Einführung in Elihus Auftreten und Rolle als Mittler
Wir kommen nun zum dritten Teil des Buches Hiob, zu den Kapiteln, in denen nur eine Person spricht, nämlich Elihu.
Wir haben gesehen, dass Hiob sich gegenüber seinen Freunden zwar durchsetzen kann, ihm aber dennoch nicht geholfen ist. Dennoch müssen wir bei all dem eine wichtige Feststellung treffen: Es ist dem Satan nicht gelungen, was er so sicher erwartete. Er war überzeugt, dass Hiob Gott absagen würde, wenn Hiobs Leib und Gesundheit angegriffen würden. Doch Hiob sagt Gott nicht ab. Im Gegenteil: Er redet vor Gott und auch zu Gott, wenn auch teilweise mit Worten, die von Unverstand zeugen.
Das müssen wir festhalten: Gott bewahrte seinen Knecht und bewahrte ihm seinen Glauben.
In Kapitel 32 tritt Elihu auf. Elihu ist eine Art Mittler, der zwischen Hiob und Gott steht. Hiob hatte sich bereits nach einem Mittler gesehnt. Er spricht davon schon in seiner dritten Rede, nämlich in Kapitel 9.
In Kapitel 9, Vers 33 sagt Hiob: „Es gibt zwischen uns keinen Schiedsmann, der seine Hand auf uns beide legte.“ Das Wort „Schiedsmann“ wird in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments mit „Messites“ übersetzt. Dieses Wort findet sich auch in 1. Timotheus 2,5, wo es heißt, dass ein Mittler sei zwischen Gott und den Menschen – der Mensch Christus Jesus, ein Mittler.
Hiob sehnt sich nach einem Mittler. Und tatsächlich hat Gott ihm einen Mittler bereitet. Elihu versteht es, von Gott her zu Hiob zu sprechen, sodass Hiob in Gottes Gegenwart gebracht wird.
Elihus Auftreten und seine Haltung gegenüber Hiob und dessen Freunden
Wie redet er also? Das wollen wir uns jetzt ansehen. Was sagt er? Wir lesen die Verse 1 bis 5 aus Kapitel 32.
Und jene drei Männer hörten auf, dem Hiob zu antworten, weil er in ihren Augen gerecht war. Da entbrannte der Zorn Elihus, des Sohnes Barakeels, des Busiters vom Geschlechte Ram. Sein Zorn entbrannte wieder gegen Hiob, weil dieser sich selbst mehr rechtfertigte als Gott. Und sein Zorn entbrannte auch gegen seine drei Freunde, weil sie keine Antwort fanden und Hiob verdammten.
Aber Elihu hatte mit dem Reden auf Hiob gewartet, weil jene älter an Jahren waren als er. Als Elihu sah, dass keine Antwort aus dem Munde der drei Männer kam, da entbrannte sein Zorn.
Wir sehen also, dass Elihu wartet. Er wartet genau so lange, wie er warten muss, bis Hiob und seine Freunde bereit sind zu hören. Sie haben ausgeredet, sie sind am Ende ihrer Weisheit angelangt.
Nun können wir das heilsgeschichtlich anwenden und sagen, dass Gott seinen Mittler sandte, als Israel am Ende war und sich als kraftlos erwiesen hatte. Das Fleisch hatte sich als kraftlos erwiesen, Gottes Wohlgefallen und Willen zu tun. Da erscheint der Mittler. Das gilt auch für jeden Einzelnen von uns.
Gott führte uns zuerst ans Ende unserer Weisheit und unserer Kräfte. Dann waren wir bereit, auch den Mittler zu hören.
Elihu schmeichelt niemandem. Nun meine ich einen, der sich in der Rolle Hiobs fühlt, sich von allem missverstanden sieht als ein großer Leidender, und dann wartet, dass jemand kommt und ihm Recht gibt. Doch da kommt keiner, der Hiob Recht gibt.
Elihu schmeichelt auch Hiob nicht. Und genauso, als unser Elihu, der wahre Mittler, in unser Leben trat, hat er uns nicht geschmeichelt. Er ist nicht zu uns gekommen und hat gesagt: „Du bist ein armer Kerl, es geht dir wirklich dreckig.“ Stattdessen hat er uns noch härtere Dinge gesagt, als wir bisher vielleicht je gehört hatten.
Er hat uns gesagt: „Du bist ein Sünder, du bist böse, deine Gedanken und deine Worte gegen Gott sind böse.“ So hat der Herr zu uns geredet.
Elihu schmeichelt niemandem, auch Hiob nicht, und er weiß sich darin als einen wahren Helfer.
Elihus Charakterzüge und sein Umgang mit Weisheit und Zorn
Wir wollen uns einige Punkte an Elihu merken. Zunächst sehen wir, dass er Zurückhaltung üben kann. Im Vers 6 heißt es: Elihu, der Sohn Barakels, der Busitter, hob an und sprach: „Ich bin jungen Jahren, und ihr seid Greise. Darum habe ich mich gescheut und gefürchtet, euch mein Wissen kundzutun.“
In Sprüche 14,16 steht: „Der Weise fürchtet sich und meidet das Böse, aber der Tor braust auf und ist sorglos.“ Der Tor ist impulsiv. Was ihm einfällt oder was er meint zu wissen oder besser zu wissen, muss er sofort zum Besten geben.
Kapitel 15, Vers 28 sagt: „Das Herz des Gerechten überlegt, um zu antworten, aber der Mund der Gesetzlosen sprudelt Bosheiten.“ Also aus dem Toren, aus dem Gesetzlosen kommt einfach das heraus, wozu es ihn drängt.
Kapitel 18, Vers 13 lautet: „Wer Antwort gibt, bevor er hört, dem ist es Narrheit und Schande.“ Wir werden jetzt gleich sehen, dass Elihu die ganze Zeit gut zugehört hat. Er hat sich genau angehört, was Hiob sagte, und kann ihm darauf antworten.
Das zeigt sich auch an seiner Reaktion, die in Vers 2 schon genannt wird: „Der Zorn Elihus entbrannte.“ Warum? Sein Zorn entbrannte gegen Hiob, weil dieser sich selbst mehr rechtfertigt als Gott.
Elihu findet, dass das eine sehr unpassende Sache ist. Es steht Hiob, dem Knecht Gottes, sehr schlecht zu Gesicht, dass es ihm wichtiger ist, vor seinen Freunden als gerecht dazustehen. Er war ja gerecht und hat sich alle Mühe gegeben. Doch er hat sich nicht richtig verstanden. Ihm war es wichtiger, sich selbst vor den Freunden zu rechtfertigen, als dass seine Freunde richtig über Gott denken.
Es war ihm wichtiger, dass seine Freunde Gott nichts Ungereimtes zuschreiben. Hiob nahm nämlich folgendes in Kauf: Nach dem Denken und Urteilen der Freunde war es so, dass wenn Hiob wirklich gerecht war, dann mussten seine Freunde nach ihrer Theorie denken, dass Gott ungerecht gehandelt habe.
Hiob dachte: „Sollen sie nur so denken.“ Es war ihm so wichtig, dass er seine Gerechtigkeit vor seinen Freunden demonstrieren konnte. Er war ja auch im Recht. Aber das ist etwas, das ihm Elihu zu Recht ankreidet.
Und dann, in Vers 3, steht: „Sein Zorn entbrannte wieder gegen seine drei Freunde, darum, dass sie keine Antwort fanden.“ Sie konnten Hiob nichts antworten, ihn nicht widerlegen und ihm nichts beweisen. Und doch verdammten sie ihn. Das darf man einfach nicht. Darin haben sie übel gehandelt.
Elihus Haltung zu Parteilichkeit und seine Gottesfurcht
Dann steht noch einiges, das wir uns merken wollen: In Kapitel 32, in den Versen 21 und 22, sagt Elihu, dass er für niemanden Partei ergreift und niemandem schmeichelt. Er nimmt für niemanden Partei. In Vers 22 heißt es: „Ich weiß nicht zu schmeicheln, gar bald würde mein Schöpfer mich hinwegnehmen.“ Er fürchtet den, der die Macht hat, das Leben zu nehmen und zu geben. Er steht wirklich vor Gott.
Das ist etwas, das man nicht vortäuschen kann. Entweder steht man vor Gott oder man steht nicht vor Gott. Natürlich kann man es vielleicht vortäuschen, aber es hat dann keine Wirkung, was man sagt. Weil Elihu aber vor Gott steht, kann er so reden, dass Hiob in Gottes Gegenwart gebracht wird. Genau deshalb. Sonst wäre das nicht möglich.
Das wird in Kapitel 36 noch einmal deutlich. Wir greifen jetzt vor zu Kapitel 36, Vers 4. Ich lese die Verse 3 und 4: „Ich will mein Wissen von weit her holen und meinem Schöpfer Gerechtigkeit geben.“ Das ist noch ein Merkmal Elihus: Er will Gott Gerechtigkeit geben, Gottes Gerechtigkeit soll offenbar werden. Er eifert also um Gottes Ehre.
Dann Vers 4: „Denn wahrlich, meine Worte sind keine Lüge; ein an Wissen Vollkommener ist bei dir.“ Das könnte man leicht falsch verstehen. Man könnte meinen, „Oh, der Kerl ist noch recht eingebildet, ein an Wissen Vollkommener steht vor dir.“ Elihu meint hier nicht sich selbst, sondern Gott. Er sagt, ein Wissensvollkommener ist bei dir.
Dass er damit Gott meint, sehen wir, wenn wir Kapitel 37, Vers 16 lesen. Kapitel 37, Vers 16 macht es ganz eindeutig: „Verstehst du dich auf das Schweben der Wolke, auf die Wundertaten des an Wissens Vollkommenen?“ Das ist Gott.
Und das war wirklich der Dienst, den Elihu tun konnte: Er konnte so reden, dass Hiob, Hiobs Gewissen vor Gott gebracht wurde. Das ist der wahre Seelsorger. Wenn wir schon von Seelsorge reden, dann ist das Seelsorge. Der Seelsorger versteht es, denjenigen, mit dem er redet, vor Gott zu bringen, sodass sein Gewissen vor Gott ist. Denn das ist die einzige wahre Hilfe.
Aller menschlicher Rat oder menschliches Gängeln, Drücken und Schieben mag kurzfristig gewisse Ergebnisse erzielen, aber es hält nicht. Hält nicht! Nur das, was aus Gott wirkt, wo Gott redet, wo Gott überführt und zurechtbringt, ist jemand wirklich zurechtgebracht.
Nun zu den Reden Elihus und ihrem Inhalt. Was sagt er? Wenn wir seine Worte lesen, haben wir manchmal den Eindruck, dass er gar nicht viel anderes sagt als die Freunde Hiobs schon gesagt hatten. Die Freunde Hiobs hatten ja meistens auch richtige Dinge gesagt. Aber er bezweckte etwas ganz anderes als sie, und er sagt mit dem, was er sagt, auch etwas ganz anderes.
Denn er geht nicht von der Annahme aus, Hiob sei ein Sünder, habe verborgene Sünden und werde deshalb von Gott gestraft. Sondern was Elihu Hiob vor allem sagt, ist Folgendes: Hiob, so wie du über Gott geredet hast, so darf man nicht reden. Er zitiert immer wieder Hiob und weist ihn zurecht, gibt darauf eine Antwort.
In seinen Antworten wird auch deutlich, dass Gott Hiob nicht heimgesucht hat, weil Hiob ein Sünder ist, also um ihn zu strafen. Sondern dass Gott seine Hand auf ihn gelegt hat, weil er zu ihm reden will. Das ist etwas ganz anderes, denn die Ursache ist, dass Gott zu ihm reden will.
Kapitel 33, die erste Rede Elihus, beginnt mit einem Aufruf an Hiob zu hören. Dann lesen wir die Verse 8 bis 12. Dort sehen wir, wo Elihu einsetzt: „Fürwahr, du hast vor meinen Ohren gesprochen, ich hörte die Stimme der Worte: Ich bin rein, ohne Übertretung, ich bin makellos, keine Ungerechtigkeit ist an mir. Siehe, er erfindet Feindseligkeiten wider mich, er hält mich für seinen Feind, er legt meine Füße in den Stock, beobachtet alle meine Pfade.“ Siehe, darin hast du nicht Recht, antworte ich dir.
Es ist nicht wahr, dass Gott ein Feind ist, und das wird Elihu in seinem Reden widerlegen: Gott ist nicht dein Feind, Hiob, das ist nicht wahr. Gott schikaniert dich nicht, Gott beugt dich nicht in deinem Recht, Gott hat ganz andere Absichten, wenn er mit dir redet. Und er wird noch zeigen, dass Gott bei all seinem Handeln, auch wenn er Leiden über uns verhängt, noch immer Liebe ist.
Auch die zweite Rede Elihus in Kapitel 34 beginnt so, in Vers 5: „Denn Hiob hat gesagt: Ich bin gerecht, und Gott hat mir mein Recht entzogen. Trotz meines Rechtes soll ich lügen, meine Wunde ist unheilbar, ohne dass ich übertreten habe.“ Hier tadelt er Hiob für solches Reden. Er sagt ihm eigentlich: Hiob, so reden Gottlose, aber so redet nicht ein Knecht Gottes.
„Wer ist ein Mann wie Hiob, der Hohn trinkt wie Wasser und in Gesellschaft geht mit denen, die Böses tun, und wandelt mit den Gottlosen?“ Denn mit seinem Reden hat Hiob sich benommen wie ein Gottloser.
