Einführung in die Bedeutung des Lernens und Lehrens bei Mose und Jesus
Matthäus 28 – Schluss des Matthäusevangeliums
Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum geht hin und macht zu Jüngern alle Völker, tauft sie und lehrt sie, alles zu halten, was ich euch geboten habe.
Das Lernen wird in der Bibel als etwas Gutes dargestellt, weil wir immer wieder erkennen, wenn wir vor Gott ehrlich sind: „Oh, ich bin ein törichter Mensch, mir fehlt Weisheit.“ Deshalb ist es schön, wenn Gott uns wissen lässt, was vor ihm wichtig ist.
Eine der großen Gestalten der Bibel, die von Gott selbst gelehrt wurde, ist Mose. Auf dem Berg Sinai hat sich Mose nicht einfach still zurückgezogen, wie Lehrer es manchmal tun, wenn sie sagen: „Jetzt brauche ich zehn Minuten zur Vorbereitung, dann erzähle ich aus dem Bauch heraus, was wichtig ist.“ Nein, Mose hörte zuerst die Stimme Gottes. Er wurde selbst von Gott gelehrt und gab dann weiter, was Gott ihm als Wichtiges mitgeteilt hatte.
Die Berichte über Mose sind immer wieder von dieser göttlichen Führung durchzogen. Zum Beispiel, als sein Schwiegervater Jethro zu ihm kam und sagte: „Was du machst, Mose, ist doch nicht klug. Du kannst nicht jede Streitigkeit schlichten, jede Eheproblematik lösen und die Schwierigkeiten zwischen den Nachbarn alleine regeln.“ Jethro riet ihm, diese Aufgaben an Oberste zu delegieren und sich darauf zu beschränken, den Menschen den Weg Gottes zu lehren. Diese Aufgabe, den Menschen zu sagen, was vor Gott wichtig ist, sollte Mose besonders wahrnehmen.
Mose als Lehrer Gottes und die Bedeutung der Gebote
Wenn wir heute eine Bibelstelle aufschlagen, müssen wir, im Unterschied zu dem, was ich in der Einladung gesagt habe, eigentlich das Gleiche aufschlagen, aber im fünften Buch Mose.
Wenn Sie eine Bibel mitgebracht haben – ich bitte Sie, Ihre Bibel bereit zu halten – dann öffnen Sie bitte das fünfte Buch Mose. Es ist ganz leicht zu finden: Erster, zweiter, dritter, vierter und dann fünfter Mose.
In 5. Mose 5,1 heißt es: „Und Mose rief ganz Israel zusammen und sprach zu ihnen: Höre, Israel!“ Dieser Ruf – Shema Yisrael – ist bis heute in der Synagoge ein wichtiger Eingangsruf. Er bedeutet: Höre, pass auf!
Dann folgt die Aufforderung, die Gebote und Rechte, die Mose heute vor euren Ohren verkündet, zu lernen und zu bewahren, damit ihr danach handelt.
Im weiteren Verlauf des Kapitels werden die zehn Gebote noch einmal aufgeführt, so wie wir sie kennen. Viele von uns haben sie auswendig gelernt – sei es in der Schule oder im Konfirmandenunterricht.
In 5. Mose 5,29 steht: „Ach, dass sie ein solches Herz hätten, Gott zu fürchten und alle seine Gebote zu halten!“
Mose hat auf dem Berg Sinai von Gott die Gebote empfangen, um sie Israel lehren zu können. Die Menschen sollen lernen, diese Gebote zu befolgen.
Jesus als Lehrer, der Mose erfüllt und vertieft
Und jetzt verstehen Sie, warum es nicht bloß eine Ortsangabe ist. Wenn es in Matthäus 5 heißt: „Und Jesus setzte sich auf den Berg, lehrte sie und sprach.“ Jeder, der einigermaßen die Bibel versteht, sagt: Jetzt ist das, was Mose gesagt hat – es wird einer kommen wie ich – bloß noch wichtiger als ich.
