Liebe Freunde,
im letzten Jugendgottesdienst ist mir ein Fehler unterlaufen. Als ich mich für die Kollekte bedankt habe, sagte ich, dass in der Kollekte auch eine Sonderspende von tausend Mark für die Aktion Brot für die Welt enthalten war. Das stimmt jedoch nicht.
Es ist zwar richtig, dass eine Sonderspende von tausend Mark eingegangen ist, aber diese war nicht für die Aktion Brot für die Welt bestimmt, sondern für den Kindergarten in Döbeln. Ich habe das verwechselt und falsch angesagt.
Dafür bitte ich erstens um Entschuldigung. Zweitens möchte ich versichern, dass diese tausend Mark nicht an die Aktion Brot für die Welt, sondern an den Kindergarten in Döbeln überwiesen wurden.
Verlässlichkeit im Umgang mit Kollekten
Das gilt grundsätzlich für alle Kollekten. Das Geld wird für den Zweck verwendet, für den es hier angekündigt und gesammelt wird.
Wenn wir heute zum Beispiel für ein Klavier im Rösterer Park sammeln, dann wird das Geld nicht für eine Runde Bier ausgegeben, sondern tatsächlich für das Klavier.
Wir machen das hier nicht so wie der kleine Junge, der zu seiner Mutter geht und sagt: „Mutti, gibst du mir bitte mal fünfzig Pfennig für einen alten Mann?“ Die Mutter antwortet: „Das ist aber schön, dass du dich um alte Männer kümmerst. Wo ist denn der?“ Darauf sagt der Junge: „Der steht unten auf der Straße und verkauft Eis.“
Es hätte überhaupt keinen Sinn, wenn wir das Geld, das wir hier einsammeln, für einen anderen Zweck verwenden würden. Dann würde der Segen Gottes nicht mehr darauf liegen.
Thema der Predigt: Veruntreuung von Kollektengeldern
Und was passiert, wenn jemand fremdes Eigentum oder auch Kollektengelder veruntreut? Darüber möchte ich heute predigen.
Ich erzähle euch dazu zwei Geschichten. Die erste Geschichte stammt aus dem Alten Testament, aus dem ersten Buch der Könige, Kapitel 21. Es ist die Geschichte von Nabots Weinberg.
Die Geschichte von Nabots Weinberg
Dieser Weinberg lag direkt neben dem Palast des Königs Ahab. Der König hatte sich fest vorgenommen, diesen Weinberg zu besitzen. Nicht etwa, weil er selbst keinen Weinberg hatte – wahrscheinlich besaß er mehr als einen. Nein, der Grund war, dass das Grundstück von Nabot so praktisch neben seinem eigenen lag. Und weil es ihm gefiel, wollte er es unbedingt haben. Dabei spielte es keine Rolle, dass er den Weinberg gar nicht als solchen nutzen wollte. Stattdessen plante er, dort einen Gemüsegarten anzulegen.
Nabot hingegen dachte nicht im Traum daran, sein wertvolles Familienerbe dem König zu überlassen – weder gegen Geld noch durch freundliche Worte. Das ärgerte seine Majestät so sehr, dass er schmollte wie ein Schuljunge, der den Roller seines Bruders nicht bekommen kann. Der König legte sich gekränkt ins Bett, drehte sich zur Wand, sprach kein Wort mehr und aß keinen Bissen.
Das wiederum kränkte seine Frau, die Königin Isabel. Wer mag schon einen Ehemann, der im Bett liegt und die Nahrungsaufnahme verweigert? Selbst wenn sie dem König sein Lieblingsessen brachte – Pellkartoffeln mit mariniertem Hering – und sagte: „Hallo, Darling“, reagierte er nicht, sondern drehte sich weiterhin zur Wand.