Dann die dritte Rede Elihus, Kapitel 35. Hiob hob wieder an und sprach: „Hältst du das für recht?“ Er zitiert wieder Worte Hiobs: „Du hast gesagt: Meine Gerechtigkeit ist größer als diejenige Gottes, denn du fragst: Was nützt sie dir? Was gewinne ich mehr, als wenn ich gesündigt hätte?“ Ich will dir Worte erwidern und deinen Genossen mit dir.
Also erkennen wir dieses Muster: Elihu rügt Hiob nur für das, was er wirklich gesagt hat, für Dinge, die man nicht sagen darf. Er unterstellt ihm nie etwas, im Gegensatz zu den Freunden Hiobs.
Was ist die Hauptaussage der ersten Rede Elihus, Kapitel 33? Das finde ich so interessant. Das Allererste, was Elihu Hiob klar macht, ist Folgendes: Hiob, Gott versucht die ganze Zeit, zu dir zu reden. Gott will zu dir reden, das ist es.
Kapitel 33, Verse 8 bis 12, ich lese noch einmal Vers 12 und die Verse 13 und 14: „Siehe, darin hast du nicht Recht, antworte ich dir, denn Gott ist erhabener als ein Mensch. Warum haderst du wieder mit ihm, denn über all sein Tun gibt er keine Antwort?“ Tatsächlich nicht. Hier wird also Recht behalten: Gott wird keine Antwort geben über sein Tun.
Doch – und das müssen wir beachten – mit diesem „doch“ geht es um Folgendes: Hiob redet in einer Weise, und Gott redet in zweierlei Weise, ohne dass man es beachtet. Gott versucht die ganze Zeit, zu dir zu reden, Hiob, zu dir. Sein Reden ist Heil, sein Reden ist Leben, sein Reden ist Segen.
Dann nennt Elihu zwei grundsätzlich verschiedene Arten, in denen Gott zum Menschen redet. Gott redet zuerst durch seine Güte und danach durch seine Strenge. Er redet, indem er Gutes tut, und er redet, indem er dem Menschen Schweres widerfahren lässt.
Verse 15 bis 18 beschreiben das Reden Gottes in seiner Güte: „Im Traum, im Nachtgesicht, wenn tiefer Schlaf die Menschen befällt, im Schlummer auf dem Lager, dann öffnet er das Ohr der Menschen und besiegelt die Unterweisung, die er ihnen gibt.“
Nun, wo wären wir lieber als im weichen, warmen Bett? Dort, wo es uns so wohl ist wie nirgendwo sonst, wo uns nichts fehlt: ein schönes, weiches, trockenes Bett, eine dunkle Kammer, in der Horizontale liegen – wie schön ist das! Und erst noch Ruhe. Ja, da redet Gott schon durch seine Güte.
Paulus fragt im Römerbrief, ob wir denn nicht merken, dass die Güte Gottes uns zur Einsicht bringen will. Und das, was Elihu hier sagt, gilt für den Sünder wie für den Gerechten. Gott will ja auch zu den Gerechten reden, durch seine Güte, durch seine Freundlichkeit, durch seine tägliche Fürsorge, durch alles Gute, was er tut.
Aber wir haben es an uns, dass wir langsam taub werden für Gottes Reden. Gott will aber zu uns reden, weil sein Reden unser Leben ist. Wenn Gott nicht mehr zu uns redet, wenn Gott uns gegenüber verstummt, dann sind wir denen gleich, die in die Grube hinabfahren – und zwar sagt das ein Heiliger, nämlich David.
Psalm 28, Vers 1: „Zu dir, Herr, rufe ich, mein Fels, wende dich nicht schweigend von mir ab, damit nicht, wenn du gegen mich verstummst, ich denen gleich sei, die in die Grube hinabfahren.“ Das ist das Schlimmste, das uns passieren kann: dass Gott nicht mehr redet und wir seine Stimme nicht mehr hören.
Gott redet also, damit er seine Seele zurückhalte von der Grube, steht in Hiob 33, Vers 18.
Dann die zweite Art des Redens Gottes: durch Drangsal, durch Not, durch Leiden. Vers 19 und folgende: „Auch wird er gezüchtigt mit Schmerzen aus seinem Lager und mit beständigem Kampf in seinen Gebeinen. Und sein Leben verabscheut das Brot, seine Seele die Lieblingsspeise, sein Fleisch zehrt ab, dass man es nicht mehr sieht, entblößt seine Knochen, die nicht gesehen wurden. Seine Seele nähert sich der Grube, und sein Leben den Würgern.“
Manch einer hat das erlebt, hat das erfahren, und dann hat Gott einen Ausleger gesandt, ihn auf diesem Weg bereitet, um Gottes Stimme zu hören. „Wenn es nun für ihn einen Gesandten gibt, einen Ausleger, einen aus Tausend.“
Das ist die erste Rede Elihus. Damit sagt er etwas ganz anderes als die Freunde Hiobs: Gott will zu dir reden, nicht Gott straft dich, nicht du hast gesündigt, nein, Gott will zu dir reden, weil das dein Leben ist.
Dann die zweite Rede Elihus, Kapitel 34. Er greift wieder auf das zurück, was Hiob gesagt hat: Hiob hat gesagt, Gott habe ihm sein Recht entzogen. Dann tadelt er Hiob wegen dieser Worte und weist sie zurück. In den Versen 10 bis 12 sagt er ihm: Gottes Regierung, Gottes Umgang mit den Menschen, all das, was Gott über Menschen verhängt, geschieht immer in vollkommener Gerechtigkeit.
Darum hört mir zu, ihr Männer von Verstand: Fern sei von Gott Gesetzlosigkeit und der Allmächtige von Unrecht! Das ist gewaltig. Wie dankbar sind wir, dass das wahr ist, dass der Allmächtige das Recht nicht beugt.
Wir haben uns als Menschen daran gewöhnt, dass in dieser Welt der Stärkere Recht hat. Auf Englisch sagt man es knapp und klar: „Might is right“ – Macht hat Recht. Zynisch, aber knapp und klar.
Was der Allmächtige tut, ist immer Recht. Der Schwächere kann sich nicht dagegen wehren. Gott ist allmächtig, er könnte mit uns verfahren, wie er wollte. Er könnte das Recht beugen. Wer könnte Gott dafür strafen? Es müsste jemand Allmächtiger als der Allmächtige sein, wollte er es tun.
Gott beugt aber das Recht nicht, er tut niemandem Unrecht. Ja, wahrlich, Gott handelt nicht gesetzlos, und der Allmächtige beugt nicht das Recht.
In den Versen 13 bis 15 stellt Elihu einige interessante Fragen und macht bemerkenswerte Aussagen: „Wer hat ihm die Erde anvertraut? Wer den ganzen Erdkreis gegründet?“ Das sind zwei Fragen.
Hiob hat gesagt, Gott beugt mein Recht. Das hat er wirklich gesagt. Und jetzt fragt Elihu Hiob: Wer hat Gott die Erde anvertraut? Hast du Gott den Auftrag gegeben, auf diese Erde aufzupassen und nach dem Rechten zu sehen? Ich komme doch nach einem Jahr und will dann das Ergebnis deiner Arbeit begutachten.
Wer sind wir eigentlich, dass wir meinen, wir müssten Gott vorschreiben oder seine Art bewerten, wie er auf die Erde, auf die Menschen, auf die Welt aufpasst?
Nehmen wir an, wir haben zu Hause einen Garten. Dann kann ich, weil das mein Garten ist – ob ich das Grundstück gekauft habe oder nur in Miete wohne, aber immerhin bezahle ich dafür –, dort bestimmen. Ich sage meinem Sohn: „Du mähst den Rasen alle vierzehn Tage, sauber und auch rundherum die Ränder.“ Ich gebe ihm den Auftrag, dann habe ich auch das Recht, ihn später zu fragen: „Wie hast du die Arbeit gemacht? Komm, wir gehen und schauen uns das an. Das ist hier nicht ordentlich gemacht, da gehst du noch mal drüber.“
Haben wir Gott den Auftrag gegeben, auf die Erde aufzupassen? Wer dürfte Gott Rechenschaft ablegen und sagen: „Lege Rechenschaft ab, wie du deine Arbeit erledigt hast?“ Wir merken, dass das ein törichter, ein böser Gedanke ist.
Wer hat den ganzen Erdkreis gegründet? Er allein. Er allein hat das Recht, darüber zu bestimmen, wie man mit der Erde oder mit der Welt umgeht. Gott hat das Recht, den Menschen zu fragen, wie sie sich auf der Erde verhalten. Aber der Mensch hat kein Recht, Gott zu fragen, wie Gott auf die Welt aufpasst. Wahrlich nicht.
Zudem hätte Gott alles Recht, die Erde sich selbst und den Menschen sich selbst zu überlassen. Er hätte jedes Recht dazu. Und daran erinnert Elihu im Vers 14: „Wenn Gott sein Herz auf sich selbst richtete, seinen Geist und seinen Odem an sich zurückzöge, so würde alles Fleisch insgesamt vergehen und der Mensch zum Staub zurückkehren.“
Gott schuldete es uns nämlich nicht einmal, dass er auf uns aufpasst, für uns sorgt und uns erhält. Er könnte sich von uns zurückziehen, er hätte jedes Recht dazu, weil er der Schöpfer ist. Und zweitens könnten wir ihm nicht einmal einen Vorwurf machen, denn wir haben ja oft zu Gott gesagt: „Bleib mir vom Hals, lass mich ein bisschen in Ruhe!“
Dann könnte Gott sagen: „Gut, jetzt lasse ich dich in Ruhe, jetzt überlasse ich dich dir selbst.“ Wenn Gott das täte, wie wäre es dann um uns bestellt? Hiob hat das zwei-, dreimal gesagt: „Wenn Gott mich doch noch einmal allein ließe, er soll doch bitte einmal von mir wegschauen, mich in Ruhe lassen.“ Ja, wenn Gott das wirklich täte, wehe ihm, wehe uns!
Gott tut uns Gutes, ohne dass er uns Gutes schuldet. Dafür haben wir Grund, Gott zu danken, und wir haben ganz sicher nicht Grund, Gottes Regierung oder seine Wege zu tadeln.
Zudem regiert Gott mit vollkommenem Wissen. Das steht in den Versen 16 bis 30. Er weiß ganz genau, was er tut, während wir fast nichts wissen.
Das ist die zweite Rede Elihus oder die zweite Antwort Elihus auf Hiobs Aussagen.
Dann die dritte Rede, Kapitel 35. Hiob hat gefragt, Vers 3: „Du fragst, was dir die Gerechtigkeit nützt, was gewinne ich mehr, als wenn ich gesündigt hätte?“ Ich will dir Worte erwidern und deinen Genossen mit dir.
„Blicke zum Himmel und sieh, schau die Wolken an, sie sind höher als du.“ Die Schöpfung lehrt uns schon: Die Weite der Schöpfung allein zeigt, dass Gott unendlich höher ist als wir.
„Wenn du sündigst, was tust du ihm an? Und mehren sich deine Übertretungen, was fügst du ihm zu? Wenn du gerecht bist, was gibst du ihm, oder was empfängt er aus deiner Hand?“
Gott ist wahrlich nicht auf uns angewiesen, wir aber sind auf Gott angewiesen. Wenn wir sündigen, wird Gott nicht ärmer, und wenn wir gerecht sind, wird Gott nicht reicher. Wir werden unendlich reicher, wenn wir uns diesem Gott unterwerfen.
So ist es völlig verkehrt, so zu urteilen und zu denken, wie es hier mit diesen Worten getan wird, als ob Gott uns etwas schuldet, wenn wir gerecht sind und ihm dienen. Als ob Gott uns dann etwas schuldete, uns jede Art von Mühsal beständig vom Leib zu halten.
Woher kommen diese Ideen? Solche Gedanken haben wir. Wir meinen, Gott schulde es uns, dass er uns immer alles gibt, was wir gerne hätten, und dass er uns alles vom Leib hält, was uns widerwärtig ist. Er schuldet es uns nicht.
Daran erinnert Elihu Hiob, indem er ihm sagt: Wenn du sündigst, tust du Gott nichts an. Gott wird nicht ärmer durch deine Sünde. Und wenn du gerecht bist, gibst du Gott auch nichts. Gott wird nicht reicher durch deine Gerechtigkeit.
Paulus nennt an einer Stelle Gott den glückseligen Gott. Das ist eine auffällige Aussage, ein auffälliges Epitheton Gottes: der glückselige Gott. Was will Paulus damit sagen? Erster Timotheus 1, Vers 11.
Er redet dort vom Evangelium der Herrlichkeit des glückseligen Gottes, welches ihm anvertraut worden ist, und danach spricht er davon, wie Gott in seiner unbegreiflichen Gnade einen Verfolger, einen Gotteslästerer, gerettet und zu seinem Diener gemacht hat.
Paulus will sagen: Der Gott, der in sich selbst glückselig ist, dem nichts fehlt, hat in seiner unbegreiflichen Gnade mich gesucht, gerettet und in seinen Dienst gestellt. Ich konnte Gott damit nichts geben. Gott war auch ohne mich der glückselige Gott, dem nichts fehlt, und doch hat er es getan. Was für ein Gott! Was für ein Gott! Und diesem will Paulus dienen.
