Herr Präsident, herzlichen Dank für die freundliche Begrüßung!
Die Bedeutung von Begegnungen im Leben
Begegnungen können eigenartig sein. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ein Brautpaar zu mir kam, um die Hochzeit anzumelden. Der Bräutigam strahlte mich besonders an und fragte schließlich: „Kennen Sie mich nicht mehr?“ Er bat mich um Hilfe und sagte dann: „Sie haben mich einst im Ulmer Münster getauft.“ Da dachte ich mir: „Sie haben sich seitdem ein bisschen verändert, oder?“ Ihm war das bewusst, denn ich konnte ihn gar nicht mehr erkennen.
Solche Begegnungen sind fast zufällig, aber wichtig sind die Veränderungen, die man an Menschen wahrnimmt. Peinlicher wurde es für mich, als Korntal vor neun Jahren eine Wohnung für einen Ruheständler bezog. Eine Dame kam auf mich zu und sagte: „Wir kennen uns doch. Es tut mir leid, vielleicht können Sie mir helfen.“ Sie erklärte: „Wir saßen doch sechs Jahre zusammen in der württembergischen Landessynode.“ Sie hatte sich kaum verändert, aber ich hatte ihr keine Beachtung geschenkt. Ich lebte quasi neben ihr, sie kannte mich, doch mir war es furchtbar peinlich, dass ich sie nicht erkannte.
Man hat im Leben viele Begegnungen, bei denen Menschen sagen: „Wir waren doch zusammen auf der Njammer- oder Dnjepr-Reise, oder auf der Petersburg-Reise.“ Ich darf ja viel reisen, aber ich kann mir einfach nicht alle Begegnungen merken. Deshalb helfen mir andere oft und sagen: „Wir sind uns schon einmal begegnet.“
Ganz anders ist es bei dem, was Peter Hane erzählt hat. Wenn er aus dem Zug aussteigt oder aus dem Flugzeug kommt und durch die Reihen geht, schauen ihn manche Leute so erwartungsvoll an, dass er denkt: „Kennen wir uns? Sind wir schon einmal begegnet?“ Dabei sitzt er doch jeden Abend bei „heute“. Das ist eine einseitige Begegnung. Es ist nicht unbedingt so, dass Peter Hane alle kennen kann.
Lebensverändernde Begegnungen mit Jesus
Es gibt lebensverändernde Begegnungen. Ich möchte jetzt nicht erzählen, wie ich das erste Mal meiner späteren Braut und Frau begegnet bin, wo der große Blitz im Leben war – die oder nie – nein, das nicht. Aber ich weiß noch, dass ich vor vielen Jahren zum Stuttgarter Oberkirchenrat geladen wurde. Es ging um eine Versetzung als Vikar. Plötzlich kam der alte Landesbischof Hauck heraus und sagte: „Sehen Sie, Herr Schäffbuch, gleich komme ich, wir müssen miteinander sprechen.“
Diese Begegnung mit dem Bischof war lebensverändernd. Ich durfte drei Jahre mit dem väterlich verehrten Freund zusammenwirken, als sein Adjutant und Mitarbeiter. Wenn ich mich später gefragt habe, warum ich so viel in EKD-Synoden, Landessynoden und in der Kirchenpolitik gelandet bin – in der Bekenntnisbewegung und in der weltweiten Christenheit –, dann war es diese erste Begegnung. Kein Platz heute noch im Oberkirchenratsgebäude erinnert mich so sehr an lebensverändernde Begegnungen.
Aber es geht uns ja in diesen Tagen um Begegnungen mit Jesus. Auch Jesus war auf Begegnungen aus, doch nur ganz selten wird berichtet, dass er seine Jünger ins Boot trieb und selbst allein zurückblieb. So heißt es in Markus 6, dass er auf einen Berg ging und betete – ganz allein. Er wollte im Gespräch mit dem Vater nicht durch Menschen gestört werden.
Sonst war Jesus in diese Welt gekommen, weil ihm die Kontakte wichtig waren. Die Berichte der Evangelien sind voll von Einzelbegegnungen. Natürlich gibt es auch die Bergpredigt oder die Speisung der Fünftausend, aber sonst sind es vor allem Begegnungen mit Einzelnen: der Hauptmann von Kapernaum, die Frau von Tyros und Sidon, der Blinde am Stadttor von Jericho. Wenn man in Matthäus, Markus, Lukas und Johannes blättert, findet man eine Fülle solcher Einzelbegegnungen.
Jesus war gar nicht auf die große Masse aus, sondern auf den Einzelnen – den Taubstummen etwa, den er aus der Menge herausnahm. Es waren besonders diese Einzelbegegnungen, die zählten. Natürlich gab es auch Begegnungen, die keine Folgen hatten. So heißt es, dass viele seiner Jünger ihn verließen, nachdem sie eine harte Rede von ihm gehört hatten.
Diese Begegnung hatte sie beeindruckt, aber sie verstanden sie nicht und sagten: „Bei dir wollen wir nicht bleiben.“ Für Petrus hingegen war die erste Begegnung lebensverändernd. Jesus bat ihn: „Könnte ich nicht deine Dienste in Anspruch nehmen, mit deinem Boot hinausfahren, damit ich vom Boot aus wie von einer Kanzel reden kann?“
Petrus musste auf seiner Ruderbank zuhören und bekannte später: „Du hast Worte des ewigen Lebens. Ich kann nicht mehr von dir weggehen.“ Das sind Worte der Ewigkeit, Worte voller Kraft.
Frauen in der Bibel und ihre Begegnungen mit Jesus
In den letzten Jahrzehnten wurde uns oft vermittelt, die Bibel sei einseitig patriarchalisch ausgerichtet und erzähle hauptsächlich Männergeschichten. Feministische Theologinnen hätten dann erst entdeckt, dass es auch einige Frauengeschichten gibt. Doch selbst wer mit der Bibel vertraut ist, weiß, wie viele Geschichten es über Frauen gibt, durch die Gottes Wirken sichtbar wird.