Da zeigte Frau Ezebel eine andere Seite. Sie drängte ihn so lange, bis er endlich sagte, was ihn beschäftigte. Er erklärte ihr, dass Nabot ihm seinen Weinberg nicht geben wolle. Daraufhin entgegnete die Königin: „Also, Mann, wer ist hier eigentlich der König? Du oder dieser Traubenfritze? Na, der König hier im Land bist doch du! Also iss und trink, hab guten Mut. Ich werde das schon regeln, verlass dich auf Isabelchen. Ich werde dir das Ding schon verschaffen.“
Sogleich setzte sie sich an den Schreibtisch, nahm ein Blatt mit dem Briefkopf von Ahab und schrieb einen Brief an die Herren vom Stadtrat. Sie fälschte die Unterschrift des Königs, versiegelte den Brief mit seinem Siegel und schickte ihn ab.
Der Inhalt des Briefes war eindeutig: Der Rat der Stadt sollte zwei Männer beauftragen, öffentlich zu erklären, dass Nabot Gott und den König gelästert habe. Anschließend sollte Nabot sofort gesteinigt werden. Befehl ist Befehl – was vom König kommt, muss ausgeführt werden.
Die Herren der Stadtverwaltung hatten keinerlei Skrupel. Die beiden Männer, die bereit waren, für etwas Geld den unschuldigen und ahnungslosen Nabot zu verleumden, waren schnell gefunden. Die Anklage reichte aus, es gab weder eine Verteidigung noch eine Anhörung. Nabot wurde sofort verurteilt und rasch gesteinigt.
Kaum war Nabot tot, konnte Königin Isabel ihrem Mann zufrieden vom Tod des Herrn Nabot berichten. Während sie nebenbei das Kopfkissen aufschüttelte und das Bett machte, sagte sie: „Was ich dir noch erzählen wollte: Stell dir vor, der alte Nabot, dieser komische Kauz mit dem vergammelten Weinberg von nebenan, ist ganz plötzlich gestorben – gestern ist er gegangen.“
Mit anderen Worten: „Bitteschön, mein Lieber, die Sache ist geritzt. Du kannst die Datsche in Besitz nehmen.“
„Aha“, sagte Ahab, zog sich seinen Jogginganzug an und eilte zum Nachbargrundstück. Seht ihr, so wird das gemacht. So schnell wird ein Mensch aus dem Weg geräumt, so schnell wechselt etwas den Besitzer. So einfach ist das alles, wenn man die Macht hat.
Gottes Gerechtigkeit über menschlicher Macht
Nun hat die ganze Sache noch einen Haken, nämlich den Menschen. Selbst wenn er ein König ist, kann er nicht einfach tun, was er will. Denn über jedem Menschen, selbst über einem König, steht noch jemand – und das ist Gott.
Gott achtet auf Recht und Gerechtigkeit unter den Menschen. Er fordert von jedem Verantwortung, auch von einem König.
Was die Isebel betrifft, muss ich noch sagen: Isebel war eine Gottlose, eine Heidin. Sie stammte aus einem anderen Land, in dem Gott nicht verehrt wurde. Sie hatte ihre selbstgemachten Götzen mitgebracht. Diese standen auf dem Regal, zwischen dem Eingemachten und der Dschibodose. Die Götzen waren dumm und stumm. Sie konnten Isebel nicht ins Gewissen reden.
Doch der lebendige Gott ist erstens nicht so dumm, dass er sich von den Menschen an der Nase herumführen lässt. Und zweitens ist er nicht so stumm, dass er zu allem Unrecht schweigen würde.
Gott hat in dieser Welt seine Stimme – die Stimme seiner Prediger, in diesem Fall die Stimme des Propheten Elija. In dem Moment, als der König seine erste Runde durch das Grundstück dreht, greift Gott ein. Er schickt Elija los. Elija stellt den König sofort auf dem Grundstück zur Rede und kündigt ihm das Gericht über ihn, seine Frau und seine Nachkommen an.
