Einführung in das Thema Schuld und Vergebung
Psalm 32,1-5: Glücklich ist, dem die Übertretung vergeben ist, dem die Sünde zugedeckt ist. Glücklich ist der Mensch, dem der Herr die Schuld nicht zurechnet und in dessen Geist kein Trug ist.
Als ich schwieg, zerfielen meine Gebeine durch mein Stöhnen den ganzen Tag. Denn Tag und Nacht lastete deine Hand auf mir. Mein Saft verwandelte sich in Sommergluten.
So bekannte ich dir meine Sünde und verbarg meine Schuld nicht. Ich sagte: „Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen.“ Und du hast die Schuld meiner Sünde vergeben.
Wir singen zusammen noch ein weiteres Lied. Es ist ein Wunsch da. Oh, sehr schnell – war das das gleiche Lied, das ihr euch gegeben habt?
Wie viele Schulden habt ihr denn bei der Bank? Ich höre hier vereinzelt Meldungen, besonders von denen, die zumindest nach außen hin sagen, dass sie keine Schulden haben. Ich will nicht im Einzelnen jeden hören, nur statistisch betrachtet müsstet ihr, was ich einmal gelesen habe, etwa dreißigtausend Mark Schulden haben.
Davon sind etwa 5.500 Mark Konsumschulden. Das heißt also, für die Bonbonschachtel, für den Urlaub – der gehört auch zum Konsum dazu –, für das neue Kleid oder für all diese Sachen. Das sind zumindest die statistischen Werte in der Bundesrepublik.
Ich glaube euch, vielleicht hat der eine oder andere wenig. Der eine hat ein Haus für eine halbe Million gekauft und hat dann gleich genug Schulden für uns alle. So verteilt sich das dann etwas.
Verschiedene Arten von Schulden und Schuldgefühlen
Schulden kann man auch in anderer Hinsicht haben. Zum Beispiel hat mir jemand geholfen, meine Wohnung umzubauen oder meinen Umzug zu organisieren. Dann schulde ich dieser Person sozusagen eine Gefälligkeit.
Vielleicht gibt es auch jemanden, der sich über einen Konkurrenten am Arbeitsplatz geärgert hat und ihn vor dem Chef schlechtgemacht hat. In diesem Fall schuldet er eigentlich eine Klarstellung.
Ich habe einen Freund in der Schweiz, der mit seinem Auto jemanden überfahren hat. Das war allerdings unabsichtlich, könnt ihr euch das vorstellen? Er hat sich in gewisser Weise schuldig gemacht, denn er war schuld an diesem Unfall. Der Fahrradfahrer lag danach mehrere Wochen im Krankenhaus.
Wenn ich mir eine Stereoanlage kaufen will – bei mir war es nicht so, ich nehme ein persönliches Beispiel – wollte ich unbedingt ein paar Bücher kaufen. Ich lese sehr gerne, und meine Frau versucht immer, mich etwas zu bremsen.
Dann habe ich von einem Antiquariat einen Katalog zugeschickt bekommen. Dort habe ich einige tolle Bücher gefunden. Meine Frau fragte mich: „Michael, was machst du da? Was machst du mit dem Katalog?“ Ich antwortete: „Nichts, ich gucke nur, ich schaue da nur hinein.“ Aber innerlich hatte ich eigentlich schon vor, mir das eine oder andere Buch zu bestellen.
Hinterher habe ich mich schuldig gefühlt. Ich dachte, ich hätte nicht die Wahrheit gesagt, ich hätte sie quasi angelogen. Nachdem die Bücher dann angekommen waren, war es spätestens nicht mehr zu verheimlichen. Wir mussten miteinander darüber reden.
Es ist gut ausgegangen, aber seitdem bin ich vorsichtiger. Ich versuche vorher, meine Frau zu überzeugen, dass ich diese Bücher unbedingt brauche. Meistens einigen wir uns dann darauf, dass ich nicht alle, aber doch einige Bücher kaufen kann.
Das heutige Verständnis von Schuld und die Rolle des Gewissens
Allerdings ist das Fatale und auch etwas Seltsame, das ihr vielleicht schon bemerkt habt, wenn ihr mit Menschen gesprochen habt, dass Schuld oder Schulden heute kaum noch eine Rolle spielen. Viele Menschen haben gar kein Schuldbewusstsein mehr.