Das, was im Alten Testament immer wieder heißt, zum Beispiel Jesaja 30: „Deine Augen werden deinen Lehrer sehen und werden hinter dir her hören, das ist der Weg, den geht.“ Verstehen Sie, der Lehrer, bei dem das, was er lehrt und was er tut, übereinstimmt.
Natürlich haben wir Kritik an Lehrern, die sagen: „Jetzt kommst du schon wieder zu spät“, und die Hälfte der Stunde kommt er selber zu spät. Das stimmt. Tun und Sagen liegen nicht überein.
Bei Jesus, wenn er gesagt hat, das größte Gebot ist: „Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzer Seele, von allen deinen Kräften, und sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Nach diesem Gebot hat Jesus gelebt.
Er war der Lehrer, bei dem seine Lehre und sein Handeln hundertprozentig übereinstimmen, der nicht das Gebot Mose auflöst. In der Bergpredigt heißt es immer: „Ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen.“ Das, was Mose euch gesagt hat, zum Höhepunkt zu bringen.
Die Relevanz von Mose und Jesus heute
Jetzt könnten manche sagen: Was hat er denn dauernd mit Mose zu tun? Das ist doch von vorgestern. Was soll uns das heute bringen?
Wir haben am ersten Abend gehört, dass es ganz wichtig ist, wenn wir den Islam hören, zu wissen, dass Mose im Islam eine große Rolle spielt. Er weist auf Jesus hin, nicht auf Mohammed, sondern auf den, der vom Tod erweckt ist.
Das ist wichtig im Gespräch mit Israel, die sagen, der Prophet wie Mose werde erst noch kommen, und sie verehren Mose. Nein, nein, ihr in Israel habt Mose immer verachtet. Wir Menschen sind in der Gefahr, das, was Mose gesagt hat, zu verachten. Der Jesus, der gekommen ist, ist der allerverachtetste.
Aber heute ist das ganz aktuell, weil mitten in der Christenheit, mitten in unserer lieben Kirche, mitten in unserer geliebten evangelischen Kirche die Gefahr besteht. Sie brauchen nur das deutsche Sonntagsblatt aufschlagen oder wo Sie wollen, sogar in unserem Gemeindebrief steht es manchmal, besonders in Leserbriefen: Wir haben nicht mehr mit dem heiligen Gott zu tun, dem die Gebote wichtig sind, dem eifernden Gott, dem harten Gott. Sondern unser Gott ist der Gott Jesu, der Gott der Liebe.
Was die Nazis nicht fertiggebracht haben, nämlich das Alte Testament und das Neue Testament auseinanderzureißen, das haben sie versucht mit harten Worten. Man sagt, im Alten Testament stünden doch Viehtreibergeschichten und Zuhältergeschichten. Man wollte uns das Alte Testament madig machen.
Es ist heute die Gefahr, dass man sagt: Ach, die erste Hälfte der Bibel kannst du vergessen. Es geht bloß noch um den Gott der Liebe. Sie müssen in der Bibel gegründet sein, sonst fallen Sie auf jeden Wind der Lehre herein. Sie dürfen doch nicht eine Wetterfahne sein, die sich nach jedem Lüftchen dreht.
Die Untrennbarkeit von Gottes Geboten und seiner Liebe
Wie ist das? Jesus hat uns die Geschichte vom reichen Mann und dem armen Lazarus erzählt. Als der reiche Mann dann in der Hölle in Qual war, bat er zuerst darum, dass seine Qualen gelindert werden. Doch dann sagte er: „Ich habe zu Hause noch Brüder. Die dürfen doch nicht auch an diesen Ort der Qual kommen. Vater Abraham, schick ihnen einen Engel, der sie warnt, damit sie nicht in die Hölle kommen.“
Und was lässt Jesus den Vater Abraham antworten? Er sagt: „Sie haben Mose und die Propheten, lass sie auf sie hören.“ Abraham entgegnet: „Nein, wenn einer von den Toten auferstehen würde, dann würden sie aufwachen.“ Doch Jesus sagt: „Hören sie nicht auf Mose und die Propheten, dann werden sie auch nicht hören, wenn einer von den Toten aufersteht.“
Also kann Jesus uns kaum etwas Wichtigeres sagen als das, was bei Mose steht. Können wir den Gott der Liebe und den Gott der Gebote auseinanderreißen? Johannes, der Lieblingsjünger Jesu, der sich am besten mit Jesus auskannte, hat geschrieben: „Darin besteht die Liebe, dass wir seine Gebote halten.“ Und seine Gebote sind doch gar nicht so schwer, dass man sie nicht halten könnte.