Ganz ähnliche Gedanken hat hier Elihu, wenn er Hiob sagt: Gott fehlt nichts, wirklich nichts. Er ist nicht auf uns angewiesen, er ist auch ohne uns der glückselige Gott, in sich vollkommen, in seiner Vollkommenheit in sich ruhend.
Dann sagt Elihu noch etwas in diesem gleichen Kapitel, in dieser Rede: Gott lässt sich nicht zum Diener unserer Wünsche machen, in den Versen 9 bis 16.
„Wegen der Menge der Bedrückung schreit man, man ruft um Hilfe wegen des Arms der Großen. Aber man spricht nicht: Wo ist Gott, mein Schöpfer, der Gesänge gibt in der Nacht?“
Wie Elihu sagt: Ja, die Hilfe Gottes will man, Gott soll helfen, aber man will nicht Gott selbst. Man fragt nicht: Wo ist Gott, mein Schöpfer, der Gesänge gibt in der Nacht, der uns mehr belehrt als die Tiere der Erde und uns weiser macht als das Gevögel des Himmels?
Gott hat den Menschen zu Höherem berufen als die Tiere. Bei den Tieren ist es ganz recht und angebracht, wenn sie nach Futter schreien, und dann gibt Gott ihnen das Futter. Die Raben schreien, und er stopft ihnen etwas in den Schnabel.
Nun, die Menschen dürfen Gott auch darum bitten: „Gib uns unser tägliches Brot!“ Aber Gott hat die Menschen auch Höheres gelehrt: dass sie Gott dienen und Gott suchen um Gottes willen, nicht um ihres Willens.
Er belehrt uns mehr als die Tiere der Erde. Dann schreit man wegen des Hochmuts der Bösen, aber Gott antwortet nicht auf Eitles. Gott hört nicht, und der Allmächtige schaut es nicht an. Er lässt sich nicht zum Diener unserer Wünsche machen.
Dass Gott Gott ist und uns nichts schuldet, gehört zur grundlegendsten Erkenntnis über unser Verhältnis zu Gott. Man könnte das Thema des Buches Hiob auch so zusammenfassen: Das Buch Hiob lehrt uns: Gott ist Gott.
Dann die vierte Rede Elihus, Kapitel 36 und 37. Ich habe mir zu diesen beiden Kapiteln als Überschrift gesetzt: Elihu rechtfertigt Gott. Er gibt Gott ein weiteres Mal die Ehre.
Elihu fuhr fort und sprach: „Herr, einen Augenblick, und ich will dir berichten. Dennoch sind Worte da für Gott. Ich will mein Wissen von weit her holen und meinem Schöpfer Gerechtigkeit geben, denn wahrlich, meine Worte sind keine Lüge; ein an Wissen Vollkommener ist bei dir. Siehe, Gott ist mächtig, und doch verachtet er niemanden, mächtig an Kraft und Verstand.“
Hier haben wir eine Äußerung der Liebe Gottes. Gott ist mächtig, Gott ist allmächtig, und doch verachtet er niemanden.
Elihu hat bereits gesagt, Gott ist allmächtig und doch beugt er das Recht nicht – Allmacht und Recht. Und hier sagt er: Gott ist allmächtig und doch verachtet er niemanden – Allmacht und Liebe.
Gottes Allmacht ist mit vollkommener Liebe verknüpft. Nun wissen wir, dass es beim Menschen ganz anders ist: Je mächtiger ein Mensch wird, desto mehr schaut er auf die anderen herab und bläst die an, die ihm nichts bedeuten. „Wer bist du? Weg, du bist mir lästig!“
So sind Menschen. Die Römer waren vielleicht die genialsten Verwalter und Erhalter von Macht. Sie waren wirklich Genies: Das römische Weltreich, keines hielt so lange und hatte so große Ausdehnung wie dieses Reich. Sie verstanden wirklich etwas von Macht – Macht aufbauen, Macht erhalten.
Die Römer sagten es in der typischen Weise der Lateiner: „Aquila non captat muscas.“ Der Adler fängt keine Fliegen. Der Adler gibt sich mit solchem Geschmeiß nicht ab. Punkt, fertig, alles klar.
Gott ist nicht so. Gott ist nicht wie wir Menschen. Gott ist erhabener als wir, seine Gedanken sind höher als unsere Gedanken. Er, der Allmächtige, der uns nicht nötig hat, und der Ursache hätte, uns zu verachten – Sünder und Rebellen –, verachtet niemanden.
Was für ein Gott! Ein allmächtiger Gott, der von unendlicher Liebe ist, ja, von dem wir im 1. Korinther 1, Vers 27 sogar lesen, dass er gerade das Schwache und das Törichte erwählt. Ja, wie anders ist Gott in seiner Allmacht von vollkommener Liebe!
So widerlegt Elihu einmal mehr Hiob, der gesagt hatte: „Gott ist mein Feind, Gott sucht jetzt mein Unglück.“ Nein, Gott ist nicht dein Feind, Hiob. Er ist der Einzige, der dich vom Anfang bis zum Ende liebt.
Dann redet Elihu wiederum davon, dass Gottes Züchtigungen zum Heil sind, in den Versen 8 bis 15. Das zeigt wiederum, dass Gott Liebesabsichten hat.
Und wir können sagen, dass wir in den Versen 22 bis 26 die Summe von Elihus Belehrungen haben. Kapitel 36, Verse 22 bis 24: „Siehe, Gott handelt erhaben in seiner Macht. Wer ist ein Lehrer wie er? Wer hat ihm seinen Weg vorgeschrieben? Wer dürfte sagen: ‚Du hast Unrecht getan‘? Gedenke daran, dass du sein Tun erhebst, welches Menschen besingen.“
Gott handelt erhaben in seiner Macht. Gott ist erhaben, Gott ist souverän, Gott steht über uns. Er handelt so, dass wir es nicht verstehen und nicht begreifen. Aber gleichzeitig – und das hat Elihu wiederholt gesagt – ist er in seinem Handeln ein Lehrer. Wer ist ein Lehrer wie er?
Ein Lehrer ist jemand, der den Stoff beherrscht, aber nicht nur das, sondern den Stoff auch so weitergeben kann, dass die Schüler ihn begreifen. Ein guter Lehrer ist jemand, der jedem Schüler den Stoff genau so beibringen kann, wie er es braucht.
Bei einigen muss man ein bisschen hart sein, ein bisschen unnachgiebig und sogar ein bisschen streng sein, denn sonst lernen sie nichts. Bei anderen muss man sehr viel Geduld haben und sehr freundlich sein. Jeder ist verschieden, und es gibt keinen Lehrer, der mit jedem Schüler fertig wird.
Aber Gott wird mit jedem fertig. Gott ist ein Lehrer, der Sünder lehren kann. Ein Sünder ist jemand, der von Natur aus beständig verdrehte und verkehrte Gedanken über Gott hat, dessen Herz voller Anschläge gegen Gott ist.
Gott versteht es, solche zu lehren, wer er ist, und nicht nur das: Er lehrt uns auch, wer wir sind, so dass wir gerne das, was er sagt, annehmen, uns dem unterwerfen und es uns aneignen.
Was für ein Lehrer! Wer ist ein Lehrer wie er? Er ist auch der Lehrer Hiobs.
Dann erinnert Elihu noch einmal daran: „Werde ihm seinen Weg vorgeschrieben!“ Ja, niemand darf das. Darum darf auch niemand sagen: „Du hast Unrecht getan.“ Unsere Aufgabe ist es, zu gedenken, dass wir sein Tun erheben, das Menschen besingen.
Das ist unsere Aufgabe: diesen Gott und seine Wege zu besingen, ihn zu rühmen, auch wenn wir manches nicht verstehen. Aber das wissen wir: Gott ist der Herr, Gott ist allmächtig, dabei gerecht, dabei Liebe, und dabei um solche wie uns besorgt, lehrt uns, führt uns und vollendet uns.
Und mit einem Mal, scheinbar unvermittelt und zunächst ganz unpassend, redet Elihu vom Wetter. Wirklich? Vom Wetter? Von Wolken, Regen, Blitz, Donner und Wind?
Wir lesen in Vers 25 und einige Verse weiter: „Alle Menschen schauen es an, der Sterbliche erblickt es aus der Ferne. Siehe, Gott ist so erhaben für unsere Erkenntnis, die Zahl seiner Jahre ist unerforschlich, denn er zieht Wassertropfen herauf vom Dunst, den er bildet. Sie träufen als Regen, denn die Wolken rieseln und tropfen lassen auch viele Menschen.“
Versteht man gar das Ausbreiten des Gewölks, das Krachen seines Zeltes? Siehe, er breitet sein Licht um sich aus, und die Gründe des Meeres bedeckt er, denn durch dieses Recht der Völker gibt er Speise in Überfluss. Seine Hände umhüllt er mit dem Blitz, und er entbietet ihn gegen denjenigen, den er zwingt. Sein Rollen kündigt ihn an, sogar das Vieh sein Heranziehen.
Wir lesen hier vom Donner, vom Blitz und auch vom Sturm. Nun, was will Elihu damit sagen? Warum wechselt er scheinbar ganz unmotiviert das Thema?
Nein, es ist kein Themawechsel, sondern eine Veranschaulichung, eine Illustration. In der Schöpfung erkennen wir Gottes Weisheit, in der Schöpfung erkennen wir Gottes Macht. An der Schöpfung sehen wir, wie Gott alles vollkommen regiert.
Dann stellt Elihu einige Fragen, vier Fragen nämlich, innerhalb seiner Beschreibung von Gottes Werken in der Schöpfung, Vers 29: „Verstehst du das Ausbreiten des Gewölks?“
Jetzt können wir zwar einiges sagen über Luftfeuchtigkeit, Temperaturwechsel, Kondensation und so weiter, aber warum sich Wasser so verhält und nicht anders, wissen wir trotzdem nicht.
Wir wissen nicht einmal, warum es Wind gibt. Wir wissen zwar schon, dass Druck ausgeglichen wird, aber warum gleichen sich nicht irgendwann alle Gegensätze aus? Das müsste ja normalerweise passieren, dass alle Gegensätze sich ausgleichen und dann hört es auf mit Wind und Sturm. Aber es hört nicht auf.
Niemand kann erklären, warum Winde entstehen und warum es Winde gibt. Das sind große Rätsel. Man versucht es zu erforschen. Wir schauen es an und müssen froh sein, wenn wir das Wetter für ein, zwei Tage einigermaßen vorhersagen können. Das ist das Allermeiste, was wir können.
Aber wir stehen völlig ahnungslos da und können einfach zur Kenntnis nehmen, was da läuft. Einen verregneten Sommer müssen wir einfach hinnehmen. Verstehst du all das hier?
Dann fragt er im Kapitel 37, Vers 15: „Weißt du, Hiob, wie Gott das macht?“ Und im Vers 18: „Kannst du, Hiob?“ Das sind alles Fragen an Hiobs Gewissen.
Wenn wir die Naturabläufe nicht einmal erklären können, wie alles zusammenhängt, aufeinander abgestimmt ist und was letztlich alles bewegt, wie wollen wir dann die viel größeren Mysterien von Sünde, Licht und Finsternis, Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit verstehen? Das müssen wir Gott überlassen.
Wir müssen ihm vertrauen, gerade in einer Welt, in die wir die Sünde hereingeholt haben. Wie er eine solche Welt gerecht lenken kann, und nicht nur gerecht, sondern wie er daraus seine Liebe offenbaren und am Ende das Böse überwinden und Sünder zur Herrlichkeit führen kann – das ist ein gigantisches Rätsel, unergründlich, unbegreiflich.
Darum steht uns nichts anderes zu, als diesen großen Gott anzubeten und ganz sicher nicht zu fragen, warum er das zugelassen hat oder was das soll. Solches Reden ist böse, und davor bewahre uns Gott.
Hier sagt Elihu etwas ganz Interessantes in Vers 32. Ich habe immer gedacht, entweder ist das falsch übersetzt oder da stimmt etwas nicht. Die Sache ist verkehrt.
Was sagt er in Vers 32? „Seine Hände umhüllt er mit dem Blitz.“ Wir hätten es doch lieber umgekehrt: Gott umhüllt den Blitz mit seinen Händen. Wir hätten es lieber, dass er seine Hände um den Blitz legt, damit uns der Blitz nichts Böses tun kann.
Aber Elihu sagt es genau umgekehrt: Der Blitz ist draußen, und die Hand ist drinnen. Ja, es geht uns meistens wie Hiob. Hiob hat das wohl gesehen und an sich gespürt, wie diese Not ihn wie ein Blitz getroffen hat, wie ein Donnerkeil in sein Leben einschlug.
Und Elihu sagt ihm: Siehst du denn nicht, Gottes Hand ist im Blitz? Das ist ja Gottes Hand. Die Hand dessen, der allmächtig ist, die Hand dessen, der gerecht ist, die Hand dessen, der unbegreifliche Liebe ist.
Wohl dem, wenn Gott uns die Ohren öffnen kann und die Augen, dass wir seine Hand sehen und seine Stimme hören. Dort, wo der Sünder und der, der Gott trotzt, nur Lärm hört, nur Krachen, nur Finsternis und Schrecken, dort sieht der Heilige Gottes Hand, die alles lenkt.
