Wir haben in der letzten Woche eine neue Predigtserie begonnen, die sich durch das erste Buch Samuel zieht. In dieser Predigt haben wir gesehen, dass das Buch mit einer eher unbedeutenden und etwas überraschenden Familie beginnt: der Familie Elkarnas. Elkanah war ein Mann, der zwei Frauen hatte. Hanna, wohl seine erste Frau, konnte keine Kinder bekommen. Wahrscheinlich nahm er deshalb eine zweite Frau, Penina, mit der er mehrere Kinder hatte.
Wir lesen, dass Elkanah Hanna auf besondere Weise liebte. Doch Hanna litt sehr darunter, kinderlos zu sein. Zudem wurde sie von ihrer Nebenbuhlerin verspottet und verhöhnt. Wir haben gesehen, wie Hanna ihr Herz vor Gott ausschüttete. Sie kam zur Stiftshütte und betete dort. Dabei bat sie Gott um einen Sohn.
Hanna legte ein Gelübde ab und sagte: Wenn der Herr sie beschenken würde und sie, die Unfruchtbare, tatsächlich schwanger werden würde, dann würde sie ihren Sohn Gott zurückgeben. Ihr Sohn sollte sein Leben lang in der Stiftshütte dienen und Gott dienen.
Tatsächlich ist Gott ein Gott, der Gebete erhört. Er machte das Unmögliche möglich: Die Kinderlose, die Unfruchtbare, bekam einen Sohn. Am Ende des ersten Kapitels – und damit endete die Predigt letzte Woche – kommt Hanna zur Stiftshütte nach Jerusalem. Sie bringt ihren Sohn, den sie unter bitteren Tränen erbetenen Sohn, dem Herrn und übergibt dieses Kind an Gott.
Die Hingabe eines kostbaren Geschenks
Was denkst du, wie der Gemütszustand von Hanna in diesem Moment war? Jahre lang betete sie für dieses Kind, und dann schenkte Gott ihr diesen Sohn. Doch ihr Gelübde zwang sie dazu, das Kind, nachdem es entwöhnt war, in sehr jungen Jahren wieder herzugeben.
Manche Eltern können diese Situation vielleicht ein kleines bisschen nachvollziehen. Meine Frau Sarah und ich sind letzten Sommer mit unserer erstgeborenen Anna Maria nach Beatenberg gefahren, zur Bibelschule. Dort gaben wir Anna Maria im zarten Alter von siebzehn Jahren in die Obhut der Bibelschule.
Ich weiß nicht, ob ihr euch vorstellen könnt, wie Sarah und ich uns fühlten, als wir ohne dieses Kind wieder nach Hause fahren mussten. Einerseits freuten wir uns über den Weg, den Anna Maria gegangen ist und dass sie jetzt dort ist. Andererseits herrschte eine bedrückte Stimmung im Auto.
Hanna brachte ihren Sohn, der vielleicht drei Jahre alt war, nicht zu einer Bibelschule, von der er irgendwann zurückkehren würde, sondern zum Priester Eli in die Stiftshütte. Dort sollte dieser Sohn für den Rest seines Lebens bleiben.
Wie muss es Hanna ergangen sein? Was muss in ihrem Herzen in diesem Moment vorgegangen sein? Wir müssen nicht rätseln, denn die Bibel offenbart es uns.
Das führt uns zu unserem heutigen Predigttext: Ein Gebet der Hanna, ein Gebet an der Stiftshütte, als sie ihren geliebten Sohn dem Priester Eli anvertraute.
Das Lobgebet der Hanna: Freude am Herrn
Ich lese uns 1. Samuel 2, die ersten zehn Verse:
Hanna betete und sprach: „Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn, mein Haupt ist erhöht in dem Herrn, mein Mund hat sich weit aufgetan gegen meine Feinde, denn ich freue mich deines Heils. Es ist niemand heilig wie der Herr, außer dir ist keiner, und es ist kein Fels wie unser Gott.
Lasst euer großes Rühmen und Trotzen, freches Reden, nicht aus eurem Munde gehen, denn der Herr ist ein Gott, der es merkt, und vor ihm werden Taten gewogen.
Der Bogen der Starken ist zerbrochen, und die Schwachen sind umgürtet mit Stärke. Die, die satt waren, müssen um Brot dienen, und die Hungerlitten hungern nicht mehr.
