?
Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns hingegeben hat, wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken? Weiter unten sagt Paulus dann: „Ich bin überzeugt, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukunftiges, noch Mächte, weder Höhen noch Tiefen, noch irgendein anderes Geschöpf uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist.“
Die realistische Sicht der Bibel auf das Leben
Wisst ihr, was mir an der Bibel gefällt? Keine Literatur beschreibt die harten Fakten des Lebens so realistisch wie die Bibel. Dafür bin ich sehr dankbar.
Nirgends finden wir auch nur eine Andeutung, dass gläubige Menschen vom Leiden dieser Welt ausgenommen wären. Das ist eine berechtigte Wunschvorstellung. Ich wünsche mir kein Leid. Ich wünsche mir ein schönes, leidloses Leben. Das ist eine verständliche Hoffnung, aber keine biblische Lehre.
Hier liegen wir falsch, wenn wir den Gashahn in die falsche Richtung drehen. Auch auf unserer scheinbar bequemen Reise durchs Leben gehen wir dieselben Straßen wie jeder andere Mensch – egal ob Atheist oder irgendein anderer Gläubiger.
Wir atmen dieselbe Luft, trinken dasselbe Wasser, fahren dieselben Autos und kaufen in denselben Kaufhäusern ein. Wir lesen dieselbe Zeitung, bezahlen denselben Preis für Waren, fürchten dieselben Gefahren und leben mit demselben Druck. Wir werden genauso krank und werden mit derselben Erde begraben.
Der Unterschied ist, dass wir keinen einzigen Schritt alleine gehen müssen. Gott ist bei uns. Das ist der Unterschied. Er vermag uns vor dem Bösen zu bewahren und bringt uns gut nach Hause. Das ist sein Versprechen.
Wir können mit unseren Zweifeln, Sorgen und Nöten zu Gott gehen und wissen uns geborgen in seiner Gegenwart.
Gottes persönliche Fürsorge und Schutz
Im Psalm 121 lesen wir fünfmal das Wort „Herr“ oder „Yahweh“, den persönlichen Namen Gottes. Außerdem kommt das Wort „Hüter“ oder „behütet“ sechsmal vor. Er ist unser Hüter und behütet uns. Er ist involviert, er ist bei uns.
Ein Argument, das ich immer wieder höre, stammt von Atheisten oder Agnostikern. Sie sagen oft: „Ja, das ist typisch. Diese Christen brauchen immer irgendeine Krücke, um mit ihrem Leben zurechtzukommen. Sie brauchen einen Behüter, einen Begleiter. Ein gesunder Mensch kommt auch alleine zurecht.“
Dieses Argument höre ich öfter. Ich verstehe es, doch es hat zwei ernsthafte Probleme.
Grenzen menschlicher Selbstständigkeit und die Notwendigkeit göttlichen Schutzes
Erstens: Das erste Problem mit diesem Argument ist, dass es Dinge gibt, die wir nicht selbst tun können. Viele Dinge können wir zwar selbst erledigen. Ich weiß nicht, wie viele von euch Skifahren – für mich ist es mein Beruf. Aber wenn du Skifahren gehst, sagst du: „Um Skifahren zu gehen, brauche ich eine Gondel. Ich brauche einen Sessellift, der mich auf den Berg bringt, und dann fahre ich mit den Skiern runter.“
Weißt du, was ich dir sage? Du bist ein Schwächling. Ich brauche keinen Lift, ich gehe zu Fuß rauf. Es dauert zwar zwei- oder dreimal so lange, aber auch nicht allzu lange. Selbst ist der Mann. Das kann ich selbst.
Viele Dinge kann man selbst tun. Aber es gibt auch Dinge, die kann ich nicht alleine machen. Zu meinem vierzigsten Geburtstag, das ist schon ein paar Jahre her, habe ich ein Geschenk bekommen: einen Fallschirmsprung. Es hat sich nie ergeben, aber letzten Herbst habe ich ihn eingelöst. Es war ganz nett.
Dann fliegst du auf fünftausend Meter Höhe. Natürlich hängst du dabei an jemandem dran. Dann setzt du dich über die Kante und fällst einfach raus. Das ist echt spannend, das hat mir direkt gefallen.
Aber wenn ich da oben bin, sage ich zu dem einen: „Du brauchst einen Fallschirm für so etwas, du hilfloses Grüppchen.“ Das kann ich alleine. Ja, ich werde es alleine tun können – genau eine Minute lang. Dann bin ich nur noch tot.
Zu sagen, ich brauche den Fallschirm, um gesund anzukommen, ist keine Schwäche, sondern Intelligenz. Und zu sagen, ich brauche niemanden, ich bin selbstbestimmt, ist nicht immer klug. Manchmal fehlt es einfach an Erkenntnis.