So sagt Elihu in Kapitel 37, Vers 1 und 2: „Ja, darüber erzittert mein Herz und bebt auf von seiner Stelle. Hört, hört das Getöse seiner Stimme!“
Gott gebe uns Ohren, seine Stimme zu hören, auch im Wetter, auch wenn Gott uns heimsucht im Wetter, im Sturm. „Hört, hört das Getöse seiner Stimme!“
Der Herr Jesus sagt im Neuen Testament: „Glückselig sind die Ohren, die hören.“ Und Salomo sagt im Buch der Sprüche: „Ein hörendes Ohr und ein sehendes Auge hat der Herr gemacht.“
Das soll uns lehren, dass wir Gott darum bitten: „Gib uns hörende Ohren und sehende Augen.“ Kapitel 37, Vers 14 sagt: „Nimm dies zu Ohren, Hiob, stehe und betrachte die Wunder Gottes.“ Also hören und sehen.
Sieh die Wunder Gottes, sieh Gott in diesen Wundern, sieh seine Hand.
Diese Beschreibung von Gottes Werken in der Schöpfung, Gottes Wirken im Wetter, im Sturm, im Gewitter, stellt Fragen: Vers 15, 16, 18: „Weißt du, wie Gott sie belädt und den Blitz eines Gewölks leuchten lässt? Verstehst du dich auf das Schweben der Wolke, auf die Wundertaten des an Wissens Vollkommenen, du dessen Kleider heiß werden, wenn das Land schwül wird von Süden her? Kannst du gleich ihm das Himmelsgewölbe ausbreiten, fest wie ein gegossener Spiegel?“
Ich sagte ganz zu Beginn: Elihu ist ein Mittler. Er erfüllt hier die Rolle eines Mittlers. Tatsächlich kann Elihu Hiob genau dorthin führen, wo Gott ihn haben will.
Denn dort, wo Gott redet, redet Gott aus dem Sturm, steht in Kapitel 38 genau davon: „Der Herr antwortete Hiob aus dem Sturm.“ Mit einem Mal hört Hiob Gottes Stimme, wo er sie vorher nicht gehört hatte.
Gott redet genauso wie Elihu von seinen Werken in der Schöpfung und stellt auch an Hiob Fragen: „Kannst du, weißt du, wo warst du?“
Es ist wirklich bemerkenswert, wie Elihu es verstand, Hiob genau dahin zu bringen, wo Gott ihn haben wollte.
Das lässt uns natürlich an den vollkommenen Mittler denken, denn das kann wirklich nur einer vollkommen: unser Herr Jesus Christus. Er hat uns an der Hand genommen, er ist es, der uns lehrt, und er ist es, der uns zu Gott führt.
Ich möchte mit den letzten Sätzen Elihus aus diesem Kapitel schließen, Verse 23 und 24: „Den Allmächtigen erreichen wir nicht, den Erhabenen an Kraft. Das Recht und die Gerechtigkeit, die er füllt, beugt er nicht. Darum fürchten ihn die Menschen, er sieht niemanden an, der weise Herzen hat.“
Also die, die meinen, es besser zu wissen, die sich einbilden: „Doch, ich weiß, doch ich verstehe, doch ich kann,“ die sieht Gott nicht an.
Wer aber bekennt: „Nein, ich weiß nicht, ich verstehe nicht, ich kann nicht, aber du, oh Gott, du kannst, du weißt, du verstehst, lehre du mich!“ – den wird Gott lehren.
Inhaltliche Schwerpunkte von Elihus Reden
Und jetzt zu den Reden Elias: Was sagt er?
Wenn wir seine Worte lesen, haben wir manchmal den Eindruck, dass er gar nicht viel anderes sagt als die Freunde Hiobs bereits gesagt hatten. Die Freunde Hiobs hatten ja meistens auch richtige Dinge gesagt. Doch Elias bezweckt etwas ganz anderes als diese Freunde. Mit dem, was er sagt, vermittelt er auch eine ganz andere Botschaft.
Denn er geht nicht von der Annahme aus, dass Hiob ein Sünder sei und verborgene Sünden habe, weshalb Gott ihn strafe. Vielmehr ist das, was Elihu dem Hiob hauptsächlich sagt, Folgendes: „Hiob, so wie du über Gott gesprochen hast, darf man nicht reden.“ Er zitiert immer wieder Hiob, weist ihn zurecht und gibt darauf eine Antwort.
In seinen Antworten wird deutlich, dass Gott Hiob nicht heimgesucht hat, weil Hiob ein Sünder sei und deshalb bestraft werden müsse. Vielmehr hat Gott seine Hand auf Hiob gelegt, weil er zu ihm reden will. Das ist etwas ganz anderes, denn die Ursache ist, dass Gott zu Hiob sprechen möchte.
Erste Rede Elihus (Kapitel 33)
Kapitel 33 beginnt mit der ersten Rede Elihus. Diese startet mit einem Aufruf an Hiob, zuzuhören, gefolgt von den Versen 8 bis 12.
Elihu sagt: „Fürwahr, du hast vor meinen Ohren gesprochen, ich hörte die Stimme deiner Worte. Ich bin rein, ohne Übertretung, ich bin makellos, keine Ungerechtigkeit ist an mir. Siehe, du erfindest Feindseligkeiten gegen mich, du hältst mich für deinen Feind, du legst meine Füße in den Stock und beobachtest alle meine Pfade.“
Darauf antwortet Elihu: „Siehe, darin hast du nicht Recht. Es ist nicht wahr, dass Gott ein Feind ist.“
Elihu wird in seiner Rede darlegen, dass Gott kein Feind ist. Er erklärt Hiob, dass Gott ihn nicht schikaniert und auch nicht in seinem Recht beugt. Gott ist nicht Hiobs Feind, sondern hat ganz andere Absichten, wenn er mit ihm spricht.
Elihu wird außerdem zeigen, dass Gott bei all seinem Handeln, selbst wenn er Leiden über uns verhängt, dennoch Liebe ist.
Zweite Rede Elihus (Kapitel 34)
Auch die zweite Rede Elihus in Kapitel 34 beginnt folgendermaßen: In Vers 5 heißt es, dass Hiob gesagt hat: „Ich bin gerecht, und Gott hat mir mein Recht entzogen. Trotz meines Rechtes soll ich lügen, meine Wunde ist unheilbar, ohne dass ich übertreten habe.“ Hier tadelt Elihu Hiob für solche Worte. Er sagt ihm im Grunde: „Hiob, so reden Gottlose, aber so redet nicht ein Knecht Gottes.“ Wer ist ein Mann wie Hiob, der Hohn trinkt wie Wasser und in Gesellschaft mit denen geht, die Böses tun, und mit den Gottlosen wandelt? Denn mit seinem Reden hat er sich benommen wie ein Gottloser.
Dann folgt die dritte Rede Elihus in Kapitel 35. Hiob hob wieder an und sprach: „Hältst du das für recht?“ Er zitiert erneut Worte Hiobs: „Du hast gesagt: ‚Meine Gerechtigkeit ist größer als diejenige Gottes, denn du fragst, was sie dir nütze, was gewinne ich mehr, als wenn ich gesündigt hätte.‘ Ich will dir Worte erwidern und deinen Genossen mit dir.“
Wir erkennen hier ein Muster: Elihu rügt Hiob nur für das, was er wirklich gesagt hat, insbesondere wo er Dinge geäußert hat, die man nicht sagen darf. Er unterstellt Hiob niemals etwas, im Gegensatz zu den Freunden Hiobs.
Die erste Rede Elihus in Kapitel 33 – was ist die Hauptaussage dieser Rede? Das finde ich besonders interessant. Das Allererste, was Elihu Hiob klar macht, ist Folgendes: Hiob, Gott versucht die ganze Zeit, zu dir zu reden. Gott will zu dir reden – das ist es.
In Kapitel 33 lesen wir bereits die Verse 8 bis 12. Ich zitiere noch einmal Vers 12 sowie die Verse 13 und 14: „Siehe, darin hast du nicht recht, antworte ich dir, denn Gott ist erhabener als ein Mensch. Warum haderst du wieder mit ihm? Denn über all sein Tun gibt er keine Antwort.“ Tatsächlich wird hier bestätigt, dass Gott keine Antwort über sein Tun gibt. Doch – und das müssen wir beachten – geht es hier um Folgendes: Hiob redet auf eine Weise, doch Gott redet auf eine andere, und zwar ohne dass man es beachtet. Gott versucht die ganze Zeit, zu dir zu reden, Hiob. Sein Reden ist Heil, sein Reden ist Leben, sein Reden ist Segen.
Dann nennt Elihu zwei grundsätzlich verschiedene Arten, in denen Gott zum Menschen redet: Gott redet zuerst durch seine Güte und danach durch seine Strenge. Er redet, indem er Gutes tut, und er redet zum Menschen, indem er ihm Schweres widerfahren lässt.
In den Versen 15 bis 18 wird das Reden Gottes in seiner Güte beschrieben: „Im Traum, im Nachtgesicht, wenn tiefer Schlaf die Menschen befällt, im Schlummer auf dem Lager, dann öffnet er das Ohr der Menschen und besiegelt die Unterweisung, die er ihnen gibt.“
Nun, wo wären wir lieber als im weichen, warmen Bett? Dort, wo es uns so wohl ist wie nirgendwo sonst, wo uns nichts fehlt – ein schönes, weiches, trockenes Bett, eine dunkle Kammer in der Horizontale liegen – wie schön ist das! Und erst noch Ruhe. Ja, da redet Gott schon, durch seine Güte.
Paulus fragt im Römerbrief, ob wir denn nicht merken, dass die Güte Gottes uns zur Einsicht bringen will. Das, was Elihu hier sagt, gilt sowohl für den Sünder als auch für den Gerechten. Gott will ja auch zu den Gerechten reden – durch seine Güte, durch seine Freundlichkeit, durch seine tägliche Fürsorge, durch alles Gute, was er tut.
Aber wir haben es an uns, dass wir langsam taub werden für Gottes Reden. Gott will aber zu uns reden, weil sein Reden unser Leben ist. Wenn Gott nicht mehr zu uns redet, wenn Gott verstummt uns gegenüber, dann sind wir denen gleich, die in die Grube hinabfahren – und zwar sagt das ein Heiliger, nämlich David.
Psalm 28, Vers 1: „Zu dir, Herr, rufe ich, mein Fels, wende dich nicht schweigend von mir ab, damit nicht, wenn du gegen mich verstummst, ich denen gleich sei, die in die Grube hinabfahren.“ Das ist das Schlimmste, das uns passieren kann: dass Gott nicht mehr redet und wir seine Stimme nicht mehr hören.
Gott redet also, damit er seine Seele zurückhalte von der Grube. Das steht in Hiob 33, Vers 18.
Dann gibt es die zweite Art des Redens Gottes: durch Drangsal, durch Not, durch Leiden. In Vers 19 und folgende heißt es: „Auch wird er gezüchtigt mit Schmerzen aus seinem Lager und mit beständigem Kampf in seinen Gebeinen. Sein Leben verabscheut das Brot, seine Seele die Lieblingsspeise. Sein Fleisch zehrt ab, dass man es nicht mehr sieht, entblößt seine Knochen, die nicht gesehen wurden. Seine Seele nähert sich der Grube und sein Leben den Würgern.“
Manch einer hat das erlebt und erfahren, und dann hat Gott einen Ausleger gesandt, ihn auf diesem Weg bereitet, um Gottes Stimme zu hören: „Wenn es nun für einen Gesandten gibt einen Ausleger, einen von Tausend.“
Das ist die erste Rede Elihus. Damit sagt er schon etwas ganz anderes als die Freunde Hiobs: Gott will zu dir reden, nicht, dass Gott dich straft oder du gesündigt hast. Nein, Gott will zu dir reden, weil das dein Leben ist.
Dann die zweite Rede Elihus in Kapitel 34. Er greift wieder auf das zurück, was Hiob gesagt hat. Hiob hat gesagt, Gott habe ihm sein Recht entzogen. Elihu tadelt Hiob wegen dieser Worte und weist sie zurück. In den Versen 10 bis 12 heißt es: Gottes Regierung, Gottes Umgang mit den Menschen, all das, was Gott über Menschen verhängt, geschieht immer in vollkommener Gerechtigkeit.
„Darum hört mir zu, ihr Männer von Verstand! Fern sei von Gott Gesetzlosigkeit und der Allmächtige von Unrecht.“ Das ist gewaltig. Wie dankbar sind wir, dass das wahr ist: Der Allmächtige beugt das Recht nicht.
Wir haben uns als Menschen daran gewöhnt, dass in dieser Welt der Stärkere Recht hat. Auf Englisch sagt man es knapp und klar: „Might is right“ – die Macht hat Recht. Was der Allmächtige tut, ist immer Recht, und der Schwächere kann sich nicht dagegen wehren. Gott ist allmächtig, er könnte mit uns verfahren, wie er wollte, er könnte das Recht beugen. Wer könnte Gott dafür strafen? Es müsste jemand Allmächtiger als der Allmächtige sein, wollte er es tun. Aber Gott beugt das Recht nicht, er tut niemandem Unrecht.
Wahrlich, Gott handelt nicht gesetzlos, und der Allmächtige beugt nicht das Recht.
In den Versen 13 bis 15 stellt Elihu einige interessante Fragen und gibt bemerkenswerte Aussagen: „Wer hat ihm die Erde anvertraut? Wer den ganzen Erdkreis gegründet?“ Das sind zwei Fragen.
