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Wenn man schuldig ist

24.11.1992Jesaja 43,22-44,23

Einstimmung und Einführung in das Thema

Lassen Sie uns still werden! Herr, wir sind hier eine bunte Gesellschaft. Wir kommen aus verschiedenen Gegenden, aus unterschiedlichen Ecken, und bringen ganz verschiedene Lasten mit.

Schließe du uns zusammen zu deiner Gemeinde. Schenke uns ein Wort, das uns hilft, dass wir uns lieben und einander helfen.

Amen!

Wir lesen zum Thema „Wenn man schuldig ist“ die Fortsetzung unserer Betrachtung des Buches Jesaja, heute Kapitel 43 ab Vers 22. Da dieser Text verhältnismäßig lang ist, unterbrechen wir in der Mitte, singen einen Vers und können dann wieder besser auf den Text hören.

Gottes Klage über das Verhalten Israels und seine Verheißung

Nicht, dass du mich gerufen hättest, Jakob, oder dich um mich bemüht hättest, Israel. Du hast mir nicht die Schafe deines Brandopfers gebracht und mich nicht mit deinen Schlachtopfern geehrt. Ich habe dir keine Arbeit gemacht mit Opfergaben und dich auch nicht mit Weihrauch belastet. Für Geld hast du mir kein köstliches Gewürz gekauft, mich hast du nicht mit dem Fett deiner Opfer gelabt.

Stattdessen hast du mir Arbeit gemacht mit deinen Sünden und Mühe bereitet mit deinen Missetaten. Ich tilge deine Übertretungen um meinetwillen und gedenke deiner Sünden nicht. Erinnere dich, lass uns miteinander rechten, zähle alles auf, damit du Recht bekommst.

Schon dein Anführer hat gesündigt, und deine Wortführer sind von mir abgefallen. Darum habe ich die Fürsten des Heiligtums entheiligt, Jakob dem Bann übergeben und Israel dem Hohn.

So höre nun, mein Knecht Jakob, und Israel, den ich erwählt habe! So spricht der Herr, der dich gemacht und bereitet hat und der dir von Mutterleib an beisteht: Fürchte dich nicht, mein Knecht Jakob, und du Jeschurun, den ich erwählt habe! Denn ich will Wasser gießen auf das Durstige und Ströme auf das Dürre.

Ich will meinen Geist auf deine Kinder gießen und meinen Segen auf deine Nachkommen, dass sie wachsen sollen wie Gras zwischen Wassern, wie die Weiden an den Wasserbächen. Der eine wird sagen: „Ich bin des Herrn“, und ein anderer wird mit dem Namen Jakob genannt, wieder ein anderer wird dem Herrn eigen sein und mit dem Namen Israel genannt werden.

So spricht der Herr, der König Israels und sein Erlöser, der Herr Zebaoth: Ich bin der Erste und ich bin der Letzte, und außer mir ist kein Gott. Wer ist mir gleich? Ruft es aus, verkündet es und tut es mir kund! Wer hat von alters her das Zukünftige kundgetan? Sie sollen uns verkündigen, was kommen wird.

Fürchtet euch nicht und erschreckt nicht! Habe ich dich nicht schon lange hören lassen und es dir verkündigt? Ihr seid doch meine Zeugen. Gibt es einen Gott außer mir? Es ist kein Fels, ich kenne keinen.

In der Welt ist alles nichtig, es geht hier weiter; die Götzenmacher sind alle nichtig. Woran euer Herz hängt, das ist nichtig. Ihre Zeugen sehen nichts und merken nichts, damit sie zu Schanden werden.

Wer sind sie, die einen Gott machen und einen Götzen gießen, der nichtig ist? Siehe, alle ihre Genossen werden zu Schanden. Die Meister sind auch nur Menschen. Wenn sie alle zusammentreten, sollen sie dennoch erschrecken und zu Schanden werden.

Der Schmied macht ein Messer in der Glut und formt es mit Hammerschlägen. Er arbeitet daran mit der ganzen Kraft seines Arms. Dabei wird er hungrig, so dass er nicht mehr kann, und trinkt auch kein Wasser, so dass er matt wird.

