Einführung in das Thema und biblischer Hintergrund
Für heute Abend ist das Thema der Heilige Geist und sein Wirken. Da wir Pfingsten haben, ist das ein sehr passendes Thema. Ich lese ein paar Verse aus der Apostelgeschichte, Kapitel 1. Wer eine Bibel hat, kann gerne mitlesen. Ich lese die Verse 1 bis 4 und dann noch Vers 8, der unser Schlüsselvers sein soll.
Die Apostelgeschichte wurde übrigens von Lukas geschrieben. Er ist derselbe Mann, der auch das Lukasevangelium verfasst hat. Lukas war der einzige Nichtjude, ein Heide, der im Neuen Testament geschrieben hat. Interessanterweise hat er vom Volumen her am meisten geschrieben, nämlich 27 Kapitel im Neuen Testament. Im Evangelium hat er beschrieben, was Jesus getan hat bis zu seinem Sterben und seiner Auferstehung. In der Apostelgeschichte schreibt er, was Jesus weiterhin tut – von seiner Auferstehung, Himmelfahrt und Pfingsten bis heute.
Dort lesen wir: „Den ersten Bericht habe ich verfasst, Theophilus, von allem. Der erste Bericht war das Evangelium von allem, was Jesus angefangen hat zu tun und zu lehren, bis zu dem Tag, an dem er in den Himmel aufgenommen wurde“ – Christi Himmelfahrt. Das war zehn Tage nach Pfingsten, nachdem er den Aposteln, die er sich auserwählt hatte, durch den Heiligen Geist Befehl gegeben hatte. Diesen Aposteln hat er sich auch nach seinem Leiden am Karfreitag in vielen sicheren Kennzeichen lebendig dargestellt.
Das ist ein interessanter Satz: „In vielen sicheren Kennzeichen als lebendig dargestellt.“ Ich bin im Bergrettungsdienst tätig und komme oft in Situationen, in denen jemand abgestürzt ist. Leider sind viele tot, andere können wir noch retten. Wenn man jemanden sieht, der tot zu sein scheint, und plötzlich macht die Person die Augen auf und sagt: „Ich bin da, hast du was zu trinken?“, dann ist man sich nicht mehr so sicher. Man schaut noch einmal genau hin und überprüft, ob die Person wirklich lebt. Wie viele Kennzeichen braucht man, um sicher zu wissen, dass jemand lebt? Nur eines.
Interessant ist, dass Jesus uns viele sichere Kennzeichen gegeben hat, dass er lebt. Wisst ihr warum? Das ist der springende Punkt. Wenn wir nicht glauben, dass er heute lebt, dann ist das ganze Treffen sinnlos. Das ist der Schlüssel. Darum gab er uns viele sichere Kennzeichen, dass er lebt.
Ich lese weiter: Vierzig Tage lang, zwischen Ostersonntag und Christi Himmelfahrt, ist er mit ihnen umhergegangen. Er hat sich von ihnen sehen lassen und über die Dinge geredet, die das Reich Gottes betreffen. Als er mit ihnen versammelt war, befahl er ihnen, sich nicht von Jerusalem zu entfernen, sondern auf die Verheißung des Vaters zu warten, die sie von ihm gehört hatten – das Pfingsten.
In Vers 8 sagt er zu seinen Jüngern: „Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist. Und ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und in Samaria und bis an das Ende der Welt.“
Die Bedeutung von Apostelgeschichte 1,8: Kraft, Zeugnis und Auftrag
Er sagte ihnen hier drei Dinge in diesem Vers 8. Bevor er in den Himmel fährt, gab er den Jüngern folgende Anweisung: Wartet in Jerusalem. Denn in zehn Tagen – es sind nicht hier, aber es waren tatsächlich zehn Tage – werdet ihr die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, wenn er über euch kommt.
Ihr werdet Kraft empfangen, dann werdet ihr meine Zeugen sein. Ihr werdet Zeugen sein in Jerusalem, in Judäa, in Samaria und bis an das Ende der Welt. Drei Dinge also: Erstens, ihr werdet Kraft empfangen. Das heißt, ihr erhaltet die Befähigung für den Dienst.
Freunde, wenn wir als Christen leben wollen, dann brauchen wir das: die Befähigung, die Kraft des Heiligen Geistes. Immer wieder begegnet uns der Missionsbefehl, den wir alle kennen, im letzten Kapitel des Matthäus. Dort sagt Jesus am Ende – und das kennen wir alle auswendig, zumindest diejenigen, die ab und zu in die Kirche gehen:
Jesus spricht im Vers 18: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden, darum geht und macht zu Jüngern alle Völker usw.“ Mir ist alle Macht gegeben, und darum geht.