Freud, der zu Beginn dieses Jahrhunderts lebte und als Begründer der Psychotherapie gilt, sagte, das Schuldbewusstsein sei eine Krankheit, eine Disharmonie zwischen Ich, Es und Über-Ich. Der Mensch sei nicht Herr in seinem eigenen Haus, und das führe dazu, dass er sich schuldig fühle. Im Grunde genommen sei das eine Krankheit, die man wie alle anderen psychischen Krankheiten auch kurieren könne.
Martin Buber, ein bekannter Philosoph und Jude aus derselben Zeit, war mit dieser Ansicht nicht einverstanden. Er stellte fest, dass sich der Mensch des zwanzigsten Jahrhunderts keiner Schuld mehr bewusst sei. Ich denke, damit hat er einen wichtigen Punkt getroffen.
Arno Plack sagt dazu, der Mensch sei nicht böse, sondern die Gesellschaft dränge den Einzelnen durch Unterdrückung und Druck zu einer Normverletzung, also zu einem Vergehen oder einer Schuld.
Das Wort Schuld selbst stammt vom althochdeutschen Wort „skulda“ ab. Es bedeutet so viel wie „sollen“ – das, was man tun soll, die Verpflichtung, die man hat. Das ist ganz interessant.
Wenn wir Schuld auf unsere finanziellen Schulden beziehen, die wir haben oder nicht haben, dann ist Schuld etwas, das ich tun soll. Ich soll der Bank oder jemand anderem eine bestimmte Geldsumme zurückgeben. Ich bin der Bank sozusagen schuldig. Die Bank lässt sich das bezahlen, und mit der Zeit steigt die Schuld oft sogar noch weiter an.
Schuld als persönliches Verhältnis und Abgrenzung zu sozialer Angst
Schuld ist also ein persönliches Verhältnis zwischen einem Gläubiger und einem Schuldner.
An der Bank hat der Kassierer nicht unbedingt das eigene Geld in der Tasche, sondern das meines Nachbarn, der etwas zu viel Geld hat und es zur Bank bringt. Dieses Geld kann ich dann ausleihen. Im Grunde genommen besteht also ein Verhältnis, bei dem ich eine Schuld habe. Ich versuche, diese Schuld mit der Zeit weiter abzuzahlen und so dafür zu sorgen, dass sie abgetragen wird.
Mit Schuld meine ich allerdings nicht das, was manche Menschen damit verwechseln, nämlich eine soziale Angst. Wenn also jemand auf der Bundesstraße 150 mit seinem Auto fährt und plötzlich hinter sich einen Polizeiwagen mit Blaulicht sieht, der schnell auf die Bremse geht, dann ist das kein richtiges Schuldbewusstsein. Vielmehr handelt es sich um soziale Angst, nämlich die Befürchtung, dass man zur Kasse gebeten wird. Sobald der Polizeiwagen wieder vorbei ist, kann man genauso schnell weiterfahren wie zuvor.
Schuld hat vielmehr damit zu tun, dass ich mir bewusst bin, jemand anderem etwas schuldig zu sein, dass ich eine Verpflichtung gegenüber jemand anderem habe. Jemand, der Schulden hat oder irgendwo schuldig geworden ist, möchte das auch wieder in Ordnung bringen. Er erkennt, dass ein Fehler dahintersteckt.
Ja, bei Schulden bei der Bank möchte man vielleicht nicht gerne zurückzahlen, aber man weiß zumindest, dass man es soll. Man denkt nicht: Sobald keine Mahnung von der Bank kommt, werde ich auch nicht bezahlen. Es sind also tatsächlich Schulden vorhanden.
Verschiedene Formen von Schuld und ihre Folgen
Schuld kann nicht nur Geld oder einen Gefallen betreffen. Wie verhält es sich jedoch, wenn wir Schuld am Tod eines Menschen tragen? Zum Beispiel, wenn jemand im Gesundheitswesen arbeitet und einen Fehler macht, oder wenn jemand im Straßenverkehr unachtsam ist und dadurch den Tod eines Menschen verursacht. Was schuldet diese Person dann? Eigentlich schuldet sie das Leben – dem Menschen, dem sie es genommen hat.
Doch dem Verstorbenen kann man kein Leben zurückgeben, zumindest nicht wir. So müssen wir mit dieser Schuld weiterleben.
Wenn ich als Geschäftsführer schuld am Konkurs meiner Firma bin, weil ich es versäumt habe, rechtzeitig zu reagieren, dann schulde ich den Aktionären, den Angestellten oder dem Besitzer der Firma das Geld, das ich verloren habe. Wenn ich jemanden angelogen habe, schulde ich ihm die Wahrheit. Ich muss ihn aufklären, wie es eigentlich hätte sein müssen.