Der Zimmermann spannt die Schnur, zeichnet mit dem Stift, behaut das Holz und zirgelt es ab. Er macht es wie die Gestalt eines Mannes, wie einen schönen Menschen in einem Haus. Er haut Zedern ab und nimmt Kiefern.

Die andere Hälfte macht er zu Gott aus diesem Holz, dass es ein Götze sei, vor dem er kniet, niederfällt und betet: „Errette mich, denn du bist mein Gott.“ Sie wissen nichts und verstehen nichts, denn sie sind verblendet. Ihre Augen sehen nicht, und ihre Herzen merken nichts.

Er kommt nicht zur Einsicht, keine Vernunft und kein Verstand ist da, dass er dächte: „Ich habe die eine Hälfte mit Feuer verbrannt, auf den Kohlen Brot gebacken, Fleisch gebraten und gegessen, und sollte die andere Hälfte zum Götzen machen und vor einem Holzknüppel knien?“

Wer Asche hütet, dessen Herz hat ihn betrogen und getäuscht, so dass er sein Leben nicht erretten kann und nicht zu sich sagen wird: „Ist das nicht Trug, woran mein Recht sich hält?“

Gedenke daran, Jakob, und du Israel! Du bist mein Knecht, ich habe dich bereitet, damit du mein Knecht seist. Israel, ich vergesse dich nicht. Ich tilge deine Missetat wie eine Wolke und deine Sünden wie den Nebel. Kehre dich zu mir, denn ich erlöse dich.

Jauchzt, ihr Himmel, denn der Herr hat es getan! Jubelt, ihr Tiefen der Erde! Ihr Berge, jauchzt mit Jubel, ihr Wälder und alle Bäume darin! Denn der Herr hat Jakob erlöst und ist herrlich in Israel. Amen.

Alltagssünden und die besondere Schuld vor Gott

Wenn man schuldig ist, liebe Freunde: Man fährt Auto, denkt an nichts Böses, und plötzlich blitzt es. Zu schnell gefahren. Schuldig! Das kostet 120 Mark und zwei Strafpunkte in Flensburg.

Oder man trinkt Kaffee und isst nicht nur ein, sondern drei Stück Kuchen dazu – mit einer gehörigen Portion Sahne obendrauf. Es schmeckt großartig. Doch am nächsten Tag zeigt der Zuckertest: Zu viel gegessen. Schuldig! Das bedeutet eine Vermahnung durch den Arzt und etwas mehr Insulin.

Oder man entsorgt seinen Müll falsch, indem man einfach alles in die grüne Tonne wirft. Falsch! Schuldig! Man will sich bessern.

Aber, liebe Freunde, hier geht es nicht um Verkehrssünder, Kaloriensünder oder Umweltsünder. In diesem Text geht es um etwas ganz anderes. Es geht um etwas viel Größeres, Gewaltigeres und Gefährlicheres.

Es geht um Gottessünder. Wenn man vor Gott schuldig ist – das ist das Thema. Man kann vor seiner Frau schuldig werden, das ist schlimm. Man kann an anderen Menschen schuldig werden, das ist schlimm. Man kann an seinen eigenen Kindern und Verwandten schuldig werden, das ist schlimm.

Aber all das ist nichts im Vergleich dazu, wenn man vor Gott und an Gott schuldig wird.

Wie wird man vor Gott schuldig?

Wie wird man vor Gott schuldig? Wir, wie? Das wissen wir, seit wir das Kapitel 15 des Lukasevangeliums gelesen haben. Klar wird es, wenn man vor Gott flieht.

Wer kennt nicht die Geschichte von jenem Sohn, der sich zu Hause nicht mehr wohlfühlte, der sich emanzipieren wollte und Abstand zwischen sich und seinem Vater legen wollte? Er haute nicht einfach ab! Sondern er sprach mit seinem Vater. Er schlug auch nicht mit der Faust auf den Tisch, sondern ging zum Schrank, holte die Geldscheine, bekam sie vom Vater und wurde entlassen. So ging er.