In den letzten Tagen war ich in der Türkei, wo heute noch eine fast ausschließlich von Männern dominierte Gesellschaft herrscht. In den Straßen, Versammlungen und Omnibussen sind fast 98 Prozent der Menschen Männer, während die Frauen meist zu Hause bleiben. Vor diesem Hintergrund ist es etwas ganz Besonderes, dass die Bibel von Adam und Eva erzählt, von Rebekka und Rahel, um nur einige zu nennen, und auch von Abigail und Esther berichtet. Diese Geschichten zeigen, was Gott durch Frauen wirkt.
Wir wissen auch, dass die erste Christin in Europa, Lydia, das Herz des Hedas öffnete, weil sie auf das achtete, was Paulus gesagt hatte. Gott benutzt oft gerade diese edlen Werkzeuge, die in patriarchalischen Gesellschaften von Männern verachtet werden, als Antennen für sein Wirken.
Was soll eine Frau tun, die einen ungläubigen Mann hat? Sie bleibt das Fenster, durch das der Heilige Geist in die Familie und auch auf die Kinder wirkt. Die Begegnung mit Jesus geschieht besonders oft bei Frauen. Zusammen können wir die Frauen benennen, denen Jesus begegnet ist, wie die Evangelisten berichten. Sie waren ja alle Schriftgelehrte.
Welche Geschichten haben wir über Frauenbegegnungen mit Jesus? Zum Beispiel die Frau am Jakobsbrunnen, die Samaritanerin. Nach der Auferstehung begegnet Jesus Maria Magdalena. Dann gibt es die blutflüssige Frau, die gekrümmte Frau, die aufgerichtet wurde, die Witwe am Stadttor von Nain, Maria und Martha, das Schärflein der Witwe am Opferstock im Tempel von Jerusalem – eine Fülle von Geschichten.
Früher sprach man von den kanonischen Frauen, zum Beispiel der Frau von Tyros und Sidon mit ihrer kranken Tochter. Das ist im Altertum ganz ungewöhnlich. Wenn man bei Herodot oder Caesar nachliest, werden dort kaum Frauen erwähnt. Doch die Bibel hebt Frauen hervor.
Für Jesus sind Frauen genauso wichtig wie Männer. Jesus begegnet Frauen, und deshalb möchte ich Ihnen heute ein Lebensbild einer Frau skizzieren, der Jesus begegnet ist.
Das Leben und Wirken von Hedwig von Redern
Und dabei wissen wir noch nicht einmal genau, wann das war. Es gibt merkwürdige Begegnungen, bei denen uns bewusst wird, dass neben uns ein Mensch lebt, der uns wichtig ist. Dieser Mensch sagt dann: „Wir sind doch schon zwei Jahre lang gemeinsam auf dasselbe Gymnasium gegangen, aber offenbar bin ich dir gar nicht aufgefallen.“
„Ich war immer da, ich habe dich gesehen, aber du hast noch gar nicht begriffen, dass ich mein Auge auf dich geworfen habe.“ So war es auch bei Hedwig von Redern. Sie konnte nie ein genaues Datum angeben, wann sie sich eigentlich für die Gemeinschaft mit Jesus entschieden hatte.
Oft hat sie darüber gesprochen, und ihr seelsorgerlicher Freund Graf Andreas von Bernsdorf, kaiserlicher Kammerherr und eine prägende Gestalt unter den christlichen Preußen, erzählte ihr einmal Folgendes: Er hatte von einer Frau in England gehört, die nach Amerika auswandern wollte. Sie brauchte einen Geburtsschein, konnte aber bei keiner Behörde das Datum ihrer Geburt herausfinden.
Sie wusste zwar den Ort, aber nicht genau, wo, denn ihre Eltern waren weggezogen. Das Datum war einfach nicht zu finden. Schließlich sagte der Standesbeamte zu ihr: „Ich kann Ihnen nur bescheinigen, dass Sie am Leben sind, auch wenn wir nicht genau herauskriegen, wann das begonnen hat.“
So sagte Graf Bernsdorf zu Hedwig von Redern: „Ich kann dir nur bescheinigen, dass du mit Jesus lebst. Wann das begonnen hat, kann niemand herausfinden. Vielleicht war er längst um dich, umgeben von den Gebeten deiner Eltern und vom Geist deines Vaters, eines preußischen Brigadegenerals, der seine Tochter zu Jesus führen wollte – auch wenn sie sich zunächst dagegen gewehrt hat.“
Sie konnte also kein genaues Datum angeben, wann das begonnen hatte. Aber Jesus hatte sie von Ewigkeit her erwählt, geliebt und in seine Gemeinschaft berufen.
Hedwig von Redern stammte aus einem alten preußischen Adelsgeschlecht, das sich über sechshundert Jahre in der Mark Brandenburg zurückverfolgen lässt. Das elterliche Schloss stand in Wansdorf, westlich von Berlin.
Der preussische Adel und sein christliches Engagement
Es muss ein bisschen etwas über Preußen erzählt werden. Hier in Baden und auch bei uns in Württemberg hat Gott für die Erweckungen ganz stark Handwerker, Lehrer, Kaufleute, Mittelklasseleute und Landwirte benutzt.
In Ostelbien bis hinüber nach Ostpreußen, in Pommern und in der Mark Brandenburg, in der Gegend um Berlin, hat Gott ganz stark den Adel gebraucht, um sein Leben ins Volk hineinzubringen. Reinhold von Tattentrickler aus einem pommerschen Gut ist ein bekannter Name, etwa als Kirchentagspräsident.