Schuld kann durch eine Handlung oder auch durch eine Unterlassung entstehen. Nach dem Straßenverkehrsrecht bin ich verpflichtet anzuhalten, wenn ich am Straßenrand einen Verunfallten sehe. Als Christ wäre ich meiner Meinung nach sogar doppelt verpflichtet, jemandem zu helfen, der offensichtlich in Not ist. Wenn ich das nicht tue, lade ich mir ebenfalls Schuld auf.
Wenn Gott mir als Christ einen Auftrag gibt – zum Beispiel, zu einem Menschen zu gehen und mit ihm zu sprechen oder, wie wir es von Paul Timlin gehört haben, meine Verantwortung in der Familie wahrzunehmen – und ich diesen Auftrag nicht erfülle, dann nehme ich Schuld auf mich. Diese Schuld entsteht dadurch, dass ich etwas nicht tue, nicht durch etwas, das ich tue. Das ist wahrscheinlich in den meisten Fällen so, wenn wir schuldig werden.
Schuld ist also eine Verpflichtung oder Pflicht, die wir erfüllen oder unterlassen sollten. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass wir einen freien Willen haben und selbst entscheiden können, was wir tun.
Die moderne Psychologie versucht zu erklären – wie wir gerade gehört haben –, dass der Mensch nicht Herr in seinem eigenen Haus ist. Er wird von seiner Umwelt geprägt und kann eigentlich gar nicht anders handeln. Im Grunde genommen sei der Verbrecher, der vor Gericht steht, zu bemitleiden. Schuld hätten vielmehr seine Eltern, die ihn schlecht erzogen haben, das soziale Milieu, die Lehrer, die versagt haben, vielleicht sogar das Opfer, das er überfallen hat. Denn dieses Opfer hat ihn möglicherweise provoziert, indem es unverschämterweise gerade vor seinen Augen in die Bank gegangen ist, um Geld abzuheben, und anschließend überfallen wurde.
Ihr seht sicherlich ganz eindeutig: Dieser arme Mensch kann nichts dafür. Eigentlich müsste derjenige ins Gefängnis, der das Geld abgehoben hat.
Ihr lacht nur schwach, vielleicht haben einige das jetzt ernst genommen, was ich gesagt habe. Ich meine das eigentlich nicht so. Ich denke jedoch, dass hier tatsächlich eine Fehlorientierung besteht. Schuld wird nicht ernst genommen oder gar nicht wahrgenommen, weil man den Menschen einredet, er habe keinen freien Willen. Er werde von außen beeinflusst und könne gar nicht anders handeln, als er es tut.
Vielleicht denken auch einige so: „Zu meinem Ehepartner kann ich nur schreien, wenn ich wütend werde, weil meine Eltern das so gemacht haben. Ich bin eben so, von Natur aus. Ich kann nicht anders. Ich bin ein Choleriker, und ein Choleriker muss so reagieren.“ Oder: „Mein Arbeitgeber sagt mir, ich soll lügen, also muss ich lügen. Ich kann gar nicht anders.“
Doch immer wieder stellt sich die Frage: Ist das wirklich so? Sind wir nicht letztendlich verantwortlich? Haben wir nicht einen freien Willen, auch Nein zu sagen? Nein zu Veranlagungen, die uns vielleicht leichter erregen lassen? Wir müssen nicht so reagieren, wie es uns scheinbar vorgegeben ist. Vielleicht schaffen wir es nicht aus eigener Kraft, aber darauf kommen wir später noch zurück.
Das Gewissen als Stimme Gottes und menschliche Verantwortung
Das Gewissen, das irgendwo in uns ist, ruft uns dazu auf. Es zeigt uns eine Richtschnur dessen, was gut und böse ist, was wir tun sollten und was wir besser lassen sollten. Das Gewissen ist die Stimme Gottes, die in uns hineinspricht.
Gewissen ist etwas ganz Typisches für den Menschen. Es gibt es sonst nirgends. Kein Tier hat ein Gewissen. Vielleicht gibt es den Hund, der den Schwanz einzieht, nachdem er den Braten vom Tisch geschlungen hat, weil er weiß, dass er jetzt Ärger bekommt. Wenn wir mit dem Hund nie schimpfen würden, würde er denken, das sei seine normale Abendmahlzeit, die er jeden Abend vom Tisch nimmt. Das liegt nur daran, dass er durch Strafe gelernt hat, dass das eigentlich nicht so sein soll.