Und in Apostelgeschichte 1,8 sagt er: „Und ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch kommt.“ Da ist der Auftrag: Geht! Und dann die Befähigung: seine Kraft, umzugehen.
Wenn die Jünger zu diesem Zeitpunkt etwas brauchten, dann war es Kraft von oben. Denn nur ein paar Wochen zuvor hatten alle Jünger erbarmungslos versagt. In der Nacht, als Jesus verraten wurde. Wir wissen, was geschehen ist: Judas, einer der Zwölf, hat ihn verraten. Petrus folgte Jesus aus der Ferne und verleugnete ihn dreimal, dass er ihn überhaupt kennt. Johannes sah von weitem zu, wie wir in Matthäus 27 lesen. Und alle anderen Jünger sind überhaupt abgehauen. Alle haben versagt.
Übrigens: Wenn du erkennst, dass du total versagt hast, ist das der beste Moment, um den Heiligen Geist zu empfangen.
Es ist interessant, dass wir hier zwei verschiedene Worte im Griechischen haben. In Matthäus 28 lesen wir: „Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden.“ Dieses Wort „Macht“ ist das griechische Wort „exousia“. Es heißt so viel wie „Macht durch Autorität“. So wie ein Polizist in seiner Uniform eine gewisse Autorität hat – das ist exousia.
Aber das ist noch nicht Kraft. Der Polizist könnte ein ziemlich Schwächling sein – das gibt es auch. Und wenn ein großer Mann daherkommt, denkt er sich: Da habe ich keine guten Karten.
In Apostelgeschichte 1, wenn er sagt: „Ihr werdet Kraft empfangen“, ist das ein anderes Wort. Es ist das Wort „dynamis“. Davon haben wir das Wort „Dynamit“, „dynamisch“ oder „Dynamo“. Und das bedeutet Kraft, schiere Kraft.
Nun, was ist der Unterschied zwischen exousia (Macht) und dynamis (Kraft)? Ich will es anhand einer Geschichte erklären.
Unterschied zwischen Macht und Kraft: Eine persönliche Erfahrung
Ich war vor ein paar Jahren auch ein Freund und Bergführerkollege von jemandem, der mit mir nach Amerika fuhr. Dort habe ich in verschiedenen Städten gepredigt, unter anderem in Colorado und dann in Seattle. In Seattle lebt ein lieber Freund von mir, der dort Pfarrer in einer relativ großen Kirche ist.
Dort habe ich ein paar Tage gepredigt. An einem Nachmittag haben wir frei gemacht und beschlossen, in die Berge zu fahren. Das Tal heißt Alpenthal, und dort wollten wir Schneeschuhwandern. Der Pfarrer heißt Richard. Dort gibt es extrem viel Schnee – so viel Schnee haben wir in Österreich seit mindestens zwanzig Jahren nicht mehr gesehen.
In diesen zwei, drei Tagen sind etwa zwei Meter Neuschnee gefallen. Mein Freund, der Hanse, der Bergführerkollege, und ich haben uns schon gedacht, dass das, was wir dort tun, ziemlich gefährlich ist. Lawinengefahr besteht, weil das unser Beruf ist – wir sind Bergführer und auch in der Bergrettung tätig. Bei uns gehen auch Lawinen ab, und wir haben schon einige Freunde dabei verloren.
Ich dachte mir aber, dass Richard sich wohl auskennt, also sind wir losgezogen. Wir sind ein Stück gelaufen, als uns plötzlich eine Frau entgegenkam. Sie war total aufgelöst und schrie, dass eine Lawine abgegangen sei und ihre Freunde unter der Lawine verschüttet seien.
Wir sind dann, wie in der Bergrettung üblich, sofort losgelaufen. Es war ungefähr eine Stunde Fußmarsch in das Tal hinein, bis wir an die Stelle kamen, wo die Lawine abgegangen war. Dort waren, glaube ich, vier oder vielleicht auch sechs Leute. Wir waren hilflos, saßen herum und wussten nicht, was wir tun sollten.
Hanse und ich hatten das zwar gelernt und wussten, wie man vorgeht. Wir organisierten die sechs Leute, rissen Teller von den Stöcken ab, um Sonden zu improvisieren, denn wir hatten fast nichts dabei. Wir hatten wenig Kraft, kein Material, keine richtigen Sonden, kein Peilsendergerät und nur eine Schaufel.