Die Preußen brachten neben ihrer Vaterlandsliebe zum Königreich Preußen und ihrer Treue zu ihrem preußischen König eine große Einsatzbereitschaft für das mit, was sie einmal als richtig erkannt hatten.
Dazu zwei Geschichten: Friedrich der Große geht in der Nacht über das Schlachtfeld von Kunersdorf, das übersät ist mit vielen Gefallenen, einfachen Soldaten und Offizieren. Er ruft nach einem, mit dem er besonders verbunden und befreundet war – Wedel. Er fragt: „Wo ist Wedel? Vielleicht ist er schwer verwundet.“
Einer der Schwerverwundeten erhebt den Kopf und sagt: „Majestät, hier liegen lauter Wedels, alle für den König gefallen in der Schlacht von Kunersdorf.“ Das war ein Geschlecht, das in Südbrandenburg seine Schlösser hatte und bereit war, für den König das Leben hinzugeben. Dieser Grundton war später auch bei Hedwig von Redern spürbar: ihr Leben dem größten König hinzugeben.
Sie hat einmal gedichtet:
„Nicht geht es um Denken und Meinen,
Es geht um sein ewiges Reich.
Hinweg drum mit Zagen und Träumen,
Es ist keine Zeit zu versäumen,
Der König kommt eilend.
Gleich der König.“
Gleichzeitig hatte der preußische Adel neben dem Einsatz für den irdischen König auch ein Bewusstsein für die Ehre.
Unser erster Bundespräsident, Theodor Heuss, hat einmal gesagt: „Das wahre Preußentum, das so oft lächerlich gemacht wird – genauer von Sitzewitz oder Ähnlichem –, das wirkliche Preußentum ist in Frederiksdorf an der Oder zu finden, auf dem Grabstein des Herrn von der Marwitz.“
Als Friedrich der Große empört war, dass eines seiner Schlösser in den Schlesischen Kriegen geplündert worden war, befahl er seinen Generalen, auch die feindlichen Schlösser als Gegenschlag zu plündern. Von der Marwitz sagte daraufhin: „Majestät, ich plündere nicht, das geht gegen meine Ehre.“
Er wurde im selben Augenblick als Offizier entlassen. Auf seinem Grabstein steht:
„Brunner Marwitz, er wählte Ungnade,
wo Gehorsam Unehre bedeutet hätte.
Er wählte Ungnade, wo der Gehorsam,
Kadavergehorsam, Unehre bedeutet hätte.
Lieber bleibe ich bei der Ehre
und wähle den Zorn meines Königs.“
Das ein bisschen zum Preußentum.
Die Familie von Redern und ihr Umfeld
Allein die Familie von Redern lebte im Schloss von Wansdorf, einem armseligen kleinen Schloss, das nicht viele Güter besaß. Die wohlhabenden Adligen waren in Pommern und Ostelbien ansässig. Der brandenburgische Adel war im Normalfall arm, sodass die Diebe dort nichts Wertvolles mitnehmen konnten. Dennoch gab es Verwandtschaft.
Ich nenne einige Namen: eine Tante von Guretzky-Kornitz, die ganze Familie von der Marwitz, Edler von Katte, der Freund Friedrichs des Großen, Leutnant von Katte, der edle Ballan von Thierig auf Rebenfels und Wranik. Dazu kommen viele Menschen, die die Berliner Erweckung geprägt haben – diese Adligen. An erster Stelle steht Graf Eduard von Pückler, Erfinder der Michaelsbruderschaft, einer Gemeinschaftsbewegung in Berlin. Weiterhin Graf Andreas von Bernstorff, kaiserlicher Kammerherr, Kurt von Knobelstorff, General und Gründer des Blauen Kreuzes, Toni von Blücher, Margarete von Oertzen, Gräfin Waldersee, Oberstleutnant von Hassel, Frau von Bethmann, Frau von Mecklenburg, Jenny von Plato, Baronin Thüngen und Fräulein von Zitzewitz. So war der Lebenskreis von Hedwig von Redern ausreichend groß.
Der Vater war ein überzeugter Christ, Brigadegeneral von Redern. Bei ihm galt nicht nur der preußische Grundsatz „Wir Preußen fürchten Gott und sonst nichts auf der Welt“, sondern bei ihm fand sich schon die Gewissheit, die später der Reichspräsident Hindenburg so formulierte: „Ich bleibe dabei, ich glaube, dass Jesus Christus mein Herr ist und dass ich mich seiner Gnade getrösten darf.“
Das war kein nebuloser Gottesglaube. Liebe Brüder und Schwestern, wir erleben gerade in der Christenheit, dass Jesus Christus verloren geht. Man sagt: „Gott genügt doch, dann können wir uns auch mit Muslimen verständigen und mit Israel.“ So spricht man nicht mehr viel von Jesus. Das ist nicht bigott oder evangelikal-fundamentalistisch. Nein, diese Christen, diese adligen Christen Preußens, wussten: „Ich bleibe dabei, ich glaube, dass Jesus Christus mein Herr ist und dass ich mich seiner Gnade getrösten darf.“
Das war auch die Gewissheit des Generals von Redern. Er hatte seiner zehnjährigen Tochter eine Bibel geschenkt und auf das Vorsatzblatt geschrieben: „Zum fleißigen täglichen Gebrauch.“ Doch Glauben und Bibellesen kann man nicht befehlen, auch nicht als frommer Vater.
Sehr oft ist es bei uns, die wir Jesus angehören wollen, eine Not, dass wir unsere Kinder nicht hineinzwingen können. Doch das ist ein Geschenk Gottes, wenn sie Freunden und Freundinnen begegnen, in Gemeinschaftskreisen, in ECs, CV&Ms. So können sie durch Gleichgesinnte hineingeführt werden. Gerade jetzt, wenn wieder das Jesushaus stattfindet, wenn eine Evangelisation hilft, dass junge Menschen hineinfanden.