Ein Tier hat kein Gewissen. Ein Tier kann zwar etwas antrainiert bekommen, aber es hat keinen inneren moralischen Kompass. Tiere haben Instinkte, zum Beispiel in der freien Wildbahn, dass Artgenossen sich nicht unbedingt umbringen. Diese Instinkte hat der Mensch offensichtlich nicht, denn er kann sich hemmungslos gegenseitig umbringen und quälen – auch wenn es keinen äußeren Zwang dafür gibt.
Daraufhin merken wir: Der Mensch hat die freie Entscheidungsmöglichkeit. Aber jeder Mensch weiß auch, was gut und was falsch ist, was wir tun sollten und was wir besser unterlassen sollten. Dieses Gefühl der Schuld, das in uns drin ist, ist eigentlich etwas Gutes. Vielleicht leiden wir manchmal unter der Schuld, aber sie zeigt uns, wo wir Fehler gemacht haben. Sie gibt uns die Chance, umzukehren und neu anzufangen. Sie gibt uns auch die Möglichkeit, diese Schuld wieder loszuwerden – sozusagen abzuzahlen.
Der deutsche Philosoph Leibniz hat dazu gesagt: "Die Schuld führt uns zur Tugend. Es ist ein Glück für den Menschen, dass er Schuld kennt." Ich weiß nicht, ob ihr euch, wenn ihr euch mal schuldig gefühlt habt, gerade glücklich gefühlt habt, aber ich denke, es ist tatsächlich etwas Wahres daran.
Wenn wir uns schuldlos fühlen würden – Menschen, die keine Schuld kennen, nennt man eher Unmenschen. Sie haben kein Schuldgefühl, weil sie Dinge tun, bei denen wir denken würden: Das ist ja eigentlich unmenschlich, das ist vollkommen falsch. So kann man als Mensch doch gar nicht handeln.
Die biblische Sicht auf Schuld und persönliche Verantwortung
Bei den Schulden und der Verantwortung für die Schulden spricht auch die Bibel ein klares Wort. Sie sagt, jeder, der eine schlechte Tat getan hat, ist schuldig für das, was er getan hat. So zum Beispiel in 5. Mose 24, Vers 16, wo gesagt wird: „Nicht der Vater haftet für die Schuld seines Sohnes und nicht der Sohn für die Schuld seines Vaters, sondern jeder ist für seine eigene Schuld verantwortlich.“
Gegen wen oder was sind wir denn eigentlich schuldig? Da gibt es sicherlich Schuld, die wir gegen uns selbst haben. Schuld zum Beispiel gegen den Körper, der uns ja jeden Tag versorgt und trägt. Wir sind verantwortlich, diesen Körper auch zu pflegen. Ebenso gilt das für den Verstand, den wir geschenkt bekommen haben und der uns sehr viel hilft im täglichen Leben. Es ist wichtig, ihn nicht verkümmern zu lassen, damit wir auch mit 30 noch neue Gedanken verarbeiten können.
Besonders gibt es aber die Schuld gegenüber einzelnen anderen Menschen, die in unserer nahen Umgebung sind, mit denen wir tagtäglich zu tun haben und leicht in Schuld hineinkommen. Wir sind unauflöslich mit der Welt um uns herum verbunden. Daher bleibt es gar nicht aus, dass wir in Schuld fallen, weil wir jemanden nicht so behandeln, wie es eigentlich sein sollte. Vor allem, wenn wir den hohen Maßstab sehen, den das Gewissen an uns selbst stellt.
Da gibt es die Eltern, die Ehepartner, die Kinder, bei denen wir wahrscheinlich am häufigsten in Schuld fallen werden. Aber auch die Menschen, die uns etwas ferner stehen, wie Arbeitskollegen oder Hilfesuchende, von denen wir wissen und denen wir vielleicht mit schlechtem Gewissen keine Hilfe bieten. Ebenso die Nachbarn oder einfach die Menschen, die uns hier und dort begegnen, bei denen wir spüren, dass wir eigentlich helfen sollten.
Wir haben auch eine Schuld gegenüber der Gesellschaft, von der wir am Morgen im ersten Petrusbrief gehört haben. Diese Gesellschaft gibt uns Sicherheit, Kultur, Arbeit, Kontakte, Sprache, Lernen, Krankenversorgung und vieles mehr. Von Gott verordnet haben wir eine Schuld gegenüber dieser Gesellschaft, die es abzutragen gilt.
