
Gut, wenn Christen beten, und zwar so, wie der Herr Jesus sie das gelehrt hat, dann orientieren sie sich beim Beten am Vaterunser. Das Vaterunser ist ein Modellgebet. Das heißt, es wird in der Kirchengeschichte – zumindest soweit es in der Bibel überblickbar ist – so nie wortwörtlich gebetet. Nirgendwo in der Apostelgeschichte steht, dass sich die ersten Christen trafen, um das Vaterunser zu beten. Dafür ist es auch ein bisschen kurz.
Es ist jedoch dazu da, uns für unser eigenes Gebet eine Struktur zu geben und uns Themen vorzugeben, die wir im Gebet bewegen sollen. Deshalb fängt das Vaterunser mit Anbetung an. Das ist das Erste. Dann folgen Fürbitte und Bitte, danach das Thema Sünde und am Schluss die Bitte um Bewahrung vor dummen Lebensentscheidungen beziehungsweise vor dem Bösen.
Das Vaterunser hat im Wesentlichen, wie man fünf Finger hat, fünf Themen: Anbetung, Fürbitte, Bitte, Sündenvergebung und die Bitte um Bewahrung. Das Vaterunser ist total klasse.
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Ich möchte heute auf einen Aspekt eingehen, der im Vaterunser vorkommt, nämlich auf das Thema Vergebung. Dabei möchte ich ein Plädoyer für bedingungslose Vergebung halten. Warum das wichtig ist, erkläre ich gleich.
Ich beginne mit dem Text aus dem Vaterunser, den ich hier an den Anfang stelle. Es handelt sich um Matthäus 6, die Verse 9, 12 und 14. Ihr merkt, der Text ist ein wenig zusammengestückelt. Ihr könnt ihn gerne zu Hause noch einmal ganz lesen. Dort sagt der Herr Jesus: „Betet ihr nun so“ – und dann folgt dieser Abschnitt zur Sündenvergebung: „Vergibt uns unsere Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben haben. Denn wenn ihr den Menschen ihre Vergehungen vergebt, so wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euer Vater eure Vergehungen auch nicht vergeben.“
Dieser Text ist in seiner ganzen Radikalität auf doppelte Weise interessant. Erstens macht er deutlich, dass ich jeden Tag über die Sünden meines Vortages nachdenken und sie bekennen soll. Das ist eine geistliche Pflicht, wie ich es nenne. Wir sollen uns jeden Tag mit unserem Versagen auseinandersetzen und es bekennen. Das ist auf vielerlei Weise eine sehr gewinnbringende Sache.
Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass ich durch das Bekenntnis meiner Sünden von der Sünde gereinigt werde, einfach weil Gott mir diese Sünden vergibt. Ein zweiter Punkt, den ich für sehr wichtig halte, ist folgender: Wenn ich jeden Tag meine Sünden bekenne, predige ich mir selbst – ich predige meiner eigenen Seele –, dass ich aus Gnade lebe. Das ist ein ganz entscheidender Gedanke.
Zurück zum Vaterunser: Ein zweiter Aspekt, der hier deutlich wird, ist, dass der Herr Jesus sagt, Gott vergibt uns, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben haben. Das bedeutet, Gott behält sich vor, Sünden, die wir begangen haben, nicht zu vergeben – zumindest dann, wenn wir selber nicht bereit sind, Vergebung zu gewähren.
Vergebung ist an dieser Stelle also ein Thema, das eine gewisse Brisanz im eigenen Leben hat. Es fordert uns heraus, denn es geht nicht nur um die Vergebung, die wir empfangen, sondern auch um die Vergebung, die wir anderen gewähren.
Bis hierhin ist alles irgendwie klar: Du möchtest gerne vergeben bekommen, du stehst vor Gott und bittest um Vergebung.
Vor Kurzem hatte ich eine kleine Diskussion auf Facebook, nicht viel, aber doch ein bisschen. Dabei kam jemand und sagte: "Haha, das kann man auch anders sehen." Es wurde ein Vers genannt, Epheser Kapitel 4, Vers 32. Ich wusste sofort, dass dieser Vers in der Diskussion immer auftaucht.
Epheser 4,32: "Seid aber zueinander gütig, mitleidig und vergebt einander, so wie auch Gott in Christus euch vergeben hat."
Der Vers wurde eingebracht, und dann kam die Frage: "Wie vergibt Gott?" Ich würde sagen, Gott vergibt ganz gleich und gern.
Jetzt wurde von einigen ergänzt: "Ja, aber er vergibt nur, wenn ich meine Schuld auch bekenne. Wenn ich meine Schuld nicht bekenne, vergibt Gott mir nicht. Deshalb muss auch ich nur den Menschen vergeben, die ihre Schuld bekennen."
Demnach ist Vergebung nicht bedingungslos, sie setzt Einsicht voraus. Ohne Einsicht, ohne Reue, ohne Schuldbekenntnis keine Vergebung – so lautet die Theorie.