Elija sagt ihm ins Gesicht: „Du hast gemordet, du hast dir fremdes Eigentum angeeignet, und dafür wird Gott dich strafen. Die Hunde und die Vögel werden eure Leichen fressen.“
Als Ahab diese Gerichtsandrohung hört, erschrickt er. Er bereut, was er getan hat, bittet um Vergebung, kehrt um und bekehrt sich.
Daraufhin beschließt Gott, Ahab zu schonen, aber das Strafgericht später an seinen Nachkommen zu vollstrecken. Soweit die Geschichte aus dem Alten Testament.
Die Vertreibung der Salzburger Protestanten und ihre Folgen
Und nun folgt die zweite Geschichte aus dem alten Dresden. Diesmal nicht mehr vom König Ahab, sondern vom König August, dem sogenannten August dem Starken.
Nach der Reformation hatte der römische Katholizismus manche Gebiete, die zunächst evangelisch geworden waren, wieder zurückerobert – zum Beispiel Österreich und Salzburg. Damals war es offiziell so, wie es praktisch heute noch ist: Je nachdem, welchen Glauben der Landesherr hatte, mussten auch die Untertanen diesen Glauben annehmen. War der König Katholik, wurden die Bürger Katholiken. War der König Protestant, wurden die Bürger Protestanten. War der Führer Nationalsozialist, wurden die Bürger Nationalsozialisten. Und so weiter.
Damals lebten in Salzburg evangelische Christen, die nicht daran dachten, ihren Glauben zu wechseln, nur weil die Regierung gewechselt hatte. Sie wollten unbedingt bei ihrem evangelischen lutherischen Glauben bleiben, auch wenn der Landesherr noch so sehr wünschte, dass alle seine Untertanen Katholiken sein sollten.
Man konnte nicht einfach ein paar Tausend Bürger spurlos verschwinden lassen. Das mag bei einem einzelnen widerspenstigen Mann wie Nabot möglich sein, aber nicht bei ganzen Gemeinden. Doch man konnte diese Menschen dazu bringen, einen Ausreiseantrag zu stellen. Man setzte sie so unter Druck, dass sie das Land verlassen mussten.
So wurden im Jahr 1731 durch den katholischen Erzbischof die lutherischen und reformierten Salzburger aus Salzburg vertrieben – aus dem Land ihrer Väter, aus ihrem angestammten Erbe. Viele von ihnen wurden mitten im eiskalten Winter hinausgeworfen. Insgesamt waren es 22.000 Salzburger, die ihre Heimat verlassen mussten.
Im gesamten protestantischen Deutschland wurde damals eine Kollekte für diese Menschen gesammelt. Besonders in Sachsen war die Opferbereitschaft enorm. Selbst das kleinste erzgebirgische Dorf schickte seine Spende. Das großartige Gesamtergebnis in Sachsen betrug 28 Taler, 21 Groschen und sechs Achtfünfzigstel Pfennig.
Die Sachsen sammelten also nicht nur viel, sondern auch schnell. Leider hatte die Kirchenleitung bei der Weiterleitung der Kollekte eine ziemlich lange Leitung. Sie arbeitete so langsam wie ein Schweizer. Man sagt den Schweizern ja nach, dass sie in ihren Reaktionen etwas verzögert sind.
Zum Beispiel gab es einmal einen Hotelbesitzer in Österreich, der seine Angestellten zum Schneckensammeln schickte. Jeder bekam ein Töpfchen, um Schnecken fürs Abendbrot zu sammeln. Am Abend kamen alle zurück und gaben ihre Töpfchen ab. Nur das Töpfchen des Schweizers war leer. Der Direktor rief ihn zu sich und schimpfte: „Hören Sie mal zu, alle haben sich Mühe gegeben und Schnecken mitgebracht. Sie sind der Einzige, der keine hat. Haben Sie keine gesehen?“ Der Schweizer antwortete: „Doch, überall waren Schnecken. Aber immer, wenn ich mich bücken und eine greifen wollte, war sie schon fortgeschlupft.“
So ging es der sächsischen Kirchenleitung damals. Als sie das Geld den langsam zu Fuß durch Sachsen und Deutschland wandernden Salzburgern geben wollte, waren diese schon längst über die Grenzen fortgeschlupft.