Er legte zwischen das Vaterhaus und sich einen tiefen Graben, eine Entfernung. Im Mittelalter hieß dieser Graben der Sint. Darin steckt das Wort Sünde. Zwischen sich und Gott einen Abstand zu legen – das ist Sünde.

Wein, Weib und Gesang füllten sein Leben aus. Und auf einmal wollte er nicht mehr wie ein Hund daheim leben, dem nur eine kurze Leine gegönnt ist. Er lebte plötzlich bei den Schweinen. Das alles kennen wir. Das ist der Sünder, der vor seinem Vater schuldig geworden ist.

Aber diese Geschichte hat noch eine andere Seite, die uns nicht so wohl bekannt ist: Er hat einen zweiten Sohn, einen daheimgebliebenen Sohn. Dieser bleibt unter dem Dach des Vaters, gleichsam in der Hausgemeinde, in der Gemeinde. Doch er kann den Vater überhaupt nicht verstehen, weil dieser den „stinkenden“ Bruder von der Landstraße kurzerhand wieder aufnimmt.

So gibt es Verlorene in der Tat, aber es gibt auch Daheimgebliebene. Es gibt Gottlose und Selbstgerechte.

Luther sagt: Es gibt Sünder der linken und der rechten Hand. Hier in diesem Text ist von Sündern der rechten Hand die Rede. Gemeint sind solche, die nicht abgehauen sind, die sich taufen ließen, die sich nicht hinauskonfirmieren ließen, die in der Gemeinde geblieben sind und überhaupt nie ausgetreten sind.

Solche, die sogar zum Gottesdienst, zu einer Bibelstunde, zu einem Hauskreis und zu einer Gebetsstunde gekommen sind. Solche, die ihren Platz eigentlich in der Hausgemeinde Gottes unter dem Dach Gottes haben – das sind die Sünder der rechten Hand.

Das ist die Adresse dieses Textes.

Im letzten Abschnitt wurde davon gesprochen, dass die Gemeinde Jesu ein Gottesbeweis sei. Wer die Gemeinde Jesu sehe, wisse, dass Gott lebt. Aber er spricht von einer Gemeinde, die gereinigt ist von den Sündern der rechten Hand.

Merkmale der Sünder der rechten Hand

Was sind nun genauer „Sünder der rechten Hand“? Mir sind an diesem Text drei Dinge aufgefallen, die ich Ihnen weitergeben möchte.

Erstens: Der Ausdruck „Sünder der rechten Hand“ ist eine bildhafte Bezeichnung. Sie stammt aus einer Zeit, in der die rechte Hand als Symbol für Stärke, Ehre und Nähe zu Gott galt. Jemand, der als „Sünder der rechten Hand“ bezeichnet wird, steht demnach in einer besonderen Beziehung zu Gott, trotz seines Fehlverhaltens.

Zweitens: Diese Bezeichnung betont, dass es innerhalb der Gemeinschaft Menschen gibt, die zwar sündigen, aber dennoch eine wichtige und vertraute Rolle einnehmen. Sie sind nicht ausgeschlossen, sondern werden als Teil der Gemeinschaft anerkannt, auch wenn sie Fehler machen.

Drittens: Der Begriff lädt dazu ein, das Verhalten solcher „Sünder der rechten Hand“ nicht einfach zu verurteilen, sondern mit Verständnis und der Bereitschaft zur Versöhnung zu begegnen. Es geht darum, die Balance zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zu finden.

Diese drei Aspekte helfen, den Ausdruck „Sünder der rechten Hand“ besser zu verstehen und seine Bedeutung im Kontext des Textes zu erfassen.