Deshalb reden wir in diesen Tagen so viel über Mose. Jesus war wichtig. Die ganze Bergpredigt – Matthäus 5 bis 7 – ist nichts anderes als eine Wiederaufnahme dessen, was in 5. Mose 5 oder 2. Mose 20, den Zehn Geboten, steht. Jesus sagt: „Ich aber sage euch“ – nicht im Gegensatz zu Mose, sondern als Verschärfung, als Unterstreichung von Mose.
Die Aufforderung, Gottes Gebote zu halten
Nun möchte ich auf diese zehn Gebote eingehen. Wenn wir die Bergpredigt in Matthäus 5 bis 7 hinzunehmen und einige Querverbindungen ziehen, erkenne ich, dass Jesus als Lehrer, ähnlich wie Mose, uns die Gebote wichtig gemacht hat.
Zunächst einmal gilt: Ihr sollt Gottes Gebote halten. In 5. Mose 5,29 heißt es: „Ihr sollt meine Gebote halten.“ Dieses Wort zieht sich durch die gesamte Schrift. Schon in 2. Mose 34,19 wird betont, dass ihr die Gebote halten sollt.
Jesus hatte eine große Auseinandersetzung mit den Schriftgelehrten seiner Zeit. Er sagte, dass sie auf dem Stuhl Moses sitzen, also die Lehrautorität innehaben. Was sie euch sagen, sollt ihr tun und halten. Aber nach ihren Werken sollt ihr euch nicht richten, denn sie binden den Menschen schwere Lasten auf den Rücken, wollen aber selbst nicht einmal den Finger krümmen. Entscheidend ist, ob man die Gebote auch wirklich tut.
Kennen Sie die Bergpredigt in Matthäus 5 bis 7? Wie endet sie? Jesus sagt: „Wer diese meine Rede hört und tut, den vergleiche ich mit einem klugen Mann, der sein Haus auf den Felsen gebaut hat.“ Und: „Wer diese meine Rede hört und nicht tut, den vergleiche ich mit einem törichten Mann, der sein Haus ohne Fundament auf den Sand gebaut hat.“ Dann kommen die Stürme und das Wasser, und das Haus wird zerstört. Sie wissen ja, wenn die Enz Hochwasser führt, haben Häuser ohne Fundament keine Chance, und die Flut reißt sie weg.
Jesus hat diese Botschaft aufgenommen und betont das Halten der Gebote. Auch der erhöhte Jesus, der in den Sendschreiben der Offenbarung spricht, fordert auf: „Halte, was du hast!“ Es kommt nicht nur darauf an, dass wir sagen, es sei gut, was gesagt wird. Es geht nicht nur darum, aufmerksam zu sein. Entscheidend ist, ob wir Gottes Gebote halten.
Die lebenslange Herausforderung, Gottes Gebote zu leben
Mein Freund Konrad Schmid, mit dem ich viele Jahre im evangelischen Jugendwerk zusammenarbeitete und der Ingenieur bei der Firma Lechler ist, hat mir einmal etwas gesagt, das mich tief bewegt hat. Er meinte: Je älter ich werde, desto mehr entdecke ich Bereiche meines Lebens, die von Gott noch gar nicht geordnet sind.
Sehen Sie, ich bin ein älterer Mann. Früher dachte ich: Heute bin ich gesund, mein Herz tut nicht weh, ich kann laufen und Fahrrad fahren – endlos. Doch jetzt bin ich an einem Punkt, an dem ich aufpassen muss, ob ich das noch leisten kann. Und was ist mit den Schmerzen in der Niere? Das, was früher selbstverständlich war, funktioniert im Alter nicht immer. Manche Menschen glauben am Anfang, das läuft immer so weiter. Nein, so ist es nicht.
