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Grosse Hoffnungen am Horizont

Eine dramatische Geschichte mit Happy End, Teil 3/4
13.05.2017Rut 3,1-18

Große Hoffnungen am Horizont

Reihe: Eine dramatische Geschichte mit Happy End (3/4)
 Ruth, Kapitel 3

Einleitende Gedanken Als Israel nach der Wüstenwanderung das Land Kanaan eroberte, schickte Josua Kundschafter nach Jericho. Sie fanden Unterschlupf im Haus einer Prostituierten, die Rahab hiess. Diese Frau hatte verstanden, dass der Gott Israels mächtiger ist als alle anderen Götter. Den Kundschaftern sagte sie: „Ich weiss, dass der HERR euch dieses Land gegeben hat. Alle seine Bewohner zittern vor euch, sie sind vor Angst wie gelähmt.“ Josua 2, 9. Und als sich in Jericho herumgesprochen hatte, dass israelische Kundschafter in der Stadt seien, versteckte Rahab diese Männer und rettete sie so vor dem sicheren Tod. Sie wollte aber von den Männern eine Gegenleistung. Sie forderte sie auf: „Schwört mir bei dem HERRN, dass ihr an meiner Familie genauso handelt, wie ich an euch gehandelt habe und ihr meinen Angehörigen das Leben retten wollt, meinem Vater und meiner Mutter, meinen Brüdern und meinen Schwestern und meinem ganzen Hausgesinde!“ Josua 2, 12-13.

Genau so geschah es. Rahab schloss sich dann dem Volk und dem Gott Israels an und heiratete einen Israeliten namens Salmon. Warum erzählte ich das eigentlich? Ja – Rahab, die ehemalige Prostituierte und Ausländerin, war die Mutter von Boas. Umso erstaunlicher ist es, wie treu Boas dem Gott Israels diente. Und es ist auch gut nachvollziehbar, wieso er gegenüber Ruth so zuvorkommend war. Noch etwas lässt sich aus der Tatsache ableiten, dass Boas der Sohn der Rahab war. Boas musste wesentlich älter als Ruth sein. Vielleicht war ihr Altersunterschied etwa so, wie zwischen dem neu gewählten französischem Präsidenten Macron und seiner Frau. Aber schauen wir uns nun an, wie die Geschichte mit Noomi und Ruth weiterging.

Jetzt packen wir’s an!

Nach der Ernte musste die Gerste verarbeitet werden. Zuerst dreschte man die Ähren, um sie nachher zu worfeln. Die gedroschenen Körner wurden in die Luft geworfen und der Wind sorgte dafür, dass die Spreu von den Gesternkörnern getrennt wurde. Ruth hatte mit der Verarbeitung der Ernte nichts zu tun und so blieb sie tagsüber bei ihrer Schwiegermutter. Noomi zerbrach sich den Kopf über die Zukunft ihrer Schwiegertochter. Eines Tages sagte sie zu Rut: „Meine Tochter, ich möchte, dass du wieder einen Mann und eine Heimat bekommst.“ Ruth 3, 1. Die Vorstellung, dass ihre junge, hübsche und fleissig Schwiegertochter nach ihrem Tod allein und ohne Angehörige in Betlehem leben müsste, war für Noomi keine angenehme Vorstellung. Ruth muss einen Mann bekommen, das war für Noomi der einzige Weg für eine akzeptable Zukunft für ihre Schwiegertochter. Leider machte Boas ihr Hoffnungsträger keine Anstalten, Ruth zur Frau zu nehmen. Vermutlich wollte Boas, auch wenn er der Löser war, dieser jungen und hübschen Frau nicht zumuten, dass sie einen soviel älteren Mann heiraten müsste. Doch Noomi wollte nicht einfach zuwarten, ob Boas vielleicht noch auf diese Idee kommen könnte. Sie musste aktiv werden. Sie wollte sich nicht kampflos ihrem Schicksal ergeben. Sie hatte nämlich eine Idee. So sagte sie zu Rut: „Du weisst, dass Boas, mit dessen Leuten du auf dem Feld warst, mit uns verwandt ist. Er arbeitet heute Abend mit der Worfschaufel auf der Tenne, um die Spreu von der Gerste zu trennen.“ Ruth 3, 2. Sie hatte sich offensichtlich bereits erkundigt wo Boas sein wird, damit ihr Plan auch wirklich funktionieren konnte. Ruth sollte nun folgendes tun: „Bade und salbe dich, zieh deine besten Kleider an und geh zur Tenne. Sieh zu, dass er dich nicht bemerkt, bevor er mit Essen und Trinken fertig ist.“ Ruth 3, 3. Sie sollte sich so herrichten, wie wenn sie zu einem Date gehen würde. Ihre weiblichen Reize, denen sich Männer schwer entziehen können, soll sie voll ausspielen. Ihre Absichten sollten für Boas offensichtlich sein. Ruth sollte sich verstecken und Boas beobachten, bis er sich zum Schlafen hinlegte. Noomi sagt weiter: „Pass gut auf, wo er sich hinlegt, und wenn er schläft, geh hin zu ihm, hebe die Decke zu seinen Füssen und lege dich unter die Decke.“ Ruth 3, 4. Ich muss schon sagen, das ist ein dreistes Vorgehen. Den Singles erkläre ich oft, wie sie einen Patner finden könnten. Doch noch nie wagte ich, eine so offensichtliche Vorgehensweise zu empfehlen. Noomi war sich sicher, dass das funktionieren und ihr Plan aufgehen würde, denn zum Schluss sagte sie Rut: „Boas wird dir dann schon sagen, was du tun sollst.“ Ruth 3, 4. Diese Frauen wussten sich offensichtlich selber zu helfen. Wenn sich nichts tat, dann packen sie es eben selber an.