Ich glaube das nicht. Da ich bei Facebook-Diskussionen nie die Zeit habe, ausführlich zu antworten, dachte ich mir: Ich schreibe für meinen Kontrahenten einfach eine Predigt. Dann kann er sie sich in Ruhe anhören.
Das ist die Predigt, die ich heute hier halte.
Ich möchte darüber sprechen, ob Vergebung daran geknüpft ist, dass mein Schuldner – also derjenige, der mir etwas angetan hat – zu mir kommt, seine Schuld bekennt und bereut.
Das ist die Frage, um die es heute hier geht.
Ich glaube, dass er das nicht muss.
Stimmt also das Prinzip "keine Reue, keine Vergebung"? Oder sollte ich bedingungslos jedem vergeben?
Das ist die Frage.
Seht meine Predigt an dieser Stelle einfach als Diskussionsbeitrag. Ich mag über solche Themen nicht streiten. Trotzdem möchte ich erklären, warum ich tatsächlich allen meinen Feinden sofort und vollständig vergebe – selbst wenn sie nicht im Traum daran denken, zu mir zu kommen, ihre Schuld einzusehen und sich bei mir zu entschuldigen.
Okay, darum geht es heute.
Und ich habe vier Gründe – vier Gründe, die mich davon überzeugen, dass man bedingungslos erst einmal vergeben soll.
Punkt Nummer eins: Gehorsam tut gut.
Punkt Nummer zwei: Vorsorge für das Fleisch.
Punkt Nummer drei: Zwei Sorten von Vergebung.
Punkt Nummer vier: Eine gruselige Konsequenz.
Wir fangen mit dem ersten Punkt an.
Warum vergebe ich bedingungslos? Jemand tut etwas gegen mich, und er bekommt Vergebung.
Punkt Nummer eins: Gehorsam tut gut. Ich habe bereits gezeigt, dass man Epheser 4,32 – „Vergebt einander, so wie auch Gott in Christus euch vergeben hat“ – auf die Qualität der Vergebung beziehen kann. Es geht dabei nicht unbedingt um den Prozess, also nicht im Sinne von „erst wenn das oder das passiert, dann“. Ich glaube, dass man hier viel zu viel in den Text hineinliest.
Ich komme daher zu dem Schluss, dass dies nicht der einzige Vers ist, der etwas darüber sagt, wie man vergeben soll. Der erste Vers, den ich zu diesem Thema auswendig gelernt habe, steht ganz anders und gefällt mir auch viel besser: Markus 11,25. Nehmt den Vers mit, wenn ihr das Thema behalten wollt und wenn ihr es so macht wie ich, nämlich Verse auswendig zu lernen.
Markus 11,25 sagt der Herr Jesus: „Und wenn ihr steht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemanden habt, damit auch euer Vater, der in den Himmeln ist, euch eure Übertretungen vergibt.“ Merkt ihr, wie viele Voraussetzungen es hier für Vergebung gibt? Genau zwei: Erstens, wenn du da stehst – also voraussetzungsvoll stehst du vor Gott und betest ihn an. Zweitens, in dem Moment, wo du um Vergebung bittest. Dort, wo du vor Gott stehst, ihn anbetest und um Vergebung bittest, scheint mir nach dem, was der Herr Jesus sagt, der letzte Moment zu sein, in dem du bitteschön auch anderen Menschen vergeben solltest.
„Wenn ihr steht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemanden habt.“ Ich lese hier nichts davon, dass dem eine Form von Reue, Einsicht oder Entschuldigung vorausgeht. Ich will Vergebung, ich stehe vor Gott, ich bete das Vaterunser so, wie der Herr Jesus es gesagt hat. Weil ich eine intakte Beziehung mit Gott haben möchte, vergebe ich aus purem Gehorsam, ganz simpel.
Ein anderer Vers, der mich zum Weiterdenken gebracht hat, steht in Lukas 6. Dort geht es um Feindesliebe, genauer Lukas 6,36-37. Hier wird Vergebung als ein Teil von Barmherzigkeit gesehen. „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ Dann heißt es: „Richtet nicht, so werdet ihr nicht gerichtet werden; verurteilt nicht, so werdet ihr nicht verurteilt werden; lasst los, so wird euch losgelassen werden.“
Vergebung, das Loslassen, wird hier als Ausdruck von Barmherzigkeit dargestellt. Vom Zusammenhang her – das müsstet ihr noch einmal nachlesen – geht es um Feinde. Es geht darum, dass Barmherzigkeit im Umgang mit Feinden auf mich selbst zurückfällt. Barmherzigkeit bedeutet Loslassen, Nichtverurteilen, Nichtrichten. Gerade bei Feinden darf man nicht erwarten, dass sie sich vorher entschuldigen – das wäre ja absurd.
Ich kann das tun: Ich kann Leute loslassen, aufhören, mich über sie zu ärgern, ganz einfach, weil ich nicht der Rächer bin. Versteht ihr? Ich bin nicht der Richter. Wenn ich Leute loslasse, wenn ich sie freigebe und sage: „Hey, ich vergebe dir gerne“, dann heißt das nicht, dass die Person mit Gott kein Problem mehr hat. Natürlich schaut Gott auf das, was diese Person tut.