Das gilt auch im Christsein. Einige meinen, sie hätten gerade erst angefangen und seien ausständig. Sie sagen, was sie glauben, sei gut, und andere sollten aufpassen. Doch je älter wir werden, desto mehr gibt es auch im Glauben Verkalkungserscheinungen und Korrosionsschäden.
Darum sage ich: Lieber Herr, zeig mir die Bereiche, über die du traurig bist. Wie denkst du über mich? Es geht doch nicht nur darum, dass ich dir inhaltlich zustimme, sondern dass ich deine Gebote halte.
Das Erste, was Jesus uns wichtig macht: Wer diese meine Rede hört und tut, der soll bleiben. Halte, was du hast! Ihr sollt nicht sein wie die Schriftgelehrten, die nur Gottes Gebot lehren, es aber nicht mit dem Finger anrühren, sondern haltet es selbst!
Freiheit durch Gottes Führung und Befreiung aus der Sklaverei
Viele Menschen sagen heute, das sei das typische Geschwätz von Pfarrern und Pietisten. Sie meinen: „Es gibt doch ein enges Christsein – du musst und du sollst, pass auf! Unser Gott ist doch ein Gott der Freiheit. Wir wissen doch selbst, was zu tun und zu lassen ist.“
Ja, Gott ist ein Gott der Freiheit. Die Zehn Gebote beginnen jedoch damit, dass Gott sich vorstellt: 5. Mose 5,6 – wenn Sie die Bibel zur Hand haben, schlagen Sie dort nach. Dort heißt es: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägyptenland geführt hat, aus der Knechtschaft, aus der Sklaverei.“ Die Gebote Gottes fangen also nicht mit „Du sollst“ an, sondern mit „Ich bin der Herr, dein Gott“. Unser Gott ist ein Gott, der uns herausführen will.
Herr Jesus hat es im Johannes-Evangelium Kapitel 10 so schön gesagt: Wenn der Hirte seine Schafe herausführt, dann führt er sie aus dem engen Pferch, voll Mief und Kot, heraus auf die frische Weide. Nicht zur Narrenfreiheit, sondern zu frischem Wasser, dorthin, wo er vorausgeht. Der Hirte, der die Schafe aus dem engen Stall herausführt, sagt nicht: „Jetzt könnt ihr machen, was ihr wollt“, sondern: „Jetzt führe ich euch. Jetzt seid ihr gut aufgehoben bei mir.“
Was heißt das praktisch? Jesus will uns herausführen aus aller Selbstsicherheit. Liebe Schwestern und Brüder, ich bin oft in meinem Leben erschrocken darüber, dass ich mir selbst etwas vormache – dass ich doch schon vor Gott recht bin und Gott sich über mich freuen kann. Dass ich anderen Menschen etwas vormache und sogar Gott etwas vormache. Manchmal erschrecke ich darüber, ob mein ganzes Christsein nicht eine Riesenschauspielerei vor mir selbst, vor anderen Menschen und vor Gott ist.
Wer bin ich denn wirklich? Tue ich dies und jenes und lasse ich manches nur deshalb, weil mir ein Mensch begegnen könnte, der etwas von mir erwartet? Warum tue ich es? Um Gottes Willen oder ist es bloß Scheinheiligkeit? Jesus will uns herausführen aus der Scheinheiligkeit in die Echtheit.
Er will uns auch herausführen aus der Sklaverei. Herr Jesus hat einmal gesagt: Wer Sünde tut, ist der Sündeknecht, der Sündesklave. Das heißt, ich muss das tun, wozu ich getrieben werde. Mich erschreckt das immer wieder. Ich bin ein ungeduldiger Mensch. Wenn mich der Zorn packt – Menschenskind, was sind das für Kräfte in mir, die mich mitreißen dorthin, wo ich eigentlich gar nicht hinwill! Die mich Worte sagen lassen, über die mir hinterher peinlich ist. Wessen Knecht bin ich denn?