Die Unfruchtbare hat sieben geboren, und die viele Kinder hatte, welkt dahin.
Der Herr tötet und macht lebendig, führt hinab zu den Toten und wieder herauf. Der Herr macht arm und macht reich, er erniedrigt und erhöht. Er hebt den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen aus der Asche.
Er setzt ihn unter die Fürsten und den Thron der Ehre, dass er ihn unter die Fürsten und den Thron der Ehre setzen und erben lasse.
Denn die Grundfesten der Welt sind des Herrn, und er hat die Erde darauf gesetzt. Er wird die Füße seiner Heiligen behüten, aber die Gottlosen sollen zunichte werden in Finsternis.
Denn viel Macht hilft doch niemandem, die mit dem Herrn hadern sollen zugrunde gehen. Der Höchste im Himmel wird sie zerschmettern.
Der Herr wird am Ende der Welt richten. Er wird Macht geben seinem König und erhöhen das Haupt seines Gesalbten.“
Nun, bevor wir dieses Loblied oder Lobgebet genauer betrachten, wollen wir gemeinsam zu Gott gehen in einem Bittgebet. Wir bitten ihn, dass er uns hilft, sein Wort besser zu verstehen.
Himmlischer Vater, so kommen wir zu dir im Gebet und bitten dich, dass du durch dein heiliges Wort zu uns sprichst. Danke, dass du diese Worte der Hanna inspiriert hast, dass ihre Worte deine Worte sind und dass du durch ihre Worte und durch dein Wort zu uns und zu unseren Herzen sprechen willst.
So bitten wir dich, dass du uns dein Wort aufschließt, dass es tief in unsere Herzen eindringt und so in uns einen demütigen und dankbaren Lobpreis bewirkt zu deiner Ehre. Amen.
Ihr habt hoffentlich alle ein Gottesdienstblatt bekommen. Darauf seht ihr, wie wir die Kernbotschaft dieser Predigt entfalten wollen.
Die Kernbotschaft zieht sich über vier Überschriften:
- Preis den einen wahren Gott des Heils und
- Demütige dich vor ihm,
- Denn er kann alles verändern, und
- Er wird alles richten durch seinen König und Messias.
Im ersten Abschnitt preisen wir den einen wahren Gott des Heils, das sind die Verse 1 und 2.
Im zweiten Abschnitt demütigen wir uns vor ihm, das ist Vers 3.
Im dritten Abschnitt sehen wir, dass er alles verändern kann, die Verse 4 bis 8.
Im vierten Abschnitt schließlich, dass er alles richten wird durch seinen König und Messias. Das sind die Verse 9 und 10.
Wir werden dabei sehen, wie dieses Gebet von einem sehr persönlichen Gebet der Hanna zu einem Gebet wird, das weit über ihre Situation hinausblickt – bis in unsere Zeit und darüber hinaus.
Freude an Gott statt an Umständen
Aber lasst uns anfangen bei dem Lobpreis der Hanna. Das sehen wir in den ersten beiden Versen. Wir hören, wie sie Gott lobt und preist. Dabei freut sie sich nicht vor allem an dem, was Gott ihr gegeben hat, nicht vor allem an ihrem Sohn, sondern an dem Gott selbst, der sie so beschenkt hat.
So beginnt dieser Vers: „Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn, ihr Lieben.“ Das ist vorbildlich. Ihr Sohn ist nicht zu ihrem Götzen geworden. Sie sagt nicht: „Mein Herz ist fröhlich an meinem Sohn.“ Sie freut sich am Herrn. Wichtiger als alle Gaben ist der Geber aller guten Gaben.
Sie gibt ihren Sohn, den unter Tränen erbetenen Sohn, hin und findet ihre Freude im Herrn. Ich wünsche mir, dass das mehr und mehr meine und unsere aller Herzenshaltung wird: dass wir unsere Freude finden nicht in Lebensumständen, sondern im Gott, der weit darüber steht. Das ist der biblische Auftrag an uns.
Wenn du da Inspiration brauchst, dann lies mal den Philippabrief. „Freut euch an dem Herrn alle Wege.“
Also Hanna, die vormals wegen ihrer Kinderlosigkeit so niedergebeugt war und die von ihrer Nebenbuhlerin Penina gedemütigt wurde, freut sich nun in dem Herrn. Sie kann nun ihr Haupt heben und der Penina sagen, wo es lang geht. „Mein Haupt ist erhöht“, betet sie in dem Herrn. „Mein Mund hat sich wieder weit aufgetan über meine Feinde, denn ich freue mich deines Heils.“ Sie freut sich über Gottes Heil. Ihr Haupt ist erhoben.