Wenn ich Menschen vergebe, ist ihre Sünde vor Gott nicht einfach weg. Ich entscheide mich nur für mich, ihnen ihre Sünde nicht mehr vorzuhalten. Ich werde nicht länger an die bösen Dinge denken, die sie mir angetan haben. Ich werde ihnen die Sünde nicht mehr vorhalten, ich werde sie tatsächlich loslassen. Das ist das, was ich tun soll.
Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Ich glaube, dass Vergebung ein Ausdruck von Segen ist. Der Herr Jesus sagt, ich soll meine Feinde segnen. Das gehört zum vollen Feindesprogramm dazu: segnen, Gutes tun, für sie beten. Und ich habe den Eindruck, ich kann kaum etwas Besseres tun, kaum einen treffenderen Segen aussprechen, als wenn ich jemandem die Sünden vergebe und Gott darum bitte, dass er ihnen die Sünden, die sie mir angetan haben, nicht anrechnet.
Ich wüsste kaum einen besseren Segen für meinen Feind. Und ich glaube, dass ich da in guter Gesellschaft bin, denn es gibt eine Situation in der Bibel, Apostelgeschichte 7, in der Stephanus, der erste christliche Märtyrer, genau das tut. Stephanus wird gerade von Leuten zu Tode gesteinigt. Was ist sein letzter Gedanke, bevor er stirbt? Apostelgeschichte 7,60: „Und niederkniend rief er mit lauter Stimme: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht zu! Und als er dies gesagt hatte, entschlief er.“
Das ist die Haltung von Märtyrern. Noch im Tod wünscht Stephanus seinen Feinden einfach nur das Beste. Und wir könnten hier natürlich auch an den Herrn Jesus denken, der am Kreuz hängt und sagt: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Ganz ehrlich, ich glaube, die meisten meiner Feinde wissen nicht, was sie tun. Und ehrlich gesagt ist das bei meinen Freunden manchmal nicht anders.
Deshalb ist mein erster Punkt für bedingungslose Vergebung purer Gehorsam. Wenn mich jemand fragt: „Jürgen, warum vergibst du einfach sofort? Warum willst du das loswerden?“ – dann antworte ich: Ich sehe für mich genug Bibelstellen, die mir raten, einfach sofort zu vergeben.
Das ist besonders wichtig, wenn mein Schuldner schon gestorben ist und sich nicht mehr entschuldigen kann oder dement geworden ist. Oder was mache ich, wenn derjenige die Schuld, die ich bei ihm sehe, gar nicht einsieht? Oder er sieht sie vielleicht ein bisschen ein, dann stellt sich die Frage: Wie viel muss er einsehen, bevor ich ihm vergebe? Wie viel Reue muss da auf der anderen Seite sein, damit es bei mir fürs Loslassen reicht?
Und was ist, wenn er sich bei mir entschuldigt, ich aber seine Buße nicht für echt halte? Was mache ich dann? Bin ich dann derjenige, der entscheidet, wie echt oder vollständig das sein muss? Oder wenn er gar nicht alles als Sünde ansieht, was ich als Sünde ansehe? Noch besser: Er bekennt vielleicht nur die Hälfte, und ich stehe dann da und frage mich, was ich damit machen soll.
Für mich habe ich dieses Problem gelöst, indem ich sage: Nein, Punkt eins ist schlicht und ergreifend, dass ich gerne sofort alles vergebe, was Leute gegen mich haben. Ich will das loswerden, ich habe keine Lust mehr darauf.
Und das ist auch mein Punkt Nummer zwei, der heißt Vorsorge für das Fleisch.
Das ist jetzt ein sehr merkwürdiger Punkt, logisch. Ich hätte den Punkt auch Psychohygiene nennen können. Es gibt nämlich in mir eine Stimme, die Vergebung einfach mal nicht toll findet. Das ist übrigens dieselbe Stimme, die bei Groll, Wut und Zorn immer schreit: Mehr, mehr, mehr! Es ist die gleiche Stimme.
Und das ist die Stimme der Sünde beziehungsweise die Stimme, die aus mir herauskommt und sagt: Hey, mach mal ein paar Sachen, die dir nicht guttun. Dieselbe Stimme reizt mich dazu, Dinge zu tun, die mir schaden. Ich kann diese Stimme modulieren. Ich kann dafür sorgen, dass sie in mir lauter schreit oder leiser wird. Ich kann ihr quasi in die Hände spielen, sodass sie sagt: Yeah! Oder ich kann sie dämpfen.
Immer dann, wenn ich ihr in die Hände spiele, sodass diese Stimme in mir lauter zum Bösen wird, spricht man von Vorsorge für das Fleisch. Das kommt aus Römer 13, Vers 14. Dort werden zwei Dinge gegenübergestellt. Der Apostel Paulus sagt: "Sondern zieht den Herrn Jesus Christus an und treibt nicht Vorsorge für das Fleisch, dass Begierden wach werden."