Weiterhin haben wir eine Schuld gegenüber der Natur, die uns erhält und in der wir leben können. Auch hier gilt es, der Verantwortung nachzukommen, die uns Gott über diese Natur gegeben hat.
Aber in erster Linie und wahrscheinlich den größten Teil der Schuld macht die Schuld Gott gegenüber aus. Das beginnt ja schon in dem Beispiel, das ich gelesen habe, aus Psalm 32, wo David sagt: „Ich bin gegen dich schuldig geworden“, und er hat diese Schuld nicht eingestanden.
In Psalm 51, Vers 6 finden wir noch etwas anderes, die Antwort Davids auf den Vorwurf des Propheten Nathan, der zu ihm kommt. David bekennt: „Gegen dich allein habe ich gesündigt und getan, was böse ist in deinen Augen, damit du im Recht bist mit deinen Reden, rein erfunden in deinen Richten.“ Er sagt weiter: „Siehe, in Schuld bin ich geboren“ usw. Dieses bezieht sich darauf, dass David erkennt, er ist vor Gott schuldig gewesen.
Es steht ja eben darüber, dass der Prophet Nathan zu ihm gekommen ist. Da ist also die Schuld, die anerkannt und eingestanden wird. David hat ja eigentlich auch Schuld gegenüber Bathseba, mit der er die Ehe gebrochen hat, und besonders natürlich gegenüber deren Mann, den er hat ermorden lassen. Aber David sieht hier in erster Linie, dass es auch und ganz besonders Schuld gegenüber Gott ist. Gott hat diese Ordnungen in sein Gewissen hineingegeben und diese Ordnungen eingesetzt.
Auflehnung gegen Gott ist Rebellion gegen Gott, gerade dort, wo David wusste, was richtig und was falsch war und sich nicht danach gerichtet hat. Gott ist derjenige, dem wir verpflichtet sind. Wenn wir das einmal versuchen, in das Bild des Geldausleihens zu übersetzen: Es gibt das Leben, das Gott uns geschenkt hat, die Sprache, die Denkfähigkeit, den Körper, die Natur. Es gibt den Ehepartner, die Kinder, all das, was uns Gott geschenkt und anvertraut hat, und wofür wir ihm etwas schuldig sind.
Die Bibel sagt ganz einwandfrei: Wir sind Gott Liebe gegenüber schuldig. So wie in Matthäus 19, Vers 21, in der Geschichte vom reichen Jüngling, wo Jesus dem reichen Jüngling sagt: „Du bist Gott nicht nur Gehorsam schuldig, dass du nun die Gebote einhältst, sondern du sollst ihn so sehr lieben, dass alles andere in deinem Leben zurücktritt“, beim reichen Jüngling war das das Geld.
Oder wir kennen das höchste Gebot, das uns Jesus lehrt: „Liebe Gott über alles und deinen Nächsten wie dich selbst.“ Wir sind Gott Ehre schuldig, Ehre, Dank und Liebe für das, was er uns gegeben hat.
Gott bestimmt die Konditionen, wie er das zurückgezahlt bekommen will. Gott bestimmt die Zinsen dabei, und diese sehen bei Gott so aus, dass wir ihm Dank geben sollen, dass wir ihn anerkennen sollen, in Gemeinschaft mit ihm leben sollen und ihm unser Vertrauen aussprechen sollen. So will Gott die Antwort auf all das, was er uns geschenkt hat.
Im Grunde genommen hat er uns ja selbst geschenkt. Daher haben wir auch gar keine andere Möglichkeit, ihm irgendetwas zu geben, was er nicht sowieso schon hätte. Wir können ihm auch nicht uns selbst schenken, denn wir gehören ja eigentlich schon Gott, ob wir das wollen oder nicht, denn wir sind seine Geschöpfe.
Also das Einzige, was wir tun können, ist, unser Verhalten nach Gott auszurichten, anzuerkennen, dass wir von Gott angesprochen sind, und darauf zu antworten, dass wir diesem Anspruch Gottes nachkommen.
Umgang mit Schuld und Wege zur Vergebung
Es gibt sicherlich auch falsche Schuld, die Menschen in ihrem Leben empfinden – Schuld, obwohl sie eigentlich keine Schuld auf sich geladen haben. Allerdings gehört diese Schuld nicht Gott gegenüber. Manche Menschen suchen jedoch krampfhaft in ihrem Leben nach Fehlern. Sie versuchen überall herauszufinden, wo sie etwas falsch gemacht haben könnten oder ob sie vielleicht jemanden verletzt haben. Dadurch kommen sie nicht zur Ruhe.