1. Die rechte Hand zeigt etwas Rechtes vor

Die rechte Hand zeigt etwas Rechtes vor; sie ist ein Zeichen des Sünders der rechten Hand. Er zeigt mit seiner rechten Hand etwas Rechtes vor, zum Beispiel so wie jene Leute, die angesprochen sind und sagen: „Herr, wir haben doch Recht gebetet, schau doch an!“ Es gibt wohl kaum ein Volk wie Israel, das eine solche Gebetstradition hat. Sie sagen: „Wir haben doch Recht gehandelt.“ Wohl kein Volk wie Israel war so um den Gehorsam im Leben bemüht. Und sie sagen: „Herr, wir haben doch Recht gefeiert, Gottesdienst mit Weihrauch, Gewürzen und Fett.“

Denken Sie bitte jetzt nicht an die Geschichte vom Pharisäer und Zöllner, wo der Pharisäer spricht, sondern denken Sie an den Zöllner, der hinten stehen geblieben ist. Dieser sagt vielleicht so, wie ich es in meinem Herzen immer wieder auch sage. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich immer wieder so vor Gott trete. Ich sage: „Herr, du weißt doch, dass ich oft gebetet habe. Schließlich bin ich Pfarrer und habe für meine Gemeinde und für viele Kranke und Gesunde täglich gebetet – nicht nur zehn Minuten. Oft war es mühsam, oft sind meine Gedanken auseinandergeflogen wie Windhunde. Manchmal ist es mir auch schwer gefallen. Aber Herr, du weißt doch, dass ich gebetet habe und es war doch ein inniges Gespräch mit dir.“

Oder ich sage: „Herr, du weißt, dass ich auch oft richtig gehandelt habe. Ich bin doch immer wieder gehorsam gewesen. Ich habe mir den Zehnten meines Geldes vorgenommen zu geben. Wenn der Zahlschein kam und vor mir lag, ist es mir recht gewesen, einfach von meinem Geld daraufzuschreiben und abzubuchen. Trotzdem bin ich um meinen Schatten gesprungen, und ich habe es getan. Ich habe hundert Mark dem ERF überwiesen und hundert Mark der aussätzlichen Mission. Das habe ich doch alles getan. Und ich habe mir, obwohl ich es mir gern gewünscht hätte, diesen Laptop nicht gekauft, weil ich denke, das brauche ich nicht, diesen kleinen Computer. Ich habe es nicht gekauft, nicht weil ich nicht wollte, sondern weil ich denke, ich brauche dieses Geld an einer anderen Stelle. Ich habe doch so vieles getan, Herr.“

Und man sagt genauso: „Herr, du weißt, wie oft ich Gottesdienst gefeiert habe. Es war nicht immer Lust, Sonntagmorgens aufzustehen, wieder ins Auto zu steigen und schon um zehn Uhr dort in der Mitte der Stadt zu sein. Es ist doch nicht leicht, Dienstag nach dem Geschäft sich noch einmal aufzumachen, die Schuhe zu schnüren, diesen Weg zu gehen und die Füße zu nehmen, noch einmal dreißig Minuten zuzuhören, wo ich vorher schon kaum mehr einen Gedanken fassen kann. Herr, das habe ich doch alles getan. Herr, du siehst doch, das habe ich doch auch für dich getan.“

Sehen Sie, so redet der Sünder der rechten Hand, der etwas Rechtes vorzeigt. Und Jesaja sagt: „Nein, nein, nein, nicht du hast mich gerufen, sondern ich habe dich gerufen. Nicht du hast dich um mich bemüht, sondern ich habe mich um dich bemüht. Nicht du hast etwas gemacht, sondern du hast mir Arbeit gemacht mit deinen Sünden. Du hast mir Last gemacht mit deiner Schuld. Du hast mir Schweiß auf die Stirn getrieben durch das, was du alles in deinem Leben ständig tust mit deinen Gedanken.“

Nein, nicht wir haben etwas getan, er hat etwas für uns getan. Nicht wir haben Gottesdienst gefeiert, einen Dienst an Gott getan, sondern er hat Gottesdienst mit uns gefeiert, einen Dienst an uns getan. Nicht ihr seid belastet, sondern Gott ist belastet. Mit dieser Selbstgerechtigkeit ist ihnen noch klar, dass wir mit all diesen geheimsten Regungen unseres Herzens, mit der Schuld unseres Lebens, unserem Gott Mühe machen. „Du hast mir Arbeit gemacht mit deinen Sünden und deiner Schuld.“