Und jetzt lobt sie Gott weiter. Sie schaut auf Gott und sagt: „Es ist niemand heilig wie der Herr, außer dir ist keiner, und kein Fels wie unser Gott ist.“ Was für ein wunderbarer Lobpreis! Der Herr allein ist heilig. Er allein ist heilig, er ist vollkommen, er ist doch vollkommen anders als alle anderen. Er ist ohne Sünde, er ist rein, er ist gut, er ist wunderbar.
Der Herr allein ist heilig, es ist niemand heilig wie der Herr. Und der Herr ist einzigartig, er allein ist Gott. Außer dir, außer ihm, außer Gott ist keiner. Sie schaut und sagt: Da ist nur einer, der anbetungswürdig ist – Gott allein! Und der Herr allein ist ein Fels, er ist unerschütterlich, bei ihm findet man Halt.
Ja, wenn wir auch das Gefühl haben, dass der Boden unter den Füßen verschwindet, auf dem Herrn können wir feststehen. Er allein ist ein Fels. Keiner, keiner, keiner ist wie der Herr. Nicht umsonst besteht der Refrain dieses Lobpreises aus drei Teilen: „Keiner ist heilig wie der Herr, da ist keiner wie der Herr, es ist kein Fels wie der Herr, unser Gott.“
Kennst du diesen einzigartigen Gott? Ich hoffe, du kannst mit einstimmen in diesen Lobkreis, egal wie deine Lebensumstände aussehen. Ich hoffe, du kannst mit einstimmen in diesen Lobkreis und so sagen: „Da ist keiner wie er, keiner ist wie du.“
So beginnt Hanna ihr Gebet. Sie schaut auf Gott und betet ihn an mit frohem Herz – inmitten dieser durchaus sicher schwierigen emotionalen Situation, in der sie ihren Sohn dem Herrn übergibt.
Warnung vor Stolz und falschem Rühmen
Und dann wendet sich Hanna in Vers drei Menschen zu, wie der Peniner. Für einen Moment in ihrem Gebet schaut sie nicht auf Gott, sondern quasi auf ihre Nebenbuhlerin und andere Menschen, die so sind wie sie. Menschen, die sie verspottet hatte, die sich gerühmt haben, die ihre eigenen Kinder hatten und gesagt haben: „Hanna, kann ich mir mal den Autositz für die Kinder ausleihen bei dir? Du hast ja gar keinen.“
„Lasst euer Großes nicht rühmen, und trotz freches Reden gehe nicht aus eurem Munde, denn der Herr ist ein Gott, der es merkt, und vor ihm werden Taten gewogen.“ Das ist eine harte Ermahnung, oder? Ist das eine Ermahnung, die du hören musst? Ich muss sie immer mal wieder hören.
Ich weiß, dass ich dazu neige, stolz zu sein. Ich weiß, wie leicht es für mich ist, mich der Dinge zu rühmen, die ich tue, die ich kann, die ich habe. Kennst du das? Und selbst wenn ich nicht gemein zu anderen rede, die weniger haben oder weniger sind in den Augen der Welt, ist mein Herz manchmal gar nicht so anders wie das der Peniner. Vielleicht kennst du das.
Wenn du durch die Stadt gehst oder vielleicht zur Gemeinde und an einem Bettler vorbeigehst, wie siehst du ihn? Jemanden, der minderwertig ist, dem du weit überlegen bist? Wie schaust du auf den, der dir intellektuell nicht gewachsen ist, der sozial nicht so gut drauf ist wie du, der nicht so viel hat, nicht so viel kann?
Ich wünschte, ich könnte von mir sagen und von uns als Gemeinde sagen, dass wir diese Ermahnung nicht nötig haben. Aber wenn wir ehrlich sind, müssen wir doch wohl zugeben, dass wir nicht frei sind von einer gewissen Arroganz, von einem falschen Stolz, vor dem hier eben gewarnt wird.
