Junge Ehen stärken: Die Arbeit von Family Life
Eine Woche mit Chrissi und Franz Metzold von Campus für Christus Deutschland.
Persönliche Erfahrungen mit Mentoring in der Ehe
Diese Woche geht es um die Arbeit von Family Life. Ich habe Chrissi und Franz Metzold bei mir, die uns in ihre Arbeit mit hineinnehmen.
Wir fangen mal mit der Frage an: Was habt ihr eigentlich selbst schon gelernt? Ihr habt ja gesagt, ihr macht diese Arbeit, weil ihr irgendwann selbst gemerkt habt, wie gut es euch getan hat, Mentoring im kleinen Stil zu erfahren. Vielleicht könnt ihr noch ein bisschen erzählen, was das in eurem Leben bewirkt hat.
Sehr gern. Also, wir haben zum Beispiel gelernt, dass es richtig klug und weise ist, nicht zu lange zu warten, sondern sich Begleiter und Hilfe auf dem Weg zu holen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Gottes Hilfe bei uns tatsächlich genau zur rechten Zeit kam und uns die Menschen vor die Nase gestellt hat, mit denen er uns verbinden wollte.
Zum Beispiel warst du das 2017 auf der OBS in Görlitz. Ich weiß noch, dass wir eines Abends zu dir gekommen sind und gesagt haben: Können wir mal reden? Du saßt dann da mit deiner Pfeife vor uns und hast uns in nur zwei, drei Minuten durchleuchtet. Du hast uns ein paar Fragen gestellt, die uns wirklich zum Nachdenken gebracht haben. Und dann gab es Aufgaben.
Ich hatte die Aufgabe, meiner Frau jeden Morgen eine Frage zu stellen. Hintergrund war, dass ich nicht so gut erspüren konnte, was sie eigentlich wirklich braucht und wie ich ihre Liebessprache sprechen kann. Ich habe es immer auf meine Art probiert, ihr Anerkennung und Zuwendung zu geben, aber das kam nicht an.
Also habe ich ihr die Frage gestellt: „Schatz, was kann ich dir heute Gutes tun, um dir meine Liebe zu zeigen?“ Die Antwort, die da kam, hat mich geflasht. Sie war nämlich jeden Morgen die gleiche und zwar etwas ganz anderes, als ich die ganzen Jahre zuvor gemacht habe. Ich sollte ihr einfach helfen – helfen, helfen, ganz praktisch im Alltag anpacken.
Das war in der Tat super anstrengend für mich, aber es war gut. Es hat für sie den Tank gefüllt und es wurde umgerissen.
Und weil das nicht einseitig war, hatte Chrissi natürlich auch etwas zu tun. Willst du das selbst erzählen?
Nein! Komm, mach mal!
Ja, ich hatte die Aufgabe, meinem Mann weg-offen zu begegnen. Weg-offen heißt, dass ich nicht erwarte, dass er Wünsche oder Bedürfnisse, die ich ausdrücke, sofort erfüllt, sondern dass er Zeit dafür hat. Zum Beispiel, wenn ich sage: „Schatz, bring bitte jetzt den Müll raus“, dann meine ich das nicht so, sondern sage: „Schatz, könntest du dir vorstellen, im Laufe des Tages den Müll rauszubringen?“
Das war auch eine große Herausforderung, da ich in einem Elternhaus groß geworden bin, wo alles zack, zack, zack hintereinander erledigt wurde.
Die Bedeutung von gegenseitigem Verstehen und persönlicher Entwicklung
Das heißt, ihr habt gelernt, die Liebessprache des anderen zu entdecken und offen miteinander zu kommunizieren. Definitiv ganz wichtige Dinge, die man irgendwann auf dem gemeinsamen Weg mitnehmen muss.
Wie ging es dann weiter? Wir haben festgestellt, dass es klug ist, bei sich selbst anzufangen, anstatt dem anderen die Schuld zuzuschieben. Persönlich haben wir viel aufgeräumt, das muss man sagen.
Wir hatten Team-F-Seminare, in denen wir unsere eigene Herkunftsfamilie betrachtet haben. Dabei haben wir genau geschaut, was uns persönlich geprägt hat, was wir davon behalten wollen und wo es sich lohnt, hinzuschauen, Veränderungen zu wünschen, ins Gebet zu gehen, Gott neu hineinzuholen und Vergebung auszusprechen.
Außerdem haben wir viele Ehetage mit dem Christusforum besucht, wo wir immer wieder neue Impulse bekamen. Regelmäßig nahmen wir an den Sommerbibelschulen in Volkenroda teil, bei denen auch das Hohelied immer wieder ein Thema war. All das hat uns inspiriert und weitergebracht. Zum einen, um unsere eigene Gottesbeziehung zu stärken, zum anderen, um in der Ehe immer wieder neue Schritte zu gehen. So sind wir täglich auf dem Weg.