Hiob hat gesagt, Gott beugt mein Recht – das hat er wirklich gesagt. Jetzt fragt Elihu Hiob: Wer hat Gott die Erde anvertraut? Hast du Gott den Auftrag gegeben, auf diese Erde aufzupassen, und sagst: Ich komme doch nach einem Jahr und will das Ergebnis deines Aufpassens begutachten?
Wer sind wir eigentlich, dass wir meinen, wir müssten Gott vorschreiben oder Gottes Art, wie er auf die Erde, auf die Menschen, auf die Welt aufpasst, begutachten und bewerten?
Nun, wir können das machen, angenommen, wir haben zuhause einen Garten. Dann kann ich, weil das unser Garten ist – ob ich das Grundstück gekauft habe oder nur in Miete wohne, aber immerhin bezahle ich dafür – dort bestimmen. Ich sage meinem Sohn: „Du mähst mir den Rasen alle vierzehn Tage, und zwar sauber und auch rundherum die Ränder.“ Ich gebe ihm den Auftrag, dann habe ich auch das Recht, ihn nachher zu fragen: „Wie hast du die Arbeit gemacht? Komm, wir gehen und schauen uns das an. Das ist hier nicht ordentlich gemacht, da gehst du noch mal drüber.“
Haben wir Gott den Auftrag gegeben, auf die Erde aufzupassen? Wer dürfte Gott so Rechenschaft abverlangen und sagen: „Lege Rechenschaft ab, wie du die Arbeit erledigt hast!“?
Wir merken, dass das ein törichter, ein böser Gedanke ist.
Wer hat den ganzen Erdkreis gegründet? Ja, er, der den Erdkreis gegründet hat, er allein. Er allein hat das Recht darüber zu befinden, wie man mit dem Erdkreis oder der ganzen Welt verwaltet. Gott nämlich.
Gott hat ein Recht, den Menschen zu fragen, wie der Mensch sich auf der Erde verhält. Aber der Mensch hat kein Recht, Gott zu fragen, wie Gott auf die Welt aufpasst. Wahrlich nicht.
Zudem hätte Gott alles Recht, die Erde sich selbst und den Menschen sich selbst zu überlassen. Er hätte jedes Recht dazu.
Daran erinnert Elihu im Vers 14: „Wenn Gott sein Herz auf sich selbst richtete, seinen Geist und seinen Odem an sich zurückzöge, so würde alles Fleisch insgesamt vergehen und der Mensch zum Staub zurückkehren.“
Gott schuldete es uns nämlich nicht einmal, dass er auf uns aufpasst, für uns sorgt und uns erhält. Er könnte sich von uns zurückziehen, er hätte jedes Recht dazu, weil er der Schöpfer ist. Zweitens könnten wir ihm nicht einmal einen Vorwurf machen, weil wir ja von Gott schon oft gesagt haben: „Bleib mir vom Hals, lass mich ein bisschen in Ruhe.“ Dann könnte Gott sagen: „Gut, jetzt lasse ich dich in Ruhe, jetzt überlasse ich dich einmal dir selbst.“
Wenn Gott das täte, wie wäre es dann um uns bestellt? Hiob hat das zwei- bis dreimal gesagt: „Wenn Gott mich doch noch einmal allein ließe, er soll doch bitte einmal von mir wegschauen, mich einmal in Ruhe lassen.“ Ja, wenn Gott das wirklich getan hätte, wehe ihm, wehe uns.
„Gott tut uns Gutes, ohne dass er uns Gutes schuldet.“ Dafür haben wir Grund, Gott zu danken, und wir haben ganz sicher nicht Grund, Gottes Regierung, Gottes Wege, die er uns führt, zu tadeln.
Zudem regiert Gott mit vollkommenem Wissen. Das steht in den Versen 16 bis 30. Er weiß ganz genau, was er tut, während wir fast nichts wissen.
Das ist die zweite Rede Elihus, die zweite Antwort Elihus auf Hiobs Aussagen.
Dann die dritte Rede Elihus in Kapitel 35. Hiob hat mit seinen Worten gefragt (Vers 3): „Du fragst, was die Gerechtigkeit dir nütze, was gewinne ich mehr, als wenn ich gesündigt hätte? Ich will dir Worte erwidern und deinen Genossen mit dir.“
„Blicke zum Himmel und sieh, schau die Wolken an, sie sind höher als du.“ Die Schöpfung lehrt uns schon, die Weite der Schöpfung allein lehrt uns, dass Gott unendlich höher ist als wir.
„Wenn du sündigst, was tust du ihm an? Und mehren sich deine Übertretungen, was fügst du ihm zu? Wenn du gerecht bist, was gibst du ihm, oder was empfängt er aus deiner Hand?“
Gott ist wahrlich nicht auf uns angewiesen, wir sind aber auf Gott angewiesen. Wenn wir sündigen, wird Gott nicht ärmer, und wenn wir gerecht sind, wird Gott nicht reicher. Wir werden unendlich reicher, wenn wir uns diesem Gott unterwerfen.
So ist es völlig verkehrt, so zu urteilen und zu denken, wie es hier mit diesen Worten getan wurde, als ob Gott es uns schuldete, wenn wir gerecht sind, wenn wir ihm dienen, als ob uns Gott dann etwas schuldete. Also ob er uns jede Art von Mühsal beständig vom Leib halten müsste.
Woher kommen diese Ideen? Solche Gedanken haben wir. Wir meinen, Gott schulde es, dass er mir immer alles gibt, was ich gerne hätte, und dass er mir alles vom Leib hält, was mir widerwärtig ist. Er schuldet es uns nicht.
Daran erinnert Elihu Hiob, indem er ihm sagt: Wenn du sündigst, tust du Gott nichts an. Gott wird nicht ärmer durch deine Sünde. Und wenn du gerecht bist, gibst du Gott auch nichts. Gott wird nicht reicher durch deine Gerechtigkeit.
Paulus nennt an einer Stelle Gott den glückseligen Gott. Das ist eine auffällige Aussage, ein auffälliges Epitheton Gottes – der glückselige Gott.
Was will Paulus damit sagen? Im 1. Timotheus 1, Vers 11 heißt es: Er redet dort vom Evangelium der Herrlichkeit des glückseligen Gottes, welches mir anvertraut worden ist. Danach spricht er davon, wie Gott in seiner unbegreiflichen Gnade einen Verfolger, einen Gotteslästerer, gerettet und zu seinem Diener gemacht hat.
Paulus will sagen: Der Gott, der in sich selbst glückselig ist, dem nichts fehlt, hat in seiner unbegreiflichen Gnade mich gesucht, gerettet und in seinen Dienst gestellt. Ich konnte Gott damit nichts geben. Gott war auch ohne mich der glückselige Gott, dem nichts fehlt. Und doch hat er es getan. Was für ein Gott! Was für ein Gott! Und diesem will Paulus dienen.
Ganz ähnliche Gedanken hat hier Elihu, wo er Hiob sagt: Gott fehlt nichts, wirklich nichts. Er ist nicht auf uns angewiesen, er ist auch ohne uns der glückselige Gott, in sich vollkommen, in seiner Vollkommenheit in sich ruhend.
Dann sagt Elihu noch etwas in diesem gleichen Kapitel, in dieser Rede: Gott lässt sich nicht zum Diener unserer Wünsche machen, in den Versen 9 bis 16.
„Wegen der Menge der Bedrückung schreit man, man ruft um Hilfe wegen des Armes der Großen. Aber man spricht nicht: ‚Wo ist Gott, mein Schöpfer, der Gesänge gibt in der Nacht?‘“
Elihu sagt: Ja, die Hilfe Gottes, die will man, Gott soll helfen, aber man will nicht Gott selbst. Man fragt nicht: „Wo ist Gott, mein Schöpfer, der Gesänge gibt in der Nacht, der uns mehr belehrt als die Tiere der Erde und uns weiser macht als das Gevögel des Himmels?“
Gott hat den Menschen zu Höherem berufen als die Tiere. Bei den Tieren ist es ganz recht und angebracht, wenn sie nach Futter schreien, und dann gibt Gott ihnen das Futter. Die Raben schreien, und er stopft ihnen etwas in den Schnabel. Nun, die Menschen dürfen Gott auch darum bitten: „Gib uns unser tägliches Brot.“ Aber Gott hat den Menschen auch Höheres gelehrt: dass er Gott dient und Gott sucht um Gottes Willen, nicht um seines Willen.
Er belehrt uns mehr als die Tiere der Erde.
Dann schreit man wegen des Hochmuts der Bösen, aber Gott antwortet nicht auf Eitles. Gott hört nicht, und der Allmächtige schaut es nicht an. Er lässt sich nicht zum Diener unserer Wünsche machen.
Dass Gott Gott ist und uns nichts schuldet, gehört zur grundlegendsten Erkenntnis über unser Verhältnis zu Gott.
Man könnte das Thema des Buches Hiob auch so knapp zusammenfassen: Das Buch Hiob lehrt uns, Gott ist Gott.
Dann die vierte Rede Elihus, die Kapitel 36 und 37. Ich habe mir zu diesen beiden Kapiteln als Überschrift gesetzt: Elihu rechtfertigt Gott. Er gibt Gott ein weiteres Mal die Ehre.
Elihu fuhr fort und sprach: „Herr ein wenig, und ich will dir berichten. Dennoch sind Worte da für Gott. Ich will mein Wissen von weit her holen und meinem Schöpfer Gerechtigkeit geben, denn wahrlich, meine Worte sind keine Lüge, ein an Wissen Vollkommener ist bei dir.“
„Siehe, Gott ist mächtig, und doch verachtet er niemanden, mächtig an Kraft und Verstand.“ Hier haben wir eine Äußerung der Liebe Gottes.
Gott ist mächtig, Gott ist allmächtig, und doch verachtet er niemanden.
Elihu hat bereits gesagt, Gott ist allmächtig und doch beugt er das Recht nicht – Allmacht und Recht.
Hier sagt er: Gott ist allmächtig und doch verachtet er niemanden – Allmacht und Liebe.
Gottes Allmacht ist mit vollkommener Liebe verknüpft.
Wir wissen, dass es beim Menschen ganz anders ist: Je mächtiger ein Mensch wird, desto mehr schaut er auf die anderen herab und bläst die an, die ihm nichts bedeuten: „Wer bist du? Weg! Du bist mir jetzt lästig, weg!“
So sind Menschen.
Die Römer waren vielleicht die genialsten Verwalter und Erhalter von Macht. Sie waren wirklich Genies – das römische Weltreich, keines hielt so lange und hatte so große Ausdehnung wie dieses Reich. Sie verstanden wirklich etwas von Macht, Macht aufbauen, Macht erhalten.
Die Römer sagten es in der typischen Weise des lateinischen Menschen, der Lateiner, die ja Verwalterseelen waren: „Aquila non captat muscas.“ Punkt. Der Adler fängt keine Fliegen. Der Adler gibt sich mit solchem Geschmeiß nicht ab. Punkt, fertig, alles klar.
Gott ist nicht so. Gott ist nicht wie wir Menschen. Gott ist erhabener als wir, seine Gedanken sind höher als unsere Gedanken.
Er, der Allmächtige, der uns nicht nötig hat, und er, der Ursache hätte, uns zu verachten – Sünder und Rebellen –, er, der Allmächtige, verachtet niemanden.
Was für ein Gott! Ein allmächtiger Gott, der von unendlicher Liebe ist, ja, von dem wir im 1. Korintherbrief sogar lesen, dass er gerade das Schwache erwählt, gerade das Törichte erwählt.
Wie anders ist Gott in seiner Allmacht von vollkommener Liebe!
So widerlegt Elihu einmal mehr Hiob, der gesagt hatte, Gott sei sein Feind, Gott suche jetzt sein Unglück.
Nein, Gott ist nicht dein Feind, Hiob, er ist der Einzige, der dich vom Anfang bis zum Ende liebt.
Dann redet Elihu wieder davon, dass Gottes Züchtigungen zum Heil sind, in den Versen 8 bis 15. Das zeigt wiederum, dass Gott Liebesabsichten hat.
In den Versen 20 bis 26, genauer Kapitel 36, Verse 22-24, haben wir die Summe von Elihus Belehrungen: „Siehe, Gott handelt erhaben in seiner Macht. Wer ist ein Lehrer wie er? Wer hat ihm seinen Weg vorgeschrieben? Wer dürfte sagen: ‚Du hast Unrecht getan‘? Gedenke daran, dass du sein Tun erhebst, welches Menschen besingen.“
Gott handelt erhaben in seiner Macht. Er ist erhaben, souverän, steht über uns. Er handelt so, dass wir es nicht verstehen und nicht begreifen. Gleichzeitig – und das hat Elihu wiederholt gesagt – ist er ein Lehrer. Wer ist ein Lehrer wie er?
Ein Lehrer beherrscht den Stoff und kann ihn so weitergeben, dass die Schüler ihn begreifen. Ein guter Lehrer kann jedem Schüler den Stoff genau so beibringen, wie er es nötig hat. Bei einigen muss man etwas hart sein, bei anderen sehr geduldig und freundlich. Jeder ist verschieden, und es gibt keinen Lehrer, der mit jedem Schüler fertig wird. Aber Gott wird mit jedem fertig.
Gott ist ein Lehrer, der Sünder lehren kann. Ein Sünder ist jemand, der von Natur aus beständig verdrehte und verkehrte Gedanken über Gott hat, dessen Herz voller Anschläge gegen Gott ist.