An uns Eltern und Großeltern sehen sie auch sehr viel Negatives. Oft sind wir der Grund, dass es ihnen schwerfällt, zum Glauben zu finden.
Persönliche Entwicklung und geistliches Wachstum von Hedwig von Redern
So war es auch bei Hedwig von Redern. Sie hatte eine dichterische Ader, doch selbst sagte sie von sich, sie sei ein selbstgerechtes, selbstsüchtiges, hochmütiges Wesen gewesen. Später dichtete sie einmal über jene Jungmädchenjahre:
Mich tauchte der Herr so recht hinein
in des Glückes lachenden Sonnenschein
dort im Schloss von Bansdorf.
Ich hatte ein freundlich Lächeln für jeden,
mein Mund wusste klug und auch fromm zu reden,
und doch eins fehlte mir noch.
Erbarmen hatte ich mit fremder Not,
vor Mitleid war mein Auge oft rot,
du gabst von der Fülle, die Gott dir gegeben,
du führtest kein müßiges, eitles Leben,
und doch eins fehlte mir noch:
diese letzte Gewissheit, die der Vater und die Mutter hatte,
die Gemeinschaft mit dem lebendigen Jesus.
Wenn Jesus uns begegnet, dann heißt sein Ruf:
„Her zu mir! Mit mir, wie die Rebe am Weinstock.“
Wie oft habe ich euch sammeln wollen,
wie eine Glucke ihre Küchlein sammelt,
unter ihre Flügel wärmend bergend.
Jesus ist aus auf Gemeinschaft,
nicht bloß, dass wir ihn zum Vorbild nehmen —
es ist alles recht und gut —
aber noch am Kreuz, du wirst mit mir im Paradies sein.
Gemeinschaft mit Jesus,
dass das unser letzter Gedanke ist im Sterben:
„Mit dir, Herr Jesus, bin ich gespannt,
was du jetzt mit mir machst.“
Noch ein Gedicht:
Herr, dass ich sehen möge,
lang schon schrie so mein Herz,
und nun ist es geschehen,
ich darf dich mit Glaubensaugen sehen,
dich, den ich tastend ahnte,
Gottes Sohn, mein Heiland und mein König,
du allein sollst fortan Leitstern meines Lebens sein.
Wie kam es dazu, dass ich schließlich als 22-Jährige so dichten konnte?
„Du, Jesus, sollst der Leitstern sein, du sollst mein König sein.“
Es ging durchs Zerbrechen hindurch.
Sie hat ihren Vater verehrt, obwohl sie seinen Glauben nicht übernehmen konnte.
Dann ist der Vater ganz plötzlich gestorben. Er war so die Leitfigur.
Das Schloss in Bansdorf ist abgebrannt,
Familienbesitz war keiner da.
Die Mutter musste nach Potsdam ziehen, in eine kleine, beengte Wohnung.
Plötzlich sind all die adligen Verwandten etwas abgerückt von dieser verarmten Familie von Redern.
Darüber ist Hedwig von Redern bitter geworden, beinahe hartherzig.
Menschen, die sie von damals kannten, haben gesagt, sie war fast ungenießbar.
Einfluss von Evangelisationen und geistliche Gemeinschaften
In Berlin hat Gott einiges bewirkt. Zuerst durch eine Evangelisation von Elias Schrenk, dem schwäbischen Missionar, der später zu einem der großen Evangelisten in Deutschland wurde.
Wenn manche Leute sagen, bei Evangelisationen kämen meist nur fromme Leute, die ohnehin schon Christen sind, denke ich immer: Wir brauchen doch auch mal einen neuen Anstoß – schwäbisch gesagt einen „Sugar“ –, damit wir nicht einschlafen oder rückwärts gehen. Gott hat die Evangelisation von Elias Schrenk genutzt.
Dann war da der alte Generalsuperintendent Braun, ein großer seelsorgerlicher Prediger am Dom. Graf Pückler gründete die Hauskreise, die später zur Michaelsbruderschaft und zur Michaelsgemeinschaft führten. Heute gibt es in Berlin-Wedding, einem einstigen Arbeiterviertel, das Hospiz Graf Pückler, und dort hat die Michaelsgemeinschaft bis heute ihre Heimat.
Heute Abend werden wir einiges von Fritz von Schlümbach hören. Er war ein ehemaliger württembergischer Fähnrich, der in Amerika zum Glauben kam. Er brachte die Fackel des Evangeliums nach Berlin und war maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Evangelisation in Deutschland plötzlich zu einem zentralen Anliegen unter Christen wurde.
Berlin war damals ein Notstandsgebiet. Große Industrien entstanden dort, wie Borsig und später die AEG. Viele Menschen aus Polen strömten nach Berlin. Es gab Kirchengemeinden, Parochien, in denen ein einziger Pfarrer für 80 nominelle Evangelische zuständig war. Die normale Größe einer Konfirmantengruppe lag bei etwa 250 Konfirmanten. Vereinzelt kannten die Pfarrer nicht einmal die Namen der Gemeindemitglieder.
Der preußische König rief daraufhin um Hilfe. Er holte den Missionsdirektor der Basler Mission, den aus Kerntal stammenden Doktor Wilhelm Hofmann, als Hofprediger nach Berlin. Hofmann belebte das alte Institut des Dompredigerkonvikts neu.
Damals gab es auch schon stellungslose Vikare, ehemalige Theologiestudenten. Diese wurden für ein kleines Taschengeld angestellt und besuchten die großen Mietskasernen in der Stadt. Besuche waren wichtig.