Ich kann durch mein Verhalten dafür sorgen, dass mein Fleisch – das ist der sündige Anteil meines Menschseins – sich wohler fühlt. Diese Stimme sagt dann zum Beispiel: Mehr Zorn, mehr Wut, bloß nicht vergeben! Ich kann also dafür sorgen, dass diese Stimme, mein Fleisch, lauter schreit oder weniger wohl fühlt.
Ich mache ein ganz banales Beispiel: Nehmen wir mal an, du hättest ein Problem mit Neid auf Besitz. Immer wenn du siehst, dass jemand anderes etwas hat, bekommst du in dir so ein komisches Gefühl und denkst: Hätte ich auch gerne. Jetzt stell dir vor, du würdest dir im Internet Videos von irgendwelchen Stars anschauen, die dich durch ihr perfektes Haus führen. Was glaubst du, wird diese Stimme lauter oder leiser? Natürlich lauter. Das ist Vorsorge für das Fleisch.
Das ist so, als würdest du zu viel Schokolade essen und dann einen riesigen Pott zu Hause hinstellen. Da würdest du auch sagen: Nee, das ist einfach nicht klug.
Wenn ich mir jetzt die Frage stelle: Was ist eigentlich eine effektive Vorsorge gegen Zorn und Wut? Ich will also, dass diese Stimme in mir nicht lauter wird. Dann komme ich wieder zurück zu Epheser 4. Hatten wir ja schon. Vorhin hatte ich euch Vers 32 mitgebracht, jetzt bekommt ihr Vers 31 und 32.
Da heißt es: "Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan samt aller Bosheit." Aha, ich werde den Zorn los. Fragt ihr: Wie denn? Was muss ich stattdessen tun? Was wäre klug, damit dieser Zorn, diese Wut und Bitterkeit in mir sich nicht wohlfühlen?
Ganz einfach: "Seid aber zueinander gütig, mitleidig und vergebt einander, so wie auch Gott in Christus euch vergeben hat."
Merkt ihr, zwei Dinge werden thematisch zusammengestellt: Auf der einen Seite Bitterkeit, Wut, Zorn, die sollen raus aus meinem Leben, samt aller Bosheit. Wie geht das? Ganz einfach: Seid zueinander gütig, mitleidig und vergebt einander, so wie Gott euch vergeben hat.
Das heißt: Ohne Güte, ohne Mitleid und ohne Vergebung wird es schwer, die anderen Sachen – Bitterkeit, Wut, Zorn, Bosheit – irgendwie loszuwerden.
Das heißt für mich ganz praktisch: Bedingungslose Vergebung tut mir einfach gut. Oder andersherum: Ich merke, dass mir dieser Ansatz nicht gut tut, wenn ich bei Vergebung zurückhaltend bin. Also wenn da der Gedanke aufkommt: Jürgen, es reicht schon, wenn da so eine grundsätzliche Vergebungsbereitschaft da ist, aber richtig vergeben musst du noch nicht.
Wenn ich zornig bin, dann werde ich – und wie gesagt, vielleicht geht das nur mir so, aber ich habe ja Gründe genannt, warum ich so denke – Zorn leichter los, wenn ich bedingungslos vergebe.
Und was übrigens im Negativen gilt, gilt auch im Positiven. Ich kann das ja mal umdrehen und überlegen, wie eigentlich Liebe funktioniert. Da merken wir im 1. Korinther 13, Vers 5, etwas über Liebe. Dort heißt es: "Sie benimmt sich nicht unanständig", das heißt, sie ist höflich, sie sucht nicht das Ihre. Und jetzt kommt es: "Sie lässt sich nicht erbittern."
Aha, das ist ja spannend: Sie rechnet Böses nicht zu. Mir geht es jetzt nur um die letzten beiden Punkte: Sie lässt sich nicht erbittern. Sie rechnet Böses nicht zu.
Versteht ihr, wenn ich anderen nicht bedingungslos vergebe, mache ich genau das: Ich rechne ihnen das Böse, das sie mir angetan haben, zu.
Und merkt ihr wieder, wie eng diese beiden Themen beieinander stehen? Sie lässt sich nicht erbittern – da haben wir wieder das Thema Bitterkeit. Sie rechnet Böses nicht zu – da haben wir wieder das: Ich vergebe gerne, ich lasse los, ich muss da nicht eine Liste führen, wo ich haarklein aufschreibe, was du mir alles angetan hast.
Das ist mir viel zu viel, das will ich einfach nicht. Und mir scheint, dass Bitterkeit wirklich nur dort gut gedeihen kann, wo man sich mit Vergebung schwer tut. Und zwar mit Vergebung schwer tut, weil man das Böse nicht vergessen kann, weil man es unbedingt aufschreiben muss, weil man es dem anderen wieder vorhalten will.
Und jetzt kommt Paulus und denkt sich halt: Naja, weißt du, mit Liebe hat das eigentlich gar nichts zu tun.
Das ist Punkt Nummer zwei: Psychohygiene, Vorsorge für das Fleisch. Mir tut es einfach gut, bedingungslos zu vergeben. Mir fällt es dadurch wirklich viel leichter, mit meinen Feinden einen ganz lieben Umgang zu haben. Diese ganzen negativen Gefühle sind ganz schnell weg.