Nun beschloss das Konsistorium in seiner unendlichen Weisheit, das Geld so bald wie möglich an die richtige Adresse zu schicken. Doch auch das geschah nicht. Volle acht Wochen nach diesem Beschluss lag das Geld immer noch bei der Kirchenleitung in Dresden.
Zweckentfremdung der Kollekte für den Bau der Frauenkirche
Nun war es so, dass in Dresden damals gerade eine riesenhafte Kirche gebaut wurde. Nicht, dass es dort keine Kirchen gegeben hätte – Kirchen hatten sie genug. Aber König August der Starke wollte eben gerne noch eine haben. Und diese sollte natürlich die schönste und größte sein, sowohl von Dresden als auch von ganz Sachsen. Etwa so wie der Petersdom in Rom.
Man nannte die Kirche schon heimlich den Dresdner Petersdom. In Wirklichkeit hatte sie jedoch einen ganz anderen Namen: Dieser Prachtbau, der auch als Brandbau bekannt war, hieß Frauenkirche. Ich weiß nicht warum, denn sie sieht so groß und rund aus wie in Alt-Rischgau. Den Grund dafür kenne ich nicht.
Für viele von euch ist diese Frauenkirche ein Begriff. Sie wurde beim Angriff auf Dresden zerstört und steht jetzt mitten im Zentrum von Dresden als Ruine. Sie dient als Mahnmal an den 13. Februar 1945. Bis 1945 war sie ein Wahrzeichen der Stadt und prägte die Silhouette Dresdens.
Ich bin in Dresden geboren und bin als Kind oft an dieser Kirche vorbeigegangen. Jedes Mal, wenn wir vor dieser großen Kirche standen, sagte mein Vater zu uns Kindern: „Diese Kirche ist mit gestohlenem Geld gebaut worden.“ Das konnte ich als kleiner Junge überhaupt nicht verstehen. Eine Kirche, ein Gotteshaus – wieso sollte sie mit gestohlenem Geld gebaut worden sein? Wie soll das funktionieren?
Nur nach der Methode Napols Weinberg ist das gemacht worden. Der König hatte das unstillbare Verlangen, eine schöne große Kirche zu besitzen. Leider hatte er nicht genug Geld. Trotzdem musste natürlich gebaut werden, das war klar.
Als der Bau halb fertig war, starb der König. Sein Nachfolger, August III., hatte natürlich noch weniger Geld. So geriet der Bau der Dresdner Frauenkirche wegen Geldmangels ins Stocken. Es fehlte das oberste Stockwerk, die Kuppel, die Krönung.
In dieser Situation kam die Kollekte für die Salzburger genau im richtigen Moment. Das war das Sümmchen, das zum Bau der Kirche noch fehlte. Die Dresdner Frauenkirche stand da wie ein großes Fass ohne Deckel. Um dem Fass die Krone aufzusetzen, wurde die Kuppel der Kirche mit dem Geld gebaut, das für die Salzburger gesammelt worden war.
Heute weiß niemand mehr, ob diese Idee von König August III. stammte, vom Herrn von Brühl oder von irgendeiner anderen sächsischen Persönlichkeit. Jedenfalls erhielt die Kirchenleitung vom sächsischen König folgenden Brief, den ich euch jetzt vorlese.
Der königliche Befehl zur Umwidmung der Kollekte
Nachdem die salzburgischen Emigranten von den Poisanzen, bei denen sie aufgenommen wurden, bereits mit dem notwendigen Unterhalt versorgt worden sind, sollen die gesamten Kollektengelder nicht an andere Orte weitergeleitet werden. Stattdessen ist beschlossen worden, die vollständige Summe von 28 Taler, 36 Groschen und 21,6 Pfennigen für die Fortsetzung des Frauenkirchenbaus hier vor Ort zu verwenden.