Einmal nahm der König Hofprediger Hofmann auf den Turm des Schlosses, das später von Ulbricht gesprengt wurde. Er sagte: „Sehen Sie diese gottlose, große Stadt. Was können die Christen tun, damit Menschen zum Glauben an Jesus finden?“ Das war das Anliegen des preußischen Königs.
Aus diesen Bewegungen entstanden dann viele Initiativen, bei denen plötzlich auch Adlige sich für das geistliche Leben verantwortlich fühlten. Dazu gehörten Graf Pückler und der Kammerherr Graf von Bernsdorf. Heute Abend werden wir noch hören, was bei Schlümbach mit Fritz von Schlümbach geschah.
Die Bedeutung von Liedern und Gemeinschaft in der Erweckungsbewegung
In dieser Michaelsgemeinschaft haben sie zwei wichtige Erkenntnisse gewonnen. Erstens: Wo Erweckung ist, braucht man ein neues Lied. Ich freue mich, dass wir im Laufe der Jahre sehr viele Liederbücher haben. Man kommt gar nicht mehr nach. Seit einigen Jahren gibt es in der evangelischen Kirche in Deutschland ein neues evangelisches Gesangbuch. Man sagte damals, damit in den nächsten 30 Jahren nicht ständig Overhead-Projektor-Lieder an die Wand geworfen werden müssen oder Sonderzettel verteilt werden.
Doch schon nach zwölf Jahren sind wir wieder dabei, ein neues Zusatzgesangbuch zu schaffen. Das ist ein Zeichen dafür, dass neues geistliches Leben da ist. Auch das neue Singen gehört dazu – neue Lieder entstehen. Manche Lieder erledigen sich nach wenigen Jahren, andere halten sich über lange Zeit. Die Lieder von Hedwig von Redern zum Beispiel, wie das Lied der baltischen Märtyrer, das wir eben gesungen haben, haben sich durchgehalten. Wir hatten einen Felsen, der die Christenheit trägt – dieses Lied ist ein Zentrallied geblieben.
Einmal wurde ein neues Gesangbuch herausgegeben, und Graf Bernsdorf sagte, er habe den Eindruck, dass das Fräulein von Redern, wie man sie nannte, bei der Herausgabe des Gesangbuchs mithelfen könnte. So wurde sie eingebunden.
Der beste Weg, einen Menschen zum Glauben zu führen, ist nicht, ihm zu sagen: „Du brauchst etwas, was ich habe, aber du noch nicht“, oder „Du solltest Jesus kennenlernen“. Sondern es ist andersherum: „Ich brauche dich, du hast Gaben, du könntest uns helfen.“ So wie Jesus zu Petrus sagte: „Du hast einen Kahn, den könnte ich brauchen.“
Wir sollten doch, wenn die Dachrinne am Gemeindehaus leckt, nicht zuerst fragen: Wo ist ein christlicher Pflastermeister oder Klempner? Sondern: Wo ist der Nichtchrist, der uns helfen könnte, die Dachrinne zu reparieren? Wir müssen sagen, dass wir Menschen brauchen.
Es gibt für Menschen keine größere Ehre als bei Evangelisationen mitzuhelfen. Wir sollten nach Leuten suchen, die von sich aus nicht zur Evangelisation gehen würden, aber zum Beispiel einen schönen Mercedes fahren. Könnten sie uns nicht mit ihrem Auto helfen, um immer zwei Damen aus dem Altenheim abzuholen? Das wäre eine große Hilfe. So kommen sie plötzlich zur Evangelisation.
Wir brauchen Menschen. So wurde auch Hedwig von Redern gesagt: „Wir brauchen dich und deine Gaben.“ Da ist sie hineingewachsen in dieses Anbetungs- und Bekenntnislied.
Graf Bernsdorf – ich habe seinen Namen schon ein paarmal erwähnt – wirkte nach außen hin vielleicht etwas langweilig und patriarchalisch. Doch er erkannte, wo neues Leben ist, ist die Arbeit mit Kindern elementar wichtig. Die Kinderarbeit ist entscheidend. Er war der Gründer der Sonntagsschularbeit.
Die Sonntagsschule war bis zum Hitlerstaat eine Angelegenheit der ECs, des CV und der Gemeinschaften. Erst als Hitler sie verboten hatte, nahm man sie in die Kirche auf. Heute sind wir in einer Notlage, weil es die alte Sonntagsschule kaum noch gibt.
Was für eine Hilfe war es für mich, zwischen meinem 14. Lebensjahr und dem Studium sechs Jahre lang jeden Sonntag eine biblische Geschichte vorzubereiten. Ich musste sie so erzählen können, dass auch die jungen Leute sie verstehen, die damals nicht besser aufgepasst haben als heute.
Wir hatten ein Heer von Frauen und Männern in Amerika, Deutschland und England, die durch die Sonntagsschule in die Bibel hineingewachsen sind. Heute sagt man, wir haben eine Gemeindediakonin, die das machen kann. Der Witz ist aber, dass wir Laien dafür gewinnen müssen.
So ist Hedwig von Redern in die Sonntagsschularbeit hineingewachsen, die von Graf Bernsdorf begonnen wurde. Ihr wurde gesagt: „Wann dein Leben begonnen hat, weiß ich nicht, aber ich weiß, dass du lebst.“ Das war ihre Seelsorge.
Begegnungen mit Christen und ökumenisches Engagement
Sie ist in Berlin nicht nur diesem Graf Püktler Schlümbach Bernsdorf begegnet, sondern auch dem CVJM-Pionier, Forstmeister von Rotkirch. Außerdem kam Georg Müller von Bristol, der Weissenhausvater Hudson Taylor, der Gründer der China Indian Mission. Plötzlich wurde ihr klar, was für ein Lebenskreis das ist – mit lebendigen Christen, die sehr unterschiedlich sein können.