Gewisse Dinge können wir selbst tun, aber nicht alle.
Die Unabdingbarkeit göttlicher Fürsorge vom Anfang bis zum Ende
Im Psalm 121 lesen wir zum Beispiel in Vers 8. Dort heißt es: "Und der Herr wird deinen Ausgang und deinen Eingang behüten von nun an bis in Ewigkeit."
Unseren Anfang hatten wir nicht in unseren Händen. Wir wurden gezeugt, ohne unser Einverständnis. Auch unser Ende liegt nicht in unserer eigenen Hand; wir werden einfach sterben.
Ich kann mich selbst auch nicht vor dem Bösen bewahren. Die Ewigkeit kann ich aus eigener Kraft schon gar nicht ergreifen. Ebenso kann ich mir meine Schuld nicht selbst vergeben.
Es gibt Dinge, die ich nicht selbst bewältigen kann. Deshalb ist es keine Schwäche, sich dem Glauben zuzuwenden und von Gott dieses Geschenk anzunehmen. Vielmehr ist es die einzige Möglichkeit, um heil anzukommen.
Einen Hüter zu haben, ist keine Schwäche, sondern eigentlich die einzige Möglichkeit, um heil ans Ziel zu kommen.
Die Stärke in der Beziehung zu Gott und anderen Menschen
Das zweite Problem bei der Argumentation „Selbst ist der Mann, ich kann es selber tun“ ist, dass in Beziehung zu leben und auch in Beziehung mit Gott zu leben keine Schwäche, sondern eine Stärke ist.
Psalm 121 spricht von diesem Aspekt der persönlichen Beziehung. Dort lesen wir, dass Gott dabei ist, wenn unser Fuß ausgleitet oder wenn er es verhindert. Er ist der Schatten über meiner rechten Hand, begleitet jeden meiner Handgriffe. Er ist bei mir in der heißen Sonne und bei mir in der dunklen Nacht.
In einer solchen Beziehung zu leben, ist eine Stärke. Beziehungsfähig zu sein, in Beziehung stehen zu können, ist eine menschliche Stärke. Es ist das Zeichen eines gesunden Menschen.
Es gibt zwei Beziehungsebenen auf dieser Welt: Die horizontale Beziehung zu den anderen Menschen und die vertikale Beziehung zu Gott, unserem Vater. In diesen beiden Beziehungsebenen zu leben, ist keine Schwäche, sondern eine Stärke.
Die Herausforderung des Pluralismus und die Einzigartigkeit des Glaubens
Das ist übrigens das Problem des postmodernen Pluralismus. Heute wird oft gesagt: Ja, irgendwie stimmt ja alles, irgendwie hat jeder Recht, alles ist irgendwie wahr. Neben dem Atheismus – den man auch die Religion des Unglaubens nennt – ist der Pluralismus momentan die treibende Kraft in Europa.
Auch Christen fallen leicht darauf herein. Es scheint nämlich sehr tolerant und sehr weitherzig zu sein, aber das stimmt nicht ganz. Ich möchte es kurz erklären.
Im Alten Testament, Psalm 121, gab es genau dasselbe Problem. Dort gab es viele Götzenstätten, an denen man anbetete. Es gab den Baalkult, und was die Israeliten gemacht haben: Sie haben alles ein bisschen vermischt. Da ein bisschen was, dort ein bisschen was, und hier ein bisschen was. Das wurde eigentlich zum Zustand Israels.
Das ist auch heute ein Hauptproblem. Ich sehe es unter Christen, dass wir uns von überall ein bisschen was nehmen, was uns sinnvoll erscheint. Doch dadurch verliert das Evangelium seine Kraft, und das ist das Problem dabei.
Die Notwendigkeit einer exklusiven Beziehung zu Gott
Seht ihr, das Problem beim Pluralismus ist folgendes: Ich sage es immer so – ich habe nur eine Mutter, und ihr habt übrigens auch nur eine Mutter. Mit dieser einen Mutter habe ich, Gott sei Dank, und dafür bin ich sehr dankbar, eine gute Beziehung.
Angenommen, ich hätte hundert Mütter. Dann hätte ich ein Problem, denn mit welcher dieser hundert Mütter stünde ich in Beziehung? Das geht nicht. Und wenn es mehr als einen Gott gibt, mit welchem von ihnen stehen wir dann in Beziehung? Das ist die Schwäche des Pluralismus.
Darum ist es nicht arrogant, wenn Jesus Christus sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ Das ist nur logisch. Wenn Glaube bedeutet, in einer Beziehung zu Gott zu stehen, dann kann es nur einen Gott geben. Denn wir können nicht mit zehn Göttern in Beziehung stehen – zumindest nicht in dieser Art und Weise.