Manchmal zeigt sich dieser Stolz in ganz anderen Dingen. Zum Beispiel darin, dass wir in bestimmten Situationen erst mal nicht im Gebet zu Gott gehen, weil wir meinen: Das kriegen wir schon selber hin. Das ist mir beim Schreiben dieser Predigt wieder bewusst geworden. Wie leicht es ist, erst mal selber zu probieren und erst, wenn ich lang genug gegen die Wand gelaufen bin, zu sagen: „Ach, ich könnte ja mal beten.“
Seht ihr, ein Mangel an Gebet ist oft genauso Ausdruck von Stolz wie das Sich-Rühmen vor anderen Menschen. Hanna zeigt uns, dass sie keinen solchen falschen Stolz hatte. Sie hatte sich gedemütigt vor Gott, hatte im Gebet seine Hilfe gesucht und durfte dann erleben, dass Gott ein Gott ist, der es merkt, wie es hier heißt.
Gott hatte sie gesehen und eingegriffen. Und genauso sieht Gott eben auch das arrogante und stolze Gehabe der Menschen, die sich über andere erheben und sich dabei ihrer eigenen Macht, ihrer eigenen Stärke, ihrer eigenen Fähigkeiten allzu sicher sind. Davor warnt Hanna stolze Menschen.
Penina musste diese Warnung hören. Und ich glaube, es kann uns nicht schaden, diese Warnung auch zu hören. Hanna betont ja am Ende von Vers drei, dass Gott all das sieht und beurteilen wird: „Der Herr ist ein Gott, der es merkt, und vor ihm werden Taten gewogen.“
Das heißt im Anbetracht des allmächtigen Gottes, der alles weiß, alles sieht und alles in der Hand hält, bleibt kein Raum für Stolz. Vor ihm sollten wir uns demütigen und anerkennen, dass alles, was wir haben, von ihm kommt.
Er ist der Gott, von dem alle guten Gaben kommen. Er ist der Gott, der auch alle guten Dinge wiedernehmen kann, und er ist der Gott, der die, auf die wir eben noch herabgeschaut haben, segnen und erhöhen kann.
Gottes Macht über Hochmut und Niedrigkeit
Genau das bezeugt Hanna in den Versen 4 bis 8. Ich lese uns diese Verse noch einmal vor:
„Der Bogen der Starken ist zerbrochen, und die Schwachen sind umgürtet mit Stärke. Die, die da satt waren, müssen um Brot dienen, und die Hungerlitten hungern nicht mehr. Die Unfruchtbare hat sieben geboren, und die viele Kinder hatte, welkt dahin. Der Herr tötet und macht lebendig, führt hinab zu den Toten und wieder herauf. Der Herr macht arm und macht reich, er erniedrigt und erhöht. Er hebt auf den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen aus der Asche, dass er ihn setze unter die Fürsten und den Thron der Ehre erben lasse. Denn der Welt Grundfesten sind es Herrn, und er hat die Erde darauf gesetzt.“
Wir lesen hier von acht Kontrasten, und diese lehren einen wesentlichen Punkt: Gott ist der Herr über alle Dinge, während Menschen keine letztendliche Macht über irgendetwas haben. Das ist der Kern. Gott ist der Herr über alles, er ist allmächtig, er kann alles tun, und wir Menschen haben nichts im Griff.
Alles, worauf wir Menschen so schnell stolz sind, wird keinen Bestand haben, wenn Gott es nicht will. Stärke, Reichtum, Macht, Ansehen – all das vergeht, wenn Gott es wenden will. Und genauso kann Gott all das wenden, was oft dazu führt, dass Menschen in dieser Welt verachtet und verhöhnt werden: Schwäche, Hunger, Armut – ja, sogar Kinderlosigkeit, wegen der Hanna von Penina verspottet wurde. Gott kann alles ändern.
Hanna hat das erlebt. Sie bezeugt, wie Gott eingegriffen hat und alles verändert hat. Das, was aus menschlicher Sicht unmöglich war, hat Gott möglich gemacht. Vielleicht hält sie ihren kleinen Sohn Samuel an der Hand, während sie das bezeugt. Ihre persönliche Erfahrung stärkt nun ihr Vertrauen in das, was Gott in seinem Wort immer wieder bezeugt hat.
Viele der Dinge, die sie hier bezeugt, hat zuvor schon Mose im Lied des Mose bezeugt, im 5. Mose 32. Wir sehen in der Bibel immer wieder: Gott steht weit über allem und allen, und er kann alles wenden. Er kann die Niedrigen erhöhen und die Hohen erniedrigen.