Gott versteht solche zu lehren, wer er ist, und nicht nur das, sondern auch, wie wir sind, so zu lehren, dass wir gerne das, was er sagt, annehmen, uns dem unterwerfen und es uns aneignen.
Was für ein Lehrer! Wer ist ein Lehrer wie er? Er ist auch der Lehrer Hiobs.
Dann erinnert Elihu noch einmal daran: Niemand darf Gott seinen Weg vorschreiben. Darum darf auch niemand sagen: „Du hast Unrecht getan.“
Unsere Sache muss sein: „Gedenke daran, dass du sein Tun erhebst, welches Menschen besingen.“ Das ist unsere Aufgabe, diesen Gott und seine Wege zu besingen und zu rühmen, auch wenn wir manches nicht verstehen.
Wir wissen: Gott ist der Haben, Gott ist allmächtig, dabei ist er gerecht, dabei ist er Liebe, und dabei ist er um solche wie uns besorgt, lehrt uns, führt uns und vollendet uns.
Und mit einem Mal, scheinbar unvermittelt und zunächst ganz unpassend, redet Elihu vom Wetter. Wirklich? Vom Wetter? Von Wolken, Regen, Blitz, Donner und Wind.
Wir lesen in Vers 25 und einige Verse weiter: „Alle Menschen schauen es an, der Sterbliche erblickt es aus der Ferne. Siehe, Gott ist so erhaben für unsere Erkenntnis, die Zahl seiner Jahre ist unerforschlich. Denn er zieht Wassertropfen herauf vom Dunst, den er bildet, träufen sie als Regen. Die Wolken rieseln und tropfen lassen auch viele Menschen. Versteht man gar das Ausbreiten des Gewölks, das Krachen seines Zeltes? Siehe, er breitet sein Licht um sich aus und die Gründe des Meeres bedeckte er. Denn durch dieses Recht der Völker gibt er Speise im Überfluss. Seine Hände umhüllt er mit dem Blitz, und er entbietet ihn gegen denjenigen, den er zwingt. Sein Rollen kündigt ihn an, sogar das Vieh sein Heranziehen.“
Wir lesen hier vom Donner, vom Blitz und auch vom Sturm.
Was will Elihu damit sagen? Warum wechselt er scheinbar ganz unmotiviert das Thema?
Nein, es ist kein Themawechsel, sondern eine Veranschaulichung, eine Illustration.
In der Schöpfung erkennen wir Gottes Weisheit, in der Schöpfung erkennen wir Gottes Macht. An der Schöpfung sehen wir, wie Gott alles vollkommen regiert.
Dann stellt Elihu einige Fragen, vier Fragen nämlich, innerhalb seiner Beschreibung von Gottes Werken in der Schöpfung.
Vers 29: „Versteht man das Ausbreiten des Gewölks?“ Ja, wir können zwar schon einiges über Luftfeuchtigkeit, Temperaturwechsel, Kondensation und so weiter sagen, aber warum sich Wasser so verhält und nicht anders, wissen wir nicht.
Wir wissen nicht einmal, warum es Wind gibt. Wir wissen zwar schon, dass Druck ausgeglichen wird, aber warum gleichen sich nicht irgendwann alle Gegensätze aus? Das müsste ja normalerweise passieren, dass alle Gegensätze sich ausgleichen und dann hört es auf mit Wind und Sturm. Aber es hört nicht auf.
Niemand kann erklären, warum Winde entstehen und warum es Winde gibt. Das sind große Rätsel. Man versucht, es zu erforschen.
Wir schauen es an und müssen froh sein, wenn wir das Wetter für ein, zwei Tage einigermaßen vorhersagen können. Das ist das Allermeiste, was wir können.
Aber wir stehen doch völlig ahnungslos da und können einfach zur Kenntnis nehmen, was da läuft. Einen verregneten Sommer müssen wir einfach hinnehmen.
Verstehst du all das hier?
Dann fragt er im Kapitel 37, Vers 15: „Weißt du, Hiob, wie Gott das macht?“ Und dann im Vers 18: „Kannst du, Hiob?“ Das sind alles Fragen an Hiobs Gewissen.
Wenn wir das nicht einmal erklären können – die Naturabläufe, wie das alles zusammenhängt, aufeinander abgestimmt ist und was letztlich all das bewegt –, wie wollen wir dann die weit größeren Mysterien von Sünde, Licht und Finsternis, Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit verstehen? Wie wollen wir das verstehen?
Das müssen wir Gott überlassen und ihm vertrauen in einer Welt, in die wir die Sünde hereingeholt haben.
Wie er eine solche Welt gerecht lenken kann und nicht nur gerecht, sondern hieraus seine Liebe offenbaren kann und am Ende das Böse überwinden kann und Sünder zur Herrlichkeit führen kann – wie Gott das kann, ist ein gigantisches Rätsel, unergründlich und unbegreiflich.
Darum steht uns nichts anderes zu, als diesen großen Gott anzubeten – und ganz sicher nicht Fragen zu stellen, warum er das jetzt zugelassen hat und was das wieder soll. Das ist einfach böse Rede, und davor bewahre uns Gott.
Hier sagt Elihu etwas ganz Interessantes im Vers 32. Ich habe immer gedacht, entweder ist das falsch übersetzt oder da stimmt etwas nicht.
Was sagt er in Vers 32? „Seine Hände umhüllt er mit dem Blitz.“ Wir hätten es doch lieber umgekehrt: Gott umhüllt den Blitz mit seinen Händen. Hätten wir es doch lieber, dass er seine Hände um den Blitz legt und uns der Blitz nichts Böses tun kann.
Aber Elihu sagt es genau umgekehrt: Der Blitz ist draußen, und die Hand ist drinnen.
So geht es uns meistens wie Hiob. Hiob hat das Wohl gesehen und an sich gespürt, wie diese Not ihn wie ein Blitz getroffen hat, wie ein Donnerkeil in sein Leben einschlug.
Und wenn Hiob gebannt ist, starrt er auf den Blitz.
Elihu sagt ihm: „Siehst du denn nicht, Gottes Hand ist im Blitz? Das ist ja Gottes Hand, die Hand dessen, der allmächtig ist, die Hand dessen, der gerecht ist, die Hand dessen, der unbegreifliche Liebe ist.“
Wohl uns, wenn Gott uns die Ohren öffnen kann und die Augen, dass wir seine Hand sehen und seine Stimme hören.
Dort, wo der Sünder und der, der Gott trotzt, nur Lärm hört, nur ein Krachen, nur Finsternis und Schrecken wahrnimmt, dort sieht der Heilige Gottes Hand, die alles lenkt.
So sagt Elihu im Kapitel 37, Vers 1 und 2: „Ja, darüber erzittert mein Herz und bebt auf von seiner Stelle. Hört, hört das Getöse seiner Stimme!“
Gott gebe uns Ohren, seine Stimme zu hören, auch im Wetter, auch wenn Gott uns heimsucht im Wetter, im Sturm.
„Hört, hört das Getöse seiner Stimme!“
Der Herr Jesus sagt im Neuen Testament: „Glückselig die Ohren, die hören.“ Und Salomo sagt im Buch der Sprüche: „Ein hörendes Ohr und ein sehendes Auge – beide hat der Herr gemacht.“
Das soll uns lehren, dass wir Gott darum bitten: „Gib uns hörende Ohren und sehende Augen.“
Kapitel 37, Vers 14: „Nimm dies zu Ohren, Hiob, stehe und betrachte die Wunder Gottes.“ Also hören und sehen.
Sieh die Wunder Gottes, sieh Gott in diesen Wundern, sieh seine Hand.
Die Aussagen mit dieser Beschreibung von Gottes Werken in der Schöpfung, Gottes Wirken im Wetter, im Sturm, im Gewitter, dann stellt er diese Fragen in den Versen 15, 16, 18:
„Weißt du, wie Gott sie belädt und leuchten lässt den Blitz eines Gewölks? Verstehst du dich auf das Schweben der Wolke, auf die Wundertaten des an Wissen Vollkommenen, du dessen Kleider heiß werden, wenn das Land schwül wird von Süden her? Kannst du gleich ihm das Himmelsgewölbe ausbreiten, fest wie ein gegossener Spiegel?“
Ich sagte ganz zu Beginn, dass Elihu ein Mittler ist. Er erfüllt hier die Rolle eines Mittlers.
Tatsächlich kann Elihu Hiob genau dorthin bringen und dort stehen lassen, wo Gott einsetzt.
Denn dort, wo Gott redet, redet Gott aus dem Sturm – steht in Kapitel 38 genau von dem, was das Thema von Elihus letzten Worten war.
Kapitel 38, Vers 1: „Der Herr antwortete Hiob aus dem Sturm.“
Mit einem Mal hört Hiob Gottes Stimme, wo er sie vorher nicht gehört hatte.
Gott redet genauso wie Elihu von seinen Werken in der Schöpfung und stellt auch an Hiob Fragen: „Kannst du? Weißt du? Wo warst du?“
Es ist wirklich bemerkenswert, wie Elihu es verstand, Hiob genau dahin zu bringen, wo Gott ihn haben wollte.
Das lässt uns natürlich einmal mehr an den vollkommenen Mittler denken, denn das kann wirklich nur einer vollkommen: unser Herr Jesus Christus.
Er hat uns an der Hand genommen, er ist es, der uns lehrt, und er ist es, der uns zu Gott führt.
Ich möchte mit den letzten Sätzen Elihus aus Kapitel 37, Verse 23 und 24 schließen:
„Den Allmächtigen, den erreichen wir nicht, den Erhabenen an Kraft, und das Recht und der Gerechtigkeit Fülle beugt er nicht. Darum fürchten ihn die Menschen, er sieht keine an, die weisen Herzen sind.“
Also die, die meinen, es besser zu wissen und sich einbilden: „Doch, ich weiß, doch ich verstehe, doch ich kann“ – die sieht Gott nicht an.
Wer aber bekennt: „Nein, ich weiß nicht, ich verstehe nicht, ich kann nicht, aber du, oh Gott, du kannst, du weißt, du verstehst, lehre du mich,“ den wird Gott lehren.
Hauptaussage der ersten Rede Elihus: Gott will zu Hiob reden
Die erste Rede Elihus in Kapitel 33 hat eine zentrale Hauptaussage, die sehr interessant ist. Das Allerwichtigste, was Elihu Hiob klarmacht, ist folgendes: Gott versucht die ganze Zeit, zu dir zu reden. Gott will zu dir sprechen – genau darum geht es.
Im Kapitel 33 lesen wir bereits die Verse 8 bis 12. Ich zitiere noch einmal Vers 12 sowie die Verse 13 und 14:
„Siehe, darin hast du nicht recht, antworte ich dir, denn Gott ist erhabener als ein Mensch. Warum haderst du wieder mit ihm? Denn über all sein Tun gibt er keine Antwort.“
Hier wird also deutlich, dass Gott keine Erklärung für sein Tun gibt. Über all sein Handeln schweigt er. Doch wir müssen auf das „doch“ achten, denn darum geht es im Kern: Gott redet auf seine Weise zu Hiob, und zwar auf zwei verschiedene Arten, ohne dass man das sofort bemerkt.
Gott versucht die ganze Zeit, zu dir zu reden – zu Hiob zu reden. Sein Reden ist heilbringend, sein Reden ist Leben, sein Reden ist ein Segen. Anschließend nennt Elihu zwei grundsätzlich verschiedene Arten, wie Gott zum Menschen spricht. Zuerst redet Gott durch seine Güte, danach redet Gott durch seine Strenge. Er spricht, indem er dem Menschen Gutes tut, und er spricht auch, indem er dem Menschen Schweres widerfahren lässt.
Die Verse 15 bis 18 beschreiben das Reden Gottes in seiner Güte:
„Im Traum, im Nachtgesicht, wenn tiefer Schlaf die Menschen befällt, im Schlummer auf dem Lager, dann öffnet er das Ohr der Menschen und besiegelt die Unterweisung, die er ihnen gibt.“
Stellen wir uns vor, wir liegen im warmen, weichen Bett, wo es uns so wohl ist wie nirgendwo sonst. Dort, in der dunklen Kammer, in der Horizontale liegend, genießen wir Ruhe. Wie schön ist das! Und gerade dort redet Gott schon – durch seine Güte.
Paulus fragt im Römerbrief, ob wir nicht merken, dass die Güte Gottes uns zur Einsicht bringen will. Das, was Elihu hier sagt, gilt sowohl für den Sünder als auch für den Gerechten. Gott will auch zu den Gerechten reden – durch seine Güte, durch seine Freundlichkeit, durch seine tägliche Fürsorge und durch alles Gute, das er tut.
Doch wir haben es an uns, langsam taub zu werden für Gottes Reden. Gott will aber zu uns sprechen, denn sein Reden ist unser Leben. Wenn Gott nicht mehr zu uns redet, wenn er uns gegenüber verstummt, dann sind wir wie diejenigen, die in die Grube hinabfahren. Das sagt ein Heiliger, nämlich David.
Psalm 28, Vers 1 lautet:
„Zu dir, Herr, rufe ich, mein Fels; wende dich nicht schweigend von mir ab, damit ich nicht denen gleich sei, die in die Grube hinabfahren.“
Das ist das Schlimmste, was uns passieren kann: dass Gott nicht mehr redet und wir seine Stimme nicht mehr hören. Das Schlimmste!
Gott redet also, damit er seine Seele zurückhält von der Grube – so steht es in Hiob 33, Vers 18.
