Herr Präsident! Ich hoffe, dass ich zu diesem Thema ein Wort sagen kann, das das Leben verändert. Mir geht es ähnlich wie Karo: Die Bibel hat mein ganzes Leben von Grund auf verändert. Alles ist anders geworden.
Den Glauben an Jesus Christus kannte ich früher nicht. Erst mit 17 oder 18 Jahren habe ich ihn kennengelernt. Zu dieser Zeit hatte ich ganz andere Pläne.
Dann durfte ich heiraten. Ich möchte euch auch gleich ein wenig erzählen, wie ich meine Frau kennengelernt habe und was wir heute machen. Außerdem möchte ich euch einen Einblick in die Wohngemeinschaft geben, die wir haben.
Lebenswende durch Glauben und biblische Orientierung
Ich möchte am Anfang erst einmal den Trauvers vorlesen, den meine Frau und ich ausgesucht haben. Es ist ein Vers aus dem Neuen Testament. Normalerweise müsste ich ihn auswendig kennen, aber ich ziehe trotzdem vorsichtshalber meine Brille auf, damit ich mich nicht verhaspele.
Der Vers steht in Matthäus 6,33. Dort schreibt Matthäus: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, dann wird euch das alles zufallen.“
Worum geht es? Nur ganz kurz, damit man weiß, in welchem Umfeld dieser Vers eingebettet ist: Wenn man das ganze Kapitel liest, geht es um das Sammeln von Schätzen und um Sorgen machen. Der Herr Jesus fordert uns auf, irdische Mittel für himmlische Zwecke einzusetzen. Das verändert einen auch, denn so lernt man Gott besser kennen.
Gott möchte uns versorgen. Jesus drängt seine Zuhörer, nach dem Heil, nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit zu trachten – also sich dafür zu interessieren und dafür zu arbeiten. Dann sagt er: Trachte danach, dass ich dich versorge – so ungefähr mit meinen Worten.
Ich habe das in den ganzen Jahren, in denen ich jetzt mit Jesus unterwegs bin, erlebt – das sind über vierzig Jahre – dass Jesus mich versorgt hat. Würde ich mein Leben in verschiedene Kategorien einteilen, könnte ich das aus Gottes Perspektive oder aus seinen Augen so beschreiben:
Erstens: Gott hat mich vorbereitet.
Zweitens: Gott hat mich eingesetzt.
Drittens: Gott hat mich bis heute durchgetragen.
Vorbereitung durch Gottes Wirken in der Kindheit und Jugend
Fangen wir ganz von vorne an. Ich bin, wie ich schon gesagt habe, in einem kleinen Dorf in der Nähe von Köln aufgewachsen, etwa 40 bis 45 Kilometer von der Stadt entfernt. Dort lebten wir in einem kleinen Einfamilienhaus. Meine Eltern hatten mich sehr lieb, und ich habe eine Schwester, die zwölf Jahre älter ist als ich.
Zu Hause wurde eigentlich nie großartig über den Glauben gesprochen. Ich möchte euch kurz von drei Begebenheiten erzählen, die mich zum Nachdenken gebracht haben. Manchmal passiert im Leben etwas, das einen so sehr beschäftigt, dass man sich fragt: Warum ist das gerade mir passiert?
Das erste Erlebnis fand sogar vor meiner Geburt statt. Meine Mutter hatte damals ein Beruhigungsmittel eingenommen, ich weiß nicht, wie lange. Dieses Mittel hat bei kleinen, neugeborenen Kindern verheerende Schäden verursacht. Es führte dazu, dass die Arme fehlten und die Hände oben am Arm angewachsen waren. Diese Kinder wurden als Contergankinder bezeichnet. Vielleicht habt ihr schon einmal davon gehört.
Als ich älter wurde, habe ich mich dafür interessiert. Viele dieser Kinder hatten nur ein Bein oder gar keine Beine oder keine Arme. Ansonsten waren sie ganz normal und meist hochintelligent. Es gibt sogar Professoren, die diese Krankheit hatten, hervorgerufen durch das Beruhigungsmittel Contergan.
Als ich etwa 15 oder 16 Jahre alt war, fragte ich mich: Warum bist du gesund? Ich sprach mit meiner Mutter darüber. Sie sagte, sie habe das Contergan-Medikament genommen, aber bei ihr sei nichts passiert. Insgesamt gab es wohl 58 Kinder, die durch Contergan beeinträchtigt wurden. Ich habe viel darüber gelesen, Zeitungsartikel und sogar ein Buch gekauft.
Ich habe mich ernsthaft gefragt, warum ich nicht wie so viele andere behindert zur Welt gekommen bin. Diese Frage konnte ich natürlich nicht beantworten, aber sie hat mich lange beschäftigt. Bis heute frage ich mich das manchmal noch.
Das zweite Erlebnis, das mich nachdenklich machte, hängt mit meiner Ausbildung zusammen. Ich habe eine Lehre als Zimmermann gemacht und fast zehn Jahre in diesem Beruf gearbeitet. Als Zimmermann baut man Dachstühle, ein schöner Beruf. Man ist immer an der frischen Luft. Wenn es regnet, wird man nass, bei Sonne bekommt man eine Bräune, und man kann die Welt von oben sehen.
Wir hatten ein altes Haus umgedeckt: Die alten Dachpfannen wurden entfernt, neue Sparren eingebaut – das sind die Balken im Dach – und der Dachständer. Damals waren die Drähte noch nicht isoliert, heute wäre das nicht mehr erlaubt. Mein Chef warnte uns immer: „Pass auf, dass du nicht an die Drähte kommst! Wenn du den Dachständer berührst, kannst du einen tödlichen Schlag bekommen.“
Wir haben alle aufgepasst. Ich hielt eine vier Meter lange Dachlatte in der Hand, die ich abnehmen sollte, weil eine neue draufkam. Am äußersten Ende war sie noch mit einem Nagel befestigt. Ich drehte und drehte sie, wollte sie hochheben, aber sie bewegte sich nicht. Plötzlich schnippte sie hoch – und schlug gegen die Leitung. Die Drähte wackelten heftig. Ich bekam einen riesigen Schreck und ließ die Dachlatte fallen, die dann hinten runterrutschte. Ich hielt sie noch einmal fest und ging dann nach unten, um mir alles anzusehen.
Die Leitungen wackelten immer noch. Am nächsten Tag kam der Starkstrom-Elektriker und isolierte sie. Ich erzählte ihm, was passiert war. Er meinte: „An eine Leitung kannst du vielleicht kommen, die ist unten, aber an die anderen nicht. Wenn du die berührst, bist du tot.“ Aber ich war an alle drei Leitungen gekommen, die wackelten. Ich weiß bis heute nicht, warum mir nichts passiert ist.
Ich rauchte damals noch und stand unten, als ich nach oben schaute. Da durchströmte mich ein tiefes Glücksgefühl, mir wurde warm ums Herz. Ich dachte: „Mein lieber Mann, du hast überlebt. Du hättest tot sein können. Dann wären deine Eltern traurig gewesen und hätten dich beerdigt.“
Das dritte Erlebnis brachte mich zum Nachdenken über das Leben und mein eigenes Leben. Ein Nachbar von uns lag im Sterben. Damals starben die Leute oft noch zu Hause, heute meist im Hospiz oder Krankenhaus. Er hatte keine Frau mehr und war allein. Mein Vater saß einige Nächte bei ihm am Bett. Eines Tages fragte er mich plötzlich: „Wolfgang, nächste Nacht musst du das mal machen, ich kann nicht mehr.“ Mein Vater war damals schon Rentner.
Ich setzte mich zu dem Nachbarn, der sehr unruhig war. Er zog die Decke bis oben hin, trat mit den Füßen um sich. Ich sagte zu ihm: „Onkel Erich, bleib schön liegen, tob nicht herum.“ Er wollte sich hinsetzen, aber ich legte ihn wieder hin. Ich hatte so etwas noch nie gemacht und hatte auch ein bisschen Angst. Es war spät, etwa zwölf oder ein Uhr nachts. Ich rechnete mit allem, aber nichts passierte.
Irgendwann ging ich raus auf den Balkon, um eine Zigarette zu rauchen und mich zu beruhigen. Ich war 17 Jahre alt. Plötzlich hörte ich Schläge. Ich dachte: Was ist das? Ich war sofort im Zimmer. Onkel Erich lag auf dem Rücken, machte eine Art „Kerze“ im Bett, die Füße an der Wand hochgestreckt, und schlug mit den Fersen gegen die Wand. Dabei rief er: „Ich will nicht sterben, ich will nicht sterben, ich habe Angst.“
Ich nahm seine Füße herunter, legte ihn wieder hin und sagte: „Onkel Erich, beruhige dich, du musst nicht sterben.“ Die Decke zog ich hoch. Er starb nicht in dieser Nacht, sondern einige Nächte später, als ich zum Glück nicht dabei war.
Ich fragte mich: Wo ist er jetzt? Das war das erste Mal, dass ich mich wirklich dafür interessierte, was nach dem Tod passiert. Das war ein einschneidendes Erlebnis für mich. Ich war damals vielleicht genauso alt wie ihr jetzt, 17 Jahre. Onkel Erich war tot, und ich hatte zum ersten Mal einen Toten gesehen.
Kurz darauf gab es in unserem Nachbardorf eine Evangelisation. Das Wort des Lebens wurde gepredigt, und sie waren etwa zwei bis drei Wochen dort. Es gab ein Quartett mit Gitarre und Trompete. Anfangs wollte ich gar nicht hingehen, aber ein netter christlicher Student lud mich jeden Tag an unserem Haus an. Am letzten Abend ging ich dann doch mit.
Während der Predigt wurde auch zur Entscheidung für Jesus Christus aufgerufen. Es fühlte sich an, als sei die Predigt genau für mein Leben gemacht. Ein Mann, der schon einmal auf dem Mond war – ein Raumfahrer namens James Irwin, glaube ich – hielt die Predigt. Er war ein tiefgläubiger Mensch. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, ob der Name genau so war, aber ich will nichts Falsches sagen.
Er brachte einen Stein mit, den er angeblich vom Mond hatte. Später sagte er, das sei nicht wirklich ein Mondstein, den hätte er nicht mitbringen dürfen. Trotzdem war seine Rede sehr interessant. Er sprach Englisch, ein Deutscher übersetzte.
Als dann der Aufruf kam, wer sich für Jesus entscheiden wolle, nach vorne zu kommen, wusste ich: Wenn ich jetzt nach vorne gehe, wird sich mein ganzes Leben ändern. Ich wusste nicht genau, was anders wird, aber ich spürte, dass es eine gute Entscheidung ist. Also stand ich auf und ging nach vorne.
Begegnung und Beziehung: Der Weg zur Ehe
Ja, und dann wurde ich immer älter und wollte auch immer mehr Wissen aus der Bibel. Mein Opa war Seemann. Er wurde 1882 geboren und ist ab 1900 für 18 Jahre zur See gefahren. Das habe ich, glaube ich, gestern oder vorgestern schon erzählt. Er hat viel in der Welt erlebt.
Als ich noch klein war, hat er mich oft auf den Fuß gesetzt, hat mir den Himmel gezeigt und erzählt: Wenn du mit dem Schiff nach Süden fährst, dann siehst du das Kreuz des Südens. Das sieht man hier oben nicht. Er hat mir erklärt, wie das aussieht – das war total schön.
Hier oben haben wir den Nordstern. Den sieht man natürlich nicht, wenn man im Süden ist. Er hat mir erklärt, wie man den Nordstern findet. Danach kannst du dich immer orientieren, wenn es sternenklar ist, denn der Nordstern verändert sich nie. Er bleibt immer an einer Stelle stehen. Das hat mich sehr geprägt, seine ganze Art und Weise, wie er mit mir umgegangen ist.
Irgendwann bin ich dann auf eine Bibelschule gegangen, eine Kurz-Bibelschule bei den Fackelträgern, und das war 1983. Dort lernte ich meine Frau kennen. Nicht von Anfang an – am Anfang habe ich sie eigentlich gar nicht beachtet. Da war noch ein anderes Mädchen, die hat mir auch gut gefallen. Ich bin ja nicht nur nach dem Aussehen gegangen, aber na ja, wie man das so macht als junger Mann. Die war hübsch, und ich bin mit ihr mal spazieren gegangen. Aber da habe ich schnell gemerkt, das ist nichts.
Dann stand ich vor so einer großen Welttafel. Da waren weiße Sticker drauf, für Länder, in denen noch nie ein Missionar war. Ich sagte zu meinem Freund, der neben mir stand – er hieß Dieter – dass ich gerne dorthin gehen würde, wo noch kein Missionar war. Das würde mich interessieren.
Hinter mir sagte eine Frau: „Ich auch.“ Das hatte ich ja noch nie gehört. Eine Frau sagte, sie möchte gerne irgendwo nach Südamerika, nach Paraguay gehen, wo noch nie jemand war. Dann drehte ich mich um, und da stand meine jetzige Frau hinter mir. Ich wusste noch nicht mal, dass sie Gaby hieß.
Dann begann ich, mich für dieses Mädchen zu interessieren. Ich fragte ein anderes Mädchen, das ich kannte: „Guck mal, die mit den blonden Haaren da hinten – versuch mal rauszukriegen, ob die einen Freund hat. Das würde ich jetzt gerne wissen. Denn wenn sie einen Freund hat, lasse ich natürlich die Finger davon. Aber wenn sie keinen hat, dann würde ich mich vielleicht mal dahinterklemmen, denn so eine Frau, die so etwas sagt, hat mich total beeindruckt.“
Am nächsten Tag lief das Mädchen, das sie erkundet hatte, mir wieder über den Weg. Ich fragte: „Na, hast du dich mal erkundigt?“ Sie antwortete: „Nee, so schnell geht das nicht. Ich muss mal gucken, ich kenne sie noch nicht so gut.“ Irgendwann kam sie dann und sagte: „Du, ich habe schlechte Nachrichten. Die hat einen Freund.“
Ich dachte mir: „Das ist ja eine schwierige Freundschaft.“ Es war ein Ägypter, der aus Ägypten kam. „Wie, der kommt aus Ägypten?“ fragte ich. „Ja, der ist Moslem.“ Ich wusste nicht viel darüber, aber ich dachte, jetzt muss man sich mal selbst darum kümmern, wie man das so macht. Das kennt ihr vielleicht besser als ich.
Ich stellte mich dann in der Essensschlange immer neben sie und sprach sie an. Ich sagte: „Gaby, ich habe mich vorhin erkundigt, wie du heißt.“ Es waren über achtzig Leute da, weit über fünfzig Frauen, der Rest Männer. Man hatte also schon eine Auswahl. Aber deswegen war ich ja nicht hierhergekommen. Es hat sich alles so ergeben.
Ich fragte sie: „Ich habe gehört, dass du einen Freund hast, der aus Ägypten kommt. Das wurde hier erzählt.“ Sie antwortete: „Ja, das ist eine schwierige Sache. Er ist Moslem. Da kannst du doch nicht heiraten, wenn er Moslem ist, das geht ja auf gar keinen Fall. Du bist doch gläubig. Meine Eltern würden das auch so sehen, und ich weiß nicht, ich bin hin- und hergerissen.“
Dann sagte ich: „Also, wenn du Lust hast, können wir abends mal ein bisschen spazieren gehen.“ „Ja, Cesar würde das auch gerne machen“, antwortete sie.
Am selben Tag ging ich noch in die Bücherei und besorgte mir Bildbände und Informationsmaterial über Ägypten. Ich las stundenlang und ging dann mit Gaby spazieren. Beim ersten Spaziergang habe ich nur über Ägypten gesprochen – über Pyramiden und Zwinks, und wie verrückt manche Leute sind, die sagen, die Pyramiden wären von Außerirdischen gebaut worden. So ein Quatsch, das stimmt natürlich nicht.
Gaby sagte hinterher: „Mensch, sag mal, Wolfgang, du kennst dich ja aus mit Ägypten.“ Ich antwortete: „Gaby, das war schon zeitlebens ein Hobby von mir.“ Dabei hatte ich sie schon zum ersten Mal belogen. Das stimmte überhaupt nicht. Ich wusste noch nicht mal, wie Ägypten geschrieben wird. Wenn mir vorher jemand gesagt hätte, ich soll es an die Tafel schreiben, hätte ich es nicht gewusst.
Auf jeden Fall habe ich mich da auf dünnes Eis begeben. Nach etwa zehn Spaziergängen sagte sie dann, sie überlege die ganze Zeit, ob sie die Freundschaft auflösen soll. Deshalb war sie auch auf der Kurz-Bibelschule. Lebte Bernhard Rebsch damals noch? Den werdet ihr kennen, Hans.
Sie sagte, sie müsse einmal mit Bernhard Rebsch reden. Ich sagte: „Mach das! Der wird auf jeden Fall sagen, du sollst die Freundschaft auflösen. Das kann ich mir nicht vorstellen.“
Am Ende des halben Jahres – es ging ja nur ein halbes Jahr – nahm ich allen Mut zusammen und sagte: „Gaby, ich würde dich gerne zum Abschluss, in einer Woche, zum Essen einladen.“ Das war das Ende der Bibelschule. Gaby sagte: „Ja, ich gehe mit.“
Ich dachte, dann sagst du ihr, dass du in sie verliebt bist. Vorher hatte ich schon ausgekundschaftet, dass es durch den Wald ein Stück gibt, wo man vielleicht an der Hand nehmen kann, was man sich so überlegt. Es gab ein schönes Lokal in einem anderen Dorf.
An dem besagten Abend sind wir losmarschiert. Kurz bevor ich reingehen wollte, fühlte ich hinten in meiner Tasche – mein Portemonnaie war weg. Ich dachte: „Was ist jetzt los? Portemonnaie vergessen, kein Geld in der Tasche.“ Es lag bei mir auf dem Bett. In der Aufregung – ich war ja nicht so ein Casanova – war das das erste Mal, dass ich mich auf so dünnes Eis begab.
Ich sagte zu Gaby: „Weißt du, ich habe mein Portemonnaie vergessen. Es liegt wahrscheinlich noch bei mir zu Hause auf dem Bett.“ Sie sagte: „Ich habe auch kein Geld dabei, nur fünf D-Mark.“ Das war noch zur D-Mark-Zeit.
Ich sagte: „Gib mir die fünf D-Mark. Da hinten ist eine Metzgerei. Ich hole etwas, dann essen wir im Wald.“ Sie gab mir das Geld. Ich ging in die Metzgerei und kaufte eine Fleischwurst mit Knoblauch, einen halben Liter Milch und zwei Brötchen. Ich ließ mir eine Tüte packen. Die wollten gerade schließen, da klopfte ich noch an und sagte: „Ich muss noch was einkaufen.“
Dann marschierten wir los. Ich hatte die Tüte dabei. Wir kamen zu einem Hochstand, stiegen hoch und saßen oben. Wir aßen erst die Fleischwurst und die Brötchen, abwechselnd biss Gaby hinein, dann ich. Das war das schönste Essen mit Gaby in meinem ganzen Leben – oben auf dem Hochstand.
Dann nahm ich allen Mut zusammen und sagte: „Gaby, ich wollte dir jetzt nach dem halben Jahr etwas sagen. Ich habe dich sehr lieb gewonnen.“ Sie sagte: „Wolfgang, ich dich auch, mein lieber Mann.“ Da hätte ich Bäume ausreißen können. Ich hätte mich mit der halben Welt angelegt. Das war so ein Gefühl, das werdet ihr sicherlich kennen. Da dachte ich: „Mensch, das hast du, eine Freundin.“ Das war meine erste richtige Freundin. Das hat bis zum heutigen Tag gehalten.
Ehe und gemeinsames Leben: Veränderung durch Liebe
Wenn ich so darüber nachdenke, was meine Frau und ich alles erlebt haben, fällt mir unser erstes Treffen ein. Ich hatte ja damals eine absolute Junggesellenwohnung. Das habe ich ja schon am ersten Abend erzählt. Dort standen 25 Blumen, die ich kein einziges Mal gegossen habe. In der Wohnung hausten Spinnen, die so groß wie Tischtennisbälle waren. In den Ecken hingen Spinnweben. Das hat mich eigentlich nicht gestört. Und wenn einen etwas nicht stört, sieht man es hinterher auch nicht mehr.
Dann kam Gabi zu Besuch. Ich hatte grob ein bisschen die Fechter in der Bude – sie hat sich meine Wohnung angesehen. Und dann sagte sie: „Mensch, die Blumen hier, so etwas hat sie ja noch nie gesehen. Alles einzigartig hier, und die stehen schon seit fünf Jahren da, ohne einmal gegossen worden zu sein.“ Eine Waschmaschine hatte ich nicht. Da fragte sie, wie ich denn wasche. Ich antwortete, ich pfeffere alles in die Dusche, dusche 14 Tage später, wasche die Seife aus und hänge die Sachen zum Trocknen auf. Dann ziehe ich sie wieder an.
Ich wollte ja nicht zuhause ausziehen und meiner Mama noch die Wäsche bringen. Das hätte es bei mir nicht gegeben. Wenn ich ausziehe, dann mit aller Konsequenz. Ich wollte auch selbst waschen, und das habe ich gemacht. Das würde ich heute noch so machen, wenn ich allein wäre. Ja, und trotzdem hat Gabi mich geheiratet.
Wir mussten uns natürlich verändern. Am ersten Abend ging es ja darum, dass ich mich aus Liebe zu meiner Frau verändert habe. Gabi hat sich auch auf mich eingelassen. So kann man sich also verändern. Wenn ich ein Wort nennen müsste, das mein Leben verändert hat, dann wäre es „Gabi“. Sie hat mein Leben zum Positiven verändert, und ich hoffe, ich habe ihres auch.
Ich habe ihre positiven Eigenschaften für mich in Anspruch genommen. Sie hat vielleicht einige negative Eigenschaften von mir über sich ergehen lassen. Aber wir sind uns einig. Meine Ehe mit Gabi war ein Riesenabenteuer – bis zum heutigen Tag. Mensch, was haben wir alles erlebt! Ich könnte mir überhaupt nicht vorstellen, mit einer anderen Frau zusammen zu sein. Wenn ich jetzt eine andere geheiratet hätte – na ja, darüber will ich nicht referieren. Das steht hier auch nicht zur Debatte.
Berufung und Einsatz: Gottes Weg in der praktischen Arbeit
Dann kommen wir zum zweiten Punkt: Gott bereitet vor. Für mich war mein ganzes Leben eine Vorbereitung auf die Arbeit, die ich heute mache. Damals habe ich das jedoch überhaupt nicht gewusst. Ich wusste zwar, dass Gott etwas mit mir vorhat, aber ich bin nicht davon ausgegangen. Ich glaube auch nicht, dass Gott einen festen Plan für dein Leben hat.
Du hast Gaben bekommen, Gott hat dir Talente geschenkt, und diese sollst du nutzen. Es ist nicht so, dass Gott einen genauen Plan für dein Leben hat, den du dann erfüllen musst. Stellt euch das mal vor: Wenn ich jetzt oben auf dem Hochstand zu Gabi gesagt hätte: „Gabi, ich habe dich sehr lieb und ich habe einen wunderschönen Plan für dich, der bis zu deinem sechzigsten oder siebzigsten Lebensjahr reicht“, dann hätte sie mir etwas entgegnet. Sie hätte gesagt: „Den kannst du selbst erfüllen, ich gehe meinen eigenen Plan.“
Gott hat dir Gaben gegeben und er hat einen Auftrag für dich, eine Aufgabe, eine Berufung. Du kannst sicherlich viele Dinge tun, die mit deinen Gaben zusammenhängen. Ich habe dann vier Jahre lang in Darmstadt Theologie studiert. Am Ende musste ich damals noch eine Diplomarbeit schreiben. Ich war immer eher der Praktiker und habe zu meiner Frau gesagt, wir waren verheiratet und hatten schon zwei Kinder: Ich möchte etwas ganz Praktisches machen.
Das ist jetzt der zweite Punkt: Gott setzt ein. Ich wollte etwas über Nichtsesshafte schreiben. Ich habe die Menschen in den Rheinauen besucht, um sie zu befragen und Interviews zu führen. Ich wollte herausfinden, wie man ihnen helfen kann. Dabei wollte ich an der Basis arbeiten, nicht vom grünen Tisch aus etwas aufschreiben oder mir Bücher aus der wissenschaftlichen Buchgesellschaft in Stuttgart holen. Ich wollte zu den Menschen hingehen, vielleicht auch ein paar Nächte draußen mit ihnen schlafen, sie kennenlernen und ihnen helfen. Ich wollte wissen, wie ich ihnen helfen kann.
Das habe ich auch gemacht. Dabei habe ich viele interessante Menschen kennengelernt, auch solche mit traurigen Geschichten. Einer war 28 Jahre alt, mit dem habe ich mich besonders beschäftigt. Ich habe ihn gefragt: „Warum lebst du eigentlich draußen? Du trinkst jeden Tag, kannst dich nicht duschen, keinen Arzt besuchen. Natürlich kannst du einen Arzt besuchen, aber das ist mit großem Aufwand verbunden.“ Ich sagte zu ihm: „Du musst doch hier rauskommen.“ Und er antwortete etwas, das ich bis heute nicht vergessen habe. Für mich war das wie eine Berufung.
Er sagte: „Weißt du, Wolfgang, ich müsste jemanden haben, der so ist wie du, und dann müsste ich bei dem in der Familie mitleben.“ Danach habe ich zu Gabi gesagt: „Stell dir vor, der hat gesagt, er bräuchte einen Freund wie mich, bei dem er in der Familie leben könnte, dann würde er es vielleicht schaffen.“ Ich kannte zu der Zeit die größte Gefährtenhilfe in Deutschland, die Gefährtenhilfe Scheideweg. Die machten eine ähnliche Arbeit, hatten sie damals schon gemacht. Es war 1989, als ich mit meiner Diplomarbeit begann.
Ich habe den damaligen Leiter angerufen und mir für die Diplomarbeit Material schicken lassen. Ich erzählte ihm auch von meinem Vorhaben. Der Friedel sagte zu mir: „Überlege mal, ob das nicht ein Job für dich ist.“ Aber wir wollten eigentlich nach Paraguay, um dort unter unerreichten Völkern zu arbeiten, wie die weißen Punkte auf der Weltkarte.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe noch eine therapeutische Ausbildung gemacht. Diese wurde mir vom damaligen Direktor der Deutschen Indianermission, Karl Ernst Wiedmann, vorgeschlagen. Er sagte: „Wolfgang, du musst noch eine therapeutische Ausbildung machen, dann ist alles einfacher mit dem Visum.“ Zimmermann ist schon sehr gut, seine Frau ist Krankenschwester, aber mach noch eine therapeutische Ausbildung. Viele der Indianer dort sind auch süchtig. Sie kauen Kokablätter und stellen vielleicht auch Schnaps her, ich weiß es nicht genau.
Diese Ausbildung habe ich am Bodensee gemacht. Danach habe ich eine Zeit lang in einem Krankenhaus für Suchtkranke im Ringenhof hospitiert. Dort habe ich wieder einen Mann kennengelernt, der eigentlich total in Ordnung war, aber mir leid tat. Er trank wie ein Loch, war schon zum vierten oder fünften Mal in der Fachklinik. Ich fragte ihn: „Warum seufzt du so? Hör doch auf damit!“ Er antwortete: „Das würde ich ja, aber ich schaffe es nicht. Ich schaffe es überhaupt nicht. Wenn ich hier mit meiner Therapie fertig bin, gehe ich, wenn ich nicht in Ravensburg bin, schon wieder trinken.“
Ich sagte: „Das kannst du doch nicht machen, du trinkst schon 20, 25 Jahre.“ Er sagte: „Weißt du, Wolfgang, ich bräuchte jemanden wie dich, der sich um mich kümmert. Bei dem würde ich mitleben und dann würde ich es vielleicht schaffen.“ Ich bin nach Hause gegangen und sagte zu Gabi: „Stell dir vor, genau das hat der 28-Jährige auch gesagt: Er bräuchte jemanden wie dich, bei dem er mitleben könnte.“
Das war für mich eine Berufung von zwei Leuten, die nicht alle Latten am Zaun hatten. Der eine war noch betrunken, als er mir das sagte, der andere war nüchtern, aber in Therapie. Das war für mich eine klare Berufung, als hätte Gott zu mir und zu uns gesprochen. Da lief mir ein richtiges Frösteln über den Rücken.
Wir haben dann beschlossen: „Weißt du was, das machen wir. Wir bleiben in Deutschland und kümmern uns um solche Menschen.“ So hat Gott uns eingesetzt. Wir haben uns entschieden, Männer in unserer Familie aufzunehmen, sie lieb zu haben und ihnen zu dienen. Das heißt, sie bei uns mitleben zu lassen. Natürlich nicht, dass wir ihnen das Frühstück ans Bett bringen – das wäre schön, aber das machen wir nicht. Man muss manchmal auch sehr konsequent sein.
Ich wollte keine Berührungsängste haben, und ich hatte auch nie welche. Die Männer, die bei uns in der Familie mitleben, habe ich immer lieb gehabt, und ich habe sie auch weiterhin lieb. Im Moment haben wir eine super Truppe bei uns. Die meisten sind jeden Abend mitgekommen. Heute sind zwei zu einem Motorsägenkurs, einer ist übers Wochenende nach Hause gefahren, und die anderen sind wieder alle hier.
Ich bin wirklich dankbar, dass ich diese Arbeit machen darf. Wir wollen transparent sein, durchsichtig, damit die Männer an unserem Leben erkennen können, wie schön es ist, mit Jesus zu leben. Ich möchte keine Kopie von irgendetwas sein, sondern ein Original. Ich möchte Interesse am anderen haben und das auch zeigen.
Durch Gottes Hilfe getragen: Erfahrungen aus 32 Jahren Arbeit
Und jetzt könnte ich schon beim dritten Punkt weitermachen: Gott trägt durch.
Wir haben in den 32 Jahren, in denen wir diese Arbeit machen, circa 250, aber es sind ein bisschen mehr, etwa 260 Leute begleitet. Über 70 von denen, die hier bei uns wohnen, sind tot, sie leben nicht mehr. Aber Gott hat uns immer durchgetragen.
Ich habe hier mal ein paar Sachen aufgeschrieben, die wir erlebt haben. Das ist mir ganz wichtig, damit ihr mal eine Sichtweise bekommt: Wenn man mit Gott lebt, kann man Abenteuer erleben. Viele denken ja auch, mit Gott zu leben sei langweilig. Sie glauben, Gott würde einem alles vorschreiben. Das haben mir schon viele gesagt. Das kann ich überhaupt nicht bestätigen.
Meine Freundschaft mit Jesus, meine Ehe mit Gabi und auch meine Beziehung zu meinen Kindern waren immer abenteuerlich. Wenn es nicht so wäre, würde ich es hier nicht sagen. Es war immer richtig schön. Gabi und ich, wir haben uns richtig lieb.
Unsere Kinder, selbst unseren ältesten Sohn – darüber will ich am Sonntagabend ein bisschen erzählen – haben wir verloren. Das war an unerträglichen Tagen sehr schwer. Sein letzter Satz auf dieser Erde war: „Ich weiß ja nicht, am Sonntag sei der Fleisch nicht hier“, er war mit 19 Jahren, „Mama, gleich bin ich bei Jesus.“ Hör mal, im Sterben gehst du ja nicht mehr her, und er beruhigte noch seine Eltern. Im Sterben sagt man nicht einfach das, was einem gerade in den Kopf kommt. Viele Leute haben Angst davor.
Als ich das von Manuel gehört habe, habe ich mich gefreut. Er war sechs Jahre krank und hat die ganze Krankheitszeit über immer ganz intensiv mit Jesus gerechnet. Wir haben so viele Wunder erlebt, wir haben neben seinem Bett gekniet und gebetet, wir haben geweint. Als er tot war, haben wir geweint. Ich habe dicht neben dem Sarg gestanden und gedacht, dass Gott ihn noch einmal auferwecken kann. Als der Sargdeckel schon drauf war, habe ich gehofft, er klopfe vielleicht von innen. Das ist nicht passiert. Damals habe ich wahnsinnig darunter gelitten, aber im Nachhinein war es für mich ein Glaubenserlebnis sondergleichen.
Jetzt habe ich mir noch ein paar andere Dinge aufgeschrieben, die wir erlebt haben. Zum Beispiel haben wir erlebt, dass die Wahrheit immer ans Licht kommt. Das ist ein großartiges Erlebnis, wenn du belogen wirst und weißt, dass der andere lügt, und du nichts machen kannst. Ich habe es die ganze Zeit über nicht anders erlebt, als dass irgendwann ein Schnittpunkt kam und dann die Wahrheit herauskam. Mensch, das ist ein Erlebnis.
Ich habe erlebt, wie es ist, wenn du richtig hässlich belogen wirst. Wir hatten Leute bei uns wohnen, die uns belogen haben, uns beklaut und verarscht haben. Das ist ein grausames Erlebnis. Aber ich habe auch erlebt, wie Jesus eingegriffen hat. Das hat unsere Ehe, die Ehe zwischen Gabi und mir, zusammen geschweißt wie Eisen.
Ihr werdet ja alle mal irgendwann heiraten, und wenn ihr einen Paten habt und an Jesus glaubt, könnt ihr zusammen beten. Das ist ein Magnet. Das müsst ihr unbedingt machen, denn das ist das Schönste, was es überhaupt gibt: Wenn du hier irgendwo sitzt und neben dir sitzt dein Partner, dein Ehepartner oder dein Freund – in der Freundschaft kann man das ja auch schon machen – und der betet für dich, nennt deinen Namen und sagt: „Herr Jesus, segne doch jetzt den Wolfgang, du weißt doch, dass er dich lieb hat.“ Das stärkt den eigenen Glauben.
Und dann ist immer herausgekommen, dass wir belogen wurden. Immer. Ich kann mich nicht erinnern, dass uns mal jemand über einen langen Zeitraum hinweg belogen hat. Man hatte manchmal auf einmal den Eindruck: Ich muss doch jetzt mal den und den fragen. Und dann habe ich ihn gefragt, weiter gefragt und weiter gefragt, und dann kam heraus, dass er lügt.
Ich habe natürlich auch erlebt, wie es ist, mitten ins Gesicht geschlagen zu werden. Ich habe erlebt, wie es ist, wenn Leute mit dem Baseballschläger auf einen losgehen. Ich habe erlebt, dass Mütter ihre Kinder für dreihundert Euro verkaufen – kleine Seuchlinge oder etwas ältere, nicht zwei Jahre alt – auf der Autobahn an ältere Männer, die extra mit dem Wohnmobil dorthin kommen.
Ich habe eine Frau kennengelernt, die sagte, sie habe als Prostituierte am Tag um die 300 Euro verdient. Aber ihre Tochter verdient in der Stunde 300 Euro. Ja, die wird verkauft an Männer, die mit dem Wohnmobil auf den Parkplatz kommen. Hier gibt es extra Parkplätze, die Insider kennen. Sie steigen mit ihren Wohnmobilen aus, spielen nach außen den feinen älteren Herrn und missbrauchen ihre Kinder im Wohnmobil oder im Wohnwagen. Grausam ohne Ende.
Ich habe erlebt, wie Menschen bei uns zum Glauben gekommen sind. Das ist mit das Schönste überhaupt: Menschen, die zum Glauben gekommen sind, die gebrochen haben mit ihrer Vergangenheit und neu angefangen haben mit Jesus. Ein Name, der mich verändert hat – oder ein Name, der die Welt verändern kann: Jesus Christus. Er kann ein Menschenleben komplett neu machen.
Wie wir nachher noch von Tobias hören werden: Er war früher drogenabhängig, hat alles Mögliche genommen. Jetzt ist er schon jahrelang ohne Drogen und war bei OM, Operation Mobilisation, auf dem Schiff. Ich will nichts vorwegnehmen, gleich können wir ihm zuhören.
Ja, ich habe erlebt, wie es ist, wenn Menschen mit einem Messer auf einen losgehen. Einmal in Kleingartach, in der Nähe von Heilbronn, haben sie auf mich geschossen. Aber ich habe alles immer überlebt. Es war ein Abend – ich erzähle das jetzt nicht, um anzugeben – ein abenteuerliches Leben.
Ich habe immer Hunde gehabt, neun Stück Deutsche Doggen. Hans, das war ein Schäferhund, hier Dobermann. Wenn du in die Augen deines Hundes guckst und weißt, er steht jetzt neben dir und hechelt, und du brauchst nur einen Befehl zu geben, dann geht er auf den los, den du beseitigen willst – nicht im Sinne von töten, aber um ihm höheren Schrecken einzujagen – mir hat das immer gut gefallen. Das war ein Leben.
Jesus war immer bei uns, er hat uns begleitet.
Ich könnte jetzt auch nur einen vierten Teil einschalten: Gott bringt uns zum Ziel. Aber das mache ich nicht.
Ich habe damals immer so für mich gesagt: Ich möchte kein Christ sein, ich möchte Nachfolger sein, ein richtiger Nachfolger.
Der Unterschied zwischen Christ und Nachfolger ist nämlich der: Wenn du Jesus richtig lieb hast, dann bist du Nachfolger. Dann betest du auch vor dem Essen bei McDonald’s. Du setzt dich hin, nicht laut, leise, und faltest die Hände. Ein Christ fängt direkt an zu essen, sage ich jetzt mal.
Nachfolger sein heißt: Ich folge Jesus nach. Und ich möchte euch nachher noch dazu einladen.
Ich möchte auch kein Angler sein, ich möchte ein Fischer sein. Das ist nämlich auch ein Unterschied.
Der Angler liegt irgendwo am Strand im Liegestuhl, säuft eine Flasche Bier und hat die Angel in so einem Gerät, dass sie nicht davon schwimmt. Der Schwimmer schwabbelt dann irgendwo hinten auf dem Wasser.
Aber der Fischer fährt raus aufs offene Meer – ob Sonne, Regen oder Wellen, er fährt raus.
So einer möchte ich sein.
Jesus als Lebensveränderer und Wertgeber
Und zum Schluss möchte ich noch Folgendes sagen: Die Männer, die bei uns gewohnt haben, habe ich immer lieb gehabt. Das kann ich mit Fug und Recht sagen. Ich wollte ihnen Jesus näherbringen, weil man mit Jesus wirklich von vorne neu anfangen kann. Ich wollte, dass sie Jesus kennenlernen. Fast jeden Tag sage ich: Mit Jesus Christus kannst du leben.
Das wird nirgendwo deutlicher als in der Geschichte des gekreuzigten Christus, der in der Mitte zwischen zwei Verbrechern hängt. Einer von den beiden Verbrechern fängt plötzlich an, mit Jesus zu reden. Zwei, drei Sätze, und Jesus sagt zu ihm: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“ Heute noch – das ist seine Zusage, ein Versprechen, das Jesus gibt. Und wenn Jesus etwas verspricht, dann hält er es auch.
Man muss sich das mal vorstellen: Jemand, der die Hölle verdient hat, kommt in den Himmel. Ein Schwerverbrecher, der wahrscheinlich in seinem ganzen Leben noch nie ein Tischgebet gesprochen hat, geschweige denn zum himmlischen Vater gebetet hat, für den Gnade ein absolutes Fremdwort war und den er nicht kannte, wendet sich an Jesus Christus. Und Jesus sagt zu ihm: Heute noch. Das ist unvorstellbar, aber genau so habe ich Jesus Christus erlebt.
Meine Frau hat mir mal zum Geburtstag so ein Buch geschenkt, das heißt „Generation doof“. Da stehen eine ganze Menge toller Geschichten drin, bei denen man richtig lachen kann. Sie stimmen alle, sie sind tatsächlich mal irgendwann hier in Deutschland passiert. Da sind Leute nachts in einen kleinen Supermarkt eingestiegen. Es hat sich wirklich so abgespielt: Sie haben nicht geklaut, sondern die Preisschilder von den Artikeln vertauscht, also umgetauscht, und daraus einen Spaß gemacht.
Am nächsten Morgen kommen dann die ersten Kunden rein, und eine Frau sollte für zehn Rollen Toilettenpapier 160 Euro bezahlen. Ein anderer hatte eine kleine Stereoanlage, die nur 99 Cent kosten sollte. Das ist unglaublich – ein schöner Spaß, über den man lachen kann, wenn man das liest.
Aber ich habe mich gefragt: Das steht natürlich nicht im Buch, erleben wir das nicht täglich, jeden Tag in unserer Gesellschaft? Dass unser Wertesystem eben nicht mehr stimmt? Wertvolles wird für Pfennige verramscht, und für den letzten Dreck sind Menschen bereit, vielleicht sogar Millionen zu bezahlen.
Wir machen unseren Körper groß und die Seele klein. Die Preisschilder werden vertauscht, und der billige Spaß erzielt Höchstpreise, während der Wert des Menschen so niedrig ist wie noch nie zuvor – oder vielleicht sogar gar nichts mehr wert ist. Wenn das, was so politisch angekündigt wird, vielleicht irgendwann tatsächlich in die Tat umgesetzt wird – Abtreibung bis zum neunten Monat –, dann ist der Mensch nichts mehr wert. Weg damit.
Ich will nicht, dass mein ganzes Leben danach ausgerichtet wird. Woran liegt das? Woran liegt solch eine grausame Entscheidung? Wir haben uns einimpfen lassen, dass es keinen Gott gibt und alles Leben hier auf der Erde irgendwann mit dem letzten Atemzug vorbei ist. Der Tod schaltet alles aus wie ein Lichtschalter: Knips, und es ist völlig düster.
Der Glaube an Gott ist vielleicht nur noch ganz begrenzt da. Ich habe heute noch im Internet gelesen: Wo die Wissenschaft am Ende ist und keine Antwort mehr hat, da sagen wir: Ja gut, das ist vielleicht der liebe Gott. Jetzt gehen wir mal davon aus, dass die Schöpfung ein Zufall war, du ein Zufallsprodukt, einfach zufällig entstanden. Da ist keiner, der auf dich aufpasst. Wenn deine Eltern tot sind und du nicht verheiratet bist, bist du auf dich allein gestellt.
Das führt doch dazu, dass wir das falsche Wertesystem haben. Du hast nur dann einen Wert, wenn du hübsch aussiehst, sexy bist, wertvoll bist, Tore schießen kannst oder gut singen kannst. Dann bist du wertvoll, dann kannst du bei uns mitsingen. Kannst du nicht singen, kannst du nicht mitsingen.
Wenn du einen Doktor vor deinem Namen hast oder gute Noten in der Schule schreibst, dann bist du wertvoll für mich. Wie viele Kinder sind schon zu mir gekommen und haben gesagt: „Ich traue mich nicht nach Hause, ich habe wieder eine Vier geschrieben, dann kriege ich Prügel.“
Wenn du Leistung bringst – und genau da, und das sage ich mit aller Konsequenz – macht Gott nicht mit. Da macht er nicht mit, weil das grausam ist in diesem Wertesystem. Damit will Gott nichts zu tun haben.
Wenn es eins gibt, was Jesus allen Menschen zeigen wollte und auch gezeigt hat, dann ist es das: Der Mensch ist wertvoll, weil er ein Mensch ist, weil Gott ihn liebt, weil Gott ihn geschaffen hat. Auf seine Geschöpfe will er aufpassen.
Ein Mensch hat einen Wert, weil er Mensch ist. Darum hat Jesus auch die Menschen ganz anders behandelt damals als die anderen. Ich denke da an die Ehebrecherin, die auf frischer Tat ertappt wurde. Jesus schickt sie nachher weg und sagt: „Gut, wenn die dich nicht verurteilen, verurteile ich dich auch nicht. Aber sündige hinfort nicht mehr.“ Er schickt sie nach Hause.
Man muss sich mal vorstellen: Der Aussätzige, der um Heilung bat. Jesus macht ihn gesund. Andere machen sich Gedanken: „Wieso ist der denn aussätzig? Der hat doch irgendwas gemacht.“ Aussatz war damals vielleicht ein Zeichen eines ausschweifenden Lebens, eines sexuellen Lebens. Er ist doch selbst schuld, dass er aussätzig ist. Jesus heilt ihn.
Der blinde Sozialfall, der auf der Straße saß und geschrien hat: „Jesus, Sohn Davids, erbarme dich meiner!“ Ein wunderschöner Vers: Als Jesus ihn schreien hörte, stand er still. So heißt es in der Luther-Übersetzung. Er stand still, er hörte den einen aus der ganzen Masse herausschreien.
Der chronisch Kranke am Teich Bethesda, wo sich alles immer nur um diese Spirale Krankheit dreht, den macht Jesus gesund. Und wenn je ein Mensch wertlos war, dann dieser Kriminelle, der neben dem lebendigen Sohn Gottes am Kreuz hing.
Wenn ein Mensch den Tod verdient hätte, dann dieser Mann. Er stand ganz oben auf der Liste, auf der Tabelle der Namenlosen, der Nullen, der Taugenichtse, der Verbrecher von Haus aus, und mit dem keiner etwas zu tun haben wollte. Mit jedem Atemzug, als er am Kreuz hing, hat er sich hochgezogen, um vielleicht noch einmal irgendwo einen Satz zu sagen. Er hat nach Luft geschnappt.
Man muss sich vorstellen, dass irgendetwas in seinem Oberstübchen ihn dahingehend beeinflusst hat, dass er darüber nachdachte, dass er noch nie in seinem ganzen Leben in besserer Gesellschaft war als da am Kreuz, weil neben ihm einer hing, der unter Umständen der Sohn Gottes war. Und irgendwie merkte er, dass das etwas ganz Besonderes war. Etwas, das sich so vielleicht nie mehr ergeben würde.
Dann hat er angefangen, mit ihm zu reden. Und das ist der Beweis – der Wert eines Menschen ist angeboren. Du bist wertvoll. Egal wie die Schulnoten aussehen, egal was du getan oder gemacht hast – für Jesus bist du unendlich wertvoll.
Der Mann am Kreuz hatte nichts zu bieten. Der Verbrecher, der Zöllner Zachäus hatte ja noch ein dickes Bankkonto, der konnte ja nur hergehen und hinterher spenden, Aussätzige versorgen und was weiß ich nicht noch alles. Die samaritanische Frau ist zurückgegangen in ihr Dorf und hat Jesus Christus verkündet.
Aber dieser Mann, der so dicht neben Jesus hing, hatte nur einen einzigen Wunsch – und das ist jetzt fast schon das Ende, aber den müsst ihr euch merken: Nur einen einzigen Wunsch, dass Jesus an ihn denkt. Er hat ja nicht einmal gesagt: „Erleichtere mir das Sterben“ oder „Nimm mich mit“ oder „Tu ein Wunder, dass die Nägel auf einmal rausfallen“ oder „Dass es ein Erdbeben gibt und die Soldaten tot umkippen“ oder was auch immer.
Er hatte nur einen Wunsch: „Denk an mich“, sagt er. „Denk an mich, wenn du heute in dein Reich eingehst.“ Nur ein einziger Satz – und der reichte. Dann hat Jesus gesagt: „Heute noch.“ Heute noch – stellt euch das mal vor – heute noch wirst du mit mir im Paradies sein. Heute noch. Das könnte deine Stunde sein. Heute noch. Heute, nicht morgen, nicht übermorgen.
Wer weiß, ob wir uns so noch einmal wiedersehen? So wie jetzt hier werden wir uns sicherlich nie mehr sehen. Aber keiner von uns weiß, ob er morgen noch lebt. Darum: Heute noch.
Einladung zur Entscheidung für Jesus Christus
Ich weiß nicht, wie du über Jesus denkst, und ich weiß auch nicht, wie du zu Jesus Christus stehst. Ich weiß nur, dass Jesus mein Leben komplett verändert hat. Da ist alles neu geworden, auch meine Beziehungen sind neu geworden. Ich könnte euch viel erzählen.
Mit 14 Jahren bin ich von der Schule geflogen, weil ich hochgradig aggressiv war. Ich bin auf den Lehrer losgegangen, und an diesem Tag war die Schule für mich beendet. Damals war noch alles möglich. Mit 14 Jahren habe ich angefangen zu arbeiten. Ich habe die Hauptschule ohne Abschluss beendet. Im Prinzip war ich, sage ich mal, intellektuell auf der Abschlussliste.
Als ich Jesus kennenlernte, änderte sich alles zum Positiven. Wenn du darüber nachdenkst und irgendwo so ein Ziehen im Herzen spürst oder in deinem Kopf denkst: „Mensch, ich könnte ja, ich sollte ja, vielleicht wäre es ein guter Schritt“, dann mach das. Wende dich an die Leute, die hier sind, die du kennst. Sie helfen dir gerne.
Ich kann dich nur darin ermutigen, Jesus Christus anzunehmen, der dein Leben verändert. Du wirst sicherlich noch ein paar Chancen bekommen, das auch später zu machen. Manche sagen: „Ich habe mit den Männern immer wieder diskutiert, heute nicht, also das ist mir jetzt im Moment zu viel, heute nicht, heute nicht.“ Aber ich sage dir: Heute hast du eine Chance, dein Leben zu ändern.
Dann möchte ich noch beten:
Lieber, treuer Herr Jesus Christus, von ganzem Herzen möchte ich dir danken, dass du jetzt hier mitten unter uns bist. Du kennst uns, du kennst jeden einzelnen von den jungen Menschen, die hier sitzen. Du kennst ihr Leben, du kennst ihre Vergangenheit und du weißt auch um ihre Zukunft.
Ich bitte dich, dass wir heute den Mut haben. Gestern haben wir darüber gesprochen, dass man Mut braucht. Natürlich braucht man Mut. Um diesen Mut bitte ich dich, dass derjenige, der jetzt angesprochen wurde, in seinem Herzen dir sein Leben anvertraut.
Herr Jesus, das ist eine Entscheidung, die viele andere falsche Entscheidungen wegmachen kann. Da kann alles anders werden. Bitte hilf du, Herr Jesus. Du bist der große König, der kommende König.
Amen.