Ich möchte gesund in der Liebe sein, und deswegen mache ich das.
Aber ich habe natürlich noch einen dritten Punkt. Der dritte Punkt heißt – ein bisschen theologisch – zwei Sorten von Vergebung. Dazu muss ich noch einmal auf die Theologie eingehen, gegen die ich gerade diese Predigt geschrieben habe. Die geht ungefähr so: Ich kann nicht einfach so anderen vergeben, weil Gott mir auch nicht einfach so vergibt. Und ich glaube ehrlich, dass das falsch ist, biblisch einfach falsch.
Wenn ich mir die Vergebung bei Gott genauer anschaue, dann merke ich, dass Gott zwei Arten von Vergebung kennt. Bei Gott gibt es immer eine pauschale Vergebung und eine persönliche. Wie gesagt, zwei Sorten von Vergebung – dasselbe Wort, aber inhaltlich unterschiedlich gefüllt.
Wir schauen uns zuerst die pauschale Vergebung an, die Gott tatsächlich allen Menschen gewährt. In 1. Johannes 2,2 heißt es, und wir merken an diesem Vers, dass Gott bei jedem Menschen tatsächlich erst einmal in Vorleistung geht: „Und er, das ist der Herr Jesus, er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt.“ Das ist doch der Hammer! Gott sühnt Sünde, und er macht das pauschal. Ich hätte euch noch andere Stellen bringen können. Er sühnt erst einmal die Sünde der ganzen Welt, er bringt erst einmal alles in Ordnung.
Achtung: Das heißt nicht, dass diese Vergebung bei allen Menschen zu einer Wiederherstellung der Beziehung mit Gott oder zu einer persönlichen Vergebung führt. Persönliche Vergebung, also dass die Sühnung für die Schuld der Welt in meinem Leben Realität wird und persönlich wird, das geschieht durch Bekehrung. Ich muss das annehmen.
Aber merkt ihr, wie Gott erst einmal pauschal reingeht und sagt: „Hey, ich will erst einmal, dass alle die gleiche Chance haben. Ich bin erst einmal bereit, pauschal zu vergeben.“ Und wenn dann jemand sich bekehrt, dann wirkt tatsächlich dieses pauschale Angebot Gottes. Wir sind ja nicht von Natur aus Kinder Gottes, wir sind Geschöpfe, verlorene Geschöpfe Gottes. Und jetzt kommt Gott und sagt: „Ich will dich, will jeden einzelnen von euch.“ Dann darf ich dieses Angebot annehmen, persönlich.
So, und jetzt wird mir irgendwann mal eines klar: Das, was ich eben gesagt habe, gilt für Nichtchristen. Also im Blick auf Nichtchristen macht Gott pauschal, und dann darf ich das persönlich annehmen. Das bedeutet, dass dieses Prinzip auch für mich heute noch irgendwie relevant ist. Warum? Weil ich genau das Gleiche erlebe. Ich bekenne jeden Tag die Sünden, die mir einfallen. Also ich hoffe, du auch. Wenn nicht, fang heute damit an. Wir sollen das tun, wir machen das. Warum tue ich das? Aus Gehorsam.
Aber wenn ich auf die Vergebung schaue, die Gott mir gewährt, dann fallen mir zwei unterschiedliche Texte ein. Und das, was ich eben im Blick auf Nichtchristen gesagt habe, dass Gott pauschal vergibt und dann persönlich Vergebung zuspricht, da wo der Einzelne sagt: „Will ich haben“, da ist es bei uns, wenn wir Gläubige sind, übrigens genauso.
Der Herr Jesus sagt zu uns zwei Dinge: Er sagt, „Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das zu euch geredet ist, das ich zu euch geredet habe.“ Also Gott spricht dir im Moment der Bekehrung eine Reinheit zu und sagt: „Du bist rein.“ Mit Bildern des Alten Testaments: Der Mantel der Gerechtigkeit ist dir übergelegt.
Und dann lesen wir zweitens – also das ist pauschal – und jetzt wird es plötzlich sehr persönlich: Da, wo der Herr Jesus in Johannes 13,8 dem Petrus, dem er die Füße wäscht, und das Fußwaschen ist ein Bild für Vergebung, da wäscht der Herr Jesus dem Petrus die Füße. Der Petrus sagt in Johannes 13,8: „Du sollst nie und nimmer meine Füße waschen.“ Jesus antwortete, und jetzt wird es total spannend: „Wenn ich dich nicht wasche, so hast du kein Teil mit mir.“
Seht ihr die zwei Seiten? Die Jünger sind schon rein um des Wortes, um des Evangeliums willen – uns ist vergeben, pauschal. Und trotzdem gibt es da diesen Aspekt, jeden Tag zu Gott hinzugehen und sich die Füße waschen zu lassen. Was bekomme ich dafür? „Du hast keinen Anteil, du hast keine Gemeinschaft mit mir.“ Ich bekomme Gemeinschaft, erlebte Gemeinschaft mit Gott.