Trotzdem hatten wir Autorität, und die Leute machten genau, was wir sagten. Aber uns fehlte die Kraft, die Dynamik und die Ausrüstung. Autorität ohne Kraft ist hilflos.
Die Bergrettung aus der Gegend kam erst eineinhalb Stunden später. Die Rettungsmannschaft schickte uns sofort weg, was auch in Ordnung war, denn sie übernahmen die weitere Suche. Ich wollte ihnen noch erklären, wo ich vermutete, dass die Verschütteten sind, aber sie sagten nur: "Verschwindet, wir machen das weiter."
Also gingen wir weg, aber wir blieben in der Nähe und beobachteten, was sie machten. Dabei fiel uns auf, dass sie erstens sehr spät kamen, zweitens unorganisiert waren und keine Strategie hatten. Außerdem war ein dummer Hund dabei.
Wir sahen, dass sie so niemals die Verschütteten finden würden. Tatsächlich fanden sie die Verschütteten erst zehn Tage später – natürlich tot.
Es war interessant: Hätten wir damals alle Ausrüstung gehabt – super Sonden, moderne Geräte, gute Schaufeln –, hätten wir zwar die Kraft gehabt, aber keine Autorität mehr. Kraft ohne Autorität ist lebensgefährlich.
Ein anderes Beispiel ist Al-Qaida. Diese Organisation hat absolut keine Verfassung, keinen Auftrag und keine Autorität. Trotzdem verfügen sie über viel Kraft (Dunamis). Ein Anruf genügt, um eine Stadt zu evakuieren. Sie haben viel Kraft, auch wenn sie keine Autorität besitzen.
Die Verbindung von Auftrag und Kraft im christlichen Leben
Wisst ihr, warum ich so gerne Christ bin? Das kann ich ehrlich sagen – nicht heuchlerisch oder um geistlich zu klingen. Ich bin gerne Christ aus einem Grund: Weil Jesus Christus nicht nur mein Herr ist, der mir den Auftrag gibt, etwas zu tun, sondern weil er mir auch die Kraft gibt, diesen Auftrag zu erfüllen.
Er ist nicht nur Exusia, der sagt: „Geh hin!“ Er ist auch Dunamis: „Ich gebe euch Kraft, wenn der Heilige Geist über euch kommt.“ Jesus sagt: „Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden.“ Er ist der König aller Könige, es gibt keine größere Autorität im Himmel und auf Erden.
Viele von uns glauben das, auch wenn wir nur wissen, dass Jesus alle Autorität hat. Aber wenn wir nichts von seiner Kraft, Dunamis, kennen, dann stellen wir fest, dass wir extrem kraftlos sind. Freunde, ich treffe heute viele kraftlose Christen. Sie glauben an Jesus und anerkennen die Macht und Autorität Jesu, aber sie haben noch nie die Kraft Jesu erfahren. Sie glauben nicht an den Auferstandenen und an die Kraft der Auferstehung.
Christus ist nicht nur unser Herr, sondern er hat uns auch die Kraft, die Dunamis, den Heiligen Geist gegeben, damit wir tun können, was er von uns fordert. Darum darfst du die Herrschaft Jesu Christi in deinem Leben niemals von der Kraft des Heiligen Geistes trennen. Sonst bist du ein kraftloser Christ, und das ist extrem frustrierend.
Denn dann hören wir dauernd, was wir tun sollen, und ich weiß im Voraus schon: Ich kann es sowieso nicht. Der Heilige Geist in uns befähigt uns, das zu tun, was Jesus Christus als unser Herr uns befiehlt.
Ich möchte es praktisch machen: Was fällt bei dir in der kommenden Woche an? Es kann sein, wo immer du herkommst – ich weiß es ja nicht – dass du jemandem vergeben musst, und es fällt dir unheimlich schwer. Du weißt: Mein Herr hat mir geboten zu vergeben, aber ich schaffe es nicht.
Ich möchte dich daran erinnern: Jesus hat dir nicht nur das Gebot gegeben, zu vergeben, er gibt dir auch die Kraft, es zu tun. Geh zu Jesus und sag: „Herr, ich kann es nicht, aber du kannst.“
Vielleicht sollst du für einen Kranken beten, und du hast Angst davor, weil du es noch nie getan hast. Auch hier möchte ich dich daran erinnern: Du hast nicht nur das Gebot Jesu, für einen Kranken zu beten, er ist auch die Kraft, die dich dazu befähigt, es zu tun. Ob er ihn dann heilt oder nicht, das ist nicht deine Sache. Es liegt an uns, für andere zu beten.