Das, was Hanna hier verkündet, ist tatsächlich das große Thema, das sich im Buch Samuel, bestehend aus 1. und 2. Samuel, weiter entfalten wird. Es ist eine große Geschichte davon, dass Gott die Niedrigen erhöht und die Hohen erniedrigt.
Es beginnt gleich in den nächsten Kapiteln damit, dass der junge Samuel an die Stelle der Söhne Elis tritt. Wir sehen dann, wie Samuel einen Mann aus dem kleinsten, unbedeutendsten Stamm Israels, dem Stamm Benjamin, Saul, zum ersten König Israels salbt. Und wir sehen im Fortgang, dass, als sich dieser König Saul selbst erhöht und stolz sowie arrogant wird, Gott ihn wieder erniedrigt. An seine Stelle tritt dann David.
Als Samuel losgeht, um einen neuen König zu salben, werden unter den Söhnen Isais alle angeschaut – nur der Jüngste und Kleinste nicht: David. Aber genau er ist es, den Gott auserwählt und erhöht.
Wenn Israel dem übermächtigen Gegner, den Philistern, gegenübersteht und alles hoffnungslos scheint, ist es Gott, der die Philister erniedrigt, Israel erhöht und den Sieg schenkt. Dabei gebraucht er den kleinen David, der den großen Riesen Goliath besiegt.
Gott erhöht die Niedrigen und bringt die Erhöhten nieder. Aber auch David wird später erniedrigt. Das lesen wir im Fortgang, als er sich in einer Hybris nicht dahin begibt, wo Könige hingehören, nämlich in eine Schlacht, sondern die Truppen ziehen lässt, während er warm badet und eine Frau sieht – die Frau eines anderen, Uriahs –, und sie sich nimmt. Dann sorgt er dafür, dass Uriah zu Tode kommt. Dafür wird er von Gott durch Nathan konfrontiert und erniedrigt.
Der Herr erniedrigt und erhöht. Das, was Sie am Ende von Vers 7 lesen, ist die große Geschichte der Samuelbücher und zugleich die große Geschichte der Menschheit: „Gott erniedrigt die Stolzen, die sich selbst erhöhen, und er erhöht die Niedrigen, die sich vor Gott beugen.“
Wir alle neigen von Natur aus zum Stolz. Wenn du in diesem Moment gedacht hast: „Nö, ich nicht“, dann schauen dich gerade alle anderen an und sagen: „Da ist es ja bewiesen.“ Wir alle neigen dazu. Und wenn wir so stolz sind, dass wir das noch nicht erkennen, dann erst recht.
Deshalb lasst uns diese Warnung hören und betrachten: Gott kann eingreifen, und Gott wird eingreifen. Diese Warnung lesen wir in der Bibel immer wieder.
Im Buch der Sprüche lehrt uns dieser bekannte Spruch: „Hochmut kommt vor dem Fall.“ Also wenn du angefangen hast, dich auf dich selbst zu verlassen – auf das, was du kannst, was du hast, was du bist –, dann Vorsicht!
Sieh, Gott verabscheut stolze Menschen. Weißt du warum? Stolze Menschen nehmen den Platz ein, der Gott allein gebührt. Und glaubst du, Gott wird die Stolzen da sitzen lassen? Gewiss nicht. Gott wird die Stolzen erniedrigen.
Andererseits gibt uns das Gebet der Hanna Hoffnung. Hoffnung für all die Niedergebeugten, für die Niedrigen, für die Gedemütigten und Geplagten.
Lieber leidender Christ, sieh auf Hanna: So wie Gott das Gebet dieser Frau erhört und sie aus tiefster Not heraus erhöht, so kann er das auch in deinem Leben tun. Gott sieht dich, er sieht dich in all deinen Lebensumständen, er sieht dich in jeder Not, und er ist ein Gott, der Gebet erhört.
Deswegen geh zu ihm, geh zu ihm mit jeder Not. Folge dem Beispiel der Hanna, die bittere Tränen vor Gott geweint hat und ihn angefleht hat. Bring ihm das, was dich traurig macht, bring ihm das, worunter du leidest, woran du verzweifelst.