Das zeigt uns schön, dass wir nicht immer darauf warten müssen, bis Gott etwas an unserer Situation ändert. Ja – wir können und sollen beten. Bestimmt betete Noomi auch. Beten entbindet uns aber nicht davon, dass wir selber konkrete Schritte unternehmen, um unsere Situation zu verändern. Oft dürfen und müssen wir aktiv werden, ohne von Gott konkrete Anweisungen bekommen zu haben. Noomi orientierte sich einfach an den damaligen gesellschaftlichen Gepflogenheiten und sie zog alle Register, die damals möglich und akzeptiert waren. Vielleicht geschieht in unserem Leben manchmal nichts, weil wir warten und meinen, Gott würde uns genau sagen, was wir als nächstes tun sollten. Doch wenn wir ehrlich sind, ist das eher die Ausnahme. Gott mutet uns zu, dass wir selber planen, entscheiden und handeln. Die Bibel lehrt uns nämlich nicht, dass wir erst auf persönliche Anweisungen von Gott aktiv werden dürfen. Paulus plante selber, wie er seine Mission vorantreiben wollte. Manchmal verlief sein Plan so, wie er es sich vorgenommen hatte und manchmal nicht. In der Apostelgeschichte lesen wir: „Als Paulus und seine Leute sich Mysien näherten, versuchten sie, nach Bithynien weiterzureisen, aber das liess der Geist Jesu nicht zu.“ Apostelgeschichte 16, 7. Sie planten und Gott liess es nicht zu. So geschieht vieles in unserem Gemeindeleben und auch in unserem persönlichen Leben. Die Freiheiten sind gross, die wir in der Gestaltung unseres Lebens haben, das sagte Paulus den Christen in Korinth so: „Alles ist mir erlaubt! Aber nicht alles, was mir erlaubt ist, ist auch gut für mich und für andere.“ 1. Korinther 6, 12. Es ist nicht wichtig, dass wir für alles, was wir tun eine persönliche Anweisung von Gott erhalten haben. Wichtig ist einzig, dass wir alles mit der richtigen Einstellung tun. So wie es Paulus den Christen in Korinth schreibt: „Was immer ihr tut, ob ihr esst oder trinkt oder was es auch sei – verhaltet euch so, dass Gott dadurch geehrt wird.“ 1. Korinther 10, 31. Ruth war jedenfalls bereit, den Anweisungen ihrer Schwiegermutter zu folgen. Sie antwortete Noomi: „Ich werde alles so machen, wie du gesagt hast.“ Ruth 3,5

Bitte nimm mich!