Man kann an der verschiedenen Art der Christen fast verrückt werden: Der eine ist eher langweilig, der andere dynamisch. Der eine singt gern neue Lieder, der andere lieber alte Choräle. Dass man einander erträgt, wurde ihr ganz früh wichtig. Deshalb hat sie das Liedgedicht geschrieben, das eigentlich zu einem Kernlied der Allianzarbeit über die einzelnen Denominationen hinweg geworden ist.
„Ach, kommt, reicht euch liebend die Hände, es geht doch um sein Reich!
Seine Kron’, hört’s doch, soll er um euch weinen,
Der König will euch doch einen, bringt euch nicht um ewigen Lohn.
Der König will euch einen, ob ihr Methodisten oder Baptisten seid,
Oder Landeskirchler, Adliger oder Nichtadliger, Arbeiter oder woher ihr kommt aus Polen,
Der König will euch einen, so ihr zu Jesus Christus gehören wollt.“
Dieses Lied ist ihr bei der Arbeit in Berlin aufgegangen. Danach folgte die Arbeit am Schreibtisch.
Schriftstellerische Arbeit und Krankenbesuche
Der Vater hat ihr zur Konfirmation einen Schreibtisch geschenkt. Das war ihr liebstes Konfirmationsgeschenk. Daraus entstand zuerst Jungmädchenpoesie, ein bisschen unbedarft. Unter ihren Gedichten schrieb sie immer nur HvR, Hedwig von Reden.
Als sie jedoch in der Michaelsgemeinschaft hineingewachsen war, vor allem durch die Besuchsdienstarbeit in Krankenhäusern in Moabit, merkte sie, wie wichtig es ist, beim Krankenbesuch einen kleinen Krankentrost zu hinterlassen. Kein dickes Buch, oft nur eine Spruchkarte mit einem Liedvers, der ihr im Gedächtnis blieb.
Sie brachte dann ein Gedichtbändchen heraus: Schlichte Lieder für schlichte Leute. Darin steht zum Beispiel: „Weiß ich den Weg auch nicht, du weißt ihn wohl, das macht die Seele still und friedevoll. Wir haben einen Tröster voll heiliger Geduld.“
Ein weiteres Gedicht lautet: „Aber auch wenn nach der Erde Leid, Arbeit und Pein ich in die goldenen Gassen ziehe ein, wird doch das Schauen meines Heilands allein Grund meiner Freude und Anbetung sein.“
Und jetzt entstand am Schreibtisch, nachdem Jesus sie gefunden hatte, eine Fülle von Arbeit. Nicht nur schlichte Lieder für schlichte Leute, sondern zuerst Traktate, Weihnachtshefte und der Kalender Zeit und Ewigkeit, der zu Zehntausenden verbreitet wurde.
33 Jahre lang betreute sie diesen Kalender, ähnlich wie heute den Neukirchner Kalender oder den Konstanzer Kalender. 36 Jahre lang gab sie zudem ein CVJM-Jungscharblatt für jede Woche heraus.
Dann entdeckte sie, dass es verschiedene Berufe gibt, deren Angehörige nie einen Gottesdienst besuchen können. Damals entstand die christliche Bäckervereinigung und Konditorenvereinigung sowie die Gasthausmission.
In Berlin begann sie die Arbeit unter Polizisten. Früher konnten Wachtmeister und andere Beamte nicht den Gottesdienst besuchen, da sie permanent Dienst hatten. Sie initiierte auch die Briefträgerarbeit und die Eisenbahnerarbeit. Für all diese Gruppen gab sie besondere Traktate heraus.
Darüber hinaus betreute sie das christliche Wochenblatt Die Warte, das dem Graf Bernstorff sehr wichtig war.
Die Kräfte der Hedwig von Reden wuchsen offenbar, je mehr sie sich zumutete. Sie ließ sich nicht durch Widerstände lähmen.
Das preußische Konsistorium fragte sich, was das plötzlich in Moabit sei: Da ist eine adlige Dame, die Besuche macht – das sei doch Aufgabe der Pastoren. Man verbot ihr daraufhin, weiterhin seelsorgerliche Krankenbesuche zu machen.
Doch sie ließ sich von dieser Reaktion nicht verbittert zurückwerfen. Gerade sie, die in jungen Jahren so schnell verbittert war.
Ihre ganze Kraft richtete sich darauf, aktiv zu bleiben. Wenn man sie in Moabit rausschmeiße, dann gebe es vielleicht in Potsdam neue Aufgaben. Sie fragte sich: Wo sind neue Aufgaben, die ich wahrnehmen kann? Sie wollte sich nicht lange mit Streitigkeiten über Verbote aufhalten.
Kirchengeschichtliche Arbeit und Biografien
Aus der schriftstellerischen Arbeit heraus entwickelte sich die kirchengeschichtliche Arbeit. Wir haben herrliche Biografien von ihr geschaffen, etwa über Hildegard von Bingen, diese mittelalterliche Frau, Katharina von Siena, Madame Guyon und Nicolas von der Flüe – also auch katholische Christen, in denen echtes Leben aus Christus sichtbar war. Das hat sie mit Gespür entdeckt und fruchtbar gemacht für die neue Erweckungsbewegung.
Eine der schönsten Biografien, die sie geschaffen hat, ist die über die baltische Adlige Juliane von Krüdener. Diese etwas merkwürdige Person setzte sich nach den Befreiungskriegen für eine heilige Allianz ein, damit Preußen, Russland und Österreich gemeinsam ein Europa schaffen, das uns heute vor allem durch die Präambel wichtig ist – eine Präambel, die von Gott herkommt. Sie wollte, dass Europa von den Zehn Geboten bestimmt wird. Juliane von Krüdener, geborene von Vietinghoff, war die Frau, die den Zaren und den österreichischen Kaiser zusammenbrachte. Das Lebensbild, das Hedwig von Redern von ihr geschaffen hat, ist ein Juwel. Wenn Sie es im Antiquariat finden, sollten Sie es unbedingt lesen.