Vielleicht sollst du zu deiner Frau oder deinem Mann die drei oder vier berühmten Wörter sagen: „Es tut mir leid.“ Und sie kommen nicht über deine Lippen. Dann möchte ich dich daran erinnern, dass Christus auch deine Kraft ist, das zu tun. Sonst bleibst du ein kraftloser Christ. Du weißt alles, aber nichts wird Realität im Leben.
Ich möchte dich heute an die Kraft Gottes erinnern, an sein Dunamis, an den Heiligen Geist. Wann immer der Herr Jesus dich beauftragt, etwas zu tun, ist der Heilige Geist immer treu, es in und durch uns auch zu vollbringen.
Darum brauchst du nie Angst haben, dass Gott etwas von dir fordert, weil er dich befähigen wird, es zu tun. Manchmal ist es ja so, dass wir gerade in unserer Schwachheit zum ersten Mal entdecken, dass Gott stark ist.
Paulus sagt: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“ Weil ich weiß: Ich kann es nicht, aber er muss es können.
Eine ermutigende Geschichte zur Abhängigkeit von Jesus
Ich habe da einen Zettel dabei gehabt und möchte etwas vorlesen. Es ist zwar auf Englisch, aber ich muss beim Lesen ein bisschen übersetzen. Der Text ist etwas holprig, aber das macht nichts. Es scheint eine wahre Geschichte zu sein.
In einer kleinen Kirche in Irland hat der Pfarrer eine Botschaft gepredigt. Er sagte die Worte: „Jesus bleibt in mir und ich in euch, denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“ Danach erklärte der Pfarrer, was das bedeutet. Es ist ganz einfach: Wir sagen in jeder Situation, „Dazu habe ich Jesus“, und Jesus antwortet, „Ja, dafür hast du mich.“
Während der Pfarrer den Brief vorlas, bekam eine Frau aus der Kirchengemeinde ein Telegramm. Der Pianist übergab es ihr. Das muss schon eine Weile her sein, denn damals gab es noch Telegramme. Auf dem Telegramm stand nur: „Mutter ist sehr krank, nimm den ersten Zug nach Hause.“
Als die Botschaft vorbei war, teilte die Frau das Programm mit den anderen Leuten. Sie sagte, sie sei noch nie alleine irgendwo hingereist, aber jetzt dachte sie: „Dazu habe ich Jesus.“ Sie musste den Zug um Mitternacht nehmen, aber auch dafür hatte sie Jesus. Sie musste über den Kanal fahren, auf der anderen Seite umsteigen und ganz in den Süden Englands reisen – aber auch dazu hatte sie Jesus.
Einige Wochen später kam ein Brief von dieser Frau, die zu ihrer verstorbenen Mutter gefahren war. Der Brief war ein einziger Lobpreis. Sie schrieb darin: „Als ich diese lange, schmerzvolle Reise auf mich nahm, sagte ich mir immer wieder: ‚Dazu habe ich Jesus‘, und er antwortete: ‚Dazu hast du mich.‘ Als ich nach Hause kam und in meinem Haus war, fiel mir meine Schwester weinend um den Hals. Sie sagte: ‚Wärst du nur zehn Minuten früher gekommen, dann hätte unsere Mutter dich noch gesehen.‘ Sofort wandte ich mich an Jesus und sagte: ‚Dazu habe ich Jesus.‘ Und er kam zu mir und tröstete mich in meinem Kummer.“
Die ganze Familie schaute immer auf sie für jede Entscheidung. Sie hatte so etwas noch nie getan, aber sie sagte sich: „Dazu habe ich Jesus“, und er sagte: „Dazu hast du mich.“
Seht ihr, es ist diese ganz praktische Abhängigkeit von Jesus, bei der wir aus seiner Kraft lernen zu leben. Die Jünger erkannten Jesus vor Pfingsten als Herrn an, aber sie wussten nichts von seiner Kraft – erst zu Pfingsten.
Das Ziel der empfangenen Kraft: Zeugnis sein
Das Zweite, was Jesus uns lehrt: Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist.
Nun Punkt zwei: Wozu empfangen wir diese Kraft? Ihr werdet meine Zeugen sein. Wozu bekommen wir also die Kraft des Heiligen Geistes? Damit wir Zeugen in dieser Welt sind.