Und diese erlebte tägliche Gemeinschaft – du kannst sagen: intakte Beziehung mit Gott – hängt daran, dass ich meine Sünde bekenne und mich immer wieder von Jesus reinigen lasse. Ich fand das total spannend, dass wir gleichzeitig auch in unserem Leben als Gläubige das pauschale Element haben: „Ihr seid schon rein“, und wir haben das sehr persönliche Element, wo wir, weil wir uns vergeben lassen, dann in die Beziehung mit Gott immer wieder neu hineingehen.
Ich übertrage dieses Prinzip tatsächlich auf die Menschen, die mir schuldig werden. Also ich spreche meinen Feinden einfach pauschal Vergebung zu, weil ich mir denke: „Könnt ihr haben, ich spreche euch von der Schuld frei.“ Das heißt aber nicht, dass die persönliche Vergebung, die zu einer Wiederherstellung von Beziehung führt, in diesem Moment gewährt wird. Da ist noch keine Versöhnung im Sinne von Beziehung. Da ist erst einmal nur: Ich spreche dich frei. Und wenn du jetzt mehr möchtest, hey, dann müssen wir darüber reden. So ist das.
Ich mag es noch einmal anders ausdrücken, weil das vielleicht nicht ganz so einfach ist von der Theologie her: Ich vergebe meinen Schuldnern pauschal, aber die Wiederherstellung der Beziehung ist ihre Aufgabe. Denn ich sehe genau das bei Gott. Er vergibt mir pauschal, er spricht mich pauschal frei, und gleichzeitig erwartet er, dass ich täglich komme, um mich von ihm reinigen zu lassen.
Für mich gibt es also so etwas wie pauschale Vergebung, und die kommt in dem Vers, den ich euch schon gezeigt habe, Markus 11, zum Ausdruck: „Wenn ihr steht und betet, so vergebt.“ Und es gibt gleichzeitig persönliche Vergebung, die dann auch wieder in Gemeinschaft und in Beziehung hinführt.
Da wäre zum Beispiel Lukas 17, die Verse 3 und 4. „Habt acht auf euch selbst! Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht.“ Merkt ihr, das ist das ganz Persönliche: Ich gehe auf jemanden zu und sage ihm: „Hey, wir haben da ein Problem.“ Und wenn er es bereut, wirklich kommt und sagt: „Ja, ich sehe das ein, ich würde das gerne in Ordnung bringen“, so vergib ihm. Das ist nicht mehr pauschal, das ist jetzt persönlich. Da will jemand mit mir wieder Gemeinschaft, und ich lasse mich darauf ein.
Und wenn er siebenmal am Tag an dir sündigt und siebenmal zu dir umkehrt und spricht: „Ich bereue es“, so sollst du ihm vergeben. Merkt ihr, das Pauschale ist: Ich spreche ihn frei. Hier kommt aber einer, den ich womöglich selbst auf eine konkrete Sünde angesprochen habe, und der sagt jetzt: „Hey, würdest du wieder mit mir Gemeinschaft haben? Würdest du mir diese Vergebung auch zusprechen?“ Und dann würde ich sagen: Wenn jemand kommt und das möchte, dann bin ich verpflichtet, ihm das auch irgendwie zu gewähren.
Da mag es noch ein paar kleine Ausnahmen geben, seelsorgerlich, auf die gehe ich jetzt nicht ein. Was mir aber an der Stelle klar ist: Wenn der kommt, dann setzt Vergebung im Sinne von Beziehung nicht voraus, dass alles haarklein bekannt wird. Woher weiß ich das? Na ja, ist dir mal aufgefallen, wenn du wirklich gläubiger Christ bist und du betest so, wie Jesus das will, du bekennst also deine Sünden – wie viel Prozent von den Sünden, die wirklich passiert sind am Vortag, bekennst du da eigentlich? Hast du da schon mal eine vergessen? Wahrscheinlich schon.
Hat dir Gott trotzdem vergeben, dich trotzdem in die Beziehung wieder hineingenommen, dir trotzdem die Füße gewaschen, so dass du wieder mit ihm unterwegs bist? Natürlich. Und hier ist es nicht anders.
Es geht am Ende nicht darum, ob ich mich im persönlichen Leben an alle Sünden erinnere. Manche Sünden erkennt man ja noch gar nicht, manchmal ist es einfach ein bisschen zu dämlich, das schafft man nicht. Und deswegen erwarte ich das auch nicht, wenn jemand zu mir kommt und sagt: „Hey, ich habe einen Fehler gemacht.“ Da darf ich ganz, ganz barmherzig sein, weil es faktisch ja gar nicht um die Sache selbst geht, sondern um das Herz.
Da ist einer, der möchte Dinge wieder in Ordnung bringen. Woher weiß ich das? Weil bei mir selbst geht es jeden Tag ums Herz. Ich stehe vor Gott, bringe die paar Sünden, die mir einfallen, aber eigentlich lege ich mein Herz hin und sage: „Gott, ich suche die Beziehung.“ Mann, das ist das, was mir einfällt. Und wenn du mir noch fünf Sachen zeigen willst, mach es, ich bekenne dir auch noch gerne. Ich wünsche mir Beziehung.