Das Kreuz, das Jesus trägt, ist meine selbstgerechte Art und nicht zuerst die Sünde der Welt. Meine Frömmigkeit bereitet Gottes Kreuz, meine Frömmigkeit bereitet Gottes Kreuz. Diese Verse, Freunde, gehören zum Zentrum des Jesaja, denn hier steht im Alten Testament das Kreuz Jesu Christi so deutlich wie kaum an einer anderen Stelle der ganzen Bibel überhaupt: „Du hast mir Arbeit gemacht mit deinen Sünden.“

Dieses Kreuz ist aufgerichtet für die Verlorenen bestimmt, aber auch für die Gemeinde, für die Gottlosen bestimmt, aber auch für die Gerechten, für Zöllner und Pharisäer. Liebe Freunde, hier wird nichts gegen das Beten gesagt, im Gegenteil. Hier wird nichts gegen das gehorsame Handeln gesagt, im Gegenteil. Hier wird nichts gegen Gottesdienste gesagt, im Gegenteil. Aber der Herr sagt: Gerecht werden wir nur und einzig allein aus Gnaden.

Wir können noch so vieles mit der rechten Hand zeigen. Gerettet werden wir nur aus Gnaden allein. Es gibt keinen anderen Weg als den: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ Und zwar Sünder der linken und Sünder der rechten Hand. Herr, sei mir gnädig! Hier wird das Geheimnis der Reformation plakativ groß verkündigt: sola gratia, allein aus Gnaden.

Glauben Sie mir, ich dauere an diesen Versen. Ich verstehe sie letztlich nicht, mir kommen sie hart vor. Es ist hier gegen den Strich meiner Natur gebürstet, dass ich nichts machen kann außer Gott Mühe zu machen. Und trotzdem ist es wahr. Hier kommt ein armer Sünder her, nach solch einem Tag, nach solch einer Woche. Hier kommt ein armer Sünder her, der gern um dieses Lösegeld, um diese Gnade selig wäre.

Sehen Sie, Sie mögen noch so mit ihrer rechten Hand auch vieles Rechte in ihrem Leben zeigen, zum Seligwerden bringt das nichts. Es ist allein seine Tat.

Zweitens: Die rechte Hand weist auf etwas Rechtes hin.

2. Die rechte Hand weist auf etwas Rechtes hin

Vers 26: „Zähle alles auf, zähle doch einmal alles auf“, sagt dieser Prophet seiner Gemeinde. Und dann antworten sie: „Richtig, richtig, wir können aufzählen.“

Fangen wir doch einmal vorne an: Da war Abraham, der Ahnherr, der Haus und Hof verlassen hat. Er glaubte wieder den Augenschein und war selbst bereit, seinen einzigen Sohn auf dem Berg zu opfern. „Doch, doch, wir stammen von Abraham.“

Und da war David, zu Deutsch „der von Gott Geliebte“, der gegen Goliath angetreten ist, der Jerusalem eingenommen hat, der das Reich Gottes auf Erden errichtete. „Wir stammen von Salomo.“ Und da war Elija, und da war Elisa – wir stammen von den Propheten.

Aber Jesaja sagt: Schon Abraham hat gesündigt. Er ließ seine Frau dem Pharao aus und sagte, sie sei seine Schwester. Abraham war ein Sünder. Und David? David hat gesündigt. Die Geschichte mit Bathseba ist nicht vergessen. Salomo war ein Sünder.

Die Väter des Glaubens, Könige des Glaubens, Propheten des Glaubens – sie sind allesamt Sünder und haben keinen Ruhm, den sie bei Gott haben sollten. Zugegeben, wir haben keine so bedeutende Ahnenreihe. Wenn wir aufzählen müssten, kämen wir kaum auf David und Salomo.