Wir haben auch gelernt, dass ein großer Wert in guten Vorbildern liegt. Wie bereits erwähnt, war es bei uns zu Hause mit den Vorbildern nicht so gut. Trotzdem ist es sehr wertvoll, neben den Eltern auch ein zweites erfahrenes Ehepaar zu haben, auf das man blicken kann und dem man Fragen stellen kann.
Wir haben den großen Wert einer frühen Förderung und Unterstützung eines Ehepaares erkannt. Deshalb haben wir oft gedacht, es wäre schön gewesen, wenn wir früher Ideen bekommen hätten und wenn früher in unsere Ehe hineingesprochen worden wäre.
Ganz wichtig für uns ist, dass wir uns Gott unterstellen. Wir sagen: „Hey Gott, was möchtest du von uns? Wo möchtest du uns verändern?“ So treffen wir kluge Alltagsentscheidungen, die wir mit Gott vereinbart haben. Das prägt unseren Lebens- und Beziehungsstil bis heute.
Das kann ich nur unterstreichen. Ich hätte mir gewünscht, dass viel früher jemand in unser Leben hineingesprochen hätte. Bei uns waren es vor allem Bücher, die wir gelesen haben. Sie haben uns Stück für Stück an Themen wie Liebessprache oder offene, gewaltfreie Kommunikation herangeführt.
Aber ich glaube, ich hätte mir gewünscht, dass es viel deutlicher gewesen wäre. Dass einfach mal jemand sagt: „Stopp, macht das mal so! Das funktioniert. Das, was ihr hier tut, ist einfach Unsinn.“ Manchmal kann so eine klare Ansage extrem hilfreich sein.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Bedeutung gesunder Paarbeziehungen
Ihr habt im Gespräch mit mir darauf hingewiesen, dass es Studien gibt, die das, was ihr vorhabt, in gewisser Weise unterstützen. Vielleicht können wir uns diese wissenschaftliche Grundlage kurz anschauen.
Was weiß man über den Wert einer guten Paarbeziehung für das Glück eines gelingenden Lebens? Im Mentoring gehen wir davon aus, dass die Paarbeziehung ein wichtiger Schlüssel im Leben ist. Besonders spannend ist eine der längsten und bekanntesten Studien der Welt: die Harvard Study of Adult Development. Diese Studie läuft bereits seit 85 Jahren und untersucht Zusammenhänge im Leben und im Älterwerden von Menschen. Dabei wird erforscht, was sie glücklich macht, zufrieden hält, gesund erhält und sogar zu einem längeren Leben beiträgt.
In mittlerweile drei Forschergenerationen wurden über 2000 Menschen über ihre gesamte Lebensspanne begleitet. Eine zentrale Erkenntnis daraus ist besonders interessant: Menschen, die in gesunden Paarbeziehungen leben oder gelebt haben, sind diejenigen, die am längsten leben, ihr Leben als glücklich bezeichnen und geistig sowie körperlich bis ins hohe Alter am gesündesten sind.
Noch spannender ist, dass Menschen, die zwar in einer Paarbeziehung waren, dort aber Einsamkeit empfanden – also in einer schlechten oder toxischen Beziehung lebten – schlechtere Werte aufwiesen als Menschen, die allein waren. Beispielsweise hatten Ehepaare, die in den 1950er Jahren im mittleren Alter eine stabile Partnerschaft führten, mit 80 Jahren die beste Gesundheit und die längste Lebenserwartung.
Für mich als Gesundheitswissenschaftler, was ich zuvor beruflich gemacht habe, ist das unglaublich spannend. Weder gesunde Ernährung, noch regelmäßiges Sporttreiben, noch der Cholesterinspiegel oder andere Faktoren, auf die wir sonst so achten, hatten einen so großen Einfluss auf das Leben wie die Qualität der Paarbeziehung.
Diese Erkenntnisse zeigen uns, dass beziehungsstarke Ehen beiden Partnern einfach guttun. Ich denke auch, dass solche Beziehungen sehr anziehend für Menschen sind, die Gott noch gar nicht kennen.
Ehementoring als präventive und stärkende Maßnahme
Wenn ich das richtig verstehe, ist Deutschland im Bereich Ehementoring deutlich hinterher. Gibt es Studien aus anderen Ländern, die weiter sind, sodass man sehen kann, wohin sich das entwickeln könnte, wenn man es hier in Deutschland etabliert?