Am Dauernhof haben wir einen ähnlichen Vortragsraum, in unserer Bibelschule etwas kleiner. In der Mitte ist ein Platz mit Kreuzen, und auf einer Seite steht der Vers Matthäus 16,18: Jesus spricht: „Ich werde meine Gemeinde bauen.“ Daneben habe ich Apostelgeschichte 1,8 stehen: „Ihr werdet meine Zeugen sein.“
Jesus baut seine Gemeinde, und wir sollen seine Zeugen sein, wir sollen es bezeugen. Er sagt nicht, dass wir am Freitagabend in der Jugendstunde Zeugnis geben sollen, so wie wir das oft verstehen. Er sagt: „Ihr werdet meine Zeugen sein.“
Die Frage ist nun: Bin ich ein guter oder ein schlechter Zeuge? Bin ich ein falscher oder ein wahrer Zeuge Jesu? Wenn du Christ bist, muss dir bewusst sein, dass du ein Zeuge Jesu bist. „Ihr werdet meine Zeugen sein.“
Die Frage ist nur: Bist du ein wahrer oder ein falscher Zeuge? Können Menschen von deinem Leben ablesen, dass es sich lohnt, mit Jesus zu leben? Oder lesen sie eher, dass sie das lieber nicht wollen?
Bevor ich vor 24 Jahren Hannelore geheiratet habe, hatte ich die Wahl, ob ich Ehemann sein möchte oder nicht. Am 4. Juli 1987, dem Unabhängigkeitstag von Amerika, wurde ich abhängig.
An diesem Tag wurde ich vor Zeugen gefragt, ob ich ihr Ehemann sein will, in guten und schlechten Tagen usw. Ich habe „Ja, ich will“ gesagt. Sie hat dasselbe gesagt.
Damals hatten wir Pfarrer Herkenrath aus Wuppertal, unseren Pfarrer. Er war ein netter Mann, ist aber schon gestorben. Seit dem 4. Juli 1987 habe ich nicht mehr die Wahl, ob ich als Ehemann agieren will oder nicht.
Ich kann nicht morgens aufstehen und sagen: „Was soll ich heute, als Ehemann sein?“ Nein, das geht nicht. Ich bin Ehemann, ob ich will oder nicht, ob es mir gefällt oder nicht.
Die Frage ist nur: Bin ich ein guter oder ein schlechter Mann? Ein liebender oder ein liebloser Ehemann?
Du bist Zeuge Jesu, ob du willst oder nicht. Die Tatsache, dass Christus in dir lebt, macht dich zum Christen. Die Frage ist nur, welche Art von Zeuge du bist.
Denn weißt du, so wie du lebst, ist ein Zeugnis dafür, was Jesus wert ist. Genauso wie ich über meine Frau rede, in ihrer Anwesenheit oder Abwesenheit, ist ein Spiegel dafür, wie viel mir die Ehe und meine Frau wert sind.
Können Menschen in deinem Leben ablesen, dass du zu Jesus gehörst und dass es sich lohnt? Oder ist dein Leben eher ein Zeichen dafür, dass ein Leben mit Jesus eigentlich nicht viel wert ist?
Ich kann mich erinnern: Ich bin als Fünfzehnjähriger Christ geworden. Es hat aber noch nicht so gut geklappt mit dem Christsein, weil ich es immer wieder aus eigener Kraft versucht habe. Das war sehr frustrierend und ich bin mehr oder weniger zurück in die Welt gegangen.
Ich wusste immer noch, dass Jesus da ist, aber ich sagte: „Du interessierst mich nicht.“ Ich habe als Kellner in einer Bar gearbeitet, immer zwischen sechs Uhr abends und vier Uhr früh.
Interessanterweise habe ich nie aufgehört, über Jesus zu reden, besonders nach dem fünften Bier. So um drei Uhr morgens habe ich mit ein paar Betrunkenen immer wieder über Jesus gesprochen.
Aber wenn ich zurückblicke, fällt mir auf, dass keiner der Typen, mit denen ich damals über Jesus geredet habe, ihm heute nachfolgt. Und ich weiß auch warum.
Weil sie gesehen haben, was dieser Typ mit Jesus kann – das können sie auch ohne Jesus. Um so ein Leben zu leben, brauchen sie keinen Jesus.
Warum konnten Menschen damals wenig von meinem Leben ablesen, auch wenn ich über Jesus redete? Weil ich nicht am Willen Gottes interessiert war. Ich war ein falscher Zeuge.
Es ist wichtig zu erkennen: Die Kraft des Heiligen Geistes steht nur für die Anliegen Gottes zur Verfügung, nicht für meine Selbstsucht.
Der Heilige Geist gibt mir seine Kraft nicht, um mein egoistisches Leben auszuleben. Da erfahre ich seine Kraft nicht. Aber sobald ich einen willigen Geist habe, erfahre ich seine Kraft, und es geschehen Dinge, die ich selbst nicht erklären kann.