Jesus hat einmal gesagt: „Aus dem Herzen des Menschen kommen arge Gedanken.“ Nicht aus dem Fernsehkasten, sondern aus dem Herzen kommen arge Gedanken: Mord, Ehebruch, Hurerei, Falschzeugnis, Lästerung!
Ich war einmal dabei, im Jahr 1947, als der Evangelist Wilhelm Busch von Essen in Kirchheim in der Stadtkirche evangelisierte. Er sagte dieses Wort: „Aus dem Herzen des Menschen kommen arge Gedanken – Mord!“ Und da saß unten eine ältere Dame. Damals hielt ich sie für alt, aber im Vergleich zu mir heute war sie noch jung. Sie schüttelte ganz bedächtig den Kopf, sozusagen: „Mord, ich? Nein.“ Und Busch beugte sich über die Kanzelbrüstung und sagte noch einmal: „Mord!“
Sie kennen sicher die schöne Geschichte von der Goldenen Hochzeit, bei der das Jubelpaar saß und einer der Festredner launig sagte: „Sag mal, in den fünfzig Jahren habe ich nie daran gedacht, dass ihr euch scheiden lassen könnt.“ Ja, sagte das Jubelpaar, eigentlich nicht, aber „verschießen“ hätten sie sich schon manchmal können. Das ist ein Witz, nicht wahr?
Meine Mutter – und ich dachte immer, unsere Eltern hätten eine vorbildliche Ehe, die mir heute noch als Leitbild dient – sagte, als der Vater im Dritten Reich seine Pistole, so eine Erste-Weltkriegspistole, aus dem Haus tat: „Ich bin froh, dass die Pistole weg ist.“ Ich habe manchmal gedacht: In einer glücklichen Ehe könnte ich meinen Mann über den Haufen schießen.
Wenn der Zorn uns mitreißt, dann kommt er nicht aus dem Fernsehkasten, sondern aus den Tiefen unseres Herzens. Jesus möchte uns von dieser Sklaverei freimachen. Er ist der Einzige, der die Macht hat, uns in die Hand zu bekommen, damit wir diesen Mächten nicht dienen müssen. Damit der böse Geist ausgetrieben wird.
Jesus kann uns auch von falschen Gesetzen freimachen.
Die zeitlose Gültigkeit der Gebote und die Gefahr der Verharmlosung
Heute hört man oft: „Ha, ich meine eben, wir leben doch im zwanzigsten Jahrhundert.“ Und man sagt, man könne nicht mehr nach Geboten leben, die vor zweitausend Jahren vor Christus, also vor fast viertausend Jahren, verfasst wurden. Viele Menschen meinen, dass diese alten Regeln heute nicht mehr passen.
Doch niemand sagt, dass man nicht so essen kann, wie die alten Germanen gegessen haben – durch den Mund in den Magen. Man muss nicht alles völlig neu erfinden, vielleicht durch das Ohr oder auf andere Weise. Es gibt auch Dinge, die bleiben. Niemand behauptet zum Beispiel, dass ein Kind nicht mehr neun Monate im Mutterleib braucht, bis es geboren wird. Man sollte doch keinen Beschleuniger einführen, der die Geburt auf vier Wochen verkürzt. Die armen kleinen Kinder!
Es gibt eben Gesetzmäßigkeiten, die bleiben. Wie töricht ist es, wenn Menschen sich anmaßen zu sagen: „Ich meine, heute kann es keine Ehe mehr geben, und Vater und Mutter zu ehren ist nicht mehr nötig. Wir haben doch ein Recht auf Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung. Was geht mich mein Ehegefährte an? Wenn wir uns genug kennen und uns im Weg sind, dann weg damit! Wenn die Eltern mich in meinem Leben beschränken, dann weg damit!“
Doch Jesus sagt: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus der Sklaverei führt.“ Es ist nicht die Sklaverei, dass ich immer selbst entscheiden muss, was richtig ist, sondern dass ich erkenne, was recht ist. Dieses „Ich“ hat Jesus betont, das dem Mose schon begegnet war: „Ich bin, der ich bin“ – so spricht Gott. Und Jesus hat das klar gemacht.