Es wird demnächst höflich darum gebeten, die Verfügung zu treffen, dass die gesamten Gelder, einschließlich der noch einzusendenden Beträge, nach Abzug eines Vorschusses dem Rat Alhir gegen dessen Quittung übergeben werden. Dies soll der besseren Fortsetzung und Durchführung des Frauenkirchenbaus dienen.
Vielleicht habt ihr das bisher nicht ganz im Einzelnen verstanden, da auch etwas Französisch darin vorkam. Ihr müsst es so verstehen: Ein König spricht eine königliche und vornehme Sprache. Auf gut Deutsch lautet der Inhalt des Briefes: Das Geld wird den Salzburgern entzogen und damit die Kirche fertig gebaut.
Natürlich waren die Gemüter über diesen königlichen Befehl zunächst etwas aufgeregt. Doch sie beruhigten sich bald, weil sie sich sagten: Die Obrigkeit kann anordnen, was sie will. Wer ist hier der König? Das ist August. Und der Untertan hat zu gehorchen, denn die Obrigkeit ist von Gott eingesetzt.
Wandel im Verhältnis von Kirche und Staat
Dieser unbiblische und unkritische Untertanengeist hat lange Zeit in der Kirche geherrscht, bevor die jeweiligen Herrscher seine Bücklinge erhielten. Doch diese Zeiten sind vorbei, zumindest hier bei uns.
Die evangelischen Kirchen in der DDR lehnen es ab, dass der Mensch zum Objekt von Direktiven gemacht wird. Im September hat in Dessau eine Synode stattgefunden. Diese Synode durfte vom Westfernsehen nicht gefilmt werden. Da Informationen darüber kaum zu bekommen sind, möchte ich aus dem Protokoll der Synode einige Passagen vorlesen.
Dort heißt es zum Beispiel: Wenn Jugendliche sich immer wieder als Objekt von Anweisungen, Richtlinien und Direktiven erleben, können sie nur schwer in gesellschaftliche Verantwortung hineinwachsen und sich nicht als Partner angenommen fühlen. Schon im Kindes- und Jugendalter sowie in allen Bereichen der Ausbildung ist der Dialog einzuüben. Reisemöglichkeiten sind eine wichtige Voraussetzung für den Dialog zwischen Menschen verschiedener Staaten.
Diese Note hält es für an der Zeit, dass alle Bürger unseres Landes reisen können, unabhängig von bestehenden Verwandtschaftsverhältnissen. Auch die Kinder sollen von Reisemöglichkeiten nicht ausgeschlossen bleiben. Die Beteiligung Jugendlicher an ökumenischer Zusammenarbeit der Kirchen über Grenzen hinweg kann nicht länger als Ausnahmefall gelten. Sie ist ein unaufgebbarer Bestandteil der kirchlichen Arbeit und wird von unseren ökumenischen Partnern erwartet.
Deshalb bringt diese Note ihr Unverständnis zum Ausdruck, dass der Einsatz junger Christen in Nicaragua durch den Einspruch der FDJ und die negative Entscheidung der Regierung der DDR bisher nicht zustande kam. Obwohl das Projekt eine Bitte des ökumenischen Partners war und mit ihm sowie staatlichen Stellen in der DDR bis ins Detail abgesprochen wurde.
Der leitende Bischof der Synode, Landesbischof Dr. Laich, sagte dort einen sehr wichtigen Satz: „Wir brauchen eine Gesellschaft, die im täglichen Erleben ein menschliches Angesicht hat.“
Ich lese euch noch ein paar Sätze von Bischof Laich vor: In der Sowjetunion spricht die russisch-orthodoxe Kirche von der Erneuerung der Gesellschaft in der Wahrheit. Diese Erkenntnis muss umgesetzt werden: Der Einzelne darf nicht als einer gelten, der unter Administration steht und nur so handelt. Vielmehr muss er eigene Verantwortung und Initiativen so weit wie möglich entfalten können. Das muss er auch in seinem gesamten Lebensbereich erfahren. Dieser einzelne Mensch wird in unserer Gesellschaft als ein dringend benötigtes Glied gebraucht.