Aber einer, den ich kürzlich in der Stiftskirche zu führen hatte, blieb vor dem Grab von Johannes Prenz stehen und sagte: „Das ist einer meiner Vorfahren.“ Ich konnte ihn nur anschauen. „Johannes Prenz, Ihr Vorfahr? Mann, der steht nicht in meinem Stammbaum.“

Dann traf ich einen anderen, der war hier, der Kantor der Gemeinschaftsbewegung in Thüringen, Erzgebirge. Er sagte: „Ich heiße Gerhard. Wissen Sie, einer meiner Vorfahren war Paul Gerhardt.“ Ich schaute ihn wieder an: „Alle Achtung, Paul Gerhardt steht nicht in meiner anderen Reihe.“

Aber vielleicht sagen wir: „Ach, beim Aufzählen – ich habe eine unglaublich fromme Großmutter gehabt.“ Habe ich gehabt, wirklich wahr. Ich hatte eine fromme Großmutter, eine einmalige Frau. Ich sehe sie noch vor mir. Sie hatte viele Enkel, immer. Sie hatte ja Dutzende von Enkeln. Viele waren immer im Sommer zu Besuch.

Ich sehe sie noch, wie sie da saß mit ihren verschmierten Brillen über ihrer Bibel, mitten im Lärm. Und mein Vetter kam dann auf den glorreichen Gedanken, es war ein Regentag, die Gießkanne zu nehmen und das grüne Sofa zu begießen, weil er es als ein Blumenbeet ansah.

Als das Sofa bettschnass war und die Eltern sich aufregten, sagten sie: „Ach, lass ihn doch, das ist doch keine Sünde und keine Schande.“ Das Sofa war kaputt, aber es war keine Sünde und keine Schande.

Doch eine großzügige Großmutter – ich hatte eine fromme Großmutter. Andere sagen: „Mein Onkel ist Kirchengemeinderat.“ Wirklich, der ist dabei. Und der andere hat irgendeinen anderen guten Mann in seinem Stammbaum.

Sehen Sie, und Jesaja sagt: Alles, alles, von vorne bis hinten – alles Sünder. Die ganze Heilige Schrift, die ganze Kirchengeschichte, alle Stammbäume zeigen keinen einzigen Menschen, der gerecht war durch seine Tugenden und Werke, sondern alles Sünder, die aus Gnade gerettet sind.

Es gibt keine andere Möglichkeit, zu ihm zu kommen, als um diese Gnade zu bitten, die rechte Hand. Und das ist das Dritte: Stellt etwas Rechtes her!

3. Die rechte Hand stellt etwas Rechtes her

Die schlechte Hand, die Sünder der rechten Hand, stellt etwas Rechtes her! Calvin bemerkt, dass der Geist des Menschen eine Fabrik von Göttern ohne Ende ist. Jesaja gewährt uns drei Einblicke darin.

Zunächst blickt er in eine Schmiede. Wir hören den Blasebalg stöhnen, der seine letzte Lungenkraft hergibt. Die Lohe braust aus der sich rötenden Kohle, das weißglühende Eisen biegt sich unter den Hämmern auf dem Amboss. Die Muskeln des Schmiedes schwellen vor Anstrengung. Das ist der Blick hinein in die Schmiede.

Dann zeigt er uns den Blick in eine Werkstatt, eine Schnitzerwerkstatt. Flinke Messer bearbeiten Holz, Hobel glätten, der Zirkel ist in Tätigkeit. Späne fliegen und eine wunderbare Figur entsteht.

Drittens führt er uns hinein in eine Baumschule – Anpflanzung, Züchtung des Edelholzes, Fellen und Heerkarren, alles von A bis Z. Die Schmiedewerkstatt, die Schnitzwerkstatt, die Baumschule – er sagt: genau so ist das elende Geschäft des Götzenmachers. Es ist eine mühselige Sache, eine einzige Schufterei.

Liebe Freunde, was ist das für eine schweigtreibende Sache, eine Religion zu machen! Bis zum heutigen Tag ist es sicher so: Man geht heute nicht mehr in die Schmiede, nicht in die Schnitzwerkstatt und erst recht nicht in die Baumschule. Stattdessen geht man heute in die Studierstube, in den Katheder, in den Hörsaal.