Schon damals wurden Jesus Fragen vorgelegt, über die man diskutieren konnte. Über solche Fragen wird heute in evangelischen Akademien noch wochenlang debattiert, zum Beispiel, ob man einem ungerechten System Steuern zahlen soll oder Steuerverweigerung rechtfertigt ist. Ist es richtig, dem Kaiser, dem römischen Kaiser, Zinsen zu geben? Jesus hat darauf geantwortet, aber schon im zweiten Halbsatz war er bei seinem Thema: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.“
Natürlich gab es auch zu Jesu Zeiten Themen wie Ehescheidung, Ehe und eheähnliche Verhältnisse. Die Jünger fragten: „Herr Jesus, wenn es so ist, ist es dann am besten, Single zu bleiben? Ist es nicht besser, ehelos zu leben?“ Jesus antwortete: „Gott, der im Anfang den Menschen geschaffen hat, schuf ihn als Mann und Frau. Darum wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seinem Gefährten anhangen, und die zwei werden ein Fleisch sein.“
Damals gab es schon ähnliche Fragen wie heute. Der reiche Jüngling kam und fragte: „Was muss man tun? Was ist anständig? Was ist wichtig für die Gesellschaft?“ Jesus gab eine klare Antwort: „Niemand ist gut als Gott allein.“ Das war das Thema Jesu. Im Grunde hat er nur aufgenommen, was Mose von Gott gelehrt wurde: Gott ist wichtig, nicht mein eigenes Ich. Es geht um das Ich Gottes und darum, was für ihn gut ist.
Die Berufung zu einem heiligen und priesterlichen Volk
Liebe Schwestern und Brüder,
vielleicht werden wir in unserer Welt merkwürdige Sonderlinge sein, wenn wir uns danach richten. Doch gerade das gibt uns eine königliche Freiheit. Ich muss jetzt sagen: Ihr seid ein priesterliches Volk Gottes. Wo gibt es ein Volk, das Gott so nah ist?
Ihr dürft euch an Gottes Willen ausrichten und müsst nicht denken: Was sagt mein Nachbar? Was sagt die Gesellschaft? Was tut man? Was ist heute richtig? Sondern: Gott!
Das möchte ich uns aus der Sklaverei herausführen – aus der Sklaverei der Scheinheiligkeit, dass wir das tun müssen, was in unserer Gesellschaft üblich ist. Nein, wir tun das, was der Herr, der ewige Gott, für richtig hält. Und wir tun es gerne.
Das Dritte, was mir wichtig ist, ist die dritte Schneise. Die erste war: Haltet es! Die zweite ist, dass wir dieses „Ich“, Gottes Sichtung, haben. Die Gebote hängen daran, dass Gott es will.
In den zehn Geboten werden unsere besonderen Gefahrenbereiche benannt.
Die Erfahrung des Teufels mit menschlichen Schwachstellen
Es hat einmal in Ulm der alte Bruder Haubensack gesagt, der Kriminalinspektor und Leiter der altbiblischen Stunde war – ein schönes Wort. Er sagte: Der Teufel hat sechstausend Jahre Erfahrung mit unseren schwachen Stellen. Dieses Wort hat mich lange bewegt, und ich dachte, das ist noch viel schlimmer.
Der Teufel hat sechstausend Jahre Erfahrung, wahrscheinlich noch viel länger, mit unseren vermeintlich starken Stellen. Petrus hat auch gemeint: Wenn alle dich, Jesus, die Jünger verlassen, „Ich nicht, wenn einer treu ist, dann ich“. Aber der Teufel hat ihn auch darum gekriegt.
Der große Versucher hat Erfahrung mit unseren Schwachstellen – aber unser Gott auch. Was sind denn Schwachstellen? Oma Mord, wir haben schon vom Hass gesprochen, der in uns aufsteigt. Jesus sagt in der Bergpredigt: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten. Aber ich sage euch: Wer seinen Bruder hasst, der hat schon den ersten Schritt getan zum Morden.“
Kennen Sie das? Wenn mir der nunmehr begegnet, mein lieber Mann, dem zeige ich es. Jesus sagt: Halt, Halt, Halt! Schwachstelle, Gefahrenstelle! Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist – so heißt es in der Bergpredigt – du sollst nicht Ehe brechen. Sie wissen, wie es weitergeht.