Durch sein absolut vertrauenswürdiges Wort sagt Gott dir zu, dass er alles ändern kann: „Der Herr erniedrigt und erhöht, er hebt auf den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen aus der Asche.“ Gott ist ein Gott, der alles wenden kann.
Ich hoffe, das glaubst du. Ich hoffe, darauf vertraust du.
Gott ist der Herr sogar über Leben und Tod. „Der Herr tötet und macht lebendig, er führt hinab zu den Toten und wieder herauf.“ Was für die, die sich ihres Lebens und ihrer Kraft allzu sicher sind, eine harte Ermahnung ist, ist ein großer Trost für die, die am Ende ihrer Tage angekommen sind.
Na, Hermann wusste das, der darauf vertraut: Der Herr lässt mich sterben, und er bringt mich wieder herauf in Höhen, die ich noch gar nicht kenne, in seine Gegenwart.
Durch das, was die Selbstsicheren – die allzu Selbstsicheren – verunsichern sollte, ist andererseits große Hoffnung für alle, die auf Gott vertrauen.
Für Gott ist selbst der Tod kein unüberwindbarer Gegner. Er ist der Herr, der Schöpfer aller Dinge, der Herr aller Dinge. Der Herr kann alles ändern.
Warnung vor falscher Hoffnung und Blick auf das Gericht
Bevor wir uns nun der Illusion hingeben, dass Gott einfach alles verändern will und wir sagen: „Dann ist er ein großer Wärter, wenn ich arm und schwach bin, wenn ich bedeutungslos bin“, möchte ich dir sagen: Nein, nein, es ist nicht so, dass Schwäche, Armut und Bedeutungslosigkeit dich für irgendetwas qualifizieren.
Deshalb ist es wichtig, die Verse 9 und 10 zu betrachten, um zu verstehen, wen Gott erhöht und wen Gott fürchten muss. Ich lese uns die Verse 9 und 10 vor:
„Er wird die Füße seiner Heiligen behüten, aber die Gottlosen sollen zugrunde gehen in Finsternis, denn viel Macht hilft doch niemandem. Die, die mit dem Herrn hadern, sollen zugrunde gehen. Der Höchste im Himmel wird sie zerschmettern. Der Herr wird richten die Welt am Ende. Er wird Macht geben seinem König und erhöhen das Haupt seines Gesalbten.“
Wir sehen hier also, wem der Beistand Gottes gilt: seinen Heiligen oder, wie andere Übersetzungen sagen, seinen Getreuen. Alle anderen, egal ob arm oder reich, ob einflussreich oder unbedeutend, werden von Gott gerichtet werden. Sie werden von Gott nicht bestehen können.
Ermutigt dich das? Oder macht dich das ein bisschen nervös? Ich denke, niemand von uns sollte zu selbstsicher sein und denken, dass das für ihn alles kein Problem ist. Tatsächlich müssen wir alle eingestehen, dass wir aus uns selbst heraus nicht heilig sind.
Keiner von uns kann von sich aus sagen: „Ich bin ein getreuer Gott, ich tue immer das, was Gott will, ich bin ihm immer treu.“ Nur einer ist heilig, nur einer ist Gott in allem treu. Er ist der, von dem Hanna hier sagt, dass er von Gott, dem Vater, aus den tiefsten Niederungen zu den höchsten Höhen erhoben werden wird.
Am Ende von Vers 10 heißt es: „Er, Gott, wird Macht geben seinem König und erhöhen das Haupt seines Gesalbten.“
Prophetische Verheißung des kommenden Königs
Das ist eine interessante Aussage. Hanna spricht hier von einem König. Aber Israel hatte zu dieser Zeit noch keinen König. Das ist ja die ganze Geschichte Israels. Das erste Buch Samuel beginnt während der Richterzeit.
Das große Echo der letzten Kapitel im Richterbuch, ja der letzte Satz des Richterbuchs lautet: „Zu der Zeit war kein König in Israel, jeder tat, was ihm recht dünkte.“ Das war das große Problem.
Hanna spricht nun von einem König, von einem Gotteskönig, der erhöht wird. Dabei würde erst viele Jahre später Hannas Sohn Samuel Saul zum ersten König in Israel salben. Aber natürlich spricht Hanna hier nicht von Saul, und sie spricht auch nicht von König David.