Ich denke, es ist nicht sinnvoll, überall nach Schuld zu suchen, vor allem nicht dort, wo sie uns nicht klar bewusst ist oder wir sie nicht eindeutig erkennen können. Wenn wir sie jedoch entdecken, sollten wir versuchen, sie nach Möglichkeit in Ordnung zu bringen.
Wie gehen wir nun mit Schuld um? Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Viele Menschen wählen die Flucht vor der Verantwortung. Sie wollen die Schuld nicht ernst nehmen, am liebsten gar nicht mehr darüber sprechen oder sie einfach leugnen. Dann heißt es: „Ich bin doch nicht schuld daran, jemand anderes ist schuld.“ Oft wird derjenige beschuldigt, der uns gereizt oder provoziert hat. Schuld ist unangenehm, niemand hat sie gern, deshalb verdrängt man sie lieber.
Ich habe in einem Roman von Hemingway gelesen, „Wem die Stunde schlägt“. Darin beschreibt er die Situation eines Revolutionärs im Spanienkrieg. Er unterhält sich mit einem anderen Kämpfer, und dieser fragt schließlich: „Was machen wir eigentlich mit unserer Schuld? Wer vergibt uns unsere Schuld?“ Nach einer Weile überlegen sie und sagen: „Gott ist nicht mehr da, denn wir kämpfen ja als Kommunisten, als Atheisten. Wer vergibt uns dann die Schuld?“ Schließlich kommen sie zu der Antwort: „Wir müssen uns die Schuld selbst vergeben.“
Man merkt, dass das nicht funktioniert. Das ist eigentlich nur ein Leugnen und Verdrängen der Schuld. Wie können wir uns selbst die Schuld vergeben? Das wäre ungefähr so, als wenn wir von der Bank Geld leihen und uns dann selbst die gleiche Summe noch einmal auszahlen. Damit werden unsere Schulden nicht getilgt, sondern höchstens noch größer. So können wir mit Schuld nicht fertigwerden.
Es gibt auch die Möglichkeit – um beim Bild des Geldes zu bleiben – zu sagen: „Ich habe die Schulden gemacht, aber mein Nachbar muss sie bezahlen.“ Manche Menschen lassen absichtlich ihre Firma oder GmbH Konkurs gehen und lassen dann andere für ihre Schulden aufkommen – etwa diejenigen, die zuvor geliefert haben. Das wird in der Öffentlichkeit meist als Wirtschaftskriminalität angesehen.
Solche Situationen gibt es aber auch im kleineren Maßstab. Ich weiß nicht, ob Sie das schon erlebt haben: Ab und zu schickt mich meine Frau einkaufen. In den letzten Jahren hat sie mich öfter Milch kaufen lassen, weil sie für unser Kind frische Milch wollte, nicht irgendwelche Haltbarmilch.
Angenommen, es passiert mir – was zum Glück nicht geschehen ist –, dass ich auf dem Weg das Portemonnaie verliere. Dann komme ich zurück, und wie wird wohl die Reaktion sein? Haben Sie sich schon einmal überlegt, wie leicht es ist, in solch einer Situation die Schuld auf jemanden zu schieben? Vielleicht haben Sie selbst so etwas erlebt. Man sagt dann schnell: „Du mit deiner Milch! Warum muss ich auch jeden Tag losgehen? Du bist schuld. Wäre ich nicht losgegangen, hätte ich das Portemonnaie nicht verloren.“
So wird die Schuld schnell los – weil sie unangenehm ist. Man ärgert sich darüber, warum einem das passiert ist. Dann sucht man einen Schuldigen, einen Sündenbock. Das ist das, was ich das „Adam-Eva-Syndrom“ nenne: Adam fragt: „Warum hast du das gemacht?“ Eva antwortet: „Die Schlange hat mich verführt!“ So wird die Schuld übertragen.
In der Öffentlichkeit funktioniert das oft genauso, zum Beispiel in den 1930er Jahren: „Mein Geschäft läuft schlecht, wer ist schuld? Die Juden, die Konkurrenz, und so weiter.“ So wird die Schuld schnell weitergegeben. Aber auf diese Weise werden wir mit der Schuld nicht fertig.