Frisch gebadet, parfümiert und in ihrem besten Kleid, machte sie sich auf den Weg zur Tenne. Boas war guten Mutes, nachdem er gut gegessen und getrunken hatte, legte er sich vermutlich leicht angeheitert an den Rand eines Getreidehaufens zum Schlafen. Kaum eingeschlafen, kam Ruth aus ihrem Versteck. „Leise kam sie näher und deckte den Platz zu seinen Füssen auf und legte sich zu ihm unter die Decke.“ Ruth 3, 7. Ich weiss nicht wie hoch ihr Puls bei dieser Aktion schlug – vermutlich ziemlich hoch. Sie wird kaum geschlafen haben und um Mitternacht schrak Boas auf, als er etwas Störendes an seinen Füssen bemerkte. Beunruhigt beugte er sich nach vorne und sah eine Frau zu seinen Füssen liegen. Erstaunt fragte er: „Wer bist du?“ Ruth 3, 9. Vermutlich antwortete sie etwas schüchtern: „Ich bin Rut, deine Sklavin!“ Ruth 3, 9. Ohne grosse Umschweife sagte sie gleich, warum sie gekommen war und was sie von ihm wollte: „Breite deinen Gewandsaum über mich und nimm mich zur Frau; du bist doch der Löser!“ Ruth 3, 9. Den Gewandsaum über einer Frau auszubreiten, war ein Bild dafür, dass ein Mann eine Frau heiratet und sie beschützt. Gott selbst verwendete einmal dieses Bild für das Volk Israel. Gott breitet seinen Gewandsaum über das geschändete Volk Israel. Gott sagte durch seinen Propheten: „Ich nahm dich zur Frau. Ich breitete meinen Gewandsaum über dich zum Zeichen, dass du mir gehören und nicht mehr nackt und bloss sein solltest. Ich schwor dir Treue und schloss den Bund fürs Leben mit dir, ich, der HERR.“ Hesekiel 16, 8. Ruth konnte Boas nicht deutlicher sagen, dass sie seine Frau werden und sich seinem Schutz unterstellen möchte. Das erstaunte Boas ausserordentlich, denn nie hätte er erwartet, dass Ruth zu einem solchen Schritt bereit sein würde. Erstaunt sagte er: „Der HERR segne dich! Was du jetzt getan hast, zeigt noch mehr als alles bisher, wie treu du zur Familie deiner Schwiegermutter hältst.“ Ruth 3, 10. Ruth stellte nicht ihr persönliches Wohlergehen in den Vordergrund, sondern das ihrer neuen Familie. Oder anders gesagt, das Wohlergehen der Familie von Noomi war ihr Wohlergehen und ihr Glück. Als moabitische Frau identifizierte sie sich voll und ganz mit dem Volk und dem Gott Israels. Ihr Versprechen damals, als sie mit Noomi nach Betlehem zog, war ernst gemeint: "Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der HERR tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden.“ Ruth 1, 16–17. Ruth war also bereit diesen Weg mit allen Konsequenzen zu gehen. Das hat sie mit diesem Hochzeitsantrag an Boas nun vollends bewiesen und das war für sie das wahre Glück. Ich glaube nicht, dass sie diesen Schritt als Opfer empfunden hatte. Es ist doch so, dass Opfer, die wir von Herzen tun, wir fast nie als Opfer empfinden. Boas war über diese Haltung sehr erstaunt und sagte: „Du hättest ja auch den jungen Männern nachlaufen können und jeden bekommen, ob arm oder reich.“ Ruth 3, 10. Er war überzeugt, Ruth hätte nur mit den Fingern schnipsen müssen und sie hätte an jeder Hand mehrere junge und attraktive Männer gehabt. Boas war sofort bereit auf ihren Wunsch einzugehen. Er sicherte ihr zu: „Meine Tochter, sei unbesorgt! Ich werde tun, worum du mich gebeten hast. Jeder in der Stadt weiss, dass du eine tüchtige Frau bist.“ Ruth 3, 11. Mit anderen Worten: Das wird mir eine Ehre sein, deinem Wunsch Folge zu leisten.

Lass es uns richtig machen!

Boas konnte ihren Wunsch jedoch nicht gleich erfüllen. Zuerst musste noch ein Problem gelöst werden, denn ein Löser war noch näher mit Noomi verwandt. So erklärte ihr Boas: „Es gibt noch einen zweiten, der den Vortritt hat, weil er näher verwandt ist als ich.“ Ruth 3, 12. Diese Sache wollte Boas gleich am nächsten Tag klären. „Morgen früh werde ich den anderen Löser vor die Wahl stellen, ob er der Verpflichtung nachkommen will oder nicht. Wenn nicht, werde ich es tun. Das verspreche ich dir, so gewiss der HERR lebt. Bleib jetzt liegen bis zum Morgen!“ Ruth 3, 13. Früh am Morgen, bevor man die Gesichter erkennen konnte, machte sich Ruth auf dem Heimweg. Boas wollte verhindern, dass sie entdeckt wird. Er meinte: „Es darf nicht bekannt werden, dass eine Frau auf der Tenne war.“ Ruth 3, 14. Vermutlich hätte das ihm und Ruth einen schlechten Ruf eingebracht. Die Leute hätten gedacht, dass sie miteinander geschlafen hätten. Hätten sich solche Gerüchte verbreitet, dann hätte Boas mit dem Löser, der näher zu Ruth stand, nicht ernsthaft verhandeln können. Er hätte sich in ihren Augen bereits genommen, was ihm noch gar nicht wirklich gehörte. Das ist schon sehr bemerkenswert. Wir können davon ausgehen, dass Ruth eine wunderschöne und attraktive Frau war. Und wir können auch davon ausgehen, dass Boas sich in Ruth verliebte und es für ihn ein unglaubliches Glück war, dass ihn diese viel jüngere Frau zum Mann haben wollte. Eigentlich hätte er jetzt unbedingt sofort zugreifen und Tatsachen schaffen müssen. Am einfachsten wäre es gewesen, wenn er gleich mit ihr geschlafen hätte. Er hätte dazu auch sehr gute «geistliche Gründe» vorbringen können. Er hätte sagen können, dass das von Gott so gefügt sei. Doch Boas hatte eine andere Vorstellung von Führungen Gottes. Erstaunliche Fügungen konnten in seinen Augen die Ordnungen Gottes nicht ausser Kraft setzen. Wenn da noch ein Löser war, der nach dem Gesetz des Moses vor ihm das Recht hätte, dann musste er das respektieren und klären. Er musste das tun, bevor er mit Ruth intim wird.