Es kann sein, dass du weißt, dass du zu Jesus gehörst, aber du merkst nichts von seiner Kraft in deinem Leben. Dann möchte ich dich nicht verurteilen oder verdammen, sondern einfach als Bruder fragen: Könnte es sein, dass du am Willen Gottes eigentlich gar nicht interessiert bist, sondern nur an deinem eigenen?
Es macht mich auch traurig zu sehen, wie Christen so lieblos zusammenleben, manchmal sogar in einer Kirche. In den meisten Kirchen habe ich das große Privileg, von ganz konservativen bis zu charismatischen Kreisen dabei zu sein und sogar zu reden.
Ich sehe oft, dass sich die Leute innerhalb einer Kirche umarmen. Dort scheint wirklich Liebe zu sein. Aber interessant ist, dass es zwei Straßen weiter eine ganz andere Kirche gibt, in der man sich gar nicht umarmt.
Das ist kein Zeugnis. So wird die Welt nie erkennen, dass Jesus der Herr ist.
Wissen Sie was? Wir müssen anfangen, das Wort Jesus ernst zu nehmen. Nicht mehr nur darüber reden in Bibelstunden und in der Kirche und sagen: „Ja, ja, so ist es.“
Jesus hat mal gesagt: „Warum nennt ihr mich Herr, Herr, und tut nicht, was ich sage?“ Das ist Liebe.
Jesus sagt übrigens auch nicht: „Ihr werdet meine Theologen sein.“ Er sagt: „Ihr werdet meine Zeugen sein.“
Und ein Zeuge bezeugt ganz einfach, was er gesehen, gehört und erlebt hat. Das ist alles. Er ist ein Zeuge.
Die weltweite Ausbreitung des Zeugnisses
Also, erstens: Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist. Zweitens: Ihr werdet meine Zeugen sein. Drittens: Jetzt kommt die Strategie – in Jerusalem, in Judäa, in Samaria und bis an das Ende der Erde.
Wie wird Christus die Welt durch seine Gemeinde, die Kirche, erreichen? Was ist seine Vorgehensweise? Ich kann mir vorstellen, dass die zwölf Jünger mehr oder weniger bekannt waren in Jerusalem, weil sie dort öfter waren. Sie sind aufgefallen, denn Jesus ist aufgefallen. Die Menschen haben in den drei Jahren sicher bemerkt, dass die Jünger ziemlich normale Leute sind, wenn nicht sogar zum Teil unterdurchschnittlich.
Ich nehme an, den Jüngern wäre es wahrscheinlich lieber gewesen, wenn Jesus gesagt hätte: „Wisst ihr was, Jünger, ihr fangt mal in Rom an zu bezeugen, denn dort kennt euch niemand.“ In Jerusalem kannten sie sie inzwischen. Aber Jesus sagte zu seinen Jüngern: „Ihr werdet meine Zeugen sein – zuerst in Jerusalem, dann in Judäa, dann in Samaria und dann bis ans Ende der Welt.“
Ich kann mir gut vorstellen – das steht zwar nicht in der Bibel, aber ich denke, Jesus könnte Folgendes zu seinen Jüngern gesagt haben:
„Petrus, erinnerst du dich an das Mädchen, vor dem du mich verleugnet hast? Würdest du sie bitte suchen? Du erkennst sie wahrscheinlich noch an ihrem Tierklopfen. Sag ihr, dass du mich kennst. Johannes, du warst der Letzte, der in der Nähe vom Kreuz stand, bevor ich starb. Du hast den Hauptmann gesehen, der, als ich starb, gesagt hat: ‚Wahrhaftig, dieser war der Sohn Gottes.‘ Johannes, bitte suche diesen römischen Beamten und sage ihm, dass er Recht hat und dass ich auferstanden bin. Matthäus, du kennst die Orte, wo die Kriminellen sich treffen. Willst du hingehen? Dort findest du wahrscheinlich Barabbas. Sag ihm, dass ich lebe. Er versteht, dass ich einmal für ihn gestorben bin – oder besser gesagt, dass ich ein zweites Mal für ihn gestorben bin. Thomas, würdest du bitte zu den Soldaten gehen, die mich angespuckt und verspottet haben? Sag ihnen, dass ich sie liebe. Andreas, geh du zu den Soldaten, die meine Kleider unter sich aufgeteilt haben. Sag ihnen, dass ich sie gemeint habe, als ich sagte: ‚Vater, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.‘“
Das war ihr Jerusalem.