Die Bibel fordert uns auf, Schuld einzugestehen, zu ihr zu stehen und Gott um Vergebung zu bitten. Der erste Schritt ist natürlich, zu erkennen, wo wir schuldig geworden sind. Und schuldig geworden sind wir nicht nur irgendwann einmal vor langer Zeit, bevor wir Christen wurden. Auch wir Christen fallen immer wieder in Schuld.
Ich weiß nicht, ob es Ihnen genauso geht, aber mir passiert es oft, dass ich etwas Falsches tue und schuldig werde. Dann geht es darum, das zu erkennen. Das ist manchmal gar nicht so leicht – ich wollte sagen, es ist manchmal gar nicht so einfach, sich selbst einzugestehen: „Ich bin schuldig geworden, ich habe etwas Falsches getan.“
Dann gibt es den nächsten Schritt: damit zu Gott zu kommen. Nicht auf irgendeine krumme Art und Weise, wie die, die ich gerade genannt habe, sondern ehrlich einzustehen: „Diese Schuld habe ich vor Gott und möglicherweise auch vor einem anderen Menschen.“
Dann gilt es, zu diesem Menschen hinzugehen – auch wenn das nicht immer leicht ist – und auch zu Gott zu kommen, um ihm die Schuld einzugestehen. Dabei können wir sagen: „Gott, du siehst, dass ich versagt habe. Vergib mir, lass mich neu anfangen.“
Dann übernimmt Jesus sozusagen unsere Schuld und zahlt sie ab.
Die Vergebung durch Jesus Christus und ein neues Leben
Das ist ja das Phantastische daran: Es ist nicht so, dass die Sache plötzlich einfach erlassen wird. Ebenso wie bei der Bank, wenn wir dort Schulden haben, ist es nicht so, dass die Bank plötzlich sagt: „Also ja, ich merke schon, das fällt dir schwer, das Geld zurückzubezahlen, dann brauchst du nichts mehr zurückzuzahlen.“ Nein, das geht höchstens so, wenn ich nicht mehr zahlen kann und dann muss irgendjemand anders zahlen.
Genauso ist es bei Gott auch. Bei Gott wird nicht einfach vergeben, weil er gerade einen guten Tag hat. Nein, es geht darum, dass jemand anderes das, was wir an Schuld auf uns geladen haben, abgetragen hat. Jesus sagt am Kreuz in Johannes 19,30: „Es ist vollbracht!“ Damit hat Jesus genau das vollbracht – er hat die Schulden an unserer Stelle abgetragen.
Immer wieder finden wir, dass auch Paulus darauf hinweist, dass Jesus im Mittelpunkt steht. Er betont, dass Jesus für unsere Schuld gestorben ist, zum Beispiel in 1. Korinther 2,2. Dort wird deutlich, dass wir nur durch Jesus unsere Schulden vor Gott abtragen können.
Die Schuld gegenüber unserem Nächsten können wir versuchen irgendwie auszugleichen – es sei denn, er ist gestorben oder es ist unabdingbar, die Schuld rückgängig zu machen. Aber dabei darf es nicht bleiben, es ist nicht das Ende. Es gibt keine, wie Dietrich Bonhoeffer es einmal formuliert hat, „billige Gnade“. Es gibt keine Vergebung, bei der wir danach fröhlich weitermachen, als wäre nichts gewesen.
Im Neuen Testament steht dafür das griechische Wort „Metanoia“. Das bedeutet, wir müssen uns neu besinnen, umdenken lernen und einen Gesinnungswandel durchmachen. Wir müssen nicht nur erkannt haben, dass es falsch ist, sondern auch sehen, dass wir möglichst keine neuen Schulden aufnehmen sollten. Es geht darum, nicht wieder zur Bank zu gehen, um einen neuen, größeren Kredit aufzunehmen.
Wir sollen Jesus Christus zuhören, um zu sehen, was er von uns will, und neu anfangen. Wir erkennen, dass das Böse sich nicht auszahlt. Wir wägen ab, rechnen Kosten und Nutzen durch: Was ist gut, was sollten wir tun? Lohnt es sich, diese Schulden aufzunehmen oder nicht? In den meisten Fällen lohnt es sich gegenüber Gott gar nicht, neue Schulden aufzunehmen. Denn wir müssten aus dem ersten Mal gelernt haben, dass wir sie nie zurückzahlen können.
Wenn wir das tun, beginnt für uns ein neues Leben. Unsere Schulden sind sozusagen getilgt – um ein Wort aus der Finanzsprache zu benutzen. Dann fängt ein neues Leben an, das Alte ist befreit von Schuld und Sünde.