Dort werden sie hergestellt, dort werden sie zusammengedacht, aufgestellt, erklärt, kopiert, damit man sie für andere Leute mitnehmen kann. O, liebe Freunde, wie schwierig ist die Religion eines Herrn Professor Trebermann! Zuerst wird ausgeholzt – wörtlich die Jungfrauengeburt. Man muss von vornherein zweifeln, ob das historisch wahr sein kann.

Das Kreuz – wörtlich: Es war nie mit einem Opfergedanken verbunden. Die Kreuzigung, Ostern, die Osterberichte sind Dichtung. Wörtlich: Die Osterberichte sind Dichtung. Die Sakramente – Jesus hat mit Sicherheit keines der Sakramente eingesetzt.

Dann wurde dies alles in der Werkstatt zusammengeleimt: Der Bibelglaube mit anderen Religionen. Wörtlich: Zwischen den Religionen gibt es keinen qualitativen Unterschied. Jede Religion hat Vor- und Nachteile. Nur im Zusammen ergeben sie vielleicht etwas Rechtes.

Und dann wurde dieses ganze Götzenbild noch übergossen mit tiefer Psychologie. Wir weisen auf etwas Rechtes hin. Jesaja sagt in Vers 20: Das alles ist Asche, Freunde, das alles ist Asche, verbranntes, erkaltetes, unnützes Zeug. Wer Asche hütet, der hat sein Herz getäuscht – ein herrliches Wort.

Wer Asche hütet, der hat sein Herz getäuscht. Feuer kann man hüten, Freunde, Feuer muss man hüten. Früher hatten sie auch einen Kohlenofen, sie hatten das Feuer zu hüten. „Bub, leg auch auf, ich muss zum Einkaufen.“ Natürlich hat man es vergessen, und weil man nicht auflegte, war der Ofen aus.

Feuer muss man hüten – das Feuer des Glaubens, das er angesteckt hat. Das muss man hüten, man muss nachlegen, man muss dabei bleiben. Liebe Freunde, stille Zeit ist Nachlegen, Gottesdienst ist Nachlegen, Bibelstunde ist Nachlegen. Sonst erlischt unser Feuer.

Sonst hüten wir Asche, sonst hüten wir Asche. Asche muss man nicht hüten, man kann sie fortwerfen. Hinduismus, Buddhismus – das alles ist kein brauchbares Holz zum Nachlegen, sondern kalte Asche, sagte er, kalte Asche aus diesen Werkstätten.

Freunde, der Sünder der rechten Hand muss endlich wieder Gottes rechte Hand erkennen. Sie wurde am Kreuz langgezogen. Jesus ist ja diese Hand Gottes. Sehen und dem Sünder der rechten Hand, um den es geht und zu dem ich mich zähle, wird gesagt: Schau doch auf diese rechte Hand Gottes! Denn diese rechte Hand Gottes trägt das eine.

In Vers 3 heißt es: Ich will Wasser gießen auf den Dürstigen. Wasser tragen tut seine Hand. Im modernen Leben liegt im Sommer ein Gardenaschlauch, und der ist angeschlossen an die Beregnungsanlage. Wenn es dann heiß wird und der Garten Wasser braucht, wird er aufgedreht.

Dann regnet es über Kraut und Unkraut, über Käfer und Würmer. Alles wird nass und bekommt den feuchten Segen ab. So gießt Gott nicht. Er gießt seinen Segen nicht über alles, was da kreucht und fleucht.

Wenn es heiß wird im Leben, wenn wir durstig sind, wenn es uns nach dem Wasser und Trost dieses lebendigen Gottes dürstet, dann kommt er selbstpersönlich. Er trägt Wasser. So will er an diesem Abend kommen zu den Durstigen und Ausgebrannten. Er will selber kommen, er will Wasser tragen.

Sein Wasserbehälter, seine Gießkanne sind die Worte Gottes. Das ist es, er will gießen. Und es bleibt uns nur darum zu bitten: Herr, vergiss dieses kleine Pflänzchen nicht! Herr, denk an jenen Baum, denk auch an jene alte knorrige Eiche! Herr, trage Wasser und bring mir Wasser, dass ich nicht verdurste! Die rechte Hand Gottes trägt.