Hier können wir viel von Boas lernen. Er gewichtet seine Gefühle und die scheinbaren Führungen Gottes nicht höher als das, was Gott in seinem Wort festgelegt hat. Wenn wir etwas unbedingt wollen, finden wir meistens genügend spezielle Fügungen, mit denen wir dann unsere Entscheidung rechtfertigen können. Selbst dann, wenn wir eigentlich wüssten, dass unsere Entscheidung Gott nicht gefallen könnte. Wir neigen dazu, dass unsere subjektiven Gefühle über den Wert und die Bedeutung einer Sache entscheiden. Das Gute und Richtige ist dann, wenn wir ehrlich sind, für jeden seine eigene Lust, sein eigenes Glücksgefühl. Doch nicht allein die Gefühle sollen unsere Entscheidungen und Handlungen bestimmen. Wir sollen dazu auch unseren Verstand benutzen. Oder anders gesagt: Uns an unseren Werten orientieren. Was und wie will ich leben? Paulus gibt uns einen kleinen Einblick in seinen inneren Kampf, wenn er sagt: „Ich bezwinge meinen Leib und zähme ihn, damit ich nicht andern predige und selbst verwerflich werde.“ 1. Korinther 9, 27. Boas war bereit die Ordnungen Gottes über seine Gefühle zu stellen, selbst dann, wenn er auf etwas Grossartiges verzichten müsste. Und wenn der andere Löser Ruth zur Frau nehmen würde, dann müsste Boas tatsächlich auf etwas Grossartiges verzichten. Nun, Ruth soll nach Hause gehen, bis er alles geklärt habe. Er gab ihr für ihre Schwiegermutter noch Gerstenkörner mit und sie verabschiedeten sich. Noomi wartete gespannt auf den Bericht von Rut. Vermutlich konnte sie kaum schlafen. Und nachdem ihr Ruth alles berichtet hatte, wusste sie innerlich, dass sich alles zum Guten wenden wird. Noomi sah, wie sich ihre grossen Hoffnungen zu erfüllen begannen. Jedenfalls war sie sicher, dass Boas Ruth zur Frau nehmen wird. Sie sagte ihr: „Bleib hier, meine Tochter, und warte ab, wie die Sache ausgeht. Der Mann wird nicht ruhen, bis er sie noch heute geordnet hat.“ Ruth 3,18

Schlussgedanke Ich finde es faszinierend, wie uns diese Geschichte aufzeigt, wie Menschen planen und handeln und Gott sozusagen im Hintergrund, im Verborgenen, die Geschicke zum Guten lenkt. Noomi, Ruth und Boas taten nur das, was man damals eben tat, wenn man in einer solchen Situation lebte. Sie planten ihr Vorgehen selber, waren aber immer bereit Gottes Ordnungen zu respektieren. Führungen und Gefühle waren für sie nicht die massgebenden Kriterien für ihre Entscheidungen. Massgebend für ihre Entscheidungen war ihr Wunsch ein Leben zu führen, das Gott gefällt. Übrigens wäre Boas, der sich in Liebe der Ruth annahm auch ein schönes Vorbild für das, was Jesus tut, wenn wir zu ihm kommen. Bei Jesus ist es sogar noch besser, denn er lädt uns sogar ein! Er ruft allen zu, die noch nicht zu ihm gekommen sind: „Kommt zu mir, ihr alle, die ihr euch plagt und von eurer Last fast erdrückt werdet; ich werde sie euch abnehmen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig. So werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.“ Matthäus 11, 28–29. Wer diesem Ruf folgt, dem verspricht Jesus: „Niemand, der zu mir kommt, wird von mir abgewiesen.“ Johannes 6,37