Eine Frage an dich: Was ist dein Jerusalem? Ich möchte dir 30 Sekunden Zeit geben, um darüber nachzudenken. Was ist dein Jerusalem? Es ist der Ort, wo man dich und dein Versagen am besten kennt.
Interessant: Ich predige auf der ganzen Welt, doch es fällt mir am schwersten, nächsten Sonntag wieder in meiner Kirchengemeinde zu predigen. Inzwischen ist es etwas besser als beim ersten Mal, als ich in meiner evangelischen Kirchengemeinde predigte – das war sehr schwer. Dort sitzen die Leute, die mich alle kennen. Es ist eine Bauergemeinde, eine Purismusgemeinde. Sie wissen, was für einen Blödsinn ich gebaut habe. Es sind ein paar Väter dabei, mit deren Töchtern ich zusammen war – und zwar nicht so, wie die Bibel es beschreibt. Und jetzt stehe ich auf der Kanzel und predige zu ihnen.
Mein erster Satz damals war: „Ihr alle kennt mich und wisst, was ich so getrieben habe. Ich möchte euch etwas sagen: Bitte glaubt von dem, was ihr wisst und gehört habt, kein einziges Wort, denn die Wahrheit ist doppelt so schlimm. Aber ich stehe hier als einer, der Vergebung hat, und es tut mir leid.“
Übrigens: Die vier Worte „Es tut mir leid“ gehören ins christliche Vokabular. Es genügt nicht, sie nur zu denken – man muss sie aussprechen.
Wisst ihr was? Wir Christen sind manchmal ein komisches Volk. Wir reden über die höchsten theologischen Erkenntnisse, aber zu dem, der neben uns sitzt, können wir nicht einmal sagen: „Es tut mir leid, irgendwas ist schiefgelaufen.“
Das ist unser Jerusalem. Dort beginnen wir, Zeugen zu sein.
Dann sagt Jesus aber nicht nur in Jerusalem, sondern auch in Judäa – das ist die Provinz, also über den Ort hinaus. Es kann sein, dass einige von euch in Vereinen sind, Fußballvereinen, Tanzvereinen oder christlichen Vereinen, völlig egal. Seid dort Zeugen.
Dann sagt er Samarien. Samarien war das angrenzende Nachbarland, und die konnten sich gegenseitig nicht leiden. Er sagte: „Ich möchte, dass ihr zu denen geht, die ihr nicht leiden könnt, und sie liebt. Seid Zeugen dort, wo ihr normalerweise nicht hingehen würdet.“
Ich habe mir am Wochenende auf dem Dünnenhof eine Geschichte angehört, die mir sehr im Gedächtnis geblieben ist. Ich habe zwei von euch davon am Tisch erzählt. Einer der Sprecher war Johannes Reime, den ich vorhin getroffen habe – ein netter Kerl. Er ist Professor für Theologie und unterrichtet irgendwo. Er ist in einer Kirchengemeinde in Deutschland eingebunden.
Sie haben festgestellt, dass in ihrer Ortschaft viele Kurden wohnen. Das sind nominale Moslems. Sie fragten sich: Wie können wir sie erreichen und mit dem Wort Gottes lieben? Jemand, der Moslem ist, wird nie in eine christliche Kirche gehen.
Sie dachten: Wir gehen zu diesen Kurden. Es gibt einen Vertreter dieser Kurdengruppe in verschiedenen Teilen Deutschlands. Sie gingen zu ihm und schlugen vor, gemeinsam einen Abend zu verbringen, einfach um sich kennenzulernen.
Ihr kocht kurdisches Essen, wir kochen deutsches Essen. Wir singen Lieder, ihr singt kurdische Lieder, wir singen deutsche Lieder – einfach zusammen.
Aus irgendeinem Grund dachten die Kurden: „Ja, warum nicht? Das sind ja ganz nette Leute, wenn sie uns schon einladen.“
Als es begann, sagte die Kurdenvertreterin zu Johannes: „Wenn du versuchst, auch nur einen zu bekehren, bekommst du Probleme.“ Er antwortete: „Nein, das ist nicht meine Absicht.“
Dann haben sie zusammen gegessen und sich ausgetauscht. Johannes erzählte ihnen die Geschichte der Kurden. Er hat studiert und berichtet, woher die Kurden kommen und dass ihr Land… Er begann von Anfang an: Es begann schon mit den Medern. Die Medern sind eigentlich die Vorfahren der Kurden. Und das war die zweite Gruppe in der Apostelgeschichte, in deren Sprache die Jünger das Evangelium hörten.