Mit all dem wollte Hedwig von Redern deutlich machen, was Jesus gesagt hat: Bleibt in mir! Wie die Rebe aus sich selbst keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie im Weinstock bleibt, so könnt auch ihr keine Frucht bringen, ohne in mir zu bleiben. Wenn Menschen mit Jesus verbunden sind, kann Unvorstellbares geschehen: neue Kraft und fruchtbares Wirken.
Unter den vielen Biografien, die sie geschaffen hat, finden wir immer wieder Frauengestalten wie Madame Guyon, Frau von Krüdener und Hildegard von Bingen. Sie hatte wirklich ein Gespür dafür, das bisher vernachlässigt wurde. Man hat immer die Väter in den Vordergrund gestellt. Es gibt in Württemberg vier Bände „Württembergische Väter“, als ob es keine Mütter im Glauben gegeben hätte. Ich habe ein kleines Büchlein geschrieben, vielleicht liegt es auch vor: „Schwäbische Frauengestalten – Die Mütter, die Gott uns geschenkt hat“.
Hedwig von Redern hat gesagt: Wir dürfen nicht nur im Heute leben. Gott stellt uns hinein – nicht nur in die Gemeinschaft mit Christen zwischen Japan und Amerika, sondern auch aller Jahrhunderte. Augustinus ist uns genauso wichtig wie Martin Luther. Quer durch die Jahrhunderte hat Gott uns Menschen geschenkt, von denen wir lernen können. Das ist es, was geistlich unter Ökumene verstanden wird – nicht eine Einigung von Organisationen, sondern wie die Evangelische Allianz eine Einigung von Menschen, die Jesus nachfolgen wollen, quer über die Grenzen ihrer Kirchentümer hinweg.
Hedwig von Redern war geradezu prädestiniert für diese Aufgabe. Sie hatte eine phänomenale Sprachbegabung und sprach wunderbar Französisch und Englisch. Später, als es das Allianzhaus in Bad Blankenburg gab, wurde sie immer wieder zu den Bad Blankenburger Konferenzen zum Simultanübersetzen geholt. So konnte sie den Gedankengang der Referenten verfolgen. Sie lebte so in dem, was gesagt werden sollte, dass manchmal der Referent wartete, bis sie einen Satz übersetzt hatte – und sie hatte einen Satz übersetzt, den er noch gar nicht gesprochen hatte.
Ab 1897, als die Evangeliumshalle in Bad Blankenburg gebaut wurde, wurde diese Arbeit von Frau von Wehling gefördert. Hedwig von Redern war nicht unkritisch. Man schickte sie auch zu den Kessinger Konferenzen, und sie spürte schon sehr früh, dass ein neuer Geist aufkam – noch bevor die Pfingstbewegung aus Kassel und Berlin nach Deutschland kam.
Wenn sie eingeladen wurde, bei Pfingstversammlungen zu sprechen, sagte sie: Man hat Daniel auch nicht befohlen, in den Löwenrachen zu springen und die Löwen zu reizen. Ich habe keinen Auftrag, dorthin zu gehen. Das schließt auch viel Neugier mit ein. Aber vor allem sagte sie: Im Alten Bund überschüttete Gott sein Volk mit Gütern und Glückseligkeit. Im Neuen Bund ist es anders. Jesus hat zu unserem Heil seine Seele ausgehaucht und will, dass seine Dienerinnen und Diener ihm gleich werden. Darum holt er sie nicht aus dem Staub heraus, sondern lässt sie während ihres Lebens Kreuz, Hohn und Verfolgung erleiden. Erst in der Ewigkeit wird klar werden, dass Gott uns so Jesus gleichgestalten will.
Das spürt man auch in ihren Liedern, denn sie selbst ging durchs Leiden hindurch und erkannte darin einen Sinn. Nur in tiefster Leidensglut zerschmilzt das eigene Leben. Dann wird uns die Kraft gegeben und des Glaubens Siegesmut. Da offenbart sich im Geist das Wahre Gottes Heiliges.
Sie selbst musste drei ganz schwere Operationen überstehen. Ihre Mutter starb sehr früh. Sie begleitete ihren Bruder, der Regierungspräsident war – zuerst in Wiesbaden, später in Gumbinnen in Ostpreußen. Dort musste er wegen politischer Wirren sein Amt aufgeben. Auch dort hielt sie den Haushalt. Die letzte Lebensphase bis zu ihrem Tod 1935 war von schwerem Leiden geprägt.
Es wäre entscheidend, nicht zu vergessen, dass sie auch die Gründerin der Bibelschule Malche im Oderbruch war. Frauen sollten wirklich fähig werden, im Dienst des Herrn Jesus hauptamtlich zu wirken. Sie war Mitbegründerin und entscheidender Motor des Frauenmissions-Gebetsbundes.
Ich durfte lange in Schorndorf wirken, wo der Sitz der Karmenmission ist. Bei einem Besuch dort sagte sie: Ihr braucht doch für die Arbeit im Libanon und in Palästina Frauenmissionarinnen, weil es ganz schwierig ist, wenn männliche Missionare zu Frauen sprechen – das dürfen sie nicht. Frauen werden gebraucht, um die Frauen und Mütter zu erreichen. Sie hatte viele Ideen, spielte aber immer die zweite Geige. Sie wollte nie Präsidentin oder Vorsitzende sein. Doch sie war die entscheidende Bewegerin.