Und zweitens: Die rechte Hand Gottes tilgt. Ich tilge deine Missetat wie eine Wolke und deine Sünde wie den Nebel. Sie haben es auch gelesen: 1942 fielen die ersten Bomben nicht hier nach Stuttgart, sondern nach Musberg und Landleinfelden – einfach deshalb, weil vor allem der Kessel hier künstlich eingenebelt war.

So habe ich es in meiner Heimatstadt Oberndorf am Neckar erlebt, wie plötzlich von Nebelwerfern aus die Stadt in einem Nebel versank. Nur das weiß ich auch noch: Dieser künstliche Nebel hatte einen einzig gefährlichen Feind, nämlich die aufgehende heiße Sonne.

Wenn die Sonne hell am Himmel stand, dann hatte der Nebel keine Chance. Dann ging er plötzlich auseinander. Ich sehe noch, wie über unserem kleinen Städtchen Oberndorf, über den großen Mauserwerken, plötzlich die Nebelwand aufging, weil die Sonne hineinschien.

Und dann kamen die Flieger und sahen alles. Sehen Sie, der Teufel stellt seine Nebelwerfer auf, wir tauchen im Nebel ab, wir können ihn nicht wegschieben. Aber die göttliche Sonne – wer will sie verbrennen?

Ich tilge deine Missetat wie eine Wolke. Gott selbst löst sie auf, damit wir wieder sehen können. Ich habe dich erlöst. Sehen Sie, wir sagen nie, wir hätten den Nebel weggeschoben, wir hätten die Sünde gemeistert.

Es heißt hier: Jauchze zu dir, Himmel, denn der Herr hat es getan. Das ist es, Freunde: Jauchze zu dir, Himmel, wenn sich der Nebel verzieht in unserem Leben und meine Sünde der rechten Hand getilgt ist wie der Nebel.

Das Letzte: Die rechte Hand lässt nicht los.

Das Letzte: Die rechte Hand lässt nicht los

Sie trägt, sie tilgt und sie lässt nicht los. Vers 21: Ich vergesse dich nicht. Schreiben Sie das in Ihr Stammbuch: Gottes Wort, ich vergesse dich nicht. Er hat ein unglaubliches Namensgedächtnis.

Es ist eine Not des Alters, dass man vieles vergisst, vor allem aber Namen. Da kommt ein junger Mann und sagt so: „Das ist Gott der Eisler, kennen Sie mich noch? Habt ihr mich noch nie gesehen? Sie haben mich doch vor zehn Jahren konfirmiert.“ So? Ich heiße Hans X, auch der Name sagt mir nichts mehr. Einfach wecken.

Uns fallen Namen nicht mehr ein. Namen werden gestrichen im Computer unseres Gedächtnisses. Liebe Freunde, Gott hat kein schwindendes Gedächtnis. Den Namen, den er kennt, behält er, den trägt er bei sich, den sagt er, wenn er ruft: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen.“ Und wenn der letzte Tag kommt und der letzte Augenblick, dann weiß er meinen Namen und sagt: „Konrad Eisler, ich kenne dich, du bist ein Sünder der rechten Hand. Komm, komm, ich tilge deine Missetat wie eine Wolke.“

Freunde, wenn das nicht zum Jauchzen ist! Wir wollen beten:
„Herr, und jetzt präge du dir all die Namen ein, die hier sind. Vergiss du keinen und lass jeden wissen, dass er bei dir nicht vergessen ist, auch nicht abgeschrieben und weggeschoren. Tilge du unsere Missetat wie eine Wolke. Auch die Missetaten unseres Volkes in diesen Zeiten des Hasses und des Mordes, die Missetaten dieser Welt. Herr, lass uns wieder jauchzen können, obwohl nicht viel zum Freuen ist um uns herum. Aber lass uns jauchzen können über das, dass du Sünder der rechten Hand selig machst.“