Die Meder, die später die Kurden wurden, nahmen Christus an. Das war eine christliche Nation. Marco Polo, als er durchfuhr, bezeugte, dass dieses Land ein christliches Land ist.
Johannes erzählte ihnen, dass sie ein von der Welt vergessenes Volk sind. Es sind Millionen Kurden, und sie haben kein eigenes Land. Er sagte, er fühle mit ihnen und erklärte: „Ihr wisst genau, warum ihr kein eigenes Land habt und wer daran beteiligt ist.“
Das war bewegend. Die Vertreterin kam heraus, nahm das Mikrofon und sagte: „Ich habe heute zum ersten Mal verstanden, dass wir keine Moslems sind.“
Vor ein paar Wochen haben sie den ersten Kurden getauft.
Seht ihr, diese Geschichte hat mich sehr motiviert, über unser konventionelles Evangelisieren und Missionieren hinauszugehen. Menschen einfach dort zu erreichen, wo sie sind – nicht dort, wo wir sie haben wollen.
Darum hat Jesus gesagt: „Ihr werdet meine Zeugen sein.“ Das heißt, Menschen lieben und sie ernst nehmen.
Und dann sagt er noch: „Bis ans Ende der Welt.“ Nicht jeder von uns kann bis ans Ende der Welt gehen, aber jeder von uns kann involviert sein – im Gebet, finanziell, durch Ermutigung, durch Zuspruch, indem man dem Missionar mal ein Paket schickt oder was auch immer, um ihn zu unterstützen.
Jeder Mensch ist ein Zeuge, jeder Christ ist ein Zeuge – vielmehr. Ein Christ, der kein Zeuge ist, ist wie ein Feuer, das nicht brennt. Das ist ein Widerspruch in sich selbst.
Man muss auch verstehen: Das Wort „Zeuge“ kommt von kirchlichen Worten wie „Märtyrer“ oder „Martyrus“. Wir dürfen nicht erwarten, dass wir als Zeugen immer umarmt und verstanden werden. Wir werden auch Ablehnung und Anfechtung erfahren. Aber das ist okay.
Bei uns ist es ja relativ angenehm. Bei uns wird keiner umgebracht, höchstens ausgelacht. Freunde, damit kann man leben.
Steht klar zu Jesus und liebt die Menschen.
Ich frage mich: Was sehen Menschen, wenn sie mich sehen? Ich rede von den Menschen da draußen – euren Nachbarn, ich habe keine Ahnung, wer euer Bürgermeister, euer Bäcker oder euer Metzger ist.
Was sehen sie, wenn du in ihr Geschäft kommst? Sehen sie einen weltfremden Evangelikalen oder jemanden, der die Welt liebt?
Das ist die Frage. Es ist gut, darüber nachzudenken, vor Jesus zu treten und ehrlich mit ihm darüber zu reden.
Schlussgebet und Dankbarkeit für die Kraft des Heiligen Geistes
Ich bete noch, lieber Vater, und danke dir für dein so gutes Wort. Ich danke dir, Herr, dass du nicht nur der bist, der alle Macht, Exusia, im Himmel und auf Erden besitzt, sondern dass du uns auch die Kraft des Heiligen Geistes, Dunamis, verliehen hast. So können wir den Auftrag leben, den du uns gegeben hast.
Du bist der, der den Auftrag gibt und uns befähigt, ihn zu erfüllen – Christus in uns. Ich danke dir dafür. Danke, dass ich nicht aus eigener Kraft versuchen muss, Zeuge zu sein. Nein, es ist die Kraft des Heiligen Geistes in mir.
So will ich lernen, Herr, in der Gemeinschaft mit dir zu leben und mich immer daran zu erinnern: Dazu habe ich Jesus. Von dir zu hören – ja, dazu hast du mich geschaffen. Und dann will ich aus dieser Gemeinschaft mit dir, aus dieser Gemeinsamkeit heraus mutig hinausgehen und Menschen lieben, so wie sie sind.
Herr, welch ein Vorrecht ist es, dich zu kennen, mit dir zu leben und dich lieben zu lernen. Darüber hinaus, und wegen dir, lernen wir, Menschen zu lieben. Uns zu lieben innerhalb der Gemeinde, die Nachbargemeinde, den Fußballklub und den Tanzverein anzunehmen, zu lieben, wertzuschätzen und Zeuge zu sein.
Herr, danke, dass du deine Gemeinde baust, und dass wir die Zeugen sein dürfen. Amen.