Ich habe euch das alles vorgelesen, weil ihr es sonst vermutlich nicht hören könnt. Das war also die Stimme der Kirchen der DDR im Jahr 1988. Damals, im Jahr 1733, hatte die Kirche nicht den Mut zu einer solchen offenen Sprache. Die Kirchenleitung gehorchte damals. Zum Glück waren jedoch nicht alle Untertanen des sächsischen Königs feige und schweigende Memmen.
Es gab einige mutige Männer, die mit der Anordnung des Königs nicht einverstanden waren. Sie protestierten hörbar gegen die Zweckentfremdung der Kollekte.
Der Widerstand gegen die Zweckentfremdung der Kollekte
Zu den mutigen Männern, die dem damaligen König widersprochen haben, gehörte Valentin Ernst Löscher, der damalige Subdiakon von Dresden. Dieser Mann ist in die Kirchengeschichte eingegangen als der Prophet von Kursachsen. Er war damals die Stimme Gottes. Unter seiner Leitung erhob das lutherische Gremium bei der Behörde Einspruch – leider erfolglos.
Der König setzte seinen Willen durch: Das gesamte Geld musste sofort an den Rat der Stadt Dresden abgegeben werden, und zwar zwecks Kuppelbau der Frauenkirche. Die Salzburger erhielten keinen einzigen halben Pfennig von der Kollekte. Die Öffentlichkeit wurde mit keiner Silbe darüber informiert, was aus dem Geld geworden ist. Die guten Sachsen lebten im Glauben, sie hätten für einen guten Zweck gespendet, und ahnten nicht, dass ihr Geld für die Kuppel dieser Kirche verwendet worden war.
Wenn der Souverän Löscher diese gewaltige Kuppel sah, so schrieb sein Biograph, dachte er immer, als ob diese Steine nach Sühne schrien. Die Sühne wurde dann an den Nachkommen vollstreckt. Zweihundert Jahre lang hat Gott gewartet. Am 13. Februar 1945 war es dann soweit.
Bei dem Angriff auf Dresden fiel diese Kirche zusammen wie ein Kartenhaus. Ein Augenzeuge berichtete, dass sie mit einem einzigen Schlag in sich zusammenstürzte. Die Kuppel dieser Kirche, die mit gestohlenem Geld gebaut worden war – durch Betrug, Lüge, Unrecht und Untreue –, dieser fette Dom der Sünde und Gottlosigkeit, verschwand von der Bildfläche.
Bei dieser Gelegenheit kippte auch das Standbild von Martin Luther um und fiel auf die Nase. Diese Statue war vor der Kirche aufgestellt worden. Man muss sich das einmal vorstellen: Diese Kirche wurde mit Geld gebaut, das für die Salzburger gespendet war, die wegen ihres Festhaltens am lutherischen Bekenntnis ihre Heimat verlassen hatten. Vor dieser Kirche eine Statue von Martin Luther aufzustellen, grenzt an Hohn.
Doch Gott lässt sich nicht spotten. Ich denke, der Einsturz von Kuppel und Statue war, so wie viele Dresdner es sehen, ein Gericht Gottes gewesen.
Persönliche Verantwortung vor Gott
Und ich erzähle euch diese alten Geschichten deshalb, weil ihr ja auch noch einmal für euer Leben vor dem Gericht Gottes erscheinen müsst. Gott wird dich einmal fragen, wie du mit deinem Geld umgegangen bist, mit deinem Nächsten, mit deinem Körper und mit deinem Leben.
Gott wird dich fragen, wie du dein Leben gebaut hast. Und ich frage dich: Bist du sicher, dass du da nichts Unrechtes eingebaut hast? Wirst du einmal mit deinem Leben vor Gott bestehen können, oder wird es zusammenfallen wie ein Kartenhaus?