Solche Studien gibt es tatsächlich. Unser gesamtes Material stammt aus dem Family Life Konzept aus Kanada. Dort ist Ehementoring schon seit einiger Zeit etabliert. Das Vanier Institut of the Family in Kanada hat beispielsweise statistisch erhoben, dass die Hälfte aller Ehepaare – genau 50 Prozent – im ersten Ehejahr sehr ernsthafte Probleme haben, bedingt durch die vielen neuen Anpassungen.
Die Studie zeigte außerdem, dass Mentoring die Zufriedenheit in der Paarbeziehung nachweislich erhöht. Es wurde auch festgestellt, dass Mentoring scheidungspräventiv wirkt. Zum Zeitpunkt der Studie lag die Erfolgsrate von Ehen in Kanada bei 59 Prozent, das heißt, 59 Prozent der Paare waren noch nicht geschieden.
Paare, die an einer Ehevorbereitung und anschließendem Mentoring teilgenommen hatten, wiesen eine Erfolgsrate von 80 bis 90 Prozent auf. Das bedeutet, sie blieben glücklich zusammen. Diese Zahlen sind wirklich beeindruckend und sehr aussagekräftig.
Was uns besonders begeistert, ist, dass das Mentoring nicht nur den empfangenden Mentees hilft, sondern auch den Mentoren selbst. Beide Paare, die das Programm durchlaufen haben, berichteten, dass sie in ihrer Beziehung gewachsen sind. Das ist für uns ein Geheimnis: Wir investieren uns in andere, und Gott schenkt, dass wir selbst davon profitieren.
Definitiv möchte ich unterstreichen, dass jeder Ehevorbereitungskurs, den wir anbieten, wertvoll ist. Auch wenn es oft nur um scheinbar einfache Themen geht, wie zum Beispiel richtig streiten oder eben nicht streiten, ist es hilfreich, diese Dinge gemeinsam mit anderen zu besprechen. Es wirkt wie ein Reminder nach dem Motto: „Hey, das wollt ihr doch eigentlich auch tun. Wie sieht es eigentlich in eurer Ehe aus?“
Ich glaube, es ist äußerst wertvoll, sich um andere zu kümmern. Auch wenn das bedeutet, Zeit zu investieren, die eigene Wohnung zu öffnen und gastfreundlich zu sein – man wird dadurch sehr gesegnet.
Mentoring als integraler Bestandteil christlicher Jüngerschaft
Das heißt, ihr sagt, junge Paare brauchen Begleiter und gute Vorbilder. Das müsste eigentlich in jede Gemeinde hineinwirken. Es sollte in jeder Gemeinde etabliert werden, dass, wenn jemand heiratet, es nicht nur einen Ehevorbereitungskurs gibt, sondern auch einen Begleitungskurs – mindestens für das erste Jahr danach, besser wahrscheinlich für zwei oder drei Jahre. Vielleicht sollte es auch eine Auffrischung nach fünf Jahren geben.
Das hat ja dann schon den Charakter von Jüngerschaft, oder?
Ganz genau, Jürgen, du hast das gut erkannt. Mentoring ist biblisch gesehen ein Teil der Jüngerschaft. Im 1. Thessalonicher 2,8 steht: „Wir haben euch so sehr geliebt, dass wir euch nicht nur Gottes gute Botschaft brachten, sondern auch unser eigenes Leben mit euch geteilt haben.“ Das schrieb Paulus, der zum Beispiel ein Mentor für Timotheus war. Auch Jesus selbst teilte sein Leben mit seinen Jüngern, mit seinen Freunden.
Unser Fazit ist, dass wir als Mentoren geben und gleichzeitig empfangen. Das ist total genial, so wie du es schon ausgedrückt hast. Wir sehen, dass Mentoring herausfordernd ist, aber zugleich auch das beste Übungsfeld, auf dem Gott uns platziert hat, um uns zu formen und uns gleichzeitig beschenken zu können.
Ausblick und Abschluss
Was für ein schönes Schlusswort, liebe Chrissi!
An dieser Stelle beenden wir diese Episode. Beim nächsten Mal beschäftigen wir uns mit der Frage, wie ein Ehementoring praktisch aussieht.
Wenn jetzt jemand denkt: „Wow, die haben ja total Recht, das sollte ich tun! Ich bin auch glücklich verheiratet und würde gerne Ehementor sein – worauf lasse ich mich da ein?“, dann sprechen wir genau darüber in der nächsten Episode.
Vielen, vielen herzlichen Dank, dass ihr dabei wart. Wir hören uns morgen wieder. Das war’s für heute.
Alle Infos zur Arbeit von Family Life findet ihr im Skript.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.