Im 2. Korinther 5,17 heißt es, dass die Schuld dadurch beseitigt ist, dass Jesus für uns gestorben ist und dass Jesus in uns eine neue Schöpfung bewirkt hat. Er hat uns ein neues Leben geschenkt. Darin liegt ein kleiner Schlüssel, ein Geheimnis: Unser alter, normaler Mensch ist schuldig vor Gott. Aber jetzt gibt es einen neuen Menschen mit einer neuen Identität. Diese Identität ist nicht gefälscht, wie es manche Betrüger tun, sondern echt – eine neue Identität vor Gott.
Dieses neue Leben, das wir von Gott bekommen haben, ist schuldlos. Es ist ein Geschenk von Jesus anstelle des alten, verschuldeten Lebens vor Gott. Dabei merken wir, dass wir auf andere angewiesen sind – auf Gottes Hilfe und Unterstützung.
Wenn wir Gott gegenüber das eingestanden haben, wenn wir diese Metanoia, diese Umkehr erlebt haben und unsere Schulden Gott gegenüber abgetragen haben, dann nicht durch gute Taten oder Ähnliches, sondern indem wir ihm ehrlich gestehen: Wir sind zahlungsunfähig. Es muss eine Umschuldung geben, wir schaffen es nicht allein.
Wenn Jesus für uns die Schulden abbezahlt hat, bleiben natürlich immer noch Schulden gegenüber anderen Menschen – denen, mit denen wir leben. Auch hier gilt es, Schuld einzugestehen. Es braucht Mut, zum Beispiel zum Ehepartner zu gehen und zu sagen: „Da habe ich versagt, da habe ich etwas falsch gemacht.“ Dann bitten wir um Vergebung und versuchen, die Schuld wieder abzutragen, wo es möglich ist.
Dabei geht es nicht um eine billige Entschuldigung. Es reicht nicht, einfach zu sagen: „Entschuldige, dass ich lange keine Zeit für dich hatte“, und dann die nächsten 14 Tage wieder keine Zeit zu haben. Stattdessen müssen wir die Schuld wirklich abtragen, indem wir Zeit investieren – für den Partner, die Kinder oder andere Menschen, denen wir schuldig geworden sind.
Wenn wir zum Beispiel unseren Partner angelogen haben, müssen wir auch die Wahrheit aufklären und sagen, worum es wirklich ging. So kann in unserem Leben das neue Leben aufkeimen und blühen.
Trotzdem werden wir erleben, dass wir im Leben mit dem Spruch Martin Luthers „simul justus et peccator“ zu tun haben. Das klingt gut, vielleicht wissen manche, was das bedeutet. Luther sagte, wir sind gleichzeitig gerechtfertigt und Sünder. Das heißt: Der alte Mensch, den wir tagtäglich zu ertränken versuchen, schwimmt immer wieder hoch.
Wir kämpfen unser Leben lang damit. Doch das bedeutet nicht, dass wir uns dem ergeben sollten, als wäre nichts zu ändern. Im Gegenteil: In diesem Kampf merken wir, dass das Leben, das wir einmal ohne Gott begonnen haben, uns ständig verfolgt und anhängt. Wir können nicht einfach davon loskommen.
Darum schauen wir auf Jesus Christus, der unsere Schuld übernommen hat, der unsere Schuld auf sich genommen hat und uns Vergebung anbietet. Er hat unsere Schulden getilgt. Und wir bemühen uns, unsere Schulden gegenüber Gott und den Menschen, mit denen wir leben, abzutragen und in Ordnung zu bringen.
Abschluss mit Psalm 32
Ich lese zum Abschluss noch einmal einen Vers aus Psalm 32, den ich mir gerade nicht notiert hatte.
Psalm 32,1-5:
Glücklich der Mensch, dem Übertretungen vergeben sind, dem Sünde zugedeckt wird. Glücklich der Mensch, dem der Herr die Schuld nicht zurechnet und in dessen Geist kein Trug ist.
Als ich schwieg, zerfielen meine Gebeine durch mein Gestöhn den ganzen Tag. Denn Tag und Nacht lastete deine Hand auf mir. Mein Saft verwandelte sich in Sommerglut.
Da tat ich dir kund meine Sünde und verbarg meine Schuld nicht länger. Ich sagte: „Ich will dem Herrn meine Übertretung bekennen.“ Und du hast die Schuld meiner Sünde vergeben.