Ich habe euch heute zwei alte Geschichten von zwei Königen erzählt. Aber denke nicht, das geht dich nichts an, weil du kein König bist. Sicher, du bist kein König, aber manchmal benimmst du dich so, als ob du der King wärst in deinem Leben.
Sicher, du interessierst dich nicht für Weinberge und Frauenkirchen, aber für andere Frauen oder andere Männer, oder Autoersatzteile, fremdes Eigentum, zum Beispiel Staatseigentum, das du für deine privaten Zwecke mitnimmst.
Was hast du in deinem Leben schon alles mitgenommen? Wozu hast du schon gegen dein Gewissen geschwiegen? Wem hast du schon gegen besseres Wissen gehorcht? In welchen faulen Geschichten bist du überall mit drin?
Mein lieber Scholli, was steckt in deinem Leben eigentlich drin?
Das Leben als Prüfung vor Gott
Unser Leben ist wie ein Gang durch eine Kaufhalle. Du beginnst das Leben als ein unbeschriebenes Blatt. Mit einem leeren Körbchen gehst du durch die Gänge der Kaufhalle. An den Regalen entlang werden dir von allen Seiten Angebote gemacht. Du versuchst natürlich, so viel wie möglich mitzunehmen.
Egal, wie viel du mitnimmst und wie lange du dich in der Kaufhalle aufhältst: Am Ende, am Ausgang, steht die Kasse. Dort stehst du dann davor. Es heißt: „Komm, jetzt machen wir die Rechnung. Zeig, was in deinem Körbchen drin ist. Pack aus!“
Es ist egal, wie lange du durchs Leben gegangen bist und wie viel du im Leben mitgenommen hast. Am Ende deines Lebens stehst du vor der Kasse – das heißt, vor dem Gericht Gottes. Dort wird die Rechnung deines Lebens aufgemacht. Gott wird zu dir sagen: „So, komm, klapp mal dein Leben auf. Jetzt schauen wir nach, was du zusammengelebt hast, was in deinem Leben drin war.“
Dann kommt alles heraus: das, was du vor dir selbst und den anderen verstecken wolltest. Was du vergessen oder verdrängen wolltest. Was du verschweigen wolltest. Alles, was in das Körbchen deines Lebens nicht gehört – fremdes Eigentum, fremde Geschlechtspartner, alles, was du unrechtmäßig mitgenommen hast – das kommt noch einmal ans Licht.
Vor dem unbestechlichen Angesicht Gottes kannst du das nicht verbergen. Wenn das Licht Gottes wie ein Scheinwerfer in dein Leben hineinscheint, im Jüngsten Gericht, wird alles klar und deutlich. Dann wird Gott zu dir sagen: „Nur mit dem ganzen Gelümpel, das du hier angesammelt hast, kannst du nicht in Gottes Reich kommen.“
Wenn Gott dir das einmal sagen müsste, dann hättest du dein ganzes Leben falsch gelebt. Dann wäre alles umsonst gewesen.
Einladung zur Vergebung und Umkehr
Gott möchte dir das nicht sagen müssen. Er will nicht, dass du am Ende zum Teufel gehst. Vielmehr möchte Gott, dass du in sein Reich kommst und zu ihm findest.
Deshalb bietet Gott dir heute Abend die Vergebung deiner Schuld an. So wirst du nicht zusammenbrechen, wenn du einmal vor Gott stehst. Gib das, was in deinem Leben falsch war, an Jesus ab.
Schleppe deine alten Sünden nicht länger mit dir herum, vor allem nicht bis zum bitteren Ende. Du brauchst sie keine halbe Stunde länger zu tragen. Gib sie an Jesus ab, lege sie ab, spucke sie aus.
Nutze den heutigen Abend, um dich davon befreien zu lassen. So kannst du in Gottes Reich gelangen.