Meine Frau zum Beispiel, Diane Loren, wenn sie sagt: „Ich bin die einzige Frau in deinem Leben, die zu dir gehört, und du bist der einzige Mann, der zu mir gehört“, ist das arrogant? Nein, das ist nur verständlich. Ich kann nur eine Liebesbeziehung, eine intime Beziehung zu einer Frau haben. Es geht nicht anders, und so ist es auch mit Gott.
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen: Woher kommt meine Hilfe? Nicht von den vielen Götzenbildern. Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Es ist ein Gott, der lebt und ein Gott, der helfen kann – jetzt und ewig. Mit ihm stehen wir in Beziehung.
Die wahre Ursache für Ablehnung des exklusiven Glaubensweges
Übrigens sagen viele Leute manchmal: Ihr Christen seid so einfältig, so engstirnig, weil ihr glaubt, Jesus Christus sei der einzige Weg.
Aber wisst ihr, das Problem liegt nicht in der Begrenzung der Wege. Hätte Gott uns tausend Wege gegeben, um gerettet zu werden, dann würden wir nach tausendundeinem Weg fragen.
Denn das eigentliche Problem ist nicht die Begrenzung der Wege, sondern die Härte unseres Herzens. Ich will meinen eigenen Weg gehen – das ist das Problem.
Nicht der eine Weg ist das Problem, sondern dass ich es auf meine Weise haben will. Und genau damit kämpfen wir.
Aufforderung, die Augen auf Gott zu richten
Und damit schließe ich. Wisst ihr, was uns oft hindert, den Herrn mit unseren Augen zu erkennen? Ein Soziologe hat einmal gesagt: Wir haben unsere Augen nach innen gedreht. Und da gebe ich ihm Recht.
Wir haben unsere Augen nach innen gerichtet. Wir fragen dauernd: Wie geht es mir? Wie fühle ich mich? Was ist mit mir los? Wisst ihr, was der Psalmist sagt? Hebe deine Augen auf. Erst dann erkennst du die Realität.
Menschen, die unter Depressionen leiden, haben ihre Augen ständig nach innen gerichtet. Ich ermutige sie: Hebe deine Augen auf, schau nach draußen, schau nach oben. Dann erkennst du, dass es ja auch Bäume gibt, die Sonne scheint und es gibt noch andere Menschen außer mir. Und es gibt einen Gott, der mich liebt.
Wenn Sie Ihre Augen nach innen gerichtet haben, dann ist heute ein guter Tag, um das zu ändern. Ich mache das ganz bewusst. Ich gehe spazieren und richte meine Augen nach oben. Da kommt eine Freude ins Herz.
Die Bibel als Wegweiser für ein realistisches Leben
Die Bibel ist ein kluges Buch. Sie hilft uns, gerecht zu leben in einer Welt, wie sie wirklich ist – und nicht, wie wir sie uns wünschen.
Deshalb bin ich so gerne Christ.
Schlussgebet und Segenswunsch
Ich bete noch, lieber Vater, und danke dir von ganzem Herzen für diesen wunderbaren Psalm 121.
Herr, wir wollen uns gegenseitig daran erinnern und uns selbst daran erinnern lassen, unsere Augen nach oben zu richten. Nicht immer nach innen zu schauen, wo wir nur einen Bruchteil der Realität erkennen, sondern nach außen zu blicken, um zu sehen, was alles noch in der Wirklichkeit des Lebens vorhanden ist. In der Schöpfung, in deinem Wort und im Anderen wollen wir dich selbst entdecken – den Herrn, den Schöpfer alles Lebens.
Herr, ich bete, dass heute jemand, der dich noch nicht kennt, den Mut hat, zu dir zu kommen, die Augen aufzuheben und sein Leben dir anzuvertrauen.
Ich bete für Menschen, Vater, die leiden, besonders für diejenigen, die depressiv sind. Ich bitte, dass sie die Freiheit erhalten, ihre Augen nach außen zu wenden, die Realität des Lebens zu erkennen und die Wirklichkeit deiner Gegenwart auch ganz persönlich in ihrem Leben zu entdecken. Du bist der, der den Fuß nicht gleiten lässt, der uns Tag und Nacht behütet und vor dem Bösen bewahrt. Du begleitest uns vom Eingang unseres Lebens bis zu seinem Ausgang, von jetzt an bis in Ewigkeit.
Bei dir, Herr, wollen wir für immer sein.
Das ist mein Gebet für mich und für all die lieben Menschen hier, in Jesu Namen, Amen.