Aber wenn du zu dir sagst: Wer mit seinem Auge eine Frau ansieht und denkt, es wäre auch etwas gewesen für mich, mit der ich auch mal gerne für zehn Tage Urlaub machen würde, der hat schon in seinem Herzen angefangen, Ehe zu brechen.
Der Herr Jesus vertieft die Gebote Moses bis in die Wurzel – Gefahrenstelle, wo heute oft verharmlost wird.
Die Herausforderung der Sexualität und Medienkonsum
Die große Heuchelei unserer Gesellschaft besteht darin, dass die Sexualität bis zum Äußersten aufgeputscht wird. Und wenn es dann schlimm explodiert, wie zum Beispiel bei dem Mord an der kleinen Kim, dann heult die ganze Gesellschaft und sagt, so etwas Furchtbares sei passiert.
Doch dieser arme Mann, der anfällig für seine Triebe ist, wurde durch jeden Fernsehfilm aufgeheizt. Wenn jemand etwas dagegen sagt, wird er als prüde oder verklemmt bezeichnet. Nein, Gott weiß, was gut ist.
Ich bin sehr froh, dass ich in den letzten anderthalb Jahren keinen Fernseher mehr angeschaut habe. Vielleicht hätte ich es alleine gar nicht geschafft, den Fernseher abzumelden. Aber seit anderthalb Jahren merke ich, dass ich kein Kuttereimer bin, in den aller Dreck hineingeschmissen wird.
Wissen Sie, was die Dame von Köln mir am Telefon gesagt hat, als ich meinen Fernseher abmeldete? Sie hat es sich sicher gut überlegt. Ihre Erfahrung ist, dass jemand, der den Fernseher abmeldet, spätestens nach 14 Tagen wieder anmeldet.
Sind wir wirklich so abhängig von diesem Kasten, der uns mit Dingen füttert, die uns nicht gut tun? Wenn man rechtzeitig den Knopf drückt und sagt: „Ich höre die Tagesschau von mir aus über den Peterhahn, damit er weiß, wie mein Wohnzimmer aussieht, aber dann schalte ich ab“, dann ist das schon ein Anfang.
Nein, wir finden den Ausknopf zu schlecht. Wir werden gefüttert mit Dingen, die uns nicht guttun.
Die Gebote im Alltag und die Bedeutung von Wahrhaftigkeit
Schätze sammeln, stehlen – der Herr Jesus bringt das Gebot „Du sollst nicht stehlen“ in einen Zusammenhang. Ich heiße das Geld dein Gut.
Ich habe in 14 Jahren Gemeindeverwaltung und im Dekanat Schorndorf viele Wunder Gottes erlebt. Heilungen durch Gebete, wunderbare Heilungen. Auch sonstige Wunder, wie Gott eingreifen kann. Aber ich habe niemals erlebt, dass eine schwierige Erbschaftsgeschichte geheilt wurde.
Die Leute, die in die Kirche gingen – von der einen Hälfte der Mannschaft sitzt derzeit noch jemand, die andere Hälfte daneben. Jetzt muss er bald aufhören.
Wenn Leute nach der Uhr gucken, ist das nicht schlimm. Aber wenn sie schauen, ob die Uhr noch läuft, dann seien sie also nicht. Gefahren stellen, die Jesus schwören: Eure Rede sei ja, ja, nein, nein. Es geht nicht nur ums Schwören, sondern darum, dass man sich auf euer Wort verlassen kann.
Jesus ist ein Lehrer wie Mose, der das aufnimmt, was Mose uns gesagt hat, und es vertieft. Man kann die Themen der Bergpredigt als Beichtspiegel sehen. In der katholischen Kirche gibt es einen Beichtspiegel, an dem man sich prüfen kann. Wenn ich mich nach diesen Geboten prüfe, wovon überführt mich mein Gewissen?