Und dann muss das einfach auch reichen. Das reicht bei mir mit Gott, und das reicht, wenn jemand kommt, der mir Sünde gezeigt hat, irgendwie Geschwister aus der Gemeinde, die sagen: „Bitte vergib mir.“ Dann warte ich nicht darauf, ob die alles genau so sehen, wie ich das sehe, sondern herzlich, gerne will ich vergeben.
Das ist mein dritter Punkt. Wenn jemand schon sagt, wir sollen so vergeben, wie Gott vergeben hat, dann sage ich: Okay, dann machen wir das so, weil ich sehe bei Gott zwei Arten von Vergebung. Er vergibt mir pauschal, und dann gibt es da so eine spezielle Form. Diese pauschale Form gewähre ich unglaublich gerne jedem sofort.
Und wo es dann noch möglich ist, auf der persönlichen Ebene zu vergeben, weil der andere kommt und seine Sache einsieht, wo ich denke: „Wow, jetzt geht es um Wiederherstellung, jetzt geht es darum, Beziehung zu pflegen, jetzt geht es echt um Versöhnung“ – da bin ich auch dabei.
Allerdings muss man fairerweise sagen, da gibt es dann auch noch so zwei, drei andere Punkte, über die ich nachdenke. Aber das muss jetzt hier nicht das Thema sein.
Vierter und letzter Punkt: Ich liebe den O-Ton Jesus – deswegen mache ich meinen Podcast. Der vierte und letzte Punkt heißt „Eine gruselige Konsequenz“. Lasst mich euch zum Schluss eine Stelle in der Bibel zeigen, die mich immer wieder umhaut. Und zwar haut sie mich um, weil sie mich verwirrt und fast ein bisschen ängstigt – nicht doll, aber doll genug.
Es geht um Matthäus 18. Dort kommt Petrus und fragt: „Wie oft muss ich eigentlich meinem Bruder vergeben?“ Petrus fühlt sich total cool, weil er hoch hinaus will. Er sagt: „Sieben Mal.“ Ich glaube, Petrus steht da und erwartet, dass Jesus sagt: „Yeah, genau, sieben Mal ist schon cool.“ Aber Jesus sagt: „Vergiss es! Sieben Mal trifft die Sache noch nicht ganz. Wir nehmen sieben Mal siebzig Mal, also vierhundertneunzig Mal.“ Und das ist so viel, dass keiner mehr mitzählt. Das heißt: „Immer wenn der andere kommt, sollst du ihm vergeben.“
Jetzt erzählt der Herr Jesus dem Petrus ein Gleichnis. Die Botschaft dieses Gleichnisses ist relativ einfach: Wenn mir die ganze Schuld meines Lebens vergeben wurde, dann steht es mir nicht zu, die Schuld bei denen einzufordern, die mir etwas schuldig sind. Das ist die Botschaft.
Ich stelle euch das Gleichnis mal vor. Ich habe da einen Knecht, der ist tief verschuldet bei seinem Herrn – so tief verschuldet, so unermesslich tief, dass er das nie und nimmer mehr bezahlen kann. Er könnte sein ganzes Leben arbeiten, und er bekommt das nie wieder weg. Der Herr kommt und sagt: „Bezahle!“ Der Knecht sagt: „Ich kann nicht!“ Er fällt vor dem Herrn auf die Knie, bittet: „Bitte, bitte hilf mir, lass mich noch ein bisschen arbeiten.“ Und der Herr sagt: „Ich vergebe dir einfach deine unermessliche Schuld.“
Die Übertragung ist ganz simpel: Jeder Mensch, der vor Gott Vergebung empfängt, wirklich Vergebung empfangen hat, der ist wie dieser Knecht. Uns ist unermesslich viel Schuld vergeben worden.
Jetzt gehen wir hinein in den Text. Wir schauen, was dieser Knecht macht, dem so unermesslich viel vergeben wurde. Matthäus 18, Vers 28: „Jener Knecht aber ging hinaus und fand einen seiner Mitknechte, der ihm hundert Denare schuldig war.“ Ich übertrage das mal auf fünfzehntausend Euro. Er ergriff ihn, würgte ihn und sprach: „Bezahle, wenn du etwas schuldig bist!“ Sein Mitknecht fiel nieder und bat ihn: „Habe Geduld mit mir, und ich will dir bezahlen.“
Er aber – das ist der Typ, dem eben gerade Millionen erlassen wurden – wollte nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis, bis er die Schuld bezahlt habe. Als aber seine Mitknechte sahen, was geschehen war, wurden sie sehr betrübt und gingen und berichteten ihrem Herrn alles, was geschehen war.