Dann folgt die zweite Art des Redens Gottes: durch Drangsal, durch Not und durch Leiden (Verse 19 und folgende):
„Auch wird er gezüchtigt mit Schmerzen aus seinem Lager und mit beständigem Kampf in seinen Gebeinen. Sein Leben verabscheut das Brot, seine Seele die Lieblingsspeise; sein Fleisch zehrt ab, dass man es nicht mehr sieht, entblößt seine Knochen, die nicht gesehen wurden. Seine Seele nähert sich der Grube und sein Leben den Würgern.“
Manch einer hat das erlebt und erfahren. Dann hat Gott einen Ausleger gesandt, der ihn auf diesem Weg bereitet, um Gottes Stimme zu hören. „Wenn es nun für sie einen Gesandten gibt, einen Ausleger, einen aus Tausend.“
Das ist die erste Rede Elihus. Damit sagt er etwas ganz anderes als die Freunde Hiobs: Gott will zu dir reden. Nicht, dass Gott dich straft oder dass du gesündigt hast. Nein, Gott will zu dir reden, weil sein Reden dein Leben ist.
Zweite Rede Elihus: Gottes gerechtes Handeln und unsere Unwissenheit
Dann die zweite Rede Elihus in Kapitel 34. Er greift dort wieder auf das zurück, was Hiob gesagt hat. Hiob hatte gesagt, Gott habe ihm sein Recht entzogen. Daraufhin tadelt Elihu Hiob wegen dieser Worte und weist sie zurück.
In den Versen 10 bis 12 erklärt er ihm Gottes Regierung und seinen Umgang mit den Menschen. Alles, was Gott über die Menschen verhängt, geschieht immer in vollkommener Gerechtigkeit. Darum hört mir zu, ihr Männer von Verstand: Fern sei von Gott Gesetzlosigkeit, und der Allmächtige sei frei von Unrecht.
Das ist schon sehr bedeutend. Wie dankbar sind wir, dass das wahr ist – dass der Allmächtige das Recht nicht beugt! Wir Menschen haben uns daran gewöhnt, dass in dieser Welt oft der Stärkere Recht hat. Auf Englisch sagt man knapp und klar: "Might is right" – die Macht hat Recht.
Was der Allmächtige tut, ist immer rechtens, und der Schwächere kann sich dagegen nicht wehren. Gott ist allmächtig. Er könnte mit uns verfahren, wie er wollte, und das Recht beugen. Wer könnte Gott dafür strafen? Es müsste jemand Allmächtiger als der Allmächtige sein, wollte er das tun.
Doch Gott beugt das Recht nicht und tut niemandem Unrecht. Wahrlich, Gott handelt nicht gesetzlos, und der Allmächtige beugt nicht das Recht.
In den Versen 13 bis 15 stellt Elihu einige interessante Fragen und macht bemerkenswerte Aussagen. Er fragt: Wer hat Gott die Erde anvertraut? Wer hat den ganzen Erdkreis gegründet? Das sind zwei Fragen.
Hiob hatte gesagt, Gott beuge sein Recht – das hat er tatsächlich gesagt. Nun fragt Elihu Hiob: Wer hat Gott den Auftrag gegeben, die Erde zu bewachen? Hast du Gott gesagt: „Bitte pass auf diese Erde auf, ich komme in einem Jahr zurück und will dann das Ergebnis deiner Aufsicht begutachten“?
Wer sind wir eigentlich, dass wir meinen, Gott vorschreiben zu müssen, wie er auf die Erde, die Menschen und die Welt achtet? Wir könnten das nur tun, wenn wir selbst Herr über etwas wären.
Nehmen wir an, wir haben einen Garten zu Hause. Weil es unser Garten ist – egal ob gekauft oder gemietet, aber wir bezahlen dafür – bestimmen wir, wie dort gearbeitet wird. Ich kann meinem Sohn sagen: „Du musst alle vierzehn Tage den Rasen mähen, sauber und auch die Ränder ordentlich schneiden.“ Ich gebe ihm den Auftrag. Dann habe ich auch das Recht, ihn zu fragen: „Wie hast du die Arbeit gemacht? Komm, wir schauen uns das an.“ Wenn es nicht ordentlich ist, muss er es noch einmal machen.
Doch haben wir Gott den Auftrag gegeben, auf die Erde aufzupassen? Wer hat ihm die Erde anvertraut? Wer dürfte Gott Rechenschaft abverlangen und sagen: „Jetzt lege Rechenschaft ab, wie du deine Arbeit erledigt hast“?
Wir merken, dass das ein törichter und böser Gedanke ist.
Wer hat den ganzen Erdkreis gegründet? Derjenige, der den Erdkreis gegründet hat, allein hat das Recht, darüber zu bestimmen, wie man mit der Erde und der Welt umgeht – Gott nämlich.
Gott hat das Recht, den Menschen zu fragen, wie sie sich auf der Erde verhalten. Aber der Mensch hat kein Recht, Gott zu fragen, wie er auf die Welt achtet. Wahrlich nicht.
Zudem hätte Gott jedes Recht, die Erde und die Menschen sich selbst zu überlassen. Er hätte das Recht dazu.
Daran erinnert Elihu im Vers 14: Wenn Gott sein Herz auf sich selbst richtete, seinen Geist und seinen Odem an sich zurückzöge, so würde alles Fleisch insgesamt vergehen, und der Mensch kehrte zum Staub zurück.
Gott schuldet es uns nicht einmal, dass er auf uns aufpasst, für uns sorgt und uns erhält. Er könnte sich von uns zurückziehen und hätte jedes Recht dazu, weil er der Schöpfer ist.
Zweitens könnten wir ihm keinen Vorwurf machen, weil wir oft genug gesagt haben: „Bleib mir vom Hals, lass mich ein bisschen in Ruhe.“ Dann könnte Gott sagen: „Gut, jetzt lasse ich dich in Ruhe, jetzt überlasse ich dich einmal dir selbst.“
Wenn Gott das täte, wie wäre es dann um uns bestellt?
Hiob hat das zwei- bis dreimal gesagt: Wenn Gott mich doch noch einmal allein ließe, er solle doch bitte einmal von mir wegschauen, mich einmal in Ruhe lassen.
Ja, wenn Gott das wirklich täte, wehe uns!
„Gott tut uns Gutes, ohne dass er uns Gutes schuldet.“ Dafür haben wir Grund, Gott zu danken. Und wir haben ganz sicher keinen Grund, Gottes Regierung oder die Wege, die er uns führt, zu tadeln.
Zudem regiert Gott mit vollkommenem Wissen. Das steht in den Versen 16 bis 30. Er weiß ganz genau, was er tut. Wir aber wissen fast nichts.
Das ist die zweite Rede Elihus oder die zweite Antwort Elihus auf Hiobs Aussagen.
Dritte Rede Elihus: Gottes Unabhängigkeit von menschlichem Verhalten
Dann die dritte Rede, Elihus, Kapitel 35. Hiob hat mit seinen Worten gefragt, Vers 3: "Du fragst, was die Gerechtigkeit dir nütze, was gewinne ich mir, als wenn ich gesündigt hätte."
Ich will dir Worte erwidern und deinen Genossen mit dir. Blicke zum Himmel und sieh, schau die Wolken an, sie sind höher als du. Die Schöpfung lehrt es uns schon. Die Weite der Schöpfung allein zeigt uns, dass Gott unendlich höher ist als wir.
Wenn du sündigst, was tust du ihm an? Und mehren sich deine Übertretungen, was fügst du ihm zu? Wenn du gerecht bist, was gibst du ihm, oder was empfängt er aus deiner Hand? Gott ist wahrlich nicht auf uns angewiesen, wir aber sind auf Gott angewiesen.
Wenn wir sündigen, wird Gott nicht ärmer, und wenn wir gerecht sind, wird Gott nicht reicher. Wir werden unendlich reicher, wenn wir uns diesem Gott unterwerfen.
So ist es völlig verkehrt, so zu urteilen und zu denken, wie es hier mit diesen Worten und Äußerungen getan wurde, als ob Gott es uns schuldete, wenn wir gerecht sind, wenn wir ihm dienen. Als ob uns Gott dann etwas schuldete. Also, als ob er es uns schuldete, uns jede Art von Mühsal beständig vom Leib zu halten. Schuldet uns Gott das?
Woher kommen denn diese Ideen? Solche Gedanken haben wir. Wir meinen, Gott schuldet es, dass er mir immer alles gibt, was ich gerne hätte, und dass er mir alles vom Leib hält, was mir widerwärtig ist. Er schuldet es uns nicht.
Daran erinnert Elihu den Hiob, indem er ihm sagt: Wenn du sündigst, dann tust du Gott nichts an. Gott wird nicht ärmer durch deine Sünde. Und wenn du gerecht bist, dann gibst du Gott auch nichts. Gott wird nicht reicher durch deine Gerechtigkeit.
Paulus nennt an einer Stelle Gott den glückseligen Gott. Das ist eine ziemlich auffällige Aussage, ein auffälliges Epitheton Gottes, der glückselige Gott. Was will Paulus damit sagen?
1. Timotheus 1,11: Er redet da vom Evangelium der Herrlichkeit des glückseligen Gottes, welches mir anvertraut worden ist. Danach spricht er davon, wie Gott in seiner unbegreiflichen Gnade einen Verfolger, einen Gotteslästerer, gerettet und zu seinem Diener gemacht hat.
Paulus will also sagen: Der Gott, der in sich selbst glückselig ist, dem nichts fehlt, hat in seiner unbegreiflichen Gnade mich gesucht, gerettet und in seinen Dienst gestellt. Ich konnte Gott damit nichts geben. Gott war auch ohne mich der glückselige Gott, dem nichts fehlt, und doch hat er es getan. Was für ein Gott! Was für ein Gott! Und diesem will Paulus dienen.
Ganz ähnliche Gedanken hat hier Elihu, wo er dem Hiob sagt: Gott fehlt nichts, wirklich nichts. Er ist nicht auf uns angewiesen. Er ist auch ohne uns der glückselige Gott, in sich vollkommen, in seiner Vollkommenheit in sich ruhend.
Dann sagt Elihu noch etwas in diesem gleichen Kapitel, in dieser gleichen Rede: Gott lässt sich nicht zum Diener unserer Wünsche machen, in den Versen 9 bis 16.
Wegen der Menge der Bedrückung schreit man, man ruft um Hilfe wegen des Armes der Großen. Aber man spricht nicht: Wo ist Gott, mein Schöpfer, der Gesänge gibt in der Nacht?
Wie Elihu sagt: Ja, die Hilfe Gottes, die wollte man, Gott soll helfen, Gott soll helfen, aber man wollte nicht Gott selbst. Aber man fragt nicht: Wo ist Gott, mein Schöpfer, der Gesänge gibt in der Nacht, der uns mehr belehrt als die Tiere der Erde und uns weiser macht als das Gevögel des Himmels?
Gott hat den Menschen zu Höherem berufen als die Tiere. Bei den Tieren ist es ganz recht und angebracht, wenn sie schreien nach Futter, und dann gibt ihnen Gott das Futter. Die Raben schreien, und er stopft ihnen etwas in den Schnabel.
Nun, die Menschen dürfen Gott auch darum beten: Gib uns unser tägliches Brot. Aber Gott hat den Menschen auch Höheres gelehrt, dass er Gott dient und Gott sucht um Gottes Willen, nicht um seines Willen.
Er belehrt uns mehr als die Tiere der Erde. Dann schreit man wegen des Hochmuts der Bösen, aber er antwortet nicht. Auf nur Eitles hört Gott nicht, und der Allmächtige schaut es nicht an. Er lässt sich nicht zum Diener unserer Wünsche machen.
Dass Gott Gott ist und uns nichts schuldet, gehört zur grundlegendsten Erkenntnis über unser Verhältnis zu Gott. Ja, man könnte das Thema des Buches Hiob auch so in dieser ganz knappen Aussage zusammenfassen: Das Buch Hiob lehrt uns, Gott ist Gott.
Vierte Rede Elihus: Gottes Allmacht, Liebe und Weisheit in der Schöpfung
Dann folgt die vierte Rede Elihus in den Kapiteln 36 und 37. Als Überschrift habe ich für diese beiden Kapitel gewählt: Elihu rechtfertigt Gott. Er gibt Gott erneut die Ehre.
Elihu fuhr fort und sprach: „Herr, gib mir nur ein wenig Zeit, und ich will dir berichten. Dennoch gibt es Worte für Gott. Ich will mein Wissen von fern herholen und meinem Schöpfer Gerechtigkeit geben. Wahrlich, meine Worte sind keine Lüge; ein an Wissen Vollkommener ist bei dir. Siehe, Gott ist mächtig und verachtet doch niemanden, der mächtig an Kraft des Verstandes ist.“
Hier haben wir eine Äußerung der Liebe Gottes. Gott ist mächtig, ja allmächtig, und doch verachtet er niemanden. Elihu hat bereits gesagt, dass Gott allmächtig ist und dennoch das Recht nicht beugt – Allmacht und Recht. Und hier sagt er: Gott ist allmächtig und verachtet niemanden – Allmacht und Liebe. Gottes Allmacht ist mit vollkommener Liebe verbunden.
Wir wissen jedoch, dass es beim Menschen ganz anders ist. Je mächtiger ein Mensch wird, desto mehr schaut er auf andere herab und behandelt diejenigen schlecht, die ihm nichts bedeuten. „Wer bist du? Weg! Du bist mir jetzt lästig, weg!“ So sind Menschen.