Es ist gewiss kein Zufall, dass über tausend Jahre nachdem Hanna gebetet hat, eine andere junge Frau, die Jungfrau Maria, ein ganz ähnliches Gebet spricht, einen Lobpreis, vielleicht sogar singt – das sogenannte Magnifikat der Jungfrau Maria. Dabei greift Maria Worte von Hanna auf. Die Gedanken Hannas werden von Maria übernommen, und Maria sagt das, wovon Hanna gesprochen hat. Es zeugt prophetisch von dem Sohn, den Maria in sich trägt.
Gott führt Hanna so, dass sie prophetisch von dem einen spricht, der der König Gottes ist, der gesalbte Gottes, Jesus Christus.
Tatsächlich ist das letzte Wort im Gebet der Hanna das Wort von dem Gesalbten – die erste biblische Erwähnung des Messias. Das, was in der Lutherbibel „Gesalbte“ heißt, ist im Hebräischen, im Grundtext, im Urtext „Messias“. Zum ersten Mal in der Bibel lesen wir von Messias.
Hanna spricht von einem König, von dem Messias, den Gott erhöhen wird. So wie Gott zuvor das Haupt der Geplagten, der Gedemütigten, Hanna erhöht hatte – wie er das in Vers 1 in ihrem Gebet bekennt: „Gott hat mein Haupt erhöht“ – so wird Gott viele Jahre später das Haupt eines anderen erhöhen, der zuvor gedemütigt und geplagt war.
Dazu musste dieser erst einmal sich selbst demütigen. Der ewige Sohn Gottes musste sich in aller Demut erniedrigen und Mensch werden.
Davon zeugt Kapitel 2 des Philipperbriefs, ein anderes bekanntes Lied, ein anderes bekanntes Gebet, in dem es heißt: „Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an.“
Auf gut Deutsch: Der Gottgleiche hielt nicht daran fest wie ein Raub, sondern ließ es los, er entäußerte sich und wurde Mensch. Er war den Menschen gleich und wurde in der Erscheinung als Mensch erkannt.
Er erniedrigte sich selbst und wurde gehorsam – oder gottgetreu – bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz.
Jesus Christus als Vorbild und Erlöser
Das ist der, von dem Hanna hier zeugt. Ihr Lieben, deswegen dürfen wir in jedem Leid wissen, dass Jesus uns versteht.
Jesus versteht dich in deinem Leid, denn er hat gelitten wie du in allem. Er ist der Mann der Schmerzen, er ist der, der gelitten hat, der sich gedemütigt hat und freiwillig diese Dinge sogar auf sich genommen hat. Er versteht dich besser als irgendjemand sonst. Er hat gelitten wie du, aber ohne Sünde.
Deswegen hat er nicht nur gelitten wie wir, sondern auch für uns. Er hat gelitten, damit uns das ultimative Leid erspart bleiben kann. Jesus Christus hat sich für uns erniedrigen lassen. Er ist für uns Mensch geworden, er ist für uns den Weg durch dieses Leben gegangen, er ist für uns den Weg ans Kreuz gegangen. Er hat für uns den Tod auf sich genommen, den wir verdient gehabt hätten – für all unseren Stolz, für all unsere Arroganz, für all unsere Sünden.
Jeder, der sich vor Gott erniedrigt und ihm seine Schuld eingesteht, darf wissen, dass Jesus nicht nur gelitten hat wie wir, sondern noch mehr. Er hat auch für uns gelitten, damit wir, wenn wir ihm unsere Schuld bringen, von unserer Schuld befreit werden können.
Seht ihr, gerade da, wo wir uns so erniedrigen, gerade da, wo wir unsere Schuld bekennen, da, wo wir uns vor ihm klein machen, weil wir klein sind, da nimmt er Sündern ihre Schuld weg. Er macht aus Feinden Gottes, aus Sündern Menschen, die allein durch den Glauben an Jesus Christus zu geliebten Kindern Gottes werden. Er erniedrigt und er erhöht.
Denn Jesus blieb nicht im Tod. Der Vater hat da alles verändert. Der Herr tötet und er macht lebendig. Er führt hinab zu den Toten und wieder herauf. Jesus kann dir das bezeugen.
Im Philipperbrief Kapitel 2 geht es übrigens genauso weiter: Darum hat ihn auch Gott erhöht, nachdem er gehorsam war bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz. Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, damit sich in dem Namen Jesus jedes Knie beugen soll – im Himmel, auf Erden und unter der Erde – und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.