Und jetzt wird es total spannend! Es wird deshalb total spannend, weil man sich fragt: Was macht jetzt der Herr mit diesem Knecht? Was würdest du denken, dass er jetzt tut? Hört euch an, was hier steht: „Da rief ihn sein Herr herbei und spricht zu ihm: ‚Böser Knecht, jene ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich batest. Solltest nicht auch du dich deines Mitknechtes erbarmt haben, wie auch ich mich deiner erbarmt habe?‘“
Und jetzt kommt der Vers, wo ich wirklich denke: Boah, ob der Herr Jesus das wirklich ernst meint! „Und sein Herr wurde zornig und überlieferte ihn den Folterknechten, bis er alles bezahlt habe, was er ihm schuldig war.“
Jetzt denkst du dir: Der hat doch gerade seine Schulden erlassen bekommen. Der Herr hat doch gesagt, ich muss nichts mehr bezahlen. Jetzt geht der raus, geht unbarmherzig mit seinen eigenen Schuldnern um, und der Herr kommt und sagt: „Weißt du was? Jetzt kriegst du deine Schuld wieder zurück.“ Völlig unmöglich, dass der das jemals bezahlt.
Jetzt denkst du dir: Okay, das ist nur ein Gleichnis, und wir machen ja gerade eine Gleichnisschulung. Bestimmt muss man nicht alles übertragen, das ist bestimmt nicht so schlimm. Das ist nur ein bisschen hyperbolisch, ein bisschen übertrieben, ein bisschen dramatisch. Bestimmt will der Herr Jesus nur, dass wir lieb mit anderen Menschen umgehen sollen.
Und dann kommt hier der Vergleichspunkt, Vers 35: „So wird auch mein himmlischer Vater euch tun, wenn ihr nicht ein jeder seinem Bruder von Herzen vergebt.“
Und ich lese das und denke mir: Kann ich das predigen? Ich würde es mich nie trauen, wenn das nicht hier stehen würde. Gott wird mir tun, wie ich meinem Bruder tue. Und wenn ich Sünde vorhalte und einfordere, dann darf ich mich nicht wundern, wenn Gott diese unbarmherzige Haltung dadurch bestraft, dass er mir meine Sünde wieder zurückgibt.
Oder anders formuliert: Gott vergibt nur denen, die auch gern wieder vergeben. Bitte lasst uns das richtig, richtig gut merken. Dieses Gleichnis zeigt etwas vom Herzen Gottes.
Und wenn du dich fragst, warum ich mich so schnell dafür entscheide, bedingungslos allen Leuten zu vergeben, dann kann ich euch sagen: Ich möchte so wenig wie möglich von der Haltung des unbarmherzigen Knechtes in meinem Leben haben – zu dem Gott sagt: „Du böser Knecht!“ Ich fürchte mich davor, dass Gott mein Leben anschaut und sagt: „Du warst nicht bereit zu vergeben. Ich habe dir alles vergeben, was du an Mist in deinem Leben angestellt hast, und das Einzige, was du tust, ist, rauszurennen und anderen Leuten ihre Schuld vorzuhalten. Das ist alles, was du kannst. Dich will ich nicht in der Ewigkeit dabei haben.“
Es gibt eine, ich nenne das mal heilslogische Konsequenz: Wenn uns vergeben wurde, müssen wir in gleicher Weise vergeben. Ich sehe das, ich lese das, und für mich bedeutet das: Ich will meine Schuld nie wieder zurückkriegen.
Und wenn ich am Ende vor Gott stehe und diese Predigt sollte falsch gewesen sein und Gott sagt: „Ach, das hättest du doch nicht so scharf sehen müssen, hättest du ruhig dem anderen noch ein bisschen Sünde belassen können, hättest du nicht alles gleich vergeben müssen,“ dann kann ich zu Gott sagen: „Weißt du was? Ich möchte gerne auf der Seite der Gnade runterfallen, weil ich hätte ein bisschen Bammel davor, dass du das so meinen könntest, wie du sagst. Und die andere Seite war mir einfach zu gruselig, damit wollte ich nichts zu tun haben.“
So sind wir am Ende angekommen. Die Frage war: Warum bin ich so dafür, dass wir einfach, wenn uns jemand etwas Böses antut, bedingungslos und gerne vergeben?
Ich hatte vier Punkte:
Erstens: Ich habe genug Bibelstellen, die für mich sprechen, dass ich genau das tun soll. Gehorsam tut gut.
Zweitens: Ich habe Bammel davor, dass ich es nicht tue. (Ich habe noch eine Folie, wo die alle draufstehen.)
Drittens: Ich merke, wenn ich es nicht tue, dann behalte ich den Zorn in mir drin, und das ist psychohygienisch keine coole Sache – zumindest nicht bei mir. Vielleicht liegt das an meiner Biografie, wo Jähzorn eine große Rolle gespielt hat.
Viertens: Ich sehe zwei Sorten von Vergebung. Ich sehe, dass Gott mit mir pauschal und persönlich umgeht, und ich mache einfach genau das Gleiche in puncto Vergebung mit meinen Feinden.
Und das Vierte: Es gibt dieses Gleichnis, das mir Respekt einflößt, weil ich merke, der Grad von Barmherzigkeit, der sich in meinem Leben findet, ist der Grad von Barmherzigkeit, mit dem Gott mit mir umgeht.
So wie Jakobus an einer Stelle sagt: „Die Barmherzigkeit triumphiert über das Gericht.“ Amen.
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