Was kann alles geschehen, wenn Gott einen Menschen benutzt und durch ihn wirkt! Vielleicht kennen Sie das Lied: „Du stehst am Platz, den Gott dir gab, dem Platz, den er dir zugedacht. Nur dort bleibt er dein Schild und Stab, dort gibt er Frucht, dort wirkt er Macht. Will er dich segnen, sucht er dich nicht in der ganzen weiten Welt, er sucht dich nur an deinem Platz, wo er dich hingestellt.“
Hedwig von Redern war überzeugt, dass sie noch erleben wird, wie Jesus wiederkommt. Sie lebte dem wiederkommenden König entgegen. „Der König kommt eilend, kommt gleich“, hat sie gedichtet. Doch sie hat es nicht erlebt. Durch schweres Leiden hindurch wurde sie abberufen.
Anders als sie es eigentlich gewünscht und erhofft hatte, hat sie gewiss erfahren: Wenn nach der Erde Leid, Arbeit und Pein sich in die goldenen Gassen zieht, ist meines Heilands allein Grund meiner Freude und Anbetung.
Jesus ist einer Frau begegnet und hat die verbitterte, ungenießbare Hedwig von Redern zu einem Werkzeug gemacht – für Wiederübersetzungsarbeit, Kontaktarbeit über Grenzen hinweg, schriftstellerische Arbeit und als Vorsängerin des Reiches Gottes.
So wurde sie gebraucht, dass die baltischen Märtyrer in Riga, wenn die 19-jährige Marion von Klot im Gefängnishof das Lied sang: „Ich weiß den Weg auch nicht so, weiß den wohl“, plötzlich Trost fanden.
Gott hat Hedwig von Redern zu einem ganz wichtigen Dienst benutzt. Vielen Dank, dass ich im Wissen davon erzählen durfte.
Herr, wir danken dir, dass das wahr ist: Wer in mir bleibt, bringt viel Frucht. Und dass wir ohne dich gar nichts tun können. Rufe du uns auch in diesen Tagen neu dazu, dass wir Fortschritte im Glauben machen, Schritte weitergehen, intensivere Gemeinschaft mit dir finden und die Freude an dir unsere Stärke sein lassen. Amen.
Persönliche Prüfungen und bleibendes Vermächtnis
Sie hat selbst drei sehr schwere Operationen durchmachen müssen. Ihre Mutter ist sehr früh gestorben. Sie hatte einen Bruder, der zunächst Regierungspräsident in Wiesbaden war. Doch durch Intrigen wurde er dort seines Amtes enthoben. Danach war er Regierungspräsident in Gumbinnen in Ostpreußen. Sie begleitete ihn und hielt den Haushalt. Auch dort musste ihr Bruder wegen politischer Wirren wieder gehen.
Die letzte Lebensphase bis zu ihrem Tod 1935 war von schwerem Leiden geprägt. Es wäre jedoch falsch, dies zu vergessen, ohne zu betonen, dass sie auch die Gründerin der Bibelschule Malche im Oderbruch war. Ihr Anliegen war es, Frauen wirklich fähig zu machen, im Dienst des Herrn Jesus hauptamtlich zu wirken. Zudem war sie Mitbegründerin und ein entscheidender Motor des Frauen-Missions-Gebetsbundes.
Ich durfte lange in Schorndorf wirken, wo der Sitz der Karmenmission ist. Bei einem Besuch dort sagte sie zu den Verantwortlichen: „Ihr braucht doch für die Arbeit im Libanon und in Palästina Frauenmissionarinnen. Es ist sehr schwierig, wenn männliche Missionare mit Frauen sprechen, die dürfen das nicht.“ Sie betonte, dass Frauen gebraucht werden, um die Frauen und Mütter zu erreichen. Sie hatte viele Ideen, spielte aber immer die zweite Geige. Präsidentin oder Vorsitzende wollte sie nie sein. Dennoch war sie die entscheidende Bewegerin.
Man sieht, was alles geschehen kann, wenn Gott einen Menschen gebraucht und durch ihn wirkt. Vielleicht kennen Sie das Lied „Du stehst am Platz, den Gott dir gab. Dem Platz, den er dir zugedacht, nur dort bleibt er dein Schild und Stab, dort gibt er Frucht, dort wirkt er Macht. Will er dich segnen, sucht er dich nicht in der ganzen weiten Welt, er sucht dich nur an deinem Platz, wo er dich hingestellt.“ Hedwig von Redern war überzeugt, dass sie noch erleben würde, dass Jesus wiederkommt. Sie lebte dem wiederkommenden König entgegen. „Der König kommt eilend, kommt gleich“, so hatte sie es gedichtet.
Doch sie hat es nicht erlebt. Durch schweres Leiden hindurch wurde sie zu Gott abberufen. Anders, als sie es sich gewünscht und erhofft hatte, hat sie gewiss erlebt: „Wenn nach der Erde Leid, Arbeit und Pein sich in die goldenen Gassen zieht, meines Heilands allein Grund meiner Freude und Anbetung sein.“
Jesus ist einer Frau begegnet und hat die verbitterte, ungenießbare Hedwig von Redern benutzt. Sie wurde zu einem Werkzeug für Übersetzungsarbeit, Kontaktarbeit über Grenzen hinweg, schriftstellerische Arbeit und Vorsängerin des Reiches Gottes. So sangen dann die baltischen Märtyrer in Riga, als die 19-jährige Marion von Klot im Gefängnishof das Lied anstimmte, das Trost schenkte, auch wenn der Weg ungewiss war.
Gott hat Hedwig von Redern zu einem ganz wichtigen Dienst benutzt. Vielen Dank, dass ich im Wissen davon erzählen durfte. Herr, wir danken dir, dass das wahr ist: Wer in dir bleibt, bringt viel Frucht. Und dass wir ohne dich nichts tun können.
Rufe du uns auch in diesen Tagen neu dazu, dass wir Fortschritte im Glauben machen, Schritte weitergehen, intensivere Gemeinschaft mit dir finden und die Freude an dir unsere Stärke sein lassen. Amen!