Das heißt: Alle, die sich in diesem Leben bereits in Demut vor diesem Herrn beugen, die auf die Knie gehen vor diesem Herrn und ihn als ihren Herrn und König anerkennen, werden dann erleben, wie er sie am Tag des Gerichts spätestens erhöhen wird.
Einladung zur Demut und Umkehr
Aber wenn du heute hier bist und noch nie bewusst vor Gott auf die Knie gegangen bist, vielleicht weil du in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen bist und sagst: „Wir haben immer irgendwie Gott angebetet“, oder vielleicht, weil du noch relativ neu in dieser Gemeinde bist und sagst: „Das ist alles ganz nett, das ermutigt mich irgendwie“, dann möchte ich dir sagen: Es gibt keinen anderen Weg zu Gott als den der Erniedrigung.
Du musst vor Gott auf die Knie gehen. Du musst vor Gott eingestehen, dass du aus dir heraus niemals bestehen kannst. Du hast nichts im Griff vor Gott, du hast nichts, mit dem du vor Gott bestehen kannst. Dein Reichtum, deine Macht, dein Ansehen, ja sogar dein Leben – all das ist sehr vergänglich.
Eines Tages werden wir alle vor Gott erscheinen müssen. Die Bibel sagt uns hier in diesem Text, dass wir an diesem Tag alle vor ihm auf die Knie gehen werden. Jedes Knie wird sich beugen, und jede Zunge wird bekennen, dass er der Herr ist.
Die Frage ist nur, ob du dann schon gefunden wirst auf deinen Knien, als jemand, der Gott schon anbetet und anerkennt und dann erhöht wird, oder ob du vor Gott kommst, gerade stehend und selbstbewusst, und dann erniedrigt wirst und für alle Ewigkeit auf den Knien bleibst.
Mein Gebet für dich ist, dass du hier und jetzt auf die Knie gehst und bekennst: „Gott, ich bin Sünder vor dir, ich brauche deine Vergebung. Vergib mir meinen Stolz, vergib mir meine Arroganz, vergib mir, dass ich mich so stark auf mich selbst verlassen habe. Ich bekenne dir und gestehe ein, dass ich nicht alles im Griff habe und dass ich einen Retter brauche.“
Und ich kann dir sagen: Wenn du dich so vor Gott erniedrigst, dann wird er dich zu seiner Zeit erhöhen. Das müssen wir alle hören, das müssen wir alle immer wieder hören.
Der Apostel Petrus ruft uns zu in 1. Petrus 5,5: „Alle aber miteinander haltet fest an der Demut, denn Gott widersteht den Hochmütigen, aber dem Demütigen gibt er Gnade. So demütigt euch unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit.“
Hanna hat das getan. Sie ist vor Gott auf die Knie gegangen, und sie durfte schon in diesem Leben erleben, wie Gott sie erhöht hat. So kann sie Gott preisen, selbst in dem Moment, in dem sie ihren Sohn hingibt.
Mögen auch wir Menschen sein – und immer mehr werden –, die Gott preisen in jeder Situation, da, wo er uns beschenkt, und da, wo wir etwas abgeben. Denn er ist treu, er segnet und behütet die, die auf ihn vertrauen, und er wird sie zu seiner Zeit erhöhen.
Schlussgebet um Demut und Lobpreis
Ich bete mit uns. Himmlischer Vater, danke, dass wir das gewiss wissen dürfen. Du bist ein Gott, der erhöht, und ein Gott, der erniedrigt.
Herr, du kennst mein Herz. Ich kann dir nichts vormachen. Du kennst meinen Stolz und weißt, wie oft ich arrogant bin. Herr, du kennst unsere aller Herzen.
Wir bitten dich: Schenk uns Demut. Schenk uns, dass wir vor dir mehr auf die Knie gehen. Lass uns uns nicht selbst vor den Augen anderer erhöhen, denn vor dir können wir das nicht.
Stattdessen wollen wir in angemessener Weise demütig leben – miteinander und vor dir. Wir vertrauen darauf, dass du uns erhöhen kannst und wissen, dass dir allein alle Ehre, alle Anbetung und alle Achtung gebührt.
Mach uns zu Menschen, die nicht nach Anbetung streben, die nicht nach Ehre und Preis verlangen, sondern die demütig dich anbeten, dich ehren und preisen. Amen.