Ich habe es einmal im Konfirmandenunterricht so gesagt: Wir dürfen an den Geboten Gottes entlanggehen und fragen, welches Urteil ich mir für die letzte Woche geben würde. Gebe ich mir eine Drei, befriedigend, oder war es befriedigend bis ausreichend, oder war es mangelhaft?
Und Helmut Nebetracht sagt: „Oh je, Konfirmanden können noch ein Gefühl dafür haben, wo wir schon längst wie Alte abgestumpft sind. Oh je, es gibt Sex minus ungenügend.“ Nehmen Sie es als Beichtspiegel.
Dann lesen Sie das erste Gebot: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus der Sklaverei herausführt, aus der Knechtschaft.“
„Oh je, ich will dir helfen, dass du ein gutes Leben führst. Ich bin der Mächtige, damit du nicht versklavt bist. Ich möchte dich auf die gute Weide führen.“
Die Berufung zum heiligen Volk und das Zeugnis im Alltag
Der Eingang zu den Zehn Geboten bei Mose lautet: „Ihr sollt vor Gott ein priesterliches Königreich und ein heiliges Volk sein.“ Wohl dem Volk, dem Gott so nahe ist.
Im ersten Petrusbrief heißt es: „Ihr seid das auserwählte Volk, das königliche Priestertum.“ Damit sollt ihr die Tugenden weitergeben, die Wohltaten dessen, der euch berufen hat, von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht. Ihr sollt erzählen, wie Gott euch herausführen kann.
Ich habe zwei Paten gehabt, die in Kanada lebten. Ich habe sie bei der Taufe zum letzten Mal gesehen, und damals hatte ich schlechte Erinnerungen. Dann kam die Kriegszeit. Nach der Kriegszeit war es mir wichtig, bei meinem ersten Aufenthalt in Amerika in den Westen Kanadas zu reisen und sie zu besuchen.
Dabei hatte ich noch meine Taufbibel dabei, die sie mir damals geschenkt hatten. In diese Bibel hatte meine Tante hineingeschrieben: „Ihr seid das auserwählte Volk.“ Im Jahr 1956 schrieb sie es auf Englisch hinein: „You are the chosen people, the royal priesthood, the holy nation, that you should show forth the praises of Him.“
„Show forth“ ist ein altes englisches Wort und bedeutet, dass aus allen Knopflöchern eures Lebens deutlich wird, wie großartig euer Herr ist. Ihr seid schwach, aber er holt euch heraus aus der Schwachheit, er befreit euch aus der Sklaverei.
Noch schöner hat es vielleicht der Apostel Paulus ausgedrückt: Wir können die Welt nicht verändern, denn die Welt ist böse. Aber ihr sollt scheinen als Lichter mitten in einer dunklen Welt.
Freunde, was für eine Veränderung und Umgebung würde es geben, wenn wir es schaffen würden, den Plan Gottes für uns zu erfüllen – Lichter in einer dunklen Welt zu sein!
Oder wie es jemand bei unserer letzten Klassenzusammenkunft über einen frommen Lehrer sagte, den wir hatten: Bei dieser Zusammenkunft wurde mir erst bewusst, wie alt ich bin, als ich die alten Bekannten sah und jeder den anderen fragte: „Wer bist du jetzt eigentlich?“
Aber einer sagte über diesen Lehrer, der ein frommer Christ war: Er war einfach anders. Ich wünsche Ihnen, dass auch Sie anders sein können, weil Jesus Sie aus der Knechtschaft herausführt.
Schlussgebet um Befreiung und Heilung
Herr Jesus, hilf uns, uns nicht an dem zu orientieren, was Menschen für wichtig halten oder was wir uns selbst vormachen. Lass uns durch Dich anders werden. Zeige uns, worüber Du in unserem Leben traurig bist, und wirke in Deiner Kraft, damit Du es verändern kannst.
Du kannst uns herausführen und neu machen. Wir werden zwar noch keine Engel sein, aber Du willst uns in einen Heilungsprozess hineinnehmen. Lass uns dazu bereit sein.
Lass heute Abend unser Gebet sein: Herr, ich möchte anders werden. Ich möchte loswerden, was mich bedrängt. Du großer Befreier, heile uns. Amen.