Die Römer waren vielleicht die genialsten Verwalter und Erhalter von Macht. Sie waren wirklich Genies. Das römische Weltreich – keines hielt so lange und hatte eine so große Ausdehnung wie dieses Reich. Sie verstanden wirklich etwas von Macht: Macht aufbauen und Macht erhalten.
Die Römer sagten es auf ihre typische Weise, die lateinische: „Aquila non captat muscas.“ Der Adler fängt keine Fliegen. Der Adler gibt sich mit solchem Geschmeiß nicht ab. Punkt. Fertig. Alles klar.
Gott ist nicht so. Gott ist nicht wie wir Menschen. Gott ist erhabener als wir, seine Gedanken sind höher als unsere Gedanken. Er ist der Allmächtige, der uns nicht nötig hat. Er hätte allen Grund, uns zu verachten – Sünder und Rebellen. Doch der Allmächtige verachtet niemanden.
Was für ein Gott! Ein allmächtiger Gott, der von unendlicher Liebe ist. Ja, im ersten Korintherbrief lesen wir sogar, dass er gerade das Schwache und das Törichte erwählt. Wie anders ist Gott in seiner Allmacht von vollkommener Liebe!
So widerlegt Elihu einmal mehr Hiob, der gesagt hatte: „Gott ist mein Feind, Gott sucht mein Unglück.“ Nein, Gott ist nicht dein Feind, Hiob. Er ist der Einzige, der dich vom Anfang bis zum Ende liebt.
Dann spricht Elihu erneut davon, dass Gottes Züchtigungen zum Heil sind (Verse 8 bis 15). Das zeigt wieder, dass Gott Liebesabsichten hat.
In den Versen 20 bis 26, also Kapitel 36, Verse 22-26, sehen wir die Zusammenfassung von Elihus Belehrungen: „Siehe, Gott handelt erhaben in seiner Macht. Wer ist ein Lehrer wie er? Wer hat ihm seinen Weg vorgeschrieben? Wer dürfte sagen: ‚Du hast Unrecht getan‘? Gedenke daran, dass du sein Tun erhebst, welches Menschen besingen.“
Gott handelt erhaben in seiner Macht. Er ist souverän und steht über uns. Er handelt so, dass wir es nicht immer verstehen oder begreifen können. Gleichzeitig, und das hat Elihu wiederholt betont, ist er in seinem Handeln auch ein Lehrer.
Wer ist ein Lehrer wie er? Ein Lehrer beherrscht nicht nur den Stoff, sondern kann ihn auch so weitergeben, dass die Schüler ihn verstehen. Ein guter Lehrer passt sich jedem Schüler an. Bei manchen muss man etwas strenger sein, damit sie lernen. Bei anderen braucht man viel Geduld und Freundlichkeit.
Jeder ist verschieden, und es gibt keinen Lehrer, der mit jedem Schüler fertig wird. Aber Gott wird mit jedem fertig. Gott ist ein Lehrer, der Sünder lehren kann.
Ein Sünder ist jemand, der von Natur aus verdrehte und verkehrte Gedanken über Gott hat, dessen Herz voller Anschläge gegen Gott ist. Doch Gott versteht es, solche zu lehren, wer er ist. Er lehrt uns nicht nur, Gott zu erkennen, sondern auch, uns dem zu unterwerfen und das, was er sagt, anzunehmen.
Was für ein Lehrer! Wie er das fertigbringt – wer ist ein Lehrer wie er? Er ist auch der Lehrer Hiobs.
Elihu erinnert noch einmal daran: Niemand darf Gott seinen Weg vorschreiben. Deshalb darf niemand sagen: „Du hast Unrecht getan.“ Unsere Aufgabe ist es, zu bedenken, dass wir sein Tun erheben sollen, das Menschen besingen.
Es ist unsere Aufgabe, diesen Gott und seine Wege zu rühmen, auch wenn wir manches nicht verstehen. Doch wir wissen: Gott ist der Haben, Gott ist allmächtig, gerecht und voller Liebe. Er ist um solche wie uns besorgt, lehrt uns, führt uns und vollendet uns.
Gottes Wirken in der Schöpfung als Illustration seiner Weisheit und Macht
Und mit einem Mal, scheinbar unvermittelt und zunächst ganz unpassend, redet Elihu vom Wetter. Wirklich? Vom Wetter? Von Wolken, von Regen, von Blitz, Donner und Wind.
Wir lesen in Vers 25 und einige Verse weiter, dass alle Menschen es anschauen. Der Sterbliche erblickt es aus der Ferne. Siehe, Gott ist so erhaben über unsere Erkenntnis, die Zahl seiner Jahre ist unerforschlich. Denn er zieht Wassertropfen herauf, vom Dunst, den er bildet, träufeln sie als Regen. Die Wolken rieseln und tropfen und lassen auch viele Menschen regnen. Versteht man gar das Ausbreiten des Gewölks, das Krachen seines Zeltes? Siehe, er breitet sein Licht um sich aus und bedeckt die Gründe des Meeres. Denn durch dieses Recht der Völker gibt er Speise im Überfluss. Seine Hände umhüllt er mit dem Blitz, und er entbietet ihn gegen denjenigen, den er zwingt. Sein Rollen kündigt ihn an, sogar das Vieh spürt sein Heranziehen.
Also lesen wir hier vom Donner, vom Blitz und auch vom Sturm. Nun, was will Elihu damit sagen? Warum wechselt er scheinbar ganz unmotiviert das Thema? Nein, es ist kein Themawechsel, sondern eine Veranschaulichung, eine Illustration. In der Schöpfung erkennen wir Gottes Weisheit, in der Schöpfung erkennen wir Gottes Macht. An der Schöpfung sehen wir, wie Gott alles vollkommen regiert.
Dann stellt Elihu einige Fragen, nämlich vier, innerhalb seiner Beschreibung von Gottes Werken in der Schöpfung. In Vers 29 heißt es: Versteht man das Ausbreiten des Gewölks? Ja, jetzt können wir zwar schon einiges sagen über Luftfeuchtigkeit, Temperaturwechsel, Kondensation und so weiter, aber warum sich Wasser so verhält und nicht anders, das wissen wir trotzdem nicht. Wir wissen es nicht.
Wir wissen nicht einmal, warum es Wind gibt. Wir wissen zwar schon, dass Druck ausgeglichen wird und so weiter, aber warum gleichen sich nicht irgendwann alle Gegensätze aus? Das müsste ja normalerweise passieren, dass alle Gegensätze sich ausgleichen und dann hört es auf mit Wind und Sturm. Aber es hört nicht auf. Niemand kann erklären, warum Winde entstehen und warum es Winde gibt. Das sind große Rätsel. Man versucht es zu erforschen.
Wir schauen es an und müssen froh sein, wenn wir das Wetter für ein, zwei Tage einigermaßen vorhersagen können. Das ist das Allermeiste, was wir können. Aber wir stehen doch völlig ahnungslos da und können einfach zur Kenntnis nehmen, was da läuft. Und einen verregneten Sommer müssen wir einfach hinnehmen. Verstehst du all das hier?
Nachher fragt er im Kapitel 37, Vers 15: Weißt du, Hiob, wie Gott das macht? Und dann im Vers 18: Kannst du, Hiob? Das sind doch alles Fragen an Hiobs Gewissen. Wenn wir nicht einmal die Naturabläufe erklären können, wie das alles zusammenhängt, aufeinander abgestimmt ist und was letztlich all das bewegt – ja, wie wollen wir dann die weit größeren Mysterien von Sünde, von Licht und Finsternis, von Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit und deren Wechselwirkungen verstehen?
Das müssen wir doch Gott überlassen und ihm vertrauen. In einer Welt, in die wir die Sünde hereingeholt haben, wie kann er eine solche Welt gerecht lenken? Und nicht allein gerecht, sondern hieraus seine Liebe offenbaren, am Ende das Böse überwinden und Sünder zur Herrlichkeit führen? Wie Gott das kann, ist ein gigantisches Rätsel, unergründlich und unbegreiflich.
Darum steht uns nichts anderes zu, als diesen großen Gott anzubeten und ganz sicher nicht Fragen zu stellen wie: Warum hat Gott das jetzt zugelassen? Was soll das jetzt wieder? Solches Reden ist einfach böse, und davor bewahre uns Gott.
Hier sagt Elihu etwas ganz Interessantes in Vers 32. Ich habe immer gedacht, entweder ist das falsch übersetzt oder irgendwie stimmt etwas nicht, die Sache ist verkehrt. Was sagt er in Vers 32? „Seine Hände umhüllt er mit dem Blitz.“ Wir hätten es doch lieber umgekehrt: Gott umhüllt den Blitz mit seinen Händen. Hätten wir doch lieber, dass er seine Hände um den Blitz legt, damit uns der Blitz nichts Böses tun kann.
Aber Elihu sagt es nun einmal genau umgekehrt: Der Blitz ist draußen und die Hand ist drinnen. Ja, es geht uns meistens wie dem Hiob. Hiob hat das wohl gesehen und an sich gespürt, wie diese Not ihn wie ein Blitz getroffen hat, wie ein Donnerkeil in sein Leben einschlug. Und wird gebannt, starrt er auf den Blitz.
Elihu sagt ihm: Siehst du denn nicht, Gottes Hand ist im Blitz? Das ist ja Gottes Hand – die Hand dessen, der allmächtig ist, die Hand dessen, der gerecht ist, die Hand dessen, der unbegreifliche Liebe ist. Wohl uns, wenn Gott uns die Ohren öffnen und die Augen öffnen kann, dass wir seine Hand sehen und seine Stimme hören.
Dort, wo der Sünder und der, der Gott trotzt, nur Lärm hört, nur ein Krachen, nur Finsternis und Schrecken wahrnimmt, dort sieht der Heilige Gottes Hand, die alles lenkt.
So sagt Elihu in Kapitel 37, Vers 1 und 2: „Ja, darüber erzittert mein Herz und bebt auf von seiner Stelle. Hört, hört das Getöse seiner Stimme!“ Gebt uns, Gott, Ohren, um seine Stimme zu hören – auch im Wetter, auch wenn Gott uns heimsucht im Wetter, im Sturm. Hört, hört das Getöse seiner Stimme!
Der Herr Jesus sagt im Neuen Testament: „Glückselig die Ohren, die hören.“ Und Salomo sagt im Buch der Sprüche: „Ein hörendes Ohr und ein sehendes Auge – beide hat der Herr gemacht.“ Ja, das soll uns lehren, dass wir Gott darum bitten: Gib uns hörende Ohren und sehende Augen.
In Kapitel 37, Vers 14 sagt er: „Nimm dies zu Ohren, Hiob, stehe und betrachte die Wunder Gottes.“ Also hören und sehen. Sieh die Wunder Gottes, sieh Gott in diesen Wundern, sieh seine Hand.
Mit dieser Beschreibung von Gottes Werken in der Schöpfung, Gottes Wirken im Wetter, im Sturm, im Gewitter, stellt er diese Fragen in den Versen 15, 16 und 18: Weißt du, wie Gott sie belädt und leuchten lässt den Blitz eines Gewölks? Verstehst du dich auf das Schweben der Wolke, auf die Wundertaten des an Wissen vollkommenen? Du, dessen Kleider heiß werden, wenn das Land schwül wird von Süden her? Kannst du gleich ihm das Himmelsgewölbe ausbreiten, fest wie ein gegossener Spiegel?
Nun, ich sagte ganz zu Beginn, dass Elihu ein Mittler ist. Er erfüllt hier die Rolle eines Mittlers. Und tatsächlich kann Elihu Hiob genau dorthin stellen, wo Gott ihn haben wollte. Denn dort, wo Gott redet, redet Gott aus dem Sturm.
In Kapitel 38, Vers 1 heißt es: „Der Herr antwortete Hiob aus dem Sturm.“ Mit einem Mal hört Hiob Gottes Stimme, wo er sie vorher nicht gehört hatte. Und Gott redet genauso wie Elihu von seinen Werken in der Schöpfung und stellt auch an Hiob Fragen: Kannst du? Weißt du? Wo warst du?
Es ist wirklich bemerkenswert, wie Elihu es verstand, Hiob genau dahin zu bringen, wo Gott ihn haben wollte. Und das lässt uns natürlich einmal mehr an den vollkommenen Mittler denken. Denn das kann wirklich nur einer vollkommen: unser Herr Jesus Christus. Er hat uns an der Hand genommen. Er ist es, der uns lehrt, und er ist es, der uns zu Gott führt.
Schlusswort: Gottes Erhabenheit und unsere Haltung
Ich möchte mit den letzten Sätzen Elihus aus diesem Kapitel schließen, den Versen 23 und 24:
Den Allmächtigen erreichen wir nicht, den Erhabenen an Kraft. Er beugt sich nicht vor dem Recht und der Fülle der Gerechtigkeit. Darum fürchten ihn die Menschen; er sieht niemanden an, auch nicht die mit weisen Herzen.
Diejenigen, die meinen, es besser zu wissen und sich einbilden: „Doch ich weiß, doch ich verstehe, doch ich kann“, die sieht Gott nicht an. Wer aber bekennt: „Nein, ich weiß nicht, ich verstehe nicht, ich kann nicht, aber du, oh Gott, du kannst, du weißt, du verstehst, lehre du mich“, den wird Gott lehren.