Einführung und Begrüßung in Leipzig
Das Regionalprogramm ist zu Ende, und nun starten wir mit dem Gemeinschaftsprogramm „Leipzig kommt so“. So wirbt diese Stadt, und das ist auch augenfällig. Sie glauben gar nicht, was hier in dieser Stadt alles gebaut, ausgebaut, umgebaut und zugebaut wird. Leipzig kommt.
In diesen Tagen wird die Stadt vielleicht nicht ganz freiwillig mit diesem Slogan auch für Pro Christ präsent sein. Denn „Leipzig kommt“ ist ab heute in genau 350 Städten und Dörfern in Deutschland, Luxemburg, Österreich, Südtirol, der Schweiz und in Polen zu finden.
Danke, dass wir zu Ihnen kommen dürfen. Ihnen allen ein herzliches Willkommen und einen herzlichen guten Abend aus der Messehalle sieben hier in Leipzig.
Begrüßt wurden Sie eben vom Pro Christ Chor, der aus über 250 Sängerinnen und Sängern aus Leipzig und Umgebung besteht. Ich habe Ihnen gestern gesagt, ihr singt wunderschön, und ihr seht noch besser aus. Heute Abend denke ich, das könnte auch umgekehrt sein.
Der Chor wurde zusammengestellt, trainiert und dirigiert von Gerhard Schnitter und Gottfried Schiffner – eine echte Ost-West-Koproduktion. Begleitet wird unser Chor von der Pro Christ Combo unter der Leitung von Johannes Nitsch.
Hier in Leipzig sind wir heute Abend rund zweieinhalbtausend Menschen. Aber wo sind die anderen alle?
Die Pro Christ Landkarte sieht so aus: Die nördlichste Veranstaltung findet in Niebüll statt, das an der dänischen Grenze liegt. Der südlichste Veranstaltungsort ist Neifers in der Nähe von Bozen, in Südtirol. Der westlichste Ort ist Bertrange in Luxemburg, und der östlichste – und ob ich das jetzt richtig ausspreche, weiß ich nicht – ist Ketschen an der masurischen Seenplatte. Das liegt in Polen.
Es ist kaum zu glauben, wo uns Menschen jetzt überall zuhören.
Pro Christ Veranstaltungen in Deutschland und Europa
In Plauen in Sachsen treffen sich die ProChrist-Besucher in einem Möbelhaus namens Spitze Plauen. Im mecklenburgischen Bad Doberan wird ins Doberaner Münster gesendet. In Ammerbuch in Schwaben findet ProChrist in der Fastnachtshalle statt – na ja, Helau sage ich jetzt nicht.
Im oberbayerischen Rosenheim sind wir in der Landwirtschaftsschule Xunsama. In Preungesheim bei Frankfurt findet ProChrist im Gefängnis statt – ein herzlicher Gruß auch dorthin. In Bad Lausick in Sachsen und in Schönebach bei Magdeburg sind wir in Hotels untergebracht.
Manche Menschen im Hotel haben große Zelte für ProChrist aufgebaut. Wir grüßen die Campingfreunde unter anderem in Kiel und in Memmingen.
Besonders warme Grüße gehen in den Innenhof des Missio Centers in Berlin. Hoffentlich zieht es euch heute Abend nach oben! Das sollte in Weiden in der Oberpfalz garantiert sein. Dort teilt ihr euch die Halle mit den bayerischen Kaminfegern – Schornsteinfeger heißen sie woanders.
Die hätten wir auch in Boppard am Rhein gut gebrauchen können.
Zwischenfall in Boppard und Dank an die Teilnehmer
Ich lese ein Fax vor, das heute Abend eingegangen ist. Gegen 16:30 Uhr heute Nachmittag ertönte auf dem Dach des alten Rathauses, dem Übertragungsort in Boppard, lautstark die Alarmsirene. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Aufbauteam mitten in der Vorbereitungsphase für die heutige Übertragung.
Scherzhaft wurde geflüstert, dass nur noch fehle, dass das alte Rathaus in Flammen steht. Wenige Minuten später sind drei Feuerwehrwagen vorgefahren. Bis dahin ließen wir uns von unseren Vorbereitungen noch nicht stören.
Doch als im unteren Stockwerk von den Feuerwehrleuten eine Tür eingeschlagen wurde, war es an der Zeit, nachzusehen, was eigentlich passiert war. Es stellte sich heraus, dass in der Begegnungsstätte für Senioren, die sich im unteren Stockwerk des alten Rathauses befindet, gelagerte Altkleider Feuer gefangen hatten. Der Rauch war nach außen ins Freie gedrungen.
Nach 20 Minuten war der Spuk vorbei. Der Brand wurde gelöscht, es gab keine Verletzten, und wir konnten weitermachen. Vielleicht haben wir heute Abend etwas Brandgeruch in Boppard, aber der Empfang aus Leipzig ist nicht beeinträchtigt – Gott sei Dank.
Pro Christ in Boppard, so schließt dieses Fax, war eine brandheiße Sache. Es ist toll, dass alle bei diesem fantastischen Wetter gekommen sind. Wir in Leipzig haben ja ein Wetter, wie man es eigentlich in Meran und Bozen bei Euch erwartet.
Also, Ihr solltet hier heraufkommen aus Oberitalien und in Leipzig die Sonne genießen. Ich bewundere wirklich diejenigen, die heute Abend in die Halle gekommen sind. Man hätte sich auch in den Garten legen und sich bräunen lassen oder spazieren gehen können.
Herzlichen Dank für dieses wunderbare Willkommen, das wir äußerlich und innerlich mit Pro Christ 95 hier in Leipzig erfahren haben.
Die zentrale Frage des Abends: Wozu Gott?
Das Thema heute Abend ist kurz und knapp die Frage: Wozu Gott?
Vielleicht sagen Sie: Ich brauche ihn gar nicht. Ich komme gut ohne ihn aus. Er ist vielleicht sowieso nur eine Einbildung.
Moment, ich bitte Sie wenigstens, mir dann zu erklären: Wie machen Sie das? Woher holen Sie die Antworten auf Ihre Sehnsucht nach Geborgenheit, auf Ihre Sehnsucht nach Sicherheit? Woher nehmen Sie Ihre Anerkennung? Das brauchen wir ja alle.
Ich bin überzeugt, jeder hat seinen Gott.
Eine Frau erzählte mir neulich von einem Gespräch mit einer anderen. Diese hielt ihr ein Tablettenröhrchen hin und sagte – und das war ehrlich –: „Das ist mein Gott. Das gibt mir Zufriedenheit, das lindert meine Schmerzen, dann kann ich die Probleme vergessen.“
Sie war total abhängig davon. Alles, was sie an Geborgenheit, Sicherheit und Halt in ihrem Leben hatte, kam aus diesem Tablettenröhrchen. Das war ihr Gott.
Nicht viele sind so brutal ehrlich wie diese Frau.
Die Vielfalt der Gottesvorstellungen in der heutigen Zeit
Mit dem Wort Gott ist das so eine merkwürdige Sache. Mir kommt es immer so vor, als ginge es diesem Wort wie den Einkaufswagen im Supermarkt. Dort stehen an den Eingängen immer massenweise Einkaufswagen, die alle gleich aussehen und völlig gleich konstruiert sind.
Man nimmt sich so ein Ding, schiebt es durch die Gänge und legt hinein, was man braucht oder mag – möglichst auch das, was man bezahlen kann. Ich weiß nicht, ob man in Supermärkten gut auf Pump einkaufen kann. An der Kasse trifft man dann all die Kasten mit den gleich aussehenden Wagen wieder, und jeder Wagen hat einen anderen Inhalt.
So geht es mir mit dem Begriff Gott, G-O-T-T. In allen Sprachen gibt es diesen Ausdruck, und Millionen Menschen benutzen ihn. Weil wir das gleiche Wort verwenden, haben wir oft den Eindruck, dass wir auch das Gleiche meinen. Aber wir leben in einem Supermarkt der Religionen und Weltanschauungen in unserer Zeit.
Wir gehen an den Regalen entlang, und in den Begriff Gott packt jeder das hinein, was ihm schmeckt, was er braucht und möglichst auch, was er bezahlen kann. Meist leben wir dabei aber auch auf Pump. Die Verständigung wird dadurch sehr schwierig.
Ich möchte das einmal ins Bewusstsein heben: Wir alle brauchen irgendwie diese Inhalte. Aber wenn wir den gleichen Namen Gott gebrauchen, heißt das noch lange nicht, dass wir die gleiche Sache meinen.
Die Suche nach Sicherheit und Anerkennung im Leben
Neulich ging ich in einen Supermarkt und nahm mir gar keinen Wagen, weil ich nur eine Kleinigkeit holen wollte. Dabei dachte ich, ich gehe eben einfach so durch. So machen es viele.
Viele Menschen brauchen den Ausdruck Gott gar nicht, aber sie haben trotzdem etwas in ihrem Leben, das ihnen die letzte Sicherheit gibt, den letzten Halt, die Geborgenheit und die Anerkennung. Das ist kein Luxus. Gott ist kein Luxus. Wir brauchen solche Sicherheit. Ohne Anerkennung kann niemand leben. Ohne Geborgenheit gehen wir ein.
Das Wichtigste, was man heutzutage braucht, um solche Anerkennung und Sicherheit zu gewinnen, ist Geld. Hast du etwas, dann bist du etwas. Hast du mehr, dann bist du jemand. Mit Geld kann ich mir viel an Sicherheit kaufen. Wir nennen das Vermögen. Da kann ich etwas, da vermag ich etwas – das sichert mich.
Nicht alles, was wir mit Geld kaufen, ist dazu da, dass wir es verbrauchen. Ganz viel ist dafür da, dass wir Anerkennung gewinnen: elektronische Geräte, je nachdem, wer man so ist, besonders Autos. Ich habe den Eindruck, dass der „Gottomobil“ oder der „Mobilgott“ einer der meist angebeteten Götter unserer Zeit ist.
Das ist übrigens eine grausame Religion, die Menschenopfer fordert. Wir wissen das statistisch: Jedes Jahr gibt es knapp zehn Tote im Verkehr. Auch in diesem Jahr wird es wieder so sein – auch Kinder sind dabei. Es gibt Götter, die grausam sind. Das hat es in der Religionsgeschichte immer gegeben. Ihnen werden auch Menschenopfer gebracht. Man hat vernünftige Gründe dafür.
Die meisten von uns fahren doch Auto, nicht wahr? Und wir tun es. Wir bringen diese Opfer. Grausame Götter – all das, was wir nicht nur gebrauchen und verantwortlich gebrauchen, sondern in das wir uns verlieben, das uns den letzten Halt, die Geborgenheit und die Sicherheit für unser Leben gibt – das ist in der Sache Gott für uns.
Man muss nicht nur einen haben. Es kann auch sein, dass man mehrere hat, wie im Supermarkt. Das lieben wir.
Der Supermarkt als Symbol der heutigen religiösen Vielfalt
Der Supermarkt ist das Symbol unserer Zeit. Rund um Leipzig sind in den letzten Jahren einige der größten und modernsten Supermärkte Europas in Einkaufszentren entstanden. Diese Supermärkte stehen für den Geist unserer Epoche.
Der Kunde ist König. Man muss nicht alles kaufen, aber man hat die freie Auswahl an allem, was man bezahlen kann. Wer es sich nicht leisten kann, hat das Nachsehen.
Ähnlich verhält es sich mit Religion und Weltanschauung: Alles ist im Angebot, nichts ist für alle verbindlich. Hoffentlich wird einem auch nichts aufgezwungen. Jeder nimmt, was ihm gefällt und was er für brauchbar hält.
So mögen wir es – wie in einem Supermarkt. Das ist eine alte Tradition in Europa.
Paulus in Athen: Begegnung mit einer religiösen Metropole
Die Bibel erzählt uns eine interessante Geschichte aus einer der Kulturmetropolen Europas, aus Athen. Es hätte auch Leipzig sein können, oder Wien, Zürich, Hamburg, Warschau oder Luxemburg.
Paulus kommt nach Athen. Er ist ein jüdischer Intellektueller, der eine Erfahrung in seinem Leben gemacht hat, die ihn völlig überrascht. Früher war er ein entschiedener Gegner des Glaubens an Jesus Christus. Er hielt diesen Glauben für minderwertig und schädlich für die Gesellschaft. Deshalb bekämpfte er ihn mit Nachdruck. Niemals hätte er sich träumen lassen, dass er der Wirklichkeit dieses Jesus Christus einmal so begegnen würde, dass sie sein Leben völlig umkrempelt.
Und genau das passiert. Dabei begreift Paulus, dass Gott ganz anders ist, als er sich das vorgestellt hatte. Alles, woran er sich gewohnt hatte, all seine Vorurteile, stürzen zusammen. Noch einschneidender ist: Nicht nur sein Denken verändert sich, sondern auch seine ganze Lebensweise.
Er spürt, dass Gott auf eine Weise in seine Nähe gekommen ist, die er sich nie hätte vorstellen können. Ganz schwach, aber greifbar, als die brennende, leidenschaftliche Liebe Gottes, die ihm deutlich macht: „Du, ich will nicht auf dich verzichten. Du hast mir den Rücken gekehrt. Du hast mich ausgeblendet aus deinem Leben. Ich scheine für dich nicht interessant zu sein. Kein Thema, aber ich habe dich lieb.“
Und er läuft uns nach. In Jesus läuft Gott uns nach, bis er uns trifft. Als Paulus davon angezündet war, als er das erfahren hatte, veränderte das seine ganze Einstellung. Er sagte: „Das kann ich doch nicht für mich behalten. Das ist viel zu groß. Das hat meinem Leben eine solche Hoffnungsperspektive gegeben. Jetzt möchte ich das mit anderen teilen.“
„Ich habe die Quelle der Liebe kennengelernt und daraus geschöpft. Ich muss doch anderen zeigen, dass es diese Quelle gibt.“ Wenn ein Mensch weiß, wo in der Wüste eine Quelle ist, und es dem Verdurstenden nicht sagt, dann ist er ein Verbrecher. Deshalb treibt es diesen Mann Paulus durch den Nahen Osten und nach Europa. Mit Menschen, die bis dahin überhaupt keinen Schimmer hatten, dass es diesen Jesus gab, dass er irgendwie nötig wäre und welche Bedeutung er hätte, macht er diesen Jesus bekannt.
Er ist die Quelle des Lebens. Gott kommt zu uns in Jesus. Ich will das mal so sagen: Das treibt uns hier auch bei Pro Christ. Wer es einmal für sich persönlich handgreiflich, wirklich so erfahren hat, dass es seinen Alltag verändert, der kann es nicht für sich behalten. Er hat ein Verlangen, es mit anderen zu teilen und den Hinweis zu geben.
Niemand kann man zwingen, niemanden nötigen. Wir wollen niemanden nötigen, aber wir wollen eindringlich hinweisen, einladen, teilhaben lassen und sagen: Es gibt diese Quelle der Liebe. Man muss nicht ohne sie leben. Nein, man muss nicht ohne Gott leben.
Die religiöse Vielfalt Athens und Paulus’ Reaktion
So kommt Paulus nach Athen. Athen war wie ein Supermarkt für Religionen. Alle denkbaren Religionen der Antike gab es dort. Damals nannte man das nicht New Age, wie heute, sondern Gnosis. Es gab Mysterienkulte. Doch im Grunde war es dasselbe, was wir heute im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert unter den Angeboten der Religionen und des New Age finden. Es gibt unglaubliche Ähnlichkeiten.
In Athen gab es herrliche Tempel. Noch heute ziehen die Ruinen Touristen an, die pausenlos ihre Videokameras darauf richten. Wie müssen die Tempel erst ausgesehen haben, als sie alle noch richtig intakt waren?
Paulus geht durch die Stadt. Er hat jedoch nicht die touristische Begeisterung, die viele andere haben. Stattdessen ist er wütend. Die Bibel sagt, er regt sich auf. Warum war er intolerant? War er ein Fanatiker? Hatte er kein Verständnis für die Schönheit und Vielfalt der Religionen?
Was Paulus ärgert, ist, zu sehen, wie Menschen ihre eigenen Produkte – seien es Denkprodukte oder ganz materielle Dinge – zu Göttern machen. Das heißt, sie verehren das, was sie selbst geschaffen haben, und erwarten davon Sicherheit, Geborgenheit und Halt. Das kann doch nicht wahr sein, denkt er. Haben sie nicht genug Verstand, um zu erkennen, dass das, was sie selbst geschaffen haben, kleiner ist als sie selbst? Das kann uns doch nicht halten!
Man hält sich doch am Treibholz fest und wird mit dem Treibholz abgetrieben. Begreifen sie denn nicht, dass man zugrunde geht, wenn man Dinge vergöttert und zu Gott macht? Dass man dadurch sein Leben kaputt macht?
So mischt Paulus sich ein. Er geht in die Fußgängerzone von Athen, diskutiert mit den Leuten und spricht sie auf ihre Lebensfragen an.
Die Herausforderung der Gleichgültigkeit und die Einladung zur Auseinandersetzung
Da sagen Sie: Das ist aber peinlich, so etwas mögen wir nicht gern. Das ist so fanatisch, das ist doch intolerant.
Ich habe manchmal den Eindruck, wir leben heute in einer Zeit der eiseskalten Gleichgültigkeit. Toleranz ist ein starkes, schönes und wichtiges Wort. Es bedeutet, denjenigen zu respektieren, die anders denken und leben, und ihnen mit Ehrfurcht, Würde und Respekt zu begegnen.
Aber was wir heute oft erleben, ist viel mehr und häufiger diese Gleichgültigkeit. Jeder kann nach seiner eigenen Fasson vor die Hunde gehen. Geht mich doch nichts an, habt doch genug Probleme mit mir selber. Warum soll ich mich kümmern, wie andere Leute ihr Leben leben oder nicht leben können?
Würde und Respekt würden heißen, dass wir einander nicht gleichgültig sind und uns gegenseitig Fragen stellen. Wir sollten uns auch die Frage nach der Wahrheit zutrauen. Genau das tut Paulus aus Liebe zu den Menschen, denn sie sind ihm nicht egal. So redet er mit ihnen, erzählt ihnen von Jesus und stellt ihnen Fragen nach dem letzten tragenden Grund unseres Lebens.
Was gibt dir Sicherheit? Woraus beziehst du deine Anerkennung? Aus deiner Schönheit, aus deiner Klugheit? Was wird damit sein, wenn du krank bist? Aus deinem Beruf, aus deiner Karriere? Was wird sein, wenn der Knick kommt? Aus deinem Geld? Was wird sein, wenn du pleitegehst? Aus deinem Auto? Was wird sein, wenn es am nächsten Baum hängt?
Wir sollten doch in den starken Zeiten darüber nachdenken, wenn wir gesund sind und solide Verhältnisse haben, ob das, worauf wir uns verlassen, eigentlich trägt. Nicht erst warten, bis die Katastrophe da ist, bis wir merken, dass alles bricht, dass es eine Illusion war, dass wir uns nicht daran festhalten können.
Das ist Liebe. Paulus geht ran und stellt die Fragen. Die Leute diskutieren mit ihm auf der Straße. Ich wünsche mir das sehr in diesen Tagen, dass wir bei Pro Christ viele tiefe, auch kritische Gespräche führen – nicht weil irgendjemand Recht behalten müsste, sondern damit wir klären, was hilft, was trägt, was vorwärts bringt und was betrügerisch oder brüchig ist.
Ich lade herzlich Christen, Atheisten, Skeptiker, Agnostiker und Menschen aller Orientierung ein. Lassen wir uns miteinander sprechen, Fragen stellen und nicht in kalter Gleichgültigkeit einander laufen lassen, als käme es nicht darauf an, wie jeder sein Leben vor den Baum fährt!
Paulus’ Einladung zum Dialog auf dem Areopag
Die Athener hören Paulus zu und sprechen mit ihm. Schließlich laden sie ihn zu einem offiziellen Treffen auf den Areopag ein. Dieser war früher der höchste Gerichtshof in Athen gewesen, allerdings schon einige Jahre zuvor. Zur Zeit des Paulus hatte der Areopag eher eine kulturelle Bedeutung – man könnte ihn mit dem Nobelpreiskomitee oder der Jury der Akademie der Wissenschaften vergleichen.
Dort sitzen also all die Intellektuellen und laden Paulus ein. Sie sagen: „Du hast eine neue Lehre, du hast von Jesus erzählt und dass das die Hilfe zum Leben sei. Erklär das mal im Zusammenhang, damit wir sehen, ob das Hand und Fuß hat oder was dahintersteckt.“ Sie sitzen also ein wenig hochnäsig herum, wie Schiedsrichter. Ob das eine gedeihliche Haltung ist, lasse ich mal dahingestellt. Paulus kümmert das nicht; er gibt Auskunft.
Er sagt: „Ich bin durch die Stadt gegangen und habe alles gesehen, was ihr Großartiges an Religion in eurer Stadt habt. Dabei habe ich einen Altar entdeckt, auf dem steht: Für den unbekannten Gott.“ Das ist interessant. Im Supermarkt der schier endlos vielen religiösen, weltanschaulichen und Lebenshilfe-Angebote gibt es diesen Platz der Unsicherheit, der Leere. Man weiß ja nie.
Man hat sich an die Astrologie gewandt, man hat es mit diesem und jenem versucht, mehr oder weniger erfolglos. Aber man weiß nie, ob da nicht noch irgendwo etwas ist. Deshalb hat man sicherheitshalber einen Altar für den unbekannten Gott errichtet.
Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass diese Unsicherheit, diese letzte tiefe Leere, dieses schwarze Loch in unserer Seele die größte Not der Moderne ist. Die überfüllten Regale im Supermarkt der Weltanschauungen, Religionen und Lebenshilfe-Angebote können nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir dieses schwarze Loch der Leere und Unsicherheit haben.
Vielleicht müsste, vielleicht könnte da noch etwas sein, das wir nicht kennen und das letzten Endes trägt und lebensentscheidend ist.
Gottes Offenbarung in Jesus Christus
Paulus sagt: „Ich bin gekommen, um euch diesen unbekannten Gott zu verkünden. Er ist der Schöpfer, und er ist nicht in den Dingen zu finden, die er geschaffen hat. Der Schreiner ist nicht das Stuhlbein, und das Stuhlbein ist nicht der Schreiner, sondern der Schreiner hat den Stuhl gemacht. Das kann man auch durch Nachdenken erkennen.
Gott ist der Schöpfer, sagt er. Er ist nicht in einem Jenseits geblieben, so dass wir uns den Hals verrenken müssten und geistig ein Fernglas ansetzen müssten. Nur Leute mit besonders scharfem Verstand und starkem Blick hätten dann eine Chance, überhaupt etwas von ihm zu begreifen, und die meisten hätten sowieso keine Chance.
Er ist auf unser Niveau gekommen. Er ist Mensch geworden in Jesus von Nazareth. Der erste Treffpunkt, der erste Ort, wo er zu finden ist, ist der Futtertrog in einem Viehstall. Besseres hatten die Eltern, Maria und Joseph, nicht, um das neugeborene Baby zu betten. So legen sie ihn in das Futterstroh.
Mir kommt es so vor, als ob Gott sagen wollte: Zuerst treffe ich euch an eurem wichtigsten Punkt. Es gilt doch das Motto: Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Bertolt Brecht hat Recht. Dort kommt Gott hin. Nicht in die Mystik und die religiösen Räume, sondern dorthin, wo die Realitäten des Alltags sind.
Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Gott kommt dorthin, wo es ums Geld geht, wo es ums Haben geht. Dort will er uns treffen. Viele Menschen versuchen, ihn irgendwo in eine religiöse Nische zu verdrängen und aus den Realitäten des Alltags herauszuhalten.
Nein, die Götter, die wir uns selbst machen, können wir irgendwo im Urlaub oder im Abseits ansiedeln. Das tun wir gerne, im Abseits und im Jenseits. Aber Gott wird Mensch und liegt im Futtertrog. Welch eine einladende Provokation!
Jesus als Flüchtling und Mensch im Alltag
Ein paar Tage alt ist er, da müssen seine Eltern fliehen. Er wird ein Flüchtlingskind, weil ein verrückter Diktator in Bethlehem alle Kinder unter zwei Jahren töten lässt. Solche Machthaber haben immer Angst um ihre Macht. Sie fürchten, ein Revolutionär könnte kommen.
Dann wird er Asylsuchender in Ägypten. Ob er bei uns Asyl bekommen hätte, ist ungewiss. Sein Land steht nicht auf der Liste der berechtigten Asylbewerber.
Und das ist er: ein Beispiel dafür, dass man Gott sucht und ihn findet – mitten im Strom von Millionen Flüchtlingen. Millionen und Abermillionen Menschen ziehen durch Europa, Afrika und Asien.
An diesem Abend, an dem wir hier so gemütlich zusammensitzen, bei Veranstaltungen wie Pro Christ, gibt es Tausende und Abertausende von Familien mit Frauen und Kindern, die auf der Flucht sind.
Jesus’ Wirken und die Herausforderung seiner Botschaft
Gott wird Mensch. Nach einigen Jahren kehren sie zurück. Er macht eine Schreinerlehre in Nazareth und wächst dort bis zu seinem 30. Lebensjahr auf. Dann beginnt die Zeit, in der er etwa drei Jahre wirksam ist.
Er spricht in der Öffentlichkeit, und die Menschen spüren, dass das, was er sagt, unbequem ist. Doch es trifft den Punkt genau. Er gibt Orientierung in einer Zeit der Orientierungslosigkeit. Besonders irritierend ist, dass das, was er sagt, auch geschieht.
Er richtet Menschen auf, heilt Kranke und speist Hungrige. Er äußert nicht nur eine Meinung, sondern hat ein schöpferisches, heilendes Wort. Er ruft die Menschen zur Umkehr auf: „Kehrt um!“ Die Menschen wenden sich ihm zu, vertrauen ihm und orientieren ihr Leben an diesem Jesus. Sie sagen: „Mit dir verbunden möchten wir leben.“ Das nennt er Glauben.
Er sagt: „Geht mit mir durch den Alltag, nehmt meine Kraft in Anspruch und meine Wegweisung. Gott ist mit euch, wenn er euch an mich bindet.“ Doch er ist auch ein Störenfried, merkwürdig und unbequem. Obwohl er nur Gutes tut, hat er niemandem Böses getan. Trotzdem ärgern sich die Leute an ihm. Warum eigentlich?
Wer mit Jesus verbunden ist, erfährt bis heute nichts anderes. Wer sich mit Jesus beschäftigt, spürt: Hier wird Gott ganz präzise, hier wird Gott ganz konkret. Er kommt mir ganz nah. Und wenn Gott mir so nah kommt – mit seiner Liebe und seiner Wegweisung – dann ist klar: Mein Leben muss sich ändern. Mein Leben muss sich ändern.
Die menschliche Abwehr gegen Gottes Nähe
Und das wollen wir nicht. Wir wollen alles Mögliche, aber nicht, dass sich unser Leben ändert. Wir haben uns viel zu sehr eingerichtet. Sagen wir: Wir sind doch auch gut, was brauchen wir? Was brauchen wir Gott? Wir sind nicht schlechter als andere. Hat er das gesagt? Geht es darum?
Man kann ganz moralisch Gott weglaufen. Paulus war ein Mann, der ethisch sehr konsequent lebte. Er hatte niemanden bestohlen oder belogen. Gerade weil er so ein anständiger Mensch war, fragte er sich: Brauche ich diesen Jesus? Brauche ich Vergebung der Schuld? Auf so etwas wie Gnade bin ich doch nicht angewiesen. Ich bin doch wer. Man muss sich doch bemühen, und ich habe mich bemüht. Das lasse mir doch nicht nachsagen, ich sei nicht okay.
So halten wir uns Gott vom Leib, diesen Gott, der in Jesus zu uns kommt. Wir wollen ihn nicht. Wir wollen lieber einen Kopfnicker-Gott, einen Gott, der zu allem, was wir tun, Ja und Amen sagt, der uns nicht kritisiert. Wir wollen einen Speichelecker-Gott, der uns nach dem Munde redet, der uns immer bestätigt. Doch Gott redet in Jesus ganz unbequem.
Lesen Sie die Bibel! Sie werden merken, dass das Problem der Bibel ist, dass sie zu verständlich ist. Sie ist glasklar mit den Maßstäben, mit dem, was Gott will: Reinheit, Wahrheit, Ehrlichkeit, Treue, Ehe, Selbstlosigkeit und Dienstbereitschaft. Und es tut mir weh, so klar möchte ich es auch wieder nicht wissen. Gott kommt mir nah. So deutlich möchte ich es auch wieder nicht.
Ein bisschen Verschwommenheit ist ja ganz gut. Am bequemsten ist es, wenn man mit Überzeugung Atheist sein könnte, gottlos sein. Wenn ich wissen könnte, dass es Gott wirklich nicht gibt, dann könnte ich in Ruhe tun und machen, was ich wollte, und wäre niemandem letzten Endes verantwortlich.
Wir sind auf der Flucht vor Gott. Wir empfinden dauernd Möglichkeiten. Und wenn wir uns nicht durchringen können zu einer Lösung, halten wir einfach die Augen zu und tun so, als ob es Gott nicht gäbe – wie Kinder das so machen: Augen zuhalten, und dann ist die ganze Welt weg. Was für eine Kinderei!
Die Folgen von Gottesleugnung und die Realität des Kreuzes
Wenn das nicht funktioniert, dann bilden wir uns wenigstens einen Gott ein, der uns besser in den Kram passt. Einen Gott, der uns nicht stört in unserem Eheleben, in unserem Geschäftsleben, in unserer Politik, in unserer Wirtschaft, in unserer Erziehung und wo auch immer.
Deshalb war Jesus ein Störenfried. Deshalb machen sie ihm bei Nacht und Nebel den Prozess, bringen ihn um und foltern ihn. Es wird ein Prozess gemacht, aber in diesem Prozess wird das Recht gebeugt. Davon haben wir in Deutschland ja viel Erfahrung. Wir haben erlebt, wie man – ob braun, rot oder wie auch immer – das Recht beugt, es Recht nennt und damit Menschen zugrunde richtet. Das ist eine alte Tradition der Menschheitsgeschichte!
So bringen sie Jesus ans Kreuz. Sie nageln ihn an zwei grob gezimmerte Balken und lassen ihn dort stundenlang ersticken und verbluten auf der Müllkippe von Jerusalem. Das war nämlich Golgatha, ein Steinbruch unmittelbar vor der Stadtmauer von Jerusalem. Dort stirbt er, zusammen mit zwei Terroristen hingerichtet.
Freunde und Feinde begreifen nicht, was passiert. Sie denken, hier verlöscht das Leben eines Idealisten, der gescheitert ist, wie so viele. Sie begreifen nicht: So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit alle, die sich ihm anvertrauen, nicht vor die Hunde gehen, sondern schöpferisches, gültiges, ewiges Leben haben sollen – Gott am Kreuz!
So sehr hat Gott die Welt geliebt!
Die Auferstehung als Sieg über den Tod
Na ja, die Leute damals dachten, mit Jesus sei alles vorbei. Sie begruben ihn, und weil der Tod noch nicht sicher genug schien, stellten sie Soldaten als Wache vor das Grab.
Doch am übernächsten Tag erweckte Gott ihn von den Toten. Er erweckte ihn und setzte das Siegel göttlicher Gültigkeit unter das Reden, das Leben, das Handeln, das Leiden und Sterben dieses Jesus von Nazareth.
Gott sagte damit: Er ist die Schlüsselfigur, die über die Geschichte und über jedes einzelne Menschenleben entscheidet. Ohne ihn öffnet sich die Tür zur Zukunft nicht, und ohne ihn lässt sich die Tür zur Vergangenheit nicht schließen.
Er wird zur Schlüsselfigur.
Gottes Ruf zur Umkehr und zum Glauben
Paulus erläutert dies in Athen und spricht zu den skeptisch zuhörenden Menschen. Er sagt: Es geht jetzt um zwei Dinge. Gott hat die Zeit der Unwissenheit übersehen, die Zeit, in der wir eigentlich verstehen sollten, dass es Torheit ist, Dinge anzubeten, anstatt den Schöpfer der Dinge. Diese Zeit hat er in Geduld und Liebe übersehen.
Jetzt aber gebietet Gott allen Menschen an allen Orten, umzukehren, umzukehren von ihren falschen Wegen. Er bietet ihnen an, Vertrauen zu fassen in Jesus, indem er ihn auferweckt hat. Zwei Dinge bietet Gott uns an, und ich möchte das heute Abend erklären.
Das Erste ist: Gott ruft uns zur Umkehr. Umkehr bedeutet eine Wendung der Lebensrichtung um 180 Grad. Ich habe mich bisher um mich selbst gedreht, habe mich selbst für Gott gehalten, in dem Sinne, dass ich gesagt habe: Ich bin mein eigener Herr und frage nach nichts. Oder ich habe mich um Besitz gedreht und andere Götter angebetet.
Umkehr heißt, ich will mit dieser Lebensausrichtung brechen, mich davon abwenden und sagen: Jesus, dir will ich folgen. Ich danke dir, dass du mich einlädst. Umkehr ist notwendig, weil Gott lebt. Nicht weil ich ihn brauche wie eine Beruhigungstablette, sondern weil es vernünftig und logisch ist, unser Leben auf ihn einzurichten.
Unser Leben kann nur gelingen, wenn wir in Harmonie mit dem Schöpfer leben. Wenn wir gegen die Wirklichkeit Gottes leben, werden wir an Gott scheitern. Gott lebt nicht nur so lange, wie Sie oder ich an ihn glauben. Ein offenes Wort: Ein Gott, der nur existiert, weil wir an ihn glauben, ist unser Produkt, auf den wir verzichten können.
Gott ist der Schöpfer! Seitdem Jesus gekommen, gestorben und auferweckt ist, kann jeder wissen, dass Gott lebt. Jeder kann es wissen, und jeder ist gerufen, sich von selbstgemachten Gottesvorstellungen abzuwenden.
Wichtiger als das, was wir denken, ist das, was wir leben. Woran klammern wir uns? An Götzen, an die wir uns hängen mit unserer Sehnsucht nach Glück, Sicherheit und Anerkennung, die uns kaputtmachen. Das ist der Grund, warum Gott uns zur Umkehr ruft: Weil wir unser Leben auf diesem Weg kaputtmachen, indem wir uns an Götzen hängen.
Wir zerbrechen daran. In der letzten Station, wenn wir dem ewigen und heiligen Gott im Gericht gegenüberstehen – und wir werden alle vor ihm stehen: Gläubige, Ungläubige, Zweifler, Atheisten und Christen –, werden wir alle vor ihm stehen. Er wird uns richten, so wahr er der Schöpfer, Herr und Richter dieser Welt ist.
Er sagt: Kehrt um!
Beispiel der russischen Bürgerrechtlerin Irina Ratuschinskaja
Ich erzähle in diesen Tagen die Geschichte einer russischen Bürgerrechtlerin, Irina Ratuschinskaja. Sie saß 1963 als Mädchen in der Schulklasse und langweilte sich furchtbar. Besonders ärgerte sie sich über die langen Stunden atheistischer Indoktrination. Dort wurde ihr beigebracht, dass es Gott aus wissenschaftlichen Gründen und aus anderen Gründen nicht geben könne.
Das Mädchen dachte bei sich: Wenn es wirklich stimmt, dass es Gott nicht gibt, dann müsste es doch ausreichen, das ein- oder zweimal zu sagen. Dann hätte sich die Sache doch erledigt. Aber sie mussten es immer und immer wieder hasserfüllt wiederholen. Das war für sie das beste Zeichen dafür, dass es diesen Gott offensichtlich geben muss und dass er ziemlich stark ist. Denn sie würden mit ihm nicht fertig.
Das ärgerte sie sehr, denn sie dachte: Wenn es diesen Gott nicht gäbe, müsste ich diese langweiligen Widerlegungsstunden nicht ertragen. Sie war richtig sauer darauf. Doch dann begann sie als Mädchen, Gott zu suchen. Sie fing an zu beten – zu einem Gott, von dem sie nicht wusste, wer er war.
Später las sie die großen russischen Schriftsteller: Dostojewski, Puschkin und Tolstoi. Dann fiel ihr eine Bibel in die Hände, in einer alten slawischen Sprache. Sie brauchte ein halbes Jahr, um diese Sprache so gut zu lernen, dass sie die Bibel lesen konnte. Dadurch lernte sie Jesus kennen.
Sie begriff, dass in Jesus Gott zu uns kommt. Der lebendige Gott hat sich gezeigt. Er ist am Kreuz ganz konkret geworden, seine Liebe wurde sichtbar. Daraufhin öffnete sie ihr Leben. Es geschah umgekehrt: Sie folgte Jesus und schrieb wunderbare Gedichte.
Diese Frau war dem Staat offensichtlich nicht erträglich. Sie wurde zu sieben Jahren im Zwangsarbeiterlager verurteilt und anschließend sieben Jahre in die Verbannung geschickt. 1986, zwei Tage vor dem Treffen von Gorbatschow und Reagan in Reykjavik auf Island, wurde sie freigelassen.
Dass Gott lebt, ist Wirklichkeit. Die Frage, ob wir ihn brauchen oder nicht, ist völlig zweitrangig. Er lebt – und das fordert uns heraus: Kehrt um! Sonst lebt man gegen die Wirklichkeit. Unser Leben kann nur so gewinnen.
Das ist das eine. Gott gebietet allen und überall. Das gilt für alle Bereiche, nicht nur dort, wo Pro Christ 95 jetzt stattfindet, sondern in allen Teilen der Welt. Kehrt um und wendet euch diesem auferstandenen Jesus zu, in dem Gott für uns erkennbar wird!
Das zweite Angebot: Vertrauen und Glauben an Jesus
Und das zweite Angebot heißt hier, dass er Glauben anbietet. Glauben bedeutet in der Bibel eigentlich etwas anderes, als wir es oft verstehen. Wir sagen zwar „glauben“, doch oft meinen wir damit ein unsicheres Gefühl oder ein Vermuten. In der Bibel bedeutet Glauben, dass ich mein Leben im Vertrauen festmache.
Hier heißt es in der Bibel, dass Gott durch die Auferweckung Jesu den Tod besiegt hat. Er hat den Tod gebrochen und ihm das Genick gebrochen. Dieser Jesus bringt eine Liebe, die der Tod nicht mehr zerstören kann.
Das bedeutet, er gibt uns eine Geborgenheit, die auch der Tod nicht mehr in Frage stellen kann. Er gibt uns eine Wegweisung, die der Tod nicht mehr durchkreuzen kann. Deshalb dürfen wir unser Leben bei ihm festmachen, verankern und unser Vertrauen darauf gründen.
Wir sind nicht wie Treibholz, das weggeschwemmt wird, sondern es ist der Felsengrund von Gottes Ewigkeit, der uns hält.
Kehrt um und vertraut diesem Jesus! Das ist das Angebot heute, so wie es damals in Athen war. Gott spricht zu ihnen. Er hat es versprochen: Wenn wir Menschen, die etwas mit ihm erfahren haben, von ihm reden, dann will er selbst dadurch zu anderen sprechen, sie einladen und sagen: Die Einladung steht, die Einladung gilt, kehrt um!
Die Reaktion der Athener auf Paulus’ Botschaft
Wie war die Reaktion damals? Nun, sie war, wie sie immer so ist. Es gab drei verschiedene Gruppen.
Die einen lachten sich kaputt. Sie sagten: „Der spinnt doch! Auferstehung der Toten, um Himmels Willen! Jetzt hauen wir hier mal ab, sonst drehen wir noch religiös durch. Der ist doch nicht ganz dicht!“ Sie lachten sich ein Loch ins Knie.
Dann gab es die anderen, die waren interessiert. Aber sie schoben die Sache auf die lange Bank. Sie sagten: „Sehr interessant, haben wir so noch nie gesehen, müssen wir mal darüber nachdenken. Aber so schnell schießen die Preußen nicht, und wir Athener lassen uns so schnell nicht darauf ein.“ Das ist auch eine Möglichkeit: ganz interessiert zu sein, aber die Dinge wegzuschieben, nicht zu klären. Vor allem behandeln sie die Sache nur im Kopf, aber nicht mit Armen und Beinen, also nicht im praktischen Leben. Man spürt, es könnte an meine Geldsachen gehen, an meine Ehegeschichten, an meinen Krach in der Familie. Es könnte außerordentlich praktisch und alltäglich werden. Deshalb verschieben sie die Sache erst einmal aufs nächste Mal, am besten auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.
Dann heißt es: „Einige Männer schlossen sich ihm an und wurden gläubig, unter ihnen war auch Dionysius, ein Stadtrat, und eine Frau mit Namen Damaris, und andere mit ihnen.“ Auch im spöttischen Kreis der Intellektuellen, wo jetzt Witze gemacht werden. Sie sagen: „Das ist doch unter Niveau. Wer glaubt heute so etwas? Wo kommen die überhaupt her?“ Doch es gibt ein paar gestandene Leute. Diese Damaris, vielleicht eine Geschäftsfrau, in der Stadt bekannt, in der Mähdlerpassage, mit einem vornehmen Laden. Sie hat kapiert: Erfolg ist nicht alles, Schönheit ist auch nicht alles. Ich brauche einen tiefen Halt, ich brauche Wahrheit in meinem Leben. Und sie steht auf und sagt: „Ich möchte Jesus folgen.“
Da zucken andere zusammen und sagen: „Das hätten wir nicht gedacht. Sie ging doch bisher nicht in die Kirche, hat sie das nötig? Sie ist doch erfolgreich, reich und klug.“ Und dann der Stadtrat! Leute in öffentlichen Positionen tun sich besonders schwer, wenn sie so im Schaufenster leben und alles beobachtet wird. Sie sind der Schaufensterdekoration eine Menge schuldig.
Manche Menschen hätten längst einen Schritt zur Ehrlichkeit getan und würden es so gerne. Vielleicht sind heute ja Menschen dabei, die sagen: „Ich würde so gerne, ich würde so gerne eine Wende in meinem Leben vollziehen. Aber dann sagen sie hinterher noch von mir, ich sei ein Wendehals. Was? Das lasse ich mir nicht nachsagen!“ Und dann lässt man es.
Wie viele wichtige Entscheidungen sind aus Angst vor den anderen weggeschoben worden? Man könnte das Gesicht verlieren. Ist das Ihr Problem heute Abend? Denken Sie an Damaris und an Stadtrat Dionysius. Sie standen auf vor den Kollegen, nicht in einer christlichen Veranstaltung, sondern in einem Kreis, in dem die Mehrheit kritisch über diese Sache dachte. Sie standen auf und sagten: „In unserem Leben soll etwas Neues werden. Wir spüren, hier hat Gott zu uns geredet, und jetzt wollen wir die Stunde nicht verstreichen lassen, sondern ihm folgen, unser Leben öffnen.“
Diese Einladung steht. Sie gilt auch heute Abend.
Einladung zur persönlichen Entscheidung und Gebet
Gott hat zu ihnen gesprochen. Jesus ist am Kreuz für uns gestorben, und Gott hat ihn auferweckt. Er ruft sie: „Gehe um, vertraue mir dein Leben an“, sagt Jesus. Sie fragen: „Wie mache ich das?“ Geben Sie ihm Antwort auf diesen Ruf.
In der Bibel heißt es an einer Stelle ein Wort von Jesus: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an.“ Damit meint er bildlich die Tür des Lebenshauses. „Ich stehe vor der Tür und klopfe an“, das ist jetzt der Fall. Wer die Tür öffnet, zu dem will ich hineingehen und Lebensgemeinschaft mit ihm halten. Er wird Gemeinschaft mit Gott im Alltag finden.
Ich möchte Sie gleich bitten, wenn Sie wollen und wenn Sie dieses Wort in Ihrem Herzen gehört haben: Nehmen Sie diese Einladung an. Stehen Sie auf! Kommen Sie hier nach vorne, diese paar Schritte, als ein äußeres Zeichen dafür, dass Sie innerlich sagen möchten: Jesus, ich komme. Ich möchte jetzt Eindeutigkeit in mein Leben bringen.
Vielleicht sind Sie lange in einer Kirche gewesen. Ein Freund hat mal gesagt: „Wenn jemand in der Garage geboren wird, ist er deshalb noch kein Auto.“ Und wenn jemand in einer kirchlichen Familie geboren ist, ist er deshalb noch kein Christ und gehört noch nicht zu Jesus. Das ist eine Tragik, dass man lange Jahre im Umfeld von Christentum und Kirche sein kann, ohne dass jemals ein eindeutiger Schritt passiert ist.
Jesus, ich will dir vertrauen. Ich will umkehren und mich abwenden von den Götzen, die mein Leben kaputtgemacht haben und die sich nur um mich selbst drehen. Ich will dir gehören. Du sollst der Herr sein und mein Leben in Ordnung bringen.
Tun Sie das doch heute Abend! Vielleicht sind Sie heute Abend Atheist. Gott sucht nicht Menschen, die schon seit Großmutterzeiten christlich vorgewärmt sind. Für Sie gilt die Einladung heute.
So war Jesus für Sie gestorben, ist auferstanden und gilt Ihnen die Einladung der Liebe Gottes: Mach dein Leben fest!
Anleitung zum Gebet und weitere Schritte
Ich möchte Sie bitten, aufzustehen und hier nach vorne zu kommen. Stehen Sie einfach still hier und dann würde ich gerne mit Ihnen ein Gebet sprechen. Ich werde es Ihnen Satz für Satz vorsprechen und bitte Sie, es laut nachzusprechen – als ein ehrliches, persönliches Gebet zu Gott.
Sagen Sie: Danke für die Liebe, ich öffne dir mein Leben, ich bitte um Vergebung, und von jetzt an sollst du der Herr sein.
Sie können jetzt aufstehen und nach vorne kommen, ganz gleich, ob Sie 15 Jahre alt oder 50 sind. Das gilt auch für Sie an den Übertragungsorten.
Das Besondere daran ist, dass Jesus direkt gegenwärtig ist. Er ist auferstanden, und an jedem der Orte, an denen wir jetzt zusammengeschaltet sind, ist er selbst da. Hören Sie den Ruf: Komm, er lädt dich ein.
Der Chor wird gleich ein Lied singen, ein Gebetslied mit dem Titel „Jesus, zu dir will ich so kommen, wie ich bin“. Das dürfen wir. Sie müssen sich nicht verstellen. Beten Sie es innerlich mit, und während der Chor singt, kommen Sie nach vorne.
An den Übertragungsorten werden Ihnen die Versammlungsleiter jetzt sagen, wie Sie auf diese Einladung reagieren und eine Antwort geben können. Es gilt auch für Sie.
Hier, jung und alt: Kommen Sie von hinten und von überall her. Ihre Freunde werden sicherlich auf Sie warten.
Ausblick auf die weiteren Abende und Abschlusssegen
Ich möchte Ihnen nach dem Gebet ganz wenige Worte sagen, wie es weitergeht. Dann schließen wir diese Veranstaltung sofort ab. Anschließend haben wir noch Möglichkeiten für Gespräche miteinander.
Bitte hören Sie jetzt, wie der Chor singt, und beten Sie in der Stille. Die Einladung steht: Komm! Wenn jemand sagt, es sollte der erste Abend sein, lasse ich mir Zeit. Ach, wissen Sie, gut, ich will Sie nicht drängen. Aber jeder Tag, den Sie ohne die Liebe Gottes leben, ist in den Augen Gottes, der Sie liebt, ein Tag zu viel. Ich bitte Sie: Komm!
Bleib du im Schatten meines Lebens vor Dich hin, denn bei Dir darf ich mich geben, wie ich bin. Ehrlich werden ist eine Wohltat im Leben. Es ist nicht leicht, ehrlich zu werden, aber in der Sonne der Liebe Gottes ist der einzige Platz auf dieser Welt, wo man ehrlich werden darf, ohne Angst haben zu müssen, dass das ausgenutzt wird.
Kommen Sie noch dazu, wenn Sie wollen. Viele sind gekommen, und es ist immer noch die Möglichkeit, der Einladung zu folgen.
Ich möchte Sie, die Sie gekommen sind, jetzt einladen, mit mir zu beten. Alle anderen bitte ich, uns im Gebet innerlich zu begleiten. Vielleicht sind viele da, die sagen: Ich bin so weit nicht. Nehmen Sie die Stille zum Nachdenken, auch für kritische Fragen. Wir wollen nachher noch Raum haben, um in vielen Gesprächen diese Fragen zu besprechen. Ich hoffe, dass Sie Antworten finden.
Ich möchte Ihnen Satz für Satz vorsprechen. Bitte sprechen Sie jeden Satz laut als Ihr persönliches Gebet ganz ehrlich nach:
Jesus, ich danke dir, dass du mich liebst.
Ich habe deine Einladung gehört.
Ich öffne dir mein Leben.
Vergib mir meine Sünden.
Ich danke dir, dass du für mich am Kreuz gestorben bist.
Von jetzt an will ich dir mit meinem ganzen Leben gehören.
Zeig mir deinen Willen.
Ich danke dir, dass du mich angenommen hast als dein Eigentum.
Lassen Sie mich Ihnen noch einige kurze Dinge sagen, wie es jetzt weitergehen kann.
Wir möchten Ihnen gerne gleich im Gespräch auch noch etwas Hilfe anbieten, ebenso etwas Literatur. Aber zwei, drei Dinge sind ganz besonders wichtig:
Nehmen Sie sich bitte – das ist das Erste – an jedem Tag etwas Zeit, 15 Minuten am Morgen oder wann es gut ist, um Stille zu haben und zu beten, mit Gott zu reden und die Bibel zu lesen, auf sein Wort zu hören. Gern geben wir Ihnen ganz praktische Hilfe, wie das gehen kann.
Lassen Sie das Gespräch mit Gott nicht abreißen. Jede Beziehung lebt vom Gespräch – auch unter Menschen, jede Freundschaft, jede Ehe, auch die Gottesbeziehung. Haben Sie also Zeit an jedem Tag zum Gebet und zum Lesen der Bibel, das ist Gottes Wort.
Das Zweite: Wenn wir neu anfangen, mit Christus zu leben, brauchen wir Gemeinschaft mit anderen Menschen, die den gleichen Weg gehen. Die Bibel verwendet einen ganz starken Ausdruck und sagt, dass jeder, der eine Beziehung zu Jesus bekommt, im Vertrauen ein Körperteil am Leib Jesu Christi wird.
Und wie Hand und Arm und all die Organe aufeinander angewiesen sind, um leben zu können, so brauchen sie jetzt die Gemeinschaft anderer Christen, damit sie wachsen. Sonst kann der Entschluss so ehrlich und so gut sein, wie er will – er stirbt wieder ab. Wachstum ist wichtig.
Wir wissen: Wenn ein Kind geboren ist, braucht es nachher gute Ernährung und Versorgung. Die Geburt kann noch so gesund gewesen sein. Wenn jetzt die Ernährung und Versorgung nicht stimmt, dann ist das Kind schneller gestorben, als es geboren ist.
Sie brauchen solche Gemeinschaft.
Ich möchte Ihnen Mut machen – das ist das Dritte: Reden Sie in Ihrer Familie und mit Freunden und Bekannten darüber, was sich heute Abend in Ihrem Leben getan hat. Erzählen Sie es einem. Machen Sie aus Ihrem Herzen keine Mördergrube.
In der Freude kann man etwas weiter erzählen. Es ist für andere eine Hilfe, und es hilft Ihnen selbst, von vornherein einen klaren Weg zu gehen.
Ich wünsche Ihnen Gottes Segen auf diesem Weg.
Wir wollen jetzt noch gemeinsam für uns alle beten – für alle Veranstaltungen, für diese Nacht und für den neuen Tag – und um den Segen Gottes bitten.
Morgen Abend geht es weiter um 19:30 Uhr. Das Thema lautet: Leben mit neuem Programm.
Sie wissen, dass morgen ein besonderer Termin ist. Laden Sie noch Freunde, Kollegen, Bekannte und Nachbarn ein. Sagen Sie es weiter, bringen Sie sie mit. Wir freuen uns. Jeder soll kommen, in der ganzen Freiheit und Offenheit mit dem, was er bisher gelebt und gedacht hat.
Wir wollen niemanden vereinnahmen, sondern eine fröhliche und freundliche Auseinandersetzung und ein Gespräch zur Klärung ermöglichen.
Sagen Sie es weiter in Leipzig und in all den Städten der Übertragungsorte!
Heute beginnt es – heute beginnt es erst. Wir sind jetzt noch sechs Abende zusammen, aber sechs Abende sind schneller herum, als man denkt.
Es hilft, wenn man einmal in einer Serie gründlich die Dinge durchgehen und die Grundfragen des Lebens erklärt bekommt.
Laden Sie herzlich ein!
Ich bitte Sie jetzt aufzustehen, und dann wollen wir gemeinsam den Segen Gottes bitten:
Herr, wir danken dir, dass du uns liebst. Deshalb wenden wir uns jetzt an dich und bitten dich, dass du deinen Segen auf uns legst und uns mit deinem Frieden leitest.
An diesem Abend hilf uns in den Gesprächen. Bewahre uns auf dem Heimweg vor allem Unfall. Sei über uns beschützend und bewahrend in dieser Nacht und schenke uns einen neuen Tag in deiner Gegenwart.
Wir loben dich. Amen!