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Das Lied der Überwinder

12.06.1990Offenbarung 15,1-4

Lassen wir uns stille werden! Herr Jesus Christus, wir bitten Dich erneut, uns den Weitblick des Sehers zu schenken, der Deine Herrlichkeit in Ewigkeit schauen konnte.

Du kennst unsere Kurzsichtigkeit und unsere Kurzatmigkeit. Du kennst jeden von uns, der hierher gekommen ist. Du weißt, was jeder vor Augen hat, was ihn bedrückt, was ihn beschwert und was ihn nach unten zieht.

Herr, komme mit Deinem Geist! Rege uns an, nimm unseren Kopf in Deine Hände und richte ihn auf das ewige Ziel aus. Wir möchten so gerne etwas anderes sehen, als das, was wir ständig erkennen müssen.

Amen.

Der Blick vom Berggipfel der Offenbarung

Und nun kommen wir in der Betrachtung der Offenbarung des Johannes wieder praktisch auf eine Kuppe. Wir haben ja schon zweimal darauf hingewiesen, dass es in der Offenbarung immer wieder Durchblicke gibt. Das ist so, als wenn man bei einer Wanderung auf einen Berggipfel kommt und dann das Ziel der Wanderung erkennen kann. Danach muss man wieder hinabsteigen.

So ist es bei einer Wanderung im Schwarzwald oder so, wie ich in den vergangenen Tagen zum ersten Mal in meinem Leben richtig im Frankenwald sein konnte. Oben in Bad Steben, hart an der Grenze, befindet sich ein wunderschönes Gebiet unseres Landes. Dort oben stand das Zelt der Deutschen Zeltmission, bei dem ich mit dabei sein konnte. Tagsüber war auch Zeit für Spaziergänge über und durch die Grenze.

Dieses Gebiet ist eigentlich fast so schön wie der Schwarzwald, nur unbekannt. Es ist kein Gebiet für mich, ich glaube, ich bleibe lieber auf der Ebene des Schwäbischen Alb. Aber wenn man dort auf diese Bergkuppen kommt, zum Beispiel wenn Sie einmal eine Ferienwanderung planen, dann gehen Sie nach Hölle. So heißt dieser Ort.

Dieses eine Lokal heißt Adam, und das andere, sehr schöne Hotel heißt König David in der Hölle, unweit von Bad Steben. Wenn Sie sich in der Hölle einquartieren, dann steigen Sie von dort auf den König David. So heißt auch die Spitze dieses Berges. Von dort haben Sie einen wunderschönen Blick weit über die Grenze hinaus auf die ferneren Berge – genau wie wir es an diesem Abend tun wollen.

Wir steigen auf diese Kuppe des fünfzehnten Kapitels, überschrieben mit „Das Lied der Überwinder“. Dort heißt es wieder: „Und ich sah“ – er sieht wieder – „ich sah ein anderes Zeichen am Himmel, das war groß und wunderbar: sieben Engel. Die hatten die letzten sieben Plagen, denn mit ihnen ist vollendeter Zorn Gottes.“

Und ich sah, und es war wie ein gläsernes Meer, mit Feuer vermengt. Die, die den Sieg behalten hatten über das Tier und sein Bild und über die Zahl eines Namens, standen an dem gläsernen Meer. Sie hatten Gottes Harfen und sangen das Lied des Mose, des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes:

„Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr, allmächtiger Gott, gerecht und wahrhaftig sind deine Wege, du König der Völker. Wie sollte dich, Herr, nicht fürchten und deinen Namen nicht preisen? Denn du allein bist heilig. Ja, alle Völker werden kommen und anbeten vor dir, denn deine gerechten Gerichte sind offenbar geworden.“

Die Herausforderung der Stimmen in unserer Welt

Wir müssen mit einer Frage beginnen: Auf welche Stimme hören wir? Auf welche Melodie achten wir? Auf welchen Ton sind sie gestimmt? Das ist die Frage.

Keiner von uns sitzt in einer schallisolierten Zelle, die ihn von allem Lärm abschirmt – so sehr er sich das auch wünschen mag. Wir alle leben in schallempfindlichen Räumen und sind vom Lärm umgeben, gestresst und oft genug auch geschädigt. Wir leben gemeinsam in einer Welt, die laut, sehr laut geworden ist.

Da ist zum Beispiel die Stimme des Kampfes. Sicher, gerade jetzt der Kampf auf den Fußballfeldern. Aber auch über Radio und Fernsehen dringt sie in viele Häuser und Räume ein. Ebenso in den Nachrichten dieser Tage hören wir die Stimmen und Rufe der Macht, die in vielen Machtzentralen angestimmt werden.

Doch viel tiefer geht vielleicht die Stimme des Schmerzes, die in vielen Leidenslagen laut geschrien wird. Vor diesen Schreien können wir uns nicht abschirmen. Sie gehen uns nicht nur unter die Haut, sondern tief ins Herz.

Dann ist da die Stimme der Trauer aus Trauerhäusern. Der Tod hat eine Lücke hinterlassen, und wir sind untröstlich. Diese Stimme kennen wir, vielleicht liegt sie uns selbst auf den Lippen. Ebenso gibt es die Stimme des Heimwehs, die Stimme der Verzweiflung und oft genug auch die Stimme des Zweifels.

Acht, sechzehn, zweiunddreißigfach – nein, unzählbar vielstimmig ist dieses Lied der Welt, das uns mit seinen Dissonanzen verfolgt und hart in den Ohren liegt. Es ist nicht neu. Schon Johannes, der Seher, hat es gekannt. Es ist immer das alte Lied, das uns zu schaffen macht und das wir nicht aus dem Kopf bekommen.

Die neue Melodie aus der Höhe

Ich war in Ephesus, und jetzt erinnern wir uns noch einmal daran: In Ephesus spuckte dieser Kaiser große Töne. Jeder musste vor seinem extra angekarrten Riesenbild eine Prise Weihrauch nehmen, um ihm so zu huldigen. Wer sich diesem Huldigungsakt widersetzte, wurde auf die spartanische Insel Patmos abgeschoben und verbannt.

So landete dieser Johannes bei den Regimekritikern, die nichts zu lachen hatten. Das Heimweh plagte ihn, der Zweifel bohrte, die Verzweiflung griff um sich. Überall erklangen schrille Töne.

Dann geschah es. Die wenigen Verse berichten hier nur sehr knapp, keusch und zurückhaltend. Als Johannes am Meer saß – man kann sich vorstellen, dass diese Leute abends von ihrer Arbeit ein paar Stunden frei hatten und dann hinübergehen konnten, bis an das Ufer des Meeres, sich dort setzten und heimwehkrank hinaus- und hinüberschauten – da hörte er plötzlich einen völlig neuen Klang.

Dieser Klang kam aus keiner Machtzentrale, nicht von einem Kampffeld, nicht aus einem Trauerhaus und auch nicht von einem Schmerzenslager. Er kam überhaupt nicht von links oder rechts, von vorne oder hinten. Dieses neue Lied, dieser neue Ton, kam von oben.

„Groß sind deine Werke, allmächtiger Gott“ – das war eine neue Stimme. „Groß sind deine Wege“ – das war eine neue Melodie. „Groß sind deine Weisen“ – das war dieser ganz neue Ton. Über dem alten Lied der Welt erklang das neue Lied des Himmels.

Johannes hörte es auf seiner Insel. Er wurde gestärkt und getröstet.

Hören wir diesen Ton und hören wir dieses Lied auch noch. Liebe Freunde, das Getöse der Mächtigen ist nicht alles, auch wenn es noch so lautstark daherkommt. Das Gebrüll der Kämpfenden, das Geschrei der Verwundeten und das Geheul der Trauernden auch nicht.

Wissen Sie, über allen Stimmen – auch den Stimmen, die Ihnen so wehtun – gibt es eine Oberstimme, die stärkt. Über allen Melodien, die Sie oft genug nur in Moll hören, gibt es eine Hauptmelodie, die tröstet. Und über allen Tönen, die uns geradezu physisch wehtun, gibt es einen Oberton, der ausrichtet.

Das neue Lied des Himmels übertönt jede alte Leier unter uns.

Die Einladung zum Zuhören und Erinnern

Und heute Abend sind wir eingeladen. Ich freue mich, dass Sie trotz allem, was bei Ihnen gerade läuft, hierher gekommen sind. Sie sind hier, um mit mir noch einmal genau hinzuhören und auf dieses neue Lied zu achten – mitten unter all den alten Leiern.

Es geht darum, wirklich die Ohren zu spitzen und genau hinzuhören: Wer singt? Wo wird gesungen? Wie wird gesungen? Und was wird gesungen? Vier Fragen, die wir an diese wenigen Verse stellen können.

Wer singt?

Zum Ersten: Wer singt denn hier? Wer? Es sind die, die den Sieg behalten haben, die singen.

Ich habe bei einer Predigt einmal an jene Szene im Jahr 1940 erinnert. Sie spielte in England. Im Jahr 1940 war Frankreich gefallen, und die deutschen Truppen bereiteten eine Invasion in England vor. Das war eine unglaublich gefährliche politische Situation für England.

In dieser krisenhaften Stunde berief Premier Churchill sein Kabinett zusammen. Schweigend kamen die Männer, setzten sich um den Kabinettstisch, keiner sprach ein Wort. Jeder dachte, jetzt würde Churchill beginnen und sagen: „We had better back in“ – wir packen am besten ein. Aber so sagte Premier Churchill nicht. Stattdessen sagte er: „I am confidently“ – ich bin zuversichtlich, ich glaube an den Sieg Englands.

Geschichtsschreiber meinen, dass dies die Wende überhaupt in der Geschichte Englands damals gewesen sei. Ich weiß es nicht, und ich glaube es auch nicht so recht. Denn wir glaubten ebenfalls an den Sieg und erlebten nicht den Endsieg.

Was wir jedoch sagen können: Churchill konnte es nur vermuten. Was wir ihm nachsagen können, ist, dass er trotz allem, trotz aller Niederlagen und Gefahren, sagte: „I am confident“ – ich bin zuversichtlich. Trotz allem, was an Schwerem um mich herum aufbrandet, bin ich zuversichtlich. Denn ich glaube nicht nur, sondern ich weiß – ich weiß um den Sieg Jesu Christi.

An Ostern hat er sich erwiesen, an Himmelfahrt wurde er bestätigt, und bei seiner Wiederkunft werde ich es mit eigenen Augen sehen können. Jesus Christus ist der Sieger, und er wird diesen Sieg nicht alleine feiern. Anders als die Zäsaren, Könige und Kaiser damals, die sich groß feiern ließen, obwohl sie meist keinen Finger rührten und zu Hause auf dem Sofa saßen.

Dieser Sieger Jesus Christus stand an der vordersten Front. Er hat es alleine geschafft. Er ließ sich alleine packen und zu Boden drücken. Er ließ sich ans Kreuz schlagen und verblutete dort. Aber er ist auferstanden und zum Sieger geworden. Nun ist er an jener Stelle umstellt von denen, die den Sieg behalten haben.

Jesus also als Sieger am Ende – nicht alleine als der große Sieger mit Siegesäule und Siegesfahnen, sondern umstellt von denen, die den Sieg behalten haben. Was heißt das?

Im Wort „behalten“ steckt auch das Behältnis, in das man etwas hineintut. In uns ist hoffentlich auch ein Behältnis, ein Behälter, in den man etwas hineinlegt und dort aufbewahren und behalten kann.

Unsere Lehrer früher haben oft bezweifelt, ob wir überhaupt ein Gefäß hätten. Meistens halten wir gar kein Behältnis, sondern nur ein Sieb, durch das alles durchfällt.

Behalten heißt, etwas in sich aufnehmen und es in sich haben. Interessant ist, was man alles behält – und vor allem, was man nicht behält.

Man behält Schimpfworte des Nachbarn über Jahre hinweg. Man behält Beleidigungen naher Verwandter über Jahrzehnte, sie werden sogar über Generationen weitergegeben.

Wenn man älter wird, ist es interessant: Man weiß oft nicht mehr, was vor einem halben Jahr war, aber noch sehr genau, wie es damals war, als man mit zehn Jahren in der Schule saß.

Man behält Dinge, die ganz früh waren. Es ist überhaupt nicht erforscht, was man alles in diesem Behälter behalten kann.

Bei alledem sollten wir eines in diesem Behälter haben: das Wissen um den Sieg Jesu Christi.

Diesen Sieg Jesu Christi haben wir nicht im Gefühl. Manches hat man im Gefühl. Frauen beim Kochen haben vieles im Gefühl, meistens zumindest. Oder man hat etwas im Blut. Ich sage immer: Brasilianer haben das Fußballspielen im Blut, wenn man sie spielen lässt. Manche haben etwas im Herzen.

Aber, liebe Freunde, den Sieg Jesu Christi hat man nicht einfach im Blut, im Gefühl oder im Kopf. Gott sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat, diesen Sieg hat man nur im Wort.

Den Sieg Jesu Christi hat man nur im Wort. Dieses Wort kann man nicht spüren. Ich spüre nichts vom Sieg Christi. Ich spüre nur etwas von den Niederlagen dieser Welt.

Ich habe den Sieg Jesu Christi nur im Wort. Dieses Wort muss in mein Behältnis, in meinen Behälter, in mein Gedächtnis hinein.

Da kommt es hinein. Und dann kommt vieles andere eben auch hinein: Worte und Wörter, Gespräche und Diskussionen, Informationen und Berichte, Geschwätz und Geleier, dazu die Hitze des Tages und des Lebens.

Dann behalten wir alles Mögliche und nicht mehr das Wort vom Sieg Jesu Christi.

Man kann viel verlieren. Man kann auch viel durch das Sieb seines Gedächtnisses fallen lassen.

Wenn man aber das Wort vom Sieg Jesu Christi nicht mehr in sich hat, wenn es einem aus dem Gedächtnis rutscht, wenn man es nicht mehr behalten kann, dann ist Alarmstufe eins.

Deshalb brauchen wir Gottesdienste, deshalb brauchen wir Bibelstunden, deshalb brauchen wir Hauskreise. Und deshalb brauche ich meine stille Zeit am Vormittag, um immer wieder dieses Wort vom Sieg Jesu Christi in meinen Behälter zu tun.

Repetieren – das ist das Geheimnis jedes Studierens: repetieren, repetieren und immer wieder repetieren. Immer wieder in seinen Behälter tun, nichts anderes im Glauben.

Wenn ich vier Wochen nirgends mehr war und mich sechs Monate abgeschlossen habe, dann weiß ich es nicht mehr. Dann ist mein Behälter aufgefüllt von anderen Dingen.

Wo singen sie?

Diejenigen, die den Sieg behalten haben, stehen letztlich mit ihm am Ziel. Dort sind es nicht die Helden, nicht die Gipfelstürmer und auch nicht die Gedächtniskünstler, sondern diejenigen, die es nicht vergessen haben.

Ich bin zuversichtlich, ich weiß um den Sieg Jesu Christi. Wie wird es uns ergehen, wenn wir nach dem letzten schweren, doch hart erkämpften Streit aus der Fremde in die Heimat zurückkehren und durch das Tor der Ewigkeit eintreten? Es sind die, die das Wort vom Sieg behalten haben. Sie singen mit, sie singen mit.

Es gibt Menschen, die wollen nicht nur in einem kleinen Chor mitsingen, wo man ohne weiteres mitsingen kann – selbst wenn man falsch singt. Und es gibt Leute, die singen gern, auch wenn sie nicht so sattelfest sind und bei denen man meint, ein Uropa sei einmal eine Krähe gewesen. Trotzdem sind sie eingeladen.

Doch wenn man einmal in einem Chor singt, staunt man bei großen Chören, wie man dort hineinkommt und wie man dort eigentlich mitsingen kann – zum Beispiel im Kantatenchor. Oder ich stelle mir vor, im Bachchor mitzusingen. Was muss man da können? Ich habe jemanden gefragt, was man können muss, um im Bachchor mitzusingen. Bei so sechs oder sieben Tönen sagten sie: Ja, man muss schon einiges können. Man muss absingen können, man muss absolut sicher sein. Es kostet viel Zeit und Mühe, liebe Freunde, um einmal im höchsten, schönsten und größten Chor mitzusingen.

Dort am Ziel braucht es nur eines: Es braucht nur dies, dass sie wissen – ich bin zuversichtlich, ich glaube, nein, ich weiß um den Sieg Jesu Christi über Tod, Sünde und Hölle.

Ich möchte Ihnen das heute Abend weitergeben. Diese Bibelstunde soll eine Repetitionsstunde sein, eine Wiederholungsstunde, damit Sie es behalten und mitnehmen können. Damit Sie dabei sind, wenn einmal dieser letzte Chor dort angestimmt wird.

In Klammern sei für besondere Bibelleser noch etwas angefügt: Sie wissen nämlich, dass dieser Vers eigentlich eine besondere Stelle ist – ein Beweis für die Entrückung der Gemeinde. Vielleicht haben Sie diese Lehre auch schon gehört, dass die Gemeinde Jesu vor den letzten Gerichten entrückt wird.

Wenn Sie die Offenbarung genau lesen, stellen Sie fest, dass bis jetzt alle Gerichte durch Menschen durchgeführt wurden – Gerichte, die auch Christen erleiden müssen. Die jetzt folgenden Schalen-Gerichte werden aber durch die Engel Gottes selbst durchgeführt und besonders schwer sein. Und bevor diese Gerichte kommen, stehen schon seine Leute und singen das Lied der Gerechten.

Deshalb sagen manche Bibelausleger, dies sei ein Beweis für die Entrückung der Gemeinde.

Liebe Freunde, ich weiß das nicht. Ich könnte mich auch nicht festlegen auf Erstens, Zweitens, Drittens oder Viertens. Ich weiß auch nicht, ob ich selbst die letzten Schalen-Gerichte erleiden werde oder erleiden muss – ob ich dort hinein muss oder nicht.

Eines will ich behalten: den Glauben an den Sieg Jesu Christi und das Wissen, einmal dabei zu sein im letzten und größten Chor.

Wie singen sie?

Wer singt, die den Sieg behalten haben? Wo singen sie, wo singt er? Hier heißt es: Sie standen am gläsernen Meer. Das Gleiche wie in Kapitel 4, Vers 6.

Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass das Meer in prophetischer Sprache eindeutig ist. Mit dem Meer ist in prophetischer Sprache immer das Meer der Völker gemeint. Es ist ein Meer, das kommt und geht, unruhig und gefährlich ist, das springt und Länder unter Wasser setzt. Natürlich ist es auch schmutzig, so wie das Meer heute vielfach geworden ist – schmutzig, so wie das Wasser heute vielfach geworden ist.

Einer sagte: Rein? Wenn ich in den Rhein schaue, sehe ich mein Ölbild, so ist dieser schöne Fluss. Einmal war er gewaschen, doch jetzt gibt es die Algenplage, zum Beispiel in Italien. Dort besteht Angst vor den Algenteppichen, die anrollen. Das Meer ist schmutzig und verschmutzt.

Aber dieses Meer der Völker wird einmal anders sein. Es wird gebändigt sein, zur Ruhe gekommen, still und durchsichtig. So wie die Adria vor der jugoslawischen Küste, die so schön ist. Wer einmal dort gewesen ist, kann ganz tief hinunterschauen und die Seetiere auf dem Boden ohne Schnorchel beobachten.

Da heißt es: Da ward eine große Stille. Da ist Jesus nicht nur dann im Boot unseres Lebens, sondern wir sind bei Jesus am ewigen Uferstrand, und das Meer ist dann gebändigt.

Dass dieses gläserne Meer mit Feuer vermengt ist, so steht es hier, deutet darauf hin, dass die jetzt anstehenden Gerichte sich darin spiegeln. Noch einmal ein Hinweis darauf, dass seine Leute diese letzten Gerichte nicht mehr erfahren, sondern sie nur als Feuerschein im gläsernen Meer erkennen können.

Aber am schönsten ist dann Kapitel 22. Das Meer ist nicht mehr, auch nicht mehr das gläserne Meer. Das ist der Schluss: Dann wird Gott alles in allem sein. Bis dahin aber ist alles hautnah hinter uns und wird bewahrt, verschont und durchgebracht.

Die Art des Gesangs

Aber nun zur dritten Frage in diesem Text: Wie singt der Chor?

Liebe Freunde, nicht wie ein ungezügelter Haufe, nicht wie das Losschreien einer Menge, nicht wie eine Jungschar-Gruppe, die ein Lied singt. Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal dabei waren, aber sie brauchen Ohrenschützer, um hier das Heil überstehen zu können. Nein, nicht jeder, der loslegt.

Manche meinen, je emotionaler und je persönlicher, desto geistlicher. Doch die Schau hier entfaltet etwas wie eine göttliche, himmlische Liturgie. Alles erinnert in diesen Versen an einen letzten großen Gottesdienst. Es ist gesungene Prophetie, keine Schreie, kein Seufzer, keine ekstatischen Urschreie, sondern so, wie ein Gottesdienst.

Liebe Freunde, am Schluss wird ein Gottesdienst gefeiert. So muss man sich das vorstellen: Am Ende wird ein Gottesdienst gefeiert mit großer Liturgie.

Ich habe am Sonntag in einem großen lutherischen Gottesdienst gepredigt, dort oben, mit bayerisch-lutherischer Liturgie. Ich war froh, dass ich die Liturgie nicht machen musste, sondern dass dies der Ortspfarrer übernommen hatte. Es war unglaublich, wo, wie, was und wann gesungen werden muss. Ich staunte über diese Liturgie und ehrlich gestanden bin ich froh und dankbar über unseren einfachen Gottesdienst.

Ich fühle mich hier mehr zu Hause, obwohl das nichts gegen den lutherischen Gottesdienst gesagt sein soll. Aber dort am Ende wird kein lutherisch-bayerischer Gottesdienst gefeiert, auch kein württembergischer, kein hannoverscher, auch nicht nach orthodoxem Ritus, sondern nach himmlischer Prophetie. Und sie wird so sein, dass sie uns überwältigt und mitnimmt.

Am Schluss wird Gottesdienst gefeiert, wenn ich dann zuletzt angelangt bin. Und dann heißt es ja, da heißt es: Halleluja reine, man spielt in Heiligkeit, das Hosianna feine, ohnend in Ewigkeit, mit Jubelklang, mit Instrumenten schön, mit Harfen, mit Instrumenten schön.

Und hier steht nicht einfach „mit Instrumenten“, sondern genauer: mit Harfen Gottes. Ich kann also anscheinend nicht meine Posaune mitnehmen, obwohl ich das gern täte, weil ich sie blasen kann. Ich kann also auch nicht meinen Schellen mitnehmen, obwohl ich den auch spielen kann. Der Dritte kann nicht seine Mundharmonika mitnehmen, sondern er kann nur das Instrument spielen, das Gott ihm geben wird.

Also eine Gabe des Gebers und damit wieder ein Hinweis auf das Gabendenken des Neuen Testaments. Sehen Sie, Gott gibt auch die letzten Gaben, die wir dann brauchen werden.

Schon hier gibt er jedem sein Instrument, das wir einsetzen, spielen und zum Lobe Gottes musizieren sollen. Sicher, hier gibt es nicht nur Harfen. Der eine bekommt keine Harfe, sondern vielleicht ein Cello oder eine Geige, die er spielen kann.

Aber der andere ist gar nicht musikalisch. Der bekommt den Hammer in die Hand, und mit dem soll er hämmern zur Ehre Gottes. Und der andere, der hat nur einen Computer im Büro, sagt er: „Was soll ich?“ Der soll seinen Computer bedienen zur Ehre Gottes.

Und die Dritte, die einen Kochtopf hat, die soll ihn schlagen zur Ehre Gottes. Jeder an seinem Platz hat sein Instrument von Gott bekommen, Kugelschreiber und Akten, die, die ich eigentlich riechen kann – das ist die Gabe, die er ihnen hier gegeben hat.

Und es gibt nichts Schöneres, als auf diesem Instrument, auf dieser Gabe, die er mir gegeben hat, zu seiner Ehre zu spielen – nach seinen Noten, unter seiner Führung, unter seiner Stabführung.

Ich denke an ein eigenartiges Orchester, nicht mit unseren Instrumenten vergleichbar, aber mit Instrumenten ohne Zahl, eingesetzt zu seiner Ehre.

Gehen wir mit ganz neuer Freude an den Platz zurück, von dem wir gekommen sind, und nehmen wir das neu auf, was uns als Gabe hingelegt ist. Tun wir es, spielen wir es, bearbeiten wir es zu seiner Ehre.

Einmal dürfen wir alles aus der Hand legen, und dann werden auch wir unsere Harfe bekommen und jene Oberton mitspielen, der uns alle reich machen kann und reich machen wird.

Was wird gesungen?

Ein letztes: Was singt er, was singt er? Ein dreistrophiges Lied, dieser Chor, ein dreistrophiges Lied.

Die Werke des Herrn sind wunderbar – das ist die erste Strophe, das ist der Mosevers. Johannes schaut hier weit hinaus auf die Ägäis. Ich stelle mir vor, er sieht nur Wasser, bewegtes Wasser, so weit das Auge reicht. Von einem Ufer ist nichts zu erkennen. In der sinkenden Sonne sieht das alles aus wie das Rote Meer.

Dann sieht er plötzlich den Durchzug der Kinder Gottes. Er sieht, wie sie jubeln, nachdem sie aus Ägypten befreit wurden. Hinter ihnen sind die Elitetruppen des Pharao auf den Fersen. Doch kurz bevor sie diese Truppen erreichen, kommen die Fluten zurück und schlagen sie mit Mann, Ross und Wagen nieder.

Mose, stimme diesen Jubelgesang des Dankes an! Die Davongekommenen fallen ein, das gemeinsame Loblied ist weit zu hören: Groß sind deine Werke, Herr! Die Gefangenschaft ist endgültig vorbei. Diese Vergangenheit kann sie nicht mehr einholen. Mit diesem Herrn ist man von gestern befreit. Und das gilt für alle Gefangenschaften bis zum heutigen Tag.

Es gibt ja nicht nur Geiseln in Ägypten. Es gibt auch die Peitschen des Alkohols bei uns. Nicht nur die Gesundheit, auch die Ehe ging dadurch in die Brüche. Die ganze Existenz liegt vor die Hunde, ein Scherbenhaufen wie der Beitsche des Algerholz oder die Knute der Drogen, die Fesseln der Religionen.

Aus dieser Sklaverei hat Gott durch einen zweiten Mose herausgeführt. Das Evangelium ist das Wunder der Befreiung aus allen Gefängnissen.

Hat sich der Teufel nicht eines anderen besonnen? Ist er uns nicht auf den Fersen? Mit Mann, Ross und Wagen hat ihn Gott am Karfreitag geschlagen. Doch auch wir können singen: Wunderbar sind seine Werke!

Und der zweite Vers: Die Wege des Herrn sind Wunderwege – das ist der Jesusvers, der hier angestimmt ist. Johannes sitzt noch einmal an seinem Meer, schaut hinaus und erinnert sich an das galiläische Meer, wie es plötzlich zu toben begann.

Dort waren die Jünger in einem Boot, und der Herr stand auf, streckte seine Hand aus und sagte: „Schweig und verstumme!“ Da wussten er und die Jünger: Er hat Macht über alle Mächte, auch über die Naturgewalten.

Liebe Freunde, es gibt ganz andere Stürme. Es gibt Familienstürme, Ehestürme, Stürme im eigenen Herzen. Und sehen Sie, Sturmzeiten – ich erinnere nur einmal daran – sind kein Zeichen für die Abwesenheit Gottes, niemals!

Sturmzeiten sind nicht Zeichen der Abwesenheit Gottes. Erst in Sturmzeiten wird deutlich, ob wir an uns selbst glauben oder an den, der Wolken, Luft und Winde gibt, der Wege, Lauf und Bahn bestimmt. Der wird auch Wege finden, auf denen dein Fuß gehen kann – in allen Stürmen, in allen peitschenden Gewittern.

Er wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann. Das besingt der Vers: Groß sind deine Wege!

Und groß ist das dritte Vers: Die Wege des Herrn sind Wunderweisen, er führt es herrlich hinaus. So sieht eben dieser Johannes bis zu jenem Platz. Er sieht diese Sänger am Ende des Weges, die wissen: Wir sind hindurch, wir sind im Ziel.

Ihre Kräfte reichten nicht aus, auch ihr Glaube war nicht stark genug dazu. Aber der Herr hat sie durchgebracht, und deshalb loben sie: Groß sind deine Werke! Er trägt hindurch auf seine Weise, und seine Weise sind Wunderweisen.

Er wird es recht machen, er hat es recht gemacht, und er wird es recht machen bei ihnen. Auch das Morgen ist dann in seiner Hand.

Wer sollte dich nicht fürchten, Herr, und deinen Namen nicht preisen? Das ist der Schluss, das Crescendo dieses Textes: Wer sollte dich nicht fürchten, Herr, und deinen Namen jetzt nicht